Gerhard Besier
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Last Statements
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute Morgen auf dem Weg in den Landtag habe ich von einer neuen Umfrage gehört. Danach sitzt die Kompetenz für Wirtschaft und Sicherheit bei der Koalition und für Bildung und Soziales bei der Opposition. Das sind die Bilder, die verbreitet werden. Wir wissen, sie stimmen nicht. Frau Giegengack hat auf ihre Weise und so, wie ich es gar nicht könnte, deutlich gemacht, dass die Kompetenzen breiter und unterschiedlicher verteilt sind. Dennoch, kann ich mir denken, freut sich der eine oder andere mit Blick auf den Wahlkampf, dass die Bilder so sind.
Herr Schreiber, Sie haben recht, dass die Probleme, mit denen wir es zu tun haben, sicherlich keine spezifisch sächsischen sind. In Niedersachsen gibt es ganz ähnliche Probleme. Versuchen Sie dort einmal bei der Einschulung in der Lüneburger Heide eine Schule in der Nähe zu finden. Das ist ausgesprochen schwierig. Dort gibt es auch keine 1. und 2. Klassen, sondern die sind zusammengelegt. Das erinnert mich an Zeiten vor den Zwanzigerjahren, also an Kaisers Zeiten.
Die Probleme sind breit verteilt. Aber sie sind – Herr Schreiber, da haben Sie nicht recht – natürlich parteipolitisch gebunden. Baden-Württemberg funktioniert prächtig. Das ist bekanntlich nicht CDU-regiert. So könnte man das verteilen. Es geht wahrscheinlich in erster Linie um die Wirtschaftskraft der Länder. Insofern sind Bayern, Baden-Württemberg und Hessen in einer besonders guten Situation. Andere sind eben in einer weniger guten Situation. Es stimmt auch, dass das BAföG-Geld beispielsweise in Niedersachsen bekanntlich nicht den Universitäten zufließt.
Wie viele bildungspolitische Debatten haben wir in den vergangenen fünf Jahren geführt? Keiner bestreitet, dass „Zukunft schaffen durch Bildung“ der Slogan ist, den sich alle aneignen. Aber welche Bildung meinen wir denn? Was soll wie vermittelt werden? An diesem Punkt endet die lagerübergreifende Einigkeit.
Im Blick auf die sächsische Hochschulpolitik hatte ich oftmals den Eindruck, dass „zukunftsfest“ meint, besonders jene Disziplinen zu fördern, die im ökonomischen Sinne wertschöpfend sind. Ich habe das auch verschiedentlich gesagt. Dadurch wird es nicht richtiger, aber auch nicht falscher. Durch diese Ausrichtung geraten Geistes- und Sozialwissenschaften unter einen permanenten Legitimationsdruck. Aber gewinnen wir Zukunft allein mit Ingenieuren und Naturwissenschaftlern?
Braucht unsere Gesellschaft nicht auch Raum für die großen Sinnfragen, für Diskurse über unsere Entwicklung, für die schönen Künste?
Wir müssen einen kontinuierlichen Diskurs darüber führen, wo wir uns heute befinden und wohin wir wollen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das scheint mir ein bisschen zu kurz zu kommen.
Sie reden jetzt von einer Überakademisierung und meinen, wir müssten die handwerklichen Berufe stärken. Herr Clemen beispielsweise hat das neulich unterstrichen. Aber wir können die jungen Menschen doch nicht zwingen, Bäcker oder Mechaniker zu werden. Die freie Berufswahl ist ein hohes Gut. Das sage ich gerade auch in Erinnerung an unsere gestrige Debatte über die Aufarbeitung des SED-Staates. Wir wollen den jungen Menschen die Freiheit erhalten, das zu werden, was sie werden wollen. Wir kalkulieren dabei natürlich auch das Scheitern ein.
Ich habe Ihnen mehrfach gesagt, dass ich persönlich immer zu einem Perspektivwechsel bereit bin und versuche, Ihre Positionen zu verstehen. Wenn Sie klipp und klar argumentierten, 14 Hochschulen seien mit Blick auf die sächsische Wirtschaftskraft zu viel, dann verstünde ich das. Was ich nicht verstehe, ist das Hinauszögern von vielleicht bitteren Entscheidungen, denen freilich ein ebenso tragfähiges wie nachhaltiges Konzept zugrunde liegen müsste. Es geht um mehr als darum, eine Durststrecke zu überstehen. Ein Rückgang der Studierendenzahlen, der ja tatsächlich irgendwann kommen wird – darüber sind wir uns einig –, löst unsere Probleme mit der Finanzierung der Hochschulen nicht.
Danke schön. Ich habe es bemerkt.
Was wir auf dem Feld der Hochschulpolitik benötigen, ist – so meine ich – der Mut, wirklich neue Wege zu gehen und couragierte Entscheidungen zu treffen. Diese Staatsregierung hatte eine satte parlamentarische Mehrheit und hätte auf dieser Grundlage beherzt Reformen angehen können. Vielleicht kommt der Freistaat in der nächsten Wahlperiode ein Stück auf diesem Weg weiter voran. Das wünsche ich Ihnen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Verbesserung der Aufarbeitung der SED-Diktatur ist von dem ernsten Anliegen getragen, die untergegangene DDR und ihre Vorgeschichte in ihrer historischen Komplexität und ihren Wirkungsweisen zu erfassen und von der Engführung auf die Staatssicherheit wegzukommen. Entsprechend diesem Ziel sollen das Aufgabenfeld des Landesbeauftragten ausgeweitet und vor allem seine rechtliche Stellung verbessert werden.
Sie wollen auch den Bildungsauftrag des Landesbeauftragten stärken und nennen die Institutionen, mit denen er zusammenarbeiten soll. Darunter ist auch die Landeszentrale für politische Bildung. Aber ist die politische Bildung nicht die genuine Aufgabe der Landeszentrale? Wäre es nicht eher angebracht, die Landeszentrale entsprechend zu stärken? Auch eine Professionalisierung dieses Feldes durch Historiker ließe sich hier sehr viel leichter bewerkstelligen.
Sie verquicken den neuen erweiterten Bildungsauftrag des Landesbeauftragten mit der bereits bestehenden Aufgabe, Ansprechpartner für ehemals Verfolgte und Benachteiligte zu sein und zwischen Opferverbänden zu moderieren. Damit schärfen Sie das Aufgabenprofil des Landesbeauftragten nicht, sondern Sie gestalten es eher unübersichtlich und disparat.
Mit Recht hat der Sprecher der FDP-Fraktion laut Bericht des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses auf das Problem hingewiesen – ich zitiere –, „wie der Beauftragte in das bestehende Gefüge der politischen Arbeit, der Bildungsarbeit und der Wissensvermittlung über die Diktatur eingegliedert werden könne.“ – Das ist das Problem.
Die Unabhängigkeit des Landesbeauftragten ist Ihnen wichtig. Darum wollen Sie schließlich seine Rechtsstellung verändern. Sie wollen Parteiunabhängigkeit und das Amt soll beim Sächsischen Landtag ressortieren. Das leuchtet ein. Was Sie in der Begründung des Entwurfs unter Abschnitt A aufführen, gehört in den Bereich historisch-sozialwissenschaftlicher Arbeit und sollte Fachleuten überlassen bleiben. Eine späte Professionalisierung des Amtsinhabers durch Aufgabenübertragung scheint mir nicht der richtige Weg zu sein. Wir müssen umgekehrt verfahren. Wir brauchen Fachleute, die sich dann in bestimmte Aufgaben einarbeiten, und nicht Laien, die das dann tun.
So, wie Sie jetzt die Aufgabe des Landesbeauftragten beschreiben, müsste die Person eine Eier legende Wollmilchsau sein, Psychologe, Historiker und Diplomat in einer Person – nach der Beschreibung. So jemand wird sich, einmal abgesehen von der begrenzten Arbeitszeit eines Menschen, kaum finden lassen. Wenn wir dem Gesetzentwurf zustimmten, hätten wir uns überdies in eine Kostenfalle begeben. Sie haben mit dem Gesetzentwurf zwar nicht die Forderungen nach Budgeterhöhungen verbunden, aber Ihr inhaltliches Konzept erfordert zwingend eine solche Erhöhung. Sie können das eine ohne das andere gar nicht, und es ist wahrscheinlich eher ein parlamentarischer Trick, erst einmal das Gesetz ohne das Geld und das Geld dann im Nachhinein zu fordern.
Ich nehme an, das Motiv für den Gesetzentwurf ist darin zu suchen, dass Ihnen die bisherige Aufarbeitung allzu lückenhaft erscheint. Darum reden Sie ja auch von Verbesserungen. Die Alarmmeldungen, etwa von Klaus Schröder oder dem Kollegen Staadt, wie dürftig das Wissen von Schulkindern über den SED-Staat sei, stimmen auf den ersten Blick in der Tat nachdenklich.
Nach 25 Jahren Bilanz zu ziehen, scheint mir durchaus angebracht. Dazu müssten einmal die gesamten Kraftanstrengungen in den Blick genommen werden – unter Einschluss der verursachten Kosten. Ich unterstelle einmal, dass die Staatsregierung nicht zu wenig getan hat, schon aus ideologischen Gründen. Aber das kollektive Gedächtnis funktioniert eben nicht so, wie wir uns das wünschen würden. So wissen wir beispielsweise längst, dass das Familiengedächtnis, die Erzählungen zu Hause, viel wirkungsvoller sind als der Schulunterricht oder die Bücher der Landeszentrale. Mit der Aufarbeitung der NSVergangenheit haben wir ganz ähnliche Erfahrungen gemacht. Es gibt das offizielle Erinnern. Hier wird nach außen hin die Lesart des Memorialregimes vertreten, also politisch korrekt. Auch das ist ja die Versuchung eines Parlamentariers. Aber daneben gab und gibt es das Vergessen und jene Legendenbildungen und Mythen, die außerordentlich zählebig sind und die uns beispielsweise im Blick auf den Nationalsozialismus auch aktuell immer wieder politisch beschäftigen. Es wäre also ein Fehlschluss zu meinen, wir hätten hier nicht genug Aufarbeitung betrieben. Wir sind die Aufarbeitungsmeister im Blick auf den Nationalsozialismus. Das wird uns international bescheinigt, aber eben immer mit dem bedauernden Lächeln: Offenbar habe es nicht allzu viel genutzt.
Es wäre also ein Fehlschluss zu meinen, wir hätten nicht genug getan. Ein Gesetz, und es mag noch so gut sein, wird an diesen anthropologischen Gegebenheiten nichts ändern. Es gibt das Problem falscher Erinnerungen, dass sich im Rückblick auf das NS-Regime – das ist uns aus biologischen Gründen nicht mehr so möglich –, aber auch im Rückblick auf das DDR-Regime verklärende Erinnerungen halten, während anderes wegsinkt. Also werden Eltern und Großeltern bei jeder sich bietenden Gelegenheit – Sie kennen das – äußern: Es war nicht alles schlecht in der DDR. Oder zu einer Vergewaltigung in der alten Bundesrepublik sagt die Oma: Unter Hitler wäre das nicht möglich gewesen. Es gibt dann diesen leuchtenden Blick, der Zustimmung einfordert. Das sind Phänomene, die wir nicht über ein Gesetz verändern können. Wir können noch so viel Geld in die Fort- und Weiterbildung stecken, es wird nicht helfen. Wir werden immer mit diesen falschen Erinnerungen zu tun haben.
Herr Kollege Schiemann, ein anderes Problem sind die Kontinuitäten, die Sie jetzt rekonstruiert haben. Es gibt – da sind sich die Historiker ausnahmsweise einmal einig – zwischen dem 17. Juni und der Revolution 1989 keine Kontinuität. Das sehen wir im Nachhinein so. Auch wir selbst müssen aufpassen, wie wir argumentieren und welche Wege wir gehen.
Es gibt in diesem Feld eine Koalition, eine Koalition von Pädagogen und Historikern gegen Neurobiologen und Sozialwissenschaftler. Wir müssen uns vor Augen halten, dass wir uns in diesem Streit nicht eindeutig positionieren. Mit anderen Worten: Wir haben Geld genug hineingesteckt. Wir werden es auch nicht ändern können, dass in dem Maße, in dem die DDR-Diktatur zur Vergangenheit wird, gerade junge Menschen das Interesse an diesem
Thema verlieren. Das ist bedauerlich und spricht gegen das, was wir wollen, aber wir können es auf diesem Wege, wie er hier vorgeschlagen wird, leider nicht verändern.
Haben Sie vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beginne mit einem Zitat: „Wie ein roter Faden durchzogen die Auseinandersetzungen um Einsparungen im Personalbereich die Hochschulpolitik Sachsens. Der personelle Aderlass war beträchtlich. Innerhalb von zwei Jahren fielen 775 Stellen weg. Und der Finanzminister drängte auf viel weitergehenderen Abbau.“ Das sind wohlgemerkt keine aktuellen Worte, sie stammen aus dem Buch von Werner Bramke, der über die 2. und 3. Legislaturperiode schreibt.
Ein Teil des Problems liegt darin, dass seit der 2. Legislaturperiode die Hochschulen in Sachsen ständig Kürzungen haben hinnehmen müssen. Wir haben nicht mit dieser Legislaturperiode begonnen, sondern es ist ein Dauerprozess. Obwohl sich im Antrag der SPD-Fraktion nichts Neues findet und wir heute zum wiederholten Male eine Debatte führen, wie sie in den letzten fünf Jahren oft stattgefunden hat, kann man doch der SPD-Fraktion nur dankbar sein, dass sie zum Ende der Wahlperiode noch einmal die grundsätzlichen Probleme der Hochschulen aufs Tapet bringt.
Als den gravierendsten Mangel rekurriert die SPDFraktion zu Recht die gewaltige Diskrepanz zwischen der Entwicklung der Studierendenzahlen und der zur Verfügung stehenden Grundfinanzierung respektive den vorhandenen Stellenkapazitäten. Das ist eben keine Mär, Herr Kollege Clemen.
Herr Kollege Mann hat ja bereits darauf hingewiesen, dass die Direktoren jetzt an die Landesregierung appelliert haben, mit dem Geld, diesen ominösen
750 Millionen Euro, wenn ich richtig rechne, den geplanten Stellenabbau zu verhindern. Folgt man der „Leipziger Volkszeitung“ – auch darauf hat Herr Kollege Mann schon hingewiesen –, gibt es über die Verwendung der Millionen ja Streit in der Koalition. Entschieden ist also hier noch gar nichts. Das sehe ich anders als Sie, Herr Kollege Mann. Noch ist die FDP ja in der Regierung. Darum wäre es auch verfrüht, über den Plan „Zusatz vor Hochschulen“ und die beabsichtigten Prioritäten zu reden, jedenfalls nach meinem Kenntnisstand.
Der Stellenabbaubeschluss ist im Lichte der BAföGMillionen und der Ankündigung, das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern Ende des Jahres zu beenden, wieder auf der Agenda. Wir müssen darüber erneut reden. Es ist ja nicht nur unser Streit; die Rektoren der Hochschulen haben nach langem Hin und Her diesen Appell an Sie gerichtet.
Unter den im Antrag genannten Punkten verdient einer besondere Beachtung: jener zur länderübergreifenden Kooperation. Dies ist wünschenswert, sofern sie für die Studierenden keine gravierenden Nachteile mit sich bringt. Da sind wir uns einig, denke ich. Die Staatsregierung hat es freilich bisher bei ihrer Ankündigungspolitik belassen und hält Details größtenteils unter dem Teppich. Die Kooperationsvereinbarung der Wissenschaftsministerien Sachsens und Sachsen-Anhalts scheint mir bisher ein bloßer Prüfauftrag zu sein. Definitive Zusagen enthält sie nicht. Man beabsichtigt lediglich, sich wechselseitig über „Entwicklungspläne, Zielvereinbarungen und andere öffentlich zugängliche Papiere“ zu informieren und diese Kenntnisse bei der Aushandlung von Zielvereinbarungen zu berücksichtigen. Planungen zum Wegfall von Studienangeboten wolle man sich im Vorfeld gegenseitig mitteilen, um Kompensationsmöglichkeiten prüfen zu können.
Es bleibt unklar, wie Leistungen und Gegenleistungen der beteiligten Landesregierungen und der entsprechenden Hochschulen konkret aussehen sollen. Jedenfalls sind wir darüber nicht informiert worden. Kooperation ist in jedem Fall sinnvoll. Mir drängt sich allerdings der Eindruck auf, dass die Staatsregierung sie nicht als ernsthaftes Kompensationsmittel für wegfallende Studienangebote nutzen wird. Daraus werden die Hochschulen aller Seiten keinen Vorteil ziehen.
Meine Fraktion wird dem SPD-Antrag zustimmen. Es bleibt zu hoffen, dass im Interesse der sächsischen Hochschulen die mannigfachen hochschulpolitischen Fehlentscheidungen der zurückliegenden Wahlperiode in den kommenden Jahren codiert werden können. Die Hoch
schulentwicklungsplanung fußt auf falschen Annahmen und ist überdies nicht flexibel. Ihre Verhandlungen mit den Hochschulen werden nicht zu den notwendigen Verbesserungen führen. Bei der Hochschul- und Studentenwerksfinanzierung sind sie bis zuletzt nicht merklich vorangekommen. Sie verantworten stattdessen einen beispiellosen Kürzungshaushalt. Ihr Hochschulfreiheitsgesetz hat mehr Probleme – –
Dann lassen Sie bitte Ihren Emotionen freien Lauf, Herr Kollege.
Entschuldigung! Selbstverständlich.
Entschuldigung, Herr Schmalfuß. Ich weiß, dass Sie das Recht haben.
Herr Kollege Clemen, das ist kein rechnerisches Problem, sondern eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit. Wir vergleichen uns natürlich nicht mit Sachsen-Anhalt, das versteht sich. Oder wollen Sie sich in diesem Punkt mit Sachsen-Anhalt vergleichen? – Es ist so, dass wir im unteren Drittel liegen. Darum wird es schwierig, im nationalen Wettbewerb bestehen zu können. Das ist das Problem.
Natürlich geht es vor allem in der Forschung um abgesicherte, unbefristete Stellen. Andernfalls, Herr Kollege Clemen, sind das alles nur Strohfeuer. Das ist die Problematik. Wenn wir die Leute nach wenigen Jahren wieder gehen lassen, ist das verlorene Zeit und im Übrigen auch verlorenes Geld. Darüber wird aber an den Hochschulen doch offen debattiert.
Wir müssen unsere Anstrengungen für attraktive Beschäftigungsbedingungen erhöhen, auch wenn jetzt wieder Erfolgsmeldungen von der TU Dresden kommen. Das reicht nicht aus. Das ist weiterhin diese Leuchtturmpolitik. Wir müssen in die Breite hinein mehr tun. Das Wissenschaftsressort ist, wie mein Eingangszitat gezeigt hat, über viele Jahre am Gängelband des Finanzministeriums geführt worden. Das wird sich negativ auf die Hochschulen und insbesondere auf deren Autonomie auswirken. Das haben wir auch schon wiederholt diskutiert. Dennoch haben Sie auch heute wieder keine Anstalten gemacht, die nötigen Konsequenzen auch nur anzudeuten. Sie hätten eine Art Zukunftsperspektive entwickeln können. Daran fehlt es ja nicht, das kommt vielleicht noch. Auf eine ernst zu nehmende Entwicklungsperspektive jedenfalls haben wir bislang umsonst gewartet.
Diese Regierungskoalition – ich sage das nicht gern, ich habe daran keine persönliche Freude – hinterlässt eine Hochschullandschaft, die im nationalen wie internationalen Wettbewerb kaum, allenfalls eben nur punktuell aufholen konnte und die in weiten Teilen abstiegsbedroht ist. Das ist kein rühmliches Vermächtnis.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Intention des Antrages der Fraktionen von CDU und FDP ist vorbehaltlos zuzustimmen. Das seitens des SED-Staates zugefügte Unrecht kann nicht wiedergutgemacht werden, wie meine beiden Vorredner schon betont haben. Vielen Menschen wurde das Recht auf Glück genommen, wertvolle Lebenszeit zerstört.
Auch nach dem Umbruch waren einige so geschädigt, dass sie auch unter den neuen Verhältnissen ihren Platz in der demokratischen Gesellschaft nicht mehr finden konnten. Mithilfe von Opferrenten lassen sich solche Schicksale zumindest mildern.
Es ist zu hoffen, dass die Überprüfung der getroffenen Maßnahmen zu einer angemessenen Erhöhung der Opferrenten und zu einer vereinfachten rascheren Vergaberegelung führen wird. Ich bin ganz der Meinung meiner Vorredner, dass wir die Zuwendung anheben sollten und dass durch eine Öffentlichkeitskampagne, wie Herr Kollege Schiemann betont hat, auch publik wird, welche Möglichkeiten die Betroffenen haben.
Sie haben zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass durch die bestehenden Regelungen nicht alle Opfergruppen erfasst wurden. Leicht lassen sich Lebensläufe denken, denen es auf den ersten Blick an Eindeutigkeit fehlen mag. So setzten manche Hoffnungen in die DDR, zeigten sich zur Kooperation bereit und übernahmen auch Funktionen in diesem System. Später wandten sie sich enttäuscht ab und zogen sich zurück, ohne in die Opposition zu gehen. Ihr Nicht-mehr-Mittun zahlten sie mit zum Teil gravierenden Nachteilen. Handelt es sich dabei um Opfer? Andere wechselten von der Täter- in die Opferrolle, und wieder andere leisteten nach Jahren treuer Gefolgschaft
heftigsten Widerstand und landeten schließlich im Gefängnis. Ich will damit nur andeuten, dass der Opferbegriff manchmal schillernd sein kann und die Irrungen und Wirrungen eines langen Lebens – viele sind ja inzwischen, wie Sie auch in dem Antrag betont haben, im vorgerückten Alter – bedacht werden sollten.
Heimerziehung in der DDR wird zu Recht als ein besonders gravierendes Beispiel für geschehenes Unrecht genannt. Die Berichte und die wissenschaftlichen Studien darüber liegen ja im Wesentlichen vor. Wir sollten alles tun, um den Opfern zu helfen. Um alle Traumatisierten unterstützen zu können, muss der entsprechende Fonds aufgestockt und die Antragsverfahren müssen ebenfalls erleichtert werden. Auch hier bin ich vollkommen in Übereinstimmung mit meinen Vorrednern.
Ich habe freilich nicht verstanden und auch erst bei Kollegen Schiemann gehört, dass er das ebenfalls für problematisch hält: Ich habe nicht verstanden, warum Sie eine Verkürzung der Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen vom Juni 2016 auf den 31.12.2014 erwägen. Warum nicht auch hier die Fristen verlängern? Da es sich bei den Betroffenen nicht durchweg um Menschen handelt, die bereits in hohem Alter sind, würden doch längere Fristen die Chance, auch noch solche zu erreichen, die sich, aus welchen Gründen auch immer, bis Ende des Jahres noch nicht zu einer Antragstellung durchgerungen haben, erhöhen. Frau Kollegin Schütz hat ja die Fristen genannt. Die Mehrheit hat sich bei Weitem bislang noch nicht gerührt.
Solche Entscheidungen, sich dann doch zu melden, lösen oftmals neuerliche psychische Einbrüche aus, sogenannte Flashbacks, die diese Menschen mit einem gewissen Recht scheuen. Sie fliehen vor ihrem dramatischen Erleben und wollen sich deshalb oft der qualvollen Erinnerung nicht aussetzen. Hier wäre in der Tat zu bedenken, dass man noch einmal energisch auch hier für eine Verlängerung der Zeiten plädiert.
Wie dem auch sei: DIE LINKE wird Ihrem Antrag ohne Einschränkungen zustimmen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Jahren beschäftigt uns die Frage des wissenschaftlichen Nachwuchses. Leider hat sich die Situation weiter verschärft, und – das muss leider konstatiert werden – Konzepte zur Lösung der Probleme wurden seitens des Wissenschaftsministeriums bisher nicht präsentiert.
Die Fraktion DIE LINKE wird dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darum zustimmen, obwohl es eine ganze Reihe von Fragen gibt, die ich für diskussionswürdig halte. Ich nehme mir die Freiheit, diese einmal auszuführen.
Beispielsweise müssen wir im Blick auf den Mittelbau klar zwischen solchen Stellen unterscheiden, die für Daueraufgaben eingerichtet werden müssen, und solchen, die in erster Linie für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses gedacht sind.
Bereits mit der Übernahme des Hochschulsystems aus den westlichen Bundesländern, vor allem BadenWürttemberg, hat man implizit auch den Rückbau von Dauermittelbaustellen übernommen. Dort hatte man bereits in den Achtzigerjahren die frei werdenden akademischen Ratsstellen nicht wieder besetzt und die Stellen in wissenschaftliche Mitarbeiter- bzw. wissenschaftliche Assistentenstellen umgewandelt oder mehrere dieser Stellen zur Errichtung einer neuen Professur zusammengelegt. Wer ein bisschen die Geschichte der Universitätsentwicklung in Westdeutschland kennt, der wird wissen, dass dies der Trend gewesen ist.
Dieser Trend hat sich nach 1990 fortgesetzt. Man hat auf diese Weise die Spannungen zwischen dem vor allem in der Lehre tätigen Ratsmittelbau und den Professoren beseitigen wollen und es vorgezogen, zeitlich befristete Angestelltenstellen zu schaffen, die überdies den Professoren zugeordnet wurden. Dass vor allem die Professoren diese Entwicklung vorangetrieben haben, steht meines Erachtens außer Frage.
Ein zentraler Punkt, den Herr Kollege Gerstenberg nicht in den Vorarbeiten, aber jetzt in seiner Rede erwähnt hat – in der Antragsbegründung habe ich es so noch nicht gesehen, er spricht von Subalternität –, ist die Forderung, das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Professoren und Mittelbau zu beenden, wie es in allen Ländern West- und Mitteleuropas, mit Ausnahme der deutschsprachigen Länder, inzwischen geschehen ist. Wir müssen diese Professorenherrlichkeit unterbinden. Das ist freilich nicht eine Aufgabe Sachsens allein. Vieles von dem, was ich sage, trifft nicht das sächsische Wissenschaftsministerium, sondern unser System in Deutschland insgesamt.
Was Herr Kollege Gerstenberg nicht ausdrücklich sagt, aber zweifellos einräumt und jetzt auch noch einmal unterstrichen hat, ist der Umstand, dass es sich bei jener Gruppe von Mittelbaustellen, die der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses dienen soll, um Positionen handelt, die zeitlich begrenzt sein müssen, weil ihre Funktion darin besteht, in einem Ausleseverfahren nur die Besten weiterkommen zu lassen. Ich habe den Eindruck, dieser Aspekt geht manchmal in unseren Debatten unter. Wären diese Stellen unbefristet, stünde zu befürchten, dass auch solche, die nur mittelmäßige Leistungen brächten, sich an ihre Stellen klammerten. Auch das hatten wir in manchen westlichen Bundesländern schon einmal. In der Konsequenz müssten immer neue Mittelbaustellen finanziert werden, was das System sprengen würde.
Auch das angloamerikanische System verfährt nach dem Ausleseprinzip. Das ist zu unterstreichen. Nicht jeder Assistent Professor wird Associate und schon gar nicht Full Professor. Auch im Tenure-Track-System müssen einige die Hochschule verlassen und sich auf einem anderen Feld eine Beschäftigung suchen. Anscheinend fällt das in einigen Ländern leichter als in anderen. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, dem wir uns allerdings stellen müssen.
Auf jeden Fall ist es anzuraten, mit dem Wechsel nicht zu warten, bis der Betreffende in den Fünfzigern ist. Früher setzte dann an den Universitäten die Barmherzigkeitsfortbeschäftigung in irgendeiner Nische ein. Wer sich daran noch erinnern kann, der weiß, dass es in den Achtzigern solche Stellen noch und noch gegeben hat. Das betraf ehemals hoffnungsvolle Jungakademiker, die nicht gehalten haben, was sie versprachen. Das war seinerzeit der Grund für die Einführung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes.
Die Habilitation ist nicht die Ursache für das Scheitern junger Wissenschaftler. Auch ein Junior oder Assistent Professor muss sich, wenn er das Tenure-Track-Verfahren
bestehen will, wissenschaftlich weiter profilieren. Neben Aufsätzen handelt es sich meist um das „zweite Buch“. In Nord- und Westeuropa wie in Nordamerika ist das eine stehende Wendung und letztlich nur eine andere Bezeichnung für ein und dieselbe Sache. Hier wie dort gilt in den meisten Fällen die bloße Ansammlung von Aufsätzen – das gibt es nach meiner Beobachtung auch in Sachsen immer häufiger, die sogenannte kumulative Habilitation – nur als die zweitbeste Lösung.
Im engeren Sinne handelt es sich vor allem um die Frage, welcher Zeitraum für die wissenschaftliche Profilierung angemessen erscheint und wie die jungen Leute zu bezahlen sind. Wäre der wissenschaftliche Mitarbeiter von Zuarbeiten für den Professor befreit, dann hielte ich zwölf Jahre für durchaus angemessen, bis zur Promotion sechs und dann noch einmal sechs Jahre.
Das hat freilich Konsequenzen für den Wissenschaftsbetrieb. In fast allen Hochschulen Nord- und Westeuropas wie in Nordamerika schlagen sich die Professoren selbst mit Black Boxes herum, stehen gegebenenfalls selbst am Kopierer und verfügen über keine ihnen direkt zugeordneten halben oder ganzen Sekretärinnenstellen. In Nordeuropa ist es geradezu verpönt, sich als Professor über das Einwerben von Drittmitteln Hilfskraftgelder, die natürlich nicht so heißen, zu besorgen. Dort verdienen übrigens Assistent Professoren beinahe genauso viel wie Associates. Die Gehälter werden nach oben stark gedeckelt. Ich möchte einmal unsere W-3-Professoren erleben, wenn sie auf Teile ihres Gehalts verzichten sollten.
In Nordamerika kann man Drittmittel einwerben und Hilfskräfte einstellen und steht dann vor demselben Dilemma wie hier in Deutschland: Der Projektmitarbeiter arbeitet faktisch für die begrenzte Laufzeit dem Projektleiter zu. Will er darüber hinaus eigene Forschung betreiben, muss er seine Freizeit dafür opfern.
Was uns hierzulande fehlt, ist eine sorgfältige Prüfung der verschiedenen Alternativen und deren Auswirkungen auf das Gesamtsystem. Wir benötigen den Entwurf eines Gesamtkonzeptes, das im Konsens mit allen Beteiligten ausgehandelt werden muss. Das ist schwer. Ich habe angedeutet, dass es sich meines Erachtens immer noch sehr stark um die Frage von Privilegien für Professoren handelt. Viele Professoren werden ihre letzten Privilegien, die sie gar nicht einmal als solche verstehen, mit Zähnen und Klauen verteidigen.
Wir lösen die komplexe Problemlage nicht allein dadurch, dass wir immer mehr Geld in ein System stecken, das durch Teilreformen nicht besser, sondern eher schlechter geworden ist. Ich habe das kürzlich am Beispiel der Stellen für Akademische Assistenten gezeigt, die es in Sachsen kaum gibt, obwohl es sich um eine gute Einrichtung handelt.
Alle, auch die Hochschulrektorenkonferenz, rufen jetzt nach Bundesmitteln. Das mag für eine Übergangsphase eine Lösung sein, aber was dann? Aller Voraussicht nach werden die Ausgaben für Forschung in der Zukunft immer
stärker steigen. Irgendwann werden auch die Möglichkeiten des Bundes erschöpft sein.
Unser Gesellschaftsmodell schwankt zwischen dem skandinavischen und dem angloamerikanischen. Das gilt für viele Bereiche. Bleiben wir auf dem Feld der Hochschulen. Entweder gelingt es uns, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass zur Bewältigung auch solcher Aufgaben die Steuern erhöht werden müssen, oder wir beschreiten den Weg der Privatisierung, was letztlich – jetzt kommt das böse S-Wort – Studiengebühren bedeutet. Die beträchtliche Gerechtigkeitslücke, die dadurch entstünde, ließe sich durch flankierende Maßnahmen mildern, aber nicht beheben. Jene Bundesländer, die sie eingeführt hatten, haben sie ja nicht deswegen wieder abgeschafft, weil sich die Gebühren als unsinnig erwiesen hätten. Im Gegenteil: Man fürchtete, im Übrigen zu Recht, dass der Wähler das nicht goutiert. Darum hat man sie schnell wieder abgeschafft.
Ich bin froh darüber, dass Kollege Mackenroth mit Blick auf das Protokoll der Mittelbauinitiative bereits gesagt hat, dass es so nicht gelaufen sei. Deshalb brauche ich nichts dazu zu sagen. Andererseits erlauben Sie mir bitte die Anmerkung, so wie mir der Vorgang erzählt wurde, haben sie das Protokoll aus den Gesprächen mit Spitzenbeamten an das SMWK geschickt und gefragt, ob es sich so zugetragen habe. Naheliegend wäre es gewesen zu sagen, dass bei diesem Gespräch Vertraulichkeit vereinbart war und daher ein Protokoll weder bestätigt noch falsifiziert werde. Das ist nicht geschehen. Dann haben sie gesagt: Na schön, dann veröffentlichen wir es. – Mir war klar, dass das, was inhaltlich darin steht, die Sache eigentlich nicht treffen konnte. Lassen Sie uns deshalb nicht weiter darüber reden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen vor einem in diesem Falle wirklich gigantischen Problem. Wir müssen es gemeinsam – nicht nur als Land, sondern möglichst auf Bundesebene – zu lösen versuchen. Wenn wir so weiterwurschteln wie bisher, werden wir den internationalen Anschluss verlieren. Das scheint mir deutlich zu sein. Das können wir nicht riskieren. Wir sollten ohne ideologische Vorgaben versuchen, das gesamte Feld in Augenschein zu nehmen und zu Lösungen zu kommen, die allen Beteiligten einigermaßen erträglich erscheinen.
Haben Sie vielen Dank.
Man sagt ja, Schadenfreude sei die schönste Freude. Aber lassen Sie mich altmodisch sagen: Das ist eine Charakterfrage.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will der Versuchung widerstehen, Ihnen die Mythen und Meistererzählungen, die die Menschen in Europa von der Antike bis zur Gegenwart befasst haben, vorzutragen; das wäre keine Aktuelle Debatte.
Wie Kollege Herbst sollten wir bei den beiden Weltkriegen anfangen. Den Politikern, die nun die europäische Bühne betraten, war eines sehr wichtig: Nie wieder Krieg in Europa! Nie wieder Hass zwischen den Völkern Europas! – Nicht zuletzt dieses Motiv stand hinter dem frühen Bemühen, Europa zu vereinigen, zu einem politischen Subjekt neuen Typs zu entwickeln.
Die Sehnsucht nach einem vereinigten Europa trieb viele junge Menschen beispielsweise zu nächtlichen Aktionen. Sie räumten symbolisch die Grenzbäume zwischen Deutschland und Frankreich beiseite, um zu verdeutlichen, dass beide Länder in einem Europa liegen. Unter diesen Demonstranten war übrigens der junge Helmut Kohl. Viele Jahrzehnte später, Anfang 2002, war es dem alten Helmut Kohl vergönnt, die Euro-Scheine, die man ihm vorgelegt hatte, zufrieden zu signieren. Er hatte damals den Eindruck, seinem Lebensziel, die Aussöhnung mit den europäischen Nachbarn voranzubringen, ein großes Stück näher gekommen zu sein. Ich war damals eher skeptisch und habe ihm nicht zugeraten, das zu machen. Er hat sich davon nicht abbringen lassen.
In den 1990er Jahren und zu Beginn des 21. Jahrhunderts verbanden sich mit dem Europa-Gedanken noch eine Emphase und eine Leidenschaft, die heute – machen wir uns nichts vor – weithin verschwunden ist. Statt Euphorie macht sich so etwas wie Europa-Verdrossenheit breit, der die großen Ideen fremd sind und die nur noch auf die handwerklichen Fehler sieht. Diese wurden sicherlich gemacht, gar keine Frage.
Dabei ist die wirtschaftliche Integration Europas weit gediehen. An den finanzpolitischen Schritten – bis hin zur Bankenunion – lässt sich erkennen, dass die Europäer aus ihren Fehlern gelernt haben.
Mit der politischen Integration hapert es noch im geschichtsbeladenen, buntscheckigen Europa mit seinen unterschiedlichen Geschwindigkeiten, Arbeitskulturen
und auch Mentalitäten. Es gibt noch viel Zerrissenheit und sogar separatistische Strömungen; denken Sie etwa an das kleine Belgien.
Aber das alles ist doch kein Grund, EU-Europa den Abschied zu geben. Die Europäische Union ist das praktizierte Europa, nicht die himmelstürmende Idee, sondern der mühsame Pfad durch die Niederungen des Alltags.
Wir werden mehr für die politische und kulturelle Integration der EU tun müssen; das ist wahr. Aber die EU und Europa wollen wir uns doch nicht auseinanderdividieren lassen, womöglich mit dem Ziel, in eine enge Nationalitätenpolitik zurückzufallen.
Die deutsche Politik – über die verschiedenen Bundesregierungen hinweg – hat bisher an sich gar nicht so viel falsch gemacht. Zum Besten zähle ich, dass Deutschland trotz Drängens, etwa des polnischen Außenministers – was an sich schon ein Vertrauensbeweis ist –, der Versuchung widerstanden hat, sich als europäische Führungsmacht zu inszenieren. Ich hoffe, dabei bleibt es.
Vielen Dank.
Ja.
Ich bedauere das. Herr Gansel, Sie befeuern Vorurteile. Sie schaffen Grenzen, wo keine sind.
Ich fand es sehr schön, wie Herr Herbst erzählt hat, wie er Europa erlebt hat.
Wir hatten neulich einen Besucherdienst. Da fragte ein CDU-Abgeordneter den NPD-Abgeordneten: „Waren Sie denn schon mal irgendwo in Europa?“, und dieser sagte: „Nein.“ Das ist das Problem.
(Heiterkeit bei den LINKEN und den GRÜNEN – Dr. Johannes Müller, NPD: Was soll denn das Gerede? Quatsch! – Jürgen Gansel, NPD: Welcher Abgeordnete soll denn das gewesen sein?)
Sie müssen es erfahren, sie müssen diese neue Offenheit erleben. Dann werden Sie vielleicht anders urteilen. Das hat also mit Erfahrung, mit Emotionen zu tun.
Darüber rede ich doch nicht. Ich stelle doch nicht einen Ihrer Abgeordneten bloß. Das tue ich nicht. Aber diejenigen, die dabeigewesen sind, können sich gut daran erinnern.
Aber verstehen Sie? Das ist der Punkt, der den Kollegen Herbst mit mir verbindet. Wir haben Europa erlebt. Von daher haben wir ein ganz anderes Verhältnis dazu. Bedenken Sie das doch einmal!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 2010 wurden jene Einschnitte in die Universitätslandschaft beschlossen, die heute umgesetzt werden. Die zuständigen Gremien waren beteiligt; alle Entscheidungen sind längst getroffen, und es ist nun wie ein kleines „Stuttgart 21“: Erst jetzt, da die Folgen dieser Entscheidung konkret spürbar werden, regt sich Widerstand. Der Freiheitsgrad der autonomen Hochschulen besteht demnach darin zu entscheiden, wo das Messer angesetzt werden soll – mehr nicht. Das ist die „Autonomie“ unserer Hochschulen.
Die Uni Leipzig ist mit etwa 40 % von den Kürzungsvorgaben besonders hart betroffen. Wo soll sie die Einschnitte vornehmen? Die Mehrzahl der 14 Fakultäten hält etwa 30 Stellen. Bei 24 wegfallenden Stellen – pro Jahr! – müssten binnen dreier Jahre etwa die Sprachwissenschaft, die Theologie und eine weitere Fakultät fallen. Wegen der Staatskirchenverträge kann die Theologie nicht zusammengestrichen werden. Einschnitte bei der Medizin sind völlig undenkbar. Die Juristische Fakultät ist die einzige hier in Sachsen, die einen Staatsexamensabschluss anbietet. Der Sport mit etwa 70 Stellen ist ebenfalls tabu, unter anderem wegen der Olympiaerfolge.
Was soll also die Uni Leipzig tun? Wo soll sie das Messer ansetzen? In der skizzierten Notlage hat die Uni Leipzig dort kw-Vermerke ausgebracht, wo in absehbarer Zeit die Stellen altersbedingt frei werden. Wenn man nicht zu dem Instrument betriebsbedingter Kündigungen greifen will, bleibt das als einziger Ausweg. Mit einem planerisch durchdachten Rückbau der sächsischen Hochschullandschaft hat das nichts zu tun. Worauf wir seit geraumer Zeit warten, ist ein Plan – für Gesamtsachsen.
Die Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften wird auf diese Weise zwei Institute verlieren. Mein Kollege Külow wird dazu noch Näheres ausführen.
Qualitätsmaßstäbe haben dieses Mal keine Rolle gespielt. Die GKO-Fakultät wird zum Torso.
Im Fach Pharmazie ist alles in der Schwebe. Bis zum 17. Februar – das sind nur etwa drei Wochen – muss entschieden werden, ob man sich dort weiter immatrikulieren kann. 18 Stellen sind dieses Jahr über kw-Vermerke fällig. Will man den Lehrbetrieb dennoch aufrechterhalten – wir werden sehen, ob das möglich ist –, wird es nicht preisgünstiger als zuvor, sondern, wie die Uni berechnet hat, eher teurer.
Parallel zu der Stellenreduktion ist die Uni gehalten, das Hochschulfreiheitsgesetz – mit allen Verordnungen, Vereinbarungen, Pakten, Paketen – umzusetzen. Allein die dort festgeschriebenen Qualitätsanforderungen machen nach Angaben der Uni einen Aufwuchs von mindestens 50 neuen Stellen erforderlich. Das heißt, die Uni müsste von sich aus weitere Stellen freimachen, um den gesetzlichen Anforderungen überhaupt genügen zu können.
Um den geforderten Rückbau bis 2020 erfüllen zu können, muss die Uni künftig ganze Fakultäten zur Streichung vorschlagen – genauer: das, was bis dahin von diesen Fakultäten noch übriggeblieben ist. Von der über 600 Jahre alten Volluniversität bliebe nur noch ein Torso. Nicht zufällig spricht Beate Schücking von „Amputationen“. Viel deutlicher kann man gar nicht ausdrücken, dass es sich dabei um eine Fehlentwicklung handelt.
Dabei steht der Löwenanteil der Stellenstreichungen den Hochschulen noch bevor. In nicht allzu ferner Zukunft werden wir nicht mehr über die Schließung von Studiengängen und Instituten sprechen müssen, sondern über das Ende ganzer Fakultäten und – vielleicht – von Hochschulen.
Die Regierung muss doch mindestens den Mut aufbringen, das klar zu sagen. Wir können doch nicht so tun, als ob wir – tröpfchenweise – nichts verlören. Das Wissenschaftsministerium hat zu bedenken gegeben, dass bereits heute ein Drittel des sächsischen Haushalts in Bildung und Forschung fließe, und ergänzt, wir müssten mit den Ressourcen verantwortlich umgehen, die Universitäten hätten ihr Studienangebot zu profilieren und sich auf ihre
Stärken zu besinnen. Die Theaterwissenschaften wie die Archäologie sind profilierte, starke Fächer. Darum trifft die Wortwahl nicht; sie ist irreführend.
Lassen wir aber dahingestellt, was in dieses Haushaltsdrittel alles hineingerechnet worden ist. Fest steht, dass wir in Sachsen, bezogen auf die durchschnittlichen Ausgaben für Studierende und Lehrende, am unteren Ende der bundesrepublikanischen Skala rangieren. Das müssen wir ändern.
Ich mache an dieser Stelle Schluss; ich komme ja wieder.
Frau Präsidentin, ich habe es ja angekündigt, dass ich noch einmal komme. Ich bin doch ziemlich enttäuscht. Ich war immer stolz darauf, dass man bei uns im Wissenschaftsbereich nicht mit Stereotypen arbeitet. Nun ist es doch geschehen. Natürlich sind wir für Autonomie. Das ist doch gar keine Frage! Aber diese Autonomie bedingt eben eine angemessene Grundfinanzierung!
Die Art und Weise, wie Sie jetzt mit der Universität Leipzig umgehen und behaupten, hier habe man dann die Vereinbarung nicht eingehalten – – Was sollten die denn tun? Die waren doch genötigt, diese Zuschussvereinbarung zu unterschreiben! Das ist doch so!
Herr Weichert ist offenbar der einzige Kollege, der begriffen hat, was wir mit Autonomiefalle gemeint haben. Darum brauche ich dazu nichts zu sagen. Ich verstehe nicht, warum wir uns immer mit den stärkeren Bundesländern vergleichen, in diesem Fall aber mit den schwächeren, Herr Kollege Mackenroth. Das leuchtet mir nicht ein.
Dann tun wir so, als seien diese Streichungen, die die Universität Leipzig vorgenommen hat, diese Vorschläge, völlig unabgesprochen mit dem SMWK. Im Bereich der Pharmazie hat es Absprachen gegeben, und ich unterstelle einmal, dass das im Bereich Archäologie und Theaterwissenschaften ebenfalls der Fall gewesen ist.
Ja, klar.
Herr Kollege Mackenroth, das sind die falschen Kategorien. Das System ist so, dass die Universitäten nicht viel Spielraum besitzen. Jetzt wird ihnen alles in die Schuhe geschoben, und das ist doch das Problem. Selbstverständlich sind wir für Autonomie. Auf der anderen Seite: Wenn wir die gesamte Hochschullandschaft eines Landes betrachten, müssen wir doch planerisch vorgehen. Wir müssen überlegen: Wo soll was wegfallen über kw-Vermerke? Diese „künftig-wegfallend“-Vermerke im Zusammenhang mit Altersgrenzen können uns doch nicht reichen. Das ist doch ein Zufallsprinzip! Dass in einem bestimmten Bereich zufällig ältere Kolleginnen und Kollegen sitzen und dann dieser Bereich der Streichung anheim fällt – so können wir das doch nicht machen!
Tatsächlich müssten wir überlegen, was ist an welchen Universitäten – nur, das müssten die Universitäten untereinander selbstverständlich auch besprechen – entbehrlich und was nicht, wenn ich Ihren Gedanken folge. So, wie es gegenwärtig geschieht, ist es ein Chaos, keine Planung.
Ich bin nicht sicher, ob wir die Bundesmittel in dem Umfang bekommen werden, Kollege Mann, wie wir das erhoffen. Ich hoffe mit Ihnen. Es ist ja richtig mit der hohen Einwerbung von Drittmitteln. Herr Kollege Mann hat aber schon darauf hingewiesen, dass in dem Maße, in dem die Stellen schrumpfen, selbstverständlich die kritische Masse ebenfalls heruntergeht und damit die Einwerbungen auch geringer werden. Es sind also diese Dominoeffekte, die wir mit berücksichtigen müssen.
Ich meine, es ist wichtig, dass wir endlich in den Blick nehmen, dass es an vielen Ecken und Enden brennt und die Autonomie der Hochschulen so verteidigt werden muss, dass diese Hochschulen wirklich in Freiheit – das heißt auch in finanzieller Verfügungsfreiheit – Entscheidungen treffen können.
Der Vollzug des Stellenabbaus erfolgt nun genau zu einem Zeitpunkt, zu dem deutlich wurde, dass die Lehre nur unter Aufbietung aller Kräfte aufrechterhalten werden kann. Es wird in Leipzig nicht anders sein als in Dresden. Hier werden 57 % der Drittmittel-Bediensteten und -Stipendiaten aufgefordert, Lehrveranstaltungen durchzuführen, wie die Mittelbauinitiative mit ihrer denkwürdigen Befragung herausgefunden hat.
Das ist doch eine Feststellung, die uns zum Nachdenken bringen muss. Wir können doch nicht in dem Moment, in dem schon alle Ressourcen aufgebraucht sind, noch auf weitere Ressourcen verzichten.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch dieser NPDAntrag ist wieder ganz dazu angetan, Vorurteile zu schüren und alte Feindbilder aufzurufen.
Es trifft durchaus zu, dass bei vielen Menschen in Deutschland diffuse soziale Ängste bestehen, wenn sie an
die mögliche Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien Anfang Januar 2014 denken. Solche Ängste bestanden schon vor einigen Jahren, als für Polen, Tschechien, die Slowakische Republik, Slowenien, Ungarn und die baltischen Staaten im April 2011 die volle EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit in Kraft trat. Entgegen den allgemeinen Befürchtungen, die die NPD schon damals hatte für sich nutzen wollen, ist eine Zuwanderung in großem Maßstab und daraus folgend eine soziale Katastrophe nicht eingetreten.
Jetzt kommt es zur Neuauflage dieser Instrumentalisierung von Ängsten und Befürchtungen. Um ja sicherzustellen, dass sich diese Ängste erneut politisch ausnutzen lassen, wird in der Begründung des Antrages – darauf hat Herr Kollege Heidan schon hingewiesen – auch noch vorsorglich die Vermutung geäußert, dass – ich zitiere – „es sich überwiegend um Angehörige der Volksgruppe der Roma handeln dürfte“.
Populistische Parolen, die ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Gesamtverhältnisse in völliger Verantwortungslosigkeit vorgetragen werden, haben es immer leichter, gehört zu werden, als abwägende Argumente,
zumal solche mit einer komplexen Struktur.
Der demokratische Verfassungsstaat verpflichtet uns aber zu einer verantwortungsbewussten Analyse der anstehenden Probleme und zu Lösungsvorschlägen, die den Gesamtrahmen unseres Handelns berücksichtigen.
Zur bisherigen Arbeitsmigration aus Rumänien und Bulgarien konstatiert das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, eine Forschungseinrichtung der Agentur für Arbeit, dass Deutschland insgesamt von der Zuwanderung profitiert hat. Zwar seien die bulgarischen und rumänischen Neuzuwanderer geringer qualifiziert als andere, aber die Arbeitslosenquoten und die Anteile der Bezieher von Transferleistungen seien deutlich geringer als bei anderen Migrantengruppen. So liegt die Arbeitslosenquote von Zuwanderern aus den südeuropäischen EUKrisenstaaten oder von denen aus mittel- und osteuropäischen EU-Mitgliedsländern deutlich höher als die der bisher eingewanderten Rumänen und Bulgaren. Auch die Befürchtung, dass kinderreiche Familien aus Bulgarien und Rumänien in großem Umfang Kindergeld beziehen würden, bestätigte sich bisher jedenfalls nicht. Aufgrund der günstigen Altersstruktur der Zuwanderer entstehen im Blick auf die Rentenversicherungssysteme Gewinne für den Sozialstaat.
Hören Sie erst einmal zu!
Die zu erwartenden Auszahlungen sind sehr viel geringer als die geleisteten Einzahlungen. Überdies kommen verschiedene Studien zu dem Ergebnis, dass die ausländi
sche Bevölkerung einen positiven Nettobeitrag zu der fiskalischen Bilanz des Sozialstaates leistet, und zwar auch dann, wenn sie stärker von Arbeitslosigkeit betroffen ist und Leistungen der Grundsicherung bezieht. Während etwa die Hälfte der deutschen Bevölkerung steuer- oder beitragsfinanzierte Transferleistungen bezieht, ist dies bisher bei weniger als einem Viertel der Neuzuwanderer aus Bulgarien und Rumänien der Fall. Die gesamtwirtschaftliche Produktion würde insgesamt wachsen.
Vor der Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Südeuropa entschieden sich etwa 80 % der Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien für Spanien und Italien, was vor allem mit der geringeren Sprachhürde zu tun hat. Besonders nach 2008 trat eine verstärkte Umlenkung der Zuwanderung nach Deutschland ein. Der Wanderungssaldo lag im Oktober 2012 bei rund 24 000 Bulgaren und 44 000 Rumänen. Prognosen der Bundesagentur für Arbeit gehen im kommenden Jahr von einer Nettozuwanderung aus Bulgarien und Rumänien – das hat Herr Schimmer zutreffend gesagt – von 100 000 bis 180 000 Personen aus.
Das stellt eine Herausforderung im Blick auf unsere Integrationsfähigkeit dar. Das ist doch gar keine Frage. Es ist freilich eine, die wir bewältigen können und auch bewältigen werden. Probleme könnte es bei einigen wenigen Kommunen, Duisburg, Hamm, Dortmund, geben. Das sind übrigens Städte, die allesamt nicht in Sachsen oder einem anderen ostdeutschen Bundesland liegen. Insofern frage ich mich, warum wir im Sächsischen Landtag darüber debattieren. Die süddeutschen Ballungsräume und das Rhein-Main-Gebiet werden wie bisher überdurchschnittlich hohe Anteile an der Zuwanderungswelle absorbieren. Zu Wettbewerbsverzerrungen käme es nur dann, wenn Mindestlohn und Sozialstandards nicht eingehalten würden.
Es ist so, dass wir bislang festgestellt haben, dass die Arbeitslosenquote sinkt, sobald keine Restriktionen mehr bei der Beschäftigungslage bestehen.
Wir haben also gute Gründe für einen gedämpften Optimismus.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer wollte sich dem Ziel verschließen, das Sie anstreben? Die entscheidende Frage für uns ist, ob Sie die richtigen Mittel dazu ins Auge fassen. Ist Ihr Innovationsbegriff nicht zu eng? Wird er nicht wie eine Zauber- und Beschwörungsformel vor sich hergetragen? Er nimmt nur den technologischen Fortschritt in den Blick, ohne eine gesamtgesellschaftliche Perspektive zu entwickeln.
Zentrale Impulse, etwa in der Bildungskultur und im Hochschulbereich, bleiben als Voraussetzung, als Umfeld gewissermaßen, für technische Innovationen außen vor. Die Kleinteiligkeit der sächsischen Wirtschaft – das ist mehrfach betont worden – macht es unmöglich, Innovationen in größerem Rahmen von dieser Seite her vorzunehmen. Das geschieht in anderen Bundesländern mit einer sehr viel größeren Leistungskraft der Wirtschaft. Ein Ausgleich durch die öffentliche Hand ist ebenfalls nur eingeschränkt möglich, zumal die Verfassungsänderung, für die ich ebenfalls mitgestimmt habe, uns hier enge Grenzen setzt.
Die Finanznot betrifft eben leider auch die Hochschulen, deren Funktion als Innovationstreiber an sich hinreichend empirisch belegt ist. Ich verweise nur auf den FraunhoferEndbericht zum Projekt „Hochschulen als regionaler Wirtschaftsfaktor“ und auf den Mehrheitsbericht der Enquete-Kommission.
Aber können Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die selbst strenge Sparauflagen erfüllen müssen und deren Freiheit – auch das müssen wir sagen – zunehmend reglementiert wird, das Forschungsdefizit im privatwirtschaftlichen Bereich kompensieren? Daran hat schon das Minderheitenvotum zum Enquete-Bericht erhebliche Zweifel geäußert. Die Freiheit für den produktiven Versuchs- und Irrtumsprozess sowie mittel- bis langfristige Planung unter finanziell gesicherten Bedingungen sind die unerlässlichen Voraussetzungen für Innovationsschübe seitens der Wissenschaft, und diese Voraussetzungen sind eben nicht erfüllt.
Dennoch erwartet die Innovationsstrategie der Staatsregierung vom 12. Juli dieses Jahres eine Steigerung von Wissenschafts- und Technologietransfers zwischen
Wissenschaft und Wirtschaft, wobei vor allem der Forschung die Bringschuld zugewiesen wird. Ich zitiere: „Hochschulen müssen mehr denn je Ideengeber für Innovation und Ausbilder eines hoch qualifizierten Fachkräftenachwuchses sein.“ – Um diesem Anliegen gerecht zu werden, sollen sich die Hochschulen auf
„marktverwertbare“ thematische Zukunftsfelder konzentrieren und so effizienter werden, unter anderem auch, indem sie unter steigenden Wettbewerbsdruck gestellt werden. Das schließt auch die Akquise erheblicher Drittmittel ein.
Erwartet wird außerdem der Aufbau von FundraisingStrukturen für eine Spendenakquise. Nach Rentabilitätsgesichtspunkten soll künftig das staatliche Grund-, Leistungs- und Innovationsbudget an Hochschulen vergeben werden. Der Staatsregierung schwebt offenbar eine unternehmerische und effizienzgesteuerte Hochschule vor, deren ohnedies überlastete Beschäftigte auch noch Spenden akquirieren sollen. Die notwendigen finanziellen Mittel, die weder der Staat noch die Wirtschaft aufbringen können, sollen also jene Einrichtungen, von denen innovative Spitzenleistungen erwartet werden, gleich selbst zusammenbetteln.
Meine Damen und Herren, das hat Münchhausendimensionen, noch dazu in einer Sprache, die an das Wörterbuch des Unmenschen erinnert. Lassen Sie es sich einmal auf der Zunge zergehen: output-orientierte Fach- und Ressourcensteuerung. Ist das nicht furchtbar?
Da erkenne ich meine Hochschule nicht wieder. Ich will nicht behaupten, dass den Verfassern des Papiers schreiende Widersprüche stets entgangen wären – im Gegenteil –, aber sie lösen sie eben nicht auf. Auch die Überlegung des Enquete-Abschlussberichts, „bisher an den Hochschulen angesiedelte erfolgreiche und leistungsstarke Forschergruppen... in außeruniversitäre Forschungseinrichtungen zu überführen“, kann allenfalls als Drohung an die Universitäten verstanden werden, nicht als Problemlösungsstrategie.
Das Minderheitenvotum der Enquete-Kommission, meine ich, ist hier weiter: Wenn Verwertungsinteressen den Transfer von Wissen in die Praxis bestimmen, dann droht die Anbindung an die Grundlagenforschung verloren zu gehen.
Vielen Dank. Ich bin auch – für jetzt jedenfalls – am Schluss.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Verdienst der Großen Anfrage der SPD zum Stand der Umsetzung des Bologna-Prozesses liegt in der empirischen Fundierung von Problemen, die wir seit Langem debattieren – Herr Kollege Mackenroth hat auf das Jahr 2009 verwiesen; 2012 hatten wir das Bologna-Problem hier auch schon einmal verhandelt.
Zunächst zum Verhältnis Bachelor–Master–Diplom.
Vergleicht man die Gesamtzahl der zur Verfügung stehenden Bachelor- und Masterstudienplätze, so komme ich auf ein Verhältnis von 2,1 zu 1; ich bin nicht auf 3 zu 1 gekommen, wie Sie, Herr Kollege Mann. Wie auch immer, es ist traurig genug, wenn man davon ausgeht, dass die Studierenden das Recht haben, sich zu entscheiden, nach dem Bachelor auch noch den Master draufzusetzen. Wenn wir freilich darauf bestehen, Herr Kollege Mackenroth, dass es dabei bleiben soll – 80 % Bachelor und 20 % Master –, dann wird uns dieser Engpass bei den Masterplätzen weiterhin beschäftigen. Die Nachfrage nach den Masterplätzen ist jedenfalls ungebrochen hoch.
Die Modularisierung der Studiengänge ist zwar abgeschlossen, allerdings führen bekanntlich nicht alle modularisierten Studiengänge zu Bachelor- oder Masterabschlüssen. An der hiesigen Technischen Universität Dresden ist das Verhältnis besonders auffällig: Hier haben sich 37,1 % der Studienanfänger in Diplomstudiengängen immatrikuliert; 33,6 % beim Bachelor und 4,6 % beim Master.
Die alten Abschlüsse – also Magister und Diplom – scheinen insbesondere in den MINT-Fächern auf dem Vormarsch zu sein. Hier besteht Regulierungsbedarf, das ist keine Frage, denn wir sind uns anscheinend einig, dass es kein Zurück mehr hinter Bologna gibt. Wir können also nicht diese alten Studiengänge – aus welchen Gründen auch immer; das wäre zu analysieren – weiter befördern und in dieses Verhältnis bringen, wie wir es an der TU Dresden haben.
Vorschläge, die auch die Staatsregierung in der Vergangenheit unterbreitet hatte, wonach von der 6+4-Struktur des Bachelor-Mastersystems auch in Richtung 7+3 oder 8+2 abgewichen werden kann, sind derzeit nur an wenigen Hochschulen in nennenswertem Umfang umgesetzt. Hier müsste man ebenfalls nachbessern und – das habe ich an anderen Universitäten außerhalb Sachsens beobachtet – Alternativstrukturen aufbauen, sodass die einen durchaus die 6+4-Struktur wählen können und andere die 8+2-Struktur. Das würde den Studienverlauf zugunsten der Studierenden liberalisieren.
Es kann grundsätzlich diskutiert werden, ob eine Flexibilisierung des Systems wünschenswert ist und welche Vorteile sie bringen kann. Das ist ja durchaus offen. Sie bietet ein Einfallstor – das müssen wir beachten – für das Zurückdrehen des Bologna-Prozesses in dem Sinne, dass das schnelle Erlangen eines Abschlusses im Sinne einer schnelleren Verwendungsfindung auf dem Arbeitsmarkt damit zurückgedrängt werden kann. Je länger wir also für den Bachelor brauchen, umso mehr gehen wir in Richtung Vergangenheit und kommen auf die fünf bis sechs Jahre.
Ein grundsätzliches Problem beim Übergang vom Bachelor in den Master besteht darin, dass Abschlusszeugnisse oft nicht rechtzeitig vorliegen. Herr Kollege Mann hat schon darauf hingewiesen, dass dann vorläufig immatrikuliert wird und Ähnliches. Etwa die Antwort auf Frage 1.10 zeigt, dass noch immer sehr wenige Studiengänge in Teilzeit oder berufsbegleitend angeboten werden, wenn wir das Angebot insgesamt betrachten.
An den Hochschulen bzw. in den einzelnen Fachbereichen liegen die Anteile jener Alumni, die ihr Studium innerhalb der Regelstudienzeit abgeschlossen haben, teilweise im einstelligen Bereich, sehr oft unter 30 %.
Zum Thema Studienabbrüche sind leider keine Daten enthalten. Kleine Anfragen etwa des Kollegen Schmalfuß wurden stets mit dem Hinweis beschieden, dass wir dazu in Sachsen keine Daten vorliegen hätten; wir kommen im nächsten Tagesordnungspunkt noch einmal darauf zurück.
Zur Umsetzung der Modularisierung: Stark schwanken, teils naturgegeben, teils veränderbar, die Zahl semesterübergreifender Module in Studiengängen sowie die Anzahl von Prüfungsleistungen in Modulen. Ersteres ist problematisch, weil Module mit langer Laufzeit die Flexibilität des Studienverlaufes minimieren und unter Umständen zu verlängerten Studienzeiten führen können. Bei der Anzahl von Prüfungsleistungen ist idealiter eine Chancengleichheit zumindest innerhalb der Fächergruppen anzustreben. Vereinzelt gibt es bei Quantitäten der ECTS-Zuordnung von Modulen auch noch Ausreißer, vor allem nach oben.
Landläufig hat sich inzwischen die Modulgröße mit 5 bis 10 Credit Points etabliert. Hierzu hatte die Kultusministerkonferenz Vorgaben unterbreitet. Zu große Module führen mitunter zu eingeschränkten Möglichkeiten der Kompensation schlechter Prüfungsergebnisse und zur Häufung von Prüfungsleistungen.
Auch die Prüfungsvoraussetzungen in den Modulen unterscheiden sich jeweils stark. Es wäre im Detail zu prüfen, ob dabei Unterschiede gemacht werden, die sich mit den Eigenheiten des jeweiligen Fachs nicht rechtfertigen lassen.
Zur Qualitätskontrolle ist von meinen beiden Vorrednern schon viel gesagt worden.
Schließlich: Bologna ist mehr als Modularisierung. Hinsichtlich der Erhöhung der europäischen Mobilität von Studierenden und der gegenseitigen Anerkennung von Studienleistungen besteht nach wie vor großer Hand
lungsbedarf. Es ist nicht so, dass die Mobilität in größerem Umfang zugenommen hätte.
Nach wie vor wird – auch unter Einbezug aktueller Forschungsergebnisse zum Thema „Lernen und Wissensvermittlung“ – an der Verschulung der Stoffvermittlung Kritik geübt. Wir sind mit einer Reihe von Untersuchungen konfrontiert, in deren Ergebnis uns vorgeworfen wird, dass unter dem Bologna-Prozess das Bulimie-Lernen stark zugenommen habe.
Weiterhin wird festgestellt, Frontalunterricht ersetze die akademische Auseinandersetzung mit Inhalten, für die oft keine Zeit bleibe.
Ein enges Korsett für Prüfungs- und Prüfungsvorleistungen habe sich etabliert, wodurch sich Seminare von Orten der kritischen Stoffreflexion zum Referate-Marathon entwickeln können; das ist in der Tat der Fall, insbesondere dann, wenn Mid-Term-Papers und am Schluss noch eine Arbeit gefordert werden.
Hingewiesen wird zudem auf die Gefahr der recht zusammenhanglosen Aneinanderreihung von Lehrveranstaltungen, die nicht auf ein stringentes Studienziel hinführen.
Schließlich wird über eine Einschränkung der Wahlfreiheit der Studierenden bei der Auswahl von Lehrveranstaltungen und individuellen Studienschwerpunkten berichtet. Es ist Studierenden kaum mehr möglich, einem Hochschullehrer oder einer Hochschullehrerin, die sie nicht verstehen oder nicht mögen, auszuweichen; sie müssen ein bestimmtes Modul bei diesem Hochschullehrer belegen. Hier würde ich mir mehr Konkurrenz zwischen den Hochschullehrern wünschen. Es ist zu befürchten, dass das nicht mehr einholbar ist.
Beobachtet wird ein erhöhter, stetiger Leistungsdruck – das haben wir unlängst schon thematisiert –, der sich auch in der Zunahme psychischer Erkrankungen äußert. Diese Entwicklung ist ernst zu nehmen.
Es gibt auch die Gefahr der Auseinanderentwicklung von Lehre und Forschung. Auch das haben wir hier verschiedentlich thematisiert und debattiert; es ist durch diese Große Anfrage noch einmal unterstrichen worden.
Folgende Schlussfolgerungen sind zu ziehen: Es bedarf der Reduzierung und Zusammenfassung von Prüfungsleistungen. Insoweit sind bereits Fortschritte erzielt worden – das zeigen die Antworten –, aber wir sind noch nicht auf der Ziellinie angekommen.
Zu fördern sind Lehrformen, die die Studierenden einbeziehen, etwa Forschungsseminare. Das Seminar, nicht die Vorlesung, sollte – außer bei Erstsemestern – die dominierende Lehrveranstaltung darstellen. Was das angeht, so sollten wir über die Landesgrenzen in Richtung Westen und in Richtung Norden schauen; dort gibt es einen solchen Veranstaltungstyp wie unsere Vorlesung, bei der die Studierenden einfach nur zuhören, gar nicht mehr. Aus der Lernforschung wissen wir, dass die Lerneffekte bei dieser Form des Unterrichts denkbar gering sind.
Eine akademische Befassung mit Inhalten bedarf ausreichend kleiner Studiengruppen. Die Betreuungsverhältnisse sind zu verbessern. Auch das ist eine Forderung, die wir immer wieder thematisiert haben; sie gehört in diesen Kontext.
Beratungsangebote sind erforderlich – nicht nur für psychische Erkrankungen. Diese Angebote sind aufrechtzuerhalten und möglichst auszubauen.
Wahlmöglichkeiten, etwa im Sinne von Wahlmodulen, um Schwerpunktsetzungen zu erleichtern und den interdisziplinären Blick zu schärfen, sind wünschenswert und sollten endlich realisiert werden.
Schließlich ist die Frage zu diskutieren, ob und, wenn ja, wie sich die neuen Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt etabliert haben und wie es um die Arbeitsplatzchancen der Alumni bestellt ist. Es ist nicht nur Ausdruck von Uneinsichtigkeit junger Leute, dass sie nach dem Bachelorabschluss nicht in den Beruf gehen. Wir wissen viel zu wenig bzw. wir erhalten widersprüchliche Meldungen darüber, in welchem Umfang Bachelorabsolventen in der Wirtschaft, insbesondere in der Industrie, akzeptiert werden. Das muss verbessert werden. Es wäre gut, wenn man den Universitäten eine Hilfestellung in dem Sinne geben würde, dass sie eine Begleitung der Alumni vornehmen und auf diese Weise erheben können, welchen Berufserfolg sie mit ihrem Studienabschluss wohl erzielen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte jetzt nicht den Entschließungsantrag im Einzelnen durchgehen, obwohl er uns gestern schon avisiert war. Wir hätten also im Einzelnen hierüber diskutieren können. Aber das kostet nur Zeit.
Im Großen und Ganzen stimmt meine Fraktion dem, was hier aufgelistet ist, zu, zumal es sich – ich habe es vorhin schon erwähnt – hier um Dinge handelt, die wir schon
verschiedentlich diskutiert haben. Wir können insgesamt auch dem § I.4 so zustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Berichtsantrag von CDU und FDP zur Quote der Studienabbrecher hebt uns noch einmal dieses gravierende Problem ins Bewusstsein.
Die Antwort der Staatsregierung macht vor allem deutlich, auf welcher schwachen Datenbasis wir genötigt sind, das Problem zu analysieren. Über Studienabbrüche liegen generell keine statistischen Daten vor. Die Hochschulen erhalten nur die Information über die Exmatrikulation von Studierenden, nicht jedoch darüber, ob die Exmatrikulierten zu den Studienabbrechern und Studienabbrecherinnen oder Hochschulwechslern und Hochschulwechslerinnen gezählt werden können.
Im Bachelorstudium an den Universitäten wurden besonders hohe Studienabbruchquoten in den ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen registriert. Das haben meine Vorredner schon ausgeführt. Nur jeder zweite Studienan
fänger des Jahrgangs 2006/2007 erreichte hier einen ersten Hochschulabschluss.
Festgestellt wurde auch, dass sich offensichtlich bei der Einführung des Bachelorstudiums in den Ingenieurwissenschaften bestimmte Studienprobleme kumuliert haben, zum Beispiel anfängliche Umstellungsschwierigkeiten, da die Studienreform auf Bachelor-Master-Strukturen erst relativ spät an den Universitäten umgesetzt wurde, die Verdichtung von Lehrinhalten und Lehranforderungen, weitere Erhöhung der hohen Leistungsanforderungen, frühzeitigere und häufigere Prüfungen, in denen unter anderem jene Studierenden scheiterten und scheitern, die mit unzureichenden Studienvoraussetzungen ihr Studium aufgenommen haben.
Auch bei den Naturwissenschaften wurde ein Abbruchwert von 39 % festgestellt, für den das vorher Ausgeführte ebenfalls zutrifft. Ähnliche Verhältnisse – nur auf einem geringeren Abbruchniveau – wurden auch im Bachelorstudium an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften festgestellt.
Insofern ist es nicht zielführend, die beiden Hochschultypen gegeneinander auszuspielen, wie man in der Begründung zwischen den Zeilen lesen kann.
Der Studienabbruch sowohl in den Ingenieur- als auch in den naturwissenschaftlichen Studiengängen betrug im Durchschnitt 30 %. In den alten Diplomstudiengängen wurde an den Universitäten und Fachhochschulen ebenfalls ein überdurchschnittlich hoher Studienabbruch festgestellt. Auch hier ist es nicht legitim, das eine gegen das andere – den Diplomstudiengang gegen Bachelor und Master – auszuspielen.
Die Durchführung einer repräsentativen Studie zur Erhebung der Studienabbruchquoten sowie der Gründe für Studienabbrüche an den sächsischen Hochschulen ist sinnvoll und wird von uns unterstützt. Die genaueste und methodisch beste Möglichkeit zur Ermittlung von Studienabbruch und Studienerfolg würde eine Studienverlaufsstatistik bieten. Mit einer solchen Statistik könnte das Studierverhalten jedes einzelnen Studierenden von der Aufnahme seines Studiums bis zu seinem Ausscheiden statistisch erfasst werden.
Darüber hinaus sollten die Hochschulen den beruflichen Weg ihrer Alumni verfolgen, um den Erfolg des Studienabschlusses berufsbezogen validieren zu können. Im Vorfeld bedarf es hierzu allerdings der Klärung von haushaltsrechtlichen, aber vor allem datenschutzrechtlichen Einzelfragen. Das sind Probleme, die natürlich von der Staatsregierung zu lösen sind.
Schließlich hält es die Staatsregierung für sinnvoll, als Indikator für den Studienerfolg den prozentualen Anteil der Absolventen, die ihr Studium innerhalb der Regelstudienzeit plus ein Fachsemester abschließen, in den Zielvereinbarungen nach § 10 Abs. 2 des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes zu verankern. Eine Berücksichtigung nicht nur der Studierendenzahlen, sondern auch der erfolgreichen Abschlüsse gehört zur Evaluierung der
Leistungsfähigkeit einer Hochschule. Das halten auch wir für selbstverständlich, und in anderen Ländern ist das längst der Fall.
Meine Fraktion wird diesem Antrag zustimmen. Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es kommt so, wie ich befürchtet habe. Meine Fraktion hat keine
Aktuelle Debatte zu dem hier in Rede stehenden Themenkomplex beantragt. Warum? Nicht weil uns das Thema irrelevant erschienen wäre – ganz im Gegenteil. Ist eine Aktuelle Debatte aber das richtige Format für so ein kompliziertes, vielfach mit anderen Sachfragen verquicktes Feld? Wir sind natürlich vor laufenden Kameras dann dazu gezwungen, die Dinge zu verschärfen und zu vereinfachen.
Ist auf der Debattenebene eigentlich – das ist mein zweiter Punkt – nicht alles schon gesagt? Erinnern wir uns an das, was wir immer wieder betont haben. Das erste Konzept meiner Rede habe ich gleich wieder verworfen. Es schien mir einfach zu faktenorientiert. Es passt nicht in so eine Debatte.
Erlauben sie mir aber, einige wichtige Themenkreise wenigstens anzusprechen. Auch wenn es manchmal anders ankommt, mir ist wirklich an einer polemischen Auseinandersetzung auf diesem Feld nicht gelegen. Zugegeben, auch das ist ein Problem für eine Aktuelle Debatte. Die Streichung von Studiengängen ist eine einschneidende Maßnahme – es hat eine Kleine Anfrage gegeben, und siehe da, alle waren plötzlich auf dem Tableau –, vor allem dann, wenn das ursprüngliche Motiv dafür der Zwang zum Sparen war. Das müssen wir festhalten. Wir können die Geschichte nicht von dem Zeitpunkt an erzählen, als die Universitäten versucht haben, die Sparvorgaben einzuhalten. Nein, wir müssen sagen: Bei der Anhörung zur Pharmazie – wer dabei war, wird sich gut erinnern – ist sehr eindeutig von der Rektorin der Uni Leipzig gesagt worden, dass sie zu den Stellenstreichungen gezwungen worden seien und sich dann für die Pharmazie entschieden hätten.
Ja selbstverständlich.
Vielen Dank, Herr Kollege Schneider. Wie immer wir das Kind nennen, es wird nicht besser.