Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Es ist ein hochaktuelles Thema, das die SPD-Fraktion angemeldet hat: „Die Partnerschaft zwischen dem Leningrader Gebiet und MecklenburgVorpommern auch in schwierigen Zeiten weiter pflegen und verstärken“. Das ist das, worauf ich in den letzten Tagen und Wochen ganz intensiv angesprochen wurde von Bürgerinnen und Bürgern, die sagen, wir wünschen uns einen guten Dialog mit Russland, eine gute Partnerschaft mit Russland, wir sehen die aktuelle große Anspannung mit Russland kritisch und schwierig und machen uns Sorgen. Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass wir auch in schwierigen Zeiten im guten Dialog mit Russland bleiben können, weil Russland unser Partner ist, aber weil sich auch mit Russland viele große internationale Konflikte gemeinsam lösen können.
Vorausgegangen war ein massiver Druck Russlands, der von der Ukraine eine Entscheidung zwischen Russland und der EU verlangte. Mit Zuckerbrot und Peitsche wurde gelockt und gedroht. Kredite wurden gegeben und zurückgerufen. Der Gaspreis wurde herauf- und heruntergesetzt. Doch eine Entscheidung zwischen der Alternative „Russland oder EU?“ ist eigentlich unnötig. Eine Konfrontation zwischen Russland und Europa muss nicht sein. Es gibt für die Ukraine durchaus die Möglichkeit, sowohl enge Beziehungen zu Russland zu pflegen als auch ein Partnerschaftsabkommen mit der EU zu schließen. Der Gegensatz, der sich hier aufbaute, wird aber umso größer, je mehr Russland den Weg der Demokratie und der Menschenrechte verlässt, je mehr Russland Druck auf Länder wie Armenien, Georgien und die Ukraine ausübt und sich nicht mehr für Demokratie und Menschenrechte einsetzt.
Der Glaube, das werde Russland schon nicht machen, der ist aus meiner Sicht sehr trügerisch. Menschen, die das behaupten, Russland werde dem Baltikum nichts tun, die haben bis vor Kurzem auch behauptet, Russland werde auf keinen Fall Krieg in der Ukraine führen. Wir sollten uns allerdings nicht der Illusion hingeben, dass die Situation in Russland von heute auf morgen besser wird, falls Putin gestürzt werden sollte. Ich höre und ich lese – und ich habe es ja vorhin hier auch wieder gehört – allerorten, Russland sei nicht Putin. Das ist ebenso wahr wie hohl. Es ist eben nicht nur Putins Krieg. Wladimir Putin ist seit über 20 Jahren im Amt. Er hat Russland nach seinen Vorstellungen geformt und die Opposition weitgehend ausgeschaltet. Seine Politik wird nach wie vor von der Mehrheit der Eliten und auch der Bevölkerung getragen. Es ist deswegen eben nicht nur der Krieg des Wladimir Putin.
Es geht um Warenverkehr von Russland nach Russland. Diese Teilblockade von 40 bis 50 Prozent der Waren, im September sollen die Kohlen dazukommen, ändern am Kriegsschauplatz, am Gefechtsfeld überhaupt nichts. Sie betreffen die Waren von Russland nach Russland. Sie sind natürlich schädlich für die Russen, sie sind eine Demütigung. Und Russland ist nicht irgendein Zwergstaat in der Südsee. Russland ist, das ist ein großes, mächtiges Land auf diesem Kontinent, und die Demütigung von Staaten damit eine Ursache,
Erinnern wir uns: Der Außenhandel mit Russland ging aufgrund der Wirtschaftssanktionen gegen Russland durch die Europäische Union zurück. Und erinnern wir uns bitte auch an den Grund der Sanktionen: Nach der Annexion der Krim 2014 begann die Europäische Union mit Sanktionen gegen Russland. Kollege Bühl hat es gerade schon benannt: Es war die erste Besetzung eines Teils eines autonomen Staats durch Russland nach Ende des Kalten Krieges. Es ging erstens um Sanktionen gegen die russische Wirtschaft, vor allem in den Bereichen Energie und Verteidigung. Zweitens wurden Sanktionen gegen Personen verhängt, die für die Annexion der Krim und für den Krieg in der Ukraine verantwortlich gemacht werden. Um es noch einmal zusammenzufassen: Russland hat widerrechtlich einen Teil der Ukraine besetzt und annektiert. Da ist es umso erstaunlicher, dass Russland und die annektierte Krim den Abgeordneten der AfD seit 2014
Wir können mit Recht stolz sein auf diese historische Leistung. Verständigungspolitik war immer eine gute Sache und ist ein gutes Stichwort. Wir sollten endlich wieder in einen sinnvollen, nicht abbrechbaren Dialog mit Russland eintreten. Niemand hat etwas davon, wenn wir uns gegenseitig weiter Vorwürfe machen. Russland ist und bleibt ein elementarer Bestand der europäischen Friedensordnung. Ziel muss es jedoch sein, dass sich das russische Handeln wieder am internationalen Recht ausrichtet und Russland der Partnerschaft mit Europa auch wieder die notwendige Anerkennung schenkt. Voraussetzung hierfür ist ein pragmatischer außenpolitischer Ansatz, der auch der Bedeutung Russlands Rechnung trägt. Wir wollen auf die auf Symbolpolitik zielende Russlandpolitik verzichten und zurückkehren zum Dialog, der die Frage ermöglicht, wie man gemeinsam die internationalen Konflikte beilegt. Deshalb muss sich Russland einerseits an die internationalen Standards halten, andererseits braucht es wieder Einladungen in die internationalen Gesprächsrunden. Es muss die G7 gemeinsam mit Russland wieder tagen. Es muss einen Einbezug der russischen Meinungen in die Lösungen der territorialen Bestandteile in Europa, in der Welt geben. Wir sehen die Konflikte, die weltweit und in Europa tatsächlich immer noch aktuell sind. Deshalb muss in den internationalen Organisationen Russland ein Gesprächspartner sein. Das sieht nicht die Akzeptanz ihres rechtwidrigen Handelns vor, sondern einen höheren Miteinanderaustausch. Wer miteinander spricht, wird sich weniger hintergehen, erst recht andere Dinge. Deshalb muss sich Russlandpolitik in Zukunft in unseren Augen an vier Grundprinzipien ausrichten:
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sache ist eigentlich ganz einfach: Russland hat völkerrechtswidrig die Ukraine überfallen – völkerrechtswidrig nicht nur, was das allgemeine Völkerrecht angeht, sondern auch, was Verträge angeht, die Russland mit der Ukraine selbst abgeschlossen hat. Das ist besonders widerwärtig. Damit hat die Ukraine das Recht, sich dagegen zu wehren. Genau das machen die ukrainischen Patrioten zurzeit. Sie wehren sich dagegen, von Russland überfallen zu werden, von Russland vereinnahmt zu werden, von Russland okkupiert zu werden, besetzt zu werden. Sie wehren sich gegen die Kriegsverbrechen, die von Russland in der Ukraine begangen werden. Das sind die simplen Fakten.
Eine zweite Devise muss lauten: Nachhaltige Sicherheit für Europa kann es nicht ohne Russland und erst recht nicht gegen Russland geben. Deshalb muss es unsere Strategie sein, Russland als einen verantwortungsvollen Partner zurückzugewinnen, Russland wieder in eine verantwortungsvolle Partnerschaft einzubeziehen. Die Sanktionen haben uns geschadet. Uns heißt dabei: Deutschland, der Europäischen Union und Russland. Daher gilt es, die Sanktionen so schnell wie möglich zu beenden.
Energiepolitik ist eine ganz wesentliche Säule einer vernünftigen Industriepolitik. Das mögen Sie durchaus leugnen. Damit ist sie natürlich auch von essentieller Bedeutung, gerade für unseren Standort Deutschland. Wir haben in den letzten Jahren leider immer wieder erleben müssen, dass Energiepolitik nicht unter den Gesichtspunkten Versorgungssicherheit, Umwelt- und Klimaschutz oder Preiswürdigkeit betrieben wurde, sondern ausschließlich unter ideologischen Gesichtspunkten. Wir beziehen in Europa unsere Energie aus Ländern wie Russland, Iran und Irak – derzeit zur Hälfte, aber in wenigen Jahren werden es sicher 70 % sein. Ich sehe mit sehr großer Sorge eine Entwicklung, die sich in Russland abzeichnet. Die Äußerung von Alexei Miller, dem Vorstandsvorsitzenden der Gazprom, die jetzt sicherlich hervorragend durch den ehemaligen Bundeskanzler beraten werden wird, und ähnliche Äußerungen, die kürzlich der Chef des größten Erdölproduzenten Russlands Rosneft zur Versorgung Europas mit Rohstoffen gemacht hat, stimmen mich wirklich sehr bedenklich. Die Ausrichtung dieser beiden großen Staatskonzerne auf den asiatischen Abnehmermarkt ist nur noch eine Frage der Zeit. Rosneft baut zur Zeit eine Öl-Pipeline von Ostsibirien nach China mit einer Länge von 4200 Kilometern. Russland setzt darauf, dass die Nachfrage nach seinen Rohstoffen vor allem in Asien weiter steigen wird und dass die Abhängigkeit, die in Europa von Russland besteht, sich schon irgendwie regeln lassen wird. Dazu wird auch politischer Druck eingesetzt werden und die Rohstoffl ieferungen werden als Druckmittel sicherlich auch für Russland eine Rolle spielen. Sie müssen sich nur einmal ansehen, was im vergangenen Herbst in der Ukraine geschehen ist.
Auseinandersetzung mit dem Thema Sankt Petersburg und Russland allgemein drücken, denn die aktuelle Gesetzgebung in Russland hat verheerende Auswirkungen. Es ist nicht mehr möglich – und das ist vielleicht ein Beispiel, was für viele hier im Hause gut nachvollziehbar ist –, sexuelle Präventionsarbeit gezielt für Schwule und Lesben zu machen. Das ist ein gewaltiges Problem. Russland hat ungefähr 145 Millionen Einwohner und nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation 1,3 Millionen HIV-Infizierte, und zwar deshalb – ich will dieses Argument hier einmal bringen –, weil diese sogenannten Gesetze gegen Schwulenpropaganda in Russland dazu führen, dass dort überhaupt keine Präventionsarbeit mehr gemacht werden kann. Wir alle sollten uns verdeutlichen, dass die Problematik, mit der wir es gerade in Russland zu tun haben, in den kommenden Jahren massiv zunehmen wird. Zu glauben, dass das, was dort passiert, nicht irgendwann auch ganz reale Konsequenzen für Westeuropa haben wird, ist eine Illusion. Es hat genügend Beispiele auch in der jüngeren Vergangenheit dafür gegeben. Dieses Thema zu bewegen liegt also in unser aller Interesse, weil es uns irgendwann in Westeuropa betreffen wird. Insofern sind wir alle gefordert, dieses Thema offensiv gegenüber der russischen Seite anzugehen.
Die tatsächlichen Verbindungen zu Russland sind doch relativ umfangreich. 19.000 Schüler sind es noch, wie ich gerade gesagt habe. Es gibt traditionelle, gute Beziehungen in der Wirtschaft und gleichzeitig gibt es die Entwicklung, die hier ja auch beschrieben worden ist, nämlich dass die Exporte nach Russland abgenommen haben, sodass nur noch der Platz 17 zu verzeichnen ist. Das ist natürlich wesentlich weniger, als es mal gewesen ist. Gleichzeitig ist darauf hinzuweisen, dass es nicht allein eine – es ist zwar eine Folge der Sanktionen, aber nicht allein der Sanktionen. Beispielsweise sind auch die chinesischen Exporte in die Russische Föderation um 15 Prozent im Zeitraum zurückgegangen, obwohl keinerlei Sanktionen zwischen diesen beiden Staaten vereinbart worden sind. Sondern es gibt anscheinend, muss man daraus schließen, eine große Nachfrageschwäche aufgrund sinkender Öl- und Gaspreise in Russland und aufgrund tatsächlich schlecht funktionierender ökonomischer Strukturen und einer ungerechten ökonomischen Einkommensverteilung in Russland, die die Nachfrage hat sinken lassen. Das trifft dann alle, die nach Russland exportieren. Insofern sind die Sanktionen sicherlich ein Moment des Ganzen, aber nicht die ganze Wahrheit. Was Frau Walsmann gesagt hat und was hier auch geäußert worden ist, es ist ja auch noch mal beschrieben worden, was die demokratischen Parteien und Fraktionen hier verabschiedet haben zu den Sanktionen, die sind...
Natürlich gibt es in einigen Teilen der Wirtschaft Sorge, ihre Geschäfte mit Russland könnten beeinträchtigt werden. Aber die Hälfte seines Außenhandels wickelt Russland mit der EU ab. Umgekehrt gehen nur 7 % der EU-Exporte nach Russland. Nur knapp 12 % der EUImporte stammen aus Russland. Die Bedeutung des Handels mit der EU ist für Russland also ungleich größer als umgekehrt.
In Amerika stört man sich daran, dass Russland durch Nord Stream viel Geld erwirtschaftet, das Russland durch Nord Stream, das Russland für das Militär, was also das Geld, was Russland dann für das Militär ausgeben möchte. Und das ist aus Sicht der USA schon deswegen ungerecht, weil Deutschland zugleich zu wenig Geld für die NATO ausgeben würde, parallel aber der amerikanische Erzfeind Russland mit finanziert wird.
Aber - darin mögen Sie jetzt nicht alle meiner Meinung sein - ich glaube, es häte noch eine andere Dimension. Das ist die Frage: Wie funkƟoniert dieses Russland? - Dieses Russland funkƟoniert jetzt so, weil Russland ein riesiges Problem hat. Russland hat keinen InnovaƟonsschub gekriegt. Russland gründet sich auf eine einzige zentrale Wertschöpfung und das ist der Export fossiler Energie. Das ist die AlternaƟv- und Ausweglosigkeit dieses Landes und deswegen ist Krieg aus der PerspekƟve dieses Landes so attrakƟv. Es gibt zurzeit keine russische ZukunŌsperspekƟve, weil die substanzielle Grundlage Russlands der Export fossiler Energie ist. Das ist ein endliches Verfahren.
Deswegen beobachte ich die momentane Entwicklung schon lange mit Sorge. Kolleginnen und Kollegen, die sicherheitspolitische Lage ist ernst, sehr ernst. Trump holt Russland im Alleingang auf die internationale Bühne zurück, indem er mit Russland Verhandlungen über die Ukraine begonnen hat. Dann gibt es Menschen und Parteien wie zum Beispiel die AfD in unserem Land, die das feiern, aber ich möchte noch einmal daran erinnern: Russland hat die Ukraine völkerrechtswidrig überfallen. Russland bombardiert Atomkraftwerke, und Russland führt auch hier bei uns einen Desinformationskrieg, um Wahlen zu beeinflussen. Wer Putin also bejubelt, hilft dabei mit, uns zu schwächen, und das können wir nicht hinnehmen.
Was wir bei Russland beobachtet haben, ist, dass die Manipulation der Gaspreise, die bei uns den wesentlichen Teil der Energiepreiskrise ausgemacht hat, tatsächlich schon lange vor der Kriegshandlung begonnen hat. Das hat schon mal damit angefangen, dass sie die Infrastruktur erworben haben, auch in Deutschland – Gasspeicher, Raffinerien, Pipelines. Und da muss man schon sagen, das ist natürlich eine Sache, die wir auch zugelassen haben und zu der man auch kritisch hinterfragen muss, ob das Sinn ergibt. Wir haben natürlich damals aus dem Impuls heraus gehandelt, dass wir gesagt haben, über eine wirtschaftliche Verbindung halten wir den Dialog mit Russland offen. Aber in der Realität hat sich gezeigt, dass das ein Fehler war, uns so abhängig zu machen. Denn Russland hat genau diese Infrastruktur ausgenutzt. Gazprom hat den größten Gasspeicher in Deutschland in Rehden gekauft und hat schon im April 2021 angefangen – also ein Jahr vor Kriegsbeginn –, diesen Gasspeicher leerlaufen zu lassen. Dann haben sie das Spiel getrieben, was natürlich damit zusammenhängt, dass auch die Analysten an den Märkten gesehen haben, dass der Speicher nicht gefüllt ist, dass sie immer wieder die Lieferungen über die Pipelines reduziert haben. Es gab alle zwei, drei Wochen neue Nachrichten, warum es reduziert werden muss. Da ist mal ein Aggregat ausgefallen usw. usf. Das hat schon lange, bevor der Krieg angefangen hat, den Gaspreis hochgetrieben, um höhere Einnahmen für Russland zu generieren bei geringeren Mengen, die geliefert wurden. Stück für Stück wurden dann die Lieferungen eingestellt. Das ist eine russische Entscheidung gewesen, ein russisches Agieren und hat mit den Sanktionen gar nichts zu tun. Dann hatten wir den Eintritt in den Krieg, der auch globale Auswirkungen hatte, insbesondere über den Anstieg der Rohstoffpreise. Auch das hat nichts mit den Sanktionen zu tun, sondern ist global auf der ganzen Welt spürbar gewesen. Die Sanktionen spielen bei der Preisentwicklung tatsächlich eine untergeordnete Rolle und insbesondere beim Gas, was unser Hauptproblem ist, gar keine Rolle, weil die Entscheidung, kein Gas zu liefern, ausschließlich von Russland getroffen wurde.
Man kann es auf den Punkt bringen: Europa und europäische Länder beziehen nach wie vor aus Russland Gas. Russland ist das Rohstofflager der Welt, ein riesiges Land. Und wer je geglaubt hat, dass wir völlig ohne auskommen, der muss doch inzwischen akzeptieren, dass das nicht stimmt. Anfangs hieß es, wir dürfen nicht von Russland Gas oder Öl beziehen, weil wir damit den Krieg finanzieren. Also wenn wir die Geschichte der Sanktionen uns betrachten, dann wusste doch jeder von Anfang an, dass das nichts bringt. Wenn Sie historisch denken, dann müssen Sie mal prüfen, dass auch eine Folge des Krieges ist, dass Russland heute Nordkorea die Hand reicht. Und je mehr Russland – und das heißt ja nicht, dass wir den Krieg gut finden und rechtfertigen –
Dass man Russland in diesem Prozess ernst nimmt, nach Russland fährt und sich mit Putin über diese Sache bespricht, ist die Botschaft, die wir brauchen, um Russland ernst zu nehmen, um Russland in die europäische Politik zu integrieren, und so muss es weitergehen.
Die nächste, die 11. Ostseeparlamentarierkonferenz wird in Sankt Petersburg und damit in Russland stattfinden. Russland hat in diesem Jahr auch den Vorsitz im Ostseerat. Der Beitrag der Russen auf der Greifswalder Konferenz hat gezeigt, dass sie sich hier aktiv einbringen wollen und den Ostseerat und die Ostseeparlamentarierkonferenz als Chance betrachten. Russland ist nicht Mitglied der Europäischen Union und hat bisher auch nicht vor, dies zu werden. Aber auch gerade die Rede von Präsident Putin im Deutschen Bundestag, denke ich, hat gezeigt, dass Russland eine enge Zusammenarbeit zu den westlichen Demokratien sucht. Durch die Terroranschläge am 11. September hat sich dieser Prozess ganz sicher noch verstärkt. Ein Baustein für diese gute Zusammenarbeit kann die Ostseeparlamentarierkonferenz sein.
Aber wir müssen auch weit darüber hinaus Anstrengungen unternehmen, um Kaliningrad und in der Folge auch Russland zu zeigen, dass wir als Europäer ihnen unsere Tür nicht zugeschlagen haben. Russland wird im Rahmen seines föderalen Zielprogramms Kaliningrad ebenso nachlegen müssen wie die Europäische Union im Rahmen des TACIS-Programms. Da gilt es, als ein gutes Zeichen zu bewerten, dass die Europäische Kommission jetzt beschlossen hat, im Rahmen des TACIS-Programms für Russland ein Sonderprogramm einzurichten. Das bedeutet, Hilfe dort anzubieten, wo immer es darum geht, Kaliningrad und Russland fit zu machen, um - auf lange oder mittlere Sicht - in der Europäischen Union mitmachen zu können. Dazu gehört natürlich auch, die Verwaltung mit neuen Verhaltensweisen vertraut zu machen. Dazu gehören Universitätsarbeit, Obdachlosenarbeit, städtebauliche Planungen, Waisenkinderbetreuung,
In Wirklichkeit kann die Ukraine eine Brücke zwischen Europa und Russland sein. Russland bleibt aufgefordert, auf weitere militärische Drohungen in der Ukraine zu verzichten und die Ukraine als souveränen Staat anzuerkennen. Das muss mit einer klaren, positiven Perspektive der Beziehungen zu Russland seitens der EU und seitens Deutschland verbunden sein, und zwar mit Russland als Bestandteil Europas und nicht außen vor.
Man hat Russland sehr schnell in den Bereich G8 und G20 und später auch in die WTO aufgenommen. Ab 1997 hatte Russland sogar als einziges Land einen Sitz und Zutritt zum NATO-Hauptquartier, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dies wurde erst 2008, nach dem Überfall von Georgien, außer Kraft gesetzt. Man hat Russland mit rund 50 Milliarden Dollar in den 1990er-Jahren geholfen. Man hat ver schiedenste andere Unterstützungsmaßnahmen für Russland gestartet.
sollte durch einen Dialog der Verständigung ersetzt werden. Sanktionen nutzen nicht und schaden enorm. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen weltpolitischen Herausforderungen ist ein partnerschaftliches Verhältnis zu Russland nicht nur geboten, es ist absolut notwendig. Sogar Sigmar Gabriel ist zu der Einsicht gelangt, dass der Konflikt um die Ukraine nicht das Verhältnis Deutschlands, Europas und der Vereinigten Staaten zu Russland so stark belasten kann, dass Russland als Partner in Syrien ausfällt. Wir können nicht gleichzeitig die Sanktionen gegen Russland aufrechterhalten und um Hilfe bitten.
An den Geschäften mit Russland hängen schätzungsweise 350 000 Arbeitsplätze. Für VW ist das Riesenreich noch vor China die derzeit wichtigste Wachstumsregion. Siemens baut in Russland den neuen Hochgeschwindigkeitszug Sapsan. Für unseren Maschinenbau ist Russland der viertwichtigste Exportmarkt weltweit. Und im Unterschied zu Pleitestaaten wie den USA, die mit wertlosem Papiergeld bezahlen, werden unsere Ausfuhren nach Russland letztendlich mit Rohstoffen wie Öl und Gas beglichen.
Meine Damen und Herren, es wurde auch der Verkehr in Richtung Russland und Osteuropa angesprochen. Bisher sind wir vor allem auch bei der Debatte transeuropäischer Netze davon ausgegangen, dass der Verkehr von Süden in Richtung Skandinavien kommt und über Mecklenburg-Vorpommern, über Rostock oder über Mukran geht. Zunehmend interessanter wird ebenfalls der Seeweg über die Ostsee, von Mitteleuropa, von Deutschland, aber nicht nur von Deutschland, auch sogar von Südeuropa über den Seeweg nach Russland. Das hat verschiedene Gründe. Die Landwege nach Russland sind verstopft. Hier ist auch kaum noch Fracht in Zukunft durchzubekommen. Alle rechnen damit, dass das Transportaufkommen in Richtung Russland und auch in die andere Richtung weiter wächst mit der weiteren Industrialisierung Russlands. Die Verkehrsverbindungen drohen, so, wie es auf dem Land aussieht, hier nicht mitzukommen und Schritt zu halten. Also auch hier sind Frachtmöglichkeiten inzwischen knapp geworden und da weicht mancher ganz gern aus auf die Ostsee. Außerdem ist die Ostsee im Vergleich zur Landverbindung sicherer für das Transportgut, das wird von niemandem bestritten.
Wenn es auch in Bayern keine Versorgungsengpässe gab, waren wir dennoch von stockender Lieferung betroffen. In Waidhaus kam beispielsweise am 21. Januar dieses Jahres erstmals wieder Gas an. Hauptlieferant von Erdgas für Bayern ist Russland. Weitere Lagerstätten, beispielsweise um das Kaspische Meer, werden ebenfalls über Russland abgewickelt. Die geplante Ostsee-Pipeline North Stream, vor allem bekannt wegen eines deutschen Aufsichtsrats mit politischem Hintergrund, also die direkte Anbindung Norddeutschlands an Russland, mindert zwar die Transportrisiken über mehrere Grenzen, vermindert jedoch nicht die Abhängigkeit vom russischen Gasmarkt; sie verhindert nicht die Abhängigkeit von Russland.
Selbstverständlich ist die Landesregierung, ist Brandenburg an guten, prosperierenden Beziehungen zu Russland interessiert - auch wegen der Wirtschaft. Dazu gehören natürlich Visaerleichterungen und irgendwann hoffentlich auch Visafreiheit. Wir waren schon auf einem recht guten Weg, um die zwischenmenschlichen Kontakte weiter zu fördern. Die EU strebt das mit Russland auch langfristig wieder an. Die Verhandlungen zu einem erweiterten Visumerleichterungs- und Rückübernahmeabkommen werden derzeit nicht fortgeführt. Dafür gibt es gute Gründe. Die Entwicklungen haben wir besprochen. Es muss doch auch für Sie nachvollziehbar sein, dass die EU und Deutschland angesichts der Annexion der Krim und der Ukraineproblematik nicht einfach zur Tagesordnung übergehen können. Warum machen wir das? Tatsächlich stehen doch die Beziehungen zwischen der Russischen Föderation und Deutschland auf einem breit angelegten Fundament der Zusammenarbeit im politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Bereich. Die Bereiche Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft haben Sie in Ihrem Antrag angerissen. Die EU ist bei weitem der wichtigste Handelspartner Russlands. Wir sind Modernisierungspartner. Natürlich ist Russland noch immer einer der zentralen Partner der Europäischen Union. Daher ist die Visaliberalisierung für Russland in den EU-Beziehungen ein zentrales Thema.
Danke schön. Deutschland exportiert vorwiegend Erzeugnisse des Maschinenbaus, Fahrzeuge und Fahrzeugteile, Erzeugnisse der chemischen Industrie sowie Nahrungsmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse. Insbesondere die ostdeutschen Bundesländer sind stark von der beiderseitigen Sanktionspolitik betroffen. Nach Angabe der IHK Erfurt sind etwa 370 Unternehmen in Russland engagiert, 187 unterhalten Handelsbeziehungen in der Ukraine. Thüringen liefert demnach vor allem pharmazeutische Produkte, Waren aus Kunststoff, Werkzeugmaschinen und Fahrzeuge in diese beiden Länder. Die Vertreter der Kammern beobachten, dass in Russland aktive Thüringer Unternehmen inzwischen verstärkt auf andere Märkte ausweichen, um ihre Verluste infolge der Ukrainekrise zu minimieren und auszugleichen. Ende Oktober gab die IHK Erfurt bekannt, dass die Exporte Thüringer Unternehmen nach Russland im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 30 Prozent sanken. Daher versuchen unsere Unternehmen sowohl stärker in Asien Fuß zu fassen als auch in Amerika oder in den EU-Ländern. Doch das Anbahnen solcher Wirtschaftsbeziehungen nimmt in der Regel einige Zeit in Anspruch. Russland ist unter den Thüringer Unternehmern besonders beliebt, da viele noch Sprachkenntnisse besitzen und mit kulturellen Besonderheiten vertraut sind. Bei Handelsbeziehungen zu anderen asiatischen Ländern sind solche Vorteile jedoch nicht auszumachen. Schließlich sind aus Landessicht die enormen Anstrengungen, die im Rahmen der Außenwirtschaftsförderung gerade in Osteuropa – dem GUS-Raum – gemacht worden sind,
Meine Damen und Herren! Ja, die EU ist von Gas- und Öllieferungen aus Russland abhängig. Aber umgekehrt ist Russland – und das wohl in stärkerem Ausmaß – auf die Einnahmen aus den Energielieferungen angewiesen. Russland hat ein großes Eigeninteresse an einer Aufrechterhaltung des Handels mit Öl und Gas. Auch während der eisigsten Zeiten des Kalten Krieges ist Russland seinen Lieferverpflichtungen nachgekommen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Noch einige Anmerkungen zum Außenhandel mit Russland. Es ist doch schizophren: 2008 wurde der Sächsische Außenhandelstag ins Leben gerufen mit dem Schwerpunkt Russland. In Dresden wurde er mit dem Industrietag Russland gefeiert. Fünf Jahre später dagegen ergab eine Umfrage der IHK und der Handwerkskammer – ich zitiere: „Als große Herausforderung mit negativen Auswirkungen auf ihre Unternehmen bewerten 34 % der Firmen die Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland sowie die entsprechenden russischen Gegenmaßnahmen. Die
Deshalb, meine ich, sollten wir nicht dieses Instrument Sanktionen angreifen, weil es im Moment populär ist. Wir sollten das Gefühl, das viele Bürgerinnen und Bürger haben, dass man Russland nicht unter Druck setzen sollte, weil man Russland dankbar sein müsste, nicht zweckentfremden. Dieses Gefühl gilt einem Russland Gorbatschows. Es gilt, glaube ich, nicht dem Russland Putins heute; denn Putin ist im Moment derjenige, der aggressiv ist. Die Sanktionen sind die geringstmöglichen Mittel, die man einsetzen kann, um das aufzufangen.