Herr Müller, Ihre Ausführungen zeugen vom Ende der Moderne. Die Moderne ist zu Ende und wir schreiten in ein neues Mittelalter. Die Gleichheit vor dem Gesetz ist abgeschafft und wer eine bestimmte politische Auffassung hat, ist gar nicht mehr diskutabel, egal was er sagt. Warum, Herr Müller, reden Sie denn überhaupt noch? Warum diskutieren Sie überhaupt noch? Sie sind sich doch völlig einig in der Meinung, dass alles, was wir sagen, egal was es sei, falsch ist, durch „verlogen“ oder das hätte „durchsichtige Intentionen“. Warum reden Sie dann überhaupt noch? Alle im Parlament wissen das, die etablierten Parteien wissen das und wir wissen das auch. Die Zeit können Sie sich doch sparen. Deshalb steht für mich jetzt zur Frage, ob es überhaupt noch Sinn hat, mit Ihnen zu diskutieren, oder ob ich mich nicht gleich an die Bürger des Landes wende, die nicht Abgeordnete sind. Das erscheint mir fast sinnvoller.
(Michael Roolf, FDP: Machen Sie mal einen ordentlichen Antrag, dann reden wir darüber! – Udo Pastörs, NPD: Schwätzer!)
Denn, mal so gesehen, auf Großprojekte – und es soll sich ja dabei nicht nur um das Großkraftwerk in Lubmin handeln – sind wir die Einzigen, die sich bemüht haben, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der sich mit diesem Thema auseinandersetzt. Die CDU ist voll dafür, für solche Großprojekte, die Liberalen auch – können sie –, und die SPD weiß nicht, was sie machen soll. Sie hat unter Harald Ringstorff eher dafür plädiert, unter Erwin Sellering ist sie eher dagegen, wahrscheinlich innerlich auch etwas zerrissen. Die LINKEN sind dagegen, haben es aber versäumt, in den acht Jahren, in der sie in der Regierung waren, entsprechende Gesetze so zu formulieren, dass derartige Projekte wie Dong Energy nicht genehmigungsfähig sind.
Eine solche Gesetzeslage gibt es nicht. Das Einzige, was die LINKEN gemacht haben, ist, dass sie jetzt versucht haben, mit politischen Initiativen aktiv zu werden, die aber keinen rechtsstaatlichen Charakter haben, weil sie nicht in das Gesetzgebungsverfahren eingreifen beziehungsweise gesetzliche Grundlagen schaffen, die für eine künftige Genehmigung eines solchen Vorhabens so bestimmt sind, dass eben in Naturschutzgebieten eine derartige Anlage nicht errichtet werden kann. Das heißt, wir als Nationaldemokraten sind die Einzigen,
die sich mit einem solchen Gesetzentwurf hier einbringen in die politische und gesetzliche Diskussion. Es ist
ein rechtsstaatliches Begehren, Einfluss auf die Entwicklung unseres Landes zu nehmen. Und da sagen Sie, das sei alles nur Demagogie?
Ja, gut, das können Sie ja sagen. Deshalb sage ich den Bürgern des Landes: Hört nicht auf die, die uns verunglimpfen, sondern schaut selbst mal rein, was wir dort geschrieben haben!
Fangt selbst an zu denken und lasst euch nicht entmündigen, sonst sind wir am Ende wieder im Mittelalter.
Und wenn es um Kapitalismuskritik geht, Herr Müller, ich habe fünf Jahre Marxismus-Leninismus studiert,
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Wolfgang Griese, DIE LINKE: Aber nichts begriffen.)
und habe begriffen, dass das, was hier oft als Kapitalismus bezeichnet wird, in eine Dimension gegangen ist, in der wir als Nationalstaaten kaum noch eine Chance haben, auf diese Krake einzuwirken. Wo das am Ende mündet, das sehen wir doch tagtäglich. Wenn es darum geht, systemische Unternehmen zu retten, dann steht jede beliebige Summe zur Verfügung, dann werden Gesetze so interpretiert, dass jedes Vorhaben möglich ist.
Wenn es aber um Blinde geht, wenn es darum geht, Bürgerrechte zu schützen, Bürger vor den Übergriffen des Staates zu schützen – verschuldensunabhängige Haftung sage ich nur –, dann schränken Sie Bürgerrechte ein. Das ist doch Mittelalter, wenn die Oberschicht anderen Gesetzen genügt als die untere und als die einfachen Bürger. So, und da möchten wir einen Riegel vorgeschoben wissen. Wir möchten darüber auch gern diskutieren. Aber da sagen Sie: Nein, weil ihr braun seid oder weil ihr grün sein wollt oder sonst irgendwas, deshalb lehnen wir jede Diskussion mit euch ab.
Herr Müller, ich habe so gut wie alle Farben, wenn Sie so wollen. Ich war rot, ich bin grün, ich bin braun, von mir aus auch blau und gelb. Das interessiert mich überhaupt nicht.
(Heinz Müller, SPD: Alle Farben als Chamäleon! – Udo Pastörs, NPD: Das Chamäleon sind Sie, Herr Müller.)
Mir geht es einzig und allein darum, dieses Land vor Schäden zu bewahren und das in die Diskussion einzubringen, und zwar so einzubringen, dass Sie nicht behaupten können, wir seien nur tumb und würden keine rechtliche Diskussion, keine rechtsstaatliche Auseinandersetzung suchen. Genau das möchte ich oder möchte wir unter anderem als einen Nebenzweck auch bewirken. Und wir werden uns auch an die Bürger des Landes wenden, uns mit denen auseinandersetzen und sie davon überzeugen, dass wir die Einzigen sind, die sich inhaltlich damit auseinandersetzen.
(Heinz Müller SPD: Sie haben doch eben gerade erklärt, dass die Arbeit in den Ausschüssen Unsinn ist. Warum wollen Sie jetzt Ihre Anträge im Ausschuss behandeln?)
Aber wenn noch nicht mal der Fachminister da ist, wenn ein Antrag von uns eingebracht wird, der ihn berührt, dann muss ich mich allerdings fragen – und Sie erklären, Sie wollen sich nicht mit uns auseinandersetzen, das erklären Sie ja selbst –, ob das, was ich dort eigentlich tue, sinnlos ist. – Danke.
Herr Fraktionsvorsitzender Pastörs, Sie haben während der Rede eben den Fraktionsvorsitzenden der FDP als „Schwätzer“ bezeichnet. Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf und weise darauf hin, dass es der zweite Ordnungsruf ist. Sie wissen, welche Bedeutung dann der dritte Ordnungsruf hätte.
Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Gesetzentwurf der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/2269 zur federführenden Beratung an den Verkehrs ausschuss und zur Mitberatung an den Europa- und Rechtsausschuss, an den Wirtschaftsausschuss sowie an den Agrarausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der NPD-Fraktion und Ablehnung aller anderen Fraktionen abgelehnt.
Gemäß Paragraf 48 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung wird der Gesetzentwurf spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung auf die Tagesordnung gesetzt.
Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Kostenübernahme für künstliche Befruchtung wieder herstellen, Drucksache 5/1969, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Sozialausschusses, Drucksache 5/2235.
Antrag der Fraktion der FDP: Kostenübernahme für künstliche Befruchtung wieder herstellen – Drucksache 5/1969 –
Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Sozialausschusses Herr Grabow. Herr Grabow, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen! Der Antrag der FDP-Fraktion sieht vor, dass der Landtag den Beschluss des Bundesrates auf Drucksache 434/08, wonach die bis zum 1. Januar 2004 erfolgten Änderungen durch das GMG bei der Kostenübernahme für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung zurückzunehmen sind und der alte Rechtszustand wiederherzustellen ist, begrüßt. Ferner solle die Landesregierung aufgefordert werden, sich auf Bundesebene für eine schnelle Umsetzung dieser Bundesratsbeschlüsse einzusetzen. Die Beschlüsse des Sozialausschusses sehen die Streichung der Ziffer 3 und im Übrigen die unveränderte Annahme des Antrages der Fraktion der FDP vor. Ich bitte Sie, dem zuzustimmen, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat zunächst die Sozialministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Schwesig. Frau Schwesig, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich glaube, dass ich in der Landtagssitzung, in der der Antrag eingebracht worden ist, sehr deutlich gemacht habe, dass es mir auch wichtig ist, aus familienpolitischen Gründen, dass wir bei dem Thema künstliche Befruchtung wieder dahin kommen, dass junge Paare, die unter Kinderlosigkeit leiden, die Möglichkeit haben, an diesen medizinischen Behandlungen teilzunehmen, und hier keine Hürde durch eine Eigenbeteiligung in Höhe von 50 Prozent gestellt wird. Deswegen würde ich mich hier auch kurz halten. Ich fand es sehr gut, wie wir gemeinsam, Parlament und auch mit den Fraktionen – also es ist ja gemeinsames Anliegen von Regierungsfraktionen und den Oppositionsfraktionen Linkspartei und FDP –, dass wir hier einen Schritt weiter kommen.
Ich fand es sehr gut, wie wir gemeinschaftlich zwischen Parlament und Regierung versucht haben, hier eine gute Beschlussempfehlung auf den Weg zu bringen, die dann auch für das Regierungshandeln Rückenwind gibt. Ich finde es richtig, dass wir gemeinsam entschieden haben, dafür hatte ich auch geworben, dass wir nicht mit einem eigenen Landesmodell reingehen, weil ich es einfach nicht legitim finde, dass sich der Bund, also die GKV zum Beispiel, aus Krankenversicherungsleistungen rauszieht, und der Bund teilweise auch aus Sozialleistungen, und wir dann immer als Land einspringen müssen vor dem Hintergrund unserer finanziell angespannten Situation. Insofern finde ich es richtig, dass wir sagen Nein, wir werden auf Bundesebene weiter dafür kämpfen. Es ist mittlerweile so, dass ich Gespräche mit Sozial ministerinnen der SPD geführt habe und Mecklenburg-Vorpommern wird bei der nächsten Familienministerkonferenz einen entsprechenden Antrag einbringen, dass wir eben weiterhin die 50 Prozent der Behandlungen durch die GKV bezahlen, aber die anderen 50 Prozent zukünftig aus Steuermitteln als familienpolitische Leistung.
Ich gehe davon aus, dass auch die Länder, die CDU, oder werbe hier dafür, dass die Länder, die eben eine Beteiligung durch die Linkspartei haben wie Berlin oder eben auch FDP und CDU, dass Sie vielleicht auch noch mal dafür werben, dass wir gemeinschaftlich bei der nächsten Familienministerkonferenz einen solchen Antrag verabschieden. Auch die Bundesfamilienministerin denkt hier schon in diese Richtung, denn auch das Bundessozialgericht hat ja leider entschieden bei der Diskussion um Zuschuss für künstliche Befruchtung nur bis 40, dass es eben keine Leistungen aus dem Kernbereich der Krankenversicherungen sind. Ich hatte dazu immer eine andere Position. Aber deswegen sollten wir vielleicht weiter den Schritt gehen nicht über die GKV, sondern aus Steuermitteln. Und wenn wir gemeinschaftlich auf Länderebene dafür werben, werden wir am Ende vielleicht erfolgreich sein. Das würde ich mir sehr wünschen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Fraktion der Linkspartei stimmt dem geänderten Antrag der FDP ebenso wie der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Soziales und Gesundheit zu. Auch wir fordern, dass die künstliche Befruchtung voll finanziert und der alte Rechtszustand wiederhergestellt wird, wobei wir uns ebenfalls vorstellen können, dass die der GKV zugeführten Mittel aus dem Steueraufkommen erbracht werden, um eben die Versicherten nicht erneut zur Kasse zu bitten. Sachsen hat es vorgemacht und eine begrüßenswerte Entscheidung getroffen. Als erstes Bundesland gibt ja Sachsen Zuschüsse für künstliche Befruchtungen. Und damit erhalten eben auch Familien mit einem geringeren Budget bei ungewollter Kinderlosigkeit die Chance auf künstliche Befruchtung und hoffentlich Erfüllung ihres Kinderwunsches.
Die Haltung der Bundesregierung zu diesem Thema ist inakzeptabel. Offensichtlich gibt es hier Streit zwischen dem Gesundheits- und dem Familienministerium, der aber leider auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen wird. Im Jahr 2003 waren es ja die Bundesparteien SPD, CDU/CSU und die Grünen, die damals in einer wahren Kürzungsarie,
so kann man sagen, den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung zusammengestrichen haben. Wir erinnern uns nur, es wurde damals die Praxisgebühr, es wurden die Zuzahlungserhöhungen für Medikamente, Heil- und Hilfsmittel, auch Krankenhausaufenthalte eingeführt. Brillen werden seither selbst finanziert und eben auch die Kostenübernahme der künstlichen Befruchtung wurde mit diesem Gesetz geändert. Menschen, die Kinder bekommen wollen, aber auf natürlichem Wege nicht zeugen können, haben heute immer noch die folgenschweren Konsequenzen des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes, dem damals die rot-rote Landesregierung wegen der einseitigen Belastung der Versicherten nicht zugestimmt hat, zu tragen.