Herr Minister Laumann, wie Sie wissen, sind die Expertinnen und Experten sich einig, dass die größtmögliche Sicherheit im Maßregelvollzug in der Persönlichkeit der Patienten angelegt sein muss, also durch therapeutische Maßnahmen zu erzielen ist. Es ist ja bekannt, dass kein Gefängnis und keine Maßregelvollzugsklinik so sicher sind, dass es nicht immer wieder zu Entweichungen kommen kann und die Gesellschaft gefährdet ist. Deswegen haben wir in den Landschaftsverbänden einen hohen therapeutischen Standard, um die Sicherheit in der
Persönlichkeit der Patienten selber zu gewährleisten und auch um die Fallzahlen im Maßregelvollzug zu verringern. Wie ist Ihr Konzept der Langzeitverwahrung mit dieser Erkenntnis zu vereinbaren, bei dem Sie, wie Sie eben gesagt haben, von Vornherein davon ausgehen, dass ein bestimmter Personenkreis überhaupt keine therapeutischen Möglichkeiten mehr bekommen wird, sondern sich dann dort im Rahmen eines verbilligten Konzeptes zur Dauerverwahrung aufhalten muss?
Sie sind eine Vertreterin des Landschaftsverbandes Rheinland. Wenn man mit den Informationen im Landschaftsverband Westfalen-Lippe genauso umgegangen wäre wie im Landschaftsverband Rheinland, hätten wir die Debatte in Westfalen nicht. Im Rheinland gibt es eine solche Debatte in der Öffentlichkeit nicht, obwohl das das gleiche Gespräch war. Das nur zur Qualität des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in der Frage des Maßregelvollzugs.
Ich glaube, dass es fachlich völlig richtig ist, Menschen, die nicht mehr therapiefähig sind, in Langzeiteinrichtungen zu bringen. Sie müssen immer bedenken, dass Sie es in aller Regel mit Menschen zu tun haben, die schon über viele Jahre eine hoch qualifizierte Therapie bekommen haben. Ich stehe dazu, dass wir in der Therapie klasse bleiben müssen. Das schließt aber in einigen Fällen eben aber auch Langzeiteinrichtungen nicht aus. Wir stimmen wohl darin überein, dass wir die in einer guten Qualität vorhalten müssen, nicht nur um Sicherheit zu gewähren, sondern auch einem bestimmten Menschenbild Rechnung zu tragen. Ich bin ziemlich sicher, dass sowohl die Fachleute in meinem Ministerium wie auch bei den Trägern hierfür ein gutes Konzept entwickeln werden.
Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, ich muss mich korrigieren: Wir haben noch weitere neun Kolleginnen und Kollegen, die sich gemeldet haben.
Herr Minister Laumann, die wohl längsten Erfahrungen mit der Möglichkeit einer Langzeitunterbringung liegen aus den Niederlanden vor. Als vor etwa eineinhalb Jahren Mitglieder der CDU-Fraktion vorgetragen haben, dass es sicher sinnvoll sei, die Langzeitunterbringung auch nach Nordrhein-Westfalen zu holen, ist
damals aus dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales geantwortet worden, das sei für zwei Einrichtungen bereits der Fall und dass man auf einem guten Weg sei, die Erfahrungen aus den Niederlanden auf Nordrhein-Westfalen zu übertragen.
Mich interessiert, wie gut vorbereitet Sie Ihr Haus vorgefunden haben, um diesen und die anderen genannten Sparansätze in den Gesprächen mit den beiden Landschaftsverbänden zur vollen Geltung zu bringen?
In dieser Frage habe ich alles in allem ein gut vorbereitetes Haus vorgefunden. Entscheidungen, dass der Maßregelvollzug in der Durchführung beim Land liegt, geben uns die einzige Möglichkeit, das zu machen, was wir zurzeit machen können. Ich finde auch, dass die Einrichtung des Maßregelvollzugsbeauftragten eine richtige Entscheidung meiner Vorgängerin war. Ich finde, dass sich der Maßregelvollzug nicht für große politische Auseinandersetzungen eignet. Der Maßregelvollzugsbeauftragte hat vor diesem Hintergrund außerhalb des Politischen viel Ruhe in den Bereich hineingebracht. Betrachten wir die Entwicklung bei den Entweichungen über die letzten Jahre, haben wir meiner Ansicht nach bereits Erhebliches in der Frage der Sicherheit erreicht. Ich will gerne mit diesen Leuten zusammen dem Maßregelvollzug eine weitere Facette zuführen, indem wir uns jetzt auch die Wirtschaftlichkeit anschauen müssen.
Noch einmal zur Frage der Langzeiteinrichtungen: Diejenigen, die wir einfach nicht therapieren können – weil sie zum Beispiel intelligenzgemindert sind –, sind nicht nur in anderen Ländern, sondern auch in Nordrhein-Westfalen Realität. Man hat gute Erfahrungen mit der Langzeitunterbringung gemacht. Auf diesem Weg müssen wir einfach weitergehen.
Herr Minister, Sie haben eben noch einmal das Stichwort „Wirtschaftlichkeit“ gebracht. Ich möchte Sie fragen, welche Zahlen Sie im Gespräch mit dem LWL bezüglich der Finanzierung des Maßregelvollzugs für das Haushaltsjahr 2007 genannt haben.
Die Zahlen für 2006 stehen im Haushalt. Die Frage habe ich auf jeden Fall beantwortet und muss das nicht noch einmal tun.
Zunächst wollte ich mich beim Präsidenten Moron für den Hinweis auf die Ausschusssitzungen bedanken. Wir werden die Fragen und Antworten intensiv bei unseren Beratungen im Ausschuss einfließen lassen.
Herr Minister, Sie haben hier und heute betont, Sicherheit habe für Sie absoluten Vorrang. Es war zu lesen, die Sicherheit der Bevölkerung und der in den Kliniken Beschäftigten hätten oberste Priorität.
Wie kann diese Sicherheit in den forensischen Kliniken bei einem Abbau der Beschäftigtenzahl gewährleistet werden, wo doch gerade die Beschäftigten ein wesentlicher Maßstab dafür sind, dass in diesen Häusern Sicherheit gewährleistet werden kann? Steht das dem nicht eher entgegen?
Nein, das steht dem nicht entgegen, wenn man sich in diesem Dreiklang bewegt: Der Nachteinschluss führt schlicht und ergreifend dazu, dass da, wo wir solche Nachteinschlüsse haben, die Nachtschichten von der Personenzahl her zurückgeführt werden können. Größere Stationen führen natürlich zu einer höheren Effizienz beim Personaleinsatz. Transport zu Arbeitsgelegenheiten ist ein Thema, zu dem ich eben etwas gesagt habe. Das können wir effizienter gestalten. Es können Bereiche mehr von Hilfskräften übernommen werden, die nicht so hoch tarifiert sind. Darüber gibt es im Übrigen überhaupt keinen Streit. Aus den Langzeiteinrichtungen für Nichttherapiefähige können Sie natürlich ein Teil des therapeutischen Personals herausnehmen und einen geringeren pflegerischen Ansatz vorsehen. Das ist auch unstreitig. Dann kommt die Umkehr der Vollstreckungsreihenfolge hinzu, die mit der Entwicklung der Patientinnen- und Patientenzahlen zu tun hat. Ich glaube schon, dass das ein Bereich ist, in
dem wir verantwortlich wirtschaftlicher arbeiten können, ohne die Qualität des Maßregelvollzugs – das wiederhole ich –, der die Sicherheitsfrage in sich hat, zu beeinträchtigen.
Herr Präsident! Herr Minister! In dem Zusammenhang rechnet der LWL mit dem Abbau von 140 Stellen. Können Sie einen solch erheblichen Abbau ausschließen? Wie ist es unter dieser Prämisse noch um die Sicherheit in diesen Einrichtungen bestellt?
Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht, weil sowohl die Finanzzahl, die der LWL solchen Entlassungen zugrunde legt, als auch die daraus gezogene Schlussfolgerung des LWL völlig unrealistisch ist. Ich behaupte: Hier sollte jemand installiert werden, um den Minister in die Knie zu zwingen. Aber dafür müssen beim LWL noch ganz andere Leute geboren werden.
Danke schön. – Herr Minister, Sie haben zu Beginn der Legislaturperiode im Zusammenhang mit dem Maßregelvollzug die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Parlament betont. Sie haben vor ungefähr 25 Minuten bei der Beantwortung mehrer Fragen noch einmal betont, dass Sie den Konsens mit den Trägern, den Beteiligten und vor allen Dingen mit dem Parlament in dieser Frage suchen. Bei der Beantwortung anderer Fragen haben Sie deutlich gemacht, dass Sie den Konsens hier im Hause für unverzichtbar halten. Ich will das ausdrücklich betonen und unterstützen, weil ich persönlich zutiefst davon überzeugt bin und auch die Erfahrungen der vergangenen Legislaturperiode ihre eigene Sprache dabei sprechen, dass Maßnahmen der Weiterentwicklung im Bereich des Maßregelvollzugs die breite parlamentarische Unterstützung hier im Hause brauchen und sich nicht für parteipolitische oder sonstige „Spielchen“ eignen.
Mich irritieren zwei Dinge: Das eine ist im Zusammenhang mit den angedachten oder vorstellbaren baulichen Veränderungen in den Einrichtungen, deren Begehung Sie angesprochen haben. Dazu haben Sie Frau Fischer geantwortet, dass Sie sich vorstellen könnten – Konjunktiv –, das dann auch dem Fachausschuss vorzustellen.
Der zweite Punkt, der mich noch stärker irritiert, ist, dass Sie nach wie vor während dieser Fragestunde versuchen, dem LWL Schuld in die Schuhe zu schieben, um ihn als Informationsloch oder wie auch immer zu identifizieren. Deshalb meine Frage:
Können Sie im Sinne des breiten Konsenses, den wir alle hier im Haus wollen und den wir parlamentarisch unterstützen möchten, in Zukunft ein Verfahren sicherstellen, das klarstellt, dass alle Fraktionen hier im Hause zeitgleich informiert und in Beratung, Meinungsbildung und Überlegungen einbezogen und dass Konzepte nicht nur über Umwege erfahren werden?
Ich will noch einmal sagen: Die Führung eines Ministeriums muss sich schon noch Gedanken darüber machen, welche Haushaltsansätze sie im Zuge eines Haushaltsaufstellungsverfahrens einer Landesregierung dem Finanzministerium zu einem bestimmten Termin mitteilt. Diese muss man in einem Ministerium entwickeln. Das kann ich zu Anfang der Überlegungen nicht transparent gestalten, sondern muss erst einmal mit meinen Fachabteilungen und den Trägern darüber reden, um bei dem Beispiel Maßregelvollzug zu bleiben.
Wir möchten gerne einen Nachteinschluss machen. Da ist man in den Fachabteilungen schon vor meiner Zeit dran gewesen. Wir sind dort nicht recht weitergekommen, deswegen jetzt die Bege
hung. Ich bin der Meinung, dass wir den Ausschuss dann, wenn wir gesehen haben, wo was zu welchen Kosten geht – da müssen jetzt auch die Baufachleute ran –, informieren, dass es kein Geheimnis ist zu sagen: In der Einrichtung kommen wir zu soundso vielen Plätzen Nachteinschluss mit dem Kostenaufwand und der Einsparung, die damit zusammenhängt. Daran kann man auch die Wirtschaftlichkeit dieser Maßnahme erkennen. Ich möchte gerne, dass wir da, wo wir mit dem geringsten Aufwand die größten Einsparungen erzielen, anfangen. Ich meine, dass wir das im Ausschuss transparent gestalten können. Es muss überhaupt in diesem Maßregelvollzug nichts Geheimes geben.
Noch einmal zum LWL: Ich bin schwer enttäuscht, dass man aus einem internen Gespräch eine solche öffentliche Aktion bei den Personalräten, insbesondere in Rheine, gemacht hat. Das stelle ich mir aus meiner Sicht der Dinge nicht unter einer vertrauenswürdigen Zusammenarbeit vor. Es war auch fachlich nicht zu verantworten, was da gesagt worden ist. Der LWL sollte überlegen, ob er nicht eine vertrauenswürdigere Person mit dem Maßregelvollzug in Westfalen beauftragt, als er zurzeit hat.
Herr Minister, ich bin dem Hinweis von Herrn Moron und auch unserem Vorsitzenden, Herrn Garbrecht, dankbar, dass wir dieses Thema in der nächsten Ausschusssitzung diskutieren. Ich glaube, es gibt kein Thema, das so sensibel zu diskutieren ist und das man auf keinen Fall holzschnittartig betrachten kann wie den Maßregelvollzug. Bis jetzt hatten wir immer einen Konsens. Sie haben einen konsensualen Brief der Landschaftsverbände – ich weiß es aus Westfalen-Lippe –, aller Fraktionen der Landschaftsversammlung. Uns ist sehr daran gelegen, diesen Konsens aufrechtzuerhalten. Es gibt auch in beiden Landschaftsverbänden Beschlüsse, die Ihnen sicher bekannt sind: kein kommunales Geld für den Maßregelvollzug. Das ist eine Landesaufgabe.
Wenn jetzt bekannt wird, dass für 2007 drastische Kürzungen in Aussicht gestellt werden, die nur über Personalreduzierungen zu realisieren sind, dann ist es Aufgabe von Verantwortlichen, frühzeitig gegenzusteuern und Bewirtschaftungsmaßnahmen einzuleiten. Daher verstehe ich nicht und bitte um Erläuterung, warum es Unsinn sein soll, das in Rheine zu bewerkstelligen; denn nur dort
haben wir befristete Arbeitsverträge. Wie wollen Sie jemanden aus Eickelborn, der unkündbar ist, entlassen und das vor dem Arbeitsgericht durchsetzen, wenn Sie woanders eine Befristung weiter verlängern? Dieses spannende Feld vor dem Arbeitsgericht müssten Sie mir dann erläutern.