Otto Kretschmer
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Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, Herr Dr. Birkmann nach Ihren eingehenden Ausführungen, für die ich mich bedanke, kann ich mich kurz halten. Ich halte den Gesetzentwurf für sinnvoll, für gut. Ich kann ihm grundsätzlich zustimmen. Details sind sicherlich, wie Sie auch schon angedeutet haben, im Justizausschuss noch eingehend zu diskutieren. Die Juristenausbildung ist, wie von Bundestag und Bundesrat bereits beschlossen, zu effektivieren und vor allem den Bedürfnissen der Praxis anzupassen. Diesen Zielen hat sich die Landesregierung durch diesen Gesetzentwurf angeschlossen. Er soll Grundlage für die entsprechende Rechtsverordnung, die JAPO, sein. Wir sind ja in unserer Gesetzgebung so etwas dem Abkürzungsfimmel verfallen. Das ganze Ding heißt also Juristenausbildungs- und -prüfungsordnung, abgekürzt JAPO. Da sind die Einzelheiten zu regeln. Ich halte es für sinnvoll. Thüringen ist da meines Erachtens bereits 1992 den richtigen Weg gegangen, im Gegensatz zu anderen Bundesländern, die praktisch alles in die Gesetzgebung übernommen haben, so dass sich das Plenum damit immer vollständig beschäftigen muss.
Ich will hier aber nur einige Punkte nennen, Sie haben sie bereits auch schon angesprochen, die uns bei der weiteren Prüfung im Justizausschuss beschäftigen werden. Sie haben angesprochen das erste Examen, das zweigeteilt wird. Es ist auch vorgesehen in dem neuen Absatz 1 des § 3, dass das erste Examen auch an anderen Orten durchgeführt werden kann. Das sollte man noch einmal nachprüfen. Ich freue mich, dass auch die Beamten aus dem Justizministerium hier sind und sich das anhören. Das erste Staatsexamen wird ja von Studenten abgelegt. Wir sollten uns überlegen, wenn die ihre Klausuren schreiben müssen - bis zu acht -, wenn das Klausurenschreiben an einem anderen Ort stattfinden soll als am Universitätsstandort, also Jena, dann müssen sie dahin fahren. Da müsste man sich schon überlegen, dass es sozial verträglich ist, dass diese auswärtigen Termine in der Form nicht durchgeführt werden. Da ich insoweit den Sachverstand auch hier sehe, in anderen Bundesländern musste an einen Ort gefahren werden, also in Hessen z.B. weitgehend nach Frankfurt, zum mündlichen Examen. Aber nur einmal zum mündlichen Examen. Ich bitte, und darüber werden wir im Ausschuss reden, ein Auge drauf zu haben, dass da nicht unnötige Erschwernisse für die Kandidaten aufgebaut werden.
Das Kampagneverfahren bei der Vereinfachung der Prüfung halte ich für sinnvoll, dass also nur jeweils zwei Prüfer die Klausuren überprüfen. Ich halte es insbesondere für sinnvoll, das ist nun schon Beschlusslage der Justizministerkonferenz, dass der "Diplomjurist" eingeführt werden soll. Es ist in diesem Parlament bedauerlicher
weise so, dass wir relativ wenig Juristen hier haben. Wir haben zwar einige Kandidaten, die mal angefangen haben, wir haben auch eine Kollegin, die ein Studium durchgeführt hat. Es ist eben der Nachteil, und das sage ich auch im Vergleich zur alten DDR, dass es bundesweit bisher gar nicht die Möglichkeit gegeben hat, dass ein Jurist nach Ablegung des ersten Examens irgendeine Berufsbezeichnung hatte, außer „Geprüfter Rechtskandidat“ und das ist ein bisschen lächerlich. Deshalb begrüße ich es, dass die Möglichkeit eingeführt wird, den Diplomjuristen zu schaffen.
Insgesamt gesehen kann man also sagen, das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir wollen Ihnen dabei helfen, dass diese Richtung nicht aus dem Auge verloren wird. Ich beantrage für die Fraktion der SPD die Überweisung an den Justizausschuss federführend und mitberatend an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann mich kurz fassen. Der Gesetzesvorschlag der SPD-Fraktion wird nach wie vor aufrechterhalten, denn es haben sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben. Ich verweise im Wesentlichen auf das, was ich bereits gesagt habe. Es war die Chance, die leider vertan worden ist, die demokratische Legitimation der Tätigkeit von Richtern in den ersten drei Jahren ihrer Erprobung hier zu sichern. Die Mehrheit hat es anders gewollt. Die SPD-Fraktion bleibt bei ihrer Auffassung. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es bestehen auch aus meiner Sicht Bedenken gegen eine Privatisierung des Maßregelvollzugs und das gilt insbesondere für den Sicherheitsbereich. Und das gilt, obwohl, lieber Herr Pietzsch, Sie ja ein angebliches Gutachten hier genannt haben, das allerdings bisher in die Fachliteratur - Herr Maaßen, Sie kennen das möglicherweise oder sollten es zumindest kennen -, aber ich kann dazu nur sagen, in die Fachliteratur hat dieses Gutachten bisher keinen Eingang gefunden. Ich habe meine Mitarbeiter an der Universität in Jena gebeten, der Sache mal intensiv nachzugehen, auch da ist von diesen neuen Erkenntnissen, die ja konträr bestehen offenkundig zu dem, was Frau Kollegin Ellenberger in ihrer Zeit angeführt hat, dass eben die Privatisierung gerade im Maßregelvollzug aus verschiedenen Gesichtspunkten nicht zulässig ist, das hat da noch keinen Eingang gefunden und ich kann Ihnen nur sagen, ich werde es jetzt im Einzelnen darstellen, warum ich nach wie vor Bedenken habe gegen eine Privatisierung des Maßregelvollzugs.
Aber lassen Sie mich zuerst noch eine Vorbemerkung machen: Im Vergleich zur Anzahl der Strafgefangenen in den Thüringer Justizvollzugsanstalten einerseits, Herr Koeppen, es sind etwa 2.000 jetzt - knapp darunter? - und den lediglich zur Behandlung in einem psychiatrischen Krankenhaus stationär untergebrachten Patienten andererseits, bilden diejenigen praktisch die Schnittmenge, die wegen Begehung einer rechtswidrigen Tat im krankhaft psychischen Zustand untergebracht werden mussten, nur eine Minderheit. Herr Pietzsch, Sie haben es, Gott sei Dank, angesagt, ich habe die Zahl aus der TA vom 22. 01., dass die derzeit 135 Plätze von 160 Untergebrachten belegt sind.
Eine Anmerkung muss ich natürlich machen aus dem Bereich der Justiz, und das ist auch an Herrn Koeppen gerichtet. Dazu gehören natürlich insbesondere auch diejenigen, bei denen die U-Haft nur deshalb fortdauert, weil sie auf einen Platz im psychiatrischen Krankenhaus warten. Die Gerichte nennen das eine Organisationshaft. Herr Koeppen, wir sind beide nicht so glücklich damit.
So ist es. Es herrscht also, meine Damen und Herren, eine drangvolle Enge im Thüringer Maßregelvollzug.
Aber wir wollen für den Freistaat insoweit sprechen. Und insoweit begrüße ich es tatsächlich, dass die JVA Gotha - und da stehe ich im Gegensatz zu Ihnen, Frau Thierbach -, nach entsprechender Renovierung - auch das an Frau Dr. Fischer, darauf muss natürlich Wert gelegt werden, sie muss sinnvoll sein die Anstalt, sie ist mit Sicherheit nicht schön, jeder, der da mal einen Besuch abgestattet hat, weiß, wie marode die Anstalt ist, aber sie muss renoviert werden und das kann relativ schnell geschehen, so wurde es mir wenigstens gesagt -, dass sie dann zur Verfügung steht als Übergangslösung, um auch den unhaltbaren Zustand mit der Organisationshaft zu beenden. Ich schlage vor, auch über die künftige Verwendung der JVA Erfurt nachzudenken, da gibt es auch Kapazitäten, meine ich. Darüber sollte man einmal nachdenken.
Meine Damen und Herren, wer sind nun konkret die in der Fachliteratur so genannten kriminellen Geisteskranken? Kein schöner Begriff, aber er hat in der Fachliteratur Eingang gefunden, der kriminelle Geisteskranke. Es sind Täter, die wegen der Begehung einer rechtswidrigen Handlung im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit durch Urteil eines Strafgerichts oder in einem gesonderten Sicherungsverfahren eingewiesen werden mussten. Sie mussten eingewiesen werden, wie das Gesetz das vorschreibt. Ich werde Sie jetzt mit Paragraphen nicht behelligen. Das Gesetz schreibt vor, die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustands erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Voraussetzung für die Einweisung ist also eine negative Gefährdungsprognose, d.h., das Gericht muss bei der Gesamtwürdigung von Tat und Täter zu der Überzeugung kommen, dass von diesem Täter weitere erhebliche Taten zu erwarten sind, wenn er nicht sicher untergebracht wird. Wohlgemerkt, weitere Straftaten drohen von diesem Täter nicht nur möglicherweise, sondern sie sind zu erwarten, d.h., sie sind wahrscheinlich, wenn er nicht sicher untergebracht wird. Es besteht also eine latente Gefährlichkeit. Herr Böck, Sie sind damit nicht gemeint. Wenn Sie sich den Schuh natürlich anziehen wollen. Hinzu kommt, meine Damen und Herren, dass erhebliche
Taten drohen, d.h. nicht nur belästigende aus dem unteren Bereich der Kriminalität wie z.B. Beleidigungen, kleine Diebstähle oder Betrügereien, sondern Straftaten, die die Rechtssicherheit der Bürger beeinträchtigen oder wie der Bundesgerichtshof sagt, die den Rechtsfrieden bedrohen, d.h. die Opfer seelisch oder körperlich schädigen. Schließlich muss der Täter darüber hinaus für die Allgemeinheit gefährlich sein, d.h. nicht nur ein Opfer, sondern eine unbestimmte Vielzahl von Personen muss bedroht sein.
Meine Damen und Herren, die Unterbringung soll jetzt privatisiert werden. Dieser Personenkreis soll damit jetzt in Thüringen in privaten Krankenhäusern untergebracht werden. Auf die ganze Geschichte mit der Beleihung gehe ich nachher noch ein. Nun werden seit über zwei Jahren bundesweit zu Recht im Rahmen der so genannten Staatsaufgaben-Kritik mit dem Ziel der Zurückdrängung der Staatsquote auch Überlegungen über weit gehende Privatisierungen bei der Inhaftierung von Straftätern angestellt. Zur Privatisierung des Strafvollzugs z.B. ist hier auf die Planung in Hessen zu verweisen, nachzulesen in einem Beitrag des hessischen Justizministers Christean Wagner in der Zeitschrift für Rechtspolitik vom Mai 2000. Auch die so genannte Scholz-Kommission hat in ihrem Bericht vom November 2001 für den damaligen Berliner Senat über Verwaltungsmodernisierungen und Haushaltskonsolidierung zu Fragen der Vollzugsprivatisierung Stellung genommen. Übereinstimmend kommen alle diese Überlegungen aber zu dem Ergebnis, dass im so genannten Sicherheitsbereich eine Privatisierung abzulehnen ist.
Meine Damen und Herren, es ist sicherlich davon auszugehen, dass die Betreiber privater Maßregelvollzugseinrichtungen, ebenso wie die von privaten Sicherheitsdiensten in hohem Maße bestrebt sind, einen gewissen Sicherheitsstandard zu gewährleisten. Solche privaten Dienste werden bundesweit ja auch mit vielfältigen Aufgaben im Bereich der Bewachung von Objekten bis hin zu Bundeswehrkasernen, Polizeidienststellen u.Ä. oder mit der Durchführung von Geldtransporten betraut. Im letztgenannten Bereich liegen allerdings eine Reihe negativer Erfahrungen vor. Lassen Sie es mich mal so darstellen: Zwischen Straftätern und Transporteuren ist nicht immer leicht zu unterscheiden. Ich brauche an dieser Stelle darauf nicht weiter einzugehen. Es stellt sich aber die Frage: Kann in Anbetracht des Kreises der Insassen im Maßregelvollzug, insbesondere bei der bereits dargestellten negativen Gefährdungsprognose, die zur Einweisung des kriminellen Geisteskranken geführt hat, dem Bürger zugemutet werden, mit einer permanenten Gefahr für die Allgemeinheit zu leben? Für den Strafvollzug ist diese Frage eindeutig geklärt. Nach allgemeiner Auffassung gehört dieser zum Kernbereich staatlicher Aufgabenwahrnehmung, so dass hier eine Privatisierung des Sicherheitsbereichs nur für allgemeine Dienste und Serviceleistungen in Betracht kommt, aber nicht für den Sicherheitsbereich. Ich empfehle insoweit, meine Damen und Herren, auch die Lektüre
der Ihnen eben genannten Artikel und verweise ergänzend auf die Ausführungen des jetzigen Richters am Bundesverfassungsgericht Di Fabio in der Juristenzeitung 1999. Im Übrigen, was nicht uninteressant ist, auch der Bundesverband der Deutschen Wach- und Sicherheitsunternehmen als privatrechtlich - in seiner Zeitschrift "Der Sicherheitsdienst" vom Dezember vorigen Jahres nachzulesen ist derselben Auffassung, also, Sicherheitsbereich nicht in privatrechtliche Hände.
Nun, meine Damen und Herren, Maßregelvollzug und Strafvollzug unterscheiden sich gewiss in vielen Details, die ich jetzt nicht darstellen will, die auch vorhin schon von Frau Thierbach, von Frau Dr. Fischer, von der Kollegin Heß aufgezeigt worden sind. Nur - und das sollte beachtet werden - der Maßregelvollzug hat vor allem auch - und da muss ich Ihnen widersprechen, Frau Thierbach dem Sicherungszweck zu dienen. Er ist nicht nur zur Behandlung eines psychisch Kranken geschaffen, sondern er soll vor allem auch die Allgemeinheit schützen. Da sind wir uns einig. Es gibt Fälle, Herr Minister Dr. Pietzsch hat darauf hingewiesen, wo der Untergebrachte nie entlassen werden kann, weil er trotz Therapieversuchen weiter gefährlich ist. Das gilt zum Beispiel auch für Päderasten und für andere Sexualstraftäter, wie Ihnen jeder erfahrene Psychiater oder auch Richter bestätigen wird. Bei diesen permanent gefährlichen Untergebrachten gilt es anzusetzen. Nach dem Thüringer Gesetz zur Hilfe und Unterbringung psychisch Kranker von 1994 ist es zwar auch möglich, private Krankenhäuser mit dem Maßregelvollzug zu betrauen in der Form der Beleihung als so genannte beliehene Unternehmen, es bestehen aber nach meiner Überzeugung erhebliche Bedenken, diese Regelungen, die nur eine Ausnahme vom Grundsatz der Unterbringung in einer öffentlichen Maßregelvollzugseinrichtung erfasst, zu generalisieren, das heißt grundsätzlich anzuwenden. Zumindest wird durch die Beauftragung Privater mit diesen hochsensiblen Aufgaben ein gravierender Unsicherheitsfaktor geschaffen und dieser Unsicherheitsfaktor muss den Bürger betroffen machen.
Ja.
Ein Beitrag ja, aber reicht der aus, ist die Frage. Theoretisch können wir alles diskutieren, nur es kommt darauf an, wer den Untergebrachten bewacht, ob das jemand ist - ich werde darauf noch eingehen -, auf den man sich verlassen kann, der auch ausreichend der Direktionsgewalt des Ministeriums untersteht. Eben nicht. Das ist ein privater Angestellter, dem man kündigen kann, aber nicht mehr. Aber ich gehe darauf gern noch ein, Frau Arenhövel. Das sind gewisse Unterschiede, die Sie vielleicht noch nicht übersehen, aber ich bin gern bereit, die im Einzelnen darzustellen.
Meine Damen und Herren, ich halte es nicht für hinnehmbar, dass durch die Betrauung von Privaten mit der Bewachung ein Unsicherheitsfaktor geschaffen wird, anders als im Strafvollzug. Herr Minister Dr. Pietzsch, gut, dass Sie darauf hinweisen, ich hoffe, das haben Sie auch erkannt, dass es kein Strafvollzug ist, aber es gibt gewisse Dinge, die dem Strafvollzug sehr ähnlich sind, und zwar die Sicherheitsbereiche. Ich nehme das gern zur Kenntnis, dass Sie sagen, das ist kein Strafvollzug. Das könnte mal zur Rede kommen, dass Sie dann fragen, ob das richtig war, was Sie gemacht haben. Ich nehme es zur Kenntnis.
Meine Damen und Herren, ich möchte aber an Sie hier von der Landesregierung insbesondere appellieren: Der Bürger hat kein Verständnis für derartigen laxen Umgang mit gefährlichen Personen. Die Verantwortung für den Einzelfall liegt bei einer Privatisierung nicht mehr - Herr Minister Dr. Pietzsch, dafür habe ich ein gewisses Verständnis - bei dem politisch zuständigen Minister, anders als beim Justizminister für den Justizvollzug, für den Strafvollzug. Wir haben es ja in den letzten Monaten erlebt. Ich bedaure, dass Herr Dr. Birkmann nicht hier ist, wir haben das ja mit Ichtershausen und ähnlichen Dingen erlebt. Da ist er persönlich sofort mit dafür verantwortlich gemacht worden. Wir erleben es in allen Bundesländern so mit dem Strafvollzug. Sie haben bei dieser Regelung das alles schön weit von sich. Natürlich, der Krankenhausbetreiber ist verantwortlich, auf Personalauswahl, Schulung und Überwachung im weitesten Sinne haben Sie als politisch Verantwortlicher kaum noch ausreichend unmittelbaren Einfluss. Das Berichtssystem, das Sie dargestellt haben, genügt meines Erachtens nicht. Jeder, der mal in einem Ministerium gearbeitet hat, weiß, wie das Berichtssystem unterlaufen wird und welche weiten Maschen es hat. Es gibt vor allen Dingen, was ich bedaure, kein vergleichbares Weisungsrecht im Bereich des Maßregelvollzugs, wie es das zum Beispiel im Bereich des Strafvollzugs gibt.
Kommen wir aber noch zu einem weiteren Punkt. Bei der Durchführung des Maßregelvollzugs wird mit besonderer Intensität in die Grundrechte der Betroffenen eingegriffen. Das ist hier schon angesprochen worden, ich möchte
es noch einmal etwas vertiefen. Dazu gehört zum Beispiel das Grundrecht auf Freiheit, dazu gehört aber auch das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, zum Beispiel bei der Verhinderung eines Ausbruchs oder auch das Grundrecht auf freie Persönlichkeitsentfaltung bei der medizinischen/psychiatrischen Behandlung. Zusammenfassend kann hier sogar festgestellt werden, dass gerade der Maßregelvollzug von derartigen Eingriffen besonders geprägt wird, mehr als der Strafvollzug. Und - darf ich hier anmerken, Herr Minister Dr. Pietzsch -, bedauerlicherweise sind Sie auf diese Grundrechtsproblematik in Ihren Ausführungen überhaupt nicht eingegangen. Sie, Frau Thierbach und Frau Dr. Fischer, haben dazu einige Anmerkungen gemacht. Ich meine, das muss aber noch etwas vertieft werden.
Für den Strafvollzug kommen die bereits genannten Darstellungen - und ich sage es ausdrücklich noch einmal des hessischen Justizministers, der ja Ihrer Partei angehört und des Herrn Verfassungsrichters Di Fabio, aber auch der Abschlussbericht der Scholz-Kommission - immerhin Prof. Scholz, Bundestagsabgeordneter, ehemaliger Minister - gemeinsam zu dem Ergebnis, dass derartige Eingriffsrechte nicht auf Private übertragen werden dürfen. Diese Rechte gehören nämlich als Realisierung des staatlichen Gewaltmonopols zum Kernbereich staatlicher Aufgabenwahrnehmung. Diese für die Privatisierung des Justizvollzugs geltenden Feststellungen sind ohne weiteres auf den Maßregelvollzug zu übertragen. Die Eingriffslage ist zumindest gleich und die Rechtslage ist identisch. In Übereinstimmung mit den Experten des Maßregelvollzugs, das sind zum Beispiel Volckart - das Buch steht übrigens in Ihrer Bibliothek, also nicht diejenigen, die Sie vorhin bedauerlicherweise nicht namentlich genannt haben -, ist davon auszugehen, dass der Maßregelvollzug keine Möglichkeit bietet für diese Kompetenzübertragung. Sie ist - und das ist hier festzustellen - verfassungswidrig.
Ich habe deshalb auch erhebliche Bedenken, meine Damen und Herren, ob die Thüringer Gerichte bei der Anordnung einer Unterbringung oder Entscheidung über den Fortbestand der Unterbringung in Anbetracht der genannten Eingriffsrechte und dem damit entstehenden verfassungswidrigen Zustand nicht Zweifel haben und damit diese Entscheidungen nicht treffen werden bzw. das Verfassungsgericht anrufen müssen. Deshalb, meine Damen und Herren, ist insgesamt festzustellen: Die Verlagerung eines wesentlichen Teils des Maßregelvollzugs, nämlich der Bewachung, auf Private widerspricht Sicherheitserfordernissen und die aufgezeigten verfassungsrechtlichen Bedenken werden zu Problemen bei der gerichtlichen Anordnung der Unterbringung von kriminellen Geisteskranken führen. Ich beantrage, den Trägerwechsel deshalb abzulehnen.
Vielen Dank. Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben hier zwei Materien zu beraten, die heute zur abschließenden Entscheidung vorliegen, nämlich die Verfassungsänderung. Insoweit verweise ich auf die Drucksache 3/1549, in der der Vorschlag der SPD-Fraktion zur Verfassungsänderung vorliegt, und auf die Drucksache 3/1550, in der der Vorschlag für die Änderung des Thüringer Richtergesetzes niedergelegt ist.
Meine Damen und Herren, wenden wir uns zunächst der in der Drucksache 3/1549 vorgeschlagenen Verfassungsänderung zu. Sie werden feststellen, dies ist die kurze Geschichte einer vertanen Chance. Die demokratische Legitimation der Tätigkeit von Richtern in den ersten drei Jahren ihrer Erprobung sollte in Thüringen - vorhin ist es schon angesprochen worden - ebenso wie in anderen Bundesländern durch die Zustimmung zur Einstellung in den Staatsdienst durch den Richterwahlausschuss gesichert werden und - das wäre neu - ebenso die Tätigkeit
von Staatsanwälten. Dank Ihrer Mehrheit, meine Damen und Herren von der CDU, kam es weder im Plenum noch im Justizausschuss zu einer vertiefenden Diskussion der aufgeworfenen Fragen und Probleme, sondern lediglich zur Abstimmung. Weitere Ausführungen erspare ich mir deshalb heute.
Kommen wir nunmehr zur Novellierung des Thüringer Richtergesetzes. Insoweit, meine Damen und Herren, liegt der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vor und - wie bereits dargestellt bei der vorgestellten Verfassungsänderung - dieser Gesetzentwurf ist in enger Abstimmung mit den Thüringer Richtern und Staatsanwälten erarbeitet worden. Ich freue mich im Übrigen über die Anwesenheit der Richter und Staatsanwälte, die heute von der Tribüne aus die abschließende Diskussion verfolgen.
Die Anwesenheit zeigt das große Interesse der Betroffenen an der heutigen Debatte und an dieser Entscheidung des hohen Hauses. Es geht um die Rechte der Judikative gegenüber der Exekutive im demokratischen Rechtsstaat.
Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, ich sehe aber auch darin ein eindeutiges Zeichen für das große Vertrauen der Thüringer Richter und Staatsanwälte in die Rechts- und Justizpolitik der SPD in Thüringen.
Schließlich bleibt an dieser Stelle noch festzustellen, dass dieses Vertrauen auch eindrucksvoll bestätigt worden ist in der öffentlichen Anhörung zu den vorliegenden Gesetzentwürfen am 23. August dieses Jahres. Alle Verbände haben, ebenso wie der Hauptrichterrat und der Hauptstaatsanwaltsrat, einhellig und völlig übereinstimmend den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion favorisiert. Die Präsidenten der fünf Thüringer Obergerichte haben sich zwar in vielen Punkten dem SPD-Entwurf nicht anschließen können - was durchaus verständlich ist angesichts der Tatsache, dass sie einige Vorrechte ja abgeben sollten -, aber in einem wesentlichen Punkt, nämlich bei der Zustimmungsbedürftigkeit von Versetzungen, waren auch sie eindeutig mit uns gemeinsam der Auffassung, hier muss die Zustimmung der Kolleginnen und Kollegen herbeigeführt werden.
Ohne dass Sie, meine Damen und Herren von der CDU, sich nur ein Jota darum geschert hätten, haben Sie im Ausschuss mit Ihrer Mehrheit den Regierungsentwurf und Ihren Änderungsantrag als weitere Beratungsgrundlage abstimmen lassen und den mit den Richtern und Staatsanwälten erarbeiteten SPD-Entwurf faktisch zu den Akten gelegt; in den Orkus getan, könnte man auch sagen. Sie werden aller Voraussicht nach auch gleich wieder so verfahren. Das zeigt, welchen Stellenwert Sie der Justiz, den Richtern und Staatsanwälten in Thüringen einräumen wollen. Ich werde deshalb auch nicht nochmals den
SPD-Entwurf darstellen, sondern gleich auf einige Punkte des Regierungsentwurfs und Ihres Änderungsantrags eingehen, der in die Beschlussempfehlung des Justizausschusses eingeflossen ist.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle aber noch zwei Anmerkungen vorausschicken:
1. Ich hatte bereits zu Beginn unserer Diskussion über die Novellierung des Richtergesetzes appelliert, mit dem notwendigen Ernst und mit der erforderlichen Verantwortungsbereitschaft die Debatte zu führen. Es darf nicht das Ansehen der Thüringer Justiz oder eines einzelnen Richters oder Staatsanwalts beschädigt werden. Das ist uns auch weitgehend gelungen. Deshalb bedanke ich mich bei Ihnen in aller Form. Ich will ebenfalls anerkennen, dass nunmehr ein Bemühen der Landesregierung zu erkennen ist, Konflikte mit der Judikative und auch in der Diskussion über die Judikative zu vermeiden. Ich stelle mit Freuden fest, man redet wieder miteinander.
2. Wir, meine Damen und Herren, stehen außerdem derzeit alle vor dem Weihnachtsfest, dem Fest der Gnade und Nächstenliebe. Wir werden wahrscheinlich unterm Weihnachtsbaum auch alle "Oh, du fröhliche..." singen, ein Lied, das von Johann Daniel Falk aus Weimar stammt.
Ich versage es mir deshalb zu dieser Stunde und an dieser Stelle die Defizite des Regierungsentwurfs in allen Einzelheiten darzustellen, zumal Sie, meine Damen und Herren von der CDU - und das sei hier auch noch einmal hervorgehoben - zumindest in einem wesentlichen Punkt eingelenkt haben. Ihr Änderungsantrag, der Gegenstand der Beschlussempfehlung in Drucksache 3/2022 geworden ist, soll bewirken, dass auch nach dem Gesetzentwurf der Landesregierung bei Bedarf Einigungsstellen nach dem Vorbild des Thüringer Personalvertretungsgesetzes eingerichtet werden können und dass damit der bereits drohende Verfassungskonflikt, den ich bei der Einbringung des Regierungsentwurfs prognostiziert hatte, vermieden wird. Allerdings haben Sie in Ihrem Antrag mit der Verbesserung auch wesentliche Mängel verbunden, so dass eine Zustimmung für die Fraktion der SPD zu dieser Empfehlung dennoch nicht in Betracht kommen kann. Ich halte den Änderungsantrag für ein Danaergeschenk, für ein trojanisches Pferd, das Sie da anbieten. Auf einige wesentliche Punkte des Änderungsantrags und der Beschlussempfehlung will ich deshalb noch einmal eingehen.
Erstens: Unter Nummer 3 wird u.a. Abs. 6 von § 44 neu geregelt und damit die Einrichtung von Einigungsstellen festgeschrieben. Das ist, wie ich bereits gesagt habe, gut so. Dann wird aber auch geregelt, was passieren soll, wenn die richterliche Seite sich nicht mit der Justizverwaltung über die Person des Vorsitzenden der Einigungsstelle verständigen kann. Der SPD-Entwurf sieht in diesem Konfliktfall vor, dass die Landtagspräsidentin dann zu entscheiden hat, aus dem plausiblen Grund, meine Damen
und Herren, dass in diesem Fall zwei Staatsgewalten, nämlich Exekutive und Judikative, im Streit liegen und dann die Landtagspräsidentin als Repräsentantin der Legislative zur Schlichtung aufgerufen ist. Warum Sie, meine Damen und Herren von der CDU, die von Ihrer Fraktion getragene Präsidentin derart desavouieren und durch den sicherlich auch allseits geschätzten Herrn Dr. Dietz ersetzen wollen, bleibt sicher nicht nur mir völlig unverständlich.
Zweitens: In der selben Vorschrift ist außerdem geregelt, was nach der Entscheidung der Einigungsstelle zu geschehen hat, wenn der Justizminister ihr nicht folgen will, weil seines Erachtens ein Rechtsverstoß oder ein Verstoß gegen seinen Amtsauftrag vorliegen könnte. Anders als jeder andere Minister in dieser Regierung, der dann nach § 71 des Thüringer Personalvertretungsgesetzes die Angelegenheit ins Kabinett bringen muss, das so genannte Evokationsrecht, hat allein dieser Justizminister bei Richter- und Staatsanwaltsangelegenheiten das exklusive Vorrecht, den Beschluss ohne weiteres Federlesen aufzuheben. Also nicht nur nach Gutsherrenart, sondern tatsächlich wie weiland Serenissimus.
Ich gebe deshalb nochmals zu bedenken, dass auch derartige Absolutheitsentscheidungen eines Ministers selbstverständlich vor einem Verwaltungsgericht angefochten werden können. Die Gefahr weiterer Konflikte liegt da auf der Hand. Schließlich haben Sie sich leider nicht bereit finden können, in § 45 Abs. 2 das Antragserfordernis für die Beteiligung des Präsidialrats bei der Versetzung von Richtern zu streichen. Ich habe die übereinstimmende Auffassung in der Anhörung schon aufgezeigt. Hierzu war in der Sitzung am 23. August von beiden Seiten übereinstimmend der Entwurf der SPD bevorzugt worden.
Fassen wir zusammen, lieber Herr Birkmann, liebe Kolleginnen und Kollegen: Nach langen, zum Teil auch kontroversen, aber immer sachlichen Diskussionen hat die CDU-Mehrheit im Justizausschuss aus den drei Entwürfen zur Novellierung des Thüringer Richtergesetzes den Regierungsentwurf mehrheitlich gegen SPD und PDS zum Gegenstand der weiteren Beratung gemacht. Dieser enthält, wie bereits in der ersten Lesung festgestellt worden ist, keine ausreichende Garantie für eine gesicherte Mitbestimmung, wie ich meine. Die SPD-Fraktion wird deshalb, wie bereits im Justizausschuss, den Gesetzentwurf der Landesregierung ebenso ablehnen, wie die Beschlussempfehlung des Justizausschusses.
Nun liegt seit gestern in der Drucksache 3/2057 ein Änderungsantrag der PDS-Fraktion vom 11.12. dieses Jahres zur Beschlussempfehlung des Justizausschusses vor, in dem eine Reihe weiterer Fragen angesprochen werden. Ich muss meiner Fraktion vorschlagen, auch diesem Antrag nicht zuzustimmen. Er enthält leider Rechtsfehler, die bei einer sorgfältigen fachlichen Diskussion hätten vermieden werden können.
Ich will hier zur Erläuterung nur ein Beispiel nennen. Herr Koch, Sie scheinen in der letzten Zeit nicht da gewesen zu sein, ich bedauere es. Wie der letzte Satz der Begründung zu Nummer 9 wiedergibt, gehen die Verfasser davon aus, dass der Generalstaatsanwalt Mitglied des Hauptrichterrats wäre. Das ist natürlich absoluter Humbug. Die Richter würden sich bedanken. Der Hauptrichterrat ist die Personalvertretung der Richter und nicht etwa der Staatsanwälte. Herr Dr. Koch, Sie sehen es gerade nach: letzter Absatz, letzter Satz.
Im Übrigen übernimmt der Änderungsantrag vieles, auf das ich bereits bei der Darstellung des CDU-Änderungsantrags hingewiesen hatte, wie z.B. die Ermächtigung des Ministers zur Aufhebung von Beschlüssen der Einigungsstelle. Das wundert mich ein bisschen, meine Damen und Herren von der PDS, dass Sie das Verfahren nach Serenissimusart unterstützen. Denken Sie an Ihre Geschichte. Deshalb muss auch dieser Änderungsantrag meines Erachtens abgelehnt werden. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dittes, lassen Sie mich nur eine Anmerkung machen: Was Sie immer wieder fordern, nämlich die Gleichstellung von Beamten und anderen Mitarbeitern im öffentlichen Dienst ist Illusion. Das würde allenfalls dazu führen, dass wir amerikanische Verhältnisse bekommen, die für diesen Staat weitaus teurer werden, nämlich das Spoils System, das alle, die im öffentlichen Dienst tätig sind, soweit sie einen gewissen Level haben, dann entlassen würden, wenn eine Regierung geändert würde. Wir können uns auf die deutschen Beamten verlassen, das sage ich von diesem Platz aus, die sind zuverlässig und absolut loyal diesem Staat gegenüber.
Der vorgelegte Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, ist nach Auffassung der SPD-Fraktion ein Fortschritt, wir sollten aber die Diskussion im Ausschuss erst einmal abwarten und nicht hier schon Positionen festzementieren, wie Sie es von der PDS immer wieder versuchen, auch in anderen Positionen, in anderen Gesetzen. Das vorgeschlagene Disziplinargesetz ist meines Erachtens insbesondere deshalb auch ein Fortschritt, weil der unbefriedigende derzeitige Gesetzeszustand damit beendet wird. Seit der Vereinigung, seit dem Beitritt
- da sind wir einverstanden,
seit dem Beitritt sage ich aber dennoch, weil es eben der rechtlich korrekte Begriff ist,
Herr Fiedler - besteht ein unbefriedigender Gesetzeszustand durch die Verweisung auf andere Gesetze und es war - das weiß ich auch aus meiner Zeit als Behördenleiter von den betroffenen Beamten - eine gewisse Rechtsunsicherheit entstanden. Ich meine deshalb, dass es sinnvoll und wichtig ist, dass wir ein Thüringer Gesetz bekommen. Ob die Überschrift die gelungene ist, stelle ich dahin, da sollten sich die Betroffenen noch einmal Gedanken darüber machen.
Ich finde es gut, dass eine Konzentrierung der Verfahren stattfindet, ich finde es gut, dass dadurch voraussichtlich eine Beschleunigung der Verfahren gesichert ist und ich freue mich, dass die Rechtsstaatsgarantien in diesem Gesetz gewahrt sind.
Ich sehe allerdings eine Gefahr durch die gerichtlichen Zuständigkeiten, die jetzt erweitert werden, wird sicherlich mehr Arbeit auf die Verwaltungsgerichte, d.h. auf das Verwaltungsgericht in Meiningen und auf das Oberverwaltungsgericht in Weimar, zukommen. Das wird voraussichtlich zu einer personellen Aufstockung führen, dessen sollten wir uns bewusst sein.
Meine Damen und Herren, ich finde es auch gut, dass nach § 108 Abs. 3 des Thüringer Beamtengesetzes die Stellungnahme des Thüringer Beamtenbundes in den Gesetzentwurf mit eingearbeitet worden ist. Das wird uns aber nicht des Auftrags entheben, dass wir die Beamtenvertretungen in öffentlicher Sitzung noch einmal zu Wort kommen lassen; ich glaube, das ist auch fair.
Insgesamt ist dem Gesetzesvorschlag insoweit zuzustimmen, dass er eingebracht wird. Ich beantrage, den Entwurf federführend an den Innenausschuss und begleitend und mitberatend an den Justizausschuss zu überweisen.
Vielen Dank Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zunächst noch eine Anmerkung machen, zu dem, was Herr Dittes gesagt hat. Herr Dittes, das war Ideologie, aber es ging an der Realität vorbei,
an der Realität nämlich des öffentlichen Dienstes und seiner besonderen Aufgaben für diesen Staat. Meine Damen und Herren, das Bild vom Beamten ist im Bewusstsein der Öffentlichkeit häufig negativ besetzt, was grundsätzlich zu bedauern ist. Sehen wir uns den Zöllner in der Bibel an, der war ja wohl kein Vertrauen erweckender Mann, und der Pharisäer hat gesagt, ich möchte nicht so sein wie dieser. Im Ergebnis war es genau das Gegenteil. Das ist das Erfreuliche an der Geschichte. Aber, sehen wir uns den Gefängniswärter an, haben Sie bitte Verständnis, ich komme aus der Justiz, den Gefängniswärter in der "Fledermaus", er hieß "Frosch" und war dem Alkohol sehr zugetan.
Der war kein typischer Beamter, Herr Gentzel, dass Sie das anmerken, ist natürlich sehr interessant und aufschlussreich.
Meine Damen und Herren, auch das Fernsehen bedient dieses Klischee, das ist der Beamte, der mit Ärmelschonern bewaffnet ist, die Brotbüchse dabei hat, aus der er ständig isst und etwas stumpfsinnig Listen abhakt und das Publikum als Störenfried allenfalls empfindet. Wir können da also bis hin zum "Hauptmann von Köpenick" u.ä. uns diese Klischeebilder vorstellen.
Meine Damen und Herren, die Realität sieht ganz anders aus, Gott sei Dank, auch in Thüringen. Das brauche ich, glaube ich, hier nicht näher darzustellen. Es geht bei dem vorliegenden Antrag, und das will ich auch gleich sagen, er wird von der SPD-Fraktion unterstützt, um das gegenteilige Erscheinungsbild. Es ist nämlich derjenige angesprochen, insoweit darf ich noch einmal den § 37 des Beamtenversorgungsgesetzes zitieren: "Der Beamte, der bei Ausübung einer Diensthandlung, mit der für ihn eine besondere Lebensgefahr verbunden ist, sein Leben einsetzt und infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall erleidet." Ich betone hier ausdrücklich, das ist nicht etwa die Ausnahme zu dem eingangs geschilderten Bild, sondern der
sehr häufig festzustellende Beamtentyp des Polizisten, der ist schon genannt worden, des Feuerwehrmannes und, ich sage es auch dazu, weil ich eben aus der Justiz komme, es ist auch der Strafvollzugsbeamte. Wir haben, Gott sei Dank, entsprechende Dinge noch nicht zu beklagen wie bei der Polizei, aber das ist ein Mann, der besonders gefährdet ist. Ich kann es noch fortsetzen. Es ist auch der Gerichtsvollzieher inzwischen, auch der Sozialarbeiter, Herr Finanzminister.
Auch der Vollzugsbeamte des Finanzbereichs gehört dazu, es ist auch der Staatsanwalt und, das ist das Bedauerliche, was wir allgemein feststellen können aus dem Schulalltag, inzwischen ist es auch der Lehrer.
Es geht letztlich darum, dass wir uns auf die Beamtenschaft, und das, Herr Dittes, sollten Sie sich merken, verlassen können müssen, wobei ich hier Beamte als Staatsdiener im allgemeinen Sinne verstanden wissen will, nicht als Statusbezeichnung.
Meine Damen und Herren, Beamte sind Garanten für ein funktionsfähiges Gemeinwesen. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer frühen Entscheidung festgestellt, zu Recht, wie ich meine, "Ist auf die Beamtenschaft kein Verlass mehr, so sind die Gesellschaft und ihr Staat in kritischen Situationen verloren." Das sollten wir uns merken.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch eine Anmerkung machen. Der Beamte hat einerseits seinem Dienstherrn gegenüber eine Treuepflicht, das ist die Loyalitätspflicht, das ist die Pflicht zum uneingeschränkten Arbeitseinsatz und auch die Beratungspflicht z.B. Andererseits hat der Dienstherr quasi als Pendant dazu eine Fürsorgepflicht, die sich vor allem aus § 83 des Thüringer Beamtengesetzes ergibt. Zur Ausgestaltung dieser Fürsorgepflicht dient dieser Antrag.
Kommen wir also noch einmal konkret zum Antrag der CDU im Einzelnen. Ich vermisse, und da rede ich möglicherweise auch im Interesse des Finanzministers, natürlich eine konkrete Abschätzung der voraussichtlichen Mehrkosten. Das sollte man abschätzen, das sollte man mit einbringen, das dient der Seriosität dieses Antrags. Herr Fiedler, Sie können ja die beiden genannten Fälle hochrechnen und sagen, es wird voraussichtlich das und das erreichen, also bitte nachbessern, und dann meine ich, es muss der Bereich der Beamtenschaft ausreichend konkret bezeichnet werden. Da müsste man sich noch einmal Gedanken machen. Wir sind gern bereit, da mitzuarbeiten, denn es ist meines Erachtens notwendig, um denjenigen einen Anreiz zu bieten, die bereit sind, erhöhte Risiken bei ihrer Berufsausübung zu übernehmen. Das ist nicht allgemein üblich. Dies sollten wir privilegieren und besonders schützen.
Insgesamt also, meine Damen und Herren, dem Antrag ist aus der Sicht der SPD-Fraktion zuzustimmen. Vielen Dank.
Sie haben sie etwas provoziert. Aber, ist Ihnen vielleicht entgangen, Herr Minister, dass ich es nur als Beispielsfall genannt habe?
Nämlich die Lehrer, wegen der besonderen Gefährdungslage, die bedauerlicherweise auch festzustellen ist, nur als Beispielsfall.
So ist die Vorschrift wohl vorgesehen. Man muss das Gesetz kennen, denn das ist abstrakt formuliert.
Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Landesregierung, den wir heute in erster Lesung beraten, ist - das kann man meines Erachtens mit Fug und Recht sagen - nicht der große Wurf, nicht der große Wurf in Richtung auf mehr Mitbestimmung, Mitwirkung und Mitverantwortung der Thüringer Richter und Staatsanwälte bei der Gestaltung einer modernen und leistungsfähigen Justiz in Thüringen. Er hat deshalb bei den Richterinnen und Richtern sowie bei den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten unseres Freistaats in den wesentlichen Punkten heftige Kritik hervorgerufen bis hin zur unverhohlenen Androhung, notfalls eine verfassungsgerichtliche Überprüfung herbeizuführen.
Die Richterinnen und Richter haben nicht - das will ich gleich auf die Vorworte des Ministers antworten - weitgehend zugestimmt, sondern sie haben wörtlich ausgeführt, enttäuschend sei dieser Entwurf und weiterhin eine Verschlechterung, ich sage nicht Reduzierung, eine Verschlechterung gegenüber der bisherigen Rechtslage stelle dieser Entwurf dar.
Um es gleich vorweg zu sagen, meine Damen und Herren, ich schließe mich gemeinsam mit meiner Fraktion dieser Beurteilung der Betroffenen an. Und ich füge hinzu, es handelt sich bei den Betroffenen um Richter und Staatsanwälte, um Rechtssachverständige, um Personen, die erst nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Urteil fällen, eine Entscheidung treffen, mit Sicherheit also nicht um Heißsporne, die im Affekt handeln. Diese zum Teil sehr heftige Kritik aus den Reihen der Richterschaft und der Staatsanwälte sollten wir, meine Damen und Herren, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, auch aus diesem Grunde bei unseren weiteren Beratungen sehr sorgfältig beachten. Im Übrigen aber wiederhole ich nochmals meinen Appell aus den Beratungen vom 17. Mai zur Mäßigung der ersten Gewalt im Umgang mit der Judikative, der dritten Gewalt.
Kommen wir zu den einzelnen Vorschriften. Wir stimmen, meine Damen und Herren, fraktionsübergreifend darin überein, das Thüringer Richtergesetz muss novelliert werden nach sieben Jahren Praxis, die vom Aufbau einer rechtsstaatlichen Justiz geprägt sind und waren. Das Gesetz, da sind wir uns auch einig, hat sich bewährt. Aber wir haben eine neue Zeit. Und deshalb, meine Damen und Herren, zusätzlich zum Richtergesetz hält die SPD-Fraktion darüber hinaus, und das in Übereinstimmung, in ausdrücklicher Übereinstimmung mit den Richtern und Staatsanwälten, auch weiterhin unverrückbar daran fest, dass die Verfassungsnorm des Artikel 89 Abs. 2 erweitert werden muss, nicht nur erweitert in Richtung auf eine Teilhabe der Richter und Staatsanwälte an wesentlichen Entscheidungen im Bereich des Verfassungsorgans Judikative, vor allem aber auch an einem Ausbau der Mitwirkung des Richterwahlausschusses an den wesentlichen Personalentscheidungen. Auch hier geht es um mehr Transparenz. Die
jetzige Regelung, meine Damen und Herren, das hat die Praxis bewiesen, kann allenfalls als Placebo bezeichnet werden.
Die im Regierungsentwurf vorgeschlagenen Regelungen des Thüringer Richtergesetzes laufen, und das muss man leider feststellen, in ihrer Gesamtheit auf eine Verschlechterung - wie die Richter und Staatsanwälte in ihrer Stellungnahme ausgeführt haben - der gegenwärtigen Rechtslage hinaus. Da stimmt die SPD-Fraktion voll inhaltlich mit den Thüringer Richtern und Staatsanwälten überein.
Ich will angesichts der Tatsache, dass wir uns in der ersten Lesung des Entwurfs befinden, nur auf einige wesentliche Punkte eingehen. Eine eingehende Diskussion der sicherlich anspruchsvollen Materie soll im Justizausschuss stattfinden. Der Entwurf berücksichtigt nach wie vor nicht in vollem Umfang die seit langem in der Diskussion befindliche, übrigens auch von den Richtern und Staatsanwälten geforderte Schaffung eines gemeinsamen Landesrichter- und Landesstaatsanwaltsrats als Stufenvertretung, als echte Stufenvertretung beim Justizministerium, sondern anstatt der derzeitigen Einrichtung, dass eben nicht sechs Einzelvertretungen angehört werden müssen.
Es ist natürlich klar, eine Bündelung der Interessenvertretungen soll verhindert werden. Ich gebe zu, Herr Minister, Sie haben den § 40 a vorgeschlagen, aber ich sage, das ist ein Aliud. Insoweit wird sicherlich die weitere Prüfung notwendig sein. Ich gehe davon aus, dass wir im Ausschuss insbesondere die Betroffenen noch einmal anhören und deren Meinung dazu hören werden. Ich halte es für notwendig, insbesondere in Anbetracht der Spezialität dieser Materie.
Kommen wir aber zu einem anderen Punkt: Das in § 44 des Entwurfs geregelte Beteiligungsverfahren der Richtervertretungen in der Minimalform der Erörterungspflicht muss den Protest der Richter und Staatsanwälte hervorrufen. Durch eine abweichende Regelung zum Thüringer Personalvertretungsgesetz soll hier eine absolute Verschlechterung der gegenwärtigen Mitbestimmungssituation, speziell für Richter und Staatsanwälte, herbeigeführt werden. Insoweit sind Ihre Ausführungen, Herr Minister, nicht völlig nachvollziehbar, denn Sie haben die Staatsanwälte da irgendwie vergessen bei Ihrer Argumentation.
Ich sehe für diese höchst einschneidende, ja willkürliche Maßnahme, keinen vernünftigen Grund. Ich kann nur warnen, auf diesem Weg weiter zu gehen. Es handelt sich um ein Zurückschneiden von demokratischen Rechten, wie sie in Artikel 37 Abs. 3 unserer Verfassung festgeschrieben sind.
Diese Reduzierung dann auch noch mit der richterlichen Unabhängigkeit zu rechtfertigen, ist nicht nur völlig abwegig, sondern letztlich eine Verhöhnung, eine Verhöh
nung insbesondere der Staatsanwälte.
Aus der sehr umfangreichen Stellungnahme des gemeinsamen Ausschusses der Hauptrichterräte und des Hauptstaatsanwaltsrats vom 25. 05. dieses Jahres lese ich, dass diese Seite bereits an eine verfassungsgerichtliche Überprüfung denkt. Ich warne inständig davor, es zu einer derartigen Auseinandersetzung zwischen Landesregierung und Richterschaft kommen zu lassen, und zwar sehenden Auges kommen zu lassen. Ich warne davor, diese Konfrontation überhaupt in die Überlegung mit einzubeziehen. Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Sächsische Verfassungsgerichtshof, wie heute ja schon angesprochen worden ist, mit überzeugenden Gründen im Februar dieses Jahres inhaltlich gleiche Regelungen des Personalvertretungsgesetzes von Sachsen für nichtig erklärt hat.
Fassen wir also zusammen, meine Damen und Herren, der Entwurf sollte gemeinsam mit den bereits vorliegenden Entwürfen im Justizausschuss eingehend beraten werden. Die SPD-Fraktion beantragt deshalb die Überweisung des vorliegenden Gesetzentwurfs an den Justizausschuss. Danke schön.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte als Erstes von dieser Stelle aus die vielen Richter begrüßen, die heute hier bei uns sind, auf der Besuchertribüne sind und dieser Diskussion zuhören.
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, zunächst einige Vorbemerkungen machen. Die hier zu diskutierenden Gesetzentwürfe eignen sich aus mehreren Gründen nicht zur bloßen parteipolitischen Auseinandersetzung. Es geht um die Justiz, meine Damen und Herren, und ihre Position als unabhängiges Verfassungsorgan in einem demokratischen Rechtsstaat. Ich appelliere deshalb an Sie, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, den notwendigen Respekt vor den Thüringer Richterinnen und Richtern, vor den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten durch eine besonders sachliche Diskussion zu zeigen. Es verlangt der Respekt, zumindest aber die Rücksichtnahme des Parlaments als Legislative vor der Judikative - der ersten Gewalt also vor der dritten -, dass hier streng sachbezogen diskutiert wird. Wir sollten vor allem alle parteipolitischen Bezüge bis hin zu entsprechenden Vorwürfen gegen den politischen Konkurrenten unterlassen.
Es gibt, so meine ich, einen weiteren Grund für meinen Appell. Das ist die besondere historische Situation, der besondere historische Rahmen, in denen wir uns mit dieser Diskussion bewegen. Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten, kennen in Ihrer überwiegenden Zahl die völlige Instrumentalisierung einer gelenkten Justiz in der DDR. Ich kenne sie aus dem Aktenstudium als Leitender Oberstaatsanwalt der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für SEDKriminalität hier in Erfurt. Und ich will zur abschreckenden Verdeutlichung dessen, was ich sagen will, hier nur den Namen Smolka nennen. Smolka ist Ihnen sicherlich bekannt, dieses traurige Beispiel eines pervertierten Staates. Erinnern Sie sich auch daran, was in Artikel 96 Abs. 1 der Verfassung der DDR unter der richterlichen Unabhängigkeit zu verstehen war. Und erinnern Sie sich auch bitte daran, was damals nach Artikel 94 der DDR-Verfassung Voraussetzung war, um zum Richter gewählt zu werden. Ich darf zitieren: Dieser Richter musste "... dem Volk und seinem sozialistischen Staat treu ergeben sein." eine Pervertierung. Ich glaube, mehr brauche ich in diesem Hause dazu nicht zu sagen.
Diese Zeiten sind überwunden, meine Damen und Herren. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Freistaats haben zu Recht kein Verständnis für Parteipolitik in einer Justiz, die sich mit guten Gründen auf ihre Unabhängigkeit berufen kann. Wir brauchen, so meine ich und davon bin ich überzeugt, bei unseren Richterinnen und Richtern, unseren Staatsanwältinnen und Staatsanwälten keine Bedenken zu haben, dass sie sich etwa in irgendeine politische Abhängigkeit bringen lassen würden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch eine Anmerkung machen: Es ist eine allgemeine Erkenntnis, dass die Justiz immer in der Gefahr steht, als politisch gelenkt diskriminiert zu werden. Auch da habe ich bei unseren Thüringer Richterinnen und Richtern, bei den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten keine Angst, sie sind über solches Misstrauen erhaben. Aber es geht um den bösen
Verdacht, sie seien politisiert. Und, das lassen Sie mich hinzufügen, diese Verdächtigungen kommen schnell, allzu schnell, von den Gegnern einer rechtsstaatlichen Justiz. Das sind nicht nur die Straftäter, wenn Sie so wollen die Kunden, diese Verdächtigungen, ja diese Diskriminierungen muss man häufig und ganz allgemein, ja pauschal von den Gegnern des Rechtsstaats hören, von den Chaoten, von den Anarchisten. Deshalb richtet sich mein Appell an alle Demokraten: Sorgen Sie durch eine streng sachbezogene Diskussion dafür, dass die Vorurteile, diese Diskriminierungen keine Nahrung finden, dass unsere Demokratie, dass unser Rechtsstaat keinen Schaden nimmt.
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, noch eines feststellen: Die Ihnen vorliegenden Gesetzentwürfe sind, wie das schon mehrfach in der Öffentlichkeit genannt worden ist und worauf der Kollege Dr. Pidde zu Recht hingewiesen hat, das Ergebnis einer intensiven Diskussion mit einer Arbeitsgruppe, die im November vorigen Jahres auf besonderen Wunsch von Thüringer Richtern und Staatsanwälten gebildet worden war. Ich will zu diesem Zeitpunkt nicht weiter auf die Inhalte eingehen, will aber eines gleich feststellen: Es sind in der überwiegenden Anzahl der Richter und Staatsanwälte, die dort mitgearbeitet haben, erfahrene Fachleute und Praktiker, die uns beraten haben, die Gesetzentwürfe, wenn man so will, mit erarbeitet haben. Die einzelnen Regelungen, die neu in die Verfassung bzw. in das Richtergesetz aufgenommen werden sollen, entspringen auch nicht etwa den chimärenhaften Angstgebilden hypertropher Richter oder Staatsanwälte, sondern sie beruhen auf Erfahrungen und sind mit Einzelbeispielen zu belegen.
Lassen Sie mich dazu noch zwei Feststellungen treffen, ich glaube, das muss hier nicht besonders betont werden, ich will es aber trotzdem sagen: Soweit mir überhaupt bekannt ist, sind die meisten Teilnehmer an dieser Runde nicht Mitglied irgendeiner Partei. Sie sind sehr wohl aber berufsständisch organisiert und sind am Standesrecht interessiert. Und, das sei hier auch besonders betont von dieser Stelle aus, ich bedanke mich für die Arbeit dieser engagierten Praktiker.
Als letzte Vorbemerkung will ich hervorheben, dass ich am 22. März dieses Jahres den Gesetzentwurf in Anwesenheit der Arbeitsgruppe allen, ich betone nochmals allen, berufsständischen Vertretungen der Thüringer Justiz präsentiert und mit den erschienenen Vertretern eingehend diskutiert habe. Es bestand einheitliche Zustimmung in allen Punkten, auch der Deutsche Richterbund, wenn ich mir diese Anmerkung erlauben darf.
Kommen wir, meine Damen und Herren, zu den Gesetzen. Lassen sie mich aber zunächst einmal allgemein einiges dazu anmerken. Das Thüringer Richtergesetz vom 17. Mai 1994 - diese Anmerkung sei mir erlaubt, genau sieben Jahre ist dieses Gesetz alt, da sind wir uns frak
tionsübergreifend einig, wie auch in der Diskussion am 5. April festgestellt werden konnte - muss geändert werden. Die SPD-Fraktion ist, wie auch die andere Oppositionsfraktion, der Überzeugung, dass auch Artikel 89 Abs. 2 Satz 1 der Thüringer Verfassung zu ändern ist.
Zur Änderung des Richtergesetzes ist darüber hinaus festzustellen, dass Teile des Arbeitsentwurfs 1999 in den Entwurf 2000 übernommen worden sind. Aber, das stelle ich auch hier fest, leider nur Teile und leider nicht die wesentlichen. Im Teil A der Begründung des Arbeitsentwurfs vom Dezember 2000 ist sogar weitgehend wortidentisch aufgenommen worden, was auch im ersten Abschnitt des Entwurfs 1999 ausgeführt worden ist. Es beginnt z.B. wie folgt, ich darf zitieren: "Das Thüringer Richtergesetz vom 17. Mai 1994 hat sich beim Aufbau einer rechtsstaatlichen Justiz in unserem Freistaat bewährt. Es hat aber auch Kritik erfahren, die sich insbesondere darauf gerichtet hat, dass der Umfang der richterlichen Beteiligung sich lediglich an den durch das Deutsche Richtergesetz vorgegebenen Rahmen hält." Und es geht dann sogar noch mal weiter: "Im Hinblick darauf" - und da wird im Entwurf 1999 auf die Koalitionsvereinbarung verwiesen, das wurde im Entwurf 2000 nicht gemacht - "soll nunmehr eine Novellierung vorgenommen werden."
Meine Damen und Herren, soweit es den Entwurf 1999 betraf, war es der Stand von 1999, und zwar ein Entwurf, der in Abstimmung mit den Thüringer Richtern und Staatsanwälten erarbeitet worden war. In der nunmehr über zwei Jahre weiteren Praxis haben sich aus der Sicht der Thüringer Richterinnen und Richter, der Staatsanwältinnen oder Staatsanwälte sehr viele Defizite bei der Anwendung des Gesetzes von 1994 ergeben, dass eine weiter gehende Novellierung dringend erforderlich geworden ist. Ich stimme da völlig mit der Praxis überein, aber, meine Damen und Herren, der zu Beginn meiner Ausführungen angemahnte Grundsatz der Zurückhaltung des Parlaments legt es nahe, und darum bitte ich, dass die Diskussionen dazu im Ausschuss fortgesetzt werden.
Kommen wir zu den einzelnen Vorschriften: Meine Damen und Herren, ihnen liegen zwei Gesetzentwürfe vor, nämlich a) das Zweite Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen in Drucksache 3/1549 und b) das Erste Gesetz zur Änderung des Thüringer Richtergesetzes in Drucksache 3/1550.
Kommen wir zur Verfassungsänderung: Das Zweite Gesetz zur Änderung der Thüringer Verfassung befasst sich mit Artikel 89 Abs. 2 Satz 1. Es handelt sich hier um eine Staatsorganisationsnorm, die im ersten Halbsatz die Einstellung der Richter regelt. Es wird dort festgelegt, dass der Justizminister die vorläufige Anstellung allein vornimmt. Es wird dann im zweiten Halbsatz bestimmt, dass nur bei der Berufung auf Lebenszeit der Richterwahlausschuss zustimmen muss.
Nach dem ihnen vorgelegten Gesetzentwurf soll die Zuständigkeit und damit die Bedeutung des Richterwahlausschusses erweitert werden auf seine zusätzliche Mitwirkung bei der vorläufigen Anstellung der Richter. Darunter sind auch die Staatsanwälte zu zählen, denn Staatsanwälte, dort diejenigen jungen Juristen, die im Anschluss Staatsanwälte werden sollen, werden als Richter auf Probe eingestellt. Der Richterwahlausschuss soll weiterhin mitwirken bei der Lebenszeiternennung auch von Staatsanwälten, und drittens auch bei der Beförderung von Richtern und Staatsanwälten.
Meine Damen und Herren, die verfassungsrechtliche Bedeutung des Richterwahlausschusses liegt darin, dass die Gewaltenteilung als Grundprinzip des demokratischen Rechtsstaats in der Weise ergänzt wird, dass der Richter seine demokratische Legitimation mit dieser besonderen Wahl durch ein parlamentarisches Gremium erhält, ergänzt und nicht durchbrochen.
Es ist bereits in der Plenardebatte am 5. April angesprochen worden, dass der gegenwärtige Thüringer Rechtszustand unbefriedigend ist - ich füge hinzu, auch aus der Sicht der Richter -, weil nämlich da ein Teil, sicherlich ein wesentlicher der insgesamt zweiaktigen, erst die vorläufige, dann die endgültige, Ernennung zum Richter mit dieser demokratischen Legitimation ausgestattet ist.
Meine Damen und Herren, diese verfassungsrechtlich unbefriedigende Situation war auch Gegenstand der Koalitionsverhandlung im Herbst 1994. Das Ergebnis ist in der Koalitionsvereinbarung - Herr Wolf, Sie können sich daran erinnern - festgelegt. Wir wollten erst Erfahrungen sammeln mit der Verfassung, die ja kurz zuvor durch entsprechenden Volksentscheid angenommen wurde. Dieser Stand, meine Damen und Herren, ist nach knapp 10 Jahren Praxis erreicht.
Meine Damen und Herren, die Lebenszeiternennung ist sicherlich für den einzelnen Richter und die einzelne Richterin ein entscheidender Zeitpunkt, weil sie damit auf Dauer eine besondere Rechtsstellung erhalten. Aber auch schon davor waren sie als Richter bzw. Richterin, wenngleich auf Probe oder kraft Auftrags in derselben, nämlich in der richterlichen Funktion tätig. Es ändert sich insoweit gar nichts, sie bleiben als Richter tätig. Das ist z.B. einer der vielen Gründe, warum auch in einer Reihe von Ländern, die wie Thüringen mit dem Richterwahlausschuss ein Mitwirkungsrecht haben, dieses Mitwirkungsrecht auch bei der vorläufigen Einstellung ausgeübt wird. Das sind z.B. die Länder Baden-Württemberg, Berlin, Hessen und Brandenburg. Übrigens, Anmerkung dazu: In allen diesen Ländern ist die CDU an der Regierung beteiligt, Thüringen spielt da schon eine Sonderrolle.
Bei dieser Gelegenheit sei ebenfalls angemerkt, dass in den genannten Bundesländern die Richterwahlausschüsse auch, wie im vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehen, bei den Beförderungen der Richterinnen und Richter als
Übertragung eines neuen Amts mitwirken. Das ist sinnvoll, denn die Beförderung hat im Regelfall zum Inhalt, dass den Betroffenen größere, ja bedeutendere Aufgaben übertragen werden, erhält ein neues Amt, das mit mehr Verantwortung verbunden ist. Nehmen wir als Beispiel die Beförderung eines Richters in der ordentlichen Gerichtsbarkeit von R1 nach R2. Diese führt dazu, dass der Richter etwa die Leitung eines Gerichts, den Vorsitz in einem Spruchkörper des Landgerichts oder die Aufgabe eines Richters beim Oberlandesgerichts übernimmt.
Schließlich sollen auch die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte nach unserem Gesetzentwurf in den Kreis derjenigen mit einbezogen werden, die der Mitentscheidung des Richterwahlausschusses unterliegen. Ich hebe an dieser Stelle ausdrücklich hervor, das ist auch die gemeinsame Forderung der Thüringer Richter und Staatsanwälte und ihrer berufsständischen Vertretungen. Ich räume ein, meine Damen und Herren, das ist neu. Das gibt es noch in keinem anderen Bundesland, aber es ist weder systemfremd oder gar rechtlich bedenklich, noch unpraktikabel. Es ist schon deshalb nicht systemfremd, weil die Staatsanwaltschaften zwar der Exekutive angehören, die Staatsanwälte erfüllen aber, wie das Bundesverfassungsgericht bereits festgestellt hat, gemeinsam mit den Richtern die Aufgabe der Justizgewährung im Bereich der Strafrechtspflege.
Es wird auch gesagt, die Staatsanwaltschaft ist ein der dritten Gewalt zugeordnetes Organ der Rechtspflege, im BGHSt festgestellt im 24. Band. Es ist aber auch in der amtlichen Begründung zum Ersten Strafverfahrensreformgesetz 1974 in der Begründung ausgeführt. Rechtliche Bedenken bestehen nicht, weder das Grundgesetz noch das Deutsche Richtergesetz enthalten eine Sperre. Der Landesgesetzgeber ist da völlig frei. Es ist meines Erachtens auch praxisnah, weil die Bedeutung der Staatsanwaltschaften bei der Verbrechensbekämpfung dadurch hervorgehoben wird und ein durchaus sinnvoller Wechsel zwischen staatsanwaltlicher und richterlicher Tätigkeit im Laufe eines Berufslebens in der Justiz erleichtert wird.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nur eine Bemerkung machen zu der Argumentation in der Debatte am 5. April. Es wurde da behauptet, eine Beteiligung des Richterwahlausschusses bei der erstmaligen Berufung eines Richters auf Probe oder eines Richters kraft Auftrags sei unsinnig, ja unpraktikabel, weil er noch ein völlig "unbeschriebenes Blatt" sei, weil er eben noch nicht erprobt sei. Das ist so nicht richtig. Natürlich gibt es eine Fülle von soliden fachlichen Informationen über einen jungen Juristen, der immerhin im Regelfall zwischen 25 und 28 Jahren alt ist, wenn er nach Ablegung des Zweiten juristischen Staatsexamens und damit von zwei juristischen Staatsexamen in den Staatsdienst aufgenommen werden will. Er hat nicht nur ein Studium ggf. mit einer entsprechenden Schwerpunktausbildung absolviert, sondern er ist als Referendar, das heißt als Beamter auf Widerruf im Staatsdienst durch eine Reihe von Ausbildungsstationen gelaufen. Dort sind seine Kenntnisse und
Fähigkeiten unter Anleitung und Aufsicht von erfahrenen Praktikern unter Beweis gestellt worden. - Herr Kallenbach, ich mache die Anmerkung: Sie wissen das besonders gut. - Er ist von jedem dieser Praktiker anschließend schriftlich beurteilt worden und er ist dann von Praktikern im Zweiten Staatsexamen geprüft worden. Über all diese Schritte liegen eine Fülle von Zeugnissen vor. Von einem "unbeschriebenen Blatt" kann man wahrlich nicht sprechen. Aber, meine Damen und Herren, auch das möchte ich im Ausschuss näher diskutieren. Ich glaube, das geht zu sehr ins Detail. Da sollten wir auch sehen, dass jede parteipolitische Diskussion rausbleibt.
Ich halte hier jedoch noch eines fest: Ausschlaggebend für die neue Regelung ist aus meiner Sicht vor allem, dass der junge Jurist mit richterlichen Aufgaben betraut wird, die er weitestgehend selbständig bis völlig selbständig wahrnimmt, wenn er als Richter kraft Auftrag oder als Richter auf Probe tätig ist - Assessor hieß es früher, ich bin noch als Gerichtsassessor eingestellt worden. Bedeutsam ist meines Erachtens, dass er über Menschen zu Gericht sitzt und damit häufig über Schicksale entscheidet, deshalb bedarf er, so meine ich, für seine Tätigkeit der vollen demokratischen Legitimation von Anfang an. Soweit in der Debatte am 5. April auf die Verfassungsgebung von 1993 verwiesen worden ist, merke ich an, dass es sich hier bereits um die zweite Verfassungsänderung handelt, und ich beziehe mich auf die schon geschilderte Koalitionsverhandlung vom Herbst 1994, die Erprobungsphase, die ist insoweit meines Erachtens abgelaufen.
Kommen wir zum Thüringer Richtergesetz: Es befasst sich, das ist schon dargestellt worden, mit der Mitwirkung von Richtern und Staatsanwälten an der Tätigkeit des Richterwahlausschusses, mit dem Ausbau der Mitbestimmung der Richterräte, mit der Erweiterung der Beteiligung der Präsidialräte, mit dem Richterdienstgericht und mit Reformen des öffentlichen Dienstrechts nach den Maßgaben des Deutschen Richtergesetzes. Ich will mich hier auf die wesentlichen Änderungen beschränken. Ich meine auch da, die Ausschussberatungen sollten abgewartet werden.
Kommen wir zum Richterwahlausschuss: Es ist hier so, dass die §§ 13 bis 22 des Thüringer Richtergesetzes abgeändert und ein neuer § 15 a eingefügt werden soll. Unter Nummer 8 wird die bereits dargestellte Verfassungsänderung in § 13 Thüringer Richtergesetz näher ausgestaltet. Nummer 9 des § 14 Thüringer Richtergesetz regelt die personelle Zusammensetzung des Richterwahlausschusses in Ausführung der Vorgaben von Artikel 89 Abs. 2 Satz 1 neu der Thüringer Verfassung. Vorgesehen ist eine Stärkung der Position der Richter sowie der Staatsanwälte, wenn eine mitwirkungspflichtige Entscheidung in deren Bereich ansteht. In Anbetracht der Bedeutung des Richterwahlausschusses als Organ zur parlamentarisch-demokratischen Legitimation der Tätigkeit der Gerichte und Staatsanwaltschaften soll das Kräfteverhältnis der Abgeordneten zu den Richtern und Staatsanwälten erhalten blei
ben, nämlich zwei Drittel zu einem Drittel. Da, und darauf hat Kollege Dr. Koch meines Erachtens schon zu Recht hingewiesen, unterscheiden wir uns von dem Vorschlag der PDS und auch den Vorschlägen der Richter und Staatsanwälte, insbesondere des Hauptrichterrates, die nämlich die hälftige Beteiligung vorgeschlagen haben. Wir meinen, dass das nicht angängig ist, denn der Richterwahlausschuss ist ein Gremium des Parlaments und hat andere Aufgaben. Aber auch da, um Diskriminierungen oder Sonstigem vorzubeugen, meine ich, weitere Diskussion im Ausschuss. Herr Wolf, wir sind uns da einig.
Die Wahl der Justizmitglieder ist unter § 15 a Nr. 10 des Entwurfs geregelt. Da in Zukunft nicht mehr automatisch die Präsidenten der Gerichtszweige in dieses Gremium entsandt werden, wie das bisher nach § 14 geschieht, bedarf es dieser demokratischen - ich sage ausdrücklich "demokratischen" - Handlung.
Meine Damen und Herren, dem Ausbau der Mitbestimmungskompetenz der Richterräte dient die ausgeführte Änderung und Neufassung der §§ 22 bis 44 des Thüringer Richtergesetzes. Hervorhebung, und das ist hier schon mehrfach angesprochen worden, verdient hier die Schaffung einer gemeinsamen Stufenvertretung der Richter und Staatsanwälte auf der Höhe des Justizministeriums. Lassen Sie mich dazu auch noch eine Anmerkung machen: Der Entwurf von 1999 kannte zumindest den gemeinsamen Landesrichterrat. Leider sind diese Strukturen nicht weiter verfolgt worden.
Meine Damen und Herren, der nach dem Thüringer Richtergesetz von 1994 derzeit bestehende Rechtszustand, dass jeder Gerichtszweig und die Staatsanwaltschaften ihre Personalvertretungen nur bis zu den oberen Gerichten und zur Generalstaatsanwaltschaft haben, eine gemeinsame Vertretung aber fehlt, wird von den Thüringer Richtern und Staatsanwälten zu Recht als unbefriedigend angesehen, denn einen direkten Ansprechpartner und, ich sage es auch ganz klar, einen Interessenvertreter auf der Höhe des Justizministeriums analog zum Hauptpersonalrat gibt es nicht. Das macht sich - logisch - insbesondere dann nachteilig bemerkbar, wenn Fragen von grundlegender, z.B. alle Richter betreffender Bedeutung zu entscheiden sind. Dann muss nach dem gegenwärtigen Rechtszustand z.B. mit allen fünf Einzelvertretungen, und sind die Staatsanwälte betroffen, dann mit sechs und dann auch noch mit gegebenenfalls unterschiedlichen Ergebnissen verhandelt werden. Angesichts aber des eingangs genannten Appells an die Zurückhaltung schlage ich auch da vor, im Ausschuss weiterzudiskutieren.
Dazu allerdings noch eine kleine Anmerkung, meine Damen und Herren: Tätig geworden ist im gegenwärtigen Zustand ein gemeinsamer Ausschuss von Richtern und Staatsanwälten, der die Verhandlungen mit dem Ministerium zum Arbeitsentwurf des Ministeriums geführt hat. Das war bereits die Praktizierung dieses neuen Rechtszustands.
Kommen wir zu dem so genannten Katalog: Zum Ausbau der Mitbestimmung und vor allem zur Sicherung und Rechtsklarheit ist in dem Entwurf unter Nummer 19 vorgesehen, einen § 39 mit einer Aufzählung der für die Mitbestimmung vorgesehenen Tatbestände zu schaffen. Wir werden sicherlich über die einzelnen Tatbestände noch im Ausschuss zu beraten haben. Um hier aber keine falschen Vorstellungen aufkeimen zu lassen will ich auch gleich feststellen, dass dieser Katalog aus meiner Sicht eine derzeit notwendige Mindestregelung darstellt, allenfalls hat die Abordnung ab 3 Monate Dauer, dass die auch mitbestimmungspflichtig ist, dass wir uns vielleicht da auf 6 Monate einigen können. Darüber können wir einmal reden, aber sonst halte ich diesen Katalog für grundsätzlich notwendig und für das Mindestmaß.
Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt ist die Schaffung einer Einigungsstelle, die in § 44 des Entwurfs unter Nummer 16 geregelt ist. Ich halte die Einrichtung einer solchen, dem Interessenausgleich und damit der Befriedung dienenden Institution nach dem Personalvertretungsrecht für sinnvoll und notwendig. Die Aufgaben derartiger Einrichtungen sind aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 24.05.1995 sicher zu modifizieren. Die Einigungsstellen selbst sollten aber nicht entfallen. Auch da bitte ich um weitere Erörterung im Ausschuss.
Kommen wir zum Präsidialrat: Meine Damen und Herren, seine Aufgaben sind unter Nummer 27 in § 45 des Entwurfs geregelt. Hier ist vor allem die Beteiligung bei der Lebenszeiternennung von Richtern und bei deren Entlassung von Bedeutung. In der Debatte am 05.04. sind dazu und auch zur Wahl der Mitglieder vor allem, meine ich, parteipolitische Behauptungen aufgestellt worden. Auch dafür gilt mein Appell, bitte weitere Beratungen im Ausschuss. Das gilt umso mehr, meine ich, als diese Forderungen vor allem von den Richtern erhoben worden sind und schließlich auf Erfahrungen zu verweisen ist in anderen Bundesländern. Darüber sollten wir nachdenken.
Meine Damen und Herren, das waren die wesentlichen Aspekte, der von der SPD-Fraktion vorgeschlagenen Änderungen. Auf die Novellierungen der Vorschriften über das Richterdienstgericht und auf die Übernahme zwingender Regelungen des deutschen Richtergesetzes will ich jetzt nicht näher eingehen.
Kommen wir zum Schluss: Meine Damen und Herren, das Standesrecht der Richter und Staatsanwälte ist eine besonders sensible Materie, zu dessen Regelung das Parlament, der Thüringer Landtag, berufen ist. Ich habe gleich zu Anfang dargestellt, dass es die Achtung der ersten Gewalt vor der dritten erfordert, dass wir mit der notwendigen Zurückhaltung und vor allem nicht mit Totschlagsargumenten oder so genannten Absolutheitsbehauptungen diskutieren. Beachten Sie bitte auch, dass die Ihnen heute vorgelegten Gesetzentwürfe und meine Erläuterungen dazu mit den Vertretungen der Thüringer Richterinnen und Richter, der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte am 22. März
dieses Jahres abgestimmt worden sind und sie haben deren Unterstützung. Bedenken Sie bitte auch eines: Bei den Betroffenen handelt es sich um eine Berufsgruppe, die nicht selten Pressionen von unterschiedlichen Interessengruppen ausgesetzt ist, bis hin zu Bedrohungen, die den Einsatz von Polizeischutz notwendig machen. Denken Sie z.B. an die Mafia-Verfahren. Sorgen Sie dafür, dass nicht das Ansehen dieser Berufsgruppe in der Öffentlichkeit Schaden nimmt. Lassen Sie uns die weitere Diskussion im Justizausschuss fortsetzen. Ich beantrage deshalb namens der SPD-Fraktion die Überweisung der Gesetzentwürfe in Drucksachen 3/1549 und 3/1550 zur weiteren Beratung an den Justizausschuss. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann mich kurz fassen, denn das, was vorgetragen worden ist, entspricht voll und ganz dem, was die SPD-Fraktion selbst auch vorschlagen wird.
Es sind nämlich Minimalforderungen, die die Richterschaft und die Staatsanwälte in Thüringen vorgetragen haben und in Anbetracht auch der aktuellen Situation fordern. Es sind auch Vorstellungen, die bereits ihre Geschichte haben. Ich meine, wir sollten das intensiv, aber auch zügig im Justizausschuss beraten. Ich schlage vor, die Anträge der PDS an den Justizausschuss zu überweisen. Danke schön.
Personalpolitik des Thüringer Justizministers
Der "Thüringer Allgemeinen" vom 13. Oktober 2000 war zu entnehmen, dass nach Amtsantritt des Justizministers Birkmann sechs Richter befördert wurden, obwohl nur vier Stellen - wie gesetzlich vorgesehen - ausgeschrieben wurden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Aufgrund welcher Vorschriften glaubte man auf die Ausschreibung in den zwei beschriebenen Fällen verzichten zu können?
2. Wurden die Urkunden für alle sechs Beförderungen schon ausgehändigt, und wenn nein, wird die Ausschreibung in den zwei genannten Fällen nachgeholt?
3. Welche personellen und anderen Konsequenzen zieht sie aus dem Vorfall?
Haftanstalten in Thüringen
Nach Mitteilung des Landesamts für Statistik vom 8. September 2000 waren am 31. März 2000 insgesamt 1900 Personen in Thüringen inhaftiert. Das stellt gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres eine Steigerung von 10,5 Prozent dar.
Seit Jahren ist die Steigerung der Häftlingszahlen als eindeutige Tendenz zu verzeichnen. Aus diesen Gründen wurden neue Haftanstalten in Gräfentonna und in Altenburg in Angriff genommen.
Der Presse war vor einigen Tagen zu entnehmen, dass im Zusammenhang mit dem Doppelhaushalt die Konzeption für die Justizvollzugsanstalten des Landes völlig überarbeitet werden soll. Justizminister Birkmann gehe davon aus, dass angesichts der Prognose für die Thüringer Bevölkerung bis 2020 die Anzahl der Haftplätze nach unten korrigiert werden müsse. Daraufhin wurden die Bauvorbereitungen in Altenburg gestoppt.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie hoch ist derzeit die normale und die maximale Belegungsfähigkeit der Haftanstalten und wie hoch ist aktuell die tatsächliche Auslastung?
2. Geht die Landesregierung davon aus, dass bis zum Jahr 2020 die Häftlingszahlen nochmals steigen, und wie sieht diese Steigerung pro Jahr in etwa aus?
3. Wie viele Bedienstete arbeiten derzeit in den Thüringer Haftanstalten im Vollzugsdienst, in den sozialen Diensten, in der Verwaltung?
Verhaftung, Inhaftierung und anschließende Freilassung der "Mondscheinfrisörin"
In der Presse wurde berichtet, dass die so genannte Mondscheinfrisörin Ilka Brückner am Morgen des 19. September verhaftet und inhaftiert worden war. Nachdem in der Öffentlichkeit Kritik an diesem unverhältnismäßigen Handeln laut wurde, wies Justizminister Birkmann die Staatsanwaltschaft Meiningen an, die Aufhebung des Haftbefehls zu beantragen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie, wann und durch wen hat der Justizminister von der Inhaftierung oder bereits vorab von der geplanten Inhaftierung Ilka Brückners erfahren und ist dem Ministerium vorab berichtet worden?
2. Handelte es sich bei der Entscheidung des Justizministers über die Freilassung der Betroffenen um einen Gnadenerweis und wenn nein, worauf gründet die Entscheidung?
3. Wenn ja, welche Stellen wurden vorher entsprechend der Thüringer Gnadenordnung beteiligt?
Danke schön. Wird nun der Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung weiter betrieben oder nicht?
Weitere Frage: Sehen Sie keine Möglichkeit, auf die Staatsanwaltschaft einzuwirken?
Können Sie unterscheiden zwischen einem Gericht und einer Staatsanwaltschaft?
Ich bitte um Überweisung an den Justizausschuss.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, lieber Herr Gnauck, wenn man das so hört, ist meines Erachtens ein Zitat angebracht: "Macht geht vor Recht". Diese zutiefst rechtsstaatswidrige, ja zynische Handlungsmaxime wurde 1863 im preußischen Abgeordnetenhaus dem damaligen preußischen Ministerpräsidenten vorge
worfen, er hieß von Bismarck. Meine Damen und Herren, heute im Thüringer Landtag unter der Geltung des Grundgesetzes und der Thüringer Verfassung muss man sich unter dem Eindruck des Regierungshandelns rund um den Pilz-Prozess fragen, ob sich die Zeiten seit 1863 tatsächlich geändert haben.
Oder soll auch hier nach dem Grundsatz verfahren werden: "Macht geht vor Recht"? Halten wir fest, meine Damen und Herren, auf eine Strafanzeige der Landesregierung hat die Staatsanwaltschaft Mühlhausen Anklage gegen Pilz und andere wegen Subventionsbetrugs und anderer Straftaten erhoben. Als das Gericht in Ausübung seiner gesetzlichen Pflicht zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung weitere Ermittlungen für notwendig erachtet, kommt es zu einer höchst seltsamen, ja verdächtigen Verweigerungshaltung dieser Landesregierung. Ein Eklat, diese Landesregierung verhält sich, und das sage ich ganz bewusst, rechtsstaatswidrig und behindert das Gericht bei der Wahrheitsfindung. Für diese Behinderungen, die unserem Freistaat nun schon seit Wochen einen Spitzenplatz in den Negativmeldungen der Presse sichern, tragen Sie, Herr Ministerpräsident, die politische Verantwortung.
Nein, Sie. Ich freue mich, dass Sie überhaupt da sind, denn im Allgemeinen, wenn hier eine Landtagssitzung stattfindet, sind Sie ja gleich wieder draußen.
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, die wichtigsten Fakten beleuchten, die seit Frühjahr dieses Jahres festzustellen sind und die uns alle seit September beschäftigen.
Da zeigt sich der Thüringer Wirtschaftsminister seit Anbeginn der Nachermittlungen kooperationsunwillig, ja, ich meine sogar hinderlich, obwohl er eigentlich ja ein Interesse an der Aufklärung haben müsste. Er wird am 03.04. vom Landgericht schriftlich gebeten, weitere Unterlagen herauszugeben. Er reagiert überhaupt nicht, so dass er Ende April gemahnt werden muss, und dann kommen völlig unerquickliche, ja ungenügende, ausweichende und nichts sagende Antworten. Als dann am 15.06., also etwa sechs Wochen später, durchsucht werden soll, kommt es zur nächsten Behinderung der Justiz. Der Justizminister gibt am Abend des Vortags, nämlich am 14.06., sein Wissen über die drohende Durchsuchung - und entgegen der ausdrücklichen Bitte von Staatsanwaltschaft und Gericht an den Wirtschaftsminister weiter. Meine Damen und Herren, das ist schlicht und einfach Prozessbehinderung.
Der Justizminister will von der Bitte nichts gewusst haben? Seit heute, meine Damen und Herren, seit der "Thüringer Allgemeinen", die das Interview veröffentlicht hat, wissen wir, dass er vielleicht auch nur unter Gedächtnisschwund leidet. Meine Damen und Herren, alles absolut unglaubwürdig. Werten wir die objektiven Tatsachen aus.
In einem Vermerk der Kriminalbeamten, die an der Durchsuchung teilgenommen haben, ist festgehalten, dass im Justizministerium über den Wunsch nach Geheimhaltung vor der Weitergabe an Minister Birkmann lange diskutiert worden ist. Es ist lange diskutiert worden, es handelt sich ja auch um einen absolut außergewöhnlichen Umstand.
Erstens die Kombination, ein Ministerium soll durchsucht werden. Das ist in der Bundesrepublik nach meiner Erinnerung, Herr Ministerpräsident, Sie haben da längere Erinnerungen, seit 1945 in der Bundesrepublik nicht durchgeführt worden.
In Rheinland-Pfalz vielleicht,
aber die Durchsuchung einer Staatskanzlei auf keinen Fall.
Es handelt sich hier um einen absolut einmaligen Vorgang, bei dem auch noch darum gebeten wird, bitte unterrichte nicht diesen Minister, was ja normalerweise nach der Geschäftsordnung der Landesregierung üblich ist. Insoweit bekenne ich mich dazu, natürlich, ich habe das veranlasst, dass bei vorgesehenen Aktenherausgaben gesagt wird, die kommen zu euch, wollen die Akten heraushaben.
Das ist üblich. Herr Wunderlich, Sie wundern sich vielleicht darüber, weil es zu Ihrem Namen passt, ja. Aber wenn das Gericht dazu sagt, bitte nicht vorab unterrichten, dass dann der Minister dennoch unterrichtet, das ist der besondere Vorgang und ich kann mir nicht vorstellen, denn ich kenne die meisten Beamten aus dem Justizministerium,
dass sie von diesem absolut unüblichen Verhalten den Minister nicht vorab unterrichtet haben sollten, denn, meine Damen und Herren, die Beamten, zumindest aus dem Justizministerium, sind weder pflichtvergessen noch illoyal.
Halten wir außerdem fest, meine Damen und Herren, bei dem Telefonat, das der Justizminister mit dem Wirtschaftsminister geführt hat, war der maßgebliche und verantwortliche Mitarbeiter anwesend. Will der Justizminister etwa sagen und so weit gehen, dass dieser Beamte ein Dienstvergehen begangen hat, indem er seinen Minister nicht unterrichtet hat?
Herr Wolf, das war so unpräzise, das kann man ihm nicht abnehmen.
Das ist völlig lebensfremd. Wenn Sie sich mit lebensfremden Erklärungen zufrieden geben, bitte sehr. Es ist meines Erachtens hier schon ein "Bauernopfer" vorgesehen und es wäre aus meiner Sicht ein Abgrund von Zynismus und Kaltblütigkeit, wenn man diesen Beamten opfern wollte. Dieser Tatbestand wird auch durch das mehr beals entlastende Interview in der heutigen TA nicht widerlegt.
Es ist, nein nein, es ist der untaugliche Versuch der "Mohrenwäsche", um sich reinzuwaschen. Das ist untauglich. Es kam anschließend zu den Behinderungen vom 15.06., wo die im Wirtschaftsministerium Erschienenen wie in der Geschichte von Hase und Igel zwischen Ministerium und Staatskanzlei hin- und hergeschickt wurden. Dank der dazu im Hintergrund geführten Telefonate blieben die Durchsuchungsbemühungen natürlich erfolglos. Die Behinderung hatte also geklappt.
Meine Damen und Herren, besondere Hervorhebung verdient hier aber das Telefonat, es waren wohl mehrere, des Justizministers mit dem OLG-Präsidenten, und zwar während der Durchsuchungsaktion. Wenn der Justizminister jetzt behauptet, er habe den OLG-Präsidenten nicht zu einem Eingreifen veranlassen wollen, dann ist das wiederum völlig unglaubwürdig. Wollte er etwa mit ihm nur plaudern? Zunächst wusste der OLG-Präsident ganz offenkundig, was von ihm erwartet wurde und der Minister wusste das auch. Machen wir uns doch nichts vor. Der Justizminister hat zielgerichtet quasi in mittelbarer Täterschaft auf die richterliche Durchsuchung Einfluss ge
nommen.
Ja, das ist unverschämt, genau das ist unverschämt, das ist ein Verstoß gegen den Rechtsstaat. Herr Wunderlich, das müssen wir lernen.
Meine Damen und Herren, das wird zu Recht von allen Seiten, aber insbesondere von den Richtern und Staatsanwälten in Thüringen, als massiver Eingriff in ein laufendes Verfahren gewertet.
Das musste und hat, und das müssen wir hier feststellen, zu einer völligen Zerrüttung des Vertrauens in die Integrität des Justizministers geführt.
Die heutige Pressemeldung des Hauptrichterrates - die sollten auch Sie lesen, Herr Wolf - die Ihnen vorgelesen worden ist, bestätigt das.
Meine Damen und Herren, ganz deutlich wird hier aber wieder die Handlungsmaxime dieser Landesregierung "Macht geht vor Recht" dokumentiert. Das Ganze wird dann noch damit garniert, dass der Justizminister vom primadonnenhaften Verhalten seiner Richter spricht. Weniger Sensibilität kann man nun wirklich nicht mehr zeigen.
Herr Dr. Birkmann, eines muss ich Ihnen allerdings sagen: Respekt, Respekt! Wozu Herr Heitmann in Sachsen zehn Jahre benötigte, das schaffen Sie in einem Jahr,
nämlich die völlige Konfrontation mit den Richtern und Staatsanwälten. Ihnen ist ja inzwischen sogar ein von den Richtern angebotener Vermittlungsversuch grandios misslungen. Herr Heitmann hat den Konflikt anders gelöst und sich insbesondere nicht auf einen angeblichen Freispruch einer weisungsgebundenen Staatsanwaltschaft berufen, deren Leiter in Erfurt Ihnen, Herr Birkmann, ja noch etwas schuldig ist.
Ist eigentlich gegen dieses "Gefälligkeitsattest", so muss ich fragen, der Staatsanwaltschaft inzwischen Beschwerde
eingelegt worden, denn dagegen kann ja jeder Bürger dieses Staates Dienstaufsichtsbeschwerde erheben?
Kommen wir zu den Akten, Herr Gnauck, weil Sie gerade darauf ansprechen, in der Staatskanzlei. Auf Anordnung des Ministerpräsidenten, so die Presse, wurden die Akten zunächst einmal nicht herausgegeben. Eine Sperrerklärung scheut man aber, ganz eindeutig. Diese könnte nämlich im Verwaltungsgerichtsverfahren überprüft werden, und, meine Damen und Herren, ein negativer Ausgang dieser Überprüfung wäre peinlich.
Außerdem, meine Damen und Herren, das Landgericht Mühlhausen könnte aus einer Sperre ja entsprechende Schlüsse ziehen, also verlegt man sich aufs Taktieren. Aber, hier bleibt es beim Versuch, "Macht geht vor Recht" zu praktizieren - immer wieder ist man erfolglos. Man könnte annehmen: "Pleiten, Pech und Pannen". Herr Gnauck, ich freue mich, Sie werden ja nun von einem rechtskundigen Rechtsanwalt beraten, das ist gut so.
Einige Details seien hier angemerkt. Erst wird lauthals die Herausgabe mit einem besonderen Imponiergehabe verweigert, die werden nicht herausgegeben; dann will man höchstens dem Gericht Akteneinsicht in der Staatskanzlei gewähren und dann wundert man sich und ist völlig empört, dass daraufhin die Staatskanzlei am 04.10 insgesamt 11 Stunden lang durchsucht wird und die Akten beschlagnahmt werden - so die Presse.
Und, meine Damen und Herren von der Landesregierung...
Herr Ministerpräsident, Sie haben doch so ein gutes Verhältnis zur Presse, warum dementieren Sie das nicht?
Herr Wolf, Mäßigung, Mäßigung!
Einige Details weiter: Dann werden die Spielchen mit Versiegelungen betrieben und die Akten werden nicht aus der Staatskanzlei herausgegeben. Herr von der Krone, haben Sie bitte Verständnis, in Anbetracht des geringen Zeitbudgets möchte ich gern weiterreden. Lassen wir das mit der Versiegelung. Jetzt befinden sich die Akten Gott sei Dank da, wo sie hingehören, nämlich beim Landgericht in Mühlhausen. Nur, wer soll das Siegel brechen? Das Verfahren wird also schließlich weiter behindert. Das Ganze wird schließlich angereichert durch eine Presseerklärung aus der Staatskanzlei vom 29.09., wonach der Chef der Staatskanzlei, Herr Minister Gnauck, in die Gerichtsakten Einsicht nehmen will, um - ich darf zitieren - "festzustellen, was Staatsanwaltschaft und Gerichte unternommen haben, um die Strafbarkeit des Pilz'schen Handelns aufzuklären." Das ist zumindest absurd. Die Exekutive, meine Damen und Herren, hat in einem demokratischen Rechtsstaat keine derartigen Überprüfungsrechte über die Judikative. Aber es zeigt die Absicht, man will in Thüringen offenkundig nach der Maxime verfahren "Macht geht vor Recht".
Herr Ministerpräsident, das waren kurz zusammengefasst die Handlungen Ihrer Minister, die inzwischen immer heftiger, aber auch immer hilfloser reagieren. In der Kynologie, meine Damen und Herren, kennt man den Begriff des Angstbeißers. Ich werde ihn ausdrücklich hier nicht anwenden. Aber, Herr Ministerpräsident, ich bedanke mich bei Ihnen, Sie haben Ihre von einer Presseagentur verbreitete Attacke gegen die Staatsanwaltschaft Mühlhausen inzwischen zumindest mir gegenüber korrigiert, worum ich Sie ja gebeten hatte.
Ich danke Ihnen. Sie ist verbreitet worden
und Sie haben nichts dagegen getan. Hin und wieder scheint es Ihnen doch zu unterlaufen... Nein, ich habe die dpa...
Herr Dr. Vogel, ich bin überrascht, dass Sie das noch nicht einmal anerkennen wollen, aber Sie haben es ja mir gegenüber korrigiert. Ich bedanke mich dafür.
Ich bedanke mich dafür, aber haben Sie das auch den Staatsanwälten in Mühlhausen gegenüber erklärt? Um das geht es mir.
Meine Damen und Herren, fassen wir zusammen: Was wir in den letzten Tagen und Wochen unter dem Gesichtspunkt der rechtsstaatlichen Verantwortung von dieser Landesregierung erleben mussten, ist das unrühmliche, ja beängstigende Verhalten nach dem bekannten Motto "Macht geht vor Recht".
Meine Damen und Herren von der Regierung, da beschweren Sie sich, dass im Pilz-Verfahren eine Schieflage entstanden sei: Nicht die Landesregierung sei angeklagt, natürlich nicht. Nur, meine Damen und Herren von der Landesregierung, Sie verhalten sich exakt so, wie ich es in meiner Praxis bisher allein von Angeklagten erlebt habe. Anstatt das Gericht und die Staatsanwaltschaft in Mühlhausen bei der Wahrheitsfindung zu unterstützen, wird taktiert und finassiert. Anstatt den notwendigen Respekt vor der Judikative, vor Gericht und Staatsanwaltschaft zu zeigen, wird verschleiert, behindert, verzögert, und wenn das nicht mehr hilft, wird draufgeschlagen auf Richter und Staatsanwälte dieses Landes. Anstatt sich zumindest der Justizminister, was seine Aufgabe wäre, vor seine Richter und Staatsanwälte stellt und sie vor den vielfältigen Angriffen schützt, beteiligt er sich maßgeblich an den Attacken, wie in den letzten Tagen wieder festgestellt werden musste.
Andererseits, meine Damen und Herren, und das will ich hier besonders hervorheben, wir alle können stolz sein auf unsere Justiz!
Ich erwarte Ihren Beifall, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, ich erwarte Ihren Beifall!
Das sind die Richter und Staatsanwälte dieses Staates. Wenden Sie sich gegen diese? Ich muss feststellen, Sie sind noch nicht einmal bereit, das anzuerkennen.
Also Herr...
Herr Wunderlich, richtig - das ist schon wunderlich. Ich muss schon eines feststellen, der Abgeordnete gleichen Namens.
Meine Damen und Herren, wir können stolz sein auf diese Justiz. Sie handelt getreu ihrem gesetzlichen Auftrag und ist durch politische Beeinflussungsversuche und Pressionen nicht zu beeindrucken. Bis jetzt, meine Damen und Herren, müssen wir feststellen, hat der Rechtsstaat funktioniert.