Ibrahim Yetim

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Last Statements

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damit hier eins von Anfang an sehr klar ist: Solange nicht eindeutig geklärt ist, welche Verstöße von DİTİB gegen unsere Gesetze begangen wurden, solange darf es auch keine Zusammenarbeit geben. Und das hat diese Landesregierung mehrfach sehr deutlich gemacht.
Wir haben zu diesen unglaublichen Vorgängen bei DİTİB eine sehr klare Haltung, wie ich finde. Es ist für uns unerträglich, dass der türkische Staat über den Glauben Einfluss auf das Leben der türkischen Muslime in unserem Land nimmt. Wir akzeptieren auch nicht, dass ein anderer Staat das gesellschaftliche und politische Leben in unserem Land beeinflusst oder beeinflussen will. Egal, ob die Türkei türkische oder deutsche Staatsbürger ausspioniert und denunzieren lässt: Wir dürfen uns das als Rechtsstaat nicht gefallen lassen. Das ist unsere klare Position. Daran gibt es auch nichts zu deuteln.
Bei allen Verdiensten für die Integration und die religiöse Arbeit, die von den DİTİB-Gemeinden geleistet wurde – viele von Ihnen, von uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden diese kennen –, muss DİTİB jetzt die Abhängigkeit von der Türkei beenden. Ich sage Ihnen auch klar, warum: Die allermeisten der DİTİB-Gemeindemitglieder leben zum Teil seit Jahrzehnten bei uns. Viele sind hier geboren und zum Teil auch deutsche Staatsbürger. Sie genießen das Recht auf freie Meinungsäußerung, auf Demokratie, auf Religionsfreiheit. Und wenn sie das für sich in Anspruch nehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen,
dann müssen sie unserer Gesellschaft auch sehr deutlich machen, dass sie das voll und ganz akzeptieren – wenn nicht, dann darf eine Zusammenarbeit auch nicht mehr stattfinden.
Der Generalbundesanwalt hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, welches aktuell vom Bundeskriminalamt bearbeitet wird. Diese Ergebnisse sollten wir abwarten, Herr Stamp. Auch wenn heute Morgen schon Wohnungen von Imamen durchsucht werden, muss man erst einmal abwarten, was bei dem Verfahren herauskommt.
Aber diese aktuelle Situation macht es eben notwendig, dass unsere Ministerien die Zusammenarbeit an den verschiedensten Stellen ruhen lassen. Und das funktioniert auch, das klappt auch. Das haben Sie gerade noch einmal erwähnt, Herr Stamp.
Es kann aber nicht sein, so wie die FDP es fordert, dass die Landesregierung einem religiösen Verband wie DİTİB vorschreibt, wie er sich aufzustellen hat. Das Organigramm, den Haushalt von DİTİB zu erstellen, ist Aufgabe von DİTİB. Wir trennen sehr klar zwischen Staat und Religion. Die Zukunft und den Platz, den DİTİB in unserer Gesellschaft einnehmen will, liegen in der alleinigen Verantwortung von DİTİB und nicht in unserer.
Die zweite Forderung der FDP – das entnehme ich Ihrem Antrag auf Durchführung einer Aktuellen Stunde – ist absurd. Sie wollen, dass die Landesregierung hier erklärt, mit welchen Maßnahmen sie den Schutz türkischer und deutscher Bürger in Nordrhein-Westfalen vor den Eingriffen durch DİTİB gewährleistet. Das heißt nichts anderes, als dass die FDP möchte, dass die Landesregierung einen Infobrief über ihre Maßnahmen an DİTİB schickt. Diese Idee, Herr Stamp, ist absurd.
Ich wünsche mir, liebe Kolleginnen und Kollegen, viel mehr, dass die Menschen islamischen Glaubens, die bei der DİTİB aktiv sind, erkennen, dass sie zu Handlangern eines Staates und eines Präsidenten in einem Konflikt gemacht werden, der nicht ihr Konflikt ist. Nordrhein-Westfalen ist ihre Heimat. Unser Bundesland bietet ihnen Demokratie, Meinungs- und Religionsfreiheit, einen funktionierenden Rechtsstaat, Bildung und Aufstiegschancen.
Für sie gilt – genauso wie für alle anderen Menschen in unserem Bundesland auch – das Grundgesetz und nicht das Wort von Herrn Erdogan.
Es gibt, liebe Kolleginnen und Kollegen, in NordrheinWestfalen auch – das darf man nicht verkennen, wenn man Kritik an DİTİB äußert – reformorientierte Gemeinden. An diese müssen wir appellieren, sich von DİTİB zu lösen. Es wird deutlich, dass der Dachverband nicht die Kraft dazu hat. Solange wie dieser
Konflikt schon schwelt, hätte sich der Dachverband dazu schon sehr deutlich äußern können. Ich denke, er hat nicht die Kraft dazu. Deswegen müssen wir versuchen, die einzelnen Gemeinden, die es gibt, zu unterstützen.
Ich würde mir wünschen, dass sich diese einzelnen Gemeinden in einer Art Graswurzelbewegung von dem Dachverband lösen, sodass er alleine dasteht, weil wir uns nicht in die Gefahr begeben dürfen, dass wir diejenigen, die wirklich reformorientiert sind, nicht unterstützen. Es gibt Gemeinden, die reformorientiert sind, in denen jüngere, hier geborene Menschen islamischen Glaubens sich engagieren, aktiv sind, die sich von diesen starren Strukturen lösen und an der Stelle wirklich Religion zelebrieren wollen. Sie wollen ihre Gemeinde unterstützen und für die Integration etwas tun. Die müssen wir unterstützen. Den Dachverband – das wird sehr deutlich – können wir in dieser Form nicht mehr unterstützen. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich anfange, lassen Sie mich zu zwei Vorrednern etwas sagen.
Zunächst komme ich zu Herrn Marsching von den Piraten. Er hat die Debatte hier als „nicht wichtig“ bezeichnet und als „schäbig“. Das zeigt mir, dass er überhaupt keine Ahnung von Nordrhein-Westfalen hat. In Nordrhein-Westfalen gibt es ca. 1 Million türkischstämmige Menschen. Wenn dieser Parteitagsbeschluss nicht wichtig ist, gerade für diese Menschen in Nordrhein-Westfalen, die seit vielen Jahrzehnten bei uns leben – dann weiß ich auch nicht, was wichtig sein soll. Das sind auf jeden Fall nicht die Themen, die die Piraten hier auf die Tagesordnung setzen wollen.
Lassen Sie mich zwei, drei Sätze zu Herrn Kuper sagen. Herr Kuper, Sie haben das hier als Inszenierung bezeichnet und gesagt, es sei kein sachliches Thema. Sie haben versucht, die Diskussion, die wir jetzt gerade haben, die extrem ist, uns in die Schuhe zu schieben, weil wir es 2001 nicht geschafft haben, die Doppelstaatsbürgerschaft einzuführen.
Warum haben wir das denn damals nicht geschafft? Sie wissen es ganz genau. Gerade wurde schon die Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft angesprochen. Der Erfinder war Wolfgang Schäuble, der Bundesfinanzminister. Das sagt er ja selbst. Sie sind dann durchs Land gezogen und haben massiv dagegen geworben, haben es zugelassen, dass Menschen an die Stände gekommen sind und gesagt haben: Wo kann ich hier gegen Ausländer unterschreiben? Dadurch ist damals die Mehrheit im Bundesrat gekippt, und dann war es aus mit der doppelten Staatsbürgerschaft, so wie wir uns das vorgestellt haben.
Sie haben das damals versaubeutelt, nicht wir. Damit das an dieser Stelle einmal klar ist! Dieser Parteitagsbeschluss der CDU in Essen ist deswegen so wichtig, weil er natürlich zu einer massiven Verunsicherung von vielen Tausend Menschen in NordrheinWestfalen führt.
Herr Kuper, das will ich Ihnen auch sagen – Sie sagen kein Wort dazu; es wurde gerade schon angesprochen –: Wenn wir uns jetzt einmal die Griechen, Portugiesen, Polen, Ungarn ansehen – alle dürfen den Doppelpass haben, nur die Türken nicht. Deswegen ist doch völlig klar, worauf das abzielt. Sie wollen mit diesem Beschluss – das ist auch deutlich geworden – ganz klar der AfD die Stimmen wegnehmen. Es geht darum, am rechten Rand Stimmen einzusammeln.
Was sind denn die Argumente für die doppelte Staatsbürgerschaft? Neben – natürlich – der Förderung der Integration, dass wir Menschen eben nicht mehr dazu zwingen, eine Identität abzugeben, für die sie nichts können. Das führt natürlich dazu, dass sie bessere Teilhabe- und Partizipationsmöglichkeiten haben. Das ist wichtig. Aber ich glaube, noch wichtiger ist, dass wir den Menschen ihre Identität lassen, die sie haben.
Ich kann Ihnen das an meinem eigenen Beispiel erzählen.1993 habe ich zu meiner Mutter gesagt, ich würde gern den deutschen Pass haben. Ich hatte damit echte Schwierigkeiten, weil ich auch meine Eltern nicht verletzen wollte. Ich hatte das Glück, dass ich beide Staatsangehörigkeiten haben durfte, die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen durfte, ohne meine türkische abgeben zu müssen. Das war sehr gut. Doch ich glaube, es wäre mir sehr schwergefallen, die türkische Staatsbürgerschaft abzugeben, weil natürlich auch ich eine Beziehung zu meinen Eltern habe.
Meine Mutter hat damals gesagt: Mach das, damit du hier alle Chancen hast. Wir werden hierbleiben. Aber vergiss unsere Heimat nicht!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Beschluss – der Innenminister hat das gerade angesprochen – treiben wir die türkischstämmigen Jugendlichen in die Arme von Erdoğan, weil sie natürlich merken, dass sie hier überhaupt nicht akzeptiert werden. Deswegen sind an der Stelle meiner Meinung nach nicht mehr Zweifel, sondern es ist viel mehr Anerkennung notwendig. Dabei helfen Sie nicht.
Jetzt will ich Ihnen einmal belegen, warum ich davon überzeugt bin, dass es das Ziel dieses Parteitagsbeschlusses ist, am rechten Rand Stimmen zu gewinnen aus Angst vor der AfD. Ihr Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günther Krings, von der anderen Rheinseite, aus Mönchengladbach, sagt: Damit, mit diesem Parteitagsbeschluss, können wir am überzeugendsten belegen, dass es für bürgerliche und konservative Positionen der AfD schlicht keinen Bedarf gibt. – Ich meine, das sagt alles.
An der Stelle, Herr Kuper, haben Sie sich komplett entlarvt. Wenn das nämlich der Parlamentarische Staatssekretär so deutlich sagt und es grätscht keiner rein, dann ist es völlig klar. Und eigentlich hätte doch Ihr Parteivorsitzender hier aus Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, reingrätschen müssen. Das hat er nicht. Erschreckend, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eigentlich nicht dieser Pillepalle-Populismus dieses Parteitagsbeschluss der Jungen Union, sondern die Haltung der NRW-CDU dazu. Die Nicht-Haltung der NRW-CDU ist erschreckend.
Irritierend ist dabei für mich dieses dröhnende Schweigen, was ich vernehme.
Es passiert nichts. Ansonsten springt Herr Laschet immer wie Kai aus der Kiste auf jedes Thema. An dieser Stelle beim Parteitag – Herr Stamp hat gerade darauf hingewiesen – nicht ein Wort, nichts, Ruhe. Sie haben es gelesen, es gab viele Presseanfragen an den Parteivorsitzenden der CDU. Er hat sich dazu nicht geäußert. Heute kann er nicht hier sein. Aber das ist mir eigentlich auch egal. Herr Stamp, ich gebe Ihnen recht. Jeder hat seine Termine, und wenn er den Termin vorher schon hatte, ist das völlig in Ordnung.
Aber man kann auch einmal eine Presseanfrage beantworten. Man kann eines tun, nämlich das, was die Nordrhein-Westfalen eigentlich gewohnt sind.
Die Bürgerinnen und Bürger von Nordrhein-Westfalen wollen eine Haltung haben, auch wenn es noch so schwierig ist, diese Haltung durchzusetzen oder zu seiner Haltung zu stehen. Ich kann verstehen, dass die CDU im Moment Probleme mit den Rechten hat. Aber trotzdem ist es notwendig, eine Haltung zu haben, auch wenn man einen konservativen Kreis in der eigenen Partei hat. Und diese Haltung hat er nicht gezeigt, nämlich Respekt vor den Menschen in Nordrhein-Westfalen, Haltung vor den Menschen in Nordrhein-Westfalen. Das hat er nicht gezeigt, und das ist für mich erschreckend. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Güler, ich dachte, wir reden jetzt über den Haushaltsplan. Dazu haben Sie jetzt nichts gesagt. Das ist auch in Ordnung, das müssen Sie selber für sich entscheiden.
Nur, wenn Sie die letzten Jahre, die wir hier Integrationspolitik gemacht haben, nicht zur Kenntnis genommen haben, ist das Ihr Problem. Dann würde ich vorschlagen, dass Sie sich einfach einmal kundig machen und überlegen, was diese Landesregierung, was dieses Parlament bisher gemacht hat.
Ich will drei, vier Punkte für Sie in Erinnerung rufen: Einmal haben wir das Teilhabe- und Integrationsgesetz verabschiedet. Ich sage Ihnen, dass es viele Bundesländer gibt, die mittlerweile dieses Teilhabe- und Integrationsgesetz abkupfern. Das war für uns schon – und da haben wir auch sehr heftig miteinander diskutiert – eine Geschichte, die gezeigt hat, dass wir Nordrhein-Westfalen in der Integrationspolitik Vorreiter sind. Denken Sie an die kommunalen Integrationszentren – der Minister hat das
gerade ausgeführt –: eine Struktur, die einmalig ist. Denken Sie an unsere Integrationsagenturen – und wir haben davon 163 –, auch eine einmalige Geschichte. Es gibt sie auch in anderen Bundesländer, aber nicht in dieser Dichte, wie wir sie haben.
Ich finde, an der Stelle sollten Sie einmal die Fakten zur Kenntnis nehmen und nicht versuchen, diese zu negieren, weil das unser Land schlechtmacht und weil Sie damit genau das erreichen, was Sie vermeiden wollen, nämlich den Rechtspopulisten Auftrieb zu geben. Das das haben Sie gerade getan.
Ich will zu den persönlichen Angriffen gegen den Minister nichts sagen, Frau Güler. Das ist Ihr Politikstil, das haben Sie bei Herrn Schneider schon gemacht, und das führen Sie hier fort. Ich finde das nicht in Ordnung; es hilft auch wiederum denjenigen, die immer davon reden, wir seien alle demokratieverdrossen. Wie wir miteinander umgehen, müssen Sie entscheiden.
Fest steht, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir in Nordrhein-Westfalen vor sehr großen Herausforderungen stehen. Ja, wir hatten im Jahr 2015 eine Zuwanderung von 330.000 Flüchtlingen und haben ungefähr 230.000, die bei uns bleiben werden. Das ist eine riesige Herausforderung. Ich will an der Stelle deswegen ganz besonders denjenigen danken, die dabei geholfen haben. Das sind nicht nur die Behördenmitarbeiter, sondern insbesondere auch viele Tausend Ehrenamtler, die sich da eingesetzt haben.
Ich finde, die Landesregierung hat diese Herausforderung angenommen. Ich bin mir sicher: Wir sind auf einem hervorragenden Weg mit den Strukturen, die wir hier im Land Nordrhein-Westfalen haben. Frau Velte und der Integrationsminister haben gerade noch einmal verdeutlicht, was wir hier für Strukturen haben, die wir insbesondere über die letzten Jahre geschaffen haben. Das zeigt noch einmal ganz deutlich, dass die Kritik von der CDU an dieser Stelle völlig fehl am Platz ist.
Wir haben mit dem Programm „KommAn-NRW“ – und das hat der Integrationsminister gerade noch einmal verdeutlicht – insbesondere auch die Ehrenamtler im Blick. Denn das sind die Starken in dieser Gesellschaft, diejenigen, die sich für andere einsetzen, die sich ihre Freizeit abknapsen, die zum Teil sogar auf Familie verzichten, nur um anderen Menschen zu helfen. Das finde ich auch so hervorragend an dem Programm „KommAn-NRW“: Wir helfen denjenigen, die anderen helfen.
Liebe Kollegen von der CDU, aber auch von der FDP, in Nordrhein-Westfalen haben wir die allerbesten Grundlagen, das zu schaffen, was die Bundeskanzlerin mit „Wir schaffen das“ gemeint hat. Ich bin
davon überzeugt: NRW schafft das. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben im März dieses Jahres den ersten Entwurf ins Parlament eingebracht und haben dann nach einer sehr intensiven Phase des Austauschs mit Expertinnen und Experten über den Integrationsplan gesprochen. Jetzt liegt die überarbeitete Version vor.
Ich möchte daran erinnern, wie wir darüber diskutiert haben. Wir haben in allen Ausschüssen und in einer sehr großen, umfangreichen Anhörung im Integrationsausschuss ausgesprochen sachlich und fundiert
mit den Expertinnen und Experten diskutiert. All das, was an Erkenntnissen, Erfahrungen und Vorschlägen von den Expertinnen und Experten eingebracht wurde, haben wir bedacht. Vieles davon finden Sie jetzt in dem Integrationsplan wieder.
Herr Stamp, es ist nicht so, dass es sich um ein Sammelsurium von unstrukturierten Maßnahmen, die Rot-Grün vorschlägt, handelt. Nein, so ist es nicht. Die Vorschläge, die uns die Expertinnen und Experten mitgegeben haben, haben wir natürlich nicht alle aufgenommen – wir haben als Politiker ja auch Ideen, und als Integrationspolitiker sowieso. Den allergrößten Teil haben wir aber da reingepackt, Herr Stamp, das will ich ganz deutlich sagen. Deswegen ist es auch kein Sammelsurium, sondern es ist das, was aus der Mitte der Gesellschaft Nordrhein-Westfalens an uns herangetragen worden ist.
Überlegen Sie sich mal, Herr Stamp, wer alles in diesen Expertenanhörungen dabei saß: Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften, Unternehmer – alle saßen dabei.
Und das ist in diesem Integrationsplan drin. Natürlich werden Sie das eine oder andere vermissen, aber das gehört dazu. Das ist auch in Ordnung, und das ist richtig so. Aber der allergrößte Teil ist dabei.
Deswegen bin ich sehr froh und auch sehr stolz, dass Nordrhein-Westfalen das erste Bundesland ist, das ein umfassendes Konzept auf den Weg bringt. Das eine oder andere wird Ihnen da fehlen. Das sei Ihnen gestattet; das ist in Ordnung. Wir sind jedoch das erste Bundesland, das ein umfassendes Integrationskonzept auf den Weg bringt. Genauso wie bei dem Teilhabe- und Integrationsgesetz nehmen wir wieder eine Vorreiterrolle ein. Angesichts unserer langen Integrationsgeschichte steht es uns auch zu, dass wir hier vorweggehen.
Der Integrationsplan enthält fünf Handlungsfelder: Sprache und Wertevermittlung, Bildung und Ausbildung, Arbeit und berufliche Qualifikation, Zusammenleben/Wohnen, Sport und Kultur, aber auch die Stärkung der Zivilgesellschaft. Die Beratungen haben gezeigt, dass wir nicht überall einer Meinung sind. Aber wenn wir in der Integrationspolitik streiten und diskutieren, ist das immer noch der Versuch, die besten Instrumente zu generieren, um die Integration auf den Weg zu bringen und nicht die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Darum geht es.
Wir haben ja gelernt, dass wir auch Maßnahmen anbieten müssen. In den 60er-Jahren, bei den Migrantinnen und Migranten, bei den Zuwanderern, bei den sogenannten Gastarbeitern haben wir das eben nicht gemacht. Ich glaube jedenfalls, dass wir jetzt auf dem richtigen Weg sind.
Frau Brand, wir fahren keinen Kuschelkurs mit der CDU. In diesem Punkt sind wir uns sehr einig: Nach den langjährigen Erfahrungen können wir uns eben über bestimmte Bereiche und über den Weg streiten. Ziel ist es aber – Herr Römer hat es eben gesagt –, zu einer guten Integration der Menschen zu kommen.
Ich möchte noch zwei, drei Punkte zum Entschließungsantrag der FDP sagen. Herr Stamp, bevor ich das vergesse: Sie haben ja gerade aus den Runden berichtet, die wir zum Integrationsplan abgehalten haben. Ich kann mich daran erinnern, dass wir eigentlich eine sehr gute Diskussionskultur hatten. Ebenso kann ich mich daran erinnern, dass Sie, Herr Stamp, Forderungen hatten, bei denen ich ein wenig überrascht war.
Sie hatten zum Beispiel gefordert, dass wir die Hochschulen viel mehr unterstützen müssten. Das war in einer Sitzung im Juni. Daraufhin habe ich Ihnen gesagt: Herr Stamp, im April 2016 hat die Wissenschaftsministerin ein Programm über 30 Millionen € auf den Weg gebracht. – Das war im April, und ich habe Ihnen noch die Pressemitteilung dazu vorgelesen. Ihre Antwort war: Ja, dann kriegen wir aber was anderes.
So viel zum Thema „Diskussionskultur“. Nur weil wir eine Ihrer Forderungen schon längst erfüllt haben, zu sagen: „Dann müssen wir aber was anderes kriegen“ – das kann nicht angehen, Herr Stamp. Das war genau so.
In dem Entschließungsantrag, liebe Kolleginnen und Kollegen, steht, dass wir in Nordrhein-Westfalen Verantwortung abgeben würden, dass wir nicht gestalten und den Bund stärker in die Verantwortung nehmen wollen.
Ja, das ist auch richtig so. Denn die Menschen, die zu uns kommen – der Kollege Laschet hat das auch schon mal genauso gesagt –, kommen doch nicht in erster Linie nach Düsseldorf bzw. Passau oder nach NRW bzw. Bayern, sondern sie kommen in die Bundesrepublik Deutschland. Damit ist doch schon völlig klar, wo der Großteil der Verantwortung liegt. Deswegen ist es an dieser Stelle auch richtig, genau das einzufordern.
Ich kann nicht verstehen, warum Sie Ihre Verantwortung für NRW nicht wahrnehmen wollen. Denn darum geht es, Herr Stamp. Sie müssen Ihre Verantwortung für NRW wahrnehmen. Sie müssen genauso wie wir auch den Bund auffordern, sich hier viel stärker an den Kosten zu beteiligen, die alle Länder haben und die alle Kommunen haben.
Sie fordern in Ihrem Antrag – das will ich ganz deutlich sagen – die Entwicklung von Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften. Schauen Sie einmal auf die Seite 20.
Sie fordern eine Ausweitung des Fortbildungsangebotes für Deutsch als Fremdsprache und Deutsch als Zweitsprache. Schauen Sie einmal auf die Seite 13.
Vieles von dem, was Sie fordern, haben wir in unserem Integrationsplan drin – nicht alles, weil nicht alles vernünftig ist, aber doch jede Menge davon steht in unserem Integrationsplan.
Sie fordern Koordinierungsstellen für die Ehrenamtler. Wenn Sie durch die Kommunen in NordrheinWestfalen fahren, werden Sie sehen, dass die allermeisten Kommunen da schon längst auf den Weg sind. Sie haben bereits Koordinatoren, die sie selber bezahlen, oder sie haben ehrenamtliche Koordinatoren.
Als ich das gelesen habe, hatte ich den Eindruck, dass Sie wieder „Privat vor Staat“ haben wollen. Ich sage Ihnen: Das, was wir an Ehrenamt in den Kommunen erleben, ist genau das, was ich mir für Nordrhein-Westfalen wünsche – nämlich, dass die Menschen sich hier für die Menschen, die zu uns kommen, einsetzen. Das tun sie mit sehr viel Herzblut. Deswegen muss man ihnen an dieser Stelle nicht nur etwas vorsetzen, sondern sie unterstützen. Das tun wir. Der Integrationsminister hat es gerade vorgestellt. Mit unseren Kommunalen Integrationszentren sind wir da auf einem sehr guten Weg, finde ich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zum Schluss noch eines deutlich sagen: Ich habe vor einigen Tagen gelesen, dass der Fraktionsvorsitzende der FDP gesagt hat, die FDP werde sich von Rot-Grün, was den Integrationsplan betrifft, nicht vereinnahmen lassen.
Das ist der völlig falsche Schluss, den Sie da ziehen, Herr Lindner. Denn wir haben uns bei diesem Integrationsplan von den Menschen in Nordrhein-Westfalen vereinnahmen lassen. Wer die Anhörungen mitgemacht hat und sie erlebt hat, Kollege Lindner, weiß, dass das, was hier drinsteht, von den Menschen aus Nordrhein-Westfalen gekommen ist. Deswegen lassen wir uns als Rot-Grün sehr gerne vereinnahmen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. – Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf den Antrag zu sprechen komme, lassen Sie mich zwei, drei Bemerkungen vorab machen. Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass wir in dieser Hinsicht etwas tun müssen.
Als Integrationspolitiker und als Kind des Ruhrgebiets, das aus einer Zuwandererfamilie kommt, muss ich sagen: Es ist traurig, dass wir dieses Problem nach 60 Jahren überhaupt noch haben. Wahrscheinlich hätten wir viel früher reagieren müssen. Sie wissen aber auch, warum die Lage bei den migrantischen Unternehmensgründungen im Moment so ist, wie sie ist. Das hätten wir alles schon viel früher, vor 30 oder 40 Jahren, auf dem Schirm haben müssen. Das gilt übrigens nicht nur für die wirtschaftlichen Belange, sondern auch für alle anderen Bereiche, die mit der Integrationspolitik zu tun haben.
Herr Hafke, lassen Sie mich zwei, drei Sätze zu Ihren Ausführungen sagen. Der Mindestlohn – das haben wir nach der Einführung alle festgestellt – ist wichtig, und alle finden dessen Einführung gut. Ich habe von niemandem gehört, der ernsthaft sagt, der Mindestlohn habe nicht gewirkt. Er wirkt,
und wenn ich mich beispielsweise mit Handwerksbetrieben auseinandersetze, stelle ich fest: Der Mindestlohn von 8,50 € – darüber brauchen wir auch gar nicht zu diskutieren – ist da nicht das Problem. Von daher kann ich Ihre Kritik nicht verstehen.
Wenn Sie so ein vehementer Gegner des Mindestlohns sind, empfehle ich Ihnen, im nächsten Landtagswahlkampf die Abschaffung des Mindestlohns zu plakatieren. Das würde uns allen helfen. Wenn Sie so dagegen sind, dann tun Sie das. Das wäre für Sie vielleicht eine Strategie. Ich entnehme Ihren Worten jedenfalls, dass Sie gegen den Mindestlohn sind. Daher könnte das für Sie eine Wahlkampfhilfe sein.
Herr Hafke, Unternehmensgründungen dauern 14 Tage. Finden Sie ernsthaft, dass 14 Tage für eine Unternehmensgründung eine lange Zeit bedeutet?
Ich persönlich finde die Dauer von 14 Tagen zur Gründung eines Unternehmens völlig in Ordnung. Das reicht, und es ist auch völlig in Ordnung, 14 Tage auf den Bescheid zu warten, ein Unternehmen gründen zu können.
Schließlich müssen gewisse Dinge geprüft werden. Von daher habe ich damit überhaupt kein Problem.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Wesentliche ist inhaltlich bereits gesagt. Ich möchte jedoch noch zwei, drei Worte zu der aktuellen Situation verlieren. In der Bundesrepublik gibt es 4,4 Millionen Selbstständige, davon 760.000 mit ausländischen Wurzeln. Jeder sechste unternehmerisch Aktive hat ausländische Wurzeln. Die Klischees sind gerade noch einmal angesprochen worden: die Dönerbude, der Pizzaladen, der Gemüsehändler, das griechische Restaurant.
All das stimmt aber nicht mehr. Es gibt inzwischen auch Unternehmen in der Softwarebranche, die von Migranten, von Kindern von Migranten und von Gastarbeitern gegründet wurden, die über 600 Mitarbeiter beschäftigen. Es gibt kleinere und größere Unternehmen, aber auch solche mit bis zu 600 Mitarbeitern. Auch im Bereich Gebäudedienste gibt es Unternehmen von Migranten mit über 600 Mitarbeitern.
All das zeigt, dass wir hier sehr breit aufgestellt sind. Es sollte uns ein Stück weit stolz machen, dass das funktioniert hat, dass es sehr viele gut ausgebildete Menschen gibt, die sich trauen, ein Unternehmen zu gründen, trotz all der Schwierigkeiten, die es im Zusammenhang damit gibt.
Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir ihnen da helfen. Dabei geht es nicht um Nachhilfe für die Kammern, liebe CDU, sondern es geht um eine Zusammenarbeit, um noch bessere Programme zu initiieren, als es sie bisher gibt. Auch darum geht es, und deswegen ist dieser Antrag völlig richtig.
Mir liegt es am Herzen, noch einmal Folgendes zu verdeutlichen: Ich möchte noch einmal auf die Zahlen eingehen, die Sie erwähnt haben. 760.000 Selbstständige haben einen Migrationshintergrund, und ungefähr 5 % der Erwerbstätigen in der Bundesrepublik Deutschland sind bei Unternehmen beschäftigt, die von Migranten geführt werden. Auch das sollte man auf dem Schirm haben.
Das ist vielleicht auch ein Argument dafür, zu sagen: Liebe AfD- und Pegida-Anhänger: Wenn wir diese Menschen nicht hätten, dann würde es in Deutschland ganz anders aussehen; dann wären wir wirtschaftlich nicht so stark, wie wir es derzeit sind. Diese Menschen tragen einen Teil dazu bei, dass es uns so gut geht. Darüber hinaus finanzieren sie sicher auch den einen oder anderen AfD- und Pegida-Anhänger. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde gern ganz kurz auf zwei Vorredner eingehen.
Herr Kuper, als Sie mit Ihrer Rede angefangen haben, war ich ein bisschen irritiert, weil ich dachte, dass wir jetzt über das Thema Integration sprechen und nicht über das, was Sie uns über viele Monate hinweg vorgeworfen haben, ohne zu erkennen, wie die Situation im Land ist.
Sie haben wieder von einem Organisationsversagen und über die Kosten der Flüchtlingsaufnahme gesprochen, über all das, was wir eigentlich schon längst abgearbeitet haben.
Herr Minister Schmeltzer hat gerade darauf hingewiesen: Angesichts einer Zahl von über 330.000 Menschen, die nach Nordrhein-Westfalen gekommen sind, von denen wir über 230.000 Menschen noch bei uns im Land haben und die bei uns bleiben werden, angesichts der Anstrengungen, die nötig waren, um diese Menschen unterzubringen, ihnen Schutz zu geben, ihnen etwas zu essen zu geben, ihnen ein Dach über den Kopf zu garantieren, von einem Organisationsversagen zu sprechen, halte ich für komplett falsch.
Eher sehe ich, dass unsere Behörden, dass die Menschen im Land, die Ehrenamtler, die kommunalen Verwaltungen, die Behörden, die Bezirksregierungen und auch das Land einen hervorragenden Job gemacht haben. Denn die Menschen sind alle untergekommen. Keiner musste draußen bleiben. Keiner hat
gehungert. Deswegen ist der Vorwurf, Herr Kuper, heute nicht mehr richtig.
Wenn man das rückblickend betrachtet, stellt man fest: Bei über 330.000 Menschen, die zu uns gekommen sind, war das von uns eine sehr gute gemeinschaftliche Leistung.
Herr Kuper, Sie haben gerade davon gesprochen, dass wir alles tun müssen, um den sozialen Frieden in Nordrhein-Westfalen aufrechtzuerhalten. – Ja, genau. Da sind wir auf einer Linie. Ich war am Montag in Dresden und hatte mir vorgenommen, auf jeden Fall einmal zu den – wenn man sie so nennen will – Demonstranten zu gehen; ich habe mir das angeguckt und hatte nachher das Gefühl, ich müsste mich duschen.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich bin wirklich heilfroh, dass wir es in Nordrhein-Westfalen bis jetzt geschafft haben, den sozialen Frieden aufrechtzuerhalten. Den werden wir aber nur dann aufrechterhalten, wenn wir uns hier einig sind und wenn wir in der Integrationspolitik versuchen, an einem Strang zu ziehen.
Ich will, Herr Kuper, abschließend zu Ihrem Beitrag aus der „Rheinischen Post“ zitieren – wenn ich darf, Herr Präsident. Die „Rheinische Post“ ist nicht gerade ein sozialdemokratisches Sprachrohr, aber doch eine seriöse Zeitung. Ich zitiere:
„Auch werden die Flüchtlinge in NordrheinWestfalen gut untergebracht. Die Zeltstädte, die andere Länder hilflos errichten, sucht man hier vergebens. Nordrhein-Westfalen zahlt überdurchschnittliche Hilfen an die Kommunen und reagiert vorausschauend mit mehr Lehrern und Fachkräften. Klar, man kann alles immer noch besser machen. Aber im Großen und Ganzen macht Jäger beim Thema Flüchtlinge einen guten Job.“
Ich füge hinzu: Die Landesregierung macht hier einen hervorragenden Job.
Sehr geehrter Herr Kollege Stamp, die Prioritäten, die Sie genannt haben, sind auch unsere: Bildung, Soziales, Gesundheit, Wohnen, Arbeit. Ich denke, Sie haben verfolgt – das haben Frau Löhrmann und Minister Schmeltzer gerade noch einmal dargestellt –, was wir alles schon auf den Weg gebracht haben. Das war auch immer die Diskussion, die wir im Zusammenhang mit den Anträgen, die Sie auf den Tisch gelegt haben, hatten, zu denen ich Ihnen immer gesagt habe: Lassen Sie uns über die Sachen reden, die noch offen sind.
Noch bei der letzten Obleuterunde habe ich das getan, Frau Güler. Ich kann mich sehr gut daran erinnern. – Wir haben immer gesagt, Herr Stamp: Lassen Sie uns über die Sachen reden, die noch offen sind.
Jetzt sind wir, glaube ich, an einem Punkt angelangt, wo wir das wirklich durchziehen können. Es gibt bei den unterschiedlichen Anträgen, die hier vorliegen, viele Gemeinsamkeiten. Es gibt ein paar Vorschläge, die ich gut finde, Frau Güler. Das heißt, was Sie über die Antragsfristen für die Kitaplätze sagen, finde ich gut; darüber können wir reden. Das finde ich vernünftig; das sollten wir tun. Es gibt bei der FDP den Vorschlag, niedrigschwellige Spielgruppenangebote zu machen, aber auch den Vorschlag – das finde ich auch sehr gut, Herr Stamp –, Nachverhandlungen mit den Krankenkassen zur Gesundheitskarte zu führen. All das ist völlig okay. Lassen Sie uns darüber reden. Vielleicht schaffen wir es ja, an der Stelle zu einer gemeinsamen Offensive zu kommen.
Ich habe nicht den Eindruck, dass eine der Fraktionen, die hier im Landtag vertreten sind, ernsthaft vorhat, die Integration der Flüchtlinge zu einem Thema zu machen, aus dem man parteipolitisch Kapital schlagen will. Den Eindruck habe ich nicht. Wir sollten eigentlich daran arbeiten, dass das so umgesetzt wird, dass wir versuchen, gemeinsam zu Lösungen zu kommen; denn viele von denen, die jetzt da sind, werden bleiben.
Frau Löhrmann hat es gerade noch einmal angesprochen: Die Fehler der 60er, 70er sollten wir nicht wiederholen. Ich kenne aus eigener Erfahrung die Fehler, die damals gemacht worden sind, und zwar von beiden Seiten; das sage ich an der Stelle immer sehr deutlich. Es sind Fehler von der aufnehmenden Gesellschaft gemacht worden, aber auch von denjenigen, die zu uns gekommen sind, die nämlich nicht frühzeitig genug erkannt haben, dass sie hierbleiben werden, und die deswegen für Bildung und für Integrationsmaßnahmen keinen Sinn hatten, was aus dem Blickwinkel derjenigen heraus, die da waren, völlig verständlich ist. Aber diese Fehler sollten wir auf gar keinen Fall wiederholen.
Ich finde, nach einem Jahr, nach einem sehr schwierigen Jahr, sind wir jetzt an einem Punkt angekommen, wo wir über Integrationskonzepte diskutieren können. Ich finde nicht, dass der Zeitpunkt schon zu spät ist; vielmehr ist er genau richtig. Wir haben die Menschen erst einmal versorgt und können jetzt darüber reden, wie wir sie bei uns integrieren.
Ich will Ihnen zum Schluss sagen, Herr Stamp, liebe CDU: Unser Leitmotiv, das der SPD, ist,
dass wir bei unserer Politik nicht zwischen dem „Wir“ – das heißt, den bereits hier lebenden Men
schen – und den Flüchtlingen unterscheiden, sondern dass wir eine Politik für alle gesellschaftlichen Gruppen machen, für Arbeitnehmer, für Familien, für junge Menschen, also für alle, die in diesem Land leben. Das geschieht aus dem Blickwinkel heraus, dass die Menschen, über die wir jetzt reden, irgendwann auch einer dieser Gruppen zugehörig sein und zu uns gehören werden. Deswegen erhoffe ich mir, dass wir eine Gemeinsamkeit herstellen können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Stamp, Sie haben wieder vom Klima geredet. Wir haben erlebt, das momentane Klima war nicht so gut. Wenn ich in die Zeitungen sehe, hat mich eine Schlagzeile besonders betroffen gemacht: „Landtag blamiert sich“. – Ich glaube, den Schuh müssen wir uns alle anziehen.
Da geht es schon wieder los. Vielleicht sollte man an der Stelle einfach mal fragen …
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie mir zuhören würden. Es ist meine Redezeit, die mir gerade davonläuft. Auch wenn es Sie es nicht für wichtig halten, gibt es vielleicht doch den einen oder anderen Kollegen, der es wichtig findet, mich zu hören.
Frau Güler, hören Sie auf, in den Plenarsaal zu keifen! Es tut weh. Vielleicht denken Sie einfach mal eine Viertelstunde darüber nach, ob es nicht sinnvoller wäre, mal zuzuhören und nicht immer reinzukeifen. Eine Viertelstunde, das schaffen Sie.
Herr Kollege Hovenjürgen, lassen Sie mich doch zu dem Antrag kommen, der noch überhaupt keine Rolle gespielt hat und den Sie, Herr Stamp, Frau Güler, gerade gestellt haben. Das ist doch viel wichtiger. Die Atmosphäre ist hier im Moment sehr schlecht.
Ich komme auf die Obleuterunde von gestern zurück, Herr Stamp. Ich habe Ihnen gesagt, die Anträge, die Sie und die CDU im September gestellt haben, haben sich in weiten Teilen überholt. Ich habe nicht gesagt, der Antrag ist komplett erledigt, sondern viele Ihrer Forderungen aus diesen Anträgen sind erledigt. Ich hätte erwartet, dass Sie daraufhin sagen: Lassen Sie uns über den Rest reden! – Aber das war auch gestern nicht Ihr Wunsch. Vielleicht schaffen wir es als Integrationspolitiker noch einmal, diesen Landtag zusammenzubringen.
Lassen Sie mich zu Ihrem Antrag kommen. Die Einschätzung, dass Sprache, Bildung, Arbeit und auch die Vermittlung unserer Werte wichtig sind, teile ich. Was das aber mit Köln zu tun hat, erschließt sich mir überhaupt nicht.
Damit das klar ist, Herr Stamp: In Köln hatten wir Straftäter. Die sollten wir genauso behandeln. Glauben Sie ernsthaft, dass es Sinn macht, Straftätern unsere Grundwerte zu vermitteln, um sie auf einen anderen Weg zu bringen? Ich glaube, eher nicht. Das sind Straftäter, und wir sollten sie so behandeln.
Wir als Integrationspolitiker sollten uns um Integrationspolitik kümmern. Der weitaus größte Teil der Menschen, die zu uns kommen, ist nämlich daran interessiert. Sie wollen das.
Aber was hat das mit Köln zu tun? Das steht auch in dem Antrag. In dem Antrag greifen Sie wieder Köln auf. Wahrscheinlich geht es an der Stelle mehr darum, dass wir jetzt Wahlkampf machen und es sich
dafür lohnt, das Thema Köln immer wieder hochzuziehen.
Auch beim Thema „Grundwerte und unsere Demokratie“ meine ich, das passt überhaupt nicht zusammen. Gerade wir Integrationspolitiker sollten das schön trennen, damit diese Stimmung in der Bevölkerung nicht so bleibt, wie sie ist.
Ich komme zu Ihren beiden Kernforderungen. Sie zeigen darin zwei Optionen auf. Die eine ist, die Mittel für die Landeszentrale zu erhöhen und andere Maßnahmen hineinzubringen. Das tun wir. Dazu wird die Frau Ministerin sicherlich gleich noch einmal etwas sagen. Die Mittel sind erhöht.
Sie fordern zweitens, die Optionsstunden in den Integrationskursen zu erhöhen. Das ist eine Forderung, die wir schon seit sehr, sehr langer Zeit haben.
Das ist aber eine Forderung, Frau Güler, die an den Bund geht. Da muss das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aktiv werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge untersteht dem Bundesinnenminister, der von Ihrer Partei ist. Der stellvertretende Bundesvorsitzende ist der Kollege Laschet. An der Stelle wär es doch ganz einfach, daranzugehen.
Ich habe gerade gesagt, Sie sollen nicht immer reinkeifen, wenn andere reden, Frau Güler. Ich wäre Ihnen sehr dankbar dafür. Bitte!
Eine dritte Option wäre, unsere kommunalen Integrationszentren zu stärken. Dies finde ich viel sinnvoller. Das tun wir. Das haben wir beschlossen. Wir haben eine personelle Aufstockung vorgenommen. Wir haben beim letzten Mal in dieser Runde auch beschlossen, dass die kommunalen Integrationszentren auch in diesem Bereich viel stärker aktiv werden.
Wir haben das Programm „KommAn“ auf den Weg gebracht. Wir haben 13 Millionen € zur Verfügung gestellt, gerade auch für die Vermittlung unserer Grundwerte. Das ist von unten nach oben der viel bessere Weg.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns auch dabei unterstützen würden, liebe Kollegen von der CDU, damit wir diese kommunalen Integrationszentren wirklich flächendeckend im Land bekommen.
Für diejenigen, die es noch nicht wissen: Es gibt im Land Nordrhein-Westfalen vier CDU-regierte Kreise, die sich weigern, ein kommunales Integrationszentrum einzurichten. – Diese würden aber eine wertvolle Arbeit leisten. Ich wäre Ihnen sehr dankbar dafür, wenn Sie Ihre Kollegen aus Viersen, aus Kleve, aus
Steinfurt – die sind auf dem Weg, ich hoffe, das kommt auch – und aus Borken davon überzeugen würden, mitzuhelfen, damit wir diese kommunalen Integrationszentren, für die es auch noch Geld vom Land gibt, überall einrichten. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was gerade schon einmal erwähnt wurde, ist richtig: Die Integrationspolitik ist
in Nordrhein-Westfalen ein wichtiges Thema und wird in den nächsten Jahren auch eines der wichtigsten Themen sein. Herr Dr. Stamp, das wird nicht nur nächstes Jahr so sein, glaube ich, sondern wir werden uns damit noch ziemlich lange beschäftigen.
Die Herausforderungen sind ziemlich klar. Es gibt eine sehr hohe Anzahl an Flüchtlingen. Darüber haben wir diskutiert. Ich will an dieser Stelle aber nicht unerwähnt lassen, dass wir auch das Thema „EUBinnenmigration“ nicht aus den Augen verlieren dürfen; denn das beschäftigt unsere Kommunen auch massiv.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin aber davon überzeugt, dass diese Landesregierung diese Herausforderungen sehr deutlich erkannt hat, sie auch angenommen hat und nicht nur in diesem Jahr, sondern auch in den nächsten Jahren sehr gut agieren wird, und zwar getragen von den beiden Regierungsfraktionen SPD und Grüne. Da sind wir auf einem sehr guten Weg, glaube ich.
Ein bisschen irritiert hat mich der Wortbeitrag von Frau Milz. Sie sprach die Themen „Bildung“, „Kitabesuch“, „Schulen“ und „Lehrer“ an. Alles das ist in anderen Haushaltsplänen enthalten. Ich will das nur an einem Beispiel deutlich machen, Frau Milz. In diesem Jahr haben wir 6 Millionen € für den Kitabesuch bereitgestellt. Im nächsten Jahr werden noch einmal über 10 Millionen € für den Kitabesuch zur Verfügung gestellt. An dieser Stelle muss man einfach schauen: Was ist in den anderen Haushaltsplänen enthalten, und was vermischen Sie da miteinander? Hier sind wir beim Einzelplan 11, Integrationspolitik. Frau Howe hatte gerade schon darauf hingewiesen.
Herr Dr. Stamp, Sie haben gerade mehrere Punkte angesprochen. Auch die sind in Arbeit. Ich will nur auf einen Punkt davon eingehen. Hier hat keiner aus den beiden Regierungsfraktionen UnternehmerBashing betrieben. Zum Bereich der Integrationspolitik laden der Arbeitsminister und der Wirtschaftsminister die Spitzen der Unternehmer und der Gewerkschaften zu einem Spitzengespräch ein, das in den nächsten Tagen stattfinden wird. Auch das ist auf einem guten Weg. Da mache ich mir keine großen Sorgen. Ich erkenne das Engagement der Unternehmer und auch der anderen Verbände sehr deutlich an.
Hier wurde das Thema „Ehrenamtsförderung“ noch einmal angesprochen. Auch da haben wir in diesem Jahr bereits etwas getan. Wir haben zwei Programme aufgelegt – Sie wissen das –, einmal über 1 Million €, einmal über 1,5 Millionen €. Das Programm „KommAn-NRW“ über 14 Millionen €, das jetzt kommt, hat ganz deutlich zum Ziel, das Ehrenamt zu stärken und zu fördern. Ich meine, dass dies ein gutes Programm ist. Das gilt auch für unser Programm „Einwanderung gestalten“, das wir auch mit 4,4 Millionen € verabschieden, über das wir die
Kommunen dazu bringen wollen, sich – die einzelnen Ämter und Behörden – miteinander zu vernetzen. Da soll auch die Zuwanderung aus Südosteuropa Berücksichtigung finden.
Ich will an der Stelle ganz deutlich sagen: Ich bin sehr froh, dass in Nordrhein-Westfalen eine rotgrüne Landesregierung regiert, weil sich jeder einzelne Minister – das wissen Sie – in seinem Ressort um Integrationspolitik kümmert. Gerade bei der gegenwärtigen Flüchtlingssituation wird das sehr deutlich. Wenn Sie die Programme sehen, wenn Sie sehen, was alles in den einzelnen Ressorts auf den Weg gebracht worden ist, dann erkennen Sie, dass das schon eine sehr gute Leistung ist.
Deswegen bin ich froh, dass nicht die CDU regiert. Bei dem Durcheinander, was gerade bei Ihnen herrscht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ist es gut, dass die SPD mit Grün NordrheinWestfalen regiert. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Brand, ich möchte kurz zwei Punkte aufgreifen. Nicht nur Sie, sondern auch wir reden mit den Leuten, und ich glaube, fast jeder Abgeordnete hier redet vor Ort mit den ehrenamtlichen Helfern. Auch wir von der SPDFraktion haben hier vor Ort vor einigen Tagen eine große Veranstaltung mit über 400 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern organisiert und haben uns angehört, wo es drückt.
Allerdings bin ich mir sicher – und das ging auch aus den Wortbeiträgen hervor, die es in den letzten Wochen und Monaten zu diesem Thema gab –, dass viele Abgeordnete mit den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, aber auch mit den hauptamtlichen Akteuren vor Ort im Gespräch sind und ganz genau wissen, wo der Schuh drückt.
Einen weiteren Punkt möchte ich direkt am Anfang aufgreifen, nämlich die Internetplattform „ichhelfe.jetzt“. Das ist ein Baustein. Ich weiß, dass in den Kommunen vor Ort ganz viele Internetplattformen in Arbeit oder auch schon umgesetzt sind. Deswegen ist es viel wichtiger, dass es diese Angebote vor Ort gibt, die übrigens von vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern und auch von vielen Organisationen vor Ort geschaffen werden. Dort findet, wie ich beobachte, eine sehr gute Vernetzung statt.
Zu Ihrem Antrag! Ganz wichtig an diesem Antrag – das kann man gar nicht oft genug sagen – sind der Dank an die und die Anerkennung des Engagements der haupt- und ehrenamtlichen Akteure in der Flüchtlingsarbeit. Man kann auch ganz offen und ehrlich sagen, dass wir es als Land sowie als Kommunen ohne dieses Engagement überhaupt nicht schaffen würden, die notwendige Hilfe zu leisten. Deshalb möchte ich meinen ganz herzlichen Dank an alle ehrenamtlichen, aber auch hauptamtlichen Akteure in den Kommunen richten; schon Frau Ministerpräsidentin Kraft und viele andere haben diesen Dank in den letzten Sitzungen hier ausgesprochen.
Ich glaube, dass diese Menschen, die vor Ort aktiv sind, genau das Bild von Deutschland sind, das wir vermitteln sollten – und nicht diese PEGIDAS und diese ganzen anderen Rechten, die da unterwegs sind. Das wünsche ich mir. Denn das ist gelebte Willkommenskultur. Das sollte das Bild sein, das wir als Deutschland und als Nordrhein-Westfalen ausstrahlen.
Der Piratenantrag, liebe Kolleginnen und Kollegen, greift mehrfach das angebliche Organisationsversagen der staatlichen Behörden auf. Frau Brand, ich will das noch einmal ganz deutlich sagen – wir hatten das Thema „Wortwahl“ ja schon vorhin in der Aktuellen Stunde –: Die Behauptung und Wortwahl, es gäbe ein „Organisationsversagen“ ist angesichts all der Anstrengungen, die ich von ministerieller Seite, vonseiten der Mitarbeiter der Ministerien, der Bezirksregierungen, aber auch der Menschen, die in den Kommunen arbeiten, wahrnehme, ein Baustein von dem, was Sie ja immer wieder kritisieren, dass wir nämlich über die Wortwahl den Rechten Zulauf bringen. Das sind nicht nur die Transitzonen. Das ist auch das, womit dann transportiert wird: Die staatlichen Ebenen schaffen das nicht, und deswegen müssen wir das selbst in die Hand nehmen.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn wir auch das vermeiden würden. Denn ich stelle kein Organisationsversagen fest, sondern ich stelle fest, dass es eine unglaubliche Herausforderung gibt. Aber die kann man bewältigen. Ich bin sicher, die werden wir auch bewältigen.
Die Landesregierung arbeitet mit einem sehr, sehr großen Einsatz daran. Wenn man sich die Zahlen, die wir ja gerade auch noch einmal gehört haben, noch einmal vor Augen führt – es gibt Tage, an denen über 3.000 Menschen zu uns kommen –, dann stellen Sie fest, wie wichtig das ist. Die Maßnahmen der Landesregierung, die wir umsetzen wollen, wird, glaube ich, auch der Minister gleich noch einmal vorstellen.
Aber ich will zum Thema „Ehrenamt“ noch einmal sagen: Wir werden in den Bezirksregierungen fast 380 Stellen schaffen, die insbesondere zur Unterstützung der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer gedacht sind. Von daher meine ich nicht, dass wir da einen Nachholbedarf haben. Zwei Maßnahmen der Landesregierung kennen Sie, Frau Brand. Das sind unser Förderprogramm „Ehrenamt in der Flüchtlingshilfe“ und das Förderprogramm „Zusammenkommen und Verstehen“.
Zu Ihren Forderungen bezüglich des Handlungskonzepts für die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe in Nordrhein-Westfalen: Wir arbeiten daran. Die Landesregierung arbeitet daran. Das Programm „Komm An“ wird gerade bearbeitet. Ich glaube, dazu wird der Minister auch noch etwas sagen.
Hauptamtliche Koordinierungsstelle! Ja, das ist alles wichtig. Aber wir haben erst vor Kurzem Kommuna
le Integrationszentren eingerichtet. Ich glaube, die sind viel wichtiger; denn vor Ort muss das stattfinden. Eine Koordinierungsstelle hier beim Land sehe ich als nicht so vordringlich an. Vor Ort muss das passieren, und viele Kommunen tun das ja auch. Deswegen sollten wir lieber darüber nachdenken, wie wir das in den Kommunen unterstützen können.
Self-Empowerment-Modelle zu fördern, finde ich grundsätzlich begrüßenswert. Aber im Vordergrund steht, dass sich die ankommenden Menschen zurechtfinden müssen und wissen, was sie tun können. Wenn sie das abgeschlossen haben, wäre der nächste Schritt, auch anderen zu helfen. Aber erst einmal müssen wir den Menschen helfen.
Überregionales Beschwerdemanagement! Herr
Herrmann kann Ihnen dazu sicher etwas sagen. Er ist ja auch Mitglied des Innenausschusses. Auch das ist schon längst in Arbeit.
Deswegen hat sich dieser Antrag, glaube ich, überholt, Frau Brand. Deswegen werden wir den auch ablehnen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Schwerd, mit Ihrem Antrag stellen Sie eine alarmierende Entwicklung der letzten Wochen und Monate dar. Dass es eine Zunahme von Bedrohungen und Angriffen auf Flüchtlinge und deren Unterkünfte, auf Helferinnen und Helfer, auf politisch verantwortliche Personen und Journalisten gibt, ist besorgniserregend. All diese Taten, so denke ich, verurteilen wir alle hier gemeinsam auf das Schärfste.
Diese Entwicklung aber, Herr Schwerd, ist der rotgrünen Landesregierung schon bekannt, und sie reagiert darauf auch bereits in vielfältiger Weise. Ich vermute, der Innenminister wird gleich noch darauf eingehen. Herr Schwerd, ich möchte aber auch an den Antrag „Alltagsrassismus und rechte Gewalt bekämpfen“ erinnern, den wir hier vor einem Jahr gemeinsam gestellt haben. In diesem Antrag finden Sie einige Dinge wieder.
Ich will daran erinnern, dass im Jahr 2011 die Landesregierung ein Acht-Punkte-Programm beschlossen hat. Auch dieses enthält viele Sachen, die Sie ebenfalls fordern. Von daher hat sich dieser Antrag eigentlich erledigt.
Ich will aber auf einen Punkt ganz kurz eingehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, nämlich auf das, was wir heute schon einmal besprochen haben. Und zwar geht es um das Thema Wortwahl, was auch die Ursache für einen zunehmenden Hass ist. Wir müssen uns da alle an die eigene Nase packen. Vielleicht sagt der eine oder andere: ich nicht. – Aber ich denke, an der Stelle können wir alle dazu beitragen, dass wir nicht noch den Rechten Zulauf geben, indem wir uns so äußern, wie wir uns äußern.
Aber das betrifft nicht nur uns Politikerinnen und Politiker – ich will daran erinnern, liebe Kolleginnen und Kollegen –, auch andere Prominente wie Akif Pirinçci zum Beispiel – Sie werden sich an seine verbalen Ausfälle erinnern –, bei dem ich mir gedacht habe: Ist er geschichtslos oder ist er einfach nur naiv? Denn er als Türkischstämmiger ist der Nächste, wenn die Rechten in diesem Land in irgendeiner Form gewinnen sollten.
Den Antrag lehnen wir ab. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei dieser wie auch bei der gestrigen Debatte verstehe ich überhaupt nicht, warum die Opposition einfach nicht zur Kenntnis nimmt, was wir eigentlich als Land NordrheinWestfalen schon alles leisten.
Ich will noch einmal auf einige Punkte eingehen: Wir haben, Herr Kerkhoff, im November letzten Jahres beschlossen, als Land Nordrhein-Westfalen 91 Millionen € unter anderem auch in Lehrerstellen zu investieren. Wir haben die Einrichtung von 300 Lehrerstellen beschlossen. Wir haben gestern im Nachtragshaushalt beschlossen, noch einmal 180 Millionen € auszugeben und fast 800 Lehrerinnen und Lehrer für die Bildung insbesondere im Flüchtlingsbereich einzustellen.
Frau Brand, das muss man auch an der Stelle einfach einmal zur Kenntnis nehmen, dass das Land Nordrhein-Westfalen sehr viel Verantwortung übernimmt und sich genau um diese Menschen kümmert.
Herr Kerkhoff – ich will das mal so deutlich sagen –, bei Ihrer Rede habe ich die übliche Rhetorik festgestellt: Abschottung. Sie reden über Aufnahmefähigkeit dieser Gesellschaft.
Worüber reden wir denn? Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat gesagt: Wir werden in diesem Jahr ca. 450.000 Asylbewerber in Deutschland haben. – Die Menschen kommen in die Bundesrepublik Deutschland. An der Stelle wird sehr deutlich, wer eigentlich zuerst in der Verantwortung ist. Die Menschen kommen nicht nach Duisburg, nach Solingen, nach Wuppertal, sondern in die Bundesrepublik Deutschland und brauchen unsere Unterstützung.
Als Erstes müssen sie unsere Sprache lernen. Wir alle sagen immer: Sprache ist der Schlüssel. Ich will deutlich sagen, wenn sie die Sprache nicht erlernen, können sie keine Ausbildung oder Umschulung machen und keine Arbeit aufnehmen. Deswegen ist es
so wichtig, dass der Bund – denn die Menschen kommen nach Deutschland – seiner Verantwortung gerecht wird und die erforderlichen Sprachkurse finanziert. Deswegen ist es auch richtig, noch einmal ganz deutlich zu formulieren und zu fordern, dass die Bundesrepublik Deutschland endlich diese Sprach- und Integrationskurse finanziert. Darum geht es.
Ich hatte gestern, Herr Kerkhoff, weil Sie auch das Thema Wirtschaft angesprochen haben, ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Duisburg. Mit ihm habe ich ein Projekt angestoßen, bei dem uns das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales wunderbar unterstützt hat. Mit dem Projekt geben wir 15 Flüchtlingen die Chance, erstens an einem Sprachkurs teilzunehmen und zweitens an einer Umschulung – genau für die Bereiche, die die Handwerkerschaft braucht: Anlagenmechaniker, Elektroniker usw.
Gestern hatte ich mit diesem Geschäftsführer nun ein Gespräch über ein Projekt, mit dem er 120 Flüchtlingen die Chance auf eine Umschulung geben will. Aber zunächst einmal brauchen sie einen Sprachkurs.
An der Stelle hapert es. Wer finanziert diesen Sprachkurs? Wenn sie den Sprachkurs haben, können sie in eine Umschulung gehen. Er braucht Altenpfleger, Elektroniker, Sanitär- und Anlagenmechaniker für seine Betriebe. Da ist es völlig egal, in welcher Region in Nordrhein-Westfalen, denn auch diese Menschen sind beweglich.
Sie gehen dahin, wo sie Arbeit finden. Deswegen kann ich nicht verstehen, warum Sie an dieser Stelle wieder diese Abschottungspolitik fahren wollen und erst mal fragen: In welchen Regionen brauchen wir bestimmte Berufe? – Wir sagen es immer wieder: Man muss sich bewegen und dahin gehen, wo die Arbeit ist. Das können Flüchtlinge genauso wie wir.
Aber als Erstes brauchen sie dafür die Sprachqualifikation. Die sollten wir ihnen geben, und da ist der Bund in der Verantwortung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Antrag gelesen habe, habe ich mich gefragt, warum er eigentlich auf der Tagesordnung steht. Wir hatten das alles nämlich schon. Wir hatten das hier, und wir hatten das in den Ausschüssen; wir haben das alles schon rauf- und runterdiskutiert, und jetzt liegt es hier wieder auf dem Tisch.
Herr Kuper, ich habe gedacht, wahrscheinlich ist das jetzt ein Vorwand, um sich noch einmal lieb Kind bei den Kommunen zu machen. Die Kommunen wissen ganz genau, in welcher Situation das Land ist. Die Kämmerinnen und Kämmerer wissen, dass das Land schon sehr viel getan hat und sehr viel tut.
Die Redner von vorhin haben schon darauf hingewiesen: 91 Millionen € wurden beim ersten Flüchtlingsgipfel beschlossen, im Nachtragshaushalt – vor 20 Minuten haben wir darüber gesprochen – waren es weitere 180 Millionen €. 800 neue Stellen wurden für die Bildung und Betreuung der Flüchtlinge geschaffen.
Darauf sind Sie mit keinem Wort eingegangen. Stattdessen lese ich in diesem Antrag nur Forderungen an die Landespolitik. Keine einzige Forderung richtet sich an die Bundesregierung.
Ich will das noch einmal ganz deutlich sagen: Die Menschen, die zu uns kommen, kommen nicht nach Düsseldorf, Wuppertal, Solingen, Moers oder Duisburg, sondern sie kommen nach Deutschland. An der Stelle wird völlig klar, wer eigentlich am meisten in der Verantwortung steht.
Herr Abruszat hat gerade gefragt: Was ist neu an diesem Antrag? – Nichts ist neu. Das Einzige, was neu ist, ist, es wird gefordert, dass die Landesregierung die Zustände in Afrika sortiert und dafür sorgt, dass die Menschen dort bleiben und nicht versuchen, zu flüchten. Das ist neu.
Aber auch das hatten wir schon im letzten Plenum, nämlich im Entschließungsantrag von Rot-Grün, in dem wir geschrieben haben, wir bitten die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, dass die Menschen in den Herkunftsländern bleiben und die Zustände dort verbessert werden. Auch das ist also noch nicht einmal richtig neu. Aber Sie haben wahrscheinlich etwas gesucht, was ein bisschen von dem Thema kommunale Finanzen ablenkt.
Auf drei Punkte will ich noch einmal kurz eingehen. Der eine ist die Beschleunigung des Asylverfahrens. Auf Druck dieser Landesregierung hat das Bundesinnenministerium gesagt, wir schaffen noch einmal 2.000 Stellen. Es war der Druck dieser Landesregierung, der dazu geführt hat, dass man dort zur Einsicht gekommen ist.
Der Ausbau der Kapazitäten in den Landeseinrichtungen: Herr Kuper, es ist nicht nötig, uns aufzufordern, dass wir dort mehr tun. Wir machen schon viel mehr.
Und ich beziehe mich auf den regelmäßigen Bericht des Innenministers im Innenausschuss – Herr Kruse weiß das, vielleicht hätten Sie Herrn Kruse den Antrag noch einmal querlesen lassen sollen –: An der Stelle wird uns regelmäßig darüber berichtet,
wie der Ausbau in den Landeseinrichtungen vonstattengeht.
Er geht sehr zügig voran, und wir wissen das. Sie waren dabei – Herr Kruse, auch Sie waren dabei –, als wir Ende letzten Jahres, nämlich Oktober oder November, gesagt haben, wir werden versuchen, die Kapazitäten auf 10.000 auszubauen. Das war für Sie völlig in Ordnung.
Jetzt haben wir auf einmal die Prognosen vom BAMF, durch die wir auf einmal merken, wie sich die Zahlen entwickeln. Das heißt für uns, dass wir nachsteuern müssen.
Die berühmte Glaskugel jedoch, von der Herr Körfges gerade gesprochen hat, haben wir leider nicht. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat diese Kugel nicht. Deswegen besteht für uns an dieser Stelle immer nur die Chance, zu reagieren. Das versuchen wir händeringend. Wir suchen nach Möglichkeiten, um die Flüchtlinge unterzubringen. Vielleicht können Sie hierbei mithelfen. Immerhin schreiben Sie, dass es eine gemeinsame Verantwortung von Land, Bund und Kommunen gibt. Es wäre gut, wenn Sie dabei mithelfen würden, dass wir das hinbekommen.
Zu den Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen hat, glaube ich, jeder alles gesagt. Wir haben dargestellt, was wir alles tun: Im letzten Jahr haben wir 91 Millionen € beschlossen. Gerade haben wir über 180 Millionen € diskutiert, die werden ebenfalls beschlossen werden. Die Menschen sehen, dass Nordrhein-Westfalen seiner Verantwortung durchaus nachkommt.
Auch das Thema „gemeindeübergreifende Flüchtlingsunterbringung“ war in der letzten Innenausschusssitzung völlig klar, Herr Kruse. Das hätten Sie dem Kollegen vielleicht auch mitteilen sollen: Auch hier haben wir kein Problem damit, wenn die Kommunen übergreifend miteinander reden.
Ich möchte mit den Worten des Innenministers schließen, der gesagt hat, dass wir für eine gemeinsame Verantwortung kämpfen müssen, damit die Akzeptanz in der Bevölkerung und in den Kommunen so bleibt, wie sie heute Gott sei Dank vorhanden ist. Dafür wäre ich Ihnen dankbar. Dieser Antrag hilft dabei aber nicht. Lassen Sie ihn uns trotzdem im Innenausschuss erneut diskutieren. Ich freue mich nicht darauf.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde gern auf zwei Vorredner eingehen. Herr Kruse, der Innenminister hat sich gerade, wie ich finde, sehr diplomatisch geäußert. Ich versuche das einmal anders.
Ich finde, Herr Kruse, was Sie an der Stelle gemacht haben, ist die Beleidigung von Millionen Muslimen, die wir in diesem Land haben.
Der „Religionsmonitor“ hat in den letzten Monaten ziemlich klar gezeigt, dass sie sich an unsere Grundordnung in diesem Land halten und diese auch befürworten. Und Sie werfen alle in einen Sack mit gewaltbereiten Salafisten und sagen hier, die Muslime wollten die Unterwerfung aller anderen?
An der Stelle – Herr Kruse, das muss ich Ihnen ganz deutlich sagen – haben Sie entweder keine Ahnung,
oder – das wäre noch schlimmer – sie wollen unseren Antrag nicht mittragen, weil es Ihnen darum geht, an dieser Stelle Parteipolitik bei einem Problem zu machen, das ein gesamtgesellschaftliches Problem ist. Denn es geht doch nicht nur um den Ahmed, sondern auch um den Robert, der, wie wir alle wissen, zum Salafisten geworden ist, oder um den Philipp, der zum Salafisten geworden ist. An der Stelle sieht man, dass das ein gesamtgesellschaftliches Problem ist und nicht nur NordrheinWestfalen, sondern auch Deutschland und mittlerweile ganz Europa betrifft.
An dieser Stelle sage ich Ihnen, Herr Kruse und Herr Stamp: Sie werden Ihrer Verantwortung nicht gerecht. Das finde ich nicht in Ordnung. Sie sollten einmal darüber nachdenken, was Sie hier tun.
Ich komme gleich zu Ihnen, Herr Stamp.
Das Problem des Salafismus zu bekämpfen, liegt nicht nur in der Verantwortung der Landesregierung, sondern in der Verantwortung aller. Die muslimischen Verbände, die auch bei Integrationsminister Schneider im „dialog forum islam“ mitarbeiten, haben sich dazu klar positioniert und sehr deutlich gesagt, dass sie das, was unter dem Deckmantel der Religion passiert, nicht akzeptieren und dass das nicht zum Islam gehört.
Ich glaube, auch das, Herr Kruse, hätten Sie bedenken sollen, bevor Sie sich so geäußert haben, wie Sie es gerade getan haben.
Herr Kruse, noch einige Worte zur Imamausbildung: Ich kann mich erinnern, dass der Bundesinnenmi
nister sehr deutlich gesagt hat, dass die Arbeit der Imame, die von DITIB kommen, in Ordnung ist. Er hat sie sogar gelobt. Sie sollten also vielleicht einmal mit Ihrem Innenminister darüber reden.
Natürlich würde ich mir auch wünschen, dass alle dann auch auf Deutsch predigen, na klar. Aber es geht auch um die Zielgruppe, die man vor sich hat. Man sollte einmal überlegen: Die Menschen müssen den Imam ja auch verstehen. Bisher gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass sie so radikalisiert werden.
Einige Worte zu Herrn Stamp: Sie haben gerade gesagt, dass Sie das Aussteigerprogramm für nicht erfolgreich halten, weil nicht klar sei, wie viele ausgestiegen seien. Es handele sich nur um eine geringe Zahl im einstelligen Bereich. – Ich sage Ihnen: Jeder Einzelne davon ist wichtig. Jeder Einzelne von denen, die wir durch unsere Programme und auch durch das Aussteigerprogramm auffangen, könnte auch zu einer Bombe werden. Deswegen ist es völlig richtig so und völlig in Ordnung. – Danke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die regierungstragenden Fraktionen schließen sich vernünftigen Anträgen immer an.
Wenn sie vernünftig sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, aufgrund der vielen Krisenherde in der Welt fliehen tagtäglich Menschen aus ihren Heimatländern vor Krieg, Folter und Verfolgung. Diese Menschen kommen auch zu uns. Sie suchen hier Schutz.
In den letzten Wochen und Monaten haben sich die rot-grüne Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen intensiv mit der Flüchtlingsthematik beschäftigt. Wir haben die finanziellen Rahmenbedingungen für die Kommunen deutlich verbessert. Neben der Erhöhung der Landespauschale unterstützt das Land die Kommunen auch bei den anfallenden Gesundheitskosten. Darüber hinaus erhöhen wir die Mittel für die soziale Betreuung der Flüchtlinge.
Entgegen des Bildes, das Frau Güler gerade gezeichnet hat, hat diese Landesregierung kein Problem damit, Flüchtlingsfragen als Querschnittsaufgabe zu sehen. Es ist hier gar nicht nötig, den Minister darauf hinzuweisen, dass er mit dem Innenminister an der Stelle um Kompetenzen rangeln soll. Vielmehr versteht sich diese Landesregierung in dieser Frage als Landesregierung mit einer Querschnitts
aufgabe, und alle Minister kümmern sich genau um dieses Thema.