Protocol of the Session on March 4, 2009

so kann man sagen, den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung zusammengestrichen haben. Wir erinnern uns nur, es wurde damals die Praxisgebühr, es wurden die Zuzahlungserhöhungen für Medikamente, Heil- und Hilfsmittel, auch Krankenhausaufenthalte eingeführt. Brillen werden seither selbst finanziert und eben auch die Kostenübernahme der künstlichen Befruchtung wurde mit diesem Gesetz geändert. Menschen, die Kinder bekommen wollen, aber auf natürlichem Wege nicht zeugen können, haben heute immer noch die folgenschweren Konsequenzen des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes, dem damals die rot-rote Landesregierung wegen der einseitigen Belastung der Versicherten nicht zugestimmt hat, zu tragen.

Und ich darf noch einmal daran erinnern, bis 2003 wurden die ersten vier Versuche einer künstlichen Befruchtung von der Krankenkasse bezahlt. Ab 2004 werden nur noch die ersten drei Versuche gezahlt und die Kosten hierfür auch nur zu 50 Prozent übernommen. Das hat zur Folge, um es einfach mal in Zahlen auszudrücken, dass die Betroffenen pro Versuch 1.750 Euro drauflegen müssen. Drei Versuche sind möglicherweise notwendig, das kostet dann 5.250 Euro. Wenn es noch einen vierten Versuch geben sollte, dann kämen schon 8.750 Euro zusammen. Das ist nicht familienfreundlich. Das ist eher skandalös und es darf nicht sein, dass die Entscheidung für ein Kind eine Frage der Finanzierbarkeit wird.

Im Juli 2008 hatte der Bundesrat auf Antrag des Saarlandes, unterstützt von Thüringen und Sachsen, beschlossen, der Bundesregierung zu empfehlen, die Kürzungen zurückzunehmen und den alten Rechtszustand wiederherzustellen. Und diese Notwendigkeit wird auch durch die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes unterstrichen, die sich ja am geltenden Recht orientieren muss. Also es geht nicht, Frau Ministerin, dass die GKV die Kosten trägt, denn das sieht das Gesetz so in der Form nicht vor, sondern das Bundes

sozialgesetz kann nur auf der Grundlage des geltenden Rechts handeln. Und ebenfalls die Techniker Krankenkasse, die ja hier bei dem in Rede stehenden Fall ablehnend entschieden hat, muss sich am Gesetz orientieren.

Also, lange Rede, kurzer Sinn, meine Fraktion stimmt den hier in Rede stehenden Drucksachen zu. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Dr. Linke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Rühs von der Fraktion der CDU.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kurze Rede, langer Sinn – ich kann mich dem hier Gesagten namens der CDU-Fraktion vollinhaltlich anschließen. Gerade angesichts der demografischen Entwicklung können wir und wollen wir diesen Antrag, diese Beschlussempfehlung voll unterstützen. Der Weg ist richtig. – Ich bitte um Zustimmung und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Egbert Liskow, CDU: Eine tolle Rede.)

Danke, Herr Rühs.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster von der Fraktion der NPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die künstliche Befruchtung ist ein sehr heikles Thema. Hier treffen vor allem wissenschaftliche Erkenntnisse und ethische Grundüberzeugungen aufeinander, wobei die Vertreter der politischen Klasse den Bürgern im Land dringend einmal erklären müssen, warum sie sich hier an dieser Stelle jetzt für die künstliche Befruchtung starkmachen, gleichzeitig es aber zulassen, dass jährlich Tausende Kinder in Mecklenburg-Vorpommern und Hunderttausende in der BRD überhaupt nicht das Licht der Erde erblicken dürfen, weil sie aus sozialen Gründen abgetrieben werden. Sie haben jeglichen Anspruch auf Moral verloren. Und wenn der Augsburger Bischof Walter Mixa gesagt haben soll, Zitat: „Es hat diesen Holocaust sicher … mit sechs Millionen Getöteten gegeben. Wir haben diese Zahl durch Abtreibungen aber bereits überschritten“, Zitatende, dann ist doch das Dilemma und die Grausamkeit Ihrer Politik für jedermann belegt.

(Zurufe von Irene Müller, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Ein Kommentar in „Der Welt“ vom 16. Februar 2009 ist ein weiterer Beleg für die kulturarme Zeit, in der wir hier in der BRD leben. Zitat: „Die Zahl der Paare, die vergeblich auf Nachwuchs warten, steigt, zumal viele Menschen heute ihren Kinderwunsch erst spät verwirklichen wollen … Wenn der Staat schon Bevölkerungspolitik betreibt – wozu sich die große Koalition bekennt –, dann ist es leichter und allemal kostengünstiger, Paare mit einem vorhandenen Kinderwunsch zu unterstützen, als andere Kinderlose überhaupt erst zur Familiengründung zu bewegen.“ Zitatende. Diese Geisteshaltung ist verantwortlich für jenen Zustand, der von Ihnen, der politischen Klasse, immer als demografische Entwicklung bezeichnet wird.

Die künstliche Befruchtung kann nur ein Baustein von vielen für eine ganzheitliche und volksbezogene Politik sein. Familienpolitik – dieses Wort ist wesentlich positiver als Bevölkerungspolitik – muss ganzheitlich ausge

richtet sein. Familien geraten immer häufiger in finanzielle Not. Vor allem Alleinerziehende haben es auch im sogenannten Familienland Nummer eins besonders schwer. Der Trend zur Familie ist kein Selbstläufer, schrieb die „Schweriner Volkszeitung“ zu Recht. Paare und Familien müssen sich auf die Politik verlassen können. Hiervon ist die etablierte Politik jedoch meilenweit entfernt. Die Familie ist die kleinste natürliche Gemeinschaft innerhalb unseres Volkes. Auf ihr fußen Volk und Staat, weshalb der Familie auch die besondere Zuwendung und Fürsorge des Staates zuteil werden muss. Künstliche Befruchtung ist wie gesagt in der heutigen Zeit eine kleine Möglichkeit, den Kinderwunsch zu erfüllen. Wichtiger ist es aber, endlich den Familien und Paaren zu ermöglichen, Kinder zu bekommen, und dieser staatspolitischen Aufgabe haben verantwortungsbewusste Politiker absolute Priorität einzuräumen. Aber leider sind Sie hierfür nicht empfänglich.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Danke, Herr Köster.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Tegtmeier von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Beitrag eben sprach für sich, den braucht man nicht zu kommentieren.

(Stefan Köster, NPD: Haben Sie mal wieder nicht kapiert, ne? – Peter Ritter, DIE LINKE: Wer den Holocaust leugnet, hat hier eigentlich nichts zu suchen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben heute in der Aktuellen Stunde viel über Familienfreundlichkeit geredet

(Zurufe von Peter Ritter, DIE LINKE, und Stefan Köster, NPD)

und die künstliche Befruchtung spielte an der Stelle auch schon eine erhebliche Rolle. Der skizzierte Problemaufriss, den Sie in der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses vorfinden, ist vollkommen korrekt wiedergegeben und Paaren, die ihren Kinderwunsch auf natürliche Art und Weise nicht erfüllen – das hatten wir schon angesprochen –, ist allein schon aus familien- oder aus kinderfreundlichen Gründen dabei unsere Unterstützung zu gewähren.

Das Gesetz, das die Leistungen der Krankenbehandlungen in Bezug – und das wird akzeptiert – auf künstliche Befruchtung regelt, hat zahlreiche Hürden, was den Anspruch auf künstliche Befruchtung angeht. Einige davon sind – das wurde jetzt mehrfach angesprochen – bei der Gesetzesänderung im November 2003 verschärft worden. Auch das wurde gesagt. Die gesetzlich Versicherte muss 50 Prozent selbst bezahlen. Drei Versuche darf es nur geben, danach gilt die Realisierung einer Empfängnis als zu unwahrscheinlich. Und dieses Gesetz regelt auch – das wurde ebenfalls gesagt –, dass Frauen nur bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres überhaupt diese Maßnahme in Anspruch nehmen können. Das ist nicht neu. Das stand vorher auch so drin. Und die Ministerin hat eben auch noch mal das Gerichtsurteil des Sozialgerichtes zitiert, das dieses natürlich noch mal bestätigen und die Klage abweisen musste, weil das geltende Recht das so vorsieht.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben diesen Kompromiss mit der FDP so ausgehandelt und selbstver

ständlich stehen wir vollumfänglich nun hinter dieser Empfehlung und dem Bericht und stimmen dem selbstverständlich auch so zu. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke, Frau Tegtmeier.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Grabow für die Fraktion der FDP.

Sehr geehrter Herr Präsident!

Herr Köster, dieses Thema mit Holocaust zu vergleichen, ist irgendwie abartig.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Zurufe von Raimund Frank Borrmann, NPD, und Stefan Köster, NPD)

Und die zweite Frage, die ich an Sie richte, da sage ich ganz klar, dann haben Sie nicht zugehört.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Wir haben eine große Anhörung im Ausschuss gemacht. Da ging es um die kostenlose Pille. Und da kann man nicht sagen, dass wir uns nur um ein Thema gekümmert haben,

(Stefan Köster, NPD: In der BRD sind bislang etwa neun Millionen Kinder abgetrieben worden.)

sondern wir haben uns in diesem Hause auch um das ungewollte Kind gekümmert. Wir haben dazu auch eine riesige Anhörung gemacht. Wahrscheinlich haben Sie bei der Anhörung geschlafen oder waren gar nicht dabei.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei Frau Ministerin und bei den Parlamentariern bedanken, dass wir diesen Antrag so konstruktiv diskutieren konnten,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

und will gar nicht lange reden. Ich bedanke mich dafür, dass Sie alle so konstruktiv mitgemacht haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke, Herr Grabow.

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Der Sozialausschuss empfiehlt, den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/1969 entsprechend seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 5/2235 anzunehmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung des Sozialausschusses auf Drucksache 5/2235 einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Riester-Rente nicht auf Grundsicherung anrechnen, Drucksache 5/1199, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Sozialausschusses, Drucksache 5/2241. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2337 vor.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Riester-Rente nicht auf Grundsicherung anrechnen – Drucksache 5/1199 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Soziales und Gesundheit – Drucksache 5/2241 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 5/2337 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses Herr Grabow. Herr Grabow, Sie haben das Wort.