Protocol of the Session on July 2, 2010

Der Bundesrat hat in seiner 871. Sitzung beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes den Vermittlungsausschuss anzurufen. Die Bundesregierung und der Bundestag hatten eine einmalige zusätzliche Absenkung der Einspeisevergütung von Solarstrom um bis zu 16 % ab dem 1. Juli beabsichtigt. Der Bundesrat ließ das entsprechende Gesetz mit der Unterstützung des Landes Brandenburg allerdings nicht passieren und rief den Vermittlungsausschuss an. Der Bundesrat plädiert dafür, dass eine einmalige Absenkung der Vergütung 10 % nicht übersteigen darf. Die Absenkung der Vergütungssätze muss so ausgestaltet werden, dass neu zu installierende Photovoltaikanlagen nicht unrentabel werden.

Ich frage die Landesregierung: Wie ist der gegenwärtige Sachstand im Vermittlungsverfahren zur zukünftigen Solarförderung?

Auf die Frage antwortet Minister Christoffers.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Domres, der Bundesrat hat - wie Sie sagten - in seiner Sitzung am 4. Juli 2010 den Vermittlungsausschuss angerufen. Auch auf Mitantragstellung Brandenburgs wurde vorgeschlagen, dass die drastische Absenkung, die von der Bundesregierung und den Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP geplant war, nicht in dieser Größenordnung vorgenommen wird. Es wurde ein Kompromissvorschlag vorgelegt, die Absenkung auf 10 % zu reduzieren. Der Vermittlungsausschuss hat am 16. Juni getagt, wobei keine Einigung erreicht werden konnte. Stattdessen ist eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden, die eine Kompromisslösung herbeiführen soll. Die nächste Sitzung des Vermittlungsausschusses findet am 5. Juli statt. Ich bitte um Verständnis, dass ich die Ergebnisse daher noch nicht nennen kann.

Brandenburg wird grundsätzlich der Meinung bleiben, dass eine Absenkung auf maximal 10 % zulässig ist. Inwieweit ein Kompromiss mit der Bundesregierung möglich ist, müssen die Verhandlungen zeigen.

Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 283 (Sachstand zur Umsetzung der Forstreform), gestellt vom Abgeordneten Dombrowski.

Auf der Grundlage des Kabinettsbeschlusses 537/07 und der vorliegenden Rahmen- und Zielstruktur wurde für den Landes

betrieb Forst eine Gesamtpersonalzielzahl von 1 516 Stellen im Jahr 2015 festgelegt. Um den Stellenabbau von derzeit ca. 2 400 Stellen auf dann 1 516 zu realisieren, werden in den nächsten Jahren personelle Veränderungen unausweichlich sein. Die von der Landesregierung verschobene Einnahme der Organisations- und Ablaufstruktur ist nunmehr für den 1. Januar 2011 vorgesehen. In diesem Zusammenhang stehen in nächster Zeit auch Gespräche mit den Beschäftigten und der Personalvertretung an.

Ich frage die Landesregierung: Wann werden das Stellungsbeschreibungsverfahren im Landesbetrieb Forst und das personalrechtliche Beteiligungsverfahren voraussichtlich abgeschlossen sein?

Minister Vogelsänger antwortet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dombrowski, ich freue mich, dass der Forstminister heute auch noch antworten kann - das beweist die Vielfalt und die Größe in diesem Haus.

(Dombrowski [CDU]: Genau!)

Das Stellenbeschreibungsverfahren im Landesbetrieb Forst Brandenburg umfasst 1 516 Stellen - das hatten Sie dargestellt. Das war ein Kabinettsbeschluss der damaligen SPD-CDURegierung. Auf der Grundlage des Kabinettsbeschlusses und der vorliegenden Rahmen- und Zielstruktur, die für das Jahr 2015 festgelegt wurde, erfolgt das Verfahren. Das Verfahren befindet sich derzeit im Abschluss.

Ich habe den Ausschuss bezüglich der Struktur der Oberförstereien informiert und ihm mitgeteilt, was wir geplant und vorgesehen haben. Anschließend wird das personalrechtliche Beteiligungsverfahren erfolgen. Zum Jahreswechsel 2010/2011 ist beabsichtigt, die neue Struktur im LFB einzunehmen. Dies ist dann möglich, wenn aufgrund der personalrechtlichen Beteiligung keine unerwarteten Komplikationen auftreten. Ich werde den Fachausschuss selbstverständlich über den Verfahrensstand informieren.

Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 284 (Biberabschuss in Brandenburg), gestellt von der Abgeordneten Lieske.

Die Oder in Brandenburg hat in diesem Jahr ein Hochwasser erlebt wie seit 1997 nicht mehr. Der Presse war in diesem Zusammenhang wiederholt zu entnehmen, dass der Biber im Oderbruch in mehr als 100 Fällen teils beträchtliche Schäden angerichtet hat. In einem Fall sei ein Deichläufer in eine etwa zwei Meter tiefe Biberburg gestürzt. In einem anderen Fall seien im Deichabschnitt III des Landkreises Märkisch-Oderland allein auf ca. 10 km Länge 19 Biberbauten gefunden worden. Die brandenburgische Umweltministerin spricht dagegen nur von „65 größeren Schadstellen an den Deichen“. Der Biber habe jedoch zu keiner Zeit die Deiche ernsthaft gefährdet.

Aufgrund der entstandenen Schäden durch den Biber, insbesondere im Oderbruch, wollen Deichschützer verstärkt gegen den Biber vorgehen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen reichen dabei von Schutzmatten und Steinaufschüttungen an den Deichen bis zum Einsatz professioneller Biberjäger für den Abschuss dieser nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und dem § 10 Bundesnaturschutzgesetz geschützten Tierart. Auf der anderen Seite wehren sich verständlicherweise Naturschutzverbände wie der NABU gegen derartige Vorhaben.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: Wie beurteilt sie die Forderungen aus den betroffenen Regionen, den Biber zum Abschuss freizugeben, um die Funktionsfähigkeit der Deiche für den Hochwasserschutz zu gewährleisten?

Frau Ministerin Tack, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Lieske, um es vorwegzunehmen: Es wird keine Genehmigung zum Abschuss des Bibers geben. Ich komme darauf gleich zurück. Ich habe hier schon in mehreren Debatten deutlich unterstrichen und aus dieser Zeit, die schon eine Weile zurückliegt, Frau Lieske, stammt auch die Zahl 65 größere Schadstellen durch Biber an Deichen, das ist also eine Zwischenbilanz gewesen -: Der Biber hat auf dem Deich nichts zu suchen.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Wer sagt denen das?)

- Darauf komme ich gleich zurück. Das sagen wir ihnen schon.

Dabei bleibt es auch, weil es unsere Aufgabe ist, den Hochwasserschutz, die Funktionsfähigkeit der Deiche zu gewährleisten. Das hat für uns höchste Priorität. Wir favorisieren Lösungsansätze, die ich hier schon beschrieben habe. Ich will sie noch einmal verdeutlichen. Es geht nicht um undifferenzierte Bejagung oder darum - wie mehrfach in der Presse zu lesen war -, eine Bestandsregulierung auf Null vorzunehmen. Ich will daran erinnern, dass wir uns im Jahr der Biodiversität befinden. Wir haben also die besondere Aufgabe, den Artenschutz zu stärken. Der Biber steht unter einem besonderen Schutz. Ich will deutlich sagen, dass wir in erster Linie auf Konfliktvermeidung - aber da hört er noch nicht so recht - und präventive Maßnahmen setzen. Das werden wir dem Biber beibringen. Da muss er weder hören noch reagieren, sondern da setzen wir an.

Beim Hochwasser 2010 haben wir mit dem Biber am Deich eine neue Situation erlebt. Frau Lieske hat das beschrieben. Eine solche Situation war weder beim Hochwasser an der Elbe noch an der Oder bis dato zu verzeichnen. Wir haben die jetzige Situation infolge des Hochwassers genau zu analysieren und Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Wir werden unser Vorhaben, die Deiche Brandenburgs nicht nur hochwassersicher, sondern auch bibersicher zu machen, weiter ausbauen und unsere Strategie fortführen. Dabei werden wir nicht nur auf bewährte Technologien setzen - auch die habe ich schon einmal beschrieben -, also vor allem auf den Einbau von Bibergittern oder die Anbringung von Schotterflächen vor den Deichen, sondern beim nächsten Hochwasser dafür Sorge tragen, dass es am Deich möglichst keine Fluchtbauten des Bibers mehr geben wird.

Meine Damen und Herren, um das alles zu besprechen und auch den berechtigten Forderungen zum Beispiel aus dem Oderbruch entgegenzukommen, sie zu diskutieren, Entscheidungen zu treffen und Maßnahmen vorzubereiten, gibt es am 6. Juli die dritte Biberkonferenz in Lebus. Dazu sind alle betroffenen Landkreise sowie Experten des Ministeriums und des Landesumweltamtes eingeladen, um die weiteren Schritte im Bibermanagement vorzubereiten.

Abschließend möchte ich, weil ich eingangs gesagt habe, dass wir keine generelle Zustimmung zum Abschuss von Bibern geben, noch betonen, dass diese gesetzlich ausgeschlossen ist. Gesetzlich geregelt sind nur Ausnahmefälle, nämlich wenn Infrastrukturschäden zu vermeiden bzw. Hochwasseranlagen in Gefahr sind, was es beim Oder-Hochwasser in diesem Jahr zu keinem Zeitpunkt gab. Ich möchte noch einmal deutlich unterstreichen, dass sich der Hochwasserschutz bewährt hat und wir am 6. Juli in der Biberkonferenz alle weiteren Maßnahmen beraten werden. - Vielen Dank.

Vielen Dank, das Thema belebte die Debatte. Es gibt eine Reihe von Nachfragen. Als Erstes bitte Frau Lieske.

Frau Tack, Ihnen ist sicherlich bekannt, dass es in Bayern seit 1996 ein zentrales Bibermanagement gibt, das sich mit den Aufgaben Öffentlichkeitsarbeit, Populationsüberwachung, Präventions- und Akutmaßnahmen sowie zum Teil mit Beihilfen für finanzielle Einbußen von Grundstückseigentümern beschäftigt. Plant die Landesregierung Ähnliches für Brandenburg und für die betroffenen Regionen?

Im Augenblick nicht. Wir greifen aber bayerische und auch polnische Erfahrungen gerne auf. Auch da gibt es mit dem Eingriff in die Biberpopulation Erfahrungen. Ich sage an dieser Stelle noch einmal: Der Biber ist nicht dumm. Er lässt sich nicht einfach über kurz oder lang dezimieren, sondern er verstärkt dann seine Population. Es ist alles sehr kompliziert.

Die nächste Nachfrage kommt vom Abgeordneten Vogel.

Frau Ministerin, ich habe zwei Fragen. In Übereinstimmung mit der Geschäftsordnung stelle ich jetzt beide nacheinander, damit die zweite nicht unter den Tisch fällt. Ich hoffe, das habe ich gestern in der Fragestunde so richtig gelernt.

Frau Ministerin, können Sie bitte noch einmal bestätigen, dass der Begriff Bibermanagement ausdrücklich nicht den Abschuss von Bibern beinhaltet? Meine zweite Frage lautet: Teilen Sie die Auffassung, dass dem Ruf nach Abschüssen ein hohes Ausmaß an Unkenntnis über die Populationsdynamik sowie das Wanderungs- und Vermehrungsverhalten des Bibers zugrunde liegt?

Ich kann beide Fragen mit Ja beantworten. Ich hatte gerade deutlich zu machen versucht, dass der Biber nicht dumm und

ein streng geschütztes Tier ist. Wir freuen uns darüber und wollen mit ihm zusammen an der Oder und an der Elbe leben.

Es gibt weitere Fragen. Herr Beyer, bitte.

Frau Ministerin, Sie haben auf die Bedeutung des Bibers für die Biodiversität hingewiesen. Diese Ansicht teile ich. Ihnen ist sicherlich bekannt, dass die FFH-Richtlinie immer auf den Schutz von Populationen und nicht von Einzeltieren abzielt. Sind Sie der Auffassung, dass die Entnahme einzelner Tiere an der Oder eine Gefahr für die Population des Bibers in Brandenburg ist?

Nein, das bin ich nicht.

Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 285 (Hohe Arbeitsbe- lastung an den Sozialgerichten) der Abgeordneten Mächtig.

An den Sozialgerichten des Landes Brandenburg gab es 2005 13 211 Klageeingänge. 2010 werden es nach Angaben der Präsidentin des Landessozialgerichts mit etwa 20 000 genauso viele wie im vergangenen Jahr sein. Ich frage die Landesregierung: Wie wird sie auf diesen anhaltend hohen Klageeingang reagieren?

Minister Schöneburg wird antworten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Frau Mächtig, wir haben bereits darauf reagiert. Wie bekannt ist, ist seit dem 1. Januar 2005 mit Inkrafttreten der Hartz-IV-Gesetze der Geschäftsanfall bei den Sozialgerichten immens gestiegen. Daran hat sich auch 2009 nichts geändert. Die Zahlen sind von Ihnen schon genannt worden. Ich kann sie noch ergänzen: Der Eingang an Klageverfahren an den Brandenburger Gerichten ist in 2009 um 2,6 % gegenüber 2008 angestiegen auf eine absolute Zahl von etwa 18 500. Dieser Anstieg hat dazu geführt, dass die Sozialgerichte überlastet sind, dass Bearbeitungsrückstände auftreten und diese Bearbeitungsrückstände sich wiederum in überlangen Verfahrenszeiten niederschlagen.

Im Jahr 2009 hatten wir vor den Sozialgerichten des Landes Brandenburg eine durchschnittliche Verfahrensdauer von 15,3 Monaten. Das ist bedeutend zu lang. Damit ist das Grundrecht auf ein zügiges Gerichtsverfahren der Betroffenen tangiert. Die Prognose sagt aus, dass sich 2010 daran nichts ändern wird. Insbesondere im Bereich der Grundsicherung Arbeitsuchender ist der Geschäftsanfall immer noch sehr hoch. Die Vorgängerregierung hat bereits in der vergangenen Legislaturperiode ver

sucht, dieses Problem zu lösen, insbesondere durch Abordnungen, Teilabordnungen bzw. Versetzungen von richterlichen Kräften. Bis Mitte 2009 sind vier Proberichter ernannt worden. Das hatte aber keine signifikanten Auswirkungen auf die Verfahrenszeiten aufgrund der immer noch steigenden Eingangszahlen.

Vor diesem Hintergrund hatte sich die Koalition darauf verständigt, weil es gerade Verfahren von Personen in sozial prekären Situationen betrifft, im Koalitionsvertrag eine Personalverstärkung auf diesem Sektor zu vereinbaren. Trotz der angespannten Haushaltssituation, über die wir gestern diskutiert haben und die nicht besser geworden ist, ist die Koalitionsregierung daran gegangen, das umzusetzen.

Wir haben im Dezember 2009 28 Neueinstellungen bzw. Entfristungen im nichtrichterlichen Bereich vorgenommen. Das war wichtig gewesen, um ein Signal zu setzen und um auch diesem leidigen Effizienzverlust durch ständige Einarbeitung neuer Kräfte, die nur befristete Arbeitsverträge bekommen, entgegenzuwirken und gegenzusteuern.

Wir haben es erreicht, dass in den Haushaltsplanungen, Personalplanungen für 2010 27 neue Planstellen im richterlichen Bereich der Sozialgerichtsbarkeit geschaffen worden sind. Im Vorgriff auf diese 27 Planstellen haben wir im Januar sechs Proberichter eingestellt. In der vergangenen Woche - das kann ich gleich als Vollzug berichten - sind sieben weitere Proberichter vom Richterwahlausschuss gewählt worden. Darüber hinaus werden die Planstellen von wechselwilligen Richtern aus anderen Gerichtsbarkeiten besetzt, sind bereits besetzt worden oder werden zeitnah besetzt, sodass ich im Ergebnis dieser Maßnahmen davon ausgehe, dass wir sowohl die Bearbeitungsrückstände aufarbeiten werden als auch die Verfahrenszeiten mittelfristig auf ein erträgliches Maß bekommen. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt Nachfragebedarf. Frau Alter, bitte.

Die Klagewilligkeit ist sehr groß; den Menschen wird in Beratungen der Klageweg oftmals anempfohlen. Meine Frage an Sie: Wie viel Prozent der Klagen werden positiv beschieden? Können Sie dazu Auskunft geben?

Eine genaue Zahl kann ich Ihnen nicht nennen. Dazu müssten wir den Geschäftsbereich befragen, wie viele Verfahren erfolgreich sind.

Vielen Dank. - Die Frage 286 (Lehrermangel an Oberschule in Brieselang) ist zurückgezogen worden. Die Frage 287 (Auswir- kungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes zur Teil- zeitverbeamtung) ist bereits beantwortet.