Irene Ellenberger
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, natürlich kommt es mit diesem Antrag - es ist ja ein Oppositionsantrag - wie es immer kommen muss oder sagen wir einmal wie es fast immer kommen muss, er wird abgelehnt gar keine Frage. Die Begründung ist meistens auch immer die gleiche, weil alles gut ist in Thüringen, so wie es ist. Und überhaupt, das haben wir auch schon gehört, letzten Endes ist ja Asylrecht Bundesrecht und die Landesregierung hat sowieso nur ganz eingeschränkten Handlungsspielraum.
Ich hatte eigentlich gedacht, Frau Groß, und Ihr Beitrag zur Einbringung dieses Antrags vor etlichen Wochen schon hatte mich in dieser Hoffnung bestärkt, dass es tatsächlich eine intensive Diskussion zum Flüchtlingsbericht im Innenausschuss geben wird, denn das hatten Sie damals angekündigt.
Damit hatten Sie ja auch die Ausschussüberweisung begründet. Nach dem, was ich jetzt von meinen Kollegen gehört habe, gab es Diskussionen, gar keine Frage, aber die
ses Wort "intensiv", glaube ich, kann man nicht anwenden auf diese Diskussion, die stattgefunden hat. Ich glaube, es ist doch ein Stückchen eine vertane Chance gewesen. Besonders Leid tut es mir um diesen Punkt mit der Schulpflicht, obwohl die Ablehnung nun auch wiederum nicht gerade überraschend kommt, wie ich zugeben muss. Wir haben ja diesen Punkt im Zusammenhang mit der Schulgesetznovelle noch in Erinnerung, wenn auch nicht unbedingt in guter Erinnerung. Natürlich konnten wir nicht überrascht sein, dass Sie diesem Punkt nicht zustimmen wollen. Und die Begründungen sind auch immer die gleichen, was mich eben ärgert.
Sie erwähnen, dass es allen Kindern ja eigentlich möglich ist. Da gebe ich Ihnen völlig Recht. Natürlich besteht ein Recht auf Schulbildung, aber es besteht eben nicht die Pflicht. Und gerade für die Kinder, deren Eltern, aus welchen Gründen auch immer, aus Unwissenheit oder weil, was ich noch viel schlimmer finde, ihre Kinder Mädchen sind, diese Kinder nicht in die Schule schicken wollen, wäre die Schulpflicht natürlich wirklich besonders wichtig. Sie wissen doch selbst wie fatal sich das, wenn Kinder über Jahre fern von jeder Bildungsmöglichkeit bleiben, auf diese Kinder auswirkt. Ich hoffe nicht, aber manchmal könnte man vielleicht schon sagen, Sie würden es ja bei Kindern, die hier ihren Daueraufenthalt haben, nicht dulden und ich fürchte fast, es ist Ihnen eigentlich einigermaßen egal, was mit den anderen, den übrigen Kindern passiert. Das finde ich nicht so richtig gut.
Das ist kein Blödsinn. Ich kann doch sagen, dass ich fürchte, dass Ihnen die Asylbewerberkinder vielleicht doch ein Stückchen weit egal sind, das ist ja durch die Debatte herausgekommen. Die Schulpflicht war ja mal im Gesetz drin, in der Gesetzesnovelle. Die Debatte, die dazu geführt worden ist, die bestärkt mich noch in der Annahme, dass die Kinder Ihnen doch wirklich ziemlich egal sind. Da können Sie sich gar nicht rausreden. Diese Begründungen, die Sie gegeben haben, sind so fadenscheinig, dass ich sie hier nicht wiederholen will, weil man sich damit bloß blamiert.
Wir unterstützen also diesen Punkt nach wie vor. Wir unterstützen auch den Punkt 3, obwohl dieses 3 c, das gebe ich zu, ist ein Stückchen nicht mehr so relevant, wie es vielleicht mal am Anfang gewesen ist. Am Ende wird sich das wahrscheinlich völlig von selber erledigen. Aber die Geschichte mit den kleineren Gemeinschaftsunterkünften, also Unterkünften unter hundert Plätzen, die ist vernünftig. Sie ist nicht nur wegen der Flüchtlinge selber, wegen dieser sozialen Aspekte vernünftig, sondern, ich glaube, sie ist auch aus wirtschaftlichen Aspekten vernünftig und man sollte, wenn man es auch wegen der bestehenden Verträge vielleicht nicht gleich schafft,
unbedingt ein Stückchen die Kommunen in diese Richtung beraten, dass man zu solchen Unterkünften in ganz Thüringen kommt. Das, glaube ich, würde für die Sache an sich richtig gut sein. Für die Einzelunterkünfte gibt es inzwischen sehr gut funktionierende Beispiele und die Quote derjenigen Flüchtlingsfamilien, die für diese Einzelunterkünfte in Frage käme, die ist ja wesentlich größer als die, die jetzt sozusagen mit Einzelunterkünften beglückt werden. Es ist eben nicht unbedingt eine Frage des Geldes, wie ein Abgeordneter begründet hat. Ich glaube nicht, dass die so besonders viel teurer sind, aber sie sind einfach viel praktischer und für die Kinder, vor allen Dingen für die Kinder, die in diesen Familien leben, sind sie viel, viel besser. Man muss eben bei all diesen Dingen immer bedenken, dass die Asylbewerber ja wirklich über Jahre hier leben, ob einem das nun gefällt oder nicht. Die meisten gehen dann wieder weg, aber sie leben nun einmal viele Jahre hier. Dieser Tatsache muss man eben einfach Rechnung tragen.
Der Punkt 1, Frau Groß hat es schon gesagt, das ist diese Geschichte mit der Präsenzpflicht, da sind wir nicht der Meinung der PDS. Ich glaube, diese Präsenzpflicht ist angemessen und man kann sie auch aushalten. Es gibt Ausnahmeregelungen. Es gibt jetzt noch Ungereimtheiten, die, hoffe ich, werden bald der Vergangenheit angehören. Dann sollte man diese Präsenzpflicht nicht weiter lockern. Die Ausnahmeregelungen bestehen auch und die Sache ist so in Ordnung, wie sie ist. Leider gibt es diesen Punkt in Ihrem Antrag, wenn der nicht drin wäre, könnten wir zustimmen. Aber er ist drin und deswegen müssen wir leider ablehnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, bevor ich auf den konkreten Antrag zu sprechen komme, gestatten Sie mir bitte eine Vorbemerkung. Wir haben ja eigentlich unsere Probleme, zumindest gelegentlich, mit dem Ausländerbeauftragten von Thüringen, vor allen Dingen über so manche seiner Formulierungen bezüglich seiner Klientel, also über Ausländer. Aber heute, das muss ja auch einmal sein, möchte ich ihm wirklich einmal ein großes Lob aussprechen.
Er hat etwas bundesweit ziemlich Einmaliges und daher, wie ich denke, Mutiges getan, nämlich einem renommierten Institut den Auftrag zur Erstellung dieses ersten Flüchtlingsberichts erteilt. Auch wenn dieser Bericht aufgrund seiner finanziellen und zeitlichen Limitierung nicht unbedingt repräsentativ ist, sondern eben nur auf Fallbeispielen basiert, so gibt er uns, wie ich denke, doch genügend Material in die Hand, die Situation von Flüchtlingen in Thüringen genauer zu betrachten, zu bedenken und mögliche Änderungen zu beraten und dann eben auch umzusetzen.
Ich möchte als Zweites den Kommentar und die Empfehlungen des Ausländerbeauftragten zum Thüringen Flüchtlingsbericht hervorheben. Ehrlich gesagt, ich hatte so deutliche Worte gar nicht erwartet, auch wenn er offen lässt, an wen diese Empfehlungen gerichtet sind, aber ich denke, die Adressaten sind ohnehin leicht ausgemacht.
Nun aber zum Antrag der PDS-Fraktion, zunächst zu Punkt 1.
Es gibt ein Sprichwort, Herr Zeh, das möchte ich aber jetzt nicht so laut sagen, weil, ich möchte das Loblied heute zumindest - nicht wieder einschränken.
Aus jahrelanger Erfahrung hat sich ergeben, dass die starre Handhabung der Residenzpflicht für Asylbewerber zumindest in eigenen Regionen - und wie sagt der Herr Peters zu Recht - wirklichkeitsfremd ist. Ich kann sowohl aus der Formulierung im Punkt 1 als auch aus seiner Begründung nicht so genau erkennen, was die PDS will. Sollte
der Antrag in diesem Punkt eine weiträumige Bewegungsfreiheit von Asylbewerbern bedeuten, so können wir ihn dort nicht unterstützen. Es gibt gute Gründe für diese Residenz- oder Präsenzpflicht; wir haben ja in diesem Haus schon öfter davon gesprochen. Aber ich denke schon, dass es Anlass gibt, über bestimmte Lockerungen nachzudenken. Den § 58 Asylverfahrensgesetz hat der Bundestag ganz bestimmt nicht ohne Grund im Gesetz verankert. Da gibt es dieses Stichwort "gewisse örtliche Unzulänglichkeiten".
Meine Damen und Herren, den Punkt 2 können wir uneingeschränkt unterstützen. Auch wenn der Flüchtlingsbericht keine gründliche Analyse darüber enthält, wie viele Kinder im schulpflichtigen Alter eine Schule besuchen und wie viele nicht, so kann man den Aussagen doch entnehmen, dass erstens wohl ein größerer Teil der Kinder nicht in die Schule geht und dass zweitens die Situation in den einzelnen Gemeinschaftsunterkünften ganz unterschiedlich ist. Auch die Gründe dafür sind ganz unterschiedlich, z.B. gibt es durchaus Eltern, die ihre Kinder einfach nicht in die Schule schicken wollen. Das muss sich zum Wohle der Kinder ganz dringend ändern.
1996 hat die Bundesregierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage formuliert, dass der Aufenthalt in einer Erstaufnahmeeinrichtung kein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des Melderechts ist. Diese Antwort ist absolut einleuchtend, denn Flüchtlinge halten sich nicht für längere Zeit in diesen Einrichtungen auf. Ganz anders verhält es sich oftmals danach. Viele Flüchtlingsfamilien bleiben jahrelang in der gleichen Unterkunft am gleichen Ort und wir können einfach nicht akzeptieren, dass Kinder dieser Familien ebenfalls jahrelang von jeglicher Bildung ausgeschlossen bleiben. Die Folgen brauche ich Ihnen nicht zu schildern. Ich denke, es ist an der Zeit, das Rundschreiben des Thüringer Kultusministeriums, wonach für Flüchtlingskinder Schulrecht, aber keine Schulpflicht besteht, aus dem Verkehr zu ziehen.
Meine Damen und Herren, auch Punkt 3 wird von uns unterstützt, und zwar in allen drei Unterpunkten. Die Forderung, in Zukunft nur Gemeinschaftsunterkünfte bis 100 Plätze zu betreiben, ist vernünftig, nicht nur aus Sicht der Flüchtlinge, sondern auch aus Sicht der Nachbarn der Orte, in denen sich die Gebäude befinden, und wahrscheinlich auch aus wirtschaftlicher Sicht. Die Einzelunterbringung haben wir in der letzten Legislaturperiode für Thüringen eingeführt. Ganz offensichtlich geht es aber nicht ohne Druck, ohne besonderen Nachdruck, diese Art der Unterbringung vor allem für Familien, die die erforderlichen Kriterien des Flüchtlingsaufnahmegesetzes erfüllen, in ausreichender Anzahl in den Landkreisen und kreisfreien Städten vorzuhalten.
Der PDS-Antrag, meine Damen und Herren, greift drei Bereiche der Flüchtlingspolitik auf, die schwer wiegen und die auch im Flüchtlingsbericht entsprechend gewürdigt und vom Thüringer Ausländerbeauftragten ebenso kommentiert wurden. Es gibt aber noch andere wichtige Themen
zu bereden. Zum Beispiel scheint mir die Pauschale für die soziale Betreuung der Flüchtlinge völlig unzureichend zu sein und eine qualifizierte Sozialarbeit wird ganz offensichtlich in kaum einer Unterkunft noch gewährleistet. Wohlfahrtsverbände, auch das kritisiert der Ausländerbeauftragte, haben sich weitgehend aus dieser Arbeit zurückgezogen, ganz offensichtlich können sie keine tarifgerechte Bezahlung für ihre Mitarbeiter in den Unterkünften gewähren.
Ich denke, der erste Thüringer Flüchtlingsbericht mit dem Kommentar und den Empfehlungen des Ausländerbeauftragten hat eine gründliche Beratung in den Ausschüssen verdient. Wir sollten den PDS-Antrag, der ja nur einen Ausschnitt aus der ganzen Thematik beinhaltet, als Anlass nehmen, diese Beratungen auch durchzuführen. Vielen Dank.
Verkauf des Mehrzweckgebäudes am Weimarplatz in Weimar
In einer Pressekonferenz am 7. Dezember 2000 wurde durch die TLG Treuhand Liegenschaftsgesellschaft mbH bekannt gegeben, dass das Mehrzweckgebäude am Weimarplatz (das ehemalige Gauforum) an die Firma Saller Gewerbebau verkauft worden ist. Die konkrete zukünftige Nutzung des Gebäudes blieb dabei noch im Dunkeln, obwohl TLG-Niederlassungsleiter Dillinger den Verkauf an Herrn Saller mit dem besten Konzept aller Bieter begründete. Für die Umgebung dieses Platzes hatte es im Vorfeld des Verkaufs 1999 einen europaweiten städtebaulichen Ideenwettbewerb gegeben, der durch den Freistaat Thüringen, die Stadt Weimar und die TLG ausgelobt worden war und verschiedene Preisträger aus
zeichnete. Im Protokoll dieses Wettbewerbs bekundeten die drei Auslobenden ihre Absicht, ich zitiere: "die Entwurfsansätze auf ihre Realisierungschancen hin zu überprüfen, um ein gemeinsam abgestimmtes Zielpapier zu entwickeln, das mittelfristig umgesetzt werden kann."
Ich frage die Landesregierung:
1. Über welches Verfahren ist der Verkauf des Mehrzweckgebäudes (MZG) an die Firma Saller Gewerbebau erfolgt?
2. Hat die Firma Saller Gewerbebau ein Konzept für die Nutzung des MZG vorgelegt, das auch die Entwicklung des Stadtquartiers und die Situation des Einzelhandels und anderer möglicherweise tangierter Gewerbe in der Stadt Weimar berücksichtigt?
3. Wird in diesem Konzept auf die Ergebnisse des erwähnten Wettbewerbs, der mit einem Aufwand von ca. 500 000 Mark durchgeführt wurde, Bezug genommen?
4. Ist dieses Konzept mit der Stadt Weimar abgesprochen und berücksichtigt es die Planungshoheit der Stadt Weimar?
Ist es richtig, Herr Minister, mit anderen Worten wiedergegeben: Da Sie nicht beteiligt sind, wissen Sie auch nichts Näheres über diese ganze Angelegenheit, also nicht Sie
persönlich, sondern da das Land nicht beteiligt ist?
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, natürlich muss Macht nicht zwangsläufig zu Machtmissbrauch führen, zumal, wenn die Machthaber auf demokratische Art und
Weise zu dieser Macht gekommen sind. Aber auch Demokraten können der Versuchung, ihre Macht zu missbrauchen, erliegen. Deshalb müssen wir uns nun innerhalb von zwei Tagen auch gleich zweimal mit derartigen Fällen beschäftigen, und das ist erschreckend.
Ich bin zunächst erst einmal froh, dass der Versuch der geballten schwarzen Kraft dieses Hauses, durch bösartige Unterstellungen, durch Demagogie und Zynismus, durch Verdrehungen und durch Herunterspielen der Fakten von dem Skandal der Einflussnahme auf die Thüringer Justizbehörden abzulenken, in der öffentlichen Wahrnehmung gescheitert ist.
Ja, so vergesslich bin ich nicht, dass Sie mir das sagen müssen. Ich will Sie nur noch mal daran erinnern, dass wir leider schon gestern so einen Fall hatten.
Und heute reden wir dann über den zweiten Versuch einer Einflussnahme, und diesmal auf Bedienstete von Kommunen und von Landkreisen. Nun hat man sich nach Bekanntwerden dieses Rundschreibens des Vizepräsidenten des Landesverwaltungsamts bemüht, die ganze Sache herunterzuspielen mit den Worten: Beamte dürfen sich außerhalb des Dienstes selbstverständlich politisch betätigen.
Meine Damen und Herren, wir Abgeordnete von der SPDFraktion wissen natürlich, es ist selbstverständlich, dass sich Beamte in ihrer Freizeit politisch betätigen dürfen,
aber genau an dieser Stelle hat dieser Vizepräsident Bär versucht, ein Verbot auszusprechen. Ich finde die Formulierung in seinem Rundschreiben ziemlich eindeutig. Und jetzt zitiere ich eine andere Stelle aus diesem Rundschreiben, Herr Fiedler.
Diese entsprechende Passage im Schreiben lautet: "Da die Anwendung der aufgestellten Grundsätze bereits die Auslegung entsprechender Unterschriftsbögen als unzulässig zu beurteilen ist, verbietet sich erst recht eine aktive Werbung für das Volksbegehren durch Bedienstete der Kommunen bzw. der Landkreise."
Oh nein. Meine Damen und Herren, der krampfhafte Versuch, diesen Satz nun so umzudrehen und zu verharmlosen, zeigt aus meiner Sicht, Herrn Bär ist es inzwischen selbst ganz klar, dass er seine Kompetenzen überschritten hat
zum Schaden für die Demokratie in diesem Lande.
Herr Köckert, mir sind ja Ihre Maßstäbe für die Besetzung dieser hochkarätigen Stelle eines Vizepräsidenten des Thüringer Landesverwaltungsamts nicht bekannt, aber angesichts dieser aus meiner Sicht, aus unserer Sicht unverantwortlichen Fehlleistung Ihres Beamten kommt mir der Verdacht,
dass diese Maßstäbe weniger die fachliche Eignung als vielmehr das passende Parteibuch sein könnten.
Denn wenn der Vizepräsident über eine entsprechende fachliche Eignung verfügte, hätte er dieses Quasiverbot nicht ausgesprochen, weder aus eigenem Antrieb noch aus sonstwelchen Gründen. Ich möchte jetzt auch nicht näher darauf eingehen, was es sonst noch für Gründe geben könnte.
Ein Beamter, der anderen Beamten verbietet, Volksbegehren und Volksentscheid, die in Artikel 45 in unserer Thüringer Verfassung verankert sind, in ihrer Freizeit zu unterstützen, ist in diesem Amt fehl am Platze. Ich fordere Sie deswegen, Herr Köckert, nachdrücklich hier auf: Entfernen Sie Ihren personellen Fehlgriff
von dieser Stelle, damit in Zukunft weiterer Schaden für unsere Demokratie abgewendet werden kann.
Meine Damen und Herren, besonders schlimm finde ich, dass dieses unzulässige Verbot ganz offensichtlich bereits Wirkung gezeigt hat. Ich hörte, dass es Leute gibt, die ihre Unterschrift wieder zurückgezogen haben. Deshalb rufe ich den Bediensteten in den Kommunen und Landkreisen zu: Lassen Sie sich von einem CDU-Spitzenbe
amten nicht einschüchtern! Nehmen Sie Ihr Recht wahr für freie Meinungsäußerung!
Und Ihnen, meine Damen und Herren von der schwarzen Mehrheit, Sie wissen, es ist eine temporäre Mehrheit.
Regen Sie sich doch nicht so auf, Herr Fiedler, das ist ja fürchterlich. Unterliegen Sie nicht der Versuchung, Ihre Macht für parteipolitische Interessen zu missbrauchen.
Sie müssen es ertragen, dass es Bürgerinnen und Bürger in Thüringen gibt, die nicht nur andere politische Vorstellungen und Ziele haben, sondern für sich auch in Anspruch nehmen, für die Durchsetzung dieser Ziele alle rechtsstaatlichen Instrumente zu nutzen. Setzen Sie sich mit diesen Menschen politisch auseinander und versuchen Sie nicht, im übertragenen Sinne selbstverständlich, Gewalt anzuwenden.
Initiative "Meile 2000 für Toleranz"
Die Sportminister der Länder haben auf ihrer Konferenz im November 1999 den Beschluss gefasst, eine Initiative "Meile 2000 für Toleranz" zu starten. Anliegen dieses Projekts ist es, mit den Mitteln des Sports die Bewusstseinsbildung für Demokratie und Toleranz zu schärfen und den Teilnehmern an dieser Aktion die Möglichkeit zu geben, sich durch die Teilnahme mit dem Anliegen zu identifizieren. Kooperationspartner für diese Aktion sind unter anderem die Landessportbünde.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Veranstaltungen im Rahmen der Initiative "Meile 2000 für Toleranz" hat sie geplant?
2. Führt sie - abgesehen von Veranstaltungen im Rahmen der Initiative "Meile 2000 für Toleranz" - Veranstaltungen oder Projekte durch, bei denen mit den Mitteln des Sports für Demokratie und Toleranz geworben wird, bzw. för
dert sie diese?
3. Falls die Frage 2 mit Ja beantwortet wird, um welche Veranstaltungen oder Projekte handelt es sich, und falls mit Nein, sind solche Veranstaltungen bzw. deren Förderung geplant?
4. Wie gestaltet sich in diesen Fragen die Zusammenarbeit mit dem Landessportbund?
Schlägt dieses besonders enge Zusammenwirken jetzt auch in ganz konkreten Projekten oder Veranstaltungen noch in diesem Jahr durch?
Krankheit des Kindes bei Angestellten und Beamten in Thüringen
Nach § 45 SGB V haben Angestellte Anspruch in jedem Kalenderjahr für jedes erkrankte Kind bis zu zehn Tage Krankengeld zu erhalten und von ihrem Arbeitgeber unbezahlt frei gestellt zu werden, falls kein Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht. Bei Alleinerziehenden verlängert sich der Anspruch auf 20 Tage. Thüringer Beamte haben nach den Durchführungsbestimmungen zu § 18 der Thüringer Urlaubsverordnung Anspruch auf vier Tage im Kalenderjahr Sonderurlaub unter Fortgewährung der Besoldung bei schwerer Erkrankung eines Kindes.
Ich frage die Landesregierung:
1. Aus welchen Gründen werden Beamte und Angestellte in dieser Frage nicht gleich behandelt?
2. Wie sehen die diesbezüglichen Regelungen für Beamte im Bund und in den anderen Bundesländern aus?
3. Beabsichtigt die Landesregierung die Durchführungsbestimmungen zur Thüringer Urlaubsverordnung zu verändern und den Anspruch auf Sonderurlaub bei schwerer Erkrankung eines Kindes zu verlängern?
Das heißt also mit anderen Worten, in anderen Bundesländern oder auch im Bund, das haben Sie jetzt nicht so klar unterschieden, gibt es durchaus eine derartige Bevorteilung von Beamten. Habe ich Sie da richtig verstanden?
Ich habe erst einmal eine Bitte an den Minister. Ich bin der Auffassung, dass Sie mir meine dritte Frage nicht beantwortet haben. Ich hatte eindeutig gefragt, ob Sie beabsichtigen, das zu ändern. Sie haben mir zwar eine Antwort gegeben, aber nicht die Frage beantwortet. Können Sie mir das vielleicht noch sagen, damit ich die zweite Frage nicht noch einmal stellen muss, die ich eigentlich sonst noch stellen würde.
Minister Pietzsch, können Sie mir sagen, in wie vielen Fällen in den vergangenen sechs Jahren die Rentenanpassung unter der Inflationsrate gelegen hat?
Ich habe eigentlich keine weitere Frage, sondern ich stelle fest, dass Sie meine Frage überhaupt nicht beantwortet haben. Ich habe eine ganz andere Frage gestellt, als Sie mir beantwortet haben. Vielleicht liegt das daran, dass Sie momentan nicht in der Lage sind, das zu beantworten. Dann würde ich Sie bitten, dass Sie mir meine Frage, die ich gestellt habe, schriftlich beantworten, die man ja auch im Protokoll nachlesen kann.
Ja, ich hatte gefragt, wenn Sie das jetzt nicht beantworten können, was ich verstehe, ob Sie mir das vielleicht schriftlich beantworten würden. Das ist jetzt zwar keine inhaltliche Frage, aber eine Frage zum Prozedere.
Ich bin leider nicht Mitglied im Ausschuss, wie Sie vielleicht wissen, und deswegen meine Frage, ob Sie mir das schriftlich beantworten können.
Vielen Dank, Herr Minister.
(Beifall bei der CDU)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich will es einmal so zusammenfassend sagen: Das war wohl nichts, Herr Ministerpräsident.
Oder anders ausgedrückt, das war so schlecht gemacht, dass es Ihnen Ihre eigene Fraktion um die Ohren gehauen hat - bildlich gesprochen selbstverständlich, ich will mir ja hier keine Rüge einhandeln.
Zuerst präsentierten Sie der Thüringer Öffentlichkeit einen Wunschkandidaten für das Amt des Bürgerbeauftragten, ohne dass es dafür eine gesetzliche Grundlage gab. Sie haben dadurch den Eindruck entstehen lassen, dass das von Ihnen geplante Gesetz vor allem für eine ganz konkrete Person gemacht werden soll, aus welchen Gründen auch immer, ich will mich da eventuellen Spekulationen nicht anschließen, die zweite Runde werden
wir ja auch noch miterleben, die dann irgendwann einmal, wenn die Kandidatin, der Kandidat genannt wird, durchgeführt wird. Aber, ich denke, Sie haben durch Ihr Vorgehen dafür gesorgt, dass dieses Amt schon beschädigt wurde, bevor es überhaupt installiert war.
Denn auf diese Art und Weise, meine Damen und Herren, kann überhaupt kein Vertrauen aufgebaut werden, aber Vertrauen, denke ich, wir wissen das alle, ist die Basis für die Aufgabenerfüllung eines Bürgerbeauftragten. Ich kann nur bedauern, wie dilettantisch Ihr Vorgehen gewesen ist. Übrigens, ich will da gar kein Missverständnis aufkommen lassen, meine Kritik richtet sich nur auf das Vorgehen in dieser Sache, auf die Art und Weise, wie Sie versucht haben auch Personen schon ins Spiel zu bringen. Sie richtet sich nicht gegen die Person selber, über die dort diskutiert worden ist.
Meine Damen und Herren, der Dilettantismus, mit dem Sie, Herr Ministerpräsident, ja bekannterweise auch Ihre eigene Fraktion brüskiert haben, ist allerdings damit noch nicht zu Ende. Sie haben, vielleicht um da noch eines draufzusetzen, Ihre Fraktion und uns alle dann hopplahopp mit einem Gesetzentwurf überrascht, der so misslungen war, dass Ihre eigenen Fraktionäre sich genötigt sahen, die Notbremse zu ziehen und dem staunenden Publikum einen im Prinzip ganz neuen Entwurf vorzulegen. Formal gesehen passierte das im Petitionsausschuss. Aber natürlich machte das Ereignis auch draußen gleich die Runde. Es blieb auch nicht verborgen, mit welchem Frust das ganze Problem in der CDU-Fraktion diskutiert worden ist. Vielleicht haben Sie sich, verehrte Kollegen von der Regierungsfraktion, gesagt, wenn wir schon diesen Frust ertragen müssen, dann sollen die Oppositionsfraktionen auch welchen haben,
mit dem Ergebnis, dass das Gesetzesvorhaben, dieser Änderungsvorschlag in einer Art und Weise durch die beratenden Ausschüsse gedrückt wurde, die mit einer Beratung im eigentlichen Sinn des Wortes nun überhaupt nichts mehr zu tun hatte. Ich bin mir nicht sicher, ob das Verfahren immer auch mit der Geschäftsordnung übereingestimmt hat.
Herr Kölbel, Sie haben in einer Presseerklärung, die Sie zu dem ganzen Geschehen herausgegeben haben, gesagt - ich zitiere: "Es ist mir aus den letzten Jahren nicht erinnerlich, dass sich die Abgeordneten so intensiv mit einer Materie auseinander gesetzt haben. Viele Anregungen und Ideen sind dadurch eingeflossen." Ich frage Sie, Herr Kölbel: Von welcher Veranstaltung reden Sie eigentlich?
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber offensichtlich haben Sie diese Presseerklärung - es ist zwar nicht abgestimmt mit den Petitionsausschussmitgliedern, wie es ja eigentlich üblich ist, andere machen es auch so -, aber ich denke, Sie haben diese Äußerung doch als Ausschussvorsitzender gemacht und nicht etwa als Mitglied Ihrer CDUFraktion. Und dann, verehrter Herr Kollege, empfinde ich diese Äußerung als Hohn, denn Sie wissen so gut wie ich, dass eine inhaltliche Beratung im Petitionsausschuss überhaupt nicht stattgefunden hat. Wir haben über das Procedere geredet und wir haben über die Anhörung gesprochen und Ihre Fraktionskollegen haben diese Anhörung dann einfach beendet, ohne die angekündigten Zuschriften der Bürgerbeauftragten der anderen Bundesländer abzuwarten. Ich denke, es wäre wichtig gewesen, sozusagen aus berufenem Munde die Bewertung des Thüringer Gesetzentwurfs zu bekommen und von den Erfahrungen der anderen zu lernen. Und über die Änderungsvorschläge der Opposition haben Sie überhaupt kein Wort verloren. Sie haben sie einfach nur weggestimmt, so nach dem Motto "Nur keine fachliche Auseinandersetzung mehr", dabei könnte ja Ihre ganze Terminplanung durcheinander geraten. Ich habe nie verstanden, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, warum Sie es plötzlich so eilig hatten. Meine Frage danach im Ausschuss ist auch nicht beantwortet worden, ist bis heute nicht beantwortet worden. Wahrscheinlich gibt es auch keinen sachlichen Grund, es sei denn, der Wille des Ministerpräsidenten, der die Sache so schnell wie möglich jetzt durchziehen will, um den Schaden nicht noch zu vergrößern, ist der Grund. Aber darüber kann man natürlich nicht öffentlich sprechen.
Meine Damen und Herren, ich und meine Fraktion, wir finden es sehr schade, dass Sie gerade bei diesem Gesetzentwurf, in dem es um den Bürgerbeauftragten geht, den wir ja eigentlich alle wollen, eine fachliche Auseinandersetzung verweigern und sich einfach nur mit dem Einsatz Ihrer Macht zufrieden geben, so nach dem Motto "Muskelspiel statt Denksport".
Meine Damen und Herren, gegenüber dem Entwurf der Landesregierung ist der neue Entwurf der CDU-Fraktion und um nichts anderes handelt es sich ja faktisch bei dem Änderungsvorschlag, über den wir nun heute abstimmen werden - eine deutliche Verbesserung. Vor allem die Aufgaben des Bürgerbeauftragten sind klar umschrieben und Überschneidungen zum Petitionsausschuss werden so hoffentlich weitgehend vermieden. Aber wie heißt es so schön: Nichts ist so gut, dass es nicht noch verbessert werden kann. Und genau das hatte meine Fraktion mit ihren Änderungsvorschlägen vor, Vorschläge, deren Sinnhaftigkeit wohl jedem sofort eingeht, wenn, ja, wenn er bereit ist, darüber zu debattieren. Das wollten Sie aber leider nicht tun. Wir aber halten unsere Vorschläge, meine Damen und Herren, für so wichtig für das Gelingen des Vorhabens "Bürgerbeauftragter", dass wir die wesentlichen
Punkte heute dem Parlament noch einmal vorlegen, in der Hoffnung, dass Sie sie sich in der Zwischenzeit vielleicht einmal angesehen haben, dass Sie sich mit ihnen beschäftigt und vielleicht auch ihren Wert erkannt haben. Der erste Vorschlag betrifft das Vorschlagsrecht, die Wahl und die Amtszeit des Bürgerbeauftragten. Wir wollen, dass die Thüringer Bürger ihren Bürgerbeauftragten vorschlagen können.
Das soll natürlich nicht per Direktwahl passieren, das geht natürlich nicht, sondern eine Kommission, die sich aus Vertretern aller relevanten gesellschaftlichen Gruppen zusammensetzt,
soll - dieses Wort verbitte ich mir, Herr Abgeordneter Zeh dieses Vorschlagsrecht für die Bürgerinnen und Bürger Thüringens wahrnehmen. Das ist ein, wie ich denke, sehr demokratisches Verfahren und ganz bestimmt viel besser geeignet, Akzeptanz und Vertrauen aufzubauen, als wenn der Regierungschef das Kraft seines Amtes und gewissermaßen vom grünen Tisch aus tut. Wir wollen, dass der vorgeschlagene Kandidat von einer breiten Mehrheit hier im Landtag getragen wird.
Deshalb schlagen wir eine Zweidrittelmehrheit nicht nur zum Abwählen vor, sondern vor allen Dingen zur Wahl des Kandidaten.
Der zweite Änderungsvorschlag betrifft die Personalausstattung des Bürgerbeauftragten. Wir wollen, dass kein zweiter Verwaltungsapparat zusätzlich zu dem in der Landtagsverwaltung bereits vorhandenen Referat entsteht. Der Ausschussvorsitzende selbst hat erklärt, dass Doppelarbeit vermieden werden soll, dass der neue Bürgerbeauftragte Anliegen der Bürger schon im Vorfeld klärt und so diese Anliegen gar nicht erst an den Petitionsausschuss gerichtet werden. Das ist vernünftig, meine Damen und Herren. Das bedeutet aber auch, dass auf diese Art und Weise die Mitarbeiter des Petitionsreferats entlastet werden, die dann ihr Wissen und ihr Können wiederum dem Bürgerbeauftragten zur Verfügung stellen können. Unser Vorschlag zielt also darauf ab, Verwaltungsvorgänge zu rationalisieren, ohne dass die Arbeit sowohl des Petitionsausschusses als auch des Bürgerbeauftragten darunter zu leiden hätte. Ich denke, der Finanzminister sollte uns eigentlich dankbar dafür sein.
Meine Damen und Herren, die Schaffung des Bürgerbeauftragten hier in Thüringen ist ein gutes Anliegen. Der Gedanke ist zwar nicht neu, er ist auch im Zusam
menhang mit der Verfassungsdiskussion in der 1. Legislaturperiode bei der CDU auf wenig Gegenliebe gestoßen, aber deshalb bleibt es ja doch ein gutes Anliegen. Wir alle wollen dieses Amt als Bindeglied zwischen Bürger und Politik, zwischen Bürger und Behörden. Der Bürgerbeauftragte soll die Bürger stärken, indem er sich ihrer Sorgen und Nöte ganz direkt und unmittelbar annimmt. Ich denke, es wäre gut, wenn dieses Amt mit einem Gesetz installiert wird, das von einer breiten Mehrheit hier im Landtag getragen wird. Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, haben es nun in der Hand, diese breite Mehrheit aus allen Fraktionen herzustellen, indem Sie unseren Änderungsvorschlägen folgen. Der Bürgerbeauftragte ist erst dann im wahrsten Sinne des Wortes ein Beauftragter der Bürger, wenn er auf höchst demokratische Art und Weise durch die Bürger dazu bestimmt wird. Das könnte hier in Thüringen zum ersten Mal und ganz vorbildlich gelingen, wenn Sie nur wollen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte beginnen, wenn Sie erlauben, Frau Präsidentin, mit einem Zitat aus einer Ansprache von Johannes Rau, die er am 17. Dezember 1999 gehalten hat. Ich zitiere: "Wir alle wissen, dass man die Opfer von Verbrechen mit Geld nicht wirklich entschädigen kann. Wir alle wissen, dass das Leid, das Millionen Frauen und Männern zugefügt wurde, nicht wieder gutgemacht werden kann. Es macht auch keinen Sinn, begangenes Unrecht gegeneinander aufzurechnen.
Sklaven- und Zwangsarbeit bedeutete nicht nur das Vorenthalten des gerechten Lohnes, sie bedeutete Verschleppung, Entrechtung, die brutale Missachtung der Menschenwürde; oft war sie planvoll darauf angelegt, die Menschen durch Arbeit zu vernichten.
Für alle, die damals ihr Leben verloren haben, kommt die Entschädigung genauso zu spät wie für alle, die inzwischen gestorben sind. Umso wichtiger ist es, dass jetzt alle Überlebenden möglichst bald die heute, am 17. Dezember vereinbarte humanitäre Leistung bekommen. Ich weiß, dass für viele gar nicht das Geld entscheidend ist, sie wollen, dass ihr Leid als Leid anerkannt wird und das Unrecht, das ihnen angetan worden ist, 'Unrecht' genannt wird."
Die Bundesrepublik Deutschland und deutsche Unternehmen, leider nicht alle deutschen Unternehmen, haben sich entschlossen, durch die Errichtung der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" moralische Verantwortung für dieses furchtbare Kapitel unserer Geschichte zu übernehmen und den betroffenen Opfern auch finanzielle Entschädigungsleistungen bereitzustellen. Natürlich kann man mit Recht darüber klagen, dass über ein halbes Jahrhundert vergehen musste, bis diese Verantwortung akzeptiert wurde, und zwar - wie gerade mein Vorredner sehr zu Recht darauf hingewiesen hat - hat es in beiden Teilen Deutschlands sehr lange gedauert, bis man diese Verantwortung akzeptiert hat. Zu DDR-Zeiten wurde dieser Teil der Verantwortung gar nicht akzeptiert. Der größte Teil der verschleppten und versklavten Menschen lebt heute gar nicht mehr. Viele von ihnen, vor allem die in Osteuropa leben, haben all die Jahre in ziemlicher Armut verbracht und trotzdem, und da, denke ich, sind wir uns doch alle einig, sind wir froh darüber, dass diese Entschädigung jetzt endlich kommen wird als ein sozusagen symbolisches Zeichen der Wiedergutmachung.
Die Parteien auf Bundesebene, aber, wie ich denke, auch hier in Thüringen unterstützen einmütig dieses Vorhaben, das auf der Basis der Verhandlungsergebnisse der vorbereitenden Kommission umgesetzt werden soll. Es ist auch
kaum vorstellbar, nach meiner Sicht der Dinge, dass das Gesetz zur Errichtung der Stiftung, ein ganz besonderes Gesetz, von Parteiengezänk statt von Einmütigkeit begleitet wird.
Wichtig ist, dass diese Verhandlungen, die leider immer noch nicht abgeschlossen sind, nun hoffentlich bald abgeschlossen werden können, und wichtig ist auch, dass die offenen Fragen beantwortet werden. Es gibt viele offene Fragen zu diesem Thema von vielen Beteiligten. Aber solange die Verhandlungen laufen, werden auch die Fragen nach und nach beantwortet werden müssen. Die Modalitäten der Beteiligung der Länder müssen geklärt werden, gar keine Frage, und auch andere Details, aber bei den grundsätzlichen Entscheidungen sind sich doch alle Beteiligten inzwischen einig. Diese mühselig gewonnene Einigkeit darf jetzt nicht durch Forderungen konterkariert werden, von denen jeder weiß, auch die PDS, wie ich vermute, dass sie nicht erfüllt werden können.
Das Grundanliegen Ihres Antrags, die schnellstmögliche Entschädigung von ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern, unterstützt natürlich die SPD wie, glaube ich, alle anderen hier in diesem Hause auch. Bei dem Begriff "angemessene Entschädigung", also "angemessen", zögere ich schon ein bisschen, denn was ist eigentlich angemessen in diesem Zusammenhang? Ich denke auch, dass haushaltsrechtlich geklärt werden muss, wie die Kommunen sich freiwillig am Stützungsfonds beteiligen können. Und von der Landesregierung erwarten wir selbstverständlich ein deutliches Bekenntnis zur finanziellen Beteiligung Thüringens, zu einer konstruktiven Begleitung des Gesetzgebungsverfahrens im Bundesrat und den Willen, den festen Willen, alles Nötige zu einer zügigen Umsetzung des Gesetzes auch hier in Thüringen zu veranlassen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, auch wenn es in diesem Falle wünschenswert wäre, das will ich überhaupt nicht leugnen, dass meine Fraktion sich für eine Änderung im Einkommenssteuergesetz einsetzen wird oder dass die Verzichtserklärung gegenüber weiteren Ansprüchen aus dem Stiftungsgesetz herausgenommen werden kann. Beides sind, wie ich denke, Grundvoraussetzungen für das Gelingen dieser gemeinsamen Stiftung. Wenn Ihnen, meine Damen und Herren, dieses Gelingen am Herzen liegt, vor allem auch im Sinne der betroffenen Opfer, die nun wirklich nicht mehr warten können, und wenn es Ihnen nicht nur darum geht, sozusagen als die besonders guten Deutschen in der Öffentlichkeit dazustehen, dann hoffe ich, dann bitte ich Sie, verzichten Sie auf Ihre unerfüllbaren Forderungen und tragen Sie so dazu bei, dass auch in Thüringen unter den Parteien Einmütigkeit herrscht und die Zwangsarbeiter so fair und so schnell wie nur irgend möglich entschädigt werden können.
Ich hätte nichts dagegen, meine Damen und Herren, wenn dieser Antrag an den Innenausschuss überwiesen wird, weil es doch verschiedene Dinge zu klären gibt, die nur hier in Thüringen zu klären sind. Aber ich denke, dann sollte er ein Stückchen ruhen in diesem Ausschuss, weil
erst noch andere Entscheidungen gefällt werden müssen, bevor der Innenausschuss sich mit diesem Antrag beschäftigen kann. Also Ausschussüberweisung ja; wenn nicht, müssen wir den Antrag leider ablehnen.
Da ich nicht Ausschussmitglied bin, bestehe ich darauf, dass ich die Frage hier stellen kann.
Herr Staatssekretär, da Sie ja sicherlich mit mir überein sind, dass wir noch immer eine viel zu hohe Arbeitslosigkeit haben in Ostdeutschland genauso wie in Thüringen - trotz der relativ guten Ergebnisse -, möchte ich fragen, ob Sie glauben, dass, wenn Sie die Arbeitsmarktprojekte jetzt nur noch auf solche Projekte ausrichten, die auf den ersten Arbeitsmarkt gerichtet sind, Sie dann vor allem ältere Arbeitslose, Frauen, Behinderte oder auch ganz junge außerhalb z.B. von sozialen Projekten tatsächlich unterbringen können?
Ich habe keine weitere Nachfrage. Ich bitte den Herrn Staatssekretär Richwien nur, meine Frage zu beantworten, die ich gestellt habe, die er mitnichten eben beantwortet hat.