Martin Rivoir
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Last Statements
Herr Minister, auch wir freuen uns über den Erfolg dieser drei Universitätsstädte, also der drei Medizinfakultäten bzw. Klinika.
Sie haben es schon angesprochen: Ein Wermutstropfen ist da bei. Die Universität Ulm ist nicht vertreten, obwohl sie einen Antrag gestellt hat. Wenn man sich das anschaut, hat man den Eindruck, dass der Erfolg dieser drei Städte deswegen einge treten ist, weil dort eine sehr gute Vernetzung mit dem MaxPlanck-Institut und der Helmholtz-Gemeinschaft vorhanden ist und da sozusagen schon ein gewisser Konkurrenznachteil oder ein Startnachteil für die Universität Ulm bestanden hat, weil dort keine solchen Institute vorhanden sind.
Sie haben bereits angesprochen, dass Sie der Universität Ulm auf andere Weise helfen wollen. Diese Hilfe ist wichtig, weil sonst, denke ich, nicht nur kurzfristig, sondern mittel- und langfristig ein deutlicher Wettbewerbsnachteil dieses Stand orts in Baden-Württemberg entstehen würde. Können Sie schon etwas präzisieren und konkretisieren, auf welche Art und Weise Sie dort helfend einspringen wollen? Dort gibt es ja keine schlechtere medizinische Fakultät, sondern dort be steht offensichtlich – wie ich schon gesagt habe – ein struk tureller Nachteil, um in solchen Wettbewerben zu bestehen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Einzelplan 14 hätte diesmal ein Haushalt des Aufbruchs, der Zukunftsorientierung werden können. Die Chancen waren noch nie so gut wie jetzt: Die Protestkundgebungen an den Universitäten und Hochschulen gingen von Studierenden aus, standen aber auch im Zeichen wohlwollender Solidarität der Professoren und der Hochschulleitungen. Auf Missstände wurde aufmerksam gemacht. Die fehlende Finanzierung des Bologna-Prozesses wurde beklagt. Die chaotischen Auswirkungen der Geschwis terregelung wurden angeprangert. Der beklagenswerte Zustand der Bausubstanz wurde thematisiert. Die chronische Unterfinanzierung des gesamten Hochschulbetriebs war in aller Munde. Die trotz des Programms „Hochschule 2012“ noch immer drängende Frage, wie all die Studierenden, deren Zahl immer weiter steigt, durch unsere Hochschullandschaft geschleust werden sollen, war ein großes Thema.
All diese Punkte wurden in der Öffentlichkeit und an den Hochschulen breit diskutiert. Diese Proteste, meine Damen und Herren, hätten dem Minister eigentlich die Kraft geben müssen, mehr Geld für den Einzelplan 14 herauszuholen. Denn die Lösung all dieser Fragen geht nur über eine auskömmliche Finanzierung der Hochschullandschaft.
Das ist ja auch in den Sonntagsreden immer anerkannt worden. – Ja, mehr Geld. Das pumpen Sie nur in den Kiesabbau. Daran sehen Sie einmal, was an Geld sozusagen noch in der Luft ist.
Meine Damen und Herren, es wird auch in Sonntagsreden immer wieder gesagt: „Die Zukunft unseres Landes liegt in den Köpfen. Hier müssen wir investieren.“ Das sind die allgemeinen Aussagen.
Wie sieht es aber in der Realität aus? Wie reagiert man im Einzelplan 14 auf diese richtige Erkenntnis? Nichts von alldem. Es ist die geschäftsmäßige Fortführung der Haushaltsplanansätze der Vorjahre – kein Aufbruch, keine entscheidende Kurskorrektur, obwohl an unseren Hochschulen Feuer unter dem Dach ist.
Herr Minister, Sie sollten die Interessen der Hochschulen beim Finanzminister vertreten. Mehr Druck, mehr Rückenwind aus
den Hochschulen als in diesem Jahr haben Sie eigentlich noch nie gehabt. Leider hat man bei dem uns vorgelegten Haushalt den Eindruck, dass es genau umgekehrt ist. Offensichtlich sind Sie, Herr Minister, der Interessenvertreter des Finanzministers bei den Hochschulen, nicht umgekehrt.
Wie hätten Sie es sonst zulassen können, Herr Minister, dass mit der Geschwisterregelung der Solidarpakt einseitig gebrochen wurde und keinerlei Ausgleich geschaffen wurde?
Wie hätten Sie es zulassen können, dass trotz des Solidarpakts den Hochschulen mit allen Mitteln und auf allen Wegen Gel der gestrichen werden?
Herr Mappus, wir haben es Ihnen schon x-mal erklärt. Wir haben für die Geschwisterregelung gestimmt.
Das Problem ist aber, dass durch diese Geschwisterregelung der Hochschulsolidarpakt einseitig gebrochen wurde. Wir haben hier beantragt – das haben Sie mit Ihrer Mehrheit abgelehnt –,
dass dieses Geld, das den Hochschulen durch die Geschwis terregelung entzogen wird, ersetzt wird,
weil dies aufgrund des Solidarpakts erforderlich ist. Der Solidarpakt ist ein Vertrag zwischen den Hochschulen und dem Land, und der wurde einseitig gebrochen.
Das Geld hätten Sie zur Verfügung stellen müssen.
Meine Damen und Herren, das hat nichts mit Schuldentreiberei zu tun,
sondern damit, dass wir in die Zukunft des Landes und in die Köpfe investieren wollen.
Das brauchen wir dringend, meine Damen und Herren.
Weitere Punkte: In diesem Haushalt wurde z. B. keine Antwort darauf gegeben, wie die von der Hochschulrektorenkonferenz festgestellten Mehrkosten von 15 % aufgrund des Bologna-Prozesses finanziert werden sollen. Es wurde keinerlei
Ausgleich für die finanziellen Mehrbelastungen der Hochschulen durch die ab 2011 vorgeschriebenen Zulassungstests in den NC-Fächern gegeben, und es wurde auch keinerlei Kompensation für die Akkreditierungsverfahren gegeben, die den Hochschulen auferlegt wurden. Und natürlich – das ist der letzte Punkt – gibt es keine Kompensation für die Kosten, die jetzt für die institutionelle Akkreditierung entstehen, für diese neue „Superlösung“, nachdem die vormals so hochgelobte Programmakkreditierung mit Glanz und Gloria gescheitert ist.
Herr Minister, Sie hätten bei der Aufstellung des Einzelplans 14 um der Hochschulen willen widersprechen müssen, aber Sie haben es vorgezogen, sich wegzuducken. Sie haben damit den Hochschulen geschadet. Sie haben sich gegen die Hochschulen entschieden. Deshalb wird dieser Einzelplan 14 die Probleme nicht lösen. Der Einzelplan 14 in dieser Form wird die Probleme von Hochschulen nur verschärfen.
Was brauchen wir? Was braucht die Hochschullandschaft? Was fordern wir? Wir wollen verlässliche finanzielle Rahmenbedingungen. Dazu gehört eine auskömmliche Finanzierung der Hochschulen aus Staatsmitteln ohne Studiengebühren, denn die sind unsozial und halten Abiturienten vom Studieren ab.
Wir wollen eine Befreiung der Hochschulen von unnötiger Bürokratie. Deswegen werden wir auch dem Antrag der Grünen auf Abschaffung der Pflicht zur Durchführung von Zulassungstests zustimmen. Wir wollen auch eine tatsächliche Autonomie der Hochschulen und nicht eine kleinliche Kontrolle durch das MWK.
Was uns auch wichtig ist: Wir wollen Mitwirkungsmöglichkeiten der Beschäftigten und der Studierenden, die dem kooperativen Charakter wissenschaftlicher Arbeit entsprechen. Ich nenne als Stichwort hier die Einführung einer Verfassten Studierendenschaft.
Dies soll eine kurze Einschätzung des Einzelplans 14 und der dort aufgespannten Finanzwelt sein.
Meine Damen und Herren, ich will auf zwei weitere Punkte zu sprechen kommen. Zum einen zu der Art und Weise, wie die Landesregierung auf die Kritik an der Umsetzung des Bologna-Prozesses reagiert: Es wurde nun für den 8. März zu einem Kongress eingeladen. Fleißig und für viel Geld hat das Ministerium Podiumsdiskussionen und Foren organisieren lassen. Eine Homepage mit der Möglichkeit, Anregungen per EMail zu schicken, wurde eingerichtet. Folgende Frage stellt sich: Wie werden die dort eingegangenen Anregungen eigentlich ausgewertet und aufgearbeitet?
Wir erwarten, dass vor dem Kongress alle eingebrachten Anregungen transparent gemacht werden, nicht nur die, die den frankenbergschen Filter passiert haben.
Außerdem wurden meines Wissens die Studierendenvertretungen nicht oder nur am Rande in die Vorbereitungen und in die Konzeption des Kongresses eingebunden. So geht es eigentlich nicht. Wenn man wirklich strukturelle Änderungen will, dann müssen diese von unten nach oben erfolgen und dürfen nicht mithilfe eines eilig einberufenen kopflastigen Kongresses geschehen; Letzteres wäre reiner Aktionismus.
Ein zweiter Punkt, den ich noch ansprechen will, ist ganz aktuell: Vorgestern ging durch die Presse, dass wir trotz der Bemühungen, die Studienplätze schnell zu verteilen, auch in den NC-Fächern wieder unbesetzte oder sehr lange Zeit unbesetzte Studienplätze haben. Herr Minister, ich würde Sie bitten, nachher etwas dazu zu sagen, wie sich die Situation hier im Land Baden-Württemberg in dieser Frage darstellt.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Frau Heberer wird in der zweiten Runde über das Thema Kultur sprechen.
Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Fraktion GRÜNE – das wurde schon gesagt – ist ein Jahr alt. Mittlerweile hat sich die Situation an unseren Hochschulen, insbesondere in finanzieller Hinsicht, dramatisch verändert.
Der Antrag aus dem letzten Jahr versucht, akribisch Nachweis zu führen, warum welche Planzahlen unzutreffend sind, warum welche Planzahlen nicht erreicht werden können und warum und um welche Zehntelprozentpunkte die baden-würt tembergische Situation von der in anderen Ländern abweicht. Das sind richtige Fragen, berechtigte Fragen. Aber die Fragen und Antworten stammen eben aus dem Jahr 2008.
Die Situation bei den Hochschulen, die wir im Wintersemes ter 2009/2010 erleben, ist demgegenüber verändert.
Ich denke, dass wir hier nun breiter darüber diskutieren müssen und uns nicht mit Erbsenzählerei aufhalten sollten.
Wir haben an diesem Ort bereits vor zwei Wochen in einer Aktuellen Debatte über die Situation an unseren Hochschulen diskutiert. Ich will diesen Tagesordnungspunkt nutzen, um auf ein paar wichtige Punkte, existenzielle Probleme unserer Hochschulen, hinzuweisen.
Wir haben z. B. das Problem, dass der Bologna-Prozess wirklich außer Kontrolle geraten ist. Wir haben Studienangebote, die oft unstudierbar geworden sind. Die Wissenschaftlichkeit des Studiums ist nicht mehr überall gewährleistet. Wir werden große Probleme – das hat jetzt wieder mit Zahlen zu tun – beim Übergang vom Bachelor- zum Masterstudium bekommen, und – es wurde oft gesagt, aber daran hat sich nichts geändert – unsere Hochschulen sind chronisch unterfinanziert.
Meine Damen und Herren, auch das Thema Studiengebühren will ich Ihnen nicht ersparen. Studiengebühren sind eine Zugangshürde, und sie haben in diesem Bundesland eine Selektionswirkung. Der Solidarpakt wurde hier einseitig durch die Einführung der Geschwisterregelung gebrochen. Das Projekt „Unternehmerische Hochschule“ ist gescheitert. Der Prozess führte zu einer Entfremdung von der Institution Hochschule.
Das Fehlen einer Verfassten Studierendenschaft sorgt für gro ßen Unmut unter den Studierenden.
Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen. All diese Punkte führen sogar dazu, dass sich Rektoren mit Hörsaalbesetzern solidarisieren.
Jetzt hat man ein wenig den Eindruck, dass die Verantwortlichen im Land und im Bund versuchen, den Protest mit einer Art Wattetaktik einzulullen. Aber, meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Watte hilft auf Dauer nicht gegen eine grundsätzlich verfehlte Hochschulpolitik.
Herr Minister, Sie haben nach unserer letzten Debatte sehr medienwirksam mit anwesenden Studierenden gesprochen und diskutiert; es gab ein fast zweistündiges Gespräch. Wir waren als AK-Vertreter mit dabei. Sie haben den Studierenden versprochen, einige Punkte, die ihnen wichtig waren, zu prüfen und dann entsprechend zu reagieren.
Ich will hier einige Punkte, die dort angesprochen worden sind, ohne Anspruch auf Vollständigkeit aufführen:
Sie wollen sich dafür einsetzen, dass erstens die Arbeit der Studierendenvertreter durch Globalbudgets erleichtert wird und dass zweitens hochschulpolitische Aktivitäten als Grund für ein Urlaubssemester anerkannt werden. Des Weiteren haben Sie in Aussicht gestellt, dass Modelle des Studiums unterschiedlicher Geschwindigkeiten ausprobiert werden.
Sie haben zudem zugesagt – das ist jetzt eine interessante Forderung –, sich dafür einzusetzen, dass die Fünfjahresfrist als Regelstudienzeit aufgeweicht wird. Es gab wohl gestern einen KMK-Beschluss, dass an dieser Fünfjahresfrist festgehalten wird. Insofern ist es besonders interessant, wie Sie Ihre Ankündigung jetzt umsetzen wollen.
Schließlich wollen Sie sich auch dafür einsetzen, dass beim BAföG Bachelor und Master als Einheit gesehen werden.
Dies sind einige aktuelle Fragen, die die Studierenden und die Lehrenden an unseren Hochschulen im Moment, im Jahr 2009, bewegen. Herr Minister, ich möchte Sie bitten, nachher auf diese Punkte einzugehen und uns zu sagen, wie Sie die Zusagen, die Sie den Studierenden in dem Gespräch vor zwei Wochen gemacht haben, umsetzen wollen.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Aus Sicht der SPD-Fraktion ist anzumerken, dass wir den Bologna-Prozess als solchen nach wie vor unterstützen.
Wir wollen kein „Zurück zu alten Strukturen“.
Die Ziele des Bologna-Prozesses, nämlich u. a. einen einheitlichen europäischen Hochschulraum herzustellen, werden von uns nach wie vor für richtig gehalten. Aber die politischen und die politisch motivierten handwerklichen Fehler bei der Umsetzung dieser Vorgaben sind mittlerweile so gravierend, dass sie die Leistungsfähigkeit unserer Hochschullandschaft infrage stellen.
Wenn es, meine Damen und Herren, noch weiterer Beweise bedurft hätte, wie zugespitzt, wie dramatisch die Lage an unseren Hochschulen in der Zwischenzeit ist, dann wird jetzt der Beweis von den Rektoren der Universitäten geliefert.
Wann ist es jemals in der Geschichte unseres Landes passiert, dass Universitätsrektoren ausdrücklich die Motive der Studierenden für Hörsaalbesetzungen, für Streiks gutheißen und sie sozusagen noch darum bitten, ihnen zu helfen, gegen die Landesregierung und die Vorgaben, die hier gemacht worden sind, anzukämpfen?
Was sind die Kritikpunkte an diesem Bologna-Prozess, die von den Studierenden, von den Rektoren, von den Hochschulen vorgebracht werden? Ich will vier Punkte herausgreifen.
Zum Ersten: Durch den Bologna-Prozess haben sich Studium und Lehre verschlechtert und nicht verbessert.
Der zweite Punkt: Das Studium wurde massiv verschult. Die breite Ausbildung, die früher an der Universität möglich war – das Studieren nicht nur des Hauptfachs, sondern sich auch für anderes zu interessieren –, ist aufgrund der Zwangsvorgaben, die gemacht worden sind, nicht mehr möglich.
Der dritte Punkt: Die Flexibilität geht auf null zurück. Eigentlich wurden Bachelor- und Masterstudiengänge eingeführt, um flexibler zu sein, um auszutauschen, um Auslandssemes ter machen zu können, um später andere Studiengänge dranzuhängen. In der Zwischenzeit haben wir in der Bundesrepublik fast 12 000 Studiengänge. Wo soll da noch eine Flexibilität und ein Austausch möglich sein? Diese Flexibilität ist durch die Umsetzung dieses Prozesses, durch die Ausführung, auf null gegangen. Das ist schädlich für die Ausbildung der Studierenden an unseren Hochschulen.
Der vierte Punkt, der massiv als Kritik vorgebracht wird, ist das sogenannte Bulimie-Lernen.
Was ist das? Die Studienzeiten wurden massiv verkürzt, aber die Inhalte wurden nicht geändert. Das geschah übrigens aus Gründen – da gebe ich Ihnen durchaus recht –, die von den Universitäten ausgehen: Eitelkeiten von Professoren, die von ihrem Stoff nicht loslassen wollen, die nicht kürzen wollten. Da sind sicher Prozesse zu verändern.
Aber der Effekt ist: kurze Studienzeiten, gleicher Stoff. Das heißt, man lernt schnell und viel auf die Prüfung
und vergisst das Gelernte nach der Prüfung wieder schnell. Das ist nicht gut für die Ausbildung,
für die Exzellenz der Abschlüsse und für die Studierenden an den Hochschulen.
Meine Damen und Herren, ich sage es noch einmal: Die SPDFraktion teilt ausdrücklich die Kritik an der Umsetzung des Bologna-Prozesses, aber nicht am Prozess selbst.
Auf welche Fehler sind diese Zustände an unseren Hochschulen zurückzuführen? Vor fast fünf Jahren haben wir hier zusammengesessen und über die Einführung des Bologna-Prozesses diskutiert und darüber entschieden. Damals hat der Landtag die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen als Zwangsprozess beschlossen.
Wir – die SPD-Fraktion – hatten damals beantragt, Diplom- und Magisterstudiengänge in begründeten Ausnahmefällen beizubehalten. Die Freiheit, darüber zu entscheiden, wie Bachelor und Master eingeführt werden und ob sie eingeführt werden, sollte den Hochschulen überlassen werden. Mein Kollege Gunter Kaufmann hat diesen Änderungsantrag damals begründet. Ich zitiere auszugsweise:
Wir wollen
mit unserem Änderungsantrag –
verhindern, dass mit diesem Hinweis auf den BolognaProzess... den Hochschulen eine Uniformierung der Studienstruktur diktiert wird. Genau das haben Sie
nämlich die Landesregierung –
an dieser Stelle vor. Wir geben die Entscheidung an die Hochschulen zurück. Dort kann kompetent entschieden werden...
Dieser Antrag wurde in einer namentlichen Abstimmung am 9. Dezember 2004 in diesem Haus abgelehnt. Die Annahme dieses Antrags hätte bedeutet, dass den Hochschulen Freiheit und Selbstbestimmung bei der Einführung des Bologna-Prozesses eingeräumt worden wären.
Was musste sich mein Kollege Kaufmann alles anhören! Ich habe einen Zuruf aus dem Protokoll herausgesucht. Herr Kollege Schebesta hat dazwischengerufen:
Außer dem Stenografen hört Ihnen eh keiner zu!
Meine Damen und Herren, hätten Sie damals zugehört und wären Sie unseren Änderungsvorschlägen gefolgt, hätten wir das Chaos an unseren Hochschulen heute nicht.
Der zweite große Fehler war die mangelhafte Finanzierung der Umsetzung des Bologna-Prozesses an den Hochschulen. Die Rektoren haben mit ihrer Unterschrift unter den Solidarpakt zugesagt, dass sie den Bologna-Prozess kostenneutral umsetzen werden. Das heißt, der höhere Aufwand wird nicht zusätzlich entgolten.
Die Hochschulrektorenkonferenz hat festgestellt, dass der Bologna-Prozess etwa 15 % mehr Kosten verursacht, die nun von den Hochschulen zu tragen sind, die hinsichtlich ihrer Finanzmittel eh schon völlig klamm sind.
Dies sind zwei Gründe für die jetzige Situation an unseren Hochschulen: erstens die starre und unflexible Struktur dieses Zwangsprozesses und zweitens die mangelhafte Finanzausstattung der Hochschulen gerade in Bezug auf diesen Prozess. Hierfür tragen die Regierungsfraktionen im Landtag von Baden-Württemberg die Verantwortung.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind der CDU-Fraktion dankbar für diese Anfrage, gibt sie uns doch die Gelegenheit, über die massiven Probleme im ganzen Land mit dem doppelten Abiturjahrgang 2012 zu diskutieren.
Es ist wichtig, dass wir darüber reden. Denn die Eltern und Schüler schauen zu Recht und mit großer Sorge auf dieses Jahr. Die Fragen, die die CDU in ihrer Anfrage gestellt hat, sind die richtigen. Die Antworten jedoch, meine Damen und Herren, kommen aus einer anderen Welt. Diese Antworten zeugen von Schönfärberei und Realitätsferne und haben nichts mit der Frage zu tun,
welche Probleme es im Zusammenhang mit diesem doppelten Abiturjahrgang an unseren Schulen und Hochschulen tatsächlich gibt.
In der uns vorliegenden Drucksache wird detailliert aufgezeigt, welche negativen Auswirkungen die Beschlüsse zum „Zwangs-G-8“ im gesamten Bildungssystem haben.
Das Chaos wälzt sich durch alle beteiligten Institutionen. Auch heute, im sechsten G-8-Jahr, klagen Eltern, Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer massiv über die Zustände an den Schulen im Rahmen des G 8. Eine ganze Generation von Schülerinnen und Schülern ist davon betroffen und hat die Folgen Ihrer Beschlüsse zu tragen.
Sie haben die Weichen falsch gestellt und nicht auf unsere frühzeitigen Warnungen gehört. Was noch schlimmer ist: Sie haben alle Verbesserungsvorschläge der Betroffenen ignoriert.
Sie haben die Schulen mit der Einführung des G 8 im Prinzip alleingelassen.
Sie haben die Kommunen mit der daraus folgenden Raumnot alleingelassen.
Jetzt helfen Sie unseren Hochschulen nur halbherzig bei der Bewältigung dieser anstehenden Probleme.
Meine Damen und Herren, meine Kolleginnen und Kollegen, zunächst hat sich das Programm „Hochschule 2012“ ganz gut angehört. Noch schnell vor der letzten Landtagswahl wurde dieses Programm öffentlichkeitswirksam präsentiert.
Die Wirtschaft hatte eine wichtige Rolle und hat maßgeblich mitbestimmt, wo, wann, was, wie ausgebaut werden soll. Jetzt, nach vier Jahren, kann man sagen: Mitbestimmt hat die Wirtschaft, mitbezahlt – wie es damals in den Raum gestellt wurde, um diese Mitbestimmung zu rechtfertigen – hat sie bis auf einzelne kleine Aktivitäten eigentlich nichts.
Verstehen kann ich diese Zurückhaltung der Wirtschaft durchaus. Denn warum sollte man für die Beseitigung von Missständen mitbezahlen, die wegen der geburtenstarken Jahrgänge auch demografisch bedingt sind, wenn die Eskalation des Problems erst durch Ihre hier im Haus gefassten Beschlüsse eingetreten ist?
Wie uns der Minister gestern in der Regierungsbefragung gelangweilt nochmals verkündet hat, sollen also bis zum Jahr 2012 an den Hochschulen 16 000 neue Studienplätze geschaffen werden. Das ist zunächst durchaus die richtige Richtung. 16 000 zusätzliche Studienplätze – wir wissen es in der Zwischenzeit – sind jedoch auch nach Expertenmeinung zu wenig. Denn dieser Mangel, der sich da auftut, führt dazu, dass Studierwillige, die keinen Studienplatz bekommen, zunächst einmal eine Lehre machen und dadurch den Realschülern die Lehrstellen wegnehmen. Diese wiederum nehmen den Hauptschülern die Lehrstellen weg, und die schauen in die Röhre.
Auch das ist eine Folge Ihrer G-8-Politik.
Aber, meine Damen und Herren, wie sieht es nun bei dem Programm „Hochschule 2012“ mit den Finanzen aus? Das ist das Entscheidende.
Vom Land bekommen die Hochschulen für jeden neuen Studienplatz zwischen 8 000 und 12 000 €, und dies bei Kosten für einen solchen Studienplatz von 15 000 bis 35 000 €. Mit dem daraus entstehenden Delta, mit dieser Differenz, verschärft dieses Programm „Hochschule 2012“ im Prinzip die chronische Unterfinanzierung der Hochschullandschaft in Baden-Württemberg.
Diese Einschätzung wird sogar in der Stellungnahme des MWK zu einem Antrag von Abgeordneten unserer Fraktion bestätigt. Fast zynisch wird in der Stellungnahme des MWK
darauf hingewiesen, dass keine Hochschule dazu gezwungen war, an diesem Programm teilzunehmen.
Wissen Sie, wie das klingt? Das klingt so, als ob Sie einem Schiffbrüchigen mitten auf dem Meer ein bisschen Trinkwasser anbieten und dann sagen: Ich weiß gar nicht, warum du mehr davon willst, du hast doch genügend Wasser um dich herum.
Zu all diesen seit Jahren bekannten Finanzproblemen kommen dann auch noch die Kosten für die Umstellung im Rahmen des Bologna-Prozesses an unseren Hochschulen hinzu. Auch die Geschwisterregelung und Ihre Weigerung, die entstandenen Mindereinnahmen auszugleichen, verschärfen die Finanzsituation.
Ich bin nicht gegen die Geschwisterregelung.
Aber Sie hätten unsere Anträge mittragen müssen. Die Einnahmeverluste von bis zu 30 %, die den Hochschulen dadurch entstanden sind, hätten Sie ausgleichen müssen. Sie haben es verantwortet. Sie hätten ausgleichen müssen. Die Geschwis terregelung bringt 30 % weniger Gebühreneinnahmen für die Universitäten. Das hätte man ausgleichen müssen.
Fahren Sie einfach einmal herunter.
Könnten Sie sich einfach wieder einkriegen?
Meine Damen und Herren, noch ein letzter Punkt.
Im Rahmen des Programms „Hochschule 2012“ und der Reak tion auf den doppelten Abiturjahrgang haben Sie es z. B. völlig versäumt, im sozialen Bereich, im Bereich der Wohnheime, in diesem Land etwas zu tun. Wir haben ein Programm für Wohnheimplätze in Baden-Württemberg gefordert.
Sie haben nicht mitgemacht. Sie lassen Studentenwerke und Kommunen mit dieser ganzen Problematik allein.
Meine Damen und Herren, dies – wie ich es zu beschreiben versucht habe – ist die reale Welt an den Schulen und Hochschulen in Baden-Württemberg.
In der Antwort der Landesregierung auf die Anfrage, die hier vorliegt, wird eine schöne Scheinwelt, sozusagen eine Welt wie aus einem Lillifee-Prospekt, beschrieben.
Kurzum: Wenn ich mir die Antwort der Landesregierung anschaue, dann fällt mir das Sprichwort „Eigenlob stinkt“ ein. In diesem Fall ist es sogar unberechtigtes Eigenlob.
Meine Damen und Herren, das stinkt gewaltig.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bildungsstreik der Schülerinnen und Schüler, der Studentinnen und Studenten ist richtig. Er findet unsere Unterstützung. Er ist richtig in der Beschreibung der Missstände, richtig in der Ursachenanalyse, richtig in den Forderungen und richtig in den Zielen.
Wir als SPD-Fraktion sehen uns bestätigt in unserer beständigen Kritik an der Zurichtung der Hochschulen auf den Markt, von dem Sie glauben, er sei das allein selig machende Ordnungsprinzip.
Es wird immer klarer: Bildung funktioniert eben nicht nach Marktprinzipien. Der Markt ist in diesem Bereich blind für die Erfordernisse des Landes und seiner Menschen.
Für Entscheidungen im Bildungsbereich sind politische oder auch regionalpolitische Überlegungen und Vorgaben notwendig. In unserem Land aber wurde im Hochschulbereich die unternehmerische Hochschule zum Leitbild der Hochschulreform gemacht. Als Folge dieser Ideologie sind heute die Hochschulen flächendeckend konfusioniert: Bei der Zulassung zum Studium, im Studium selbst, bei den Abschlüssen, in der Finanzierung und bei ihrer Struktur- und Entwicklungsplanung, wie wir gerade in Stuttgart wunderbar beobachten können. Für dieses Chaos, sage ich jetzt, an unseren Hochschulen tragen diese Landesregierung und ihr ideologischer Vordenker, Herr Professor Frankenberg, die Verantwortung.
Aus dieser Verantwortung werden wir Sie auch nicht entlassen.
Unterfinanzierung und Marktausrichtung, das sind die beiden großen Probleme, die die Hochschulen hier in unserem Land ganz besonders haben.
Ich werde versuchen, diesen Befund durch einige Beispiele zu belegen.
Zunächst zu den Studiengebühren. Kollege Löffler hat das alles noch einmal verteidigt.
Sie haben die Verantwortung dafür, dass sie eingeführt wurden. Sie wollten zulasten der Haushalte der Eltern, zulasten der Studierenden den Landeshaushalt entlasten. Sie haben ein Stipendiensystem versprochen, aber es ist nicht gekommen.
Wo ist es? Nichts ist gekommen. Versprochen, gebrochen!
Sie haben sogenannte Studiendarlehen eingeführt. Eine Nullnummer! Bei einem Zinssatz von 7 % wurden sie nicht angenommen. Auch bei einem Zinssatz von 5,5 % werden sie nicht angenommen.
Über kurz oder lang, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, ist Ihnen allerdings klar geworden, dass Sie mit diesem Trick der angeblichen Sozialverträglichkeit, mit diesen Studiengebührendarlehen vor dem Bundesverfassungsgericht wohl Probleme bekommen. Deswegen haben Sie ruck, zuck einem deutlichen sozialen Signal zugestimmt – das wollten Sie setzen –, und zwar der sogenannten Geschwisterregelung. Aber diese Geschwisterregelung ist in diesem gan zen Reigen offensichtlich der nächste Rohrkrepierer geworden. Sie kennen die Geschwisterregelung: Das dritte Kind und alle weiteren Kinder sind von den Studiengebühren befreit. Wir haben diese Regelung begrüßt, weil wir sie als Einstieg in den Ausstieg aus den Studiengebühren sehen.
Das war die Begründung, warum wir da mitgemacht haben.
Um es klar zu sagen: Aus unserer Sicht, meine Damen und Herren, ist es sozial gerecht, wenn das dritte und alle weiteren Kinder von den Studiengebühren befreit werden. Aus unserer Sicht gehören alle Kinder von den Studiengebühren befreit.
Herr Kollege Bachmann, Ihr dreistes Zahnarztbeispiel, das Sie hier immer so gern anführen, wird dadurch endgültig ad absurdum geführt.
Sie haben mit dem Vergleich zwischen dem Zahnarzt, der über die Studiengebühren für sein Kind zur Finanzierung des Studiums herangezogen werden muss, und der Lidl-Kassiererin, die ohne Studiengebühren mit ihren Steuern – wenn sie überhaupt noch welche zahlt – das Studium des Zahnarztkindes mitfinanziere, immer nur eine Rechtfertigung für Ihr Studiengebührenmodell gesucht. Mit dieser Interpretation ist jetzt endgültig Schluss. Umgekehrt wird jetzt nämlich ein Schuh daraus: Jetzt reden wir von der alleinerziehenden Lidl-Verkäuferin, deren einziges Kind Studiengebühren bezahlen muss, während die dritten und weiteren Kinder der Zahnärzte von Studiengebühren freigestellt sind.
Der Gipfel des Ganzen ist die Tatsache, dass Sie von den Regierungsfraktionen sich beharrlich weigern, den Hochschulen die durch diese Geschwisterregelung entstandenen Mindereinnahmen aus Landesmitteln zu ersetzen. Immerhin handelt es sich um bis zu 50 % des bisherigen Aufkommens an Studiengebühren. Unsere entsprechenden Anträge bei den Haushaltsberatungen im Januar dieses Jahres wurden abgelehnt.
Wir sehen das so: Wenn der Landtag auf Vorschlag der Regierung ein Gesetz mit solch massiven Folgen für die Hochschulen beschließt, dann ist es nur recht und billig, dass dieser
Landtag auch dafür sorgt, dass der finanzielle Verlust wieder ausgeglichen wird.
Sie haben es abgelehnt. Sie haben die Hochschulen in diesen Jahren im finanziellen Chaos alleingelassen. Nach unserer Ansicht haben die Hochschulen sogar ein vertragliches Recht auf Ausgleich. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, in den Solidarpakt II hineinzuschauen. Dieser Solidarpakt – Sie wissen es – gibt den Hochschulen finanzielle Planungssicherheit bis ins Jahr 2014. Unter Punkt 2 dieses Solidarpakts ist ausdrücklich ausgeführt, dass für die Studiengebühren das Landeshochschulgebührengesetz in der Fassung des Jahres 2005 gilt. Das ist die Grundlage des Pakts.
Jetzt hat der Landtag mit der Einführung der Geschwisterregelung dieses Landeshochschulgebührengesetz massiv verändert und somit einseitig den Vertrag mit den Hochschulen gebrochen.
Wir fordern die Hochschulen ausdrücklich auf, sich zu wehren, auf die Barrikaden zu gehen und auf die Einhaltung der Geschäftsgrundlage des Solidarpakts zu pochen. Schließlich erbringen sie auch ihren Teil des Solidarpakts mit der Umstellung auf Bachelor und Master und einem Studienplatzaufbau im Rahmen des Programms „Hochschule 2012“.
Eigentlich sollte man erwarten, dass die Rektoren an den Hochschulen in unserem Land angesichts dieser Umstände, dieses Bruchs des Solidarpakts an der Seite der Protestierenden stehen und ebenfalls streiken. Die HRK-Präsidentin Professor Wintermantel hat sich ja unlängst im Fernsehen solidarisch erklärt. Ich frage mich nun: Warum halten sich die Rektoren der einzelnen Hochschulen so vornehm zurück? Warum solidarisieren sie sich nicht offen mit ihren Studierenden, obwohl sie deren Analysen und Forderungen weitgehend teilen?
Wir wissen aus Gesprächen mit den Rektoren und wir lesen es in den Zeitungen, wie sehr sie und die Hochschulleitungen unter der Hochschulpolitik leiden, wie unplanbar die Finanzierung geworden ist und wie beliebig die Entscheidungen fallen. Warum stehen die Rektoren nicht öffentlich zu ihrer Meinung und zu ihren nicht öffentlich auch Ihnen gegenüber ausgesprochenen Worten?
Ich bin der Meinung, sie verhalten sich so, weil sie wissen, dass sie für eine öffentliche Beschreibung der tatsächlichen Verhältnisse, und sei sie noch so wahr, Sanktionen aus dem Hause Frankenberg befürchten müssen. Schließlich ist man bei der Bewilligung von Ausstattungsmitteln, bei der zügigen Abwicklung von Berufungsverfahren oder bei der Entscheidung über Baumaßmahnen angesichts vieler, vieler Konkurrierender deutlich abhängig von Minister und Ministerium.
Jawohl. Dann werde ich das in der zweiten Runde noch etwas weiter ausführen.
Ich bedanke mich.
Er hat noch ein bisschen Redezeit.
Er hat genug zu sagen. Warten Sie es ab.
Ich war bei sieben Minuten. Somit habe ich noch drei Minuten Redezeit.
Ich werde mich kurz fassen.
Das tut nichts zur Sache. Passen Sie einmal auf.
Ich habe vier Punkte anzusprechen.
Herr Kollege Bachmann, die Arroganz, mit der Sie hier versuchen, 15 000 Protestierende auf der Straße in die Ecke irgendwelcher linker Chaoten oder Anarchisten zu rücken
das haben Sie getan; Sie haben das vorgelesen –, diese Arroganz, mein lieber Herr Kollege Bachmann, ist – das muss ich Ihnen sagen – kaum zu überbieten. Das war Punkt 1.
Punkt 2: Ich möchte noch einmal sagen: Niemand ist gegen die Umstellung auf Bachelor und Master. Es geht um die Art und Weise, wie das gemacht worden ist. Hier in diesem Land ist außer der Schaffung eines gesetzlichen Zwangs nichts gemacht worden. Die Universitäten haben kein zusätzliches Geld bekommen. Wir haben im Moment ein großes Problem beim Übergang vom Bachelor zum Master, weil dabei Engpässe entstehen.
Wir hatten ein Konzept vorgeschlagen, es den Hochschulen in ihrer Autonomie zuzugestehen, selbst zu entscheiden, welche Studiengänge sie umstellen. Das wurde hier leider abgelehnt.
Der dritte Punkt betrifft noch einmal die Finanzen und den Solidarpakt.
Herr Minister, wenn Sie mir freundlicherweise kurz zuhören könnten.
Herr Minister Frankenberg, mein dritter Punkt: Nehmen Sie den Ausfall an Studiengebühren durch die Geschwisterregelung ernst. Den Hochschulen fehlen Millionenbeträge, Beträge, mit denen sie geplant hatten; sie hatten Projekte auf den Weg gebracht. Ich stimme Ihnen zu: Wenn man es gut durchrechnet, dann stellt man fest, dass dieser Berg in zwei, drei Jahren weg ist. Aber das Geld fehlt den Hochschulen trotzdem, und sie durften in der Vergangenheit aus den ersten Einnahmen auch gar nicht solch hohe Rückstellungen bilden, um diese Ausfälle ausgleichen zu können.
Sie müssen das ernst nehmen. Wir müssen da einen Ausgleich schaffen. Das Parlament und die Regierung haben den Solidarpakt einseitig gebrochen. Wir müssen dort Änderungen vornehmen. Ich bin auf die Reaktionen darauf gespannt.
Der vierte Punkt: Es ist mir ein besonderes Vergnügen, diesen Punkt anzusprechen, weil ich von Ihnen, Herr Minister, keine Belehrungen über das Wort „Unternehmer“ brauche. Ich bin selbst in meinem Zivilberuf Unternehmer. Ich habe eine Firma mit sieben Personen, und ich weiß, was Unternehmen heißt.
Vielen Dank.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe im Moment krankheitshalber eine etwas angeschlagene Stimme. Aber wir werden das schon hinkriegen.
Wenn man sich die Verlautbarungen der Landesregierung anschaut, dann könnte man eigentlich meinen, die Haushaltsansätze im Einzelplan 14, aus denen sich die Hochschullandschaft, die Forschungseinrichtungen und die kulturellen Einrichtungen des Landes finanzieren, seien üppig und auskömmlich. Ein Land, das nach seinem Selbstverständnis ein exzellenter Wissenschaftsstandort ist, sollte hier auch einen Schwerpunkt im Haushalt haben.
Schauen wir näher hin. Da sind zum einen die Leuchttürme der Exzellenzinitiative. Hier haben Universitäten mit viel Ener gie und Ressourceneinsatz Herausragendes geleistet. Dafür gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Forscherinnen und Forschern in diesen Einrichtungen unser großer Dank.
Meine Damen und Herren, durch die zusätzlichen Finanzmittel aus der Exzellenzinitiative scheinen die Bedingungen an diesen Instituten und Einrichtungen einigermaßen erträglich zu sein. Wie sieht es aber abseits dieser Leuchttürme aus, dort, wo fundierte Forschung stattfinden und gute Lehre gemacht werden soll? Wie sieht die Realität an unseren Hochschulen aus? Ich gebe Ihnen hier ein paar Einschätzungen von Verantwortlichen zum Besten:
Der Rektor der Universität Hohenheim z. B. sagt, dass er einen Teil der Einnahmen aus Studiengebühren benötige, um seinen Haushalt auszugleichen. Das Haushaltsloch in Hohenheim wird im Jahr 2009 rund 3 Millionen € groß sein.
Ein weiterer Rektor warnt davor, dass die Universitäten in Baden-Württemberg in zwei Jahren pleite seien, wenn sich an den finanziellen Rahmenbedingungen nichts Grundlegendes ändere.
Ein anderer Hochschulleiter sagt zum Solidarpakt: Es ist zwar schön, dass wir ihn haben, weil alles, was innerhalb dieses Solidarpakts liegt, vom Ministerium nicht angegriffen wird; aber alles außen herum wird abgegrast. Dies geschieht immer mit dem schönen Hinweis: Ihr habt ja jetzt die Studiengebühren.
Von einem Kanzler stammt die Aussage, dass man zunehmend gezwungen sei, Einnahmen aus Studiengebühren für die Grundausstattung zu verwenden, weil in endlosen Kürzungsrunden Landesmittel gestrichen worden seien.
Dies, meine Damen und Herren, sind Beispiele für die Realität an den Hochschulen in unserem Land: chronische Unterfinanzierung, tägliche Not und verzweifelte Bemühungen, möglichst viel der vom Land gestrichenen Mittel durch Einnahmen aus Studiengebühren zu ersetzen.
Meine Damen und Herren, wir stellen uns eine funktionierende, intakte und auf Exzellenz in Lehre und Forschung orientierte Hochschullandschaft anders vor. Wir wollen verlässliche Rahmenbedingungen im finanziellen Bereich. Wir wollen tatsächliche Autonomie für die Hochschulen und keine kleinliche Kontrolle durch das Ministerium, und wir wollen Mitwirkungsmöglichkeiten der Beschäftigten und der Studierenden, die dem kooperativen Charakter der wissenschaftlichen Arbeit entsprechen.
Das hätten die exzellenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an unseren Hochschulen verdient.
Nehmen wir ein weiteres Beispiel für den Gegensatz zwischen Propaganda und Wirklichkeit an unseren Hochschulen – Kollege Pfisterer hat es auch schon genannt –: das Programm
„Hochschule 2012“. Auf den ersten Blick erscheint es als eine ganz vernünftige Reaktion auf die selbst verschuldete Situation durch das Zwangs-G-8, das es mit sich bringt, dass wir im Jahr 2012 einen sehr großen Abiturientenberg haben. Angeblich wird dann über die Hochschulen ein Füllhorn an Finanzmitteln und Personalstellen ausgeschüttet.
Wie aber sieht die Realität aus? Für jede Stelle, die aus dem Programm „Hochschule 2012“ neu hinzukommt, muss eine bereits bestehende Stelle mit einem k.w.-Vermerk versehen werden. Schon heute werden Stellen, die erst in Jahren frei werden, faktisch gestrichen. Damit werden unsägliche Diskussionen, Streit und Missgunst in die Hochschulen, Institute und Abteilungen hineingetragen. Statt mit dem Programm „Hochschule 2012“ neue Schwerpunktsetzungen zu ermöglichen und neuen Schwung in die Hochschulen zu bringen, wird der Aufwuchs an Studienplätzen mit Klein-Klein-Gerangel belastet.
Nun kommen zu allem Ärger noch die Folgen eines Beschlusses hinzu, den wir in diesem Haus hier gern mitgetragen haben. Ich spreche von der Geschwisterregelung bei den Studiengebühren. Nicht jeder kann es wissen: Diese Regelung besagt, dass ab dem dritten Kind – unabhängig davon, ob die beiden anderen studieren oder eine andere Ausbildung machen – keine Studiengebühren mehr bezahlt werden müssen.
Ab dem dritten Kind also keine Studiengebühren mehr! Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion und der FDP/ DVP-Fraktion, Sie sind auf dem richtigen Weg. Mit dieser Regelung haben Sie nämlich eingestanden, dass Studiengebühren zumindest ab dem dritten Kind unsozial sind.
Damit, meine Damen und Herren, ist regierungsamtlich bestätigt: Studiengebühren sind unsozial!
Ich erwarte es in der Tat nicht von Ihnen, aber eigentlich ist der Weg zu der Einsicht jetzt nicht mehr weit, dass auch Studiengebühren für das erste und das zweite Kind unsozial sind.
Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, Sie hätten schon heute die Möglichkeit, diese Einsicht zu zeigen, wenn Sie unserem Antrag auf Abschaffung der Studiengebühren und deren Ersatz durch Haushaltsmittel zustimmen.
Diese Geschwisterregelung, meine Damen und Herren, räumt auch mit einem anderen Märchen auf, das so gern von Ihnen erzählt wird, nämlich mit dem Märchen, dass die Gebühren
in Baden-Württemberg durch das Kreditsystem faktisch zu nachlaufenden Studiengebühren würden und dadurch niemand am Studium gehindert werde.
Kollege Pfisterer hat es hier gerade auch noch einmal so schön, aber leider schön falsch, vorgetragen. Wenn es wirklich so wäre, meine Damen und Herren, dann gäbe es überhaupt keinen Grund, jetzt die Gebühren ab dem dritten Kind abzuschaffen,
denn jeder – ob das erste, das zweite, das dritte oder das vierte Kind – könnte später ja gut verdienen und diesen Kredit wieder zurückzahlen.
Sie befreien aber das dritte und jedes weitere Kind, weil Sie einsehen, dass dieses Kreditsystem über die L-Bank gescheitert ist. In Wirklichkeit bezahlen nämlich nicht die Studierenden, sondern die Eltern, die Großeltern, die Familien die Studiengebühren.
Dies, meine Damen und Herren, ist aus unserer Sicht ein wirklich bemerkenswerter Paradigmenwechsel. Diese Änderung Ihrer Einstellung hat gute Gründe. Sie haben es nämlich bis heute nicht geschafft, das bei der Einführung der Studiengebühren versprochene Stipendiensystem auch nur ansatzweise zu realisieren. Sie stehen vor einem Debakel, was die Studiengebühren und die Studiengebührendarlehen anbelangt.
Ich gebe zwar zu, dass die 5,5 %, die die Studierenden bei der L-Bank an Zinsen bezahlen müssen, deutlich günstiger sind als die 9 % beim SoFFin, aber die Darlehen werden eben trotzdem nicht angenommen. Wir haben einen neuen Tiefststand an Studiengebührendarlehen.
Sie wollten Sozialverträglichkeit durch Verschuldung herstellen. Diese Ideologie fliegt Ihnen jetzt um die Ohren. Jetzt geht es so langsam auf die nächste Landtagswahl zu, und Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, haben realisiert, wie Koch in Hessen mit den Studiengebühren auf die Nase fiel.
Die hessische CDU, die hessische FDP sind zur Vernunft gekommen – sie wollen keine Studiengebühren mehr.
In Hessen wurden die Studiengebühren abgeschafft. Das ist eine gute Geschichte, und Hessen wird sie nicht wieder einführen.
Nun komme ich noch einmal auf diese Geschwisterregelung zurück. Mit der Geschwisterregelung haben Sie auf einmal Ihr familienpolitisches Gewissen entdeckt.
Im Ausschuss kam es – wir haben ja darüber diskutiert – zu hektischen, überstürzten Gesetzesbeschlüssen,
die Sie durchgesetzt haben,
ohne die finanziellen Folgen dieser Änderungen zu bedenken. Ich sage Ihnen jetzt, welche finanziellen Folgen diese kleine Gesetzesänderung hat.
Universität Freiburg: Mindereinnahmen in diesem Jahr: 3 Millionen € durch diese Regelung. Universität Stuttgart: Mindereinnahmen von 2 bis 3 Millionen €. PH Heidelberg: Mindereinnahmen 1,5 Millionen €. Hochschule Heilbronn: Die Einnahmen aus Studiengebühren sinken um 30 %. Universität Tübingen: im Moment minus 5 %.
Meine Damen und Herren, das alles sind Mittel, mit denen die Hochschulen eigentlich gerechnet hatten. Sie stehen im Haushaltsplan, den wir heute diskutieren. Dieser Haushaltsplan für die einzelnen Universitäten, für die Hochschulen, die PHs ist heute, wenn er beschlossen wird, schon Makulatur.
Denn die Studiengebühren sind ein völlig falscher Ansatz.
Ich bringe es auf den Punkt:
Sie beruhigen Ihr schlechtes familienpolitisches Gewissen auf Kosten der Hochschulen; Sie lassen sie mit diesen Mindereinnahmen allein und schauen dann, wie die Dinge vor sich hinlaufen.
Meine Damen und Herren, es wäre nur anständig, wenn Sie zumindest die durch die Geschwisterregelung entstehenden Mindereinnahmen der Hochschulen durch Haushaltsansätze ausgleichen würden.
Die Hochschulen haben ja mit diesen Einnahmen geplant. Woher soll denn dieses Geld jetzt kommen? Das wäre fair; das ist das Mindeste, was ich von Ihnen erwarte. Deswegen, meine Damen und Herren, nochmals unsere Aufforderung: Stimmen Sie unserem Antrag auf Abschaffung der Studiengebühren zu; ersetzen Sie diese Einnahmen durch Haushaltsmittel.
Wir haben einen Vorschlag dazu gemacht, wie das zu finanzieren ist.
In den nächsten Jahren wird es weitere Vorschläge geben, wie das zu finanzieren ist. Geben Sie Hochschulen die Finanzmittel, die sie brauchen, und zwar ohne bürokratischen Aufwand.
Das wäre eine faire Geschichte; das wäre der Weg, den wir gehen sollten.
Meine Damen und Herren, dies waren meine Ausführungen zu den Bereichen Wissenschaft und Forschung innerhalb des Einzelplans 14. Meine Kollegin Heberer hat jetzt noch drei Minuten und 16 Sekunden
für den Kunstbereich.