Wilhelm Hogrefe

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht um vorsorgenden Bodenschutz, und in dem Zusammenhang erinnere ich mich an den ersten Umweltminister in der Geschichte des Landes Niedersachsen, Dr. Werner Remmers. Ich bin stolz darauf, dass er unserer Partei angehört hat. Dr. Werner Remmers hat immer betont: Es gibt drei Umweltmedien - Wasser, Luft und Boden. Er hat immer gesagt: Der Boden ist das wichtigste Umweltmedium. Heute sagt der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung dazu: Der Boden ist vielfach zu wenig beachtet worden. Er ist ein kaum beachteter Naturschatz. - Meine Damen und Herren, das ist zutreffend. Wir haben viel erreicht bei der Reinhaltung der Luft, und wir haben viel getan zur Verbesserung der Gewässergüte. Aber die Böden in Deutschland, in Europa, in der ganzen Welt sind gefährdeter denn je. Dabei ist der Boden ein Zentralmedium mit Schnittstellen zu Luft und Wasser. Ich will das kurz erläutern.
- Zu Ihnen komme ich gleich noch, liebe Kollegin. Sie sind ja Gärtnerin. - Böden speichern Kohlenstoff und Stickstoff. Sie können durch klimatische Schwankungen sogar klimaschädliche Gase wie Methan, Kohlenstoffdioxyd und Distickstoffoxyd, auch Lachgas genannt, in erheblichen Mengen freisetzen. All dies sind stark klimarelevante Gase.
Der Boden, natürlich nur ein gesunder Boden, ist die ganz entscheidende Lebensgrundlage der gesamten Flora und Fauna. Frau Harms, ich habe natürlich damit gerechnet, dass Sie sich äußern würden. Ich möchte Ihnen einen gesunden Boden aus der Nähe zeigen.
Frau Harms, wenn Sie auf die Bodenoberfläche und hinter die Glasscheiben gucken, werden Sie beispielsweise Regenwurmröhrchen erkennen.
Würden Sie das Glas ausschütten, würden Sie sicherlich bis zu 20 Regenwürmer unterschiedlicher Arten finden.
Sie wissen auch, dass zahlreiche andere Lebewesen in diesem Boden enthalten sind und dass erst die Gesamtheit der Lebewesen diesen Boden ausmacht.
Dieser Boden stammt von einer Fläche, die vor etwa 100 Jahren noch eine reine Heidefläche war. Dort fanden im Frühjahr Windverwehungen statt. Damals hat man gesagt, der Boden sei durch jahrhundertlange Übernutzung unfruchtbar geworden. Vier Generationen, in denen über Mistdüngung und vieles mehr sehr viel Humus in den Boden eingebracht wurde, haben genügt, um daraus wieder einen gesunden, fruchtbaren Boden zu machen, der heute, auch wegen der günstigen Grundwasserverhältnisse, Zuckerrüben und Weizen trägt.
Aber dieser Boden ist hoch fragil und leicht zu zerstören. Wenn Sie diesen Boden nur zehn Minuten mit Wasser schütteln, schwemmt der Humus es sind nur 3 % - aus, und es bleiben 97 % Sandkörner übrig, Sandkörner wie am Strand.
- Ganz genau. Frau Harms als Gärtnerin bestätigt das. - Diese 97 % für sich allein wären völlig unfruchtbar. Einen solchen Boden kann man aber nicht nur durch mutwilliges Schütteln mit Wasser, sondern auch durch Bewirtschaftung zerstören. Wenn Sie diesen Boden nur 12 bis 15 Jahre falsch bewirtschaften, haben Sie wieder den Zustand wie vor über 100 Jahren, nämlich einen devastierten, einen unfruchtbaren Boden. Ich wollte deshalb einmal an einem Objekt demonstrieren, wie wichtig es ist, dass wir mit unseren Böden, insbesondere mit bestimmten Böden, sorgsam umgehen.
Jetzt weg vom Einzelbeispiel: In Europa sind 23 % ehemals fruchtbarer Böden inzwischen durch Bodendegradation irreparabel geschädigt. Sie können nicht einmal durch vernünftige Bewirtschaftung wieder solche Erträge wie früher erbringen.
Ein weiteres großes Problem, das zurzeit in allen Fachzeitschriften diskutiert wird, ist die Bodenverdichtung. Hier entstehen Schäden, die nur in langen Zeiträumen und dann auch nur zum Teil wieder repariert werden können. Über die Wind- und Wassererosion weiß jeder in diesem Hause Bescheid. Dazu brauche ich wohl gar nichts zu sagen.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, bisher habe ich nur über sichtbare Schäden am Boden gesprochen. An einem Boden kann
aber auch viel passieren, was wir mit bloßem Auge gar nicht sehen. Das sind Veränderungen der Bodenmatrix und Veränderungen in der chemischen Zusammensetzung, die nicht einmal durch ein Mikroskop zu sehen sind.
Damit sind wir beim Thema: Welche Stoffe bringen wir in unsere Ackerböden ein? Mit dieser Frage sind wir beim Thema Düngemittel und landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm. Die Bedeutung dieses Themas mögen Sie daran erkennen, dass das Umweltbundesamt - früher in Berlin, jetzt in Dessau - derzeit allein 25 Forschungsvorhaben zu dem Thema bearbeitet.
Alle Fachleute sind sich einig, dass die geltende Klärschlammverordnung längst nicht mehr tragbar ist. Die meisten Fachleute sind sich auch einig, dass der Kreislaufwirtschaftsgedanke, den Frau Griefahn hier vor fünf oder sechs Jahren noch vehement vertreten hat, beim Klärschlamm nicht mehr angebracht ist, denn es handelt sich hier um eine bewusste Schadstoffsenke. Da wird mit großem Aufwand und sehr teuer aus dem Abwasser das herausgenommen, was man den Flüssen nicht übergeben will, und dann bringt man es großflächig wieder in die Biosphäre ein. Für bestimmte Stoffe wie Phosphor ist das in Ordnung, aber leider enthält der Klärschlamm viele Substanzen, die eigentlich nicht wieder in diesen biologischen Kreislauf hinein dürfen. Von diesen Substanzen müssten nach Auskunft des Umweltbundesamtes eigentlich mindestens 50 - das sind nur die organischen Schadstoffe - ständig untersucht werden. Es werden aber nur zehn untersucht.
In der Bundesrepublik kennen wir über 100 000 synthetisch-organische Verbindungen. Aber nur für etwa 10 % gibt es toxikologische Daten. Das heißt zusammengefasst: Wirklich niemand weiß, wie viele dieser Verbindungen überhaupt in einem bestimmten Klärschlamm vorkommen.
Jetzt komme ich zu den Antworten der Landesregierung auf unsere Anfrage. Wir hatten z. B. gefragt, ob der Regierung bekannt ist, ob aufgrund menschlicher oder tierischer Ausscheidungen womöglich auch Arzneimittelrückstände im Klärschlamm vorkommen. Dazu sagt die Regierung: Untersuchungsergebnisse zur Arzneimittelkonzentration im Klärschlamm liegen bisher nicht vor.
Wir hatten weiter gefragt: Wie hoch ist der Gehalt an schädlichen Verbindungen in Klärschlämmen aus ländlichen Regionen Niedersachsens im Vergleich zu Wirtschaftsdüngern? Dazu sagt die Re
gierung: Vergleichende Untersuchungen im Bereich der organischen Schadstoffe sind für beide Substanzen nicht flächendeckend durchgeführt worden.
Herr Jüttner, wie kann die Landesregierung angesichts solcher Antworten überhaupt noch die weitere landbauliche Verwertung von Klärschlämmen propagieren?
Das waren die organischen Schadstoffe. Wie sieht es bei den Schwermetallen aus? Der Antwort der Regierung und Veröffentlichungen des Umweltbundesamtes ist zu entnehmen, dass bei regelmäßiger jährlicher Klärschlammdüngung oder Kompostausbringung bei Sandböden innerhalb von zwei bis drei Generationen eine solche Schwermetallanreicherung stattfindet, dass die Vorsorgewerte der Bundesbodenschutzverordnung überschritten werden. Die Landesregierung sagt dazu nur: Denkbar wäre eine Absenkung der Grenzwerte um bis zu 40 % bei Kupfer und Zink. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Umweltbundesamtes in diesen Bereichen hält sie für diskussionswürdig. Daraus können wir nicht entnehmen, was die Landesregierung nun eigentlich will. Will sie handeln, oder will sie nicht handeln?
Zum Kreislaufgedanken habe ich schon etwas gesagt. Auch dazu gibt es keine klare Auskunft. Gilt er noch, oder gilt er nicht mehr?
Meine Damen und Herren, auch zu der Frage, welche Düngewirkung Klärschlamm überhaupt hat, gibt die Landesregierung relativ unkonkrete Antworten. Auch zu dem Hinweis, dass man eigentlich wohl die Pflanzenverfügbarkeit der Nährstoffe, beispielsweise des Phosphors, wirklich angeben müsse, wie das bei allen Düngemitteln der Fall und gesetzlich vorgeschrieben ist, gibt es keine konkrete Antwort. Wir wissen nicht, ob man das umsetzen will. Bisher haben wir das nicht erfahren. Vielleicht sagt Herr Jüttner etwas dazu.
Meine Damen und Herren, im Vorwort zu unserer Anfrage haben wir darauf hingewiesen, dass bestimmte Flächen in Niedersachsen seit über 50 Jahren mit Abwasser und Klärschlamm gedüngt werden. Wir hätten uns gewünscht, dass einmal konkrete Ausführungen zu den Ergebnissen gemacht worden wären. Zum Beispiel:
Erstens. Wie sind die Vorteile der landwirtschaftlichen Verwertung, die durchaus vorhanden sind, zu gewichten?
Zweitens. Welche nachgewiesenen langfristigen Folgen treten auf?
Drittens. Welche Risiken bestehen bei bestimmten Böden und bestimmten Klimaverhältnissen?
Wenn man uns das nur einmal an zwei Beispielen konkret beschrieben hätte, wenn man das untersucht, gewichtet und bewertet hätte, hätte man eine Grundlage für verantwortliche politische Entscheidungen, die auch einfache Leute verstehen und die man draußen im Lande vertreten kann.
Aber, meine Damen und Herren, es geht absolut nicht an, dass, wie schon vor 14 Tagen geschehen, SPD-Landtagsabgeordnete ihren Lokalredaktionen Musterpresseerklärungen geben, in denen sozusagen stand: Beim Klärschlamm ist alles in Ordnung; das kann alles so weitergehen. – Meine Damen und Herren, so geht es wirklich nicht.
Es gibt eine Lösung des Problems, wenn man dem Kreislaufgedanken folgt - das halten wir ebenso wie auch das Bundesumweltamt für sinnvoll -, indem man den Phosphor aus dem Klärschlamm herausholt und ihn wieder in den Kreislauf bringt. Auf diese Weise könnte man vier Fünftel des Phosphats, das in das Abwasser gelangt, sozusagen in den lebendigen Kreislauf zurückführen. Das wäre sehr sinnvoll. Schweden macht das. Wir wünschen uns, dass die Landesregierung hier fortfährt.
Meine Damen und Herren, das Resümée:
Erstens. Landwirtschaftliche Klärschlammverwertung ist möglich und zulässig.
Zweitens. Sie verlief in den letzten Jahrzehnten wirklich unproblematisch, aber die Schadstoffgehalte im Klärschlamm werden nicht ausreichend gemessen.
Drittens. Wir wissen zu wenig über die langfristige Wirkung im Hinblick auf die Bodengesundheit.
Viertens. Wir brauchen aus Vorsorgegründen eine neue Klärschlammverordnung mit abgesenkten Grenzwerten.
Alle Beseitigungspflichtigen sind beim Klärschlamm gehalten, sich eine zweite Verwertungsschiene aufzubauen. Das sagen auch die Kommunen in Niedersachsen.
- Ich komme gleich zum Schluss. – Zusammengefasst als letzter Satz, meine Damen und Herren: Die Erde verfügt nur noch über wenige, bisher nicht genutzte potenziell landwirtschaftlich nutzbare Flächen. Praktisch alle fruchtbaren oder wenigstens extensiv nutzbaren Areale werden bereits bewirtschaftet. Bodenschutz ist deshalb wegen der Welternährungslage das Umweltthema Nummer eins. Ich würde mich freuen, Herr Jüttner, wenn Sie mir darin zustimmen würden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Jüttner, Sie haben Recht, das Ziel unserer Anfrage war, herauszufinden, wohin Sie eigentlich wollen. Das haben Sie uns gesagt; vielen Dank dafür. Ich kann Ihnen auch Folgendes sagen: Den Vorstellungen, etwa die Hälfte des anfallenden Schlamms unter der Voraussetzung, dass Grenzwerte gesenkt werden, landwirtschaftlich zu verwerten, könnte ich ausdrücklich zustimmen. Aber dann müssen wir auch offensiv dafür werben. Dann müssen wir beispielsweise alle gemeinsam der Mühlenindustrie sagen: Es geht nicht an, dass dann, wenn jemand vernünftig und nach allen Geboten Klärschlamm ordnungsgemäß einsetzt, die Mühlenindustrie sagt: Von dir nehme ich das Getreide nicht. - Das ist leider Praxis in Niedersachsen, meine Damen und Herren.
Deshalb fordere ich das Umweltministerium und das Landwirtschaftsministerium auf - selbst wenn die Regierung wechselt, werden ja viele Beamte bleiben -, hier offensiv die Auseinandersetzung aufzunehmen, und zwar anhand positiver Beispiele. Es gibt Flächen, auf denen seit Jahrzehnten Klärschlamm eingesetzt wird. Ich bin der Auffassung, dass man auch dort kaum eine Schadstoffanreicherung im Boden wird nachweisen können. Ich kenne solche Beispiele vor Ort; ich kann sie in der Eile leider hier nicht vortragen. Ich würde sonst gern diese Werbung machen. Aber ich werde sie auf alle Fälle unterstützen.
Deshalb, meine Damen und Herren und insbesondere Sie von den Grünen, folgern Sie bitte nicht, wir seien generell gegen den Einsatz von Klärschlamm.
Ganz falsch; wir sind dafür, ihn sinnvoll zu nutzen. Aber langfristig müssen wir uns mit dem Thema Phosphatseparierung wirklich intensiv beschäftigen. Darin, meine Damen und Herren, liegt die Zukunft. Darauf wollte ich verweisen.
Insofern auch zum Ausklang dieser Legislaturperiode ein Arbeitsauftrag an die neue Regierung und an den neuen Landtag. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag auf Einsetzung eines Haushaltssanierungsausschusses steht natürlich in einem Kontext zu den Ereignissen in Berlin. Die größte hannoversche Tageszeitung hat am Dienstag mit der Über
schrift „Lügen haben kurze Beine“ aufgemacht und den Bundesfinanzminister zitiert. Ich lese jetzt einmal die Spruchblase vor:
„Wir machen keine Schulden. Das haben wir klar gemacht.“
Das hat der Bundesfinanzminister am 1. September in der Talkshow von Sabine Christiansen gesagt.
- Herr Wegner, zu Ihnen komme ich noch. - Meine Damen und Herren, auch hier haben die Regierenden ziemlich kurze Beine, wenn es um das Thema Haushaltssanierung geht.
Meine Damen und Herren, bei der ersten Beratung dieses Antrags von Michel Golibrzuch hier im Plenum ging es noch um zwei weitere Anträge. Der Erste lautete: Sofortige Vorlage eines Nachtragshaushalts 2003. - Der zweite Antrag war von der CDU-Fraktion und trug die Überschrift: Konkursverschleppung beim niedersächsischen Landeshaushalt - Notgesetz erforderlich. - Beide Anträge sind dem Landtag schon im August zugegangen.
Meine Damen und Herren, das Ganze ist schließlich noch durch den Antrag verstärkt worden, der auf der Tagesordnung für die heutige Sitzung steht. Alle Anträge haben das gleiche Begehren: Es soll ein Nachtragshaushalt erstellt werden, möglichst noch im August/September. Dass dies richtig gewesen wäre, hat der Landesrechnungshof der Landesregierung erst in diesen Tagen wieder ins Stammbuch geschrieben. Ich zitiere den Präsidenten des Landesrechnungshofs. Er hat gesagt, er habe rechtliche Bedenken dagegen, dass jetzt kurz vor Ende des Jahres ein Nachtragshaushalt eingebracht wird, der eigentlich nur noch bedeutet, dass Kassenkredite in langfristige Schulden umgewandelt werden. Der Landtag kann in diesen wenigen Wochen überhaupt keinen haushaltsgestalterischen Einfluss mehr ausüben. Deshalb wäre es sinnvoll gewesen, schon im August/September einen Nachtragshaushalt vorzulegen. Was soll das Ganze jetzt noch?
Meine Damen und Herren, schon bei der ersten Beratung dieses Antrags - vier Tage nach der Bun
destagswahl - ist die Zahl auf den Tisch gelegt worden, die uns der Finanzminister gestern noch einmal genannt hat. Unser Haushaltsexperte Hartmut Möllring
hat bereits im September gesagt - ich zitiere jetzt wörtlich aus dem Stenografischen Bericht vom 24. September -: „Es sind 1,5 Milliarden Euro, die am Ende des Jahres fehlen werden.“ Damit hat er zu 99 % den Nagel auf den Kopf getroffen.
Jetzt, Herr Wegner, wird es interessant; denn ich werde mich jetzt dem zuwenden, was Sie dazu gesagt haben.
- Herr Plaue, hören Sie mir doch einmal zu, wenn ich darauf hinweise, was Herr Wegner dazu gesagt hat. Herr Wegner hat gesagt: „Die SPD sieht keinen zwingenden Grund, sich mit einem Nachtragshaushalt für 2003 zu beschäftigen.“
So war auch der Tenor seiner ganzen Rede, immer abwiegelnd nach dem Motto: Wir sind mit den Haushalten immer klar gekommen. Das werden wir bis zum Jahresende hier auch noch schaffen. Meine Damen und Herren, das, was Sie hier vor sechs Wochen gemacht haben, war Volksverdummung der dreistesten Art.
Damit aber nicht genug. Diese Taktik des Vertuschens und Täuschens hat der Ministerpräsident noch in diesen Tagen fortgesetzt. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung hat vor zwei Tagen ein großes Interview mit dem Ministerpräsidenten abgedruckt. Was mich dabei ganz massiv geärgert und auch dazu veranlasst hat, heute zu diesem Thema zu reden, war ein Teilsatz, den ich Ihnen jetzt gerne vorlesen möchte. Er hat gesagt: „Plötzlich brechen uns Steuereinnahmen in Höhe von 2 Milliarden Euro weg.“ Meine Damen und Herren, „plötzlich“ sind die Steuereinnahmen weggebrochen. Plötzlich!
Dazu will ich Ihnen Folgendes aus den Beratungen im Haushaltsausschuss vortragen. Seit zehn Monaten diskutieren wir über die Frage, warum im Bereich der Körperschaftsteuer im Doppelhaushalt 1999/2000 noch Einnahmen von mehr als 2 Milliarden Euro zu verzeichnen waren. Im aktuellen Doppelhaushalt belaufen sich die Einnahmen aber nur noch auf ein Sechstel dieses Betrages. Allein auf den Bereich der Körperschaftsteuer entfallen 80 % der Mindereinnahmen, die uns jetzt diese Probleme bereiten. Das ist aber bereits seit zehn Monaten bekannt. Dennoch sagt der Ministerpräsident, plötzlich seien Steuereinnahmen weggebrochen. Das, meine Damen und Herren, ist die Taktik des Verschleierns und der Volksverdummung.
Meine Damen und Herren, das erinnert doch fatal an einen Schüler, der - -
- Es ist ja für mich eine Ehre, dass der Vorsitzende der SPD-Fraktion versucht, mich hier fertig zu machen. Herr Plaue, machen Sie nur weiter so!
Das Verhalten des Ministerpräsidenten erinnert fatal an einen Schüler, der Monate lang Fünfen schreibt, sich nicht traut, es seinen Eltern zu sagen, und dann am Ende des Schuljahres kurz vor der Zeugnisvergabe aber doch noch kommt und sagt: Das ist plötzlich über mich hereingebrochen. Daran konnte ich nichts ändern. Es tut mir Leid.
Meine Damen und Herren, Michel Golibrzuch hat Ihnen schon vor Monaten die Hand gereicht. Er wollte den Haushalt mit Ihnen gemeinsam sanieren. Warum schlagen Sie ihm denn die Hand aus? Das war nicht besonders clever, sondern es war ein Zeichen der Schwäche, seine Hand nicht anzunehmen. Es wäre cleverer gewesen, wenn Sie darauf eingegangen wären.
Meine Damen und Herren, wir haben das Anliegen hier unterstützt. Auch wir wären bereit gewesen, die Sache mit Ihnen gemeinsam anzugehen. Ihre Noch-Arroganz verhindert aber, dass wir hier zu sachgerechten Lösungen kommen. Ich kann Ihnen aber sagen: Es wird nicht mehr all zu lange dauern, dann ist Schluss mit dieser Überheblichkeit, dieser Besserwisserei und dieser Arroganz der Macht.
Herr Minister Jüttner, nachdem Sie nach den Hochwässern vom Juli öffentlich erklärt haben, dass mit dem Deichbau eigentlich weiter so wie bisher verfahren werden könne, der Ministerpräsident im August-Plenum demgegenüber hier erklärt hat, dass alle zusätzlichen Mittel für den Deichschutz im Binnenland an der Elbe verbaut werden sollten, und Sie dann im Wahlkampf an anderen Stellen des Landes, z. B. an der Mittelweser und an der unteren Aller, Versprechungen gemacht haben, frage ich Sie: Gibt es halbwegs objektive Kriterien, nach denen die Landesregierung entscheiden wird, wo die über 200 Millionen Euro, die in den nächsten Jahren nötig sind, um schadhafte Deiche zu sanieren, eingesetzt werden?
Frau Ministerin, angesichts der Tatsache, dass der gestern bekannt gewordene Fall offenbar kein Einzelfall ist, nenne ich folgenden Vorgang:
„Ich wurde ausgangs des Winters von Eltern von der Verdener Realschule und der Verdener Hauptschule auf die dort herrschende schlechte Unterrichtsversorgung angesprochen. Ich habe mich dann an die Schulleitungen gewandt. Mir wurde dies bestätigt, und mir wurde auch die Worst-CaseSituation für das beginnende neue Schuljahr geschildert. Das war erschreckend. Die Schulleiter haben mich dann gebeten, dies in Hannover nicht zum Thema zu machen, weil sie dann befürchten müssten, dass die Bezirksregierung entsprechend negativ reagiert.“
(Beifall bei der CDU - Busemann [CDU]: Genau so läuft das! - Klare [CDU]: Das ist kein Einzelfall: Das ist gängige Praxis!)
Wie bewerten Sie diesen Vorgang?
Frau Ministerin, vor dem Hintergrund, dass mein Kollege Heiner Ehlen mir eben berichtet hat, dass er am Beispiel der Realschule Zeven und am Beispiel des Gymnasiums Bremervörde Ähnliches erlebt hat, wie ich es am Beispiel der beiden Schulen in Verden geschildert habe, nämlich dass sich Schulleiter von der Bezirksregierung eingeschüchtert fühlen und deshalb nicht möchten, dass Abgeordnete hier den Wünschen der Eltern entsprechend Anfragen stellen, frage ich Sie, ob es nicht angemessen wäre, dass Sie die Pfingstferien dazu nutzten, einen Brief an die Schulleiter zu formulieren, um ihnen den Rücken zu stärken.
Angesichts der hier vor wenigen Minuten erfolgten Darstellung, wie zusätzliche Leistungen für die Gemeinden durch den Bund durch Zinserträge aus UMTS-Millionen finanziert werden sollen, frage ich die Landesregierung, ob ihr nicht bekannt ist, dass der Bundeskanzler vor einem Millionenfernsehpublikum auf ausdrückliche Nachfrage von Frau Slomka gesagt hat, diese Mittel gebe es nur, wenn die Konjunktur im nächsten Jahr wieder anziehen würde.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht um eine Eingabe, die von 157 Einwohnern aus der Gemeinde Kirchlinteln unterzeichnet worden ist. In der Sache geht es darum, ob das Wort des Ministers gilt und ob man sich auf Beschlüsse des Landtages verlassen kann.
Meine Damen und Herren, es geht auch darum, ob Menschen, die in Wasserschutzzonen leben, allein dadurch Nachteile hinnehmen müssen, dass eine Schutzzone eingerichtet wird. Deshalb trifft die Überschrift „Gegen Ungleichheit bei der Abwasserentsorgung“ zu.
Minister Jüttner hat 1998 den Städten und Gemeinden in Niedersachsen und den Bezirksregierungen Folgendes geschrieben:
„Mich haben Informationen darüber erreicht, dass es vor Ort Unklarheiten darüber gebe, ob das Umweltministerium künftig die Einleitung des Abwassers in den Untergrund (Unter- grundverrieselung) generell für unzulässig erklären könnte. Sehr geehrte Herren Präsidenten, seien Sie versichert, dass das Niedersächsische Umweltministerium die Untergrundverrieselung durch Erlass nicht ausschließen wird.“
Das war das Wort des Ministers. Zwei Jahre später, meine Damen und Herren, ging es genau andersherum. Auf dieses Wort des Ministers hatten sich aber die Gemeinden verlassen, auch die Gemeinde Kirchlinteln. Deshalb hat sie auf einen zentralen Anschluss für diese ländlichen Gebiete verzichtet.
Meine Damen und Herren, die Einwohner sind jetzt aufgefordert, die Anlagen auf eigene Kosten nachzurüsten. Sie sind in gewissem Maße auch dazu bereit. Sie sagen aber: Wenn das aus Vorsorgegründen für den Grundwasserschutz nötig ist, dann möchten wir auch, dass die sich daran beteiligen, die von dieser Vorsorge profitieren. Das Land erhebt z. B. jedes Jahr zweistellige Millionenbeträge durch den Wassergroschen. Nichts davon kommt den eigentlichen Opfern dieser gan
zen Sache zugute. Im Gegenteil, damit werden Flüsse an anderer Stelle renaturiert.
Meine Damen und Herren, wir von der CDUFraktion sind der Auffassung, dass die Menschen in Wasserschutzgebieten das Recht auf Hilfe haben. Deshalb möchten wir ihre Petition in diesem Sinne unterstützt wissen. - Vielen Dank.
Frau Ministerin Knorre, aufgrund der heute von Ihnen wieder sehr optimistisch dargestellten Auffassung hinsichtlich der Entwicklung des Containerverkehrs und angesichts der Tatsache, dass Niedersachsen sehr viel Geld in Cuxhaven investiert hat, frage ich Sie: Wird die Landesregierung mit Hamburg konstruktiv über die Aufhebung der Containersperrklausel für Cuxhaven verhandeln?
Frau Ministerin, dazu habe ich durchaus eine Nachfrage. Wenn auch Ihnen klar ist, dass sehr viele der knappen Landesmittel in Cuxhaven investiert worden sind, dann muss es vonseiten des Landes doch eine Zukunftsperspektive für Cuxhaven geben. Ich bitte Sie, diese doch einmal darzustellen.
Herr Minister, angesichts der Tatsache, dass bereits bei BSE zigtausenden von unschuldigen Landwirtefamilien Riesenschäden entstanden sind, die bis heute nicht ausgeglichen sind, ist Ihre Antwort auf diesen weiteren Skandal, der infolge schlampigen staatlichen Handelns besonders in Berlin entstanden ist, völlig unbefriedigend. Ich frage Sie: Was wollen Sie tun, damit die gutgläubigen Fischmehlaufkäufer in Niedersachsen nun vor Schaden geschützt werden; denn der Schaden ist doch durch zu spätes Handeln der Bundesregierung eingetreten? Was wollen Sie in Berlin zugunsten der niedersächsischen Landwirte konkret unternehmen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche zu den Eingaben des Wümme-Wasserverbandes und des Unterhaltungsverbandes Untere Wümme. Es geht darum, dass das Land mit dem Haushaltsbegleitgesetz den § 105 des Niedersächsischen Wassergesetzes dahin gehend ändern will, dass sich die Unterhaltungsverbände an den Unterhaltungskosten des Landes mit etwa 2 Millionen DM beteiligen sollen. Davon soll allein der kleine Unterhaltungsverband Untere Wümme ein Achtel der landesweit aufzubringenden Summe tragen, nämlich etwa 250 000 DM. Dies würde bedeuten, dass die Beiträge für den Unterhaltungsverband auf einen Schlag um 66 % erhöht werden müssten. Das ist aus unserer Sicht unzumutbar.
Meine Damen und Herren, dies hat das Ministerium bis zum Sommer ebenfalls so gesehen. Herr Minister Jüttner hat am 27. Juni anlässlich eines Besuchs in Fischerhude dem Wümme-Wasserverband versprochen, zu dieser Erhöhung werde es nicht kommen; denn man wolle auch die Oberlieger-Verbände an den Kosten beteiligen. Das würde
auch Sinn machen, denn ein Großteil des Wassers kommt von den Oberlieger-Verbänden. Im kleinen Wümme-Wasserverband besteht eine enorm hohe Gewässerdichte. Auf einen Quadratkilometer kommen 200 m Flusslänge. Das gibt es in Niedersachsen sonst fast nirgendwo.
Der Minister hatte also durchaus erkannt, dass hier eine besondere Problematik vorliegt. Jetzt kommt der Hammer: Im Oktober hieß es plötzlich, dass eine Beteiligung der Oberlieger-Verbände nicht mehr geplant sei. Die Änderung von § 114, die man dem Wümme-Wasserverband zugesagt hat, hat man nicht mehr durchgeführt.
Wenn das Haushaltsbegleitgesetz in der vorgesehenen Fassung verabschiedet würde, hätte dies zur Folge, dass mit einer enorm starken Erhöhung des Wasserverbandsbeitrags zu rechnen wäre. Meine Damen und Herren, das ist unzumutbar. Deshalb wird diese Eingabe strittig gestellt. Wenn diese Verbandsbeitragserhöhung für das nächste Jahr noch abgewendet werden kann, könnten wir uns gegebenenfalls damit einverstanden erklären, die Eingabe als Material an die Landesregierung zu überweisen.
Ich bin gespannt, was die Regierung dazu sagt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei der Abschaffung des Ehegattensplittings geht es um riesige Geldbeträge.
Die Grünen haben das in ihrem Ursprungsantrag auch beziffert: Es geht um 19 Milliarden DM Jahr für Jahr, und es betrifft 90 % der Ehen in Deutschland. Ein wahrhaft wichtiges Thema!
Meine Damen und Herren, entgegen dem Gebot des Artikels 6 des Grundgesetzes soll das Zusammenleben in Form der Ehe von Ihnen, der Fraktion der Grünen und von Teilen der SPD-Fraktion, in Zukunft nicht mehr steuerlich gefördert werden. Hier wird eine gigantische Umverteilung zulasten der Menschen, die sich für die traditionelle Form der Ehe entschlossen haben, geplant. Das machen wir so nicht mit!
Inzwischen ist die Ehe auch bei jungen Leuten wieder in. Man sieht das an den steigenden Zahlen der Eheschließungen. Deshalb ist Ihr Antrag antiquiert.
Meine Damen und Herren, bei der ersten Beratung ist ganz deutlich sowohl vonseiten der SPD als auch sogar von Herrn Schwarzenholz gesagt worden, dass in erster Linie Arbeitnehmerhaushalte betroffen sein werden. Der überwiegende Teil der 19 Milliarden DM, die Sie abkassieren wollen, wird von Arbeitnehmerhaushalten gezahlt werden müssen. Ich nenne Ihnen dazu ein Beispiel: Für ein Ehepaar, bei dem einer verdient und der andere im Haus z. B. kranke Angehörige versorgt und zusätzlich noch ehrenamtlich tätig ist, das ein steuerliches Einkommen von 45 000 DM im Jahr hat, bedeutet die Abschaffung des Ehegattensplittings – Frau Pothmer, hören Sie bitte genau zu, damit Sie die Summe behalten – einen Verlust von 4 279 DM im Jahr.
- Wie wollen Sie denn sonst 19 Milliarden DM zusammenbringen? Sie haben in der ersten Beratung deutlich gemacht, dass Sie sich auch mit 13 Milliarden DM zufrieden geben würden. Dann sind es immer noch mehr als 3 000 DM, mit denen Sie ein solches Arbeitnehmerehepaar zusätzlich belasten. Das wollen wir nicht!
Meine Damen und Herren, drei Viertel aller Arbeitnehmerhaushalte hätten im Gegensatz zu Selbständigen, die bestimmte Steuergestaltungsmöglichkeiten haben, eine massive Kürzung ihres Einkommens hinzunehmen. Es ist daher doppelt ungerecht, die große Mehrheit der Bevölkerung in einem solchen Ausmaß zu belasten, da sie ohnehin keine Reallohnsteuerzuwächse hat und unter der Ökosteuer leidet.
Meine Damen und Herren, jetzt komme ich zu einem Thema, mit dem sich besonders die Grünen auseinander setzen sollten. Ich nenne Zahlen, die wir in der letzten Woche von der Kreissparkasse Hannover erfahren haben. Es geht um Steuergeschenke für Großbanken. 1998, im letzten Jahr der Regierung von CDU und FDP haben die Großbanken in Deutschland 5,8 Milliarden DM Steuern gezahlt.
Ein Jahr später, im ersten Jahr der SchröderRegierung, haben sie nur noch 300 Millionen DM gezahlt. Im letzten Jahr haben die Großbanken Steuererstattungen erhalten. Das heißt, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, hier wird allein bei den Großbanken auf Steuereinnahmen von 6 Milliarden DM verzichtet!
Das ist nur ein Teil der Steuergeschenke für die „Großen“, die der „Genosse der Bosse“ ihnen zubilligt. Wenn das nicht passiert wäre, hätten Sie genug Geld, um die Familien besser zu fördern; so wie wir das alle gemeinsam wollen.
Meine Damen und Herren, es gibt noch einen fundamentalen Unterschied zwischen Ihnen und uns.
Dieser Unterschied liegt in der Bewertung des Instituts der Ehe. Für uns ist die Ehe eine auf Dauer angelegte Wirtschafts- und Risikogemeinschaft, in guten und in schlechten Tagen.
- Herr Jüttner, ich freue mich über Ihre Zuwendung, aber vielleicht hören Sie erst bis zum Ende zu.
Auch nach dem Gesetz sind Eheleute verpflichtet, füreinander aufzukommen. Dies ist eine Form der Subsidiarität, die die Sozialversicherungssysteme sowie die kommunalen Träger der Sozialhilfe entlastet. Die Ehe ist nach unserer Auffassung die beste Form, Kindern einen Hort und ein Zuhause zu geben. Dies ist seit Jahrtausenden so. Das ist nicht falsch, obwohl heute bestimmte Menschen meinen, ohne eine solche Bindung auskommen zu können.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich bin mir sicher, dass in den ländlichen und kleinstädtischen Räumen unseres Landes die Mehrzahl der Menschen dieser Auffassung ist. Deshalb würde eine Abschaffung des Ehegattensplittings – oder auch eine starke Einschränkung, wie sie von der SPDFraktion befürwortet wird – gerade für die Menschen im ländlichen Raum eine große Belastung bedeuten. Auch deshalb wird die CDU-Fraktion dieser Abschaffung nicht zustimmen!
Meine Damen und Herren, ein weiterer Grund, der gegen die Abschaffung des Splittings spricht, ist der Umstand, dass jeder Ehepartner zu einem eigenständigen Steuerfall würde. Dieser Mehrbelastung sind die Finanzämter derzeit überhaupt nicht gewachsen. Sie sollten sich lieber den Steuerflüchtlingen widmen. Dann könnten Sie in dem Bereich mehr Geld hereinholen, ohne dass man andere schröpfen müsste.
Diskutieren Sie bitte Ihr Konstrukt, die gewollte Einverdienerehe ohne Kinder mit den Ehepaaren, die sich sehnlichst Kinder wünschen, aber aus biologischen Gründen keine bekommen können.
Meine Damen und Herren, in bestimmten Bereichen könnten wir uns durchaus eine Modifizierung des Ehegattensplittings vorstellen, wenn gewährleistet wäre, dass die Mehreinnahmen, die sich dadurch für den Staat ergeben, tatsächlich in voller Höhe den Familien zugute kommen würden.
Um diesem Ansatz nachzugehen, hatte mein Kollege Heinz Rolfes im Haushaltsausschuss eine Anhörung beantragt, damit wir uns in Ruhe darüber unterhalten können. Darin waren wir uns auch mit den Grünen einig. Das ist aber von der SPD abgelehnt worden. Wir bedauern dies sehr, denn wir hätten gerne über Modelle diskutiert, die das Ehegattensplitting zu einem Familiensplitting weiterentwickeln. Stattdessen hat die SPDFraktion einen nichtssagenden, relativ unkonkreten Antrag zur zweiten Beeratung eingebracht.
Dieser ist in keiner Weise zustimmungsfähig. Deshalb, meine Damen und Herren von der SPDFraktion, korrigieren Sie lieber die sozial unausgewogene Steuerreform, dann haben Sie auch das Geld, um den Familien noch mehr zu helfen, als das bisher der Fall war.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Wenzel, da Sie eine Zwischenfrage nicht zugelassen haben, muss ich es Ihnen auf diesem Wege sagen.
Vorweg möchte ich aber feststellen: Herr Beckmann, Sie waren noch nie so gut wie heute!
Herr Wenzel, so sehr wir Sie auch sonst schätzen Ihre Argumente waren ein bisschen dünn. Die Abwanderung von Kaufkraft ist bei der Küstenautobahn kein Thema. Denn die Küstenautobahn verbindet keine Metropolen, sondern sie ist eine der zukünftigen Ost-West-Verbindungen und verbindet im Grunde genommen ländliche Räume miteinander.
- Natürlich. Das ist auch das Thema: Sie erschließt ländliche Räume.
Zum Thema Kaufkraft muss man auch sagen, dass es inzwischen auch große Angebote im ländlichen Raum gibt. Außerdem gibt es noch weitere sehr wichtige Argumente für die künftige A 22, beispielsweise die dringend notwendige Entlastung der Südumgehung Bremens und der A 1. Deshalb wäre eine Küstenautobahn auch ein Antistauprogramm für die A 1. Das muss auch im Interesse der Grünen liegen; denn mit Staus wird auch Energie vergeudet. Vielleicht überdenken Sie also Ihre Argumentation noch einmal. - Vielen Dank.
Herr Minister, auf das Hauptargument von Heiner Ehlen sind Sie nicht eingegangen. Das Hauptargument ist, dass pro Schlachttier Einbußen in Höhe von 500 bis 600 DM vorhanden sind. Bei 50 Schlachttieren pro Betrieb sind es immerhin 30 000 DM Einbuße. Wenn Sie auf Ihr 10Millionen-Programm verweisen, dann kann ich nur sagen: Teilen Sie einmal 10 Millionen DM durch 1 600 Anträge! Das entspricht pro Betrieb vielleicht einem Betrag von 6 000 DM. Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Was die Schuldfrage angeht, Herr Kollege Klein, bleibe ich dabei: Die staatlichen Kontrolleure haben hier versagt. Sie sind die Schuldigen für die BSE-Krise, aber nicht die Landwirtschaft.
Herr Minister, da Sie auf die Frage meiner Kollegin Frau Pawelski hier den Eindruck erweckt haben, es spiele gar keine Rolle, ob es in drei, vier oder fünf Monaten zu einem Konzept komme, stellt sich mir die Frage: Ist der Landesregierung bekannt, wie hoch das Defizit des laufenden Betriebes derzeit ist?
Herr Minister, ab wann und für welchen Zeitraum wird der Bund auf die 8 Pf. Mineralölsteuer pro Liter Heizöl verzichten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema ist hoch aktuell, und zwar nicht nur deshalb, weil Herr Endlein als Präsident des Landkreistages in dieser Sache schon einen Brief an die Regierung geschrieben hat, sondern auch deshalb, weil in fast allen Kreistagen in Niedersachsen derzeit Gebührensatzungen beschlossen werden, die die Tierhalter in Zukunft erheblich belasten werden. Zusätzlich zum Verlust eines verendeten Rindes oder einer verendeten Kuh sollen vom Tierhalter künftig 160 DM bezahlt werden. Der Hintergrund ist: Die Tierseuchenkasse hat ab Ende Mai ihre Rücklagen verbraucht und hat dann kein Geld mehr.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie erinnern sich sicherlich an die letzten Tage im November des vergangenen Jahres, an die Tage unmittelbar nach dem ersten BSE-Fall in
Deutschland. Ob aus Unkenntnis oder Perfidie, Fakt ist jedenfalls: Innerhalb weniger Tage wurde das Verursacherprinzip in Berlin - und zwar von höchster Stelle - völlig auf den Kopf gestellt. Die Landwirte als Opfer dieser Entwicklung wurden zu Tätern stilisiert.
Es gab auch den Versuch, eine politisch missliebige Berufsgruppe und insbesondere deren Sprecher zu diskreditieren.
Die eigentlich Verantwortlichen, Herr Plaue, in den staatlichen Administrationen, die jahrelang nicht hinreichend Futtermittelimporte und Fettschmelzen kontrolliert haben, sind bis heute ungeschoren davongekommen. So wurde der Boden vorbereitet, meine Damen und Herren, um sich vonseiten des Staates auch im finanziellen Bereich weitgehend aus der Verantwortung zu stehlen.
Das völlig übereilte und in Panik beschlossene Gesetz des Bundes Anfang Dezember, mit dem mit einem Federstrich ein Futtermittel für Schweine und Hühner über Nacht zu Abfall deklariert wurde,
enthält zum Schluss den Passus: „Dem Bund entstehen durch dieses Gesetz keine Kosten.“
Meine Damen und Herren, dabei hatte wenige Tage vorher im Wirtschaftsteil der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ genau gestanden, um welche Kosten es geht. Ich zitiere nur einen Satz daraus:
„Wenn nun die gesamte Tiermehlproduktion aus dem Nährstoffkreislauf herausgenommen wird, entstehen einschließlich der Entsorgungskosten in Deutschland Ausgaben von über 600 Millionen DM.“
Meine Damen und Herren, jeder Bundestagsabgeordnete, der dieses Gesetz beschlossen hat, hat also gewusst, welche Kosten kommen werden.
- Ich habe ja auch gesagt: Jeder, der es beschlossen hat. - Meine Damen und Herren, es geht mir nicht darum, das Gesetz infrage zu stellen, sondern es geht darum, wer die Kosten trägt. Die Rechtslage ist eigentlich ziemlich klar. Sogar zweimal hat uns der Abteilungsleiter 1 aus dem niedersächsischen Landwirtschaftsministerium im Haushaltsausschuss vorgetragen, dass die Deklaration von Futtermitteln zu Abfall einen enteignungsähnlichen Eingriff darstellt. Das ist zu bezahlen!
Meine Damen und Herren, vor wenigen Tagen war in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ unter der Überschrift „Wohin mit den Schlachtabfällen?“ zu lesen, dass Professor Kamphues von der Tierärztlichen Hochschule und Professor Nau vom Institut für Lebensmitteltechnologie jetzt einen Arbeitskreis „Futtermittelsicherheit“ gegründet haben, um - hören Sie gut zu! - zu erforschen, inwieweit Tiermehl oder Tierfett für die Übertragung von BSE verantwortlich sein kann. Ich zitiere jetzt Professor Kamphues:
„Ein Punkt ist uns bei der Durchsicht der bisherigen BSE-Geschichte besonders aufgefallen: Das britische Landwirtschaftsministerium geht davon aus, dass die Infektion mit BSE im ersten Lebensjahr der Kälber stattfindet. Zu diesem Zeitpunkt bekommen sie aber kein Tiermehl, sondern Milch oder Milchaustauscher.“
Meine Damen und Herren, auch mit diesem Zitat ist zu belegen: Das Verbot der Tiermehlverfütterung für Hühner und Schweine ist erstrangig eine Maßnahme des vorbeugenden Gesundheitsschutzes, durchgeführt mit dem Ziel, verloren gegangenes Vertrauen der Verbraucher wiederzugewinnen und den Zusammenbruch der Fleischmärkte zu verhindern. Meine Damen und Herren, eben dies ist reine Bundessache. Auch die Finanzierung ist eine reine Bundessache. Ich erinnere daran, dass Niedersachsen in diesem Zusammenhang schon einmal einen Prozess gegen den Bund gewonnen hat.
- Herr Klein, hören Sie doch endlich mal zu!
- Herr Klein, wer bezahlt denn bisher? - In Niedersachsen bezahlen es die Landwirte und die Landkreise. Das war ja auch offenbar der Grund für den Brief, den Herr Endlein geschrieben hat.
Meine Damen und Herren, die Landkreise und die Landwirte bezahlen diese zusätzlichen Beträge - es wird von 600 Millionen DM gesprochen - zu den ohnehin schon hohen Defiziten im Bereich der Tierkörperbeseitigung. Seit Jahren, auch schon vor BSE, hat der Landkreistag gefordert, dass sich das Land finanziell mit einem Drittel beteiligt.
In anderen Bundesländern gibt es ja diese Regelung. In Mecklenburg-Vorpommern wird sie in Kürze beschlossen. Der dortige Landwirtschaftsminister setzt sich mit Nachdruck dafür ein. Ich darf aus „Agrar Europ“ vom 12. März dieses Jahres zitieren:
„Schwerin. Die so genannte Drittellösung bei den Kosten der Tierkörperbeseitigung präferiert MecklenburgVorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus. Um die Belastung der Landwirte abzumildern, habe sich das Land freiwillig“
- freiwillig!
„für die Übernahme von 4,06 Millionen pro Jahr bei den Kosten für die Tierkörperbeseitigung ausgesprochen.“
Herr Bartels, Niedersachsen als Agrarland Nummer eins hinkt hier also hinterher. Nehmen Sie sich ein Beispiel an Mecklenburg-Vorpommern!
Meine Damen und Herren, schon bisher war es nach Ansicht des Landkreistages ungerecht, dass allein die Landkreise und die Landwirtschaft - dies vor allen Dingen in den strukturschwachen Grünlandgebieten Niedersachsens - die Defizite im Bereich der Tierkörperbeseitigung tragen mussten. Dies waren in den letzten Jahren round about 15 Millionen DM.
Seit dem 1. Oktober 2000 und anschließend in Folge einer Verweigerungshaltung des Bundes wurden Landwirtschaft und Landkreise auch noch
die Kosten für die Beseitigung des so genannten Risikomaterials und die Kosten für die Tiermehlverbrennung aufgebürdet. In diesem Jahr werden das in Niedersachsen über 60 Millionen DM sein, wenn wir gesetzlich nichts ändern - 60 Millionen DM, wahrscheinlich sogar mehr, die bei den Landkreisen und Tierhaltern für Dinge hängen bleiben, für die sie nun absolut nichts können.
Meine Damen und Herren, besonders die Landkreise in den nördlichen Gebieten unseres Landes sind damit völlig überfordert: Wesermarsch, Ostfriesland, Cuxhaven, der gesamte Elbe-WeserRaum und viele mehr bis hin zum Emsland, Osnabrück auch.
Meine Damen und Herren, die Rinder- und Schafhalter, die ohnehin die Hauptleidtragenden der BSE-Krise sind, müssen womöglich noch zudem eine Vervierfachung ihrer Beiträge zur Tierseuchenkasse hinnehmen. Ich will Ihnen einmal ein Beispiel sagen. Für ein Schaf müssen dann in Zukunft 10 DM pro Jahr allein an Tierseuchenkassenbeitrag bezahlt werden. Das ist mehr als der Wert der Wolle. Eine mittlere Schafherde verursacht dann allein Tierseuchenkassenbeiträge von mehreren tausend DM. Bei Rindern ist mit 20 DM pro Tier zu rechnen, wenn sich gesetzlich nichts ändert.
Meine Damen und Herren, es wird höchste Zeit, dass sich das Landeskabinett - wie acht andere Bundesländer inzwischen auch - entschließt,
eine Landesbeteiligung an den Kosten der Tierkörperbeseitigung von mindestens einem Drittel einzuführen. Ein Teil dieses Betrages oder der ganze Betrag ist selbstverständlich vom Bund zu tragen, nämlich nach dem Verursacherprinzip. Der Bund ist durch seine Beschlüsse Verursacher dieser Entwicklung.
Ich habe nicht das Gesetz kritisiert, sondern ich habe hier deutlich gemacht, was in unserem föderalen Staat auch finanziell zu verantworten ist.
Meine Damen und Herren, zusammengefasst - wegen der Kürze der Zeit -: Risikovorsorge ist eine Aufgabe des Staates. Wer heute die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ gelesen hat, hat dort auf einer ganzen Seite einen Aufsatz von Renate Künast lesen können, genau mit dieser Überschrift, nämlich: „Risikovorsorge ist eine Aufgabe des Staates“. Ich füge hinzu: erst recht, wenn sie aufgrund mangelnder Umsetzung von Sicherheitsvorkehrungen in der Vergangenheit in besonderem Maße jetzt und in Zukunft notwendig ist.
Meine Damen und Herren, die vom Landkreistag zu Recht geforderte staatliche Beteiligung im Bereich der Tierkörperbeseitigung ist deshalb keine neue Subvention, ist deshalb kein Gnadenbeweis für in Not geratene Tierhalter, sondern schlicht und einfach ein Akt der Gerechtigkeit, und dafür steht die CDU.
Herr Minister, wahrscheinlich teilen Sie die Auffassung, dass die Zuckererzeugung am Prinzip der Nachhaltigkeit ausgerichtet sein muss. Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Zuckererzeugung in Mitteleuropa, speziell in Niedersachsen, im Vergleich zu der in Brasilien, Neuseeland oder Australien?
Frau Ministerin, der internationale Bankenausschuss hat jüngst Beschlüsse unter dem Stichwort “Basel II” gefasst, die gerade für die mittelständische Wirtschaft in Niedersachsen erhebliche Auswirkungen haben. Welchen Handlungsbedarf sehen sie hierbei für unser Bundesland?
Herr Adam, haben wir Sie richtig verstanden, dass die Strukturschwäche bestimmter Regionen bei unserer Argumentation Ihrer Meinung nach gar keine Rolle spielen soll?
Herr Minister, haben Sie das Bundesverteidigungsministerium auch darauf aufmerksam gemacht, dass Niedersachsen als großes Flächenland die Bundeswehr auch im Katastrophenschutzfall braucht und welche Bedeutung das in der Vergangenheit hatte?
Herr Minister Bartels, wir haben eigentlich erwartet, dass Sie uns etwas zur Kostenübernahme für die Tiermehlbeseitigung sagen, nämlich ob Sie den Landkreisen helfen wollen, oder ob der Bund helfen will.
Herr Minister, teilen Sie die Ansicht,
dass die Kosten für das Gesetz, das der Bundestag in aller Eile beschlossen hat, eigentlich in den Bereich der Marktstruktur und der Marktpflege
fallen und der Bund somit auch rechtlich für die Übernahme dieser Kosten zuständig ist?
Herr Präsident, ich habe eine Frage zur Geschäftsordnung. Ist es dem Präsidium möglich, dem Abgeordneten Rolfes zu seinem Recht zu verhelfen, dass seine Fragen von der Landesregierung konkret und sachgerecht beantwortet werden?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor zwei Jahren gab es in vielen Teilen Niedersachsens ein Jahrhunderthochwasser. Mehrere Menschen kamen in den Fluten der reißenden Bäche und Flüsse um. Es entstanden Schäden, die insgesamt auf mehrere hundert Millionen DM geschätzt werden. Im Landkreis Oldenburg lebten Tausende von Bewohnern tagelang in Angst vor einer drohenden Deichkatastrophe. An der unteren Aller lief das höchste Herbsthochwasser seit 1920 auf. Dort und vor allem im westlichen Niedersachsen hatte auch die Landwirtschaft hohe Ernteverluste sowie Bodenschäden zu beklagen.
Insgesamt zeigte sich, dass es mit dem Schutz vor Überflutung im Binnenland nicht zum Besten bestellt war, und zwar weder im Bewusstsein bestimmter Verantwortlicher noch hinsichtlich der Ausstattung mit Mitteln. Das Hochwasserschutzprogramm für das Binnenland war beispielsweise seit Jahren unterdotiert.
Im Jahre 1998 stand, auch durch schriftliche Äußerungen der Landesregierung, fest, dass eigentlich 422 Millionen DM für den Hochwasserschutz im
Binnenland nötig waren, wobei an Haushaltsmitteln für das Jahr 1998 weniger als 20 Millionen DM zur Verfügung standen. Wenn eine solche Mittelausstattung beibehalten worden wäre, dann hätte man mehr als 25 Jahre gebraucht, um den dringenden Sanierungsbedarf an den Deichen und andere Hochwasserschutzmaßnahmen durchzuführen.
Wie prekär die Situation zum Teil war, illustriert das Protokoll einer Besprechung bei der Bezirksregierung Lüneburg. Da geht es um ein Treffen der Deichbehörden und der Deichverbände. Dort wurde festgestellt, dass im Bereich von Aller und Leine ein Sanierungsbedarf von 48 Millionen DM bestand, dass an jährlichen Haushaltsmitteln aber nur 0,7 Millionen DM zur Verfügung standen. Das Verhältnis von zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln zu dem, was eigentlich nötig war, betrug also 1 : 100. So hätte es nicht weitergehen können.
In dieser Situation hat die CDU-Fraktion die Initiative ergriffen und Ihren Antrag „Hilfe bei Überschwemmungsschäden - Verbesserung des Hochwasserschutzes im Binnenland“ bereits wenige Wochen nach der Flutkatastrophe am 19. November 1998 im Landtag eingereicht. Vorrangig ging es um fünf Bereiche:
Erstens ging es um die Verbesserung der Mittelausstattung für den Hochwasserschutz.
Zweitens wollten wir der Bebauung in Überschwemmungsgebieten Einhalt gebieten.
Drittens ging es uns um mehr Wasserrückhaltung durch einen verstärkten Erosionsschutz im Wege neuer landbaulicher Möglichkeiten.
Viertens ging es uns um eine bessere Steuerung der Talsperren und um den Bau von Regenrückhaltebecken.
Fünftens sollte - das war uns ein besonderes Anliegen - den direkt Geschädigten dort Hilfe zukommen, und die großen Versicherungsträger sollten Möglichkeiten dafür aufzeigen, wie man sich gegen Elementarschäden versichern kann.
Meine Damen und Herren, unser Antrag wurde in den Landtagsausschüssen ausführlich beraten, und er steht heute mit marginalen Veränderungen als einstimmig formulierte Beschlussempfehlung zur Abstimmung. An dieser Stelle möchte ich für die wirklich konstruktiven Beratungen danken dem
Ministerium, den Kolleginnen und Kollegen in den Ausschüssen sowie vor allem auch den fachkompetenten Damen und Herren in den Wasser- und Bodenverbänden und den Behörden auf der kommunalen Ebene.
Meine Damen und Herren, unser Antrag hat dazu geführt, dass die Mittel in dem Aufgabenbereich „Förderung des Hochwasserschutzes im Binnenland“ wirklich aufgestockt worden sind. Ich rufe noch einmal in Erinnerung: Damals standen nur knapp 20 Millionen DM zur Verfügung. Ausweislich der mittelfristigen Finanzplanung und auch des vorliegenden neuen Haushaltsplanentwurfs sind es jetzt bis zum Jahre 2004 jährlich Fördermittel in Höhe von 28,5 Millionen DM. Insoweit sind wir mit den Ergebnissen unseres Antrags weitgehend zufrieden.
Allerdings muss dabei deutlich gemacht werden, dass sich der Mittelbedarf inzwischen weiter erhöht hat. Laut Aussagen von Bezirksregierungen - diese fußen sicherlich auf Hinweisen des Ministeriums - beträgt der Mittelbedarf inzwischen sogar 550 Millionen DM, d. h. der in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehene jährliche Betrag macht nur ein Zwanzigstel der tatsächlich benötigten Mittel aus. Aber immerhin muss man sagen: Es gibt wieder Planungsmittel z. B. im Bereich von Aller und Leine. Besonders gefährdete Deichabschnitte, beispielsweise solche an der Hunte, sind saniert worden. Auch kleinere Wasserschutzmaßnahmen, z. B. solche in der Gemeinde Ankum, sind, wie mir Bürgermeister Coenen berichtet hat, der dafür im Übrigen sehr dankbar ist, inzwischen erfolgt.
Planfeststellungsverfahren dauern leider immer sehr lange. Wenn die Genehmigungen vorliegen, dann kommt es natürlich entscheidend darauf an, dass das Land auch Baumittel bereitstellt. Bei dieser Gelegenheit muss ich anmerken, dass es ohne unseren Antrag wohl nicht dazu gekommen wäre, Herr Schack, dass der Arbeitskreis Umwelt der SPD-Fraktion den Raum an der unteren Aller besucht hätte und dort öffentlich Zusagen dahin gehend gemacht hätte, dass Baumittel zur Verfügung gestellt werden. Ihnen ist wohl bewusst, dass es da um sechs- bis siebenstellige Millionenbeträge geht. Ich meine, es ist richtig, wenn bei dieser Gelegenheit daran erinnert wird.
Meine Damen und Herren, gerade in diesen wasserwirtschaftlich exponierten Bereichen an der mittleren Weser, an der unteren Aller, aber auch an
vielen Flussabschnitten im westlichen Niedersachsen und zum Teil auch in Südniedersachsen haben viele Binnendeiche keine Lehmschürzen, sie sind viel zu schmal, ihre Böschungen sind zu steil, das Freibordmaß ist zu gering, und es fehlt an Deichverteidigungswegen, um im Notfall Sandsäcke heranschaffen zu können. Hier besteht nach wie vor erheblicher Sanierungsbedarf, für den die Haushaltsmittel eigentlich weiter aufgestockt werden müssten.
Meine Damen und Herren, unsere Forderung nach einer erweiterten Möglichkeit für eine Vorfinanzierung von Baumaßnahmen - durch dieses Instrument könnte innerhalb weniger Jahre viel erreicht werden - ist bisher nicht erfüllt worden.
Auch den mehrfachen Bitten und Anträgen des Landvolks und insbesondere unseres Kollegen Friedrich Kethorn, nach dem Modell der Niederlande für die direkt Geschädigten mehr an Hilfe zur Verfügung zu stellen, ist das Land leider nur im Ansatz nachgekommen.
Positiv zu bewerten ist, dass große Versicherer inzwischen Elementarschadenversicherungen anbieten.
Mit der heutigen abschließenden Beratung sind das Thema und die Aufgabe „Hochwasserschutz im Binnenland“ keineswegs abgearbeitet. Klimaforscher sagen uns, dass es in naher Zukunft in Norddeutschland in vermehrtem Ausmaß Feuchteperioden mit starken Niederschlägen geben wird. Wir stehen womöglich vor dem Beginn einer neuen Feuchtphase.
Meine Damen und Herren, zusammenfassend möchte ich Folgendes sagen: Verbände, Land und Kommunen geben erhebliche Mittel für den Gewässerrückbau und für die Schaffung von Retentionsräumen. Wenn das dem Hochwasserschutz und der Sicherung der Grundwasservorräte dient, dann ist das Geld gut angelegt. Aber generell gilt für die CDU-Fraktion: Der Schutz des Menschen hat eindeutig Vorrang vor anderen Schutzgütern.
Herr Minister, die Bezirksregierung Lüneburg spricht ganz konkret von einem Sanierungsbedarf an Hochwasserschutzdeichen an Aller und Leine von 48 Millionen DM. Sanierung ist ja wohl etwas, das möglichst zeitnah gemacht werden muss. Ansonsten - da gebe ich Ihnen Recht - ist es eine Daueraufgabe, Hochwasserschutz zu betreiben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Reckmann, offenbar hat nun auch die SPDFraktion bemerkt, dass viele der mehr als 300 Wasserversorger in Niedersachsen zutiefst beunruhigt sind, wobei zu dieser Beunruhigung öffentliche Äußerungen von Minister Jüttner ganz entscheidend beigetragen haben.
Dazu möchte ich Ihnen eine Überschrift zitieren, die am 14. April in der „Braunschweiger Zeitung“ stand. Ein aufmerksamer Redakteur hat die Intentionen des Ministers in dieser Überschrift wie folgt beschrieben:
„Kalter Guss für die Wasserversorger“. Das ist wohl eindeutig.
Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund - das haben wir ja bemerkt - will die SPD-Fraktion mit ihrem an sich unstrittigen Antrag offenbar ein bisschen das wieder heilen, was der Minister öffentlich an Porzellan zerschlagen hat.
Damit das ganz klar ist, will ich ohne Wenn und Aber gleich sagen: Die CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag steht voll hinter den mittelständischen Wasserversorgern in Niedersachsen
und wird sich für deren Stärkung einsetzen.
Eine zweite Vorbemerkung. Nachdem Landesregierung und SPD-Fraktion mit dem Verkauf der Harzwasserwerke das falsche Signal gegeben haben und jetzt auch der Verkauf der Stadtwerke in Hannover ansteht, stellt sich natürlich zu Recht die Frage, ob die vordergründige Liberalisierungsdiskussion überhaupt die Hauptgefahr für viele Wasserversorger ist.
Meine Damen und Herren, wer wie Minister Jüttner über hohe Wasserpreise klagt - das stand übrigens auch in der genannten Pressemeldung -, der muss sich fragen, ob das in bestimmten städtischen
Bereichen nicht auch das Ergebnis der unseligen Quersubventionierung bei Stadtwerken ist.
Ich möchte hier feststellen, dass die Wasserpreise in Niedersachsen im ländlichen Raum in der Regel moderat und zumutbar sind.
Bevor der zuständige Ressortminister die Wasserwirtschaft in Niedersachsen als nicht wettbewerbsfähig darstellt, mehr Wirtschaftlichkeit fordert und mit der EU-Wasserrichtlinie droht, hätte er zunächst einmal darüber nachdenken sollen, ob dies gegenüber den Betroffenen gerecht und angemessen ist. Fair wäre es aus unserer Sicht, zunächst einmal die unumstrittenen Stärken der derzeitigen Struktur der Wasserversorgung in Niedersachsen zu benennen, und zwar an erster Stelle die große Versorgungssicherheit, die in der Regel akzeptable Preisgestaltung, das flächendeckende Versorgungsnetz, den schonenden Umgang mit dem in vielen Regionen knappen Gut und vor allem die ortsnahe Versorgung und das auf Verantwortung und Nachhaltigkeit gegründete Bewirtschaftungskonzept.
Meine Damen und Herren, gerade die älteren Mitglieder dieses Hauses bzw. der Landesregierung werden sich sicherlich noch daran erinnern, dass alles dies in unserer Kindheit überhaupt nicht selbstverständlich war. Die Wasserversorgung war in vielen ländlichen Regionen und insbesondere im Küstenbereich ein Riesenproblem, und in den Städten gab es die unselige Chlorierung. Da wir die Leistungsfähigkeit der kommunalen Ebene auf diesem Gebiet der Daseinsvorsorge also schätzen gelernt haben und da wir wissen, was es dort auch an ehrenamtlichem Engagement gibt, sagen wir zunächst einmal: Herzlichen Dank für das, was hier von unseren Vätern und Großvätern geschaffen wurde.
Meine Damen und Herren, aus Verbrauchersicht gibt es für eine so genannte Liberalisierung der Wasserversorgung eigentlich überhaupt keinen Grund. In Deutschland zahlt man, gemessen am Lebensstandard, mit die geringsten Wasserentgelte in ganz Europa. Wenn England und Frankreich hier immer als Beispiele für Liberalisierung zitiert werden, dann sage ich Ihnen, dass in diesen Ländern, in denen wenige Großunternehmen das Marktgeschehen bestimmen, die Trinkwasserpreise wesentlich höher und die Qualität und die Versorgungssicherheit schlechter sind.
Die SPD-Fraktion hat hier noch einmal deutlich gemacht, dass sie offenbar am Regionalprinzip in der Trinkwasserversorgung festhalten will. Ich möchte das hier ausdrücklich begrüßen. An den Minister appelliere ich, dass sich auch sein Haus dem anschließen möge; denn durch dieses Regionalprinzip hat die Bevölkerung die Gewähr für ein individuelles Trinkwasser aus heimischer Quelle.
Sehen wir uns doch einmal an, wie das abläuft, wenn wie in Rostock ein Großunternehmen den Auftrag bekommt, die Bevölkerung zu versorgen: Dann wird aus reinem Flusswasser, aus Warnowwasser, durch Filtrierung, Chlorierung und Ozonierung ein so genanntes Basic-Wasser ohne jeden Bodenkontakt hergestellt. Daraus einen vernünftigen Tee zu brauen, ist sicherlich nicht einfach, meine Damen und Herren.
Ich möchte auf ein anderes Verdienst der mittelständischen Wasserversorgung in unserem Land hinweisen: den sparsamen Umgang mit Wasser. In den letzten zehn Jahren hat sich der Wasserverbrauch pro Kopf in Deutschland von 145 l auf 125 l verringert, und zwar deshalb, weil die Verkäufer dieses Wassers aktiv für den sparsamen und umweltgerechten Umgang mit diesem knappen Gut geworben haben.
Meine Damen und Herren, angesichts der Wasserknappheit in diesem Jahrhundert ist es doch wohl eine Hauptaufgabe, mit diesem Gut sparsam umzugehen. Nun stellen Sie sich einmal vor, wie ein großes Wirtschaftsunternehmen das dann seinen Kapitalgebern erklären soll.
Gerade aus ökologischer Sicht will die CDUFraktion eine Stärkung der regionalen Verantwortung in der Wasserwirtschaft. Nur so ist nämlich zu gewährleisten, dass in Kooperation mit den Landnutzern ein wirklich langfristiges Konzept zum vorsorgenden Schutz der Wasservorräte und der Wasserspeicher Platz greift. Die vor Ort gewählten Ratsmitglieder, die Verbandsvorstände, die ja Land und Leute kennen und Verantwortung für beide Seiten tragen, sowohl für einen moderaten Wasserpreis als auch für den Erhalt der Umwelt, sind aus unserer Sicht die Garanten dafür, dass hier vorsorgend gehandelt wird.
Meine Damen und Herren, gegen eine Beteiligung privater Unternehmen haben wir überhaupt keine Bedenken, ja, wir halten sie sogar für wünschenswert. Aber die Verantwortung muss bei den Regionen und bei den Kommunen bleiben. Außerdem muss natürlich Wettbewerbsgleichheit bestehen bleiben.
Geprüft werden sollte aus unserer Sicht, ob kommunalen Unternehmen - auch, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern - in Abweichung von § 108 Abs. 1 der Niedersächsischen Gemeindeordnung die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, auch außerhalb ihrer bisherigen Gebiete tätig zu werden. Ebenso, meinen wir, sind Hemmnisse zu beseitigen, die jetzt noch verhindern, dass Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung optimal aus einer Hand betrieben werden.