Geert Mackenroth
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Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich für die vielen kritischen Hinweise, für die positive Begleitung meiner Arbeit, gelobe – soweit erforderlich – Besserung, werde alles im Protokoll nachlesen, und die weitere Diskussion werden wir auch im nächsten Jahr führen. Ansonsten gebe ich ebenfalls meine Rede zu Protokoll.
Vielen Dank.
Herzlichen Dank für die Debatte und die größtenteils konstruktive Kritik. Dazu in der gebotenen Kürze: Frau Kollegin Zais, Sie weisen zutreffend auf die unterschiedliche Praxis unserer Ausländerbehörden in der Frage der Ausbildungsduldung hin. Dies deckt sich mit meinen Beobachtungen: Das den Behörden eingeräumte Ermessen wird gelegentlich durchaus nicht oder doch deutlich unterschiedlich ausgeübt. Ein Ausländeramt ist dazu übergegangen, Ablehnungen der Anträge fernmündlich zu eröffnen – das geht natürlich nicht. Ich würde mir eine einheitliche Handhabung im gesamten Freistaat wünschen.
Gestatten Sie mir bitte aus gegebenem aktuellen Anlass eine kurze Anmerkung: Wir sind mittlerweile in der weiten Ebene der Integrationsarbeit angekommen, verzwickte Einzellagen werden sichtbar, es dauert immer noch zu lange, bis Migranten ihre Entscheidungen bekommen, bis Menschen in Praktikum und Arbeit gelangen – selbst beim besten Wollen von Migranten und Arbeitgebern.
Ich erkenne weiterhin noch Defizite bei den Schnittstellen bis in die Verwaltungen hinein. Belastbare Informationsangebote für Arbeitgeber, für Ehrenamtliche, für Beratungsstellen fehlen weiterhin.
Dringend erscheint mir diese Forderung besonders im Bereich der Arbeitsvermittlung. Sachsen braucht Zuwanderung. Nach den aktuellen Zahlen der BA wird sich die Zahl der arbeitsfähigen Bevölkerung im Freistaat bis zum
Jahr 2025 um etwa 10 % verringern. Um den Fehlbedarf an Arbeitskräften zu decken, reichen die zu uns gekommenen Migranten bei Weitem nicht aus. Wenn wir unseren Wohlstand dauerhaft halten wollen, müssen wir unser Augenmerk auf andere Zielgruppen in aller Welt richten. Wir müssen der weitgehend kleinteiligen sächsischen Wirtschaft, unserem Handwerk, unseren Familienbetrieben passgerechte Angebote für neue Fachkräfte machen. Stärken wir hierzu den Servicegedanken. Ob dies über eine Arbeitgeberhotline oder andere Maßnahmen geschieht, ist dabei weitgehend egal.
Wir müssen in der Frage der Anwerbung von Fachkräften aktiv werden. Ob Zuwanderung aus der EU, aus Drittstaaten oder aus humanitären Gründen: Für alle Fallgestaltungen gelten unterschiedliche Regelungen zu Aufenthaltsstatus, Arbeitserlaubnis, Anerkennung von Berufs- und Ausbildungsabschlüssen und Sprachförderung, die unsere kleinteilige Wirtschaft vielfach nicht überblicken kann.
Diese komplexen Fälle lassen sich nur im Beratungsverbund lösen. Ich bin dankbar dafür, dass diese Erkenntnis Niederschlag auch im aktuell zur Beratung anstehenden Doppelhaushalt gefunden hat, dass das Arbeitsministerium offenbar die Bedeutung dieser Problematik erkannt hat und mittlerweile weiß, dass wir hier nicht auf Förderprogramme des Bundes warten dürfen, sondern im Wettbewerb stehen mit den anderen Bundesländern, die schon lange auf diesem Felde ackern.
Umso dringender wäre es, dass es politische Flankierung und Unterstützung für Initiativen der Kammern und Verbände und etwa auch für das Fachinformationszentrum Zuwanderung des IQ Netzwerks gibt. Ich rege an, darüber nachzudenken, ob wir den ausgelaufenen Lenkungsausschuss Asyl nicht wieder aufleben lassen als ressortübergreifenden Lenkungsausschuss Zuwanderung. Der Freistaat droht andernfalls ins Hintertreffen zu geraten.
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was lange währt, wird endlich gut. Ich begrüße das Zuwanderungs- und Integrationskonzept für unseren Freistaat Sachsen ausdrücklich. Ich finde auch die Fortschreibung gut, die spätestens nach den Ereignissen von 2015 und 2016 dringend erforderlich war. Ich freue mich, dass das Ergebnis dieser Fortschreibung wirklich richtig gut geworden ist. Dafür danke ich allen Beteiligten – Frau Staatsministerin Köpping und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den mitwirkenden Ministerien, Behörden, Gremien und Akteuren der Zivilgesellschaft.
Das Konzept beschreibt Zuwanderung in all ihren Facetten und bietet darüber hinaus Lösungsansätze und Handlungsoptionen. Es beleuchtet die Chancen von Zuwanderung und Integration ebenso wie die damit verbundenen möglichen Probleme und Risiken, und zwar für die Gesamtgesellschaft wie auch für die Zugewanderten. Vor allem aber ist es nicht ideologisch geprägt. Genau diese
pragmatische Ausgewogenheit, die unaufgeregte Besonnenheit brauchen wir in Zeiten der populistischen Panikmache und der moralischen Überhöhung. Deshalb freue ich mich ganz besonders, dass die Erfolgskontrolle – Neudeutsch: das Monitoring –, auf deren Notwendigkeit ich seit meinem Amtsantritt immer wieder gedrungen habe, in dem Konzept einen breiten Raum einnimmt. Wir schulden diese Ergebniskontrolle unserer zum Teil immer noch sehr kritischen Gesellschaft und auch dem Steuerzahler.
Was wir bei allem berechtigten Lob nicht vergessen dürfen: Jedes noch so gute Konzept steht und fällt – Frau Kollegin Nagel hat darauf bereits hingewiesen – mit seiner praktischen Umsetzung. Einfache, abstrakt-generelle Lösungen gibt es auch in unserem Bereich nicht. Die Menschen sind unterschiedlich; jeder hat unterschiedliche Fertigkeiten, Fähigkeiten, Erfahrungen, Prägungen, eine eigene Lebensgeschichte. Deshalb brauchen wir eine intelligente Umsetzung mit individueller, flexibler, maßgeschneiderter Angebotspalette und mit entsprechenden Lösungen. Von nahezu jeder generellen Regelung müssen Ausnahmen möglich und vorgesehen sein.
Umso wichtiger – auch darauf ist schon hingewiesen worden – sind die Beratungsstellen und die Sozialarbeit mit ihrem individuellen, auf die jeweiligen Klienten zugeschnittenen Ansatz. Ich werbe deshalb nachdrücklich für eine weitere Stärkung und den flächendeckenden Ausbau der Migrationsberatungsstellen und der Jugendmigrationsdienste durch den Bund. Lassen Sie uns bitte erneut darüber nachdenken, die kommunalen Integrations- und anderen Koordinatoren flankierend auf Landesebene direkt in das operative Geschäft der Beratungsstellen und damit in die Regelstrukturen einzubinden. Das käme allen Beteiligten zugute und würde Parallelstrukturen vermeiden.
Lassen Sie mich zum Thema Zuwanderung und Integration noch zwei aktuelle Stichworte nennen, die mir wichtig sind. Das erste ist die Wertevermittlung – auch hier schon angesprochen. Wertevermittlung ist richtig und wichtig, und zwar für alle, die sie brauchen. Dabei sollten wir aber nicht den Eindruck erwecken, dass alle Ausländer Wertevermittlung brauchen, nur weil sie Ausländer sind.
Genauso falsch wäre es, so zu tun, als ob nur Ausländern Wertevermittlung guttun würde, nicht aber auch einer durchaus nennenswerten Anzahl von Personen aus der einheimischen Bevölkerung. Nicht alle Flüchtlinge brauchen Wertevermittlung, und nicht alle, die Wertevermittlung brauchen, sind Flüchtlinge.
Ich plädiere deshalb für ein Regelangebot für alle – in den Schulen und darüber hinaus in außerschulischen Maßnahmen –, die entsprechende Defizite aufweisen.
Ich frage mich, und das ist ein erneut ernst gemeinter Vorschlag: Warum kann nicht die sächsische Justiz, warum können nicht unsere Richter und Staatsanwälte bei diesem ihrem ureigenen Thema der Demokratievermittlung nach bayerisch-hessischem Vorbild dieses Angebot abdecken, dadurch ihren Beitrag leisten und ehrenamtlich unsere Werte vermitteln?
Das wäre ein schönes Modellprojekt.
Zweites Stichwort: Ankerzentren. Die Grundintention hinter diesen Zentren teilen wir wohl alle. Verfahrensbeschleunigung und Entlastung der Kommunen liegen im Interesse aller Beteiligten, und die Sicherstellung des Vollzugs geltenden Rechts tut unserem Rechtsstaat gut.
Auch hier kommt es entscheidend nicht auf die verbale Ausprägung, sondern auf die Umsetzung der Intention an. Zentren, in denen eine große Anzahl von Menschen in Perspektivlosigkeit untergebracht ist, schaffen und vertiefen möglicherweise Problemlagen für die Betroffenen, für die in den Zentren Beschäftigten und für unsere gesamte Gesellschaft.
Daher könnten eher – die Staatsregierung denkt schon darüber nach – kleinere als ein großes Ankerzentrum die befürchteten Nebenwirkungen vermeiden. Dass Ankerzentren für die sogenannten UMAs nicht die Regelungen des KJHG aushebeln, dass Kindern eine adäquate Umgebung geboten werden muss, das versteht sich auch im Freistaat von selbst.
Aus diesem Grunde empfehle ich, vor einer Änderung des sächsischen Systems der Erstaufnahme genau zu prüfen, wie die erhoffte und sinnvolle Effizienzsteigerung unter Wahrung des humanitären Augenmaßes zu erreichen ist.
Ich erwarte, dass sich alle Beteiligten nach Kräften bemühen, an der notwendigen Verbesserung des Systems mitzuwirken. Es geht eben nicht darum, wie der Präsident unseres OVG kürzlich betont hat, dass die Verwaltungsgerichte nicht bereit seien, in den künftigen Ankerzentren zu arbeiten. Das verlangt auch niemand. Es geht darum, dass sich unsere Verwaltungsjustiz nicht einen schlanken Fuß
macht und sagt: Die Sache geht uns nichts an. Das gilt jedenfalls, wenn und solange die durchschnittliche Bearbeitungsdauer der verwaltungsgerichtlichen Verfahren in diesem Bereich durchweg immer noch zu lang ist. Da erkenne ich ebenfalls noch deutlich Luft nach oben.
Da ich schon einmal bei der Kritik bin, gestatten Sie mir zum Abschluss eine kurze Bemerkung in eigener Sache. Ich spreche hier immer noch als der Sächsische Ausländerbeauftragte zu Ihnen. Im Koalitionsvertrag für die laufende Legislaturperiode – Frau Köpping hat ihn erwähnt – wurde auf dringenden Wunsch der SPD die Fortentwicklung meines Amtes zum Integrations- und Migrationsbeauftragten vereinbart. Umso weniger Verständnis habe ich für die Blockade dieser sinnvollen Fortentwicklung gerade durch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD.
Ich habe nun, was weiß Gott nicht meine Aufgabe ist, einen fertigen Gesetzentwurf dazu ausgearbeitet. Dieser Entwurf ist nicht ins Gesetzgebungsverfahren gelangt. Ich bedaure das sehr.
Parteipolitische Vorbehalte in allen Ehren, aber die gegenüber meinen Mitarbeitern zum Ausdruck gebrachte Sorge, das Amt des Ausländerbeauftragten würde auf diese Weise den Geschäftsbereich von Kollegin Köpping kontrollieren wollen, ist hoffentlich nicht ernst gemeint und wäre ebenso kleinkariert wie abwegig. Das Gegenteil ist der Fall. Unterstützung und Arbeitsteilung hätten intensiviert werden können – ich denke dabei zum Beispiel an Projekte wie eine Ehrenamtshotline für den Freistaat, die wir immer noch nicht haben.
Nach meiner festen Überzeugung hat diese Blockade der gemeinsamen Sache einen Bärendienst erwiesen. Gehen Sie noch einmal in sich. Die guten Ziele des ZIK kann ein Sächsischer Integrationsbeauftragter noch viel besser begleiten als ein schlichter Ausländerbeauftragter.
In diesem Sinne vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Es gibt noch einiges zu tun.
Vielen Dank, Herr Präsident. Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich danke für die Debatte, für Lob wie für Kritik. Vieles haben wir bereits im zuständigen Innenausschuss besprochen. Ich will trotzdem zunächst ein wenig auf die Kritik eingehen, die hier sowohl am Jahresbericht als auch am Heim-TÜV aufgekommen ist.
Frau Kollegin Pfeil-Zabel, wir haben vorhin schon darüber gesprochen. Die UMAs konnte ich nicht mit hineinnehmen, weil wir dann neben den Ausländerbehörden auch noch die Jugendämter hätten evaluieren müssen, und das ist nun wirklich ein sehr dickes Brett, was man da noch hätte bohren müssen. Deshalb haben wir darauf verzichtet.
Frau Nagel, Sie wünschen sich – haben Sie sich auch im Innenausschuss gewünscht – weniger Rechenschaftsbericht, mehr Pro-Aktives, mehr Vorschläge, mehr Aktion. Im Gesetz heißt es nun einmal, ich soll einen Bericht über die Situation der im Freistaat lebenden Ausländer abgeben. Darum habe ich mich bemüht.
Frau Zais, mit meinem Angebot, sich darzustellen, die parlamentarische Arbeit darzustellen, Ihre Sicht der Dinge darzustellen, wollte ich Ihnen – das ist selbstverständlich – nicht das Recht auf Kritik beschneiden. So, wie ich Sie
kenne, würden Sie sich auch nicht in diesem Recht beschränken lassen, sondern ich wollte Ihnen einfach Gelegenheit geben, das zu tun. Ich bin nicht verpflichtet, dem Landtag über dessen eigene parlamentarische Geschehnisse, über die eigene parlamentarische Arbeit zu berichten.
Lassen Sie mich vielleicht zu Beginn noch einen Schwerpunkt aus dem letzten Jahr kurz erwähnen. Die Zahl der Eingaben und Ansprechpunkte, der Anliegen, die individuell an den Ausländerbeauftragten und seine Geschäftsstelle herangetragen wurden, hat sich in den vergangenen Monaten explosionsartig vermehrt. Es geht – wie wahrscheinlich auch bei Frau Köpping im Geschäftsbereich – dabei um alles Mögliche: um Arbeit, Wohnung, Umzug, Familienprobleme, Sicherheit, Gesundheit, immer wieder Bleiberecht. Ich stelle fest und habe auch heute wieder von zwei Kollegen unterschiedlicher Fraktionszugehörigkeit gehört, dass sie ähnlich, wie viele Rückmeldungen, die bei mir angekommen sind, ganz angetan davon sind, wie schnell und kompetent die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meiner Geschäftsstelle – teilweise hieß es innerhalb von Stunden – reagieren und Dinge klären. Deshalb lassen Sie mich an dieser Stelle meiner Geschäftsstelle, meinen tollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausdrücklich für ihre engagierte Arbeit danken.
Wenn ich schon beim Danken bin, geht der Dank natürlich auch an Staatsminister Ulbig und Staatsminister Gemkow, die ganz wunderbar mit Abordnungen geholfen haben, sodass wir juristische Kompetenz zur Beantwortung der wichtigen Fragen zur Verfügung haben, und natürlich auch an Frau Kollegin Köpping, mit der die Zusammenarbeit verdächtig problemlos klappt.
Die weiteren Kritikpunkte: Kollege Hartmann, Sie haben gesagt, wir sollten die Handlungsempfehlungen aus dem Heim-TÜV einmal zusammenfassen und darstellen, um sie den Ausländerbehörden an die Hand zu geben. Das finde ich einen sehr guten Vorschlag, den wir aufgreifen werden. Ob wir das mit dem Angebot auf einen Besuch oder so etwas verbinden, Frau Zais, können wir einmal schauen. In jedem Fall hilft es, den Ausländerbeauftragten einzuladen, wenn es einen Wunsch gibt. Ich komme und drohe das tatsächlich an.
Frau Nagel, Sie haben Folgendes gesagt: Mehr Akzente und mehr Kritik sei gewünscht, zu geringer Druck und zu wenig Anreiz für Verbesserungen. Meine feste Überzeugung ist, dass das Anreizsystem aus der Behörde selbst kommen muss. Das ist die Grundidee des Qualitätsmanagements. Wenn ich einen neuen Auftrag zur Evaluierung bekomme, ich hatte die Handlungsempfehlungen angesprochen, dann möchte ich das gerne machen.
Folgendes möchte ich klarstellen: Jemand hat gesagt, ich hätte in dem Bericht behauptet, die Serviceorientierung bei den Ausländerbehörden sei im Freistaat Sachsen
flächendeckend vorhanden. Das ist mitnichten der Fall, im Gegenteil. Es gibt immer wieder Einzelfälle, bei denen ich mit Erstaunen davorstehe und sage, dass das im Jahr 2016/2017 nicht mehr die Richtschnur für behördliches Handeln sein kann.
Frau Nagel, die Position der Untergebrachten haben wir nicht berücksichtigt. Das sei politisch nicht gewünscht gewesen, haben Sie gesagt – weit gefehlt. Selbst wenn dem so gewesen sein sollte, würde mich das nicht stören. Vielmehr würde es mich reizen oder provozieren. Wir haben in der Konzeptphase für die dezentrale Unterbringung sehr wohl intensiv darüber nachgedacht. Wir haben uns aber entschieden, einzelne Wohnungen aus den von Ihnen genannten Gründen nicht aufzusuchen. Gleichwohl sind Interviews, die der Wissenschaftler geführt hat, und deren Ergebnisse in diesen Bericht eingeflossen, auch wenn sie als solche nicht im Bericht identifizierbar sind.
Ich komme zur Wohnfähigkeitsprüfung. Das habe ich mir nach der Diskussion im Innenausschuss ein bisschen genauer angesehen. Es gibt das Gutachten zur Praxis der Stadt Potsdam aus dem Jahr 2014 mit dem Ergebnis, dass diese rechts- oder verfassungswidrig sei. Dieses Verfahren gibt es im Freistaat in dieser Form nicht. Deswegen geht es also letztlich nur darum festzustellen, ob es Signale gibt, dass die Unterzubringenden mit Wohnung, Ausstattung und Ressourcen in den dezentralen Einheiten nicht pfleglich und wie Vermieter und Behörden mit solchen Signalen umgehen. Diese Überlegung halte ich grundsätzlich für legitim. Ich habe Ihnen aber schon zugesagt, dass ich den Hinweis gern aufgreife und zum Anlass nehme, bei der redaktionellen Arbeit noch genauer hinzuschauen.
Am Rande möchte ich Folgendes anmerken: Die Gesetzesnovellierung steht an. Ich hoffe, dass wir in diesen Wochen zu abschließenden Ergebnissen kommen.
Zusammenfassend waren meine Maßgaben bei der Redaktion des Berichts folgende Fragestellungen: Was war mit Abstand gesehen im Jahr 2016 geschehen? Welche Schwachstellen wurden sichtbar? Wie geht es den Ausländern? Das betrifft nicht nur die Asylbewerber, sondern auch die EU-Ausländer, Künstler, Studierende, Wissenschaftler, Familienangehörige und andere. Hoffnung macht mir die andauernde organisierte und professionalisierte Arbeit der Ehrenamtlichen, das steigende und wachsende Eigenvermögen der Flüchtlinge und das Leistungsvermögen der Verwaltungen, wenn die Aufgaben zur Chefsache werden.
Luft nach oben gibt es weiterhin bei der Evaluation der Maßnahmen, vor allen Dingen auch bei der Ausreichung von Förderleistungen, bei der Unterstützung für Projekte, bei der Zusammenarbeit der staatlichen Stellen, besonders bei den Informationen zur Unterbringung, zum Leistungsspektrum usw., bei den Zugangsvoraussetzungen und bei der Strukturierung des Ehrenamts. Es ist bereits gesagt worden: Es gibt noch immer keine Lösung für die über 18-Jährigen, die nicht mehr schulpflichtig sind, aber auf Sprachkurse unmittelbar und dringend angewiesen sind.
Noch zwei wichtige Forderungen möchte ich benennen: Wir benötigen ein Integrationsmonitoring zur Evaluierung aller Maßnahmen, Entscheidungen und Verfahren. Außerdem fehlt eine belastbare Faktengrundlage zu den Bedürfnissen und der Situation der Ausländer, etwa auch im Bereich der Arbeitgeber und Ehrenamtlichen. Diese Grundlagen auch für politische Entscheidungen zu schaffen, ist nicht die Aufgabe des Ausländerbeauftragten. Ich werde mich gleichwohl weiter darum bemühen.
Meine Damen und Herren! Der Heim-TÜV geht weiter. Es folgt die Bewertung der Gemeinschaftsunterkünfte. Ich gelobe, dass ich auch hierbei die Anregungen aus der heutigen Debatte einfließen lassen werde.
Mir bleibt die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft, aber auch mit der kommunalen Familie sehr wichtig. Mir ist wichtig, in die Behörden hineinzutragen, dass ihre Organisation lernend ist und sie ihre Prozesse zu optimieren hat. Ich danke insoweit auch denen, die mir bei der Arbeit am Heim-TÜV geholfen haben und weiterhin helfen werden. Ich bin auf die weiteren Ergebnisse gespannt. Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zwei kurze Bemerkungen zu diesem Antrag der GRÜNEN von mir: In Teil 2 geht es um die Anhebung der Altersgrenze für das Bleiberecht. Hier fehlt aus meiner Sicht eine solide Datengrundlage – ebenso wie eine faktenbasierte Folgeabschätzung.
Daten aber sollten Grundlage für politische Entscheidungen sein. Ich rege an, ein entsprechendes Gutachten und entsprechendes Datenmaterial auf Bundesebene zu erheben.
Interessanter ist für mich die Debatte zum Teil 1 des Antrags. Hier geht es um die Belehrungspflichten der unteren Ausländerbehörden.
Vorweg: Die Grundintention dieses Antrages halte ich für zielführend. Der Bundesgesetzgeber wollte mit der Einführung von § 25 a und b Aufenthaltsgesetz Kettenduldungen vermeiden und diese in geeigneten Fällen durch ein Bleiberecht ersetzen. Dabei, Herr Kollege Hütter, geht es nicht um Fehlanreize seitens der GRÜNEN, sondern um die Anwendung geltenden Rechts, um nicht mehr und nicht weniger.
Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Ausländerbehörden dort, wo der konkrete Einzelfall Anlass dazu gibt, auf sachdienliche Anträge hinwirken und umfassend beraten, übrigens nicht nur langjährig geduldete Menschen, sondern alle diejenigen, die zu ihnen kommen. Viele Ausländerbehörden im Freistaat machen das.
Statt auf Abwehr zu sinnen, begreifen die Mitarbeiter Zuwanderung mehr und mehr als eine Chance, und dafür ist besonders Chemnitz ein gutes Beispiel. Die Ausländerbehörde dieser Stadt war Modellbehörde im Rahmen des durch das BAMF initiierten Projekts „Ausländerbehörden – Willkommensbehörden“.
Dieser Aspekt der – jedenfalls teilweise sogenannten – Serviceorientierung der Behörden ist ein wichtiger Baustein für Integration. Die positive Begegnungserfahrung ausländischer Kunden, aber auch deutscher Bürger im Rahmen ihres Engagements für Ausländer mit dieser Ausländerbehörde sollte die Visitenkarte des Freistaates vielleicht sogar mitprägen.
Diese Servicekultur war mir auch besonders wichtig bei der Weiterentwicklung des Heim-TÜVs, in dessen erstem
Teil unter anderem der Aspekt der Dienstleistungsorientierung beleuchtet wurde. Die Ausländerbehörden sollen Integration fördern und eine Servicekultur entwickeln. Wie gesagt, nach meinen Erkenntnissen auch aus dem Heim-TÜV verhalten sich viele Ausländerbehörden im Freistaat bereits entsprechend, Tendenz steigend, leider aber noch nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und noch nicht alle immer ausreichend. Deswegen, so meine vorläufige Auffassung, setzt der Antrag zu Ziffer I hier einen richtigen Akzent.
Es ist allerdings nach meiner festen Überzeugung nicht die Aufgabe der Ausländerbehörden und ihren Mitarbeitern auch nicht zuzumuten, eine allgemeine pauschale proaktive Verfahrensberatung im Sinne einer pauschalen Rechtsberatung anzubieten. Aber dies verlangt der Antrag zu Ziffer 1. Die Behörde, die Mitarbeiter müssen kundenorientiert den Einzelfall betrachten. Es ist nicht Aufgabe der Mitarbeiter, Rechtsberatung zu erteilen. Sie sind dafür in der Regel nicht ausgebildet, begeben sich möglicherweise auch in ein Haftungsrisiko. Die Rechtsberatung obliegt nach unserer Rechtsordnung unter anderem und vorrangig der Anwaltschaft. Frau Zais hat auch schon auf die MBE und weitere Beratungsstellen hingewiesen. Denn – auch das ist bereits gesagt worden – nicht in jedem Fall einer Kettenduldung sind automatisch die Tatbestände nach § 25 a und b Aufenthaltsgesetz erfüllt.
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach diesen Vorschriften sind vielfältig und eben von der Behörde fallorientiert zu prüfen. Machen wir uns nichts vor: Nicht nur Juristen, sondern auch Ausländerbehörden können mit der rechtlichen Komplexität mancher Einzelfälle, wenn sie ihnen spontan gegenüberzutreten haben, überfordert sein.
Zusammenfassend halte ich fest: Nach dem Willen des Gesetzgebers ist ein Bleiberecht den bisherigen Kettenduldungen genau in den vom Gesetz vorgesehenen geregelten Fällen vorzuziehen. Im Sinne der Kundenorientierung ist es allerdings – ich wiederhole auch das – für mich eine Selbstverständlichkeit, dass alle Ausländerbehörden in Fällen, in denen eine Erteilung eines Titels nach § 25 a und b Aufenthaltsgesetz absehbar in Betracht kommt, auf die neue Rechtslage hinweisen und einen entsprechenden Antrag entgegennehmen. Auch diese Verpflichtung der Ausländerbehörden ergibt sich im Übrigen bereits aus geltendem Recht. Kollege
Kiesewetter hat es angedeutet.
Im § 25 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes, das infolge Transformation auch im Freistaat Sachsen gilt, ist ausdrücklich geregelt – ich zitiere –: „Die Behörde soll die Stellung von Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben sind.“ Deutlicher kann man eigentlich nicht sagen, was die Pflichten der Behörden nach Auffassung des Gesetzgebers sind.
Der Antrag – so könnte man dann meinen – wäre also vielleicht sogar überflüssig. Ich glaube das nicht wegen des bereits erwähnten und von mir diagnostizierten
Vollzugsdefizits. Deswegen erlaube ich mir zwei Anregungen, zum einen in Richtung Staatsregierung: Das SMI könnte die nachgeordneten Behörden noch einmal in geeigneter Form über die Gesetzesänderung informieren und dazu anhalten, in entsprechend gelagerten Einzelfällen auf die Möglichkeiten der Antragstellung nach § 25 a und b Aufenthaltsgesetz hinzuweisen.
Die zweite Anregung: Der aus meiner Sicht jedenfalls jetzt noch zu pauschale Antrag der Fraktion GRÜNE ist es nach meiner Auffassung wert, im Ausschuss des Landtags weiter diskutiert zu werden. Kollege Pallas hat genauso wie Kollege Kiesewetter dafür Ansatzpunkte genannt. Es könnte sich anbieten, Frau Kollegin Zais, den Antrag zu diesem Zweck an den Ausschuss zurückzuverweisen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In meiner Arbeit als Sächsischer Ausländerbeauftragter erfahre ich ja täglich von schlimmen Einzelschicksalen, und ich weiß, Frau Kollegin Zais, Frau Nagel, um die menschlichen Tragödien, die mit Flucht und Vertreibung einerseits, andererseits aber auch mit jeder Abschiebung verbunden sind. Viele der Menschen, die Deutschland wieder verlassen müssen, tun mir schlicht leid. Aber ich bin natürlich auch geltendem Recht verpflichtet. Das geltende Recht bestimmt, wer sich in Deutschland aufhalten darf; und wer sich nicht in Deutschland aufhalten darf, der ist verpflichtet auszureisen.
Darauf komme ich zurück, Herr Gebhardt.
Den Zielkonflikt zwischen Barmherzigkeit im Einzelfall und genereller Gleichbehandlung und damit Gerechtigkeit entscheidet in unserem Rechtsstaat nicht das Mitgefühl, sondern das Gesetz. Als zusätzliches Instrument staatlicher Barmherzigkeit hat genau dieses Gesetz die Sächsische Härtefallkommission installiert. Kollege Pallas, die hat keine Rückstände. Wir haben weitere Vakanzen, Möglichkeiten selbst für Flüchtlinge aus Afghanistan.
Im Übrigen, wenn jemand zwölf Jahre hier ist, Frau Kollegin Zais, gibt es nach neuer Rechtslage automatisch einen Aufenthaltstitel.
Wenn nun jemand seiner Ausreisepflicht nicht nachkommt, dann sieht das Recht als Ultima Ratio seine zwangsweise Rückführung vor. Deren Durchsetzung ist nach meiner festen Überzeugung unverzichtbar, andernfalls verlöre das geltende Recht jede Akzeptanz. Recht wäre beliebig, und das geht nicht.
Deswegen, Kollege Gebhardt, halte ich pauschale Forderungen wie „unbefristetes Bleiberecht für alle“ oder „Stopp aller Abschiebungen“ für falsch. Diejenigen, die das wollen, müssen sich bitte zunächst in den Gesetzgebungsorganen die politischen Mehrheiten suchen, um dies ins Gesetzblatt zu schreiben. Dann wäre das geltendes Recht, an das ich mich ebenfalls halten würde.
Schauen wir einmal.
Wie sieht es nun mit Abschiebungen nach Afghanistan aus? Die Nachrichten aus diesem Land begründen Zweifel an der Sicherheitslage dort, die durchaus nachvollziehbar erscheinen. Kollege Wendt, der Versuch der Relativierung mit Blick auf Brasilien und andere Länder, in denen die Kriminalität hoch ist, hilft da überhaupt nicht weiter.
Nach der Beurteilung der Bundesregierung sind Teile dieses Landes insbesondere für Zivilisten sicher. Die Gerichte bis hin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte haben diese Auffassung bestätigt.
Wer aber soll die Sicherheitslage letztendlich verbindlich beurteilen? Die Bundesregierung, Nichtregierungsorganisationen, die Flüchtlinge selbst, die Menschen vor Ort, wir, die Abgeordneten hier im Hohen Hause, im Sächsischen Landtag? Auf welche eigenen Erkenntnisse, auf
welche belastbaren Zahlen und Fakten zur tatsächlichen Lage kann sich diese Einschätzung gründen?
Ich zitiere den Ministerpräsidenten aus Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann: „Der Bund ist für die Beurteilung der Zielländer zuständig. Der Bund hat dafür die Instrumente, die Kompetenz und die Verantwortung. Niemandem ist gedient, wenn sich die Verantwortlichkeiten ständig vermischen.“
Der Antrag, über den wir heute zu entscheiden haben, und Ihre Ausführungen, Frau Kollegin Nagel, suggerieren mindestens zwischen den Zeilen, dass Menschen, die wir nach Afghanistan zurückschieben, sehenden Auges in den sicheren Tod geschickt werden.
Das ist nach meiner Ansicht inhaltlich falsch und politisch unredlich.
Bedenken Sie bitte auch, dass andere, zweifelsfrei rechtsstaatliche Länder wie Schweden, Dänemark, Norwegen, Finnland und die Niederlande abgelehnte Asylbewerber ebenfalls nach Afghanistan abschieben.
Wir haben auch schon gehört, dass viele Afghanen freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren. Im Jahr 2016 wurden durch humanitäre Förderprogramme über
3 300 Afghanen finanziell unterstützt, die aus Deutschland freiwillig in ihr Heimatland zurückgekehrt sind. Frau Kollegin Nagel, von psychischem Druck, von faktischem Zwang kann da wohl wenig die Rede sein. Sie gingen nicht, wenn sie sich dort unsicher fühlten. Schon gar nicht gingen sie in den sicheren Tod.
Ebenso sind im Jahr 2016 allein aus Pakistan und Iran laut Angaben der Internationalen Organisation für Migration fast 700 000 Menschen nach Afghanistan zurückgekehrt.
Vieles spricht also für die Einschätzung der Bundesregierung.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Formal halte ich Alleingänge auf Landesebene nicht für den richtigen Weg. Der Verfassungsgrundsatz der Bundestreue, auch bundesfreundliches Verhalten genannt, gebietet, dass sich Bund und Länder untereinander abzustimmen haben. Gerade im Bereich des Aufenthalts- und Asylrechts scheint mir eine einheitliche Handhabung mehr als wünschenswert. Folgte man Ihrem Antrag, wäre es nämlich schlussendlich von der Wohnsitzzuweisung und damit vom Zufall abhängig, ob nach Afghanistan zurückgeschoben wird oder nicht. Eine zufällige Ungleichbehandlung ist in hohem Maße rechtsstaatswidrig.
Der letzte Teil Ihres Antrages, verehrte Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN, der eine Neubewertung der Sicherheitslage in Afghanistan fordert, greift mir allerdings deutlich zu kurz. Die Sicherheitslage in einem Land
ist nie statisch. Sie verändert sich oft täglich und immer dynamisch. Ich erwarte und vertraue auch darauf, dass die zuständigen Behörden auf Bundesebene diese dynamische Sicherheitslage fortlaufend analysieren, auch regional differenziert, und ihre Bewertungen und Folgerungen dementsprechend anpassen und fortschreiben. Ebenso bin ich davon überzeugt, Frau Nagel, dass die zuständigen Behörden ihre humanitären Handlungsspielräume nutzen und diese Erkenntnisse verantwortungsvoll in ihre Prüfungen einbeziehen und das individuelle Ergebnis immer am Einzelfall ausrichten.
Damit ist aus meiner Sicht Ihr Antrag nicht zustimmungsfähig.
Eine kurze Schlussbemerkung über die Debatte zum Antrag hinaus.
Kollege Pallas, in der Tat, einige Bundesländer stellen derzeit Abschiebungen nach Afghanistan zurück. Einige unter ihnen lassen diese Maßnahme jedoch nicht für Straftäter gelten. Diese wollen sie zurückführen. Das halte ich für ziemlich zynisch. Wenn man schon argumentiert, dass das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit Abschiebungen nach Afghanistan derzeit verbietet,
dann frage ich mich: Gilt dieses Recht eigentlich für Straftäter nicht, oder wird nach dieser Logik ein unsicheres Land für Straftäter sicherer?
Wie dem auch sei: Lassen Sie mich abschließend dafür plädieren, keine ideologischen Debatten zu führen, sondern im Rahmen des geltenden Rechts der Humanität im Einzelfall zum Sieg zu verhelfen. Das geltende Recht gibt dafür Möglichkeiten.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank für das Interesse an meinem Jahresbericht 2015. Natürlich freue ich mich über die zügige Behandlung im Innenausschuss, und ich bedanke mich auch für die fraktionsübergreifende jedenfalls Teilanerkennung meiner Arbeit und die zum Teil kritischen Anregungen aus der heutigen Debatte, die ich mitnehme und gegebenenfalls umsetzen will.
Frau Nagel, ich habe Ihnen schon im Ausschuss zugesagt, dass ich die Perspektiven der Betroffenen in die künftige Berichterstattung einbauen will. Natürlich ist klar, dass das nicht nur Flüchtlinge betrifft, sondern auch die anderen. Das will ich tun. Mein Amtsverständnis – auch darüber haben wir im Innenausschuss gesprochen –: Wenn wir nach dem Gesetz gehen, müsste ich meine Befassung auf dauerhaft im Freistaat lebende Ausländer beschränken. Das tue ich ebenso wenig und fühle mich dabei auch von Ihnen unterstützt, weil man es mittlerweile gar nicht mehr differenzieren kann. Gebetsmühlenartig bin ich jedenfalls kein Protagonist von Abschiebung. Aber die Formulierung sei Ihnen nachgesehen.
Wichtiger ist vielleicht diese Forderung „mehr Herz“ und der Vergleich mit meinem verehrten Herrn Amtsvorgänger. Ich bin nun einmal ein anderer. Ich bin Jurist, und wir sind gewohnt, sozusagen sine ira et studio zunächst einmal mit dem Verstand an die Sache heranzugehen. An fehlender Empathie für die Betroffenen liegt es bei mir ganz bestimmt nicht. Die ist vorhanden.
Frau Kollegin Pfeil, wenn Sie sagen, die Härtefallkommission solle den Einzelfall in den Fokus nehmen: Ich kann das nicht alles im Bericht aufführen. Die Arbeit des Ausländerbeauftragten war in zunehmendem Maße Einzelfallberatung, Einzelfallentscheidung.
Wenn es gewünscht wird, Frau Zais, will ich gern auch noch statistisch aufarbeiten, dass wir mittlerweile in der Woche durchschnittlich etwa zehn Anfragen bekommen. Das ist ein gewaltiger Unterschied zu dem Zustand vor einem Jahr. Da haben wir wahrlich genug zu tun. Diese Einzelfallberatung wird immer mehr. Dass es in der Härtefallkommission weniger Fälle gibt, ist zum großen Teil darauf zurückzuführen, dass der Gesetzgeber viel mehr Möglichkeiten für Bleiberegelungen geschaffen hat und dass wir viele Fälle, die noch vor zwei Jahren von Martin Gillo in der Härtefallkommission behandelt werden mussten, jetzt durch den Gesetzgeber geregelt haben. Das ist einer der Gründe dafür, dass die Fälle weniger werden.
Ich habe als Vorsitzender – um auch hier auf Ihre Frage einzugehen – keinen einzigen Einzelfall in der Härtefallkommission abgelehnt, wie Sie es formuliert haben. Wir haben in der Kommission vereinbart, dass diese Dinge grundsätzlich von der Kommission insgesamt beraten und entschieden werden. Ich mache von diesen formalen Rechten als Vorsitzender der Härtefallkommission überhaupt keinen Gebrauch. Deshalb brauche ich das auch nicht statistisch aufzuführen.
Wenn Menschen zu Ihnen kommen und sagen, es ist hoffnungslos, zur Härtefallkommission zu gehen, würde ich mir wünschen, dass Sie denen sagen, dass es dummes Zeug ist, was sie da sagen. Das ist durchaus nicht hoffnungslos, sondern es gibt eine veritable Erfolgsquote – selbst bei der hohen Zweidrittelmehrheit, die wir in der Härtefallkommission brauchen.
Wenn Sie von mir verlangen, die Voraussetzungen für eine bessere Traumabehandlung der Geflüchteten sicherzustellen, kann ich nur sagen, dass ich kein operatives Geschäft erledigen darf und auch nicht erledigen werde. Dass wir nun wahrlich zu mehr als zwei Gesetzen und Verordnungen und gesetzlichen Regelungen Stellung genommen haben, sage ich Ihnen: Auch da gelobe ich Besserung und will das gern im nächsten Bericht statistisch aufführen.
Meine Damen und Herren! Im vergangenen Jahr – das wurde gesagt – standen das Thema Asyl und vor allem die Situation der Unterbringung im Mittelpunkt. Nach der Teilnahme an etwa 200 Bürgerversammlungen, Veranstaltungen, Informationsabenden, Dialogforen, runden
Tischen, Einwohnergesprächen usw. kann ich rückblickend feststellen: Auch wenn es wirklich manchmal im System hörbar geknirscht hat, Staat und Gesellschaft im Freistaat haben diese Aufgaben im Ergebnis weitgehend gemeistert. Sachsen ist es zumindest gelungen, sicherzustellen, dass wir heute keine Schulen und Turnhallen mehr als Notunterkünfte belegen müssen. So weit sind andere Bundesländern noch lange nicht.
Es wurde bereits betont: Es war mir im Jahresbericht besonders wichtig, die unschätzbar wertvollen Beiträge der ehrenamtlichen Arbeit und der Hilfsorganisationen zu würdigen, ohne die wir noch lange nicht so weit wären wie wir sind, und für die ich daher außerordentlich dankbar bin.
Was liegt vor uns? Welche Aufgaben stehen im weiteren Prozess der Integration im Vorgriff auf den nächsten Jahresbericht an? Gerade letzte Woche waren wir in Dresden Gastgeber für die Konferenz der Ausländer- und Integrationsbeauftragten der Länder, in der wir unsere bundesdeutschen Erfahrungen besprochen, die Bewältigungsstrategien für die vor uns liegenden Herausforderungen verglichen haben. Der Schwerpunkt war natürlich die Integration, die Integrationspolitik.
Die Integration als Aufgabe der Gesellschaft ist nicht neu, aber sie erreicht allein durch die Zahlen eine neue Dimension. Nicht alle sind auf diese Größenordnung vorbereitet. Sie werden das auch für Sachsen in den Ergebnissen unserer Besuche bei den Ausländerbehörden im neuen Heim-TÜV finden. Aus zahlreichen Gesprächen und durch meine Arbeit weiß ich, dass oft ein gewisser Zuständigkeitswirrwarr transparenten Regelungen entgegensteht und fehlende Informationen die Integrationsbemühungen vor Ort und in der kommunalen Praxis erschweren.
Wir haben zu tun. Wir müssen unsere Strukturen optimieren. Wir müssen sie gegebenenfalls überdenken, bereits
funktionierende Projekte und Abläufe stärken, ausbauen und gegebenenfalls über neue ressortübergreifende Zuständigkeiten nachdenken. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Integration ist eben kein Zustand, an den irgendwann ein grüner Haken gemacht werden kann. Es ist ein permanenter Prozess. Ich sehe deshalb meinen Jahresbericht als eine Momentaufnahme auf einem langen Weg. Es ist kein fundiertes Integrationsmonitoring. Für vernünftige politische Entscheidungen brauchen wir aber ein klares Lagebild sowie eine stabile Daten- und Faktenlage. Hier sehe ich für unseren Freistaat weiteren Handlungsbedarf.
Meine Damen und Herren! Bei der bereits erwähnten Konferenz der Länderbeauftragten haben wir eine Erklärung mit dem Titel „Integration braucht Mut, langen Atem und frühe Teilhabe“ verabschiedet. Darin haben wir vier Schwerpunkte genannt, die auch die Arbeit hier im Freistaat für die nächste Zeit gut beschreiben.
Erstens müssen sich alle Integrationsangebote an der individuellen Situation der Menschen und nicht an abstrakten Schutzquoten oder Prozentzahlen orientieren. Jeder Fall und jedes Schicksal ist einzigartig. Wir tun gut daran, unsere Angebote entsprechend zu differenzieren und anzupassen.
Zweitens brauchen wir niedrigschwellige Orientierungsangebote für alle von Anfang an. Integration ist zwar teuer; eine fehlende oder falsche Integration ist jedoch deutlich teurer. Es freut mich sehr, dass unser Kabinett die Mittel hierzu im neuen Doppelhaushalt deutlich aufgestockt hat. Ganz vorbildlich und gut sind natürlich auch die Wegweiserkurs- und Sprachkursangebote auf Landesebene, die Kollegin Köpping angeschoben hat.
Drittens sind, auch das ist bereits gesagt worden, ausreichende schulische Angebote für junge Menschen mit unterbrochenem Bildungsweg und Möglichkeiten erforderlich, um einen Schulabschluss auch in höherem Alter nachzuholen. Die Erfahrung der Praxis besagt, dass etwa ein Drittel der Flüchtlinge schon jetzt gut qualifiziert ist. Ein Drittel hat eine mittlere Qualifizierung. Ein Drittel bringt keine oder eine ganz geringe Bildung mit. Um dauerhaft bei uns integriert zu werden und auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können, sind aber differenzierte Bildungsangebote für diese drei Gruppen notwendig.
Viertens und letztens braucht jeder, der einen Ausbildungsplatz gefunden hat, eine Aufenthaltssicherheit. Das ist auch im Interesse der Wirtschaft, Gesellschaft und der Ausbildungsbetriebe. Wir dürfen nach wie vor Asyl und Arbeitszuwanderung nicht verwechseln. Dennoch sollten wir Menschen, die einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz gefunden haben, den Weg nicht verbauen. Den Wegfall der Vorrangprüfung halte ich für ein wichtiges Signal.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Diese vier Anregungen sollten wir mit weiteren konkreten Maßnahmen unterfüttern. Ich bin zuversichtlich, dass wir diese Aufgaben nicht nur schaffen werden, sondern dass Deutschland und Sachsen dadurch im Ergebnis stärker werden.
Zum Schluss gestatten Sie mir den Hinweis auf zwei offene Punkte des Koalitionsvertrags, die noch auf ihre Umsetzung warten. Dort steht erstens Folgendes: Das Amt des Ausländerbeauftragten soll in Richtung auf das Amt eines Migrations- und Integrationsbeauftragten ausgeweitet werden. Zweitens soll sich laut Koalitionsvertrag diese Gesetzesänderung auch in Ressourcen, Finanzen und Personal der Geschäftsstelle des Ausländerbeauftragten widerspiegeln. Dieser Aussage des Koalitionsvertrages ist nichts hinzuzufügen.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute über drei Sätze in einem Debattentitel: Erstens darf Gewalt nicht erfolgreich sein – das ist völlig richtig –, zweitens, ein Imperativ, sollen wir Lehren aus den Vorfällen von Bautzen ziehen. Darum wollen wir uns alle gemeinsam bemühen. Allerdings halte ich die dritte Aussage, die Integration „eventbetonter Jugendlicher“ sei gescheitert, für falsch. Für falsch halte ich sie schon deshalb, weil Integration, verehrte Kolleginnen und Kollegen, kein Zustand ist sondern ein dynamischer Prozess. Von daher sollten wir die Hoffnung auch nicht aufgeben.
Wir sprechen über ein brisantes Phänomen. Frust, Wut, Ausgrenzung, Alkohol, krude Überzeugungen spielen dabei eine wichtige Rolle. Es gibt 70 sogenannte niederschwellige Polizeieinsätze. Ich kenne die Anlässe dafür nicht und ich weiß auch nicht, wer die Polizei jeweils gerufen hat. Es gibt immer wieder Beschwerden über Alkoholmissbrauch auf dem Bautzner Kornmarkt, ohne dass seitens der Ordnungsbehörden reagiert wird.
Kollege Homann, die Zuständigkeit für Reaktionen bei in Obhut genommenen Jugendlichen liegt nicht bei den Gerichten, sondern – das hat Kollege Schiemann völlig richtig angesprochen – woanders.
Wie dem auch sei, am Kornmarkt eskaliert jedenfalls die Lage; sie wird wieder einmal zum sächsischen Menetekel. Junge Flüchtlinge und Rechtsextreme provozieren sich
offenbar so lange gegenseitig, bis das Ganze in entfesselten Jagdszenen in der Innenstadt kulminiert. Rechtsextremisten vertreiben die Flüchtlinge sowie deren Freunde und Betreuer vom Kornmarkt. Die dabei entstandenen Bilder gehen wieder durch die Medien. Das alles ist schlimm. Herr Lippmann, ich gebe Ihnen recht: Nicht nur wegen des Imageverlustes, sondern auch in der Sache wollen wir solche Bilder nicht haben. Aber auch wenn die Bilder und die Berichterstattung zum Teil ungerecht sind, hilft doch Medienschelte im Ergebnis nicht weiter.
Betrachten wir doch einmal nüchtern und schonungslos mögliche Ursachen. Sechs Punkte fallen mir dazu ein:
Erstens scheint Integrationsarbeit außerhalb der großen Städte und im ländlichen Raum strukturell schwächer ausgeprägt zu sein als in der Stadt. Zivilgesellschaftliche Akteure, Begegnungsräume, Beratungsstellen, Freizeitangebote sind nicht überall gleichstark vorhanden. Gegenmittel könnte insoweit sein, den ländlichen Raum strukturell zu stärken – jedenfalls sind nicht weniger sondern eher mehr Angebote zu schaffen.
Zweitens ist es andererseits vielleicht auch so, dass auf dem flachen Land der Widerstand gegen Fremdes grundsätzlich stärker ist. Wenn dem so sein sollte, dann brauchen wir als Gegenmittel eine verbesserte und intensivierte Aufklärung.
Drittens ist die rechtsextreme Szene in kleineren Städten wohl häufig organisierter und mutiger als in der Großstadt. Mangelndes Wissen und falsche Informationen führen zuweilen zu einer Toleranz- und Demokratieferne, und die Betroffenen sind mit Argumenten kaum mehr erreichbar. Ein Gegenmittel könnte sein, neue niedrigschwellige Formate für Kommunikation zu entwickeln und damit Wissensstand und Informationen zu verbessern.
Viertens. Gewaltbereiten Rechtsextremisten haben wir in Sachsen offenbar doch zu lange unzulässige Freiräume gewährt und den rechtsstaatlichen Kontrolldruck nicht hoch genug gehalten. Das Gegenmittel dafür ist einfach: Kontroll- und Verfolgungsdruck noch weiter erhöhen – auf Deutsch gesagt: null Toleranz. Der Rechtsstaat darf Besetzungen des öffentlichen demokratischen Raumes nicht tolerieren.
Fünftens. Erfahrungen, aber auch Wahlergebnisse zeigen, dass sich Protestpotenzial und rechtsextremes Gedankengut – trotz überall vergleichbaren verbalen Gegensteuerns – in manchen Gebieten, in manchen Landkreisen stärker ausbreiten konnte als anderswo. Gegenmittel ist eine saubere Analyse dessen, was geschehen ist, um dann, bitte schön, auch vom Besseren zu lernen. Integration ist und bleibt Chefsache, und auch das von Kollegen Schiemann in Bautzen angewandte Modell, einen runden Tisch einzuberufen, scheint mir richtig zu sein.
Zum Schluss sechstens: Es gibt Hinweise, dass beide Seiten – Rechtsextreme wie Unterstützerszene – nicht nur aus Bautzen stammen, sondern diese Stadt als eine Art Aufmarschgebiet angesehen haben. Beide Seiten haben
ein Feindbild, einerseits im Asylbewerber und andererseits in Polizei und Ordnungsbehörden schlechthin, gefunden und instrumentalisieren gezielt bildungsferne Einwohner und andere Gruppen. Gegenmittel gegen Instrumentalisierung ist schlicht Entsolidarisierung. Das müssen wir von denen verlangen, die sich einem Instrumentalisierungsversuch gegenübersehen.
Das, meine Damen und Herren, ist die Lage.
Die große Mehrheit der Bautzner wie auch anderer Orte im Freistaat ist demokratisch, will – da bin ich anderer Auffassung als Sie, Kollege Stange – positiv integrieren und leidet unter den Konflikten.
Wir müssen in einem breiten gesellschaftlichen Dialog Lösungen finden, darüber notfalls streiten und – wichtig – vor allen Dingen mit demokratischen Mitteln argumentieren und reagieren. Dabei ist für mich Prävention immer besser als Repression, Vorbeugen besser als Heilen. Sozial- und Jugendarbeit, das Werben für unseren Staat, unser Gesellschaftssystem ist mühsam – auch und weil wir Fehler gemacht haben. Es ist noch schwieriger zu werben, wenn man gleichzeitig Fehler eingestehen muss.
Ich sehe die Anstrengungen, die Initiativen wie „Bautzen ist bunt“ auf sich nehmen. Sie leisten oft Prächtiges unter schwierigen finanziellen und auch gesellschaftlichen Bedingungen. Wir sollten, meine Damen und Herren, diesen Unterstützern dankbar sein. Ihr Beitrag ist mittlerweile vor Ort oft unverzichtbar für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Zudem gilt es, Populismus und Fremdenfeindlichkeit zu entlarven. Wir müssen dabei oft gegen schlichte Unwissenheit, Ignoranz und sehr einfaches Denken ankämpfen.
Es gilt zu vermitteln: Unsere Demokratie, unsere offene Gesellschaft schützt letztlich uns alle. Es gibt kein Land in Europa, in der Welt, in dem es den Menschen grundsätzlich besser geht als hier bei uns. Deshalb wollen so viele hierher.
Wir brauchen also mehr Begegnung, müssen die demokratischen Spielregeln konsequent vermitteln, durchsetzen und Angebote für alle Altersgruppen, auf dem Land wie in den Städten, machen.
Die interkulturellen Wochen, deren feierliche Eröffnung ich am Sonntag in Bautzen zusammen mit Petra Köpping besuchen durfte, sind ein guter, wegweisender Beitrag zum Gelingen der Kommunikation.
Eines, auch wenn es wehtut, müssen wir immer im Auge behalten: Wir dürfen nicht Ursache und Wirkung verwechseln. Im Verhältnis zu den Flüchtlingen sind es die dumpfen, organisierten und gewaltbereiten Rechtsextremen, die mit einer perfiden Strategie Aktionsschwerpunkte setzen und ohne Rücksicht auf das Ansehen ihrer angeblich so schützenswerten Heimat Einwohner, Investoren und Gäste verschrecken. Das zerstört weite Teile der
guten Arbeit der letzten Jahre im Freistaat und in den betroffenen Gemeinden, und es wirft uns weit zurück.
Die Integration derjenigen, die bei uns bleiben werden, muss gerade hier bei uns im Freistaat besonders gut klappen. Dann ist mir auch um das Image des Freistaates nicht bange.
Meine Damen und Herren, wir wollen gemeinsam eine gewaltfreie Gesellschaft aufbauen, in der jeder die Chance hat, sich entsprechend seinen Fähigkeiten und seiner Leistungsbereitschaft zu entwickeln und seine Zukunft zu gestalten. Bildung, die Lust auf Bildung, Neugier, Toleranz und Demokratieverständnis müssen wir auf allen Ebenen und überall fordern und fördern. Daran gilt es zu arbeiten, nicht nur in Bautzen.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Warum spricht der Ausländerbeauftragte, der nach dem Gesetz für die hier in Sachsen, im Freistaat lebenden Menschen ausländischer Herkunft zuständig ist, zu einem Thema, das ausschließlich nach Brüssel und in die Hauptstädte der EU zu gehören scheint? Nach meiner festen Überzeugung sind die Belange der „sächsischen Ausländer“ untrennbar mit den europäischen Lösungen verbunden, die der Antrag zu Recht im Blick hat, auch weil wir ohne Einschränkungen zu unseren humanitären Verpflichtungen stehen. Wir haben den Anspruch, diejenigen, die bei uns sind, anständig unterzubringen und zu behandeln. Wir helfen Menschen, die vor Krieg und Verfolgung flüchten. Wenn wir an diesen Prinzipien rütteln, dann rütteln wir an den Fundamenten unserer Gesellschaft. Denen, die längerfristig oder dauerhaft bei uns bleiben, möchten wir zudem zum Nutzen aller die für sie passenden Chancen eröffnen.
Meine Damen und Herren! Dies alles gilt es auch zu vermitteln. Dabei ist die Akzeptanz der Bevölkerung das A und O. Sie ist eine der, wenn nicht gar die tragende Säule. Wir sehen dies an den meisten Ländern, die uns umgeben, in denen die Akzeptanz schwindet oder gar wegbricht. Dort feiern die Extremisten politische Erfolge und ziehen in die Parlamente. Ausdrücklich sage ich deshalb Folgendes: Vorsicht vor Populisten oder gar Brandstiftern! Die nationale Karte ist bei der Steuerung des Flüchtlingszustroms bestenfalls ein Bluff, aber definitiv kein Joker.
Akzeptanz setzt als Erstes eine ehrliche und sachliche Debatte voraus. Berechtigte Fragen müssen wir argumentativ beantworten und dabei auch deutlich machen, dass unsere Hilfsbereitschaft gegenüber den Hilfsbedürftigen bleibt, gleichzeitig aber unsere Mittel und Kapazitäten begrenzt sind. Der ausgewogene, wenngleich aktualisierungsfähige Antrag weist dafür den europäischen Weg.
Erinnern wir uns etwa an den 23. April 2015, die Bootskatastrophe im Mittelmeer, bei der beinahe 1 000 Flüchtlinge ertranken, oder an das Bild des kleinen Jungen, der ertrunken an den Strand gespült wurde und dort in all seiner Unschuld lag. Wie können wir derartige Tragödien künftig vermeiden? Die EU verabschiedete damals als direkte Reaktion ihre Migrationsagenda mit zukunftsweisenden Maßnahmen, die neben einer Reihe von Sofortaktionen zum Ziel hatte, Anreize zur irregulären Migration zu reduzieren, Menschenleben zu retten, die EUAußengrenzen zu sichern, eine starke gemeinsame Asylpolitik zu entwickeln und neue Wege für legale Migration zu etablieren.
Wir müssen uns offen eingestehen, dass diese Ziele bei Weitem nicht in vollem Umfang realisiert sind; die bisherige Umsetzung ist sogar mehr als bescheiden. Das gilt auch unter Berücksichtigung des europäischen Sachstandsberichts vom 25. Januar 2016. Auch wenn unser Freistaat wenig Einfluss auf die Prozesse in der EU hat, ist es doch unsere Aufgabe, immer wieder auf diese notwendigen europäischen Lösungen zu drängen, und deshalb unterstütze ich den Antrag ausdrücklich.
Er ist aber, bitte schön, kein sanftes Ruhekissen und darf nicht dazu führen, dass wir unsere Hausaufgaben hier vernachlässigen. Nachdem die Herausforderungen der Unterbringung jetzt weitgehend bewältigt scheinen, brauchen wir vorrangig auch hier im Freistaat ein nachhaltiges, ausfinanziertes sächsisches Integrationskonzept für Sprache, Arbeit und kulturelle Integration, und ich freue mich darüber, dass die Staatsregierung hierzu nun offenbar in die finale Abstimmungsrunde gegangen ist. Viel Zeit allerdings bleibt nicht mehr, wenn wir die Akzeptanz erhalten wollen.
Meine Damen und Herren, es war schon die Rede davon: Gestern Abend durften wir – einige von Ihnen waren dabei – im Rahmen einer Veranstaltung hier im Plenarsaal die Vorträge von Rupert Neudeck und Frau
Prof. Dr. Christine Langenfeld hören. Auch sie, beide hochkarätige Experten für Flucht und Migration, machten
uns deutlich: Weder die Aufnahme und das Bleiberecht für alle noch die nationalstaatliche Abschottung sind tragfähige Lösungen; die Herausforderungen sind viel zu groß. Wir brauchen zur Bewältigung der Wanderungsbewegung nicht weniger, sondern bei allem unbestrittenen Reformbedarf vielleicht nicht mehr, aber doch ein anderes Europa, das sich wieder auf seine Ursprünge rückbesinnt und seine Werte nicht nur wie eine Monstranz vor sich herträgt, sondern diese Werte auch lebt.
Wir dürfen allerdings nicht warten, bis dieses Europa verabredet, geschaffen oder gar in Gesetzesform gegossen ist. Nein, wir bleiben national herausgefordert. Die Integration der Menschen, die zu uns kommen, bedeutet viel Arbeit. Das gilt, und zwar nicht erst seit den Kölner Vorfällen aus der Silvesternacht, auch für die sogenannte nachzuholende Integration eines Teils derer, die schon länger hier leben, bei der wir erkennbar Fehler und Unterlassungssünden begangen haben. Lernen wir aus diesen Fehlern und Versäumnissen, aber wiederholen wir sie nicht! Dazu gehört auch – Kollege Gebhardt hat es erwähnt – der Abbau bürokratischer Hemmnisse. Das gestern genannte Beispiel des aus Damaskus anzufordernden Führungszeugnisses des syrischen Arztes ist ja nun wirklich kein Einzelfall.
Viel zu lange haben wir gedacht, aktive Integrationspolitik unsererseits sei überflüssig. Einige dachten, Integration regele sich von allein, weil alle Ankommenden eben guten Willens und in der Lage dazu seien, und die anderen haben Integration für Verschwendung gehalten, weil es ja nur um Mitmenschen auf Zeit gehe. Beides hat sich als Irrweg erwiesen. Integration kostet Kraft, Zeit und Geld, und sie braucht Akzeptanz; aber sie ist eine unentbehrliche, wichtige Investition in unseren gesellschaftlichen Frieden und in unseren künftigen Wohlstand. Das letzte Jahr hat gezeigt, dass wir in Deutschland und hier in Sachsen in kurzer Zeit viel leisten und auf einen guten Weg bringen können. Wenn die europäischen Lösungen, für die wir uns heute hier in Sachsen starkmachen, greifen, dann haben wir auf nationaler Ebene den Rücken frei für diese anspruchsvolle Aufgabe, und dann, in der Tat, dann können wir es schaffen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die heutige Debatte in weiten Teilen, besonders heute Vormittag, als wohltuend empfunden. Ich möchte nur kurz fünf kleine Punkte ergänzen.
Für die in Sachsen lebenden Ausländer wünsche ich mir ausdrücklich ein überparteiliches Handeln. Die aktuellen Angebote, die heute ausgesprochen worden sind, begrüße ich. Lassen Sie uns in diesen Punkten möglichst bald konkret werden.
Erster Punkt. Tatsache ist: Auch wir im Freistaat stehen vor einer menschlichen, wirtschaftlichen und kulturellen
Herausforderung von vielleicht historischer Dimension. Die Menschen, die hier sind, wollen und werden wir unabhängig von ihrem Asylstatus anständig behandeln. Das steht nicht nur Disposition.
Menschenwürde ist kein migrationspolitisches Instrument oder, wie unser neuer Landesbischof so schön formuliert hat: „Würde ist kein Konjunktiv!“ Wir werden diese Menschen schützen, ihre Sicherheit gewährleisten und sie gemessen versorgen.
Zweiter Punkt. Die Flüchtlingsströme werden unseren Freistaat verändern. Manchen macht das Angst. Manche instrumentalisieren gar die Furcht der Menschen. Ich habe keine Angst vor Veränderung, sondern erkenne die Chancen entsprechend dem wunderbaren Zitat: „Wenn wir denn wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, dann müssen wir dafür sorgen, dass sich alles verändert.“
Dritter Punkt. Aber, meine Damen und Herren, wir radikalisieren uns nicht nur in der Sprache, aber auch in der Sprache. Das verbale Aufrüsten auch seitens einiger Politiker gefährdet den gesellschaftlichen Frieden. Ich finde dies wenig hilfreich. Herr Hartmann hat darauf hingewiesen. Nicht akzeptabel ist es, wenn unserem Innenminister der Zugang zu einem Willkommensfest verwehrt wird.
Meine Damen und Herren, rüsten jedenfalls wir ab, vielleicht, Herr Kollege Stange, auch hier im Parlament.
Nächster Punkt. Wir erleben in diesen Tagen unerträgliche menschenfeindliche Grenzüberschreitungen derjenigen, die unsere humanitären Grundsätze nicht teilen. Wo das mit Gewalt verbunden wird, ist das – das versteht sich von selbst – völlig inakzeptabel. Gewalt ist nie ein politisches Mittel, und sie wird auch nicht durch eine wie auch immer geartete moralische Erhöhung legitimiert. Straftäter werden wir mit aller Härte unseres wehrhaften Rechtsstaates verfolgen. Auch menschenfeindliche Äußerungen, die mittlerweile unseren Alltag durchziehen, können wir nicht tolerieren. Ich denke hierbei an das Internet, die Stadien, die Bürgerversammlungen – wir finden sie auf der Straße in Heidenau oder anderswo.
Nächster Punkt. Sorgfältig beobachten müssen wir wiederum die NPD, die sich derzeit neu zu erfinden versucht und über ihre regionalen Mandatsträger fremdenfeindliche Aktionen initiiert. Nach Informationen, die mir aus seriöser Quelle zugegangen sind, ist es so, dass der NPD in ihrem verzweifelten Kampf gegen den Fall in die Bedeutungslosigkeit jedes Mittel recht ist. Das ist das Problem: Sie heizen, wie in Heidenau, die Stimmung an, geben dort vorher Alkohol aus und sorgen dafür, dass sich auch Menschen mit kleinen Kindern zum sogenannten Abendspaziergang einfinden. Genau denen muss man nun sagen: Lasst das! Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen! Vorsicht, da sind Gewalttäter am Werk, die euch missbrauchen! Wer dort mitläuft und mitbrüllt, verlässt den Boden unseres Grundgesetzes und hat unser Verständnis verspielt.
Nächster Punkt. Wer Daten und Fakten kennt, lässt sich nicht für Menschenfeindlichkeit missbrauchen. Wir müssen, meine Damen und Herren, mehr informieren. Das bedingt aber, dass man zuhört. Dialog ist keine Einbahnstraße. Wer, von welcher Seite auch immer, brüllt, der will nicht zuhören. Er kann jedenfalls mit meiner Zuwendung nicht mehr rechnen.
Kommunikation und Information sind eine Bringschuld der Politik, Entscheidungen müssen transparent und nachvollziehbar sein. Wo immer das möglich ist, soll sie unter frühzeitiger Bürgerbeteiligung erfolgen, und Kommunikation, meine Damen und Herren, ist Chefsache auf allen Ebenen. Die Zeiten, in denen sich Verwaltungsspitzen erfolgreich wegducken konnten, sind vorbei. Ich wünsche mir in allen unseren Kommunen und Landkreisen mutige Spitzen, mutige Landräte, mutige Bürgermeister, mutige Oberbürgermeister. Das ist für mich ein sehr wichtiger Punkt.
Berechtigte Fragen unserer Bürgerinnen und Bürger müssen wir beantworten. Nicht jeder besorgte Bürger ist ein Rechtsextremist und nicht jeder Asylkritiker ist ein Neonazi. Anlass zur Kritik gibt es genug. Wir müssen insgesamt in dieser Thematik besser werden und zeitnah Lösungen finden. Hausaufgaben – Kollege Hartmann hat es angesprochen – warten auf allen Ebenen: in Brüssel, im Bund, in Sachsen und in unseren Kommunen. Ich muss das nicht wiederholen.
Insgesamt ist es meine feste Überzeugung: Sachsen ist besser als sein Ruf. Gemeinsam wollen und können wir zeigen, dass unsere Gesellschaft im Herzen offen, tolerant, lernfähig und menschenfreundlich ist oder, wie es unsere Bundeskanzlerin gestern gesagt hat: „Wir werden das schaffen!“
Allen, die jetzt schon haupt- oder ehrenamtlich ihren Beitrag dazu leisten, gebührt aufrichtiger Dank, hohe Anerkennung. Allen, die jetzt vielleicht noch schweigen oder zögern, kann man nur zurufen: Bekennen wir uns! Setzen wir uns alle zusammen ein für ein anständiges, ein menschliches Sachsen!
Herzlichen Dank.
Wer aber auf Bürgerversammlungen oder auf der Straße Hetzparolen brüllt und jeden Dialog verweigert, der bewegt sich außerhalb des demokratischen Konsenses und kann mit meinem guten Willen nicht rechnen.
Wer den Hass dann auch noch – sei es in Form von dumpfer Einschüchterung direkt vor Flüchtlingsunterkünften oder durch Gewalt gegenüber den Schwächsten – an den Flüchtlingen auslässt, der macht sich nicht nur strafbar, –
– sondern handelt in meinen Augen schlicht unanständig.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben die erste Runde gehört. Die Debatte ist in vollem Gange. Wir sollten alle Argumente im Interesse der Menschen, die unsere Unterstützung suchen und denen wir tatsächlich helfen wollen, sorgsam wägen. Diese Suche nach dem besten Weg, um die wir uns bemühen, um die wir auch ringen, für individuelle Zwecke oder zur Profilierung zu instrumentalisieren scheint mir derzeit aber nicht angebracht, vielleicht im Moment sogar gefährlich, weil es eine drohende Spaltung unserer Gesellschaft in dieser Frage eher vertieft und den noch bestehenden Konsens gefährdet.
Ich möchte aus meiner Sicht beispielhaft zwei, drei Bereiche nennen, die mir jenseits der positiven Ansätze des Lenkungsausschusses besonders wichtig erscheinen. Zunächst: Wir können und dürfen die Flüchtlinge nicht als eine homogene Gruppe ansehen. Sie kommen aus unterschiedlichen Gründen und aus verschiedenen Regionen, aus Kriegs- und Krisengebieten zu uns. Viele sind monate- oder gar jahrelang unterwegs, erleiden auf ihrem Weg nach Europa Erniedrigungen, Aggressionen, multiple Verletzungen. Dieses Europa scheint von einer einheitlichen und solidarischen Migrationspolitik Lichtjahre entfernt, ist nicht einmal in der Lage, den widerlichen Schlepperbanden ihr Handwerk zu legen.
Nicht immer ist es eine unmittelbare Gefahr für Leib oder Leben, die Menschen aus ihrer Heimat vertreibt. Auch
wirtschaftliche Not, fehlende Perspektiven oder Hunger bringen manche dazu, dass sie aus einer als unerträglich empfundenen Situation für sich und ihre Kinder keinen Ausweg mehr sehen. Dies ist für mich menschlich nachvollziehbar. Aber nicht jeder nachvollziehbare Grund erlaubt es den Menschen, nach dem bei uns geltenden Recht in Deutschland zu bleiben. Jeder Einzelfall – dazu haben wir uns verpflichtet – muss sorgfältig geprüft werden.
Meine Damen und Herren, wir haben differenzierte und internationale sowie nationale Vereinbarungen und Regelungen. Sie sind kein Selbstzweck. Aber wir müssen sie einhalten – nicht, weil Recht nun einmal Recht bleiben muss, sondern weil auf ihrer Grundlage ein austariertes System geschaffen wurde. Dieses System gerät in Gefahr, wenn wir unseren selbst gesetzten Regeln nicht folgen. Die sich daraus ergebenden Probleme verringern die Akzeptanz bei unseren Bürgern und hindern uns, denjenigen zu helfen, die wirklich unserer Hilfe bedürfen.
Dies sind übrigens die beiden einzig akzeptablen Gründe für Rückführungen. Gäbe es rechtliche Möglichkeiten, einem Flüchtling den Weg in die geordnete Zuwanderung zu öffnen, sähe ich für seine Rückführung grundsätzlich keine Notwendigkeit, wenn und solange er die Kriterien für eine geordnete Zuwanderung erfüllt.
So aber muss die Gruppe derer, die nach europäischen und nationalen Regeln nicht bleiben darf, unser Land wieder verlassen, so schlimm das für die Betroffenen auch sein mag. Über die Frage des Bleiberechtes – das wurde angesprochen – muss seitens des BAMF zügiger als bisher entschieden werden, und die Entscheidungen müssen zeitnah und konsequent kommuniziert und umgesetzt werden.
Meine Damen und Herren! Auch wenn wir für alle Flüchtlinge und Asylbewerber mehr und anderes tun möchten, die Ressourcen stehen dafür nicht zur Verfügung, erst recht nicht nach der Explosion der Migrationszahlen der letzten Wochen und Monate, die alle Beteiligten in bisher nicht bekannter Weise gefordert haben und die die Notwendigkeit ressortübergreifender Koordination innerhalb der Staatsregierung besonders deutlich machen.
Ich bin dankbar dafür, dass nunmehr mit dem Lenkungsausschuss sowie der Stabsstelle SMI die Grundlagen für eine weitere und notwendige Optimierung des Systems geschaffen wurden, und ich bin dankbar für den engen Schulterschluss zwischen Ausländerbeauftragtem und unserer Integrationsministerin Petra Köpping.
Vordringlich ist aus meiner Sicht derzeit die angemessene Unterbringung. Es ist nicht in Ordnung, wenn der Abstand zwischen Betten in einer zugegeben provisorischen Unterbringungshalle gerade einmal 20 Zentimeter beträgt. Einige hygienische Zustände, auf die ich gestoßen bin, sind für mich nicht akzeptabel, schon gar nicht auf Dauer. Hier müssen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, um Abhilfe zu schaffen.
Die Solidarität aller sächsischen Kommunen ist ebenfalls gefragt. Ein weiterer Schritt ist dann ein Angebot für Sprachkurse. Deutsch als Zweitsprache ist mancherorts noch eine organisatorische Baustelle. Später kommt die Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten hinzu. Die aktive Teilnahme am Arbeitsleben befreit aus sozialer Isolation in den Einrichtungen und fördert die Integration. Hier sollten wir alle zusammen mit dem zuständigen Arbeitsministerium weiter aktiv unterstützen.
Aber vor allem, meine Damen und Herren: Auch wenn wir über Regelungen reden müssen, der Mensch muss im Mittelpunkt stehen. Den wirklich Hilfsbedürftigen zu helfen ist unsere Pflicht. Nennen Sie das Motiv dafür Solidarität. Ich nenne es Mitmenschlichkeit. Wir werden dabei die Spannung zwischen dem, was wir tun möchten, und dem, was wir tun können, aushalten müssen. Niemand weiß das besser als die haupt- und ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer vor Ort in den Einrichtungen. Ihnen möchte ich meine Anerkennung und meinen Dank für ihre Arbeit aussprechen.
Mein Dank gilt auch all denen, die in der teilweise stark aufgeheizten Situation die Unbelehrbaren vor sich selbst und andere vor den Unbelehrbaren schützen. Sie machen einen guten Job.
Eine persönliche Bemerkung noch zu Ihnen, Herr Gebhardt. Ich habe Ihre Kritik gehört. Sie glauben, ich bin nicht der Richtige. Das überrascht mich nicht. Ich weiß doch seit Dezember, als Sie nicht für mich gestimmt haben, dass Sie meinen, ich sei nicht der Richtige. Oder ist es vielleicht umgekehrt, dass Sie glauben, ich sei nicht der Richtige, weil Sie nicht für mich gestimmt haben? Wie dem auch immer sei. Lassen Sie uns gemeinsam auf das richtige Ziel hinarbeiten; denn darauf – auf den Weg und das Ziel – kommt es an. Der Falsche kann ein richtiges Ziel verfolgen, ebenso wie der Richtige richtig auf dem Holzweg sein kann. Besonders schlimm wird es dann, wenn die Falschen auch noch auf dem Holzweg sind.
Lassen Sie uns nicht schon nach weniger als hundert Tagen, sondern am Ende der Legislaturperiode oder zwischendurch, wann auch immer Sie wollen, darüber richten, ob ich, wenn auch vielleicht der Falsche, auf einem richtigen oder einem akzeptablen Weg bin.
Meine Damen und Herren! Wir sehen uns auf allen Zuständigkeitsebenen unseres Gemeinwesens vor großen Herausforderungen. Der Sächsische Ausländerbeauftragte wird alles daransetzen, dass wir trotz aller Schwierigkeiten unser Asylrecht im Kern erhalten und auch künftig den wirklich Schutzbedürftigen Zuflucht gewähren können. Hierin weiß ich mich mit allen gutwilligen Abgeordneten dieses Hohen Hauses einig.
Herzlichen Dank.