Birgit Rydlewski
Appearances
Last Statements
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Im Grunde könnte man bei „von 1907“ auch aufhören, aber gut.
Wie bei vielen Anträgen der FDP vermischen sich auch hier Wahrheit und Dichtung zu einem tragischen Gesamtergebnis.
Ja, es ist richtig, dass sich Elternschaft in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert hat. Ja, traditionelle Erziehungsziele wie Gehorsam und Pflichtbewusstsein werden langsam von moderneren Zielen abgelöst, und das ist auch gut so. Ja, El
tern setzen sich für eine gelingende Erziehung zunehmend selbst unter Druck. Das ist alles völlig richtig bzw. aus der forsa-Studie wiedergegeben bzw. erkannt. Aber dieser innere Druck betrifft sowohl Frauen als auch Männer.
Die dann allerdings im Antrag aufgestellten Behauptungen, Mütter müssten ständig ihr Image verteidigen, Vollzeitmütter würden als faul, unmodern und nicht vollwertig gelten, in Vollzeit arbeitende Mütter als Rabenmütter und in Vollzeit arbeitenden Müttern werde ein schlechtes Gewissen injiziert, basieren worauf? – Man weiß es nicht, auf der genannten Studie jedenfalls nicht. Dort steht nichts, aber auch gar nichts von den hier genannten Thesen.
Ich kenne auch niemanden, der über Vollzeitmütter derart denkt. Ich weiß nicht, ob das gesellschaftliches Leben im Umfeld der FDP ist. Das wäre bitter, würde aber einiges erklären.
Richtig ist vielmehr, dass die beiden wichtigsten Gründe für den gefühlten Stress zum einen – Zitat – „die eigenen Ansprüche“ und zum anderen „gesellschaftliche Normen“ sind. Welche Normen genau das sind, wird nicht näher aufgelistet. Das wäre aber durchaus eines weiteren Blicks wert.
Eines weiteren Blicks wert wäre auch das, was sich Eltern wirklich wünschen. Dort stehen dann nicht nur Dinge wie – ich zitiere – „mehr Akzeptanz“, sondern auch „mehr finanzielle Unterstützung durch den Staat“, „mehr innere Ausgeglichenheit, Lockerheit und Gelassenheit“ und vor allem „flexiblere Zeiten und Orte für berufliche Tätigkeit“.
Es geht also um viele verschiedene Punkte, bei denen Eltern und Kinder unserer Unterstützung bedürfen. Sich nur einen beliebigen Punkt aus der Studie herauszugreifen, ihn dann völlig willkürlich auf Mütter zu reduzieren und dann daraus eine sinnfreie Kampagne stricken zu wollen, ist wahrlich absurd,
dies zudem vor dem Hintergrund, dass es doch in NRW für diese Thematik aktuell die Enquetekommission für Familienpolitik gibt. Ich kann mir gut vorstellen, dass eine solche Diskussion gut dorthin passen würde.
Aber was soll man auch erwarten, wenn auch bei anderen Themen aus diesem Bereich – so zuletzt bei der Anhörung zur Jungen- und Männerpolitik – Positionen vertreten werden, die von fast allen Sachverständigen zurückgewiesen werden, außer von den ganz rechts anzusiedelnden Maskulisten, die von der FDP-Fraktion eingeladen wurden? Erschreckenderweise!
Ich schließe mich Frau Asch an. In der Gesamtheit ist das alles so unglaublich rückwärtsgewandt, dass
man sich schon fragen muss, ob hier im Vorgriff auf die Wahlen 2017 prophylaktisch AfD-Positionen besetzt werden sollen.
Insgesamt spielt die FDP in der Familien- und Gleichstellungspolitik – derzeit jedenfalls – eine sehr tragische Rolle. Dieser Antrag ist ein weiterer Beweis dafür. Wir werden ihn natürlich ablehnen. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Seit drei Jahren sind die Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrunds bekannt. Obwohl der Beginn der Verbrechensserie des NSU bereits 15 Jahre zurückliegt, sind auch heute noch zu viele Fragen offen.
Deshalb haben wir schon lange gefordert, dass auch in Nordrhein-Westfalen endlich ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss zu den Taten des NSU, seinem Unterstützerumfeld und zu dem möglichen Versagen von Sicherheitsbehörden eingesetzt wird. Ich bin sehr froh, dass wir heute einen solchen Untersuchungsausschuss beschließen
werden und dieser auch von allen Fraktionen hier im Landtag getragen wird.
Bereits die Vorarbeit zu diesem Antrag war letztendlich von sehr konstruktiver Zusammenarbeit geprägt. Dafür danke ich ausdrücklich. Ich hoffe, dass sich dies auch während der eigentlichen Arbeit im Ausschuss fortsetzt.
Ich weiß nicht, wohin uns dieser Untersuchungsausschuss führen wird. Ich weiß nicht, wie viel Aufklärung wir am Ende in der doch recht kurzen Zeit, die wir haben, erreichen können. Aber ich bin der Auffassung, dass wir es aufrichtig versuchen müssen und werden, mit allen Mitteln, die einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Verfügung stehen.
Jeder Untersuchungsausschuss im Bund oder in den verschiedenen Ländern hat Erkenntnisse gebracht. Jeder Untersuchungsausschuss hat ein Stück weitergeführt, zu verstehen. Denn wir schulden den Opfern und ihren Angehörigen nicht nur Respekt und Anerkennung, sondern vor allem Aufklärung. Ohne diese Aufklärung wären alle
unsere Respektbezeugungen nur hohl und bloße Floskeln. Ich wünsche mir daher, dass die Opferperspektive im Ausschuss eine deutliche Berücksichtigung findet und dass Opfer und Angehörige, die im Ausschuss gehört werden wollen, diese Möglichkeit erhalten.
Es liegt auch im besonderen Interesse der Opfer, nicht nur die Verbrechen des NSU in NRW näher aufzuklären, sondern auch die Strukturen, in denen die Taten des NSU überhaupt erst möglich wurden. Das bedeutet zum einen die Aufklärung des Unterstützerumfeldes des NSU, aber eben zum anderen auch die Aufklärung von Strukturen innerhalb staatlicher Behörden, die möglicherweise eine frühere Entdeckung des NSU verhindert haben.
Deshalb wird es auch explizit Aufgabe des hiesigen Untersuchungsausschusses sein – Zitat aus dem Einsetzungsantrag –, „Schlussfolgerungen unter anderem für die Sicherheits- und Justizbehörden sowie zur Rechtsextremismusprävention zu erarbeiten“. Diese Erkenntnisse führen dann hoffentlich dazu, dass sich die in der Vergangenheit begangenen Fehler mit ihren schrecklichen Folgen zukünftig nicht wiederholen. Denn leider muss man feststellen, dass bislang zu wenig wirkliche Konsequenzen aus den Geschehnissen der Vergangenheit gezogen worden sind.
Dabei dürfen wir aber nicht vergessen, dass ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss
zwar zur Aufklärung beitragen kann, aber nur ein Baustein von vielen ist, um letztendlich eine gesellschaftliche Veränderung zu bewirken. Am Ende liegt es an der Zivilgesellschaft selbst, sich jeden Tag, immer und überall, deutlich gegen Rassismus zu stellen. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Zukünftig wird NRW die Erfassung politisch rechts motivierter Straftaten verbessern und die weitere Umsetzung der Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses vorantreiben. Wir Piraten freuen uns, dass das Land NRW dann unsere Fragen nach dem Ausmaß von Hasskriminalität wird beantworten können.
Zukünftig werden wir wissen, wie viele Muslima und Muslime in NRW Opfer rechter Gewalt wurden. Wir werden rechte Gewalt genauer erfassen. Beides ist wichtig, um dann spezifische Maßnahmen gegen spezifische Formen von Hasskriminalität ergreifen zu können. Meine Hoffnung ist, dass wir zukünftig mehr Menschen vor jeglicher Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit schützen können.
Im Fall des Antrags komme ich allerdings trotzdem nicht umhin zuzugeben, dass ich mich ziemlich geärgert habe, als wir Piraten uns bei diesem wichtigen Anliegen zunächst sehr harsche und ungerechtfertigte Angriffe gefallen lassen mussten. Nicht nur dass unser ähnlich lautender Antrag „Fehlerhafter Erfassung rechter Gewalt ein Ende setzen“ am 14.05. abgelehnt wurde; in der Debatte dazu wurde uns auch noch vorgeworfen, dass wir mit diesem Thema lediglich Wahlkampf machen würden. Das ist deshalb absurd, weil wir seit letztem Jahr im Innenausschuss immer wieder darauf hingewiesen haben, dass eine Reform der „PMK–rechts“ bitter nötig ist.
Immer wieder hieß es vonseiten der Landesregierung: Machen wir alles schon! Oder: Brauchen wir nicht! – Das ist dann zwar schon ziemlich frustrierend, gehört aber wohl zu den Seiten von Politik in Parlamenten, an die ich mich nie gewöhnen werde.
Gleichwohl freue ich mich natürlich, dass wir nun gemeinsam den vorliegenden Antrag, der sogar weiter geht als unser Antrag vom Mai, verabschieden können. Das sehe ich als deutliche Verbesserung der Situation an. Wir hätten natürlich auch noch einen Änderungsantrag einbringen können, der zum Beispiel zusätzlich zur Erfassung antimuslimisch motovierter Straftaten die Erfassung antiziganistischer und antiromaistischer Straftaten fordert.
Aber diesen Antrag hier und heute begreifen wir als einen ersten Schritt. Weitere werden hoffentlich folgen.
Offensichtlich wurde unser Antrag zwar abgelehnt, aber dennoch gut gelesen, denn weitere Vorschläge sind aufgegriffen worden: So sollen zum Beispiel die Inhalte in Aus- und Fortbildung der Polizei und der Justiz im Bereich Rechtsextremismus und Rassismus weiterentwickelt und verstetigt werden. Das finden wir ausgesprochen positiv.
Das Ganze ist aber kein Selbstzweck. Bitte machen Sie sich klar: Viele Opfer rechter Gewalt haben kein Vertrauen in staatliche Institutionen. Wir müssen den Menschen jetzt beweisen, dass Nazis und Staat eben nicht Hand in Hand gehen.
Auch die Ereignisse rund um den Nazi-Überfall am Wahlabend in Dortmund haben noch einmal gezeigt, dass die staatlichen Behörden bei Weitem noch nicht eng genug mit der Zivilgesellschaft zusammenarbeiten, um rechte Ideologie und Gewalt zu bekämpfen. Es braucht Kontrolle, Aufklärung und viele weitere Maßnahmen.
Die Umsetzung der NSU-UntersuchungsausschussEmpfehlung ist dabei ein erster Schritt.
Ein weiterer ist es, im Herbst endlich einen NSUUntersuchungsausschuss in NRW einzusetzen.
Ein dritter Schritt wäre, die Menschen für die Situation von Flüchtlingen zu sensibilisieren. Denn die Proteste und die Gewalt gegen Flüchtlinge nehmen in sehr erschreckendem Ausmaß zu.
Machen Sie sich bewusst, dass wir Sie weiter antreiben werden. Denn leider ist die Anerkennung von Vielfalt in Deutschland noch nicht Konsens. In Studien über gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist fast die Hälfte der Befragten der Meinung, in Deutschland würden zu viele Ausländer leben.
Seit Jahren belegen Studien, zum Beispiel von der Friedrich-Ebert-Stiftung, dass die Erwachsenen bei der Präventionsarbeit deutlich stärker in den Fokus genommen werden müssen. Hier hinkt auch NRW hinterher.
Sie sehen jedenfalls: Auf dem Weg zu einer offenen und pluralistischen Gesellschaft gibt es noch viel Arbeit zu erledigen. Dieser Antrag ist ein erster Schritt dazu. Ich bin sehr froh, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Im ersten Satz des Antrages der FDP heißt es:
„Die 2006 verbindlich eingeführte Qualitätsanalyse bildet ein wichtiges Evaluationsinstrument, um die Schulen in ihrer qualitativen Weiterentwicklung zu unterstützen.“
Das sehen wir genauso.
An dieser Stelle endet dann aber bereits unsere Übereinstimmung mit den Kolleginnen der FDP. Denn anders als diese sehen wir durchaus noch gravierende Probleme, die einer verpflichtenden Veröffentlichung der Qualitätsanalysen an Schulen entgegenstehen. Freiwillig ist es Schulen ohnehin längst möglich, ihre Ergebnisse zu veröffentlichen.
Der erste Aspekt, aus dem heraus wir gegen diesen Antrag sind, ist die Gefahr, dass durch eine entsprechende Veröffentlichung beispielsweise Schulen in einem sozial schwierigen Umfeld benachteiligt sein könnten. Denn eine solche Veröffentlichung möglicherweise nicht zufriedenstellender Ergebnisse kann diverse unerwünschte Effekte erzeugen, zum Beispiel das, was wir unter „Schultourismus“ verstehen. Ambitionierte bildungsnahe Familien werden versuchen, ihre Kinder auf Schulen unterzubringen, die gute Ergebnisse vorweisen, und nehmen dabei weite Schulwege in Kauf. An Schulen mit schwächeren Ergebnissen würde dies die Problemlagen allerdings vermehren.
Die von den Kolleginnen und Kollegen der FDP diesbezüglich aufgestellte Behauptung, diese oftmals geäußerte Befürchtung sei unbegründet, können wir nicht nachvollziehen. Während die FDP in ihrem Antrag offenbar davon ausgeht, dass „die Darlegung von Merkmalen der Schulen und Angaben zu Standorttypen im Schulportfolio“ ausreichend sein soll, um die „sozialräumlichen Einflüsse“ ausreichend in die Qualitätsanalyse einzubeziehen, hilft das den betroffenen Schulen tatsächlich überhaupt nicht weiter; denn damit ändert sich ja für sie nichts.
Da klingt es fast zynisch, wenn es im Antrag heißt:
„Transparenz hingegen kann einen wichtigen Beitrag leisten, Diskurse zu entfalten und Aktivität und Engagement zu befördern.“
Natürlich kann Transparenz einen solchen Beitrag leisten – aber doch nur dann, wenn man denjenigen, um die es bei der jeweiligen Transparenz geht, auch hilft, unerwünschte Gegebenheiten zu ändern. Sinnvoll wäre ganz konkret, dass wir Schulen mit Problemen noch deutlich stärker als bisher unterstützen. Danach können wir dann über Transparenz reden.
Ein weiterer Punkt: Transparenz – die wir bekanntermaßen grundsätzlich befürworten – muss natürlich immer auch gegen die ebenso berechtigten Anforderungen des Datenschutzes abgewogen wer
den. Und auch wenn in diesem Fall ein öffentliches Interesse an den Qualitätsanalysen der Schulen nachvollziehbar ist, so stehen diesem Interesse die ebenso berechtigten Interessen der Lehrerinnen und Lehrer entgegen, die bei einer grundsätzlichen und ausnahmslosen Veröffentlichung von Qualitätsanalysen nicht ausreichend geschützt wären.
Warum ist das so? Weil unterhalb einer bestimmten Schulgröße die Kollegien schlicht und einfach so klein sind, dass aufgrund spezifischer Details auch bei Einhaltung aller Datenschutzbestimmungen sehr wohl einzelne Personen und ihr Unterricht identifizierbar wären. Das lehnen wir ab. Es müssten daher kleinere Schulen unterhalb einer bestimmten Größe von dieser Regelung ausgenommen werden. Das führt dann aber zu weiteren Fragestellungen und zu weiteren Abgrenzungsschwierigkeiten.
Wir freuen uns auf die Beratungen im Ausschuss. Dann können wir auch über die Details sprechen. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Wie viele Muslime wurden in NRW Opfer rechter Gewalt? Wie viele Sinti und Roma wurden in NRW Opfer rechter
Gewalt? Wie viele Menschen wurden aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Opfer rechter Gewalt? Wie viele Menschen wurden aufgrund ihrer sozialen Stellung oder einer Behinderung Opfer rechter Gewalt? Wie viele Menschen wurden in NRW von Neonazis ermordet? Wir wissen es nicht.
Warum wir das nicht wissen, dafür gibt es viele Gründe, die ich hier kurz vorstellen möchte.
Seit vielen Jahren reißt die Kritik am polizeilichen Meldewesen zur Erfassung von politisch motivierten Straftaten nicht ab. Einerseits wird zivilgesellschaftlicher Protest in Form von Sitzblockaden zum Beispiel gegen Neonazi-Demos akribisch erfasst und als PMK-links gebrandmarkt.
Andererseits beklagen Verbände für Opfer rechter Gewalt, dass für Menschen wirklich bedrohliche rechtsideologisch motivierte Gewalt unentdeckt und unerfasst bleibt. Besonders erschreckend anschaulich wird dies bei der Diskrepanz zwischen der Zählung von Todesopfern rechter Gewalt durch die staatlichen Behörden und durch unabhängige Organisationen und Journalistinnen und Journalisten.
Die offizielle Polizeistatistik spricht von 63 rechtsextrem motivierten Tötungsdelikten seit 1990. Recherchen durch die Amadeu Antonio Stiftung ermittelten eine weitaus höhere Zahl, nämlich 182 Todesopfer. Das führt in NRW dazu, dass 14 der 21 entdeckten Fälle aus NRW keine Berücksichtigung in der PMKrechts fanden.
Nach dem Bekanntwerden der Morde des NSU wurde allen klar, dass die Dunkelziffer von Morden durch Neonazis sehr hoch sein muss. Deshalb überprüfen die Landeskriminalämter zurzeit 746 Tötungsdelikte mit 849 Opfern auf ein rechtes Tatmotiv. Das ist ein Anfang, reicht aber nicht.
Denn nicht nur bei den rechtsideologisch motivierten Tötungsdelikten wird das Ausmaß verzerrt. Hassdelikte werden seit Jahrzehnten nicht ausreichend als solche erkannt. Im Antrag wird schon auf die Auswertung von Gerhard Piper zu Anschlägen auf Moscheen verwiesen. Er zählt wesentlich mehr Anschläge als die Polizeistatistik.
Auch andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wie zum Beispiel der Soziologe Roland Eckert sagen, dass die Zahlen, die von Staatsschutzabteilungen der Landeskriminalämter ermittelt, vom Bundeskriminalamt zusammengestellt und von der Bundesregierung bekanntgegeben werden, einfach nicht realistisch seien.
Aber wieso wird rechtsideologisch motivierte Gewalt nicht erkannt und spezifiziert? Und wie können wir das Ausmaß von Hasskriminalität genauer erfassen?
Zunächst einmal fehlt es oft an der Sensibilisierung der Polizei und der Strafverfolgungsbehörden in den Bereichen Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und generell gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.
Es kommt noch wesentlich zu oft zu Fällen, bei denen Gerichte und/oder Ermittlungsbehörden den rassistischen Hintergrund nicht erkennen. Da wird zum Beispiel munter behauptet, rassistische oder antiziganistische Äußerungen seien ausschließlich auf Alkoholeinfluss zurückzuführen. Aber in vielen Fällen ist Alkohol lediglich der Auslöser, nicht aber das Motiv. Warum wurde gerade diese Tat begangen? Warum wurde gerade dieses Opfer ausgewählt? Diese Fragen werden oftmals nicht gestellt. Deshalb werden solche Fälle somit nicht als für die PMK-rechts relevant betrachtet.
Auch die Opferperspektive findet kaum Berücksichtigung. Die Aussage des Täters nimmt oft eine höhere Priorität ein als die Aussage von Opfern und Zeuginnen und Zeugen. Dies führt auch dazu,
dass sich Opfer rechter Gewalt eher an zivilgesellschaftliche Organisationen und Opferberatungsstellen wenden als an die Behörden. Deshalb müssen staatliche Behörden zukünftig enger mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammenarbeiten und deren Fachwissen und Erfahrung in Aus- und Fortbildungsmaßnahmen der Polizeibeamtinnen und beamten einbezogen werden. Das Hinzuziehen externer Expertise kann dafür sorgen, dass Hasskriminalität besser erkannt, spezifiziert und ihr Ausmaß richtig erfasst wird.
Der Rechtsextremismusexperte Bernd Wagner von Exit vertrat gegenüber der „Berliner Zeitung“ die Auffassung, dass die Zahlen der PMK-rechts von Anfang an nach unten gedrückt würden und die politische Führung die Zahlen immer gerne niedrig gehalten habe. Zusammenfassend kann man sagen, das geschönt niedrige Mordzahlen aus PMK-rechts in Bezug gebracht werden mit aufgebauschten Zahlen aus PMK-links, welche sich beim genauen Hinsehen in hohem Umfang als Ordnungswidrigkeiten herausstellten.
Zeigen wir der Öffentlichkeit, dass es auch anders geht. Erkennen wir endlich die ganz reale tägliche Bedrohung für viele Menschen durch rechte Gewalttäter in diesem Land an und tun wir etwas dagegen. Bitte stimmen Sie deshalb für unseren Antrag. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Wir haben bereits im Ausschuss ausführlich über Verbraucherbildung und ökonomische Bildung gesprochen. Ich denke, wir sind uns zumindest in folgenden Punkten einig:
Bei vielen Schülerinnen und Schüler fehlen Kenntnisse über ökonomische oder rechtliche Zusammenhänge fast vollständig. Das betrifft nicht nur theoretische Bereiche, zum Beispiel Hintergrundkenntnisse bezüglich komplexer wirtschaftlicher Abläufe, sondern auch ganz konkrete und praxisrelevante Dinge des Alltags, die junge Erwachsene persönlich betreffen, beispielsweise das Durchführen von Überweisungen, das Abschließen von Verträgen, Rechte und Pflichten aus diesen Verträgen usw.
Leider – das kann ich nach zehn Jahren Erfahrung mit wirtschaftswissenschaftlichen Fächern an Berufskollegs sagen – tritt dieses Problem an allen Schulformen gleichermaßen auf. Die Frage ist: Wie lösen wir dieses Problem?
Die FDP hatte ursprünglich vorgeschlagen, ein eigenes Fach Wirtschaft an Realschulen zu schaffen. Dieser Antrag ist im Ausschuss abgelehnt worden.
Die in verschiedenen Bereichen immer wieder auftretenden Forderungen nach diesem oder jenem zusätzlichen Fach könnten aber endlich Anhaltspunkt zur Überarbeitung von Lehrplänen generell und zum Aufbrechen der Fächer hin zu eher fächerübergreifender projektorientierter Arbeit sein.
Dies hätte vor allem den Charme, dass ökonomische Modelle, Zusammenhänge und Entscheidungen im Kontext mit den politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen betrachtet würden.
Diese Idee der Verknüpfung von Verbraucherbildung mit hauswirtschaftlichen und ökonomischen Inhalten ist in den Vorschlägen zwar erkennbar, allerdings wird da aus unserer Sicht viel zu sehr auf die Rolle von Schülerinnen und Schüler als Konsumentinnen und Konsumenten geschaut.
Das ist uns zu wenig und bildet insbesondere die moderne Medienwirklichkeit nicht ausreichend ab.
Sieht man sich beispielsweise den im Beschluss der Kultusministerkonferenz erwähnten Bereich „Medien und Informationen“ näher an, stellt man fest: Junge Menschen müssen über ihre Rolle als Konsumenten hinaus auch in ihrer Rolle als Schaffende, in ihrer Rolle als Gestaltende und – um es ökonomisch zu formulieren – in ihrer Rolle als Produzierende stärker berücksichtigt werden.
Außerdem ist es für uns eine ganz wichtige Frage, wer konkret die Anteile der Wirtschaftswissenschaften in den Schulen unterrichten soll. Mir reicht es an dieser Stelle nicht, wenn fachfremd mit wenig Fortbildung ökonomische Inhalte vermittelt werden.
Gerade in diesem Bereich sehe ich zudem die Gefahr, dass Lobbyverbände kostenfreie Materialien produzieren. Ich hoffe, dass fachkundige Kolleginnen und Kollegen in den Schulen die Prüfung dieser Unterrichtsmaterialien vornehmen können.
Die Verbraucherbildung an Schulen ist uns wichtig. Auch wir sind für den Ausbau und die Weiterentwicklung der Angebote. Es kommt dabei aber aus unserer Sicht an vielen Stellen sehr auf die tatsächliche Ausgestaltung der Verbraucherbildung an.
Der vorliegende Antrag enthält bedauerlicherweise viele der von mir genannten konkreten Elemente nicht. Daher empfehle ich meiner Fraktion die Ablehnung. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Im letzten Jahrzehnt haben Ministerien, Unternehmen, Verbände, Gewerkschaften, Arbeitsagentur und Bildungsträger eine Vielzahl von Aktivitäten und Projekten entwickelt, um das Berufswahlspektrum von Mädchen auszuweiten.
In Realbegegnungen zum Beispiel am Girls’Day sowie in zahlreichen Initiativen zur Gewinnung von Mädchen für die MINT-Fächer bietet sich Gelegenheit, Neigungen, Interessen, Rollenmuster und Lebensperspektiven zu reflektieren und eigene Handlungsoptionen zu entwickeln. In Praktika und arbeitsweltbezogenen Unterrichtssituationen werden Schülerinnen und Schüler zu interessen- und kompetenzorientierten Berufswahlentscheidungen angeregt. Auf diese Weise sollen geschlechtsstereotype Entscheidungen vermieden werden. So weit, so gut.
Ich frage mich jedoch oftmals: Stehen hier wirklich die Interessen der Frauen und Mädchen im Vordergrund? Oder ist es nicht vielmehr so, dass viele Unternehmen in der Zielgruppe „Mädchen und Frauen“ vor allem eine verschiebbare Personalressource sehen, die nun nur deshalb für sie interessant wird, weil der deutschen Wirtschaft zunehmend Facharbeiter und Facharbeiterinnen fehlen?
Qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in technischen Berufen sind mittlerweile rar und werden es voraussichtlich auch zukünftig sein. Al
lerdings ist dies auch eine Folge von Bildungspolitik sowie einer schlechten Familienpolitik im Zusammenhang mit den Unternehmensphilosophien. Es geht also ganz simpel mitunter um das Geld der Unternehmen und um Steuereinnahmen für den Staat. Der Girls’Day soll auch der deutschen Wirtschaft die Facharbeiterinnen sichern. Das Argument der Gleichstellung wirkt deshalb oftmals vorgeschoben.
In Deutschland muss ein generelles Umdenken stattfinden, und das vor allem in den Unternehmen. Gezielte Aus- und Weiterbildung mit einer langfristigen Ausrichtung ist unumgänglich.
Schulische Berufsorientierung muss in einer geschlechterbewussten Pädagogik die unterschiedliche weibliche und männliche Lebensplanung berücksichtigen. Das Bewusstsein der doppelten Lebensplanung, das Nachdenken über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf setzt bei Mädchen sehr viel früher als bei Jungen ein. Sie antizipieren sehr früh Behinderungen und Erschwernisse auf dem Arbeitsmarkt und im Erwerbsleben, insbesondere in technischen Berufen. Weil sie sich von den sogenannten Frauenberufen eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf versprechen, greifen viele nach wie vor auf ein eingeschränktes Berufsspektrum mit weniger Aufstiegschancen und oftmals geringerer Entlohnung zurück. Hier ist dringend gegenzusteuern.
Was aber brauchen wir, um Frauen den Weg in ein gleichberechtigtes Berufsleben zu ermöglichen? Wir benötigen gleichen Lohn für gleiche Arbeit, angepasste Kinderbetreuung, zum Beispiel 24-StundenKitas, gesellschaftliche Anerkennung, ausreichendes Elterngeld, ein deutlich größeres Angebot an Teilzeitstellen – um nur einige der unabdingbaren Voraussetzungen zu nennen.
Noch immer sind Frauen am Arbeitsplatz sexueller Belästigung und Diskriminierung ausgesetzt, und dies vor allem in von Männern dominierten Unternehmen und in technischen Berufen. Es reicht also nicht, Mädchen für technische Berufe zu begeistern; der Umgang miteinander in Unternehmen muss sich ebenfalls ändern.
Weiterhin wird nach dem Eintritt in das Erwerbsleben und im Verlauf der Berufskarriere eine geschlechtsspezifische Differenzierung aufgebaut,
wonach im unteren Segment der Arbeitsplätze mit niedriger betrieblicher Position und niedrigem Einkommen hauptsächlich Frauen zu finden sind. Dies relativiert sich erst bei den mittleren Positionen und den mittleren Einkommen. Erst hier findet eine Angleichung der Erwerbschancen von männlichen und weiblichen Angestellten statt.
Ziel aller unserer Aktivitäten soll vor allem sein, die Bedingungen und das Selbstbewusstsein junger Frauen so zu verändern und zu stärken, dass junge Frauen sagen: Meinen Beruf suche ich mir selbst.
Insofern sollte der Girls’Day vorrangig Mädchen darauf vorbereiten, nicht nur einen für sie passenden Beruf zu wählen, sondern sich im Arbeitsleben gegen männliche Kollegen zu behaupten, Gehaltsverhandlungen zu führen und ihre Interessen auch durchzusetzen.
Dies lässt sich natürlich nicht mit einer Veranstaltung erreichen, die nur einmal im Jahr stattfindet. Ich begrüße durchaus die vielfältigen Ansätze der Landesregierung bei der Unterstützung junger Mädchen und Frauen, halte aber den Girls’Day selbst für eine oftmals eher von Wirtschaftsinteressen geleitete Veranstaltung.
Auch bei Programmen wie „Kein Abschluss ohne Anschluss“ stehen für mich in vielen Darstellungen zu sehr die Funktionalität von Menschen als Ressource und der lückenlose Lebenslauf im Vordergrund, nicht aber die Frage, was wir tun müssen, damit Menschen mit ihrer Berufswahl und ihrer Lebensgestaltung auch glücklich sind.
Entsprechend empfehle ich meiner Fraktion eine Enthaltung. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Wie die Kolleginnen und Kollegen schon sagten, befassen wir uns mit der Strafverfolgung Homosexueller nicht zum ersten Mal in dieser Legislatur. Schon am 13. September 2012 haben wir hier im Plenum über dieses Thema gesprochen. Und schon damals habe ich gesagt, dass wir mit der Beschäftigung mit dieser Problematik noch lange nicht am Ende sind und sich an vielen Stellen zeigt, dass ein Ende der Kriminalisierung nicht zwangsläufig auch ein Ende von Diskriminierung bedeutet.
Auch jetzt, knappe anderthalb Jahre später muss ich feststellen, dass Fortschritt oft nur sehr mühsam zu erreichen ist. Wir können und werden dem jetzt vorliegenden Antrag natürlich zustimmen, der ein Zeichen setzt gegen das Unrecht, das in der Vergangenheit erfolgt ist. Eine Aufarbeitung der Strafverfolgung ist notwendig, sinnvoll und auch für kommende Generationen zur Dokumentation ratsam. Im Grunde sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass sich der Staat aus dem Intimleben seiner Bürgerinnen und Bürger heraushält.
Es kommt nicht so oft vor, dass ich einer Meinung bin mit den Kollegen der FDP. Aber gerade deshalb möchte ich an dieser Stelle mit Ihrer Erlaubnis den Kollegen Dirk Wedel zitieren, der in der Plenardebatte am 13. September 2012 sehr treffend gesagt hat:
„In § 175 Strafgesetzbuch wurden viel zu lange Vorurteile und Vorbehalte untermauert und befördert. Der Staat hat mit diesem Paragrafen in die Intimsphäre der Bürger eingegriffen.“
Da hatte der Kollege völlig recht.
Ich möchte aber noch einen Schritt weitergehen. Es ist ja nicht immer nur der Staat, durch den eine Dis
kriminierung von Menschen mit einer von der Mehrheit abweichenden Sexualität erfolgt. Eine staatliche Diskriminierung hat bei der Strafgesetzgebung – zum Beispiel dem abgeschafften § 175 – naturgemäß meist sehr gravierende Folgen für die einzelnen Bürgerinnen und Bürger.
Oft aber – und oftmals mit ebenso schrecklichen Folgen – findet die Diskriminierung Andersdenkender, Anderslebender nicht unbedingt durch den Staat statt, sondern durch die Gesellschaft selbst, durch Menschen, die sich und ihre Wert- und Moralvorstellungen für normal halten und alles, was davon abweicht, verdammen und verurteilen.
Ich befürchte, dass wir in dieser Hinsicht leider noch lange nicht dort sind, wo wir eigentlich hinmöchten. Solange es mitten in dieser Gesellschaft Menschen gibt, die sich als besorgte Eltern tarnen, aber in Wirklichkeit nur fundamentalistische und homophobe Propaganda verteilen, solange es über hunderttausend Menschen gibt, die nicht verstehen können oder wollen, dass sexuelle Vielfalt bundesdeutsche Realität ist und daher auch ihren absolut berechtigten Platz in Lehrplänen hat, solange im Internet und auf der Straße menschenverachtende Ansichten und Kommentare über Homosexuelle alltäglich sind und solange man beim Outing eines Fußballers freudig jubeln muss, statt zu fragen: „Na und? Wo ist denn jetzt hier die Meldung?“, so lange sind wir noch sehr weit entfernt von einer Gesellschaft, die Menschen mit anderer Sexualität wirklich in ihrer Mitte aufgenommen hat.
Wirkliche Normalität, wirkliche Akzeptanz sieht anders aus.
Umso wichtiger ist es, solches Unrecht, wenn man es denn als solches erkannt hat, auch deutlich zu benennen und die Opfer dieses Unrechts zu rehabilitieren – auch wenn dies manchmal ziemlich spät geschieht. Aus diesem Grund stimmen wir dem Antrag selbstverständlich zu. Insbesondere die im Antrag getroffene Feststellung – ich zitiere –:
„Darüber hinaus ist es unsere Pflicht, uns weiterhin gesamtgesellschaftlich dafür einzusetzen, dass alle Lebensformen gleichberechtigt nebeneinander anerkannt werden.“
ist mehr als die Bewältigung einer sehr unrühmlichen Vergangenheit. Sie ist die Verpflichtung, auch zukünftig achtsamer mit Menschen umzugehen, die nicht in allen Belangen einer Norm entsprechen.
So sperrig der Begriff „LSBTTIQ“ erscheinen mag, so prägnant beschreibt er mit ebendieser Sperrigkeit auch, dass es eine Vielfalt von sexuellen Identitäten und Lebensmodellen gibt, die alle ihre Berechtigung haben und in die sich niemand einzumischen hat.
Deshalb würden wir uns freuen, wenn dieser Leitgedanke, nämlich Andersdenkenden und -lebenden ein Leben nach ihren eigenen Vorstellungen ohne Diskriminierung zu ermöglichen, auch bei anderen Themen, die in diesem Haus behandelt werden, Berücksichtigung fände.
Am Ende möchte ich Goethe bemühen:
„Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein. Sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen.“
Wir wollen echte Akzeptanz. Wir wollen echte Gleichstellung in allen Lebensbereichen. Diese Akzeptanz kann durch Bildung erreicht oder zumindest verbessert werden. Die mit diesem Antrag angestrebte wissenschaftliche Aufarbeitung und Dokumentation wird hierzu sicherlich einen guten Teil beitragen. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Wie bei so vielen Dingen, die mit dem Thema „Schule“ zu tun haben, ist die Gefahr groß, dass auftretende Probleme sehr schnell polemisiert werden und aus möglicherweise schwierigen Situationen „Katastrophen“ gemacht werden.
In meiner persönlichen Erfahrung scheint gerade im Bereich Schule immer irgendetwas falsch zu laufen. Was damit im Einzelnen gemeint ist, hängt sehr von der Sicht der jeweils betroffenen Schülerinnen, Lehrerinnen oder eben der Eltern ab. Das macht weder den schulischen Alltag noch schulpolitische Entscheidungen einfach.
Schulen und Lehrerinnen werden aus guten Gründen sehr weitgehende Freiheiten bezüglich der Wahl ihrer pädagogischen Konzepte zugestanden. Es bleibt aber doch immer eine politische Verantwortung; denn schließlich geht es in allen Bereichen, die mit Schule zu tun haben, um die Entwicklungs- und Lebenschancen ganzer Generationen.
Wer also wirklich der Meinung ist, dass Bildung das A und O in einem modernen Industriestaat wie der Bundesrepublik Deutschland ist – wie es ja so oft und gerne gesagt wird –, der muss dann auch dafür sorgen, dass diese Bildung bestmöglich und auf
dem aktuellen Stand ist, und dass alle beteiligten Institutionen ihren Bildungsauftrag erfüllen können.
Das fängt sicherlich damit an, dass die mit Bildung befassten Institutionen – angefangen vom Kindergarten bis zu den Hochschulen – mit einer adäquaten finanziellen und personellen Ausstattung versehen werden müssen. Das ist ein leidiges Thema, über das wir sicherlich an anderer Stelle noch öfter reden müssen.
Wir sollten aber auch im Hinterkopf behalten, dass Bildungsmethoden sich weiterentwickeln und gewissen Moden und teilweise gegenläufigen Bewertungen ausgesetzt sind, und es daher gerade die Pflicht der Verantwortlichen sein muss, stets ein Auge darauf zu haben, ob diese Methoden den gewünschten Erfolg erzielen – oder eben nicht. Wir sollten aber nicht so weit gehen, Schülerinnen und Lehrerinnen unnötig zu bevormunden. Eine regelmäßige Evaluation all dessen, was im schulischen Bereich vor sich geht, sehe ich allerdings als sinnvoll an.
Da es sicherlich unstrittig ist, dass die Methode „Lesen durch Schreiben“ in der letzten Zeit in einer ausgeprägten und sehr kontroversen Diskussion stand, kann es aus meiner Sicht auch kein Fehler sein, diese Methode einer näheren Betrachtung zu unterziehen, egal wie man nun persönlich zu ihr steht. Vor diesem Hintergrund finde ich die Punkte 1, 2, 3 und 5 des Antrags der FDP-Fraktion durchaus nachvollziehbar.
Die in Punkt 4 erhobene Forderung nach sofortiger Aussetzung der Methode „Lesen durch Schreiben“ sowie der hieraus abgeleiteten Methoden allerdings erschließt sich mir nicht und erscheint mir ein populistischer Schnellschuss zu sein.
Was, wenn sich in der geforderten Evaluation herausstellt, dass es doch nicht die Methode „Lesen durch Schreiben“, sondern andere Gründe sind, die Kinder möglicherweise am Erlernen korrekter Rechtschreibung hindern?
Was, wenn die Rechtschreibkatastrophe nur gefühlt, aber gar nicht real existiert? Dann hätten wir vorschnell eine einzelne Lehrmethode diskreditiert und völlig unnötig in die Freiheit der Methodenwahl von Schulen und Lehrerinnen eingegriffen.
Wir werden das im Ausschuss diskutieren müssen. Ich freue mich darauf. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen als Lehrerin an einem Berufskolleg mit allen Wirtschaftsfächern darf ich sagen, dass ich den vorliegenden Antrag der FDP durchaus mit freudiger Überraschung zur Kenntnis nehme. Bereits dem einleitenden Satz kann ich zustimmen, was bei Anträgen der Kolleginnen und Kollegen der FDP nicht so oft vorkommt.
Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis:
„Untersuchungen belegen immer wieder, dass die ökonomischen Kenntnisse von Schülerinnen und Schülern oftmals sehr begrenzt sind.“
Ich darf ergänzen: Nicht nur aus Untersuchungen, sondern auch aus eigener Erfahrung kann ich diesen Satz bestätigen.
Schülerinnen wechseln mit ca. 16 Jahren ans Berufskolleg und bringen – übrigens egal, von welcher Schulform sie kommen – erschreckend wenige Grundlagenkenntnisse über wirtschaftliche Zusammenhänge mit.
Dabei geht es oft um Wirtschaftsvorgänge, die Schülerinnen unmittelbar betreffen, also der einfachsten Art: Darf ich mit 17 Jahren einen MP3Player kaufen? Was mache ich, wenn dieses Gerät nach sechs Wochen nicht mehr funktioniert, welche Rechte habe ich dann? – Das fängt beim Girokonto an, führt über Handyverträge bis hin zum Kauf des ersten eigenen Autos.
In vielen Bereichen sind junge Menschen nicht darauf vorbereitet, verantwortliches wirtschaftliches Handeln zu zeigen. Wie Sie schon erwähnt haben, sind die finanziellen Folgen oftmals sehr unangenehm.
Diese mangelnde ökonomische Bildung vieler junger Menschen hat aber oft nicht nur desaströse Folgen für ihre persönliche finanzielle Situation, sie hat auch gravierende politische Auswirkungen. Wie soll ein junger Mensch, der schon im privaten Umfeld Probleme mit dem Bereich Wirtschaft hat, als Bürger ein solch komplexes System wie unser Wirtschaftssystem verstehen oder gar kritisch hinterfragen können? Wie soll er als Wähler wirtschaftspolitisch denken und handeln können? Wie soll er als Käufer auch nur ansatzweise die von ihm so oft geforderte global verantwortliche und ethische Kaufentscheidung treffen, und sei es nur bei vergleichsweise einfachen Entscheidungen wie dem Kauf des Frühstückseies oder der Jeans?
Dies gilt natürlich nicht nur für junge Menschen. Auch Erwachsene verstehen die Komplexität wirtschaftlicher Zusammenhänge oft nicht. Wir Politikerinnen und Politiker sollten uns selbst hinterfragen, ob wir immer in der Lage sind, komplexe wirtschafts- und finanzpolitische Zusammenhänge
nachzuvollziehen. – Es gab von der ARD im Rahmen der Abstimmung über den Eurorettungsfonds dazu eine ziemlich erschreckende Analyse.
Wie bei so vielen anderen Problemen in unserer Gesellschaft ist das Schlimme auch hier, dass die Tatsache, dass diese Missstände bekannt sind, bisher eigentlich keine große Veränderung erbracht hat.
Daraus ergibt sich eine sehr unschöne Folgeproblematik: Zwar gibt es durchaus gute und verlässliche Unterrichtsmaterialien, oft aber erschließen sich diese nur den Lehrerinnen, die sich bereits in ihrer
Ausbildung mit dem Fach Wirtschaft befasst haben. Alle anderen, die versuchen, im Rahmen des Unterrichts in anderen Fächern ihren Schülern diesbezüglich Wissen zu vermitteln, sind oft einer Flut von Materialien ausgeliefert, die ihnen vonseiten interessierter Lobbyverbände angeboten werden und die oft zwar didaktisch gut aufgebreitet, aus unserer Sicht aber inhaltlich fragwürdig sind.
All dies sind gute Gründe dafür, ein Fach Wirtschaft mit einem entsprechenden Kernlehrplan einzuführen.
Aus diesem Grund finden wir den vorliegenden Antrag der FDP grundsätzlich unterstützenswert.
So richtig wir das finden, würden wir uns allerdings wünschen, dass erst die Evaluation zu dem noch laufenden Modellversuch erfolgt. Es wäre vielleicht möglich, eine Zwischenevaluation zu fordern, sodass diese Ergebnisse mit in die Umsetzung eines Faches Wirtschaft einfließen könnten.
Ich unterstütze auch Frau Vogts Anmerkung zu den Lehrplänen des Berufskollegs. Es ist tatsächlich auch jetzt schon so, dass am Berufskolleg viele Schülerinnen und Schüler bestimmte Fachgebiete mehrfach durchlaufen und sich dann irgendwann langweilen. Sie lernen in der Handelsschule die Grundlagen der Volkswirtschaftslehre, dann erlernen sie einen kaufmännischen Beruf und fangen dort wieder an mit den Grundlagen der Volkswirtschaftslehre. Auch das könnte man einmal kritisch hinterfragen.
Ich teile nicht Frau Beers Einschätzung, dass es an der Stelle nur um Effizienz geht. Es kann sein, dass es der FDP nur um Effizienz geht. Ich jedoch wünsche mir ein Fach Wirtschaft,
das genau diese Themen kritisch hinterfragt. Wenn man sich die Kernlehrpläne des Berufskollegs anguckt, dann sieht man, dass das auch der Fall ist.
Ich freue mich auf jeden Fall auf eine entsprechende Diskussion im Ausschuss und danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Wie so oft in diesem Haus kann man Gutes und Schlechtes bei dem Antrag der Regierungsfraktionen mit dem interessanten Titel „Schulkonsens wirkt – Schulentwicklung in der Sekundarstufe I“ finden.
Gut daran ist die grundsätzliche Idee, dass jemand, der nach langem Ringen ein neues System etabliert hat, dann auch klug genug ist, dieses System nach einiger Zeit auf den Prüfstand zu stellen, um es zu evaluieren und gegebenenfalls weiter zu verbessern.
Schlecht daran ist, dass die Behauptung, der – Zitat – „Schulkonsens wirkt“, bereits das Ergebnis vorwegzunehmen scheint und leider den Verdacht nahelegt, der Antrag diene primär dazu, sich seitens der Regierungsfraktionen selbst auf die Schultern zu klopfen.
Es spricht nichts gegen eine echte Evaluierung. Selbsterkenntnis ist bekanntermaßen immer der erste Schritt auf dem Weg zur Besserung. Daher halten wir eine Überprüfung des Großprojekts „Umbau der Schullandschaft in NRW“ grundsätzlich für sinnvoll. Dann müssen die gestellten Fragen aber natürlich auch echte Fragen sein. Und da haben wir unsere Zweifel.
Im Antrag heißt es weiter – Zitat –: „Kernziel des Schulkonsenses ist ein Schulsystem, das der Verschiedenheit der Kinder und Jugendlichen gerecht wird.“ Auch das ist ein Ziel, das wir richtig finden und grundsätzlich unterstützen.
Leider existieren aber an den Schulen in NRW – nicht nur dort, aber auch dort – nach zwei Jahren immer noch gravierende Probleme. Hier einige Beispiele:
auf der einen Seite das Scheitern einiger Grün
dungsinitiativen von Sekundarschulen. PulheimBrauweiler oder Heinsberg, um nur zwei zu nennen. Warum haben die Sekundarschulen dort nicht die notwendige Akzeptanz gefunden? Was sind die Ursachen dafür?
auf der anderen Seite die Kritik, die an den Ver
fahren der Elternbefragungen geäußert wurde. An manchen Orten wird Kritik laut, dass diese Elternbefragungen und auch die Informationsveranstaltungen zu den weiterführenden Schulen vor Ort sehr einseitig auf die Sekundarschulen abzielen.
Insbesondere bei dem wichtigen Thema „längeres gemeinsames Lernen“ scheint uns noch eine Menge konkreter Fragen unbeantwortet zu sein – zum Beispiel die Frage, welche Erfahrungen mit dem Unterricht in heterogenen Lerngruppen vorliegen.
Es reicht nicht, wie im Antrag nur allgemein nach – Zitat – „der Entwicklung der Schulen des längeren gemeinsamen Lernens“ zu fragen. Wichtig ist nämlich: Welche Erfahrungen haben die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerinnen und Lehrer vor Ort konkret mit dem längeren gemeinsamen Lernen gemacht? Und was lässt sich aus diesen Erfahrungen lernen, um sich weiter zu verbessern?
In diesem Zusammenhang drängt sich eine weitere Frage geradezu auf: Wie werden die Qualifizierungs- und Fortbildungsangebote zum individuellen Lernen von Lehrerinnen und Lehrern angenommen? In welchem Ausmaß besteht die Bereitschaft, sich in diesem Bereich fortzubilden und sich auf die neuen Herausforderungen einzustellen? Wo ist hier noch Verbesserungsbedarf?
Wir alle wissen: Je heterogener die Lerngruppe wird, desto eher müssen wir weg von dem teilweise noch vorherrschenden Frontalunterricht, desto eher müssen wir hin zu echtem individuellen Lernen für jeden einzelnen Schüler.
Uns ist völlig schleierhaft, wie gerade die Problematik der ausreichenden Qualifizierung der Lehrerinnen und Lehrer, die eine Schlüsselfunktion für die erfolgreiche Umsetzung des Schulkonsenses hat, in einer Evaluierung desselben überhaupt nicht gewürdigt werden soll.
Darüber hinaus gibt es noch eine ganze Menge Probleme und Schwierigkeiten, die nicht unmittelbar mit der Schulform zusammenhängen. Nach wie vor hängt der Bildungserfolg zu stark von der sozialen Herkunft ab. Weiterhin geht es um Unterfinanzierung, um Unterrichtsausfall, um zu große Klassen und um unbesetzte Schulleitungen.
Wir möchten daher anregen, gerade diese schon bekannten Probleme bei einer solchen Evaluierung zu berücksichtigen und möglicherweise sogar in den Fokus der Untersuchungen zu stellen. Es spricht nichts dagegen, nach neuen Problemen zu suchen; wir sollten darüber aber nicht die Probleme vergessen, die uns schon bekannt sind.
In der jetzigen Fassung scheint uns der vorliegende Antrag leider noch nicht ausgereift genug zu sein, um die weitere Umsetzung des Schulkonsenses wirklich voranzubringen. Wir schlagen daher eine Überarbeitung vor und wollen dabei offene Fragen berücksichtigt wissen. Einem entsprechend geänderten Antrag könnten wir zustimmen; einem bloßen Antrag zur Selbstbeweihräucherung allerdings nicht.
Noch ein kurzer Satz zur CDU: Es gibt das Gerücht, dass ein Entschließungsantrag vorliegen soll. Einen solchen habe ich bisher nicht gesehen. Ich finde es unsäglich, dass wir über Dinge debattieren, die wir nicht vor uns auf dem Tisch liegen haben.
Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie so oft haben wir einen Antrag der FDP mit einem lachenden und einem weinenden Auge zur Kenntnis genommen. Einige der im Antrag enthaltenen Formulierungen sind gut, sinnvoll und konstruktiv.
Ein kurzes Zitat aus der Begründung:
„Grundsätzlich sind bestmögliche Förderbedingungen an jedweder Schulform anzustreben und zu begrüßen.“
Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand hier dies ablehnen würde. Insofern ist es ein bisschen schwammig.
Allerdings hat die jetzige Debatte für uns einen etwas merkwürdigen Beigeschmack. Wie die anderen Kolleginnen es hervorgehoben haben, haben auch wir den Eindruck – wir sind ja noch nicht so lange hier –, dass durch die Anträge der FDP der Schulstreit mit anderen Mitteln weitergeführt werden soll. Dieser ist mühsam beendet worden. Wir halten das daher für ebenso sinnlos wie zeitraubend.
Die im Antrag erwähnten besonderen Herausforderungen, denen sich die Gymnasien derzeit aufgrund des doppelten Abiturjahrganges gegenübersehen, werden durch den temporären Verbleib von Lehrerstellen an Gymnasien und weitere Abfederungsmöglichkeiten berücksichtigt. – Das weiß die FDP.
Die FDP weiß auch, dass der Haushalt 2013 mittlerweile verabschiedet worden ist und damit zumindest in diesem Jahr kein Spielraum bleibt, die unrealistischen Wünsche umzusetzen. Daher erinnern die Bemühungen der FDP, sich immer und immer
wieder als die letzten und einzigen Retter des Gymnasiums zu verkaufen, insgesamt doch sehr an das ähnlich ergebnisorientierte Handeln eines Don Quichotte.
Wie schon erwähnt, ist dieser Antrag aber glücklicherweise nicht nur Schall und Rauch, sondern birgt in sich ein Körnchen nutzbaren Inhaltes.
Die letzte Forderung – unter Nr. 3 –, wonach die Landesregierung dem Landtag zeitnah einen Umsetzungsplan vorlegen möge, wie die demografischen Gewinne zur Absenkung der Klassengrößen und zur Stärkung der individuellen Förderung eingesetzt werden sollen, halten wir für sehr sinnvoll. Diese Forderung würden wir daher selbstverständlich unterstützen.
Aufgrund der Summe des Gesagten ist für uns zum Antrag in der vorliegenden Form aber nur eine Enthaltung möglich. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! In Bezug auf den vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion sind wir der Meinung, dass selbstverständlich die Ministerin für die korrekte Durchführung aller Vorgänge in ihrem Haus sorgen muss, glauben jedoch auch, dass der im Antrag formulierte Vorschlag der CDU ein Schnellschuss ist und inhaltlich zu kurz greift.
Was ist passiert? Wir haben gehört, dass es zwei Fälle gegeben hat, einmal den Fall der Sozialwissenschaftsklausur, wo der falsche Schwerpunkt bereitgestellt worden ist; der Schwerpunkt „Wirtschaft“ fehlte. Nach Angaben des Ministeriums wurde am Dienstag um 12 Uhr der Download zur Verfügung gestellt, um 12:55 Uhr sei der Fehler behoben worden.
Der Presse kann man weiterhin entnehmen, dass das Ministerium bestätigt habe – ich zitiere aus dem Artikel von „Der Westen“ –, dass „an die betroffenen Schulen keine Rundmail geschrieben, sondern den Mitarbeitern der Info-Hotline dieser Hinweis gegeben“ wurde. Mit anderen Worten: Die betroffenen Schulen scheinen, obwohl möglicherweise bekannt, nicht aktiv auf den Fehler hingewiesen worden zu sein.
Im zweiten Fall, im Fall der Mathematikaufgaben, beklagen zahlreiche Schülerinnen und Schüler, die entsprechenden Aufgaben seien zu schwierig oder unverständlich gewesen. Bei Facebook traten binnen zwei Tagen mehr als 7.000 junge Menschen einer entsprechenden Protestgruppe bei, und eine Online-Petition ans Ministerium fand bereits mehr als 5.000 Unterstützerinnen.
Am Dienstag haben mehrere hundert Schülerinnen und Schüler vor dem Ministerium protestiert. Man
muss bedenken, das machen diese Schülerinnen und Schüler während der laufenden Abiturprüfungen. Das heißt, für die Schülerinnen und Schüler „brennt“ es. Jugendliche sind heute sehr ehrgeizig, und gerade im doppelten Abiturjahrgang verstehe ich die Angst vor der Konkurrenzsituation um Studien- und Ausbildungsplätze. So viel zum Sachverhalt.
Was nun? Unser allererstes Interesse gilt natürlich in beiden Fällen der Zukunft der betroffenen Schülerinnen und Schüler. Im ersten Fall, der falschen Aufgaben im Bereich „Sozialwissenschaft und Wirtschaft“, dürfen die betroffenen Schülerinnen und Schüler die Klausur nachschreiben. Das ist dann zwar eine Mehrbelastung für die Schülerinnen und Schüler, aber eine schnelle und unbürokratische Lösung, bei der die Interessen der Schülerinnen und Schüler gewahrt werden und die wir deshalb gutheißen.
In Bezug auf den Schwierigkeitsgrad der diesjährigen Grundkurs-Matheklausur ist eine Beurteilung der Situation deutlich schwieriger. Nicht alle Schülerinnen und Schüler haben die Aufgaben als unlösbar empfunden. Es waren sogar vereinzelte Stimmen zu hören, die Klausur sei leichter als im Vorjahr gewesen. In den Online-Protestforen allerdings tun sich diese Stimmen eher schwer oder werden freundlich gebeten, ihre anderslautende Meinung doch bitte nicht vorzutragen. Der Gesamteindruck in den Online-Foren ist also eher negativ. Doch selbst, wenn die Klausur schwerer als im Jahr zuvor gewesen sein sollte, ist eine gewisse Schwankungsbreite im Schwierigkeitsgrad grundsätzlich wohl nicht zu vermeiden.
Mein Mathe-Leistungskurs ist sehr lange her. Ich maße mir deshalb nicht an, den Schwierigkeitsgrad beurteilen zu können. Das würde mir auch nicht gelingen. Denn wir haben gehört, es gibt das Problem, dass die Aufgaben überhaupt noch nicht veröffentlicht worden sind. Von Klarheit und Transparenz zu sprechen, finde ich an dieser Stelle übertrieben.
Insofern ist eine Überprüfung des Kurzberichts, der gestern vom Schulministerium veröffentlicht wurde, daher für mich nicht möglich. Der Öffentlichkeit wird es ähnlich gehen. Das empfinde ich als frustrierend.
Die Frage ist auch: Würde eine Kommission, die zuvor die Aufgaben als angemessen ausgewählt hat, jetzt sagen, dass sie doch nicht angemessen sind? Es ist zu prüfen, ob nicht für solche Fälle bei Streitfragen oder Unstimmigkeiten eine unabhängige Kommission eingesetzt werden muss.
Was nun den konkreten Antrag der CDU angeht, so stellt sich aus unserer Sicht die Frage, ob das gan
ze Problem nicht auch mit einem größeren Mitarbeiterstab passiert wäre.
Wir plädieren deshalb dafür, dass das Ministerium die gemachten Fehler zum Anlass nimmt, das Verfahren grundsätzlich auf denkbare Fehler zu prüfen. So dürfte es technisch möglich sein, festzuhalten, welche Schule welche Abiturklausuren heruntergeladen hat. Auf diese Weise könnten entsprechend im Falle der fehlerhaften Bereitstellung einer Klausur ganz gezielt die Schulen angesprochen werden, die von diesem Fehler betroffen sind.
Es ist weiterhin zu prüfen, ob die Expertise der Fachlehrerinnen nicht früher genutzt werden kann als Kontrollmechanismus. Dafür müssten den Kolleginnen und Kollegen die Prüfungen früh genug vorliegen. Als Lehrerin kann ich mich daran erinnern, dass ich die Prüfungsklausuren erst 30 Minuten vor der Prüfung gesehen habe. Wenn ich dann feststelle, dass zum Beispiel eine falsche Aufgabe heruntergeladen wurde, habe ich keinerlei Chance mehr, das zu korrigieren.
Beide Anregungen würden einen ebenso einfachen wie effektiven zusätzlichen Kontroll- und Korrekturmechanismus schaffen, der im zweitgenannten Fall sogar völlig kostenlos umsetzbar ist.
Wir würden uns deshalb freuen, wenn alle Beteiligten gemeinsam diese oder andere konstruktive Lösungen erarbeiten, zum Beispiel im Schulausschuss. Aus diesem Grund stimmen wir natürlich einer Überweisung zu. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Konfuzius hat einmal gesagt: Wenn über das Grundsätzliche keine Einigkeit besteht, ist es sinnlos, miteinander Pläne zu machen. Ich bin sehr froh darüber, dass wir hier miteinander Pläne machen können. Denn die wesentlichen politischen Vorhaben der Landesregierung im Bereich Frauen und Gleichstellungspolitik kann ich so unterschreiben.
Es ging an vielen Stellen hier um selbstbestimmtes Leben zum Beispiel im Bereich Kultur. Erst recht gilt das, was für Kultur gilt, auch bei der Selbstbestimmung der geschlechtlichen und sexuellen Identität und Orientierung. Selbstbestimmung bedeutet für uns in diesem Zusammenhang, dass wir fremdbestimmte Zuordnungen zu einem Geschlecht oder zu Geschlechterrollen ablehnen, zum Beispiel wenn staatliche Behörden Menschen durch die Feststellung des Merkmals Geschlechts in Schubladen stecken.
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Geschlechterrolle, der sexuellen Identität oder Orientierung ist Unrecht. Gesellschaftsstrukturen, die sich aus Geschlechterrollenbildern ergeben, werden dem Individuum nicht gerecht und müssen überwunden werden. Geschlechtliche oder sexuelle Orientierung dürfen nicht als Krankheit oder Perversion eingestuft werden. Einzig das Strafrecht setzt hier gesellschaftlich anerkannte Grenzen.
In vielen Ländern der Welt werden Menschen wegen ihrer geschlechtlichen oder sexuellen Identität diskriminiert oder kriminalisiert. Wenn solche Verfolgung im Herkunftsland von staatlicher oder nicht staatlicher Seite betrieben wird, muss sie als Asylgrund anerkannt werden.