René Stadtkewitz
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Fraktion der SPD! Wo bleibt denn endlich die Anerkennung der Verantwortung der SPD?
Das hat er deutlich gesagt! Das habe ich auch so gehört! Ganz deutlich! Wie schon immer im Untersuchungsausschuss und wie im Bericht.
Ich möchte mich zunächst auch bei den Mitarbeitern des Ausschussbüros ganz herzlich bedanken. Wir alle wissen, dass es eine enorme Aufgabe zu bewältigen galt. Immenses Material und viele Zeugenaussagen mussten ausgewertet werden. Wir wissen heute, dass das Büro personell viel stärker hätte besetzt werden müssen. Umso mehr erkenne ich die Fleißarbeit der wenigen Mitarbeiter an. – Herzlichen Dank dafür!
Der Untersuchungsausschuss hat gezeigt, dass wir es hier mit einer ganzen Reihe von Verkettungen – das hat der Ausschussvorsitzende vollkommen richtig dargestellt – und Ursuchen sowie einer kollektiven politischen Verantwortung zu tun haben. Ich möchte der Reihe nach berichten. Ein erster Schritt zur Gründung der Bankgesellschaft war die vom damaligen rot-grünen Momper-Senat vorgenommene Umwandlung der Berliner Sparkasse zur LBB im Jahr 1989/1990. Von Anfang an sollte es nicht bei der Umwandlung der LBB bleiben. Ich zitiere:
Ziel war es, bis Anfang 1992 aus Sparkasse und Berliner Bank einen Bankkonzern entstehen zu lassen, der europaweit agieren und zu einer gigantischen Größe wachsen sollte. Gerade die sich aus dem zum Schutz des Anstaltsträgers ergebene rechtliche Beschränkung war die Begründung für die Notwendigkeit der Fusion, da die Sparkasse wegen ihrer öffentlich-rechtlichen Bindung behindert sei, richtige Bankgeschäfte zu tätigen. Die Berliner Bank und Berlin als Haupteigentümer
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Für uns als Abgeordnetenhaus aber von besonderer Bedeutung müssen die fehlende bzw. unzureichende Kontrolle und die fehlenden Versuche des Umsteuerns durch den Aufsichtsrat der BGB, insbesondere aber auch durch den Aufsichtsrat und die Gewährträgerversammlung der LBB sein. Warum hat niemand gesehen, was auf uns zukommt? Im Aufsichtsrat der LBB saß die gesamte Elite der SPD von Nagel, Böger, Fugmann-Heesing und Staffelt. Hier ist die Geschäftspolitik des LBB-Vorstands abgesegnet worden. Dazu zählen auch die vorhin schon erwähnten verhängnisvollen, umfangreichen Standards für die LBB-Fonds. Und niemand will etwas bemerkt haben. Aber man kann nicht sagen, dass nicht versucht wurde, auch Einfluss zu nehmen. Was hat denn die Finanzsenatorin gemacht, als im Jahr 1998 der Fides-Bericht bekannt wurde? Abgesehen davon, dass das BAKred auch nach diesem Bericht überhaupt keine Anhaltspunkte zum Eingreifen sah, frage ich noch einmal, was Frau FugmannHeesing getan hat. Herr Zimmerman hat im Ausschuss immer wieder hervorgehoben, sie habe kritische Fragen gestellt. Die Beweiserhebung hat ergeben, dass es ihre
Reaktion war, genau in diesem Jahr der Berliner Bank 1,5 Milliarden DM zu entziehen. Eine gigantische Eigenkapitalminderung kann doch nicht die Reaktion auf sich andeutende Risikosituationen im Unternehmen sein.
Statt Einfluss auf die Geschäftspolitik im Sinne von Risikominimierung zu nehmen, haben die Vertreter des Landes die Bank immer wieder zur scheinbaren Sanierung des Landeshaushaltes missbraucht: durch die Verpflichtung zum überteuerten Kauf von landeseigenen Gesellschaften wie etwa ARWOBAU, GSG, KPM oder das Wahnsinnsprojekt Wasserstadt Oberhavel und anderes. Tatsächlich ist niemand seiner Verantwortung gerecht geworden. Auch die Vertreter meiner Partei – das sage ich besonders für Herrn Klemm –, die in den Aufsichtsräten gesessen haben, nehme ich nicht aus. Ich sage bewusst: alle. Weil das so war – das sage ich jetzt zur SPD –, gibt es keinen Spielraum für eine einseitige Schuldzuweisung. Wenn Sie selbst von kollektiver Schuld sprechen, gehört zur Wahrheit auch dazu, dass viele der verantwortlichen SPD-Funktionäre immer noch in Amt und Würden sind. Da ist keiner zurückgetreten, wie etwa Staffelt, der heute noch im Bundestag sitzt, wie etwa Fugmann-Heesing, die seelenruhig die 15. Legislaturperiode hier im Abgeordnetenhaus verbringen durfte.
Die SPD hat nicht nur nicht hingeschaut, sondern steckte mittendrin. Die SPD war Teil des Systems wie in all den Jahren zuvor. Herr Zimmermann und Herr Schimmler, Sie haben heute – vielleicht Herr Zimmermann weniger, die Rede war sehr objektiv, aber die Rolle, die Sie im Ausschuss und in der Pressekonferenz gespielt haben, war eine etwas andere – die große Chance vertan, die Verantwortung der SPD an dieser Stelle deutlich anzuerkennen. Stattdessen versuchen Sie auch weiterhin, einzig und allein den früheren Fraktionsvorsitzenden der CDU, Landowsky, zum Hauptverantwortlichen dieser Bankenkrise zu machen. Landowsky trägt Verantwortung im Vorstand der Teilbank und in verschiedenen Gremien der Bankgesellschaft. Er trägt Verantwortung für alle Entscheidungen, die er gefällt hat. Er ist aber nicht die zentrale Schlüsselfigur der Bankenkrise. Sie wissen das. Sie ignorieren dabei bewusst beispielsweise die Einlassung des Oberstaatsanwaltes Wulff, der zum Ende seiner Zeit, als er am 10. Dezember 2005 in den Ruhestand ging – noch gar nicht so lange her –, sagte: zudem habe sich im Laufe der Ermittlungen gezeigt, dass der frühere CDU-Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus, Klaus Landowsky, bei den Beschuldigten mitunter ohne Grund im Vordergrund stehe. Landowsky habe oft erst im dritten Glied Verantwortung getragen. Das sagt der Staatsanwalt. Der muss das wissen. Ob dies ein ernsthafter Hinweis auf die politische Einflussnahme der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ist, will ich an dieser Stelle nicht bewerten. Ich will an dieser Stelle auch überhaupt nicht die politische Verantwortung meiner Partei kleinreden. Aber in einer großen Koalition tragen nun einmal beide Verantwortung. Das hat auch die Beweiserhebung klar ergeben. Es müssen beide zu ihrer Verantwortung stehen. In der Beweiserhebung wurde deutlich, welche Rolle insbesondere
aber verfügen über zu geringe finanzielle Mittel, um das große Rad drehen zu können.
Nein! Meine Zeit läuft ab. – Dies sagte uns der damalige Fraktionsvorsitzende der SPD Ditmar Staffelt. Bis 1992 ist es nicht geschafft worden. Wie wir wissen, entstand zwei Jahre später im Jahr 1994 die Bankgesellschaft Berlin AG. Die Konstruktion der Bankgesellschaft mit der öffentlich-rechtlichen LBB auf der einen Seite und der privatrechtlichen Berliner Bank auf der anderen Seite war nicht unproblematisch. Das ist gesagt worden. Zwar ist dies nicht schon allein die Ursache für die spätere Krise der Bankgesellschaft. Aber sie bildete den Grundstein – auch das ist richtig gesagt worden – für das Durchschlagen der enormen Risiken über die LBB auf das Land Berlin.
Neben den Schwierigkeiten der Berliner Bank waren das eigentliche Problem aber auch die immer größer werdenden LBB-Fonds, die übrigens stets das Kind der LBB blieben. Es war die LBB, die 1995 die Produktstandards für diese Fonds, das umfangreiche Garantiepaket, beschloss. Diese Standards wurden beibehalten, auch als die IBG von der LBB zur gleichzeitigen Tochter aller Teilbanken und der Holding selbst wurde. Wenn der Untersuchungsausschussbericht vom ruinösen Schneeballsystem spricht, müssen wir auch an dieser Stelle die Verantwortlichen nennen, die drei Geschäftsführer der IBG: Dr. Manfred Schoeps, Wilhelm Schmalfuß und bereits seit 1995 der frühere SPD-Staatssekretär Hans Görler. Der Untersuchungsausschussbericht kritisierte zu Recht die aus heutiger Sicht abenteuerliche Geschäftspolitik der Bankgesellschaft Berlin AG durch ihr Festhalten am Immobiliendienstleistungsgeschäft, obwohl der Immobilienmarkt in Deutschland längst in eine nie gekannte Krise gekommen war.
Herr Klemm! Ich habe nicht in allen Punkten verstanden, was Sie mir sagen wollten. –
Ich will die Gelegenheit nutzen, um eines deutlich zu machen: Mir geht es überhaupt nicht darum, irgendetwas von der Verantwortung, die unsere Partei an der Bankenkrise hat, in Abrede zu stellen,
Genau so ist es! – Mir geht es darum, deutlich zu machen, dass zu einer großen Koalition immer zwei Parteien gehören. Mir fehlt das Deutlich-Machen der SPD an dieser Stelle. Das hätte ich heute erwartet. – Das wollte ich sagen. Ich hoffe, Sie haben es verstanden. – Danke!
Vor dem Hintergrund, dass in Deutschland insgesamt vier Büros zur Registrierung in Deutschland lebender irakischer Wahlberechtigter eingerichtet wurden, wovon eines in Berlin-Weißensee liegt, habe ich eine Frage an den Innensenator: Welche Überlegungen waren bei der Entscheidung ausschlaggebend, dieses Büro, in dem immerhin mehr als 12 000 Iraker erwartet werden, mitten in einem Wohngebiet, nämlich in der Albertinenstraße 6 in Weißensee, gegenüber dem Gelände des Stephanusstiftes, einer sozialen Einrichtung, in der ältere und auch behinderte Menschen betreut werden, und in unmittelbarer Nähe eines Kindergartens einzurichten?
Heißt das, dass Sie als für die Sicherheit Berlins verantwortlicher Senator kein Mitspracherecht bei der Auswahl des Standorts dieses Büros hatten? Wer trägt denn die Verantwortung, wenn es im Falle von Ausschreitungen, Anschlägen usw. nicht gelingt, dort lebende Menschen rechtzeitig in Sicherheit zu bringen? Und ist eine solche Standortentscheidung – das können Sie wenigstens bewerten – nicht als unnötiges Sicherheitsrisiko anzusehen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Haben Mitglieder des Senats im Aufsichtsrat der 7-prozentigen Erhöhung der Vorstandsbezüge bei der Bankgesellschaft Berlin zugestimmt, obwohl die Bank im Jahre 2003 einen Verlust von 316 Millionen € verzeichnete?
2. Wie begründet der Senat diese Erhöhung angesichts des für die Mitarbeiter mit Lohnverzicht und Kündigungen einhergehenden schmerzlichen, aber notwendigen Konsolidierungskurses der Bank?
Herr Senator! Habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass es im Aufsichtsrat keine Entscheidung gegeben hat?
Ich will da jetzt Klarheit: Hat es eine Entscheidung des Aufsichtsrats gegeben: Ja oder Nein?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Neumann, Sie sagten, Sie hätten einigen Mut zusammengenommen, um dann einen Beschluss zu fassen. Sie werden sich an Ihrer Koalitionsvereinbarung messen lassen müssen und sicherlich noch Mut brauchen, wenn Sie irgendwann den Wählerinnen und Wählern Rechenschaft ablegen müssen.
Ich möchte Sie jetzt zu einer Reise in die Zukunft einladen. Ich schaue mir einmal an, wie die Presseberichte der Zukunft lauten könnten. Ich würde dann zitieren, wenn die Zukunft heute schon Gegenwart wäre. Jetzt ist sie es nicht, so dass ich nur mutmaße, was dann in der Zeitung stehen könnte:
Die IHK-Präsidentin des Bundeslandes BerlinBrandenburg lobt in ihrem Jahresbericht die wirtschaftliche Entwicklung der Region. Dabei profitiert die Region vom allgemeinen Aufschwung in der Bundesrepublik. Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, die Rücknahme einiger HartzGesetze, das deutliche Zurückführen der Staatsquote, die Entbürokratisierung und vor allem die Auswirkungen des Steuersenkungsgesetzes der CDU-Bundesregierung haben die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland deutlich verbessert.
Finanzminister Friedrich Merz kann trotz der historischen Steuersenkung mit erheblichen Mehreinnahmen für den Bundeshaushalt rechnen.
Dank der innovativen Familienpolitik der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel haben Frauen von dieser Umwandlung der Gesellschaft profitiert.
So werden fast die Hälfte aller Unternehmen von Frauen geführt. Am Beispiel eines jungen Software-Unternehmens, das mittlerweile über 20 Programmiererinnen beschäftigt, macht die IHKPräsidentin deutlich, dass die hier von Frauen programmierte Software am Markt nicht nur reißenden Absatz findet, sondern dass Frauen bei der Nutzung der modernen Medien den Männern in nichts mehr nachstehen. Dabei hat sich für dieses Unternehmen besonders bewährt, dass durch die CDU-Landesregierung das modifizierte Eigenkapitalhilfeprogramm insbesondere den Frauen zugute gekommen ist. Diese haben oft beim Schritt in die Unternehmertätigkeit eine Eigenkapitalschwäche, aber hier in vollem Umfang von diesem Programm profitiert. Dieses Programm hat umfänglich gegriffen.
Nein! – Ich habe nicht den Überblick, wie gut ich mit meiner Redezeit hinkomme. Deswegen möchte ich das erst einmal durchziehen.
Also weiter in dem Pressebericht aus der Zukunft:
Die Einführung des Familiengeldes sowie steuerliche Anreize für die gemeinsame Beteiligung von Unternehmen an Kinderkrippen, Kindergärten und Schulhorten haben eine neue Qualität der Kinderbetreuung gebracht.
Die Nähe des Arbeitsplatzes von Müttern und Vätern zu ihren Kindern hat in vielen Unternehmen ein Umdenken bewirkt. Durch die weitgehende Freistellung der Unternehmen von Risiken aus schwangerschafts- und krankheitsbedingten Ausfällen sind auch allein erziehende Frauen längst nicht mehr benachteiligt.
Die Gesellschaft in Deutschland hat die Gesamtverantwortung für ihren Nachwuchs voll verinnerlicht. Jeder trägt somit ein Stück Zukunft mit. In den Ausschüssen des Berlin-brandenburgischen Landtages wird nun über ein Ende des Landesgleichstellungsgesetzes nachgedacht, denn nach erfolgreicher Einführung des Gender-Budgets werden nunmehr alle Haushaltstitel auf die unterschiedlichen Auswirkungen von Frauen und Männern geprüft.
Ich könnte sicherlich noch eine ganze Menge mehr vortragen.
Doch nun komme ich zurück zur Gegenwart. Warum bin ich diesen Weg gegangen? – Ich bin ihn sicher nicht gegangen, weil ich der SPD sagen wollte, dass Sie die nächsten Wahlen nicht gewinnen kann. Das war nicht mein Ziel. Vielleicht habe ich sagen wollen, dass unserem Land eine Bundeskanzlerin ganz gut tun würde. Das war auch nicht mein vordergründiges Ziel.
Aber ganz sicher habe ich etwas sagen wollen: Wir müssen aufpassen, dass wir in der Diskussion nicht den Blick für das Ganze verlieren. Es reicht nicht, Statistiken und Zahlen auszuwerten. Es reicht nicht, Seiten über Seiten voll zu schreiben. Es reicht nicht, endlose Debatten zu führen und mit Begriffen herumzuwerfen, die außerhalb dieses Hauses kaum jemand versteht. Wenn wir, wie gestern, im Ausschuss für berufliche Bildung, Arbeit und Frauen über den 6. Bericht zum Landesgleichstellungsgesetz diskutierten, dürfen wir uns nicht in die Tasche lügen. Vieles in den Zahlenwerken hat eben in erster Linie mit dem Rückgang der Mitarbeiterzahlen in allen Verwaltungsbereichen zu tun und weniger mit dem Gesetz selbst.
Natürlich ist dieses Landesgleichstellungsgesetz heute ein wichtiges Instrument. Das ist gar keine Frage. Aber man muss auch mit Blick – Frau Neumann, Sie haben § 14 angesprochen – auf diesen Paragraphen zum Beispiel fragen dürfen, ob all diese Teile auch die richtigen Instrumente sind. Wenn das Ergebnis ist, dass vorhandene Investitionsmittel nicht mehr abgerufen werden und so wichtige und notwendige Investitionen nicht mehr getätigt werden, dann muss man fragen dürfen, ob wir mit der Bürokratie nicht übertrieben haben.
Es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie. Ganz sicher, Frau Neumann, ist der Ruf nach weiteren Verordnungen und Gesetzen falsch. Nun per Anordnung sozusagen gesetzlichen Druck auf Wirtschaft und Unternehmen auszuüben und Chancengleichheit erzwingen zu wollen, kann nicht der richtige Weg sein. Wenn wir über Wirtschaft sprechen, müssen wir endlich anerkennen, dass gerade die Politik über viele Jahre dazu beigetragen hat, dass der Freiraum, den die Politik der Wirtschaft heutzutage lässt, immer enger geworden ist. Vom globalen Wettbewerb will ich in diesem Zusammenhang gar nicht reden.
Neue Gesetze oder Verordnungen helfen uns nicht, sondern verschlechtern die Situation mehr und mehr. Das müssen wir einfach anerkennen. Wir wollen aber gerade Frauen, die von Haus aus eine geringere Risikobereitschaft mitbringen als Männer – das ist oft so, muss aber nicht unbedingt schlecht sein –, dazu bewegen, in Märkten unternehmerisch tätig zu werden, in denen sich kaum noch Betätigungsfelder bieten. Dann muss die Lösung eine andere sein.
Hören Sie doch lieber zu! – Wir müssen den Unternehmen wieder Freiräume schaffen. Wir müssen Märkte frei geben, den Staat dort zurücknehmen, wo Unternehmen es besser können. Die Staatsquote muss auf ein niedrigstmögliches Maß zurückgefahren werden, um so Unternehmen die Chance zu geben, neue Betätigungsfelder zu erschließen. In Begleitung dieser Umwandlung muss durch Anreize und nicht durch Diktion dafür gesorgt werden, dass viele Frauen die sich dadurch ergebenden Chancen auch nutzen.
Die gepriesene Vereinbarkeit von Beruf und Familie, von Familie und Unternehmen darf keine leere Worthülse sein. Eine moderne, innovative Familienpolitik muss ganz oben auf der Prioritätenliste der Politik stehen. Mit Verlaub, Herr Wolf, eine Landesregierung, die nicht erkennen will, dass die Erhöhung der Kitakostenbeiträge die Bedingungen für viele Frauen in dieser Stadt – das ist nur ein Beispiel – abermals verschlechtert, muss aufpassen, dass Wort und Tat nicht weiter auseinander driften.
Es hilft die beste Absicht nichts, wenn man nicht die Kraft hat, diese umzusetzen. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Senator! Ich stelle zunächst fest: Sie erklären, es gebe keine strafrechtlichen Vorwürfe. – Das haben Sie gesagt, Herr Senator, wir können das im Protokoll nachlesen. – Und auch zivilrechtlich seien keine nachweislichen Pflichtverletzungen erkennbar. Herr Sarrazin! Mit Blick auf die Polemik Ihrer Partei des Jahres 2002 nehme ich Ihre Entschuldigung an.
Die Bankgesellschaft wird uns in diesem Haus noch eine ganze Weile beschäftigen. Will die Berliner Landespolitik verloren gegangenes Vertrauen – Herr Sarrazin, auch darum muss es gehen – bei den Menschen in Berlin zurückgewinnen, müssen wir alles tun, um in der Aufarbeitung die Ursachen und die Verantwortlichen zu finden. Es muss auch Regress eingetrieben werden. Dies kann und wird uns nur gelingen, wenn wir dies fern von ideologischen Vorverurteilungen, ganz unbefangen und nüchtern tun. Angesichts der riesigen Landesbürgschaft in Höhe von 21,6 Milliarden € ist dies das Mindeste, was wir für die Menschen in Berlin tun können. Ich denke, dass wir darüber in diesem Haus einig sind. Wir sind uns sicher auch darüber einig, dass überall dort, wo es möglich ist, Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden müssen. Nun hat uns der Finanzsenator – so wie andere auch – bereits mehrfach versprochen, genauestens zu prüfen, ob Verantwortliche der Vorstände der Banken und ihrer Töchter, aber auch der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften – auch das ist angekündigt – in Regress genommen werden können. Riesige und beispiellose Prozesse waren angekündigt. Alles, was davon übrig geblieben ist, ist ein weiteres, trauriges, wenn nicht gar peinliches Kapitel in der Geschichte der Bank. Es ist vor allen Dingen eine verschenkte Chance.
te zu prüfen. Ich halte es sogar für erforderlich, dieses zu tun, um etwaige Probleme bei der Abfassung der Klage ans Licht zu führen. Ich möchte auch wissen, woran es gelegen hat, dass eine unschlüssige Klage eingereicht wurde. Ich glaube, dass die Bank auch in diese Richtung prüft.
Ein zweiter Punkt in diesem Zusammenhang ist die Frage der Pensionsansprüche. Sie wissen alle, dass der Bundesgerichtshof vor die Kürzung oder gar Streichung von Pensionen äußerst hohe Hürden gesetzt hat. Man kann nicht einfach über Jahre erworbene Pensionen streichen oder kürzen. Aber in den Fällen, in denen die Bankgesellschaft eigene Schadensersatzansprüche geltend macht, das heißt, schlüssig darlegen kann, muss es in Erwägung gezogen werden, ob man denjenigen, der seinerseits Pensionsansprüche geltend macht, nicht über eine Aufrechnungslage in Zugzwang bringen kann. Ich möchte, dass das wenigstens in einem einzigen Fall exemplarisch durchexerziert wird. Auch hier sollte man das Prozesskostenrisiko nicht von vornherein scheuen. Ich möchte dieses einmal entschieden haben. An diesem einen Punkt bin ich auch nicht zufrieden mit der Beantwortung; es ist nicht richtig, dass man für eine Aufrechnung bereits eine titulierte Forderung braucht. Es macht keinen Sinn zu warten, bis ein Prozess zu Ende ist und man einen Titel hat, den man vollstrecken kann; man kann vorher die Aufrechnungslage herstellen. Ich möchte nicht, dass den Verantwortlichen ihre Pensionen in voller Höhe weiter gezahlt werden und nicht einmal der Versuch unternommen wird, dieses zu verhindern.
Der letzte Unterpunkt zum Schadensersatz: Alle sind sich einig, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in den entscheidenden Jahren 1998/1999 keine besonders gute Rolle gespielt haben und dass mit äußerster Sorgfalt und Ernsthaftigkeit Schadensersatzansprüche gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften geprüft werden müssen. Ich weiß, dass geprüft wird. Ich möchte – auch wenn es möglicherweise im Vergleichsverfahren ist –, dass auch hier eine Schadensersatzleistung geltend gemacht und eine gerichtliche Entscheidung angestrebt wird.
Alles in allem gibt es keinen Anlass, jetzt von einem Debakel zu sprechen. Es gibt Anlass zu sagen: Es kann an dem einen oder anderen Punkt durchaus auch schneller gehen. Das haben wir auch gesagt.
Herr Ritzmann! Wir haben auch gesagt, dass wir es nicht für angemessen halten, dass eine Anklage vorliegt und dann über eineinhalb Jahre zugewartet wird, bis das Verfahren beim Gericht eröffnet wird. Das Gericht muss dafür sorgen – das ist mein Appell an die Gerichte –, dass das Verfahren in angemessener Zeit eröffnet und terminiert wird, wenn Anklagen vorliegen. Die Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf.
Sie haben genauestens geprüft und am Ende festgestellt, wo Sie mit Ihrer Klage ansetzen werden. Im Gegensatz zu vielen anderen wissen die Herren von der SPD bereits seit 2001, wer die Schuldigen sind, und da, nur da, setzen Sie an. Der zunächst mit der Prüfung beauftragten Rechtsanwaltskanzlei wurde schnell gekündigt, weil sie die Klagen gegen die Vorstandsmitglieder der Berlin-Hyp für nicht zu gewinnen hielt.
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3. Sind die handelnden Akteure in ihrer Entscheidung frei, oder handeln sie auf politischen Druck?
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn es Ihnen gelänge – das können Sie im Laufe Ihres Tuns versuchen –, meine Bedenken zu zerstreuen.
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Die FDP spricht zu Recht vom Prozessdebakel. Sie spielen auf einem Feld, auf dem Sie offenbar nicht gewinnen können. Sie vergessen dabei, die anderen Felder zu besetzen, obwohl überall Verjährung droht. Was ist mit Ansprüchen gegen den Wirtschaftsprüfer? – Auch die haben Sie angekündigt. – Man hört von außergerichtlichen Einigungsversuchen. Was geschieht dort? – Im Vierteljahresbericht zur Risikoabschirmung finde ich immer wieder nur kopierte Textbausteine, aber nichts Substantielles. Warum – ich habe das bereits angesprochen – gehen Sie im Fall Schoeps nicht in Berufung? – Gerade hier geht es um die Risiken aus Fondsgeschäften. Hier werden die vielen Milliarden € erwartet, die aus der Risikoabschirmung gedeckt werden. Es kann mir niemand ernsthaft weis machen, dass es hier keine Möglichkeit der Regressforderung gibt. Am Ende dieses Jahres, da komme ich zu einem weiteren Punkt des Prozessdebakels, das noch nicht sein Ende gefunden hat, enden Verjährungsfristen aus der Prospekthaftung vieler Fondsanteile. Auch wenn es für die Menschen in Berlin außerordentlich schwierig ist, nachzuvollziehen – mir fällt es oft auch schwer –: Viele der Fondszeichner werden sich auf diese Prospekthaftung der LBB berufen, ihre Anteile vielleicht zurückgeben und obendrein die Bank auf Schadensersatz verklagen. Ich bin da nicht so entspannt wie Sie, Herr Zimmermann. Die angekündigte Prozesslawine von Regressforderungen scheint doch ins Rollen zu kommen, nur leider in die falsche Richtung. Das Land Berlin wird aus dieser Gewährträgerhaftung für die LBB auch solche Schadensersatzforderungen der Fondszeichner zahlen müssen. Was kommt da noch auf uns zu? Wie gut – das muss man sich nach diesen Prozessen fragen – ist die Bank juristisch auf diesen Umstand vorbereitet?
Folglich wird die Kanzlei CCP beauftragt, die sofort bereit ist, in die Bresche zu springen. CCP kam, ganz in Ihrem Sinn, zu einem anderen Ergebnis. Vielleicht war auch dies der Grund dafür, dass nicht nach der Gebührenordnung, sondern auf Stundenbasis abgerechnet worden ist – wie man hört.
Die CCP bereitet die Klage auf Schadensersatz in Höhe von 5 Millionen € vor. Man höre und staune, 5 Millionen € bei einer Risikobürgschaft von 21,6 Milliarden €, ein wahrhaftiger Erfolg, für den sich offensichtlich jedes Risiko lohnt. In der Beantwortung der Großen Anfrage wird vom Prozessrisiko gesprochen. Das Ergebnis: Die Klage wird abgewiesen. Ein genauer Schaden konnte der Klageschrift nicht entnommen werden, geschweige denn das dazugehöriges Fehlverhalten. Für den Laien drängt sich die Frage auf, Herr Finanzsenator, wie das passieren konnte. Den Schaden hat wieder einmal die Bank, weit über 2 Millionen € – so wird zumindest gemunkelt, bestätigt ist es nicht – könnte dieses Verfahren die Bank bislang gekostet haben. Über 2 Millionen €, zu denen Herr Sarrazin in seiner Antwort auf Frage 7 der Großen Anfrage lapidar bemerkt:
Diese Kosten sind nicht durch das Land zu begleichen, denn sie sind nicht von der Risikoabschirmung gedeckt.
Offensichtlich hat Finanzsenator Sarrazin nicht begriffen, dass er als Vertreter des Senats im Aufsichtsrat der Bankgesellschaft die Interessen des Hauptgesellschafters vertritt. Offensichtlich ist ihm ebenso wenig bewusst, dass das Land Berlin bedauernswerterweise Hauptaktionär dieser Bank ist. Die Feststellung, diese Kosten träfen das Land nicht, macht ihn entweder zum Rechenkünstler, was er bereits einige Mal unter Beweis gestellt hat, oder erneut deutlich: Dieser Finanzsenator ist nicht nur ein schlechter Vertreter in diesem farblosen Senat, sondern er ist auch ein schlechter Vertreter im Aufsichtsrat der Bank.
Da liegt die Empfehlung nahe, es doch seinen NochParteichef, Stadtentwicklungssenator Peter Strieder, gleich zu tun, sein Aufsichtsratmandat niederzulegen und jemanden zu entsenden, der etwas davon versteht.
Das habe ich nicht gesagt, Herr Gaebler. Aber Sie können es ja einmal versuchen.
Betrachtet man die Vorgänge um die betriebenen Schadensersatzansprüche, die keiner wirtschaftlichen und juristischen Logik folgen, dann drängen sich mir folgende Fragen auf:
1. Geht und ging es wirklich in erster Linie um Regressansprüche?
2. Haben Sie wirklich ganz objektiv und nüchtern geprüft, wo Schadensersatzansprüche geltend zu machen sind und wo nicht?
4. Missbrauchen Sie Ihre politische Stellung, gilt es doch die alte Vorverurteilung zu beweisen und medienwirksam immer wieder zu erneuern?
5. Ist die Entscheidung, in Berufung zu gehen, eine Fortsetzung des Theaters, besonders dann, wenn Sie im Prozess gegen Schoeps nicht in Berufung gehen? – Ich bin kein Jurist, deshalb mache ich mir nicht die Mühe, detailgetreu zu analysieren wie Herr Lindner, worin die Fehler in diesem Prozess lagen.
6. Geht es Ihnen wirklich um die Bank und damit um die Tatsache, weiteren Schaden von Berlin abzuwenden?
Die politische Verantwortung – das wissen wir – tragen Abgeordnete und Senatoren fast aller Parteien in diesem Haus. Aber nur, wenn wir uns von vorgefertigten Reaktionsmustern lösen, wenn wir eine wirklich sachliche, ideologiefreie Betrachtung der Ereignisse anstreben, nur wenn wir sagen, es muss das Interesse eines jeden Abgeordneten, Senatsmitglieds und Mitarbeiters der Bank
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Die interessante Frage ist, ob dies der Tenor Ihrer Großen Anfrage ist. Von Herrn Stadtkewitz haben wir eben gehört, dass er auch denkt, ob vielleicht der Versuch, gegen die Manager der Berlin-Hyp Regressansprüche vorzutragen, falsch war; es sind die Falschen angeklagt
worden. Man solle sich unideologisch von Vorurteilen lösen. Man hat ein wenig den Eindruck, als würde vorgeworfen, hier würde politischer Aktionismus betrieben. Hier würden willkürlich arbeitende Manager der Bank, die nur ihren Job getan haben, aus politischen Gründen mit Verfahren überzogen. So könnte man Ihre Anfrage interpretieren.
Dort hat sich zumindest in den letzten zwei Jahren für mich das Bild ergeben, dass wir es hier mit einem System organisierter Verantwortungslosigkeit zu tun haben, in dem nicht nur Vorstände, sondern auch leitende Mitarbeiter der Bankgesellschaft, der Teilbanken und der Tochtergesellschaften im Immobilien- und Dienstleistungsbereich systematisch ihrer Verantwortung für eine sorgfältige kaufmännische Geschäftsführung nicht gerecht geworden sind. Inwiefern das im einzelnen justitiabel ist und man gegen einzelne Personen tatsächlich zivilrechtliche Regressforderungen erfolgreich geltend machen kann, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Ich komme gleich noch einmal darauf zurück.
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Wenn die Bank nicht alles unternehmen würde, hier auch zivilrechtlich Konsequenzen zu ziehen, wäre es tatsächlich ein politischer Skandal, der hier der Erörterung bedürfte. Es ist schon einmal angesprochen worden, dass es bei solchen juristischen Auseinandersetzungen immer ein Risiko des Unterliegens gibt und normalerweise in einem rechtstaatlichen System bei der Klageerhebung das Urteil nicht von vornherein feststeht.
sein, genau zu beleuchten, wie es zu der aus heutigen Sicht verfehlten Geschäftspolitik, wie es zu den Garantieversprechungen, zu dem Überhören der Warnungen gekommen ist, können wir sagen, dass alles versucht worden ist– – Nur wenn geprüft wird, wo Schadensersatzansprüche erfolgreich geltend gemacht werden können, können wir sie erfolgreich eintreiben. Lernen wir aus dem Prozessdebakel, finden wir endlich die Kraft, zur Objektivität und vor allem zur Sachlichkeit zurückzufinden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Oesterheld schloss mit den Worten, sie habe den Eindruck, dass der Senat nicht „aus den Puschen kommt“. Genau das ist auch unser Eindruck. Deshalb unterstützen wir die Anträge, das sage ich vorweg.
Wir haben uns am 9. April 2002 hier in diesem Haus zusammengefunden, um über das Gesetz mit dem langen Namen, nämlich das Risikoabschirmungsgesetz, zu befinden. Was, wie so oft in deutschen Parlamenten, so umständlich klingt, ist die Landesbürgschaft im Umfang von 21,6 Milliarden € für alte, riskante Immobiliengeschäfte der Bankgesellschaft Berlin. Wir wissen das alles. Das Abgeordnetenhaus hat diesen Beschluss damals aber nicht ohne Forderungen gefasst, denn bei allen Differenzen in der Sache waren wir uns erstens darüber einig, dass die IBB aus dem Bankkonzern schnellstens herauszulösen ist, und zweitens, dass dem Abgeordnetenhaus schnellstens diese sogenannte Positivliste vorzulegen ist. Drittens waren wir uns darüber einig, dass schnellstens eine Controllinggesellschaft aufzubauen ist. Zur IBB empfahl der Hauptausschuss, diese bis zum 30. Juni 2003 aus der Bankgesellschaft herauszulösen. Die Koalition legte dazu blitzschnell einen Änderungsantrag vor, mit dem der Termin 30. Juni 2003 dann gestrichen werden sollte. Das ist dann auch so beschlossen worden. Dieser Logik folgend stimmte die Koalition gegen den Antrag der Oppositionsfraktionen, der die Ausgliederung der IBB bereits bis zum 31. Dezember 2002 vorsah. Unstrittig ist, dass die IBB spätestens bis zum Wegfall der Gewährträgerhaftung aus dem Bankkonzern ausgegliedert sein muss. Das muss vorbereitet werden, das braucht seine Zeit. Deshalb ist dieser Antrag richtig.
Offensichtlich haben Sie, Herr Schimmler, so wie Sie sich gerade äußerten und erklärten, warum das eine oder andere so oder so erfolgt ist, eine anderen Zeitplan im Kopf, den Sie uns nicht verraten wollen. Welche Zeitschiene verfolgt jedoch der Senat – leider ist der Finanzsenator heute nicht anwesend –? Am Beispiel, mit welchem rasanten Tempo es dem Senat gelungen ist, den Aufbau der Controllinggesellschaft voranzutreiben, wird das unterschiedliche Zeitgefühl sehr deutlich. Im Bericht des Finanzsenators, der glücklicherweise vierteljährlich vorzulegen ist, vom 2. Juli 2002 heißt es:
Die Funktionsfähigkeit der Controllinggesellschaft wird im Herbst
gemeint war das Jahr 2002 –
erreicht sein.
Als die Blätter dann vollständig gefallen waren, legte uns der Herr Senator den am 7. November 2002 gefertigten Bericht vor, in dem er uns wiederum mitteilte:
eine Vielzahl von Personalgesprächen geführt sowie die Gestaltung der endgültigen Räumlichkeiten in Angriff genommen hat.
Selbstverständlich, zweites Quartal. Im schon erwähnten Bericht vom 14. Oktober 2003 heißt es dann:
Die Abstimmungen über die Positivliste werden im vierten Quartal 2003 abgeschlossen sein.
Statt zweites Quartal nun viertes Quartal. Nein, erst die Abstimmung über die Liste wird im vierten Quartal abgeschlossen sein, wann wir die Liste bekommen, ist noch unklar. Wohl aber nicht im vierten Quartal, wahrscheinlich erst im ersten Quartal 2004, wer weiß das schon so genau. Warten wir also weiterhin geduldig. In der Zwischenzeit freuen wir uns über unseren Finanzsenator, der mit spitzer Zunge, klarem Wort und großem Tempo die Probleme angeht, wie wir an diesem Beispiel sehen konnten.
Aber im Ernst, die Koalition muss sich fragen lassen, ob es angesichts des aufkommenden Gefühls der Veräppelung beim Lesen der Berichte des Senats nicht doch besser gewesen wäre, dem Senator – vor kurzem hatten Sie die Gelegenheit – das Vertrauen zu entziehen. Das sollten sich auch die Damen und Herren der Koalition nicht gefallen lassen. Wer so verschleppt, macht deutlich, dass er entweder tatsächlich eine andere Zeitvorstellung hat, oder aber, dass ihm die Kompetenz fehlt. Das ist nicht weiter verwunderlich bei diesem Senat. Ich möchte dennoch zu Gunsten des Senators annehmen, dass er nur ein anderes Zeitgefühl hat.
Deshalb kann ich zustimmen, Frau Oesterheld, wenn Sie – zu Recht, das ist auch eine offene Tür, durch die Sie da rennen wollen – vorschlagen, dass dem Abgeordnetenhaus die Positivliste vorzulegen ist, und zwar möglichst
bald. Aber ich finde es angemessen, darauf hinzuweisen, dass es da um eine harte Auseinandersetzung mit der Bankgesellschaft Berlin geht, dass die Controllingtätigkeit der BCIA auch wahrgenommen werden muss, weil – das will ich Ihnen auch einmal deutlich sagen – ich es für völlig unrealistisch halte, dass wir hier im Abgeordnetenhaus den versammelten Prüfprozess und all das, was an Controlling durch die BCIA erforderlich ist, in Eigentätigkeit der Abgeordneten rekapitulieren. Das heißt, die BCIA muss die Gelegenheit kriegen, die Positivliste und den Entwurf, den die Bank ihr überwiesen hat, angemessen zu bearbeiten. Denn wir haben hier nur dann eine Chance, Interessen des Landes Berlin gegenüber der Bank zu wahren. Was glauben Sie denn, was Ihnen gelingen wird, wenn Sie selbst in den Datenraum runterstapfen und die Hunderte von Seiten durchforsten, auf denen die einzelnen Tätigkeiten der Gesellschaften, die im Immobiliendienstleistungsbereich arbeiten, zusammengefasst sind? Wie wollen Sie das bearbeiten? Das halte ich für völlig ausgeschlossen. Wir wollen, dass die BCIA ihre Tätigkeit sauber macht, dass sie uns einen vernünftigen Bericht über diese Tätigkeit macht und die Positivliste so weit aufbereitet, dass das Abgeordnetenhaus vernünftig über sie beschließen kann. In dem Sinn, mit einer Differenzierung, werden wir Ihrem Antrag folgen, aber, wie gesagt, Sie rennen da offene Türen ein; eine Skandalisierung ist in diesem Punkt völlig unnötig.
Ich bin beim letzten Satz. Ich nehme an, dass es nur am Zeitgefühl liegt, aber dann sind die Anträge der Grünen – wenn sie auch keine neuen Forderungen enthalten – auf jeden Fall berechtigt, weshalb die CDU-Fraktion ihnen zustimmen wird. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Senator! Sie mahnten vorhin mehrfach, die deutsche Sprache richtig zu gebrauchen. Wenn Sie sich auf ein Ereignis in diesem, also im aktuellen Jahr beziehen, muss es doch heißen „dieses Jahres“ und nicht „diesen Jahres“. Sie sagten aber „diesen Jahres“. Hätten Sie diesbezüglich – ähnlich wie Sie es bei der Bedeutung des Wortes „Chaos“ machten – vorsichtshalber nicht noch einmal im Duden schauen sollen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es tut mir Leid, so kurz kann ich es nicht machen. Ich glaube, das war auch ein bisschen dünn, was Herr Flemming hier gebracht hat.
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Nun zu den Forderungen der Grünen. Diese stärken auf der einen Seite die Aufsichtsräte und machen Schluss mit der teils undurchschaubaren Rolle von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, insbesondere von Testaten von Jahresabschlüssen. Auch dies, das hat der Untersuchungsausschuss gezeigt, ist außerordentlich wichtig. Wenn gefordert wird, dass ehemalige Aufsichtsratsmitglieder nicht in den Vorstand berufen werden sollen, dann ist das
aus unserer Sicht sinnvoll. Es darf keinen Automatismus geben, dass Vortandsmitglieder gleitend in den Aufsichtsrat wechseln. Der Aufsichtsrat muss unabhängig sein, insbesondere durch seine Personen. Nur so kann er die wichtigen Aufgaben der Kontrolle und Überwachung der Aktivitäten des Vorstandes auch wahrnehmen. Es macht keinen Sinn, wenn Aufsichtsratmitglieder darüber urteilen sollen, ob sie in der Vergangenheit, in ihrer Vorstandzeit, Richtiges vollbracht haben. Richtig ist auch, dass der Aufsichtsrat durch einen ihm untergeordneten Prüfungsausschuss die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auswählt, die dann – nur für eine begrenzte Zeit – die Abschlussbilanzen testiert, die Testate direkt dem Aufsichtsrat übergibt und vor allen Dingen keine Beratungs- und Gutachteraufträge nebenher für die gleiche Gesellschaft vornehmen darf. Dies alles stärkt nicht nur den Aufsichtsrat, sondern schafft auch mehr Transparenz. Wenn diese Forderungen über den Kodex hinausgehen, dann begrüßt die CDU-Fraktion dies und unterstützt den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ausdrücklich.
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Als Mitglied des Untersuchungsausschusses kann ich ein Lied davon singen, wie die mangelnde Transparenz, gepaart mit fehlendem Gesamtcontrolling in der Addition mit vielen anderen Ursachen zu dieser Bankenkrise geführt haben. Auch wenn wir längst nicht alle Ursachen kennen, kann dennoch eines klar gesagt werden: Die mangelnde Transparenz und ein dadurch möglicherweise unüberschaubar gewordenes Handeln einiger Akteure, insbesondere der Tochtergesellschaften wie IBG und IBAG, tragen die Hauptverantwortung. Die Politik hat versagt, weil sie ihr Kontrollrecht nicht ausreichend wahrgenommen hat. Ob die Vorschläge dieses Antrags ausreichen, vermag ich nicht einzuschätzen. IBG und IBAG werden wir damit nicht ausreichend erreichen. Dennoch ist dies ein Schritt in die richtige Richtung. Wir unterstützen deshalb diesen Antrag und finden es richtig, dass er eingebracht worden ist. – Danke!
Die Überweisung in einen Ausschuss ist, wie wir wissen, manchmal auch die gewollte Beerdigung eines Antrags, zumindest ein zeitliches Verschieben. Wenn Sie es gar in mehrere Ausschüsse überweisen, wissen wir ganz genau, was dabei herauskommt.
Wir reden heute wieder über die Bankgesellschaft, und wieder geht es um mehr Transparenz. Das Thema kann uns gar nicht wichtig genug sein, so dass wir auch zu dieser späten Stunde darüber sprechen. Transparenz kann Vertrauen sowohl der Kunden als auch der Gesellschaft, der Aktionäre, aber auch der Mitarbeiter wieder zurückgewinnen. Gerade die Arbeit im Untersuchungsausschuss zur Bankgesellschaft hat deutlich gemacht, welche Defizite der Konzern Bankgesellschaft in Sachen Transparenz hatte und immer noch hat. Nicht nur für ihre Kunden ist diese Bank ein undurchsichtiges Konstrukt geworden, bei dem nicht einmal mehr verantwortliche Mitarbeiter den Durchblick hatten. Ob sie ihn heute haben, wissen wir immer noch nicht. Vielleicht ist die Bankgesellschaft einfach nur zu groß geworden, am Ende ist es aber die mangelnde Transparenz gewesen, die letztlich dazu geführt hat, dass viel zu wenige die Risiken erkannt haben, Risiken, die uns noch lange beschäftigen werden. Damit meine ich nicht nur die Inanspruchnahme des Landes Berlin auf Grund der Bürgschaft, sondern auch solche Risiken, über die wir heute noch gar nicht gesprochen haben, die noch gar nicht genannt wurden, die wir noch gar nicht gesehen haben. Wollen wir die ohnehin vorhandenen Risiken nicht weiter erhöhen und soll die Bankgesellschaft – in welcher Form auch immer – eine Zukunft haben, braucht sie ein neues Image. Hierin gebe ich der Kollegin Oesterheld Recht.
Weil Sie, Herr Sarrazin, gescheitert sind, weil es Ihnen nicht gelungen ist, die Bank zu verkaufen – ich erspare mir an dieser Stelle die Kritik an Ihren dilettantischen Verkaufsverhandlungen –, ist es nötig, dass Sie sich Gedanken machen, wie das Image der Bankgesellschaft verbessert werden, wie die Bankgesellschaft verloren gegangenes Vertrauen wieder zurückgewinnen kann. Es reicht ganz sicher nicht, ein wenig an der Gesellschaftsstruktur zu basteln, wie in den vergangenen Tagen geschehen, vielmehr muss ein neues Image her. Weil Sie sich dafür nicht einsetzen, kommt dieser Antrag. Die darin geschilderten Maßnahmen sind sicher ein Weg, um zu einem besseren Image zu gelangen. Ein Unternehmen, das nichts zu verbergen hat, wird von mehr Transparenz am Ende auch profitieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wann und in welcher Form hat der Regierende Bürgermeister Wowereit Kenntnis von dem Sonderprüfbericht vom 13. März 1997 und dem Schreiben des Wirtschaftsprüfers Achim Walther vom 29. November 2001 erhalten, und was hat der Senat daraufhin unternommen?
2. Aus welchen Gründen wurden hierüber weder der 1. Untersuchungsausschuss „Bankgesellschaft Berlin“ noch die Staatsanwaltschaft informiert?
(A) (C)
(B) (D)
Herr Wowereit! Ich erlaube mir die Frage: War Ihre Sorge um eine mögliche Zustimmung des Abgeordnetenhauses, insbesondere der Koalitionsfraktionen SPD und PDS, zur Landesbürgschaft in Höhe von 21,5 Milliarden DM ausschlaggebend dafür, die Information über die Existenz dieses Walther-Gutachtens sozusagen – ich will nicht sagen – versikkern zu lassen, aber die Zeitschiene entsprechend zu verlängern?
Herr Wowereit! Wissen Sie, dass viele staatsanwaltliche Ermittlungen erfolgreich zum Abschluss gebracht werden, weil Hinweise aus der Bevölkerung Licht ins Dunkle brachten? Glauben Sie nicht, dass es Ihre Pflicht als Bürger dieser Stadt gewesen wäre, die Staatsanwaltschaft sofort zu informieren, sofern es Hinweise gab?
Schönen Dank für die ausführlichen Darlegungen. Aber es geht ja nicht um die Frage, was Sie daraus schließen, sondern es geht darum, dass Sie eine Information hatten und diese – aus meiner Sicht – nicht rechtzeitig weitergegeben haben. Aber ich komme zu meiner Frage, andernfalls werde ich gerügt.
Sie loben die Bankgesellschaft immer wieder, indem Sie darauf hinweisen, diese habe das Gutachten dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestellt. Wissen Sie eigentlich, dass die CDU-Fraktion durch Beweisantrag dieses Gutachten angefordert hat?
Herr Senator! Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sagten Sie, dass Sie keine Kenntnis vom Inhalt des Vertrages hätten. Sie sagten aber auch, dass Sie sich für die Einhaltung der Vertragsbedingungen einsetzen wollen. Wie wollen Sie das machen?