Rosemarie Hein
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Schülerinnen und Schüler, die im Rahmen des Modells 13 k im Frühjahr 2002 an den Abiturprüfungen teilnehmen werden, bemühen sich zurzeit, so sie ein Studium anstreben, um einen Studienplatz. Einige berichten, dass Hochschulen diese Bewerbungen für das Frühjahrssemester 2002 nicht akzeptieren.
Ich frage die Landesregierung:
1. Ist der Landesregierung bekannt, dass Schülerinnen und Schüler aus dem Modell 13 k bei der Bewerbung um einen Studienplatz für das Frühjahrssemester Probleme haben und, wenn ja, worin bestehen diese?
2. Bestehen solche Probleme nur an Hochschulen bestimmter Bundesländer und, wenn ja, in welchen und welche Begründung wird dafür angegeben?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass es der Standpunkt meiner Fraktion ist.
Zunächst zur Großen Anfrage der CDU. Frau Feußner hat bereits auf die Menge der Fragen hingewiesen. Ich habe 240 gezählt und ich finde, Sie haben allen Grund, sich beim Kultusministerium zu bedanken. Wir haben uns immer gewundert, warum das Ministerium keine Zeit hat, Verordnungen zu schreiben. Vielleicht lag es ja auch ein bisschen daran.
Ich werde jetzt nicht über die mangelnde Redezeit klagen, sondern werde gleich sagen, ich beschränke mich eben aus diesem Grund auf drei Punkte.
Die Landesregierung betont schon in den Vorbemerkungen, dass die Sekundarschule in unserem Bildungssystem eine ganz besondere Bedeutung besitzt. Das sehen wir auch so. Allerdings sehen wir bei der Ausgestaltung dieser Schulform größere Defizite, als sie die Landesregierung in ihren Antworten auf die Große Anfrage erkennen lässt.
Ich möchte an dieser Stelle nicht wieder auf der späten Verabschiedung der Abschlussverordnung herumreiten, aber auch wenn alles in Butter wäre und alles rechtzeitig gekommen wäre, bliebe die Frage, welche neue Qualität diese Abschlüsse für den weiteren Bildungsweg von Schülerinnen und Schülern besitzen.
Die Aussage der Landesregierung, dass in den nicht von äußerer Fachleistungsdifferenzierung erfassten Fächern auf dem Fachoberschulniveau unterrichtet werde, ist nur die eine Seite der Medaille. Es gehört auch dazu, dass diese neue Qualität des Abschlusses der erweiterten Berufsbildungsreife, den nun mehr Absolventinnen erreichen werden, von den Ausbildungsbetrieben auch anders gewürdigt wird.
Es ist wenig attraktiv, wenn diesem Abschluss keine besseren Berufschancen folgen als dem bisherigen Hauptschulabschluss. Die erweiterte Berufsbildungsreife ist eben nicht identisch mit dem bisherigen Hauptschulabschluss. Das kann man der Verordnung auch entnehmen. Dazu bedarf es aber einer intensiven Verständigung mit den Kammern, damit sie dies realisieren und würdigen und wir damit den besseren Abschlüssen auch bessere Berufschancen folgen lassen.
Wir haben mit dem integrativen Sekundarschulbildungsgang nur dann wirklich etwas erreicht, wenn die Zahl derer, die die Fachoberschulreife erreichen, anwächst und die Zahl derer, die die Schule mit der Berufsbildungsreife, also dem ursprünglichen einfachen Hauptschulabschluss verlassen, deutlich zurückgeht.
Zudem müssen wir in den nächsten Jahren zügig Überlegungen anstellen, wie die Qualität des integrativen Sekundarschulbildungsganges zu erhöhen ist. Dazu gehört nicht nur, dass die Zahl der Teilnehmerinnen an den A-Kursen, die einen höheren Abschluss überhaupt erst ermöglichen, deutlich erhöht wird und Strategien entwickelt werden, wie mit den häufig wechselnden sozialen Bezügen besser umgegangen werden kann, die zurzeit ein ziemliches Problem für die neue Sekundarschule sind.
Es wäre fatal, wenn der Zugewinn an Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit durch die unsteten Sozialgefüge innerhalb der Sekundarschule wieder infrage gestellt würde. Genau das droht jetzt aber. Aus diesem Grund, denke ich, brauchen die Schulen einen größeren Spielraum bei der Gestaltung der Lerngruppen und muss zusätzlicher Teilungszwang möglichst verhindert werden.
Ich höre die Ankündigung des Kultusministers, was die schülerbezogene Stundenzuweisung betrifft, mit Wohlwollen. Wir werden aber sehr genau hinschauen, was Flexibilisierung der Stundentafel bedeutet; denn das kann sehr schnell auch zu einer Stundentafelkürzung führen. Das genau wollen wir nicht. Das wäre für meine Begriffe auch kontraproduktiv.
Für die nächste Landesregierung muss es zudem darum gehen, Initiativen in Angriff zu nehmen, um die starren Vorgaben der Kultusministerkonferenz zur äußeren Fachleistungsdifferenzierung zugunsten echter integrativer Lernformen aufzubrechen. Spätestens seit der Pisa-Studie ist eine solche Entscheidung überfällig. Vielleicht gibt es jetzt auch mehr Aufgeschlossenheit dafür. Das gilt auch für die Gesamtschulen.
Zweitens. Zur Schulentwicklungsplanung erklärt die Landesregierung, dass sie nicht vorhat, die Festlegungen zur Einzügigkeit zu ändern. - Das sehen wir anders. Wir haben die Grundzüge der Verordnung bei aller Kritik, die wir auch daran hatten, akzeptiert, um angesichts der dramatisch zurückgehenden Schülerzahlen in einem überschaubaren Zeitraum zu einem stabilen Schulnetz und zu einer verlässlichen und fachgerechten Unterrichtsversorgung an den Schulen zu kommen. Eine weitere stringente Handhabung dieser Festlegung führt
aber zu einem zusätzlichen weiteren Schulsterben, am Ende sogar zu größeren, überfüllten Klassen.
Zurzeit sind die Klassenfrequenzen vor allen Dingen im Sekundarschulbereich im Wesentlichen akzeptabel. Wenn wir das aber mit dieser Definition von Einzügigkeit weiterführen, sehe ich hier große Probleme. Insbesondere im Sekundarschulbereich wäre ein solcher Weg von übel und stünde im Widerspruch zu der großen Wertschätzung gerade für diese Schulform.
Die PDS tritt vielmehr dafür ein, dass die nach dem Jahr 2005 noch zurückgehenden Schülerzahlen angesichts der demografisch zu erwartenden Anstiege zu tolerieren sind. Dann hätten die Landkreise und Gemeinden eine weitgehende Planungssicherheit und die Möglichkeit, die Schule besser zu gestalten. Klassengrößen, wie sie in den alten Bundesländern an der Tagesordnung sind, dürfen für uns kein Orientierungsrahmen sein.
Ich komme nun zu dem dritten Problem, der Personalstruktur. Zunächst möchte ich sagen, dass es sehr gut ist, dass von der Landesregierung das Signal ausgegangen ist, dass man den Tarifvertrag fortsetzen möchte. Ich glaube, dass die Lehrerinnen und Lehrer an den weiterführenden Schulen ein Recht darauf haben, dass die Solidarität, die sie in den vergangenen Jahren geleistet haben, nun auch ihnen selbst zugute kommt.
Das ist auch ganz wichtig für die Sicherheit der Lehrerinnen und Lehrer und für ihre Motivation für die Arbeit.
Wir müssen aber auch darüber nachdenken, wie wir diesen Lehrkräftebedarf berechnen. In dieser Hinsicht macht mir schon Kopfzerbrechen, dass der zu erwartende Lehrkräftebedarf am Durchschnitt der alten Bundesländer berechnet wird. Wir alle wissen, dass die LehrerSchüler-Relationen in den alten Bundesländern nicht günstig sind, dass diese darauf zurückgehen, dass in den letzten Jahren Einstellungen vermieden worden sind und dieses Defizit erst seit wenigen Jahren ausgeglichen wird.
Es geht auch an den Problemen vorbei, wenn wir nicht die Chance ergreifen, Freiräume für Schulen zu schaffen, auch mit einem erhöhten Lehrerstundendeputat die Schule gestalten zu können. Im Übrigen erfordert auch der Übergang zu einem zwölfjährigen Abitur an der Sekundarschule eine Angleichung der Stundenzahl.
Ich möchte nur noch einen Punkt dazu nennen und bin dann sofort fertig.
Ein letzter Punkt an dieser Stelle: Der Bundeskanzler hat - ich glaube, gestern war es - erklärt, dass er die Ganztagsschulen fördern möchte. Nun ist man mit den Äußerungen seiner Parteioberen nicht immer ganz zufrieden. Aber an dieser Stelle hat er Recht. Nur sagt er nicht, wer es bezahlen soll. - Die Länder sollen es bezahlen.
Ich glaube, dass wir uns dieser Forderung stellen müssen, und das bedeutet auch einen höheren Einsatz
von Lehrerarbeitszeit und Lehrkräften, um diese Ganztagsschulen in Gang setzen zu können und ihnen eine größere Chance zu geben.
Auch das müssen wir bitte schön in unsere Überlegungen einbeziehen. - Danke schön.
Es handelt sich nicht um eine Frage, sondern um eine Kurzintervention.
Frau Feußner, ich bitte Sie, ernsthaft zu bedenken, dass die 265 Jahreswochenstunden von der 5. bis zur 12. Klasse absolviert werden müssen, und zwar unabhängig davon, in welcher Schulform.
Wenn Sie dies akzeptieren, dann bitte ich Sie, künftig davon Abstand zu nehmen, zu behaupten, dass man dazu das Gymnasium ab Klasse 5 beginnen müsste.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Mittendorf, natürlich werden in den nächsten Wochen, in den nächsten Sitzungen immer wieder Anträge kommen, die einen ganz konkreten Anlass haben, nämlich den Wahlkampf. Aber das Thema, das hier angesprochen wird, ist tatsächlich ein ganz wichtiges, und zwar nicht erst seit jetzt. Das Problem besteht tatsächlich und eine Umsetzung der entsprechenden Arbeitsschutzgesetze auf bestimmten Gebieten und in bestimmten Bereichen steht tatsächlich aus. Insofern ist das Anliegen zu würdigen.
Ich denke auch, dass die materiell-technische Ausstattung, also die Schulträgerseite, nur das eine Problem ist. Das andere Problem, das wir in diesem Bereich haben womöglich ist es größer -, ist das Problem des Arbeitsklimas, der inneren und äußeren Arbeitsbedingungen, sicherlich der materiell-technischen, aber nicht nur dieser.
Ich glaube, diese Probleme machen uns wesentlich mehr zu schaffen; denn wir haben Lehrerinnen und Lehrern in den Jahren seit 1990 mehrfach gravierende Umbrüche, gravierende Verunsicherungen zugemutet, und wir wissen, dass das angesichts der dramatischen Rückgänge in den Schülerzahlen auch noch eine Weile so bleiben wird, und zwar egal wer regiert.
Aus diesem Grunde ist es geboten, dass wir uns genau über diese Belastungen von Lehrerinnen und Lehrern auch einen Kopf machen, und zwar auch im Zusammenhang mit Gesundheits- und Arbeitsschutz. Ich denke, dass wir eine solche Berichterstattung brauchen. Ich denke auch, dass wir es dabei nicht bewenden lassen können. Ich fürchte nur, dass wir mit einer Anhörung noch vor der Wahl nicht so sehr viel erreichen. Vorbereiten könnten wir sie noch. Das ist nicht das Problem. Wir könnten sie auch noch durchführen. Aber was dann?
Ich denke, wir sollten das offen halten. Sie haben heute schon meine Zusage, dass ich einer solchen Anhörung nach der Landtagswahl durchaus zustimmen werde, weil wir solche Dinge natürlich auch mit den Betroffenen bereden müssen und weil wir daraus Schlussfolgerungen ziehen müssen. Die Schlussfolgerungen muss die nächste Landesregierung ziehen. Das ist in dieser Legislaturperiode wirklich nicht mehr zu leisten.
Ich will deshalb nicht mehr so viel dazu sagen; denn gesagt worden ist das alles schon und Wiederholungen müssen wir uns heute Abend nicht antun. Ich stehe also dazu und würde auch unterstützen, dass wir der Landes
regierung ein bisschen mehr Zeit für die Berichterstattung geben, obwohl ich glaube, dass sie vielleicht gar nicht bis zum März brauchen wird. Aber Ende Januar, also eine Woche, ist wahrlich etwas knapp. Dem ersten Punkt würden wir also zustimmen.
Den zweiten Punkt würden wir aus dem genannten Grund, dass er also nicht mehr zu Konsequenzen führt, heute ablehnen. Wir sollten das nach der Wahl wieder aufgreifen. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Haltet den Dieb!“ betitelt Dr. Jürgen Mannke, Vorsitzender des Philologenverbandes in Sachsen-Anhalt, seinen Gastkommentar in der gestrigen „Volksstimme“. Aber wer ist der Dieb? Es ist die erschreckte Reaktion eines Gymnasiallehrers auf die massiv geäußerten Lesermeinungen der letzten Tage, die in Auswertung der Pisa-Studie unerwartet häufig und in kaum gekannter Schärfe eine Rückkehr zur Polytechnischen Oberschule der DDR fordern. Ich meine, so leicht, wie es sich Herr Mannke auf der einen Seite und die zitierten Lesermeinungen auf der anderen Seite machen, können wir es uns nicht machen.
Ungeachtet bildungspolitischer Auffassungen sind Wahrheiten zur Kenntnis zu nehmen. Ich sage das mit aller gebotenen Vorsicht und ohne die Forderung nach einer flächendeckenden Einführung der integrierten Gesamtschule gleich hinterherzuschieben. Eine dieser Wahrheiten, die wir zur Kenntnis nehmen müssen, ist: Das gegliederte System ist kein Weg aus der Bildungsmisere und schon gar kein Königsweg.
Deutschland erreicht mit der Dominanz der gegliederten Bildungswege keineswegs mehr gute Bildungsleistungen
als integrierte Systeme, dafür aber wesentlich mehr schlechte Lernleistungen. Die Diskrepanz zwischen guten und schlechten Schülerleistungen ist in Deutschland so hoch wie in keinem anderen Land. Für die sozialen Disparitäten gilt das ebenso.
Dabei greifen die von Herrn Dr. Mannke erhobenen Vorwürfe nicht. In Anbetracht bundesweiter Erhebungen könnte die Förderstufe - wäre sie noch so schlecht kaum ein so dramatisches Ergebnis verursachen. Noch weniger kann die Aufhebung des Hauptschulbildungsganges in Sachsen-Anhalt dafür verantwortlich gemacht werden; denn die in die Erhebungen einbezogenen Schülerinnen und Schüler wurden noch in getrennten Bildungsgängen unterrichtet. Hier können die Ursachen nicht liegen, eher im Gegenteil.
Es zeigt sich, dass Länder mit besseren Schülerleistungen sowohl in der Spitze besser sind wie auch insgesamt. In der Regel sind sie das mit integrativen Bildungswegen oder mit solchen mit späterer äußerer Differenzierung.
Mir scheint, dass die erschreckte Öffentlichkeit nun den Ausweg aus der Misere nicht nur kurzschlüssig, sondern auch in der falschen Richtung sucht. Gefordert werden nämlich unter anderem mehr Hausaufgaben, mehr Leistungsdruck und die Wiedereinführung von Kopfnoten, um die nicht vorhandene Motivation zu ersetzen.
Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich gegen solche Bestrebungen wenden.
Auch ein Zurück zur DDR-Schule möchte ich nicht, weil sie neben vielen anderen Defiziten auch Methoden differenzierter Förderung zu wenig zu entwickeln vermochte. Für mehr Integration und eine längere gemeinsame Schulzeit bin ich allerdings schon. Nur erfordert das auch andere Lehr- und Lernmethoden, als sie die Schulen in Deutschland in der Mehrheit derzeit bieten.
Sicherlich gibt es auch Erfahrungen, die man sich nicht erst als so genannte Neuerungen bundesdeutscher Erziehungswissenschaftler erklären lassen müsste. All das bringt uns aber noch nicht aus der Misere.
Die Wege aus den Bildungsdefiziten müssen grundlegender und tiefgreifender sein. Ich möchte mich auf zwei Aspekte beschränken, weil zehn Minuten Redezeit natürlich nicht ausreichen, um über das gesamte Thema zu debattieren.
Erstens. Ich komme auf das gesellschaftliche Klima für die Bildung in Deutschland zu sprechen. Lernmotivationen werden in einem wesentlichen Umfang durch das gesamte gesellschaftliche Klima vorgeprägt. Wenn die Mehrheit der Bundesdeutschen immer weniger Spaß an der Arbeit hat, wenn Jugendliche - besonders im Osten schlechte Aussichten auf eine Lehrstelle haben und noch schlechtere auf einen Arbeitsplatz, dann schwindet die Motivation zum Lernen schon bei Kindern in beträchtlichem Maße.
Wie aber die Deutschen so sind, ziehen sie aus einem festgestellten Mangel wenig hilfreiche Schlussfolgerungen. Wo Motivationen fehlen, sollen sie durch höheren
Leistungsdruck und Kopfnoten ersetzt werden. Bei der CDU-Fraktion könnte man damit gleich einmal anfangen.
Was für eine Motivation aber soll aus einer solchen Betragensnote erwachsen? Mund halten und still sitzen wahnsinnig motivierend. Das Problematischste an der ganzen Sache scheint mir jedoch zu sein, dass dieser Ansatz in der Öffentlichkeit durchaus Akzeptanz findet.
Ein Spiegel für das gesellschaftliche Klima für Bildung ist die Bereitschaft zum Einsatz von öffentlichen Mitteln. Öffentliche Ausgaben für Bildung sind keine sozialen Wohltaten, sondern dringend notwendige gesellschaftliche Daseinsvorsorge. Hierbei hat Deutschland insgesamt in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten erhebliche Versäumnisse zugelassen. Vor allem gemessen am Bruttoinlandsprodukt ist der Anteil der Bildungsausgaben in Deutschland deutlich geringer als in anderen OECD-Ländern. Insbesondere im Primarbereich liegt Deutschland deutlich unter dem, was andere Länder für Schüler aufwenden. Darüber kann auch der hohe Anteil der Bildungsausgaben an den Haushalten von Ländern und Kommunen nicht hinwegtäuschen.
Bildungsausgaben müssen auch im Bund künftig endlich nicht nur deklamatorisch, sondern tatsächlich als Investitionen bewertet werden. Vor allem aber wird aus den Bildungsaufwendungen in Deutschland zu wenig Bildung gemacht. Die Pisa-Studie belegt nämlich, dass es den deutschen Schülern an Kreativität und Problemlösungskompetenz mangelt. Bessere Betragensnoten und Leistungsdruck werden das nicht richten können.
Damit sind wir beim zweiten großen Komplex: den Bildungsinhalten und der Qualität von Schule. In der Ausstellung über die Künstlervereinigung „Die Brücke“ in Dresden beklagten sich Schüler kürzlich, dass das Gerenne durch die Ausstellung mit dem Ziel, die blöden Fragen zu beantworten, ihnen die Freude an den Bildern gründlich vermiese.
Genau das ist das Problem. Wir verlangen mechanisch abfragbares, in Formeln und Fakten verpacktes Wissen, kein anwendungsbereites, keine Freude am Lernen, am Entdecken. Denken in Zusammenhängen wird wenig gefördert, selbständiges Arbeiten und Kreativität ebenso wenig. Methodenwissen verschwindet hinter der Fülle von Stoff. Wissen wird nicht in einen Zusammenhang mit der Lebenswirklichkeit von Schülerinnen und Schülern gebracht. Kompetenzen entwickeln sich so nicht. Genau das hat die Pisa-Studie aber gefordert.
Veränderungen sind nicht allein mit einer so genannten Entschlackung der Rahmenrichtlinien zu erreichen und auch nicht durch mehr zentralisierte Anforderungskataloge und zentrale Prüfungen, sondern nur durch den Übergang zu anderen Lehr- und Lernmethoden verbunden mit einer Neuordnung der Lerninhalte und des Verständnisses von Allgemeinbildung.
Zudem tut die deutsche Schule entschieden zu wenig für den sozialen Nachteilsausgleich in der Bildung und für die individuelle Förderung sowohl von Leistungsschwächeren als auch von Leistungsstarken. Die Durchlässigkeit zwischen den Bildungsgängen funktioniert vor allem nach unten. Ansonsten steht sie vor allem auf dem Papier.
All das rächt sich nun. Ohne eine solide Breite wird es keine solide Spitze geben und die Zahl der aus der Gesellschaft Ausgegrenzten wird größer. Dies schürt letztlich auch den sozialen Unfrieden in der Gesellschaft. Darum legt die PDS neben der Qualifizierung der Grundschule großen Wert auf die Entwicklung von Sekundarschulen als der Schulform, in der die Mehrheit der Kinder lernt.
Darum meinen wir, dass der Zwang zur äußeren Differenzierung kontraproduktiv ist und für die Gesamtschule wie für die Sekundarschule eigentlich aufgehoben werden müsste. Stattdessen müssen Formen integrativer Förderung weiterentwickelt werden. Ohne grundlegende Bildungsreformen geht dies allerdings nicht. Natürlich müssen wir dabei auch über die Größe von Lerngruppen und über zusätzliche Stundenvolumina für die individuelle Förderung reden. Auch über Ganztagsangebote müssen wir reden.
Meine Damen und Herren! Wir sind weit davon entfernt, eine Woche nach Vorliegen dieser Studie, obwohl man es eigentlich schon immer wusste, fix einen kompletten Aufgabenkatalog vorlegen zu wollen. Wir meinen aber, dass es nicht nur die Bildungspolitiker angeht, was mit der Schule in Deutschland passiert. Wir brauchen einen offenen gesellschaftlichen Dialog über Bildung, der die Erfahrungen anderer Länder aufnimmt und zu politischen Konsequenzen führt, und nicht die Verdächtigung von Reformversuchen.
Das Gefährlichste für uns wäre, wenn jeder seine geliebten Vorurteile weiter pflegte und bediente und dann irgendwann in den nächsten Wochen wieder zur Tagesordnung überginge. Spätestens bei der nächsten PisaStudie - ich glaube, im Jahr 2004 wird die nächste kommen - heißt es dann wieder: Haltet den Dieb!
Lassen Sie uns die Wahrheiten der Pisa-Studie auf- und vor allem annehmen und Bildungsreformen in Deutschland nicht beargwöhnen, sondern sie endlich möglich machen. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit den Änderungen im Schulgesetz aus dem Jahre 1996 sind wichtige gesetzliche Grundlagen dafür geschaffen worden, dass sich die Sekundarschule in Sachsen-Anhalt im Wesentlichen als integrative und solide Schulform für die Erreichung mittlerer Schulabschlüsse etablieren kann.
Allein, mit der Ausgestaltung dieses Bildungsganges können wir alles andere als zufrieden sein - nicht nur dass der Runderlass „Arbeit in der Sekundarschule“ vom November 1998 recht spät kam, um die qualitativen Neuerungen dieser Schulform sorgfältig genug vorzubereiten; es ist offensichtlich auch so, dass über den Erlass hinaus nicht allzu viel getan wurde, um Lehrerinnen und Lehrer auf ihre neue Aufgabe vorzubereiten und sie dafür zu begeistern. Gesetze und Erlasse allein bewirken eben noch nicht, dass sich Grundsätzliches ändert.
Grundsätzliches aber muss sich ändern, soll die Sekundarschule in Sachsen-Anhalt nicht den Ruf einer Restschule erhalten. Dazu gehört, dass das Neue auch tatsächlich umgesetzt wird und sich im Unterrichtsgeschehen und im Bildungsniveau tatsächlich widerspiegelt. Derzeit sind die Signale von Lehrerverbänden und Eltern aber eher gegenläufig.
Darum ist es höchste Zeit, Missstände auszuräumen, gezielte Weiterbildung anzubieten und methodische Anregungen zu geben. Viele Schulen kommen zum Beispiel mit der äußeren Fachleistungsdifferenzierung und ihren Auswirkungen auf den sozialen Halt gerade für lernschwache Kinder nicht zurecht. Hierzu bedarf es weitergehender Überlegungen.
Hinzu kommt, dass die Anwahl der Kurse ausschlaggebend für den späteren Abschluss ist. Der Minister hat kürzlich festgestellt, dass sich etwa die Hälfte der Schülerinnen und Schüler in die leichteren B-Kurse einträgt. Die Informationen aus den Schulen lauten aber teilweise ganz anders und geben ein schlechteres Bild. Aber selbst wenn die Zahl des Ministers stimmte, bedeutet das eben, dass die Hälfte der Schülerinnen den Anschluss der Fachoberschulreife gar nicht erwerben kann.
Das könnte gleichbedeutend sein mit einem Rückgang des Bildungsniveaus an den Sekundarschulen. Damit bin ich bei unserem Antrag.
Sicher könnte man ganze Debatten damit füllen, die Fehlstellen in der Umsetzung des neuen Konzepts zur Sekundarschule aufzuzeigen, zu dem wir im Grundsatz immer noch stehen. Wir haben uns aber in unserem Antrag bewusst auf die immer noch fehlende Abschlussverordnung beschränkt. Es ist doch ein Unding, dass fünf Jahre nach der Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes die Verordnung immer noch fehlt.
In diesem Jahr besuchen erstmals Schülerinnen und Schüler, die durch die Förderstufe gegangen sind, die neunte Klasse der Sekundarschule. Seit der siebenten Klasse, also bereits vor zwei Jahren, mussten sie sich für eine Fachleistungsdifferenzierung in den Fächern Deutsch und Mathematik entscheiden. Vielfach geschah dies, ohne dass ihnen und ihren Eltern die Konsequenz ihrer Entscheidung bewusst geworden wäre.
Man kann über die äußere Fachleistungsdifferenzierung denken, wie man will. Ich empfinde sie im Hinblick auf einen integrativen Denkansatz als kontraproduktiv. Aber sie ist uns durch die entsprechenden Beschlüsse der Kultusministerkonferenz vorgegeben worden und die Möglichkeiten, sie zu umgehen, sind zumindest sehr eingeschränkt. Wenn man ihr also genügen will oder muss, dann gehört dazu auch ein gediegenes ministerielles Management, damit Schülerinnen und Schüler nicht am Ende ihrer Schulzeit mit Abschlüssen konfrontiert sind, die in der Öffentlichkeit geringer bewertet werden als der bisherige Realschulabschluss.
Genau diese Gefahr droht aber jetzt. Sie droht, weil in den teilweise sehr großen Klassenstärken der B-Kurse nicht so intensiv, wie es wünschenswert wäre, gefördert werden kann, weil die Schülerinnen und Schüler, aber auch die Lehrerinnen und die Eltern über die Konsequenzen der Kurswahl nicht informiert sind, weil die Wirtschaftsverbände auf die Qualitätsanforderungen der neuen Abschlüsse nicht eingestellt sind und ihnen womöglich argwöhnisch gegenüberstehen.
Wir aber wollten mit dem neuen Gesetz erreichen, dass die neuen Abschlüsse für eine künftige Berufswahl günstigere Voraussetzungen schaffen und mehr Schülerinnen und Schüler höhere Abschlüsse erreichen. Dieses Ziel ist nun in akuter Gefahr.
Die Ursache für die Misere ist vor allem darin zu finden, dass im Kultusministerium die Hausaufgaben nicht gemacht wurden. Darum sehen wir uns zu diesem Antrag genötigt.
Wir wollen ausdrücklich nicht fordern, dass die Problematik vor der Verabschiedung der Verordnung im Landtagsausschuss diskutiert wird. Das bringt nichts. Vielmehr wollen wir die Verabschiedung der Verordnung durch die Landesregierung möglichst unverzüglich.
Dabei genügt es nach unserer Auffassung aber eben nicht, den seit Wochen im Netz stehenden Entwurf durch das Kabinett zu bringen und zu veröffentlichen. Vielmehr bedarf es einer intensiven Begleitung, um die begonnenen Fehlentwicklungen zu korrigieren.
An dieser Stelle möchte ich ein Wort zu dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion sagen. Vielleicht ist die Regelung in Punkt 3 des Antrages der PDS-Fraktion zu kompliziert für Sie formuliert. Der Punkt 3 in dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion
- ich habe schon geahnt, dass Sie das nicht verstehen bleibt weit hinter dem zurück, was die PDS-Fraktion fordert.
Sicher wollen auch wir keine Abstriche an den Leistungsanforderungen. Das steht auch in dem Antrag der PDS-Fraktion.
- Eben. - Wir meinen, dass es möglich sein muss, unter falscher Annahme getroffene Kurswahlen zu korrigieren. Das fehlt in dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion vollständig. Dass es dazu wahrscheinlich zusätzlicher Förderangebote bedarf, auch dazu sagen Sie in Ihrem Änderungsantrag nichts.
Die PDS-Fraktion meint, dass es mit einer sehr schnellen Lösung für die akuten Probleme der schon im Bildungsgang befindlichen Schülerinnen und Schüler ebenso darauf ankommt, ihnen zu helfen, wie für die künftigen Schülerinnen- und Schülerjahrgänge entsprechende Regelungen zu treffen.
Im Unterschied zu der CDU-Fraktion ist die PDS-Fraktion aber der Auffassung, dass mit dem Punkt 5 in dem Antrag der PDS-Fraktion auch die Maßnahmen zu diesem Punkt zur Diskussion stehen. Es wäre also nicht notwendig, dies zusätzlich in den Landtag bzw. in den Landtagsausschuss, wie es in dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion formuliert ist, einzubringen. Kurz: Ihr Änderungsantrag greift zu kurz. Er war aber wahrscheinlich gut gemeint.
Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie aus den genannten Gründen um die direkte Annahme des Antrages der PDS-Fraktion.
Um es vorwegzunehmen: Mit der von der SPD beantragten Veränderung können wir uns einverstanden erklären. Unter der Maßgabe - das hat der Minister gesagt -, dass der Minister im Dezember bereits eine Zwischeninformation geben wird, geht das sicherlich in Ordnung. Uns ist natürlich daran gelegen, im Januar auch Ergebnisse der Gespräche zu hören und nicht nur Absichtserklärungen. Davon gehe ich aus. Das ist sicherlich möglich.
Frau Feußner, ich glaube, Sie haben ein sehr kurzes Gedächtnis.
Dass ein Gesetz da ist, bevor die entsprechenden Verordnungen veröffentlicht sind und Vorbereitungen stattgefunden haben, ist gesetzestechnisch und rechtsverordnungsmäßig durchaus üblich. Das ist zu CDU-Zeiten nicht anders gewesen.
Dass die inhaltliche Vorbereitung im Zusammenhang mit sämtlichen Schulreformen - ich sage es vorsichtig - sehr zögerlich gemacht worden ist, stimmt auch. Allerdings war das zu Ihren Zeiten nicht anders. Im Gegenteil: Sie haben sich 1990/91 mit der Einführung des gegliederten Schulsystems dermaßen beeilt - das haben nicht alle Länder in diesem Tempo gemacht -, dass nichts bis zum Sommer klar war, und das System wurde trotzdem eingeführt.
Also werfen Sie uns nicht vor, dass wir hier irgendetwas nicht gesehen haben.
Frau Feußner, es ist ein ziemlicher Blödsinn, wenn Sie erklären, wir hätten der Gesetzesänderung zugestimmt, ohne die Sekundarschulvereinbarung der Kultusministerkonferenz zu kennen. Im Gegenteil: Wir haben damals schon gesagt, dass die äußere Fachleistungsdifferenzierung überhaupt nicht nach unserem Geschmack ist, dass das aber der einzige Weg ist, um überhaupt pädagogische Neuerungen im Bildungssystem durchzusetzen.
Dazu bekennen wir uns.
Wenn in Deutschland etwas Neues probiert wird - das ist schwierig genug im Bildungsbereich -, dann kommt die CDU regelmäßig und sagt: Haltet den Dieb; wir wollen alles so lassen, wie es war.
Sie wollen - das ist nämlich der Hintergrund für Ihren geänderten Punkt 3 - die Kurse aufheben und wieder zu Hauptschul- und Realschulbildungsgängen zurückkehren.
Das ist die Einsortierung von Schülerinnen und Schülern von Anfang an und ohne die Möglichkeit der Korrektur. Die Kurswahl bietet wenigstens die Möglichkeit der Korrektur. Wir fordern deren Ausgestaltung. - Danke schön.
Na gut, dann muss ich doch.
Erstens wird der neue Sekundarschulbildungsgang im nächsten Jahr, eigentlich im übernächsten Jahr, zum ersten Mal absolviert. Die anderen können ihn noch gar nicht absolviert haben, denn die gehen noch nach dem alten System zur Schule.
- Das geht doch gar nicht, weil dieser Bildungsgang erst aufgebaut wird.
Zweitens muss ich Ihnen sagen, Frau Feußner: Diese Ergebnisse haben aus meiner Sicht andere Ursachen. Das sind die ersten Jahrgänge, die zehn Jahre Schulbildung nach dem neuen Schulgesetz, also nach dem gegliederten Schulsystem erfahren haben, von der Grundschule bis zur 10. Klasse. Das sind die Ergebnisse. Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS wird morgen vermutlich die einzige Partei im Bundestag sein, die der Bundesregierung die Zustimmung zum Einsatz der Bundeswehr im Krieg in Afghanistan verweigert. Wir mögen in diesem Bundestag die Einzigen sein, in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit wissen wir uns eins mit Vertreterinnen aus Kirchen und Gewerkschaften, mit Künstlern und mit der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger. Zumindest im Osten ist das so.
Auch im Westen wächst der Unmut. In den Zeitungen der letzten Wochen sind die Kommentare skeptischer geworden. Zweifel, ob denn der Krieg überhaupt geeignet sei, dem Terrorismus Einhalt zu gebieten, werden nicht mehr zurückgehalten. Ich will drei Zitate anführen:
„Wie weit soll die Solidarität mit Amerika gehen, wenn sich mehr und mehr herausschält: Der Kampf gegen den Terrorismus wird auch mit zweifelhaften Mitteln, zweifelhaften Zielen und zweifelhaften Partnern geführt?“
So schreibt die „Münchner Abendzeitung“.
„Hauptgegner der Amerikaner scheinen nach viereinhalb Wochen des Bombardements in Afghanistan weniger das Taliban-Regime und Bin Ladens Netzwerk el-Kaida zu sein als die Ungeduld an der Heimatfront.“
Das war die „Aachener Zeitung“. In der „Rheinischen Zeitung“ war zu lesen:
„Solange keine Klarheit herrscht, wie dieser Krieg geführt wird und wozu er dienen soll, ist die Entsendung deutscher Soldaten sträflicher Leichtsinn. Auch hierüber muss der Bundestag reden.“
Selbst wenn die lange erwarteten scheinbaren Erfolgsmeldungen von der Flucht der Taliban und der Einnahme Kabuls und nun wohl auch Kandahars jetzt in den Medien erscheinen, werden sie sofort von Zweifeln begleitet. Unsicherheit macht sich breit. Wer soll nun mit welcher Legitimation in Kabul regieren?
Die Nordallianz - das geben die Amerikaner zu - ist kein verlässlicher Partner. Zu viele unterschiedliche Interessen gibt es in dieser Allianz. Die USA und die mit ihr verbündeten Mächte haben vor lauter Krieg vergessen, sich um die politischen Lösungen zu kümmern. Nun geht es ihnen eigentlich zu schnell.
Die Folgen sind völlig unabsehbar. Wie geht es weiter? Die USA bomben den Taliban hinterher. Deren Anhänger fliehen nach Pakistan. Wollen die USA ihnen auch dorthin hinterherbomben? Bin Laden ist jedoch noch immer nicht gefasst. Wo soll das enden? Soll den zwei Kriegsjahrzehnten in Afghanistan ein drittes hinzugefügt werden? Auch dafür trüge Deutschland dann mit die Verantwortung.
Nein, die PDS bleibt dabei: Krieg ist das untauglichste Mittel, um den Terrorismus zu bekämpfen. Wir sind durchaus nicht der Auffassung, dass sich Deutschland seiner internationalen Verantwortung entziehen darf. Die Ergreifung der Terroristen und ihrer Hintermänner gehört immerhin auch dazu. Aber wir sehen die Verantwortung Deutschlands nicht in der Beteiligung an einem Krieg, sondern in der Intensivierung der Suche nach dauerhaften politischen Lösungen, in dem Bemühen um sozialen Ausgleich weltweit, damit dem Terrorismus der soziale und politische Boden entzogen wird.
Es wäre doch etwas völlig anderes, würde der Streit morgen im Bundestag um eine deutliche Erhöhung des Budgets für die Entwicklungshilfe und um eine Ausweitung des deutschen Engagements in dem Bemühen um eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung gehen.
Dann brauchte der Bundeskanzler morgen nicht die Vertrauensfrage zu stellen.
Nun will sich die FDVP, wie zu anderen Gelegenheiten auch, als Friedensengel aufspielen. Sie rechnet damit, dass sie ihr Image in der Bevölkerung aufbessern kann.
Dem ist entgegenzuhalten: Einer Partei, die mit offen rassistischen und nationalistischen Parolen vor vier Jahren Wahlkampf geführt hat, die sich mit weit mehr als 100 Kleinen Anfragen und etlichen Anträgen - das war auch heute in der Aktuellen Debatte zu hören - um die Kriminalisierung von Ausländerinnen und Ausländern verdient gemacht hat, die bis heute die Verbrechen der deutschen Wehrmacht zu verharmlosen sucht, für die Kriegsflüchtlinge vor allem ein Kostenfaktor sind, die sie
zu den Kriegskosten rechnet, und die den Einsatz deutscher Soldaten im Kosovo nur deshalb ablehnte, weil diese nicht als „Kanonenfutter für fremde Interessen“ dienen sollten, ist wirkliches Friedensengagement nicht abzunehmen.
Nein, die Damen und Herren von rechts außen könnten eine Presseerklärung der PDS wörtlich abschreiben und sie als Antrag einreichen und Herr Wolf kann noch so viel Kreide fressen und Friedensliebe heucheln, wir werden solchen Anträgen niemals zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Weich, wenn Sie freundlicherweise einmal in Ihr Konzept schauen: Das heißt „Lehramtsanwärter“ und nicht „Lehreramtskandidaten“.
- Bitte.
Frau Feußner, Sie haben mit diesem Antrag, den die CDU eingebracht hat, tatsächlich ein wichtiges Thema getroffen. Das haben Sie heute schon zweimal geschafft. Das finde ich gut. An dieser Stelle haben wir keine Probleme miteinander.
Ich will aber darauf hinweisen, dass der Antrag, den Sie mit dem Hinweis auf die Mangelfächer gestellt haben, mindestens zwei Probleme trifft, die unterschiedlich gelöst werden müssen.
Sie haben selbst gesagt, dass es einen tatsächlichen Mangel in bestimmten Fächern gibt, der einfach darin begründet ist, dass wir nicht genügend ausgebildete Kräfte haben. Das betrifft die Fächer Ethik und Religion - wir haben vor kurzem darüber gesprochen -, Kunst, Musik, Sprachen. Sie haben noch mehr Fächer aufgezählt. Ich teile diese Auffassung.
Dieser Mangel ist auch durch Ihren Antrag nur marginal zu verändern. Dazu brauchen wir einfach andere Mechanismen, die Einstellung beispielsweise oder die Nach- oder Neuqualifikation oder aber auch das, was der Kultusminister zum Beispiel mit dem Verband bildender Künstler vereinbart hat, was sicherlich keine Dauerlösung ist, aber zumindest über den Seiteneinstieg von Fachleuten eine Möglichkeit darstellt, in solchen Fächern eine Abhilfe zu schaffen.
Der zweite Teil dieses Problems hat tatsächlich mit der Situation zu tun, die wir in diesem Land haben. Dabei
gebe ich zu, dass sich die Situation auch durch diesen Arbeitsplatzsicherungstarifvertrag zugespitzt hat. Es ist aber das Problem, dass man einen solchen Tarifvertrag nur hinbekommt, wenn man ihn solidarisch macht. Sie wissen, wie brüchig die ganze Grundlage schon deshalb ist, weil sie zunächst nur für sechs Jahre ausgehandelt worden ist und nicht, wie die Gewerkschaft das ursprünglich wollte, für zehn bis zwölf Jahre. Daher stellen die Lehrer der weiterführenden Schulen zu Recht die Frage, wie die Solidarität mit ihnen aussieht.
Schon aus diesem Grunde ist es mir wichtig, dass es möglichst nicht erst kurz vor dem Auslaufen des Tarifvertrages im Jahre 2003 einen Anschlusstarifvertrag gibt. Diesen Anschlusstarifvertrag bekommt man aber nur hin, wenn man auch die Bedingungen, die die Tarifpartner stellen, ins Kalkül zieht und dies mit ihnen aushandelt.
Aus diesem Grunde teile ich das, was der Kultusminister eben gesagt hat, nämlich dass man sich von beiden Seiten an den Tarifvertrag halten muss und auch nur Schritte gehen kann, die beide Tarifpartner akzeptieren.
Für uns ist es wichtig, dass wir sehr schnell zu Lösungen kommen. Deshalb schlage ich Ihnen vor, dass wir die Diskussion zu diesem Problem im Ausschuss im Zusammenhang mit dem Antrag führen, den wir schon im Ausschuss haben, nämlich den Antrag zur Unterrichtsversorgung - Sie haben ihn schon zitiert -, und dass wir heute dem Änderungsantrag der SPD unsere Zustimmung geben, um damit die Landesregierung zu beauftragen, mit den Tarifpartnern sehr schnell in entsprechende Verhandlungen einzutreten. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist völlig unstrittig, dass werteerziehender Unterricht ein wesentlicher Bestandteil humanistischer Bildung und Erziehung ist. Darin sind wir uns in diesem Hause sicherlich einig. Es geht dabei um Werte des menschliche Zusammenlebens, um Normen, moralische Verhaltensweisen, vor allem aber um Werte des Humanismus.
Ich bin mit dem Kultusminister einer Meinung, dass Werteerziehung nicht allein die Aufgabe einer Fächergruppe und auch nicht allein die Aufgabe der Schule ist. Es ist vielmehr die Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Da gibt es einen riesengroßen Nachholebedarf, an dem wir arbeiten müssen.
In der heutigen Debatte geht es aber um die Rolle der Schule in diesem Prozess. Darauf will ich eingehen. Ich denke allerdings, dass die Fächergruppe Ethik und Religion nicht allein dieser Aufgabe genügen kann, weil es hierbei nicht allein um das Vermitteln von Verhaltensregeln geht. Es geht um fundamentales Wissen über Traditionen, über die Entwicklung von Kulturen, Religionen eingeschlossen. Daraus folgen in den einzelnen Kulturen unterschiedliche Wertmaßstäbe. Dies alles kann eine solche Fächergruppe allein nicht leisten.
Ich weiß, dass Lehrerinnen und Lehrer in anderen Fächern, aber auch insgesamt an dieser Stelle ein Menge Unterstützung brauchen. Mitunter sehen sie das selbst nicht so, mitunter sehen sie es aber so, weil sie mit bestimmten Themen vorher nie konfrontiert waren. Ich denke, dass es notwendig ist, solche Unterstüt
zungsangebote auch weiter bereitzuhalten und vor allem dafür zu werben.
Erst das Wissen um die Unterschiedlichkeit von Kulturen kann dazu befähigen, souverän und selbstbewusst mit eigenen und fremden Kulturen umzugehen. Erst auf dieser Grundlage wachsen Toleranz, Bereitschaft und Fähigkeit zur friedlichen Konfliktbewältigung, und das muss dann auch noch geübt werden.
Dennoch bietet der Unterrichtsgegenstand der beiden Fächer einen wichtigen Ansatzpunkt für eine solche Erziehung, und sie sind nicht ersetzbar. Es ist gerechtfertigt zu fragen, wie es um diese beiden Fächer bestellt ist. Wir haben dies in den letzten Jahren häufiger getan.
Im Schulwesen Sachsen-Anhalts gab es bekanntlich im Jahr 1990 wie in allen neuen Bundesländern keine Voraussetzungen für eine solche Fächergruppe. Das heißt, es gab kein ausgebildetes Lehrpersonal. Es musste de facto bei null angefangen werden.
Ich kann mich an eine Äußerung des damaligen Kultusministers Herrn Sobetzko erinnern, der einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren anvisierte, um dieses Defizit zu beheben. Die zehn Jahre wären herum. Ich denke aber, dass die damalige Landesregierung die Kompliziertheit dieser Aufgabe unterschätzt hat und sie vielleicht zu langsam angegangen ist.
Wir beklagen heute in schöner Regelmäßigkeit die geringe Attraktivität des Lehrerberufs aus allen möglichen, uns lange bekannten Gründen. Aus welchem Grund sollten diese beiden Fächer davon ausgenommen sein?
Zusatzqualifikationen - auch darin haben wir leidvolle Erfahrungen - werden besoldungsrechtlich wenig honoriert oder es werden davor unüberwindbare Hürden gestellt. Auch das ist ein Problem, mit dem wir umgehen müssen, wenn wir die Situation in diesen Fächern verändern wollen.
Dennoch denke ich, dass es zusätzliche Möglichkeiten gibt, diese Situation zu verbessern, wenn es uns um die Sache und nicht um Eitelkeiten geht. Immerhin wäre es ein großer Fortschritt, wenn es, wie der Minister hier dargestellt hat, gelänge, dass die Kirchen gegenseitig den Unterricht der anderen Religion anerkennen, wenn sie nicht gar - ich maße mir nicht an, das besser zu finden; aber die Kirchen reden selber darüber, darum tue ich es auch - einen ökumenischen Unterricht anbieten. Das war bisher nicht möglich. Offensichtlich gibt es jetzt Bereitschaft, darüber zu reden. Man könnte über diesen Weg ziemlich viele Fortschritte erreichen.
Ich teile auch die Auffassung, dass es notwendig ist, die Kooperation zwischen beiden Fächern, also zwischen Ethik und Religion, zu verbessern. Bei einigen Religionslehrern besteht dazu durchaus Bereitschaft, und es gibt auch schon Erfahrungen, die man nutzen könnte.
Außerdem wäre das nach meiner Überzeugung auch inhaltlich ein guter Schritt. Ich teile nämlich Ihre Auffassung nicht, dass LER ein völlig überlebtes Modell ist. Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist es bei uns keine Diskussionsgrundlage. Aber auch bei diesem Unterrichtsfach müsste man bedenken, dass genau dafür Lehrerinnen und Lehrer ausgebildet werden müssen. Es reicht nicht, wenn man als Ethiklehrer ausgebildet ist, und es reicht auch nicht, wenn man als Religionslehrer ausgebildet ist. Vielmehr bedürfte es einer anderen Ausbildung, genau auf dieses Fach ausgerichtet. Diese gab es, glaube ich, weder in Brandenburg noch anderswo. Darin sehe ich ein großes Problem für dieses Fach.
Aber wie gesagt, es spielt für uns keine Rolle. Verfassungsrechtlich ist diese Möglichkeit bei uns nicht gegeben. Wir sollten uns daran halten. Die Kooperation wäre schon ein wesentlicher Schritt in diese Richtung.
Schließlich sollte man vielleicht auch einmal darüber nachdenken, welche unkonventionellen Möglichkeiten der Begegnung mit ethischen und religiösen Problemen es gibt, die man vielleicht auch außerhalb des regulären Unterrichts bedenken und entwickeln könnte.
Sowohl die Medien als auch Lehrergewerkschaften und -verbände wie Eltern beklagten an zahlreichen Schulen im Land Sachsen-Anhalt erhebliche Probleme bei der personellen Vorbereitung des Schuljahres, die teilweise sogar nach dessen Anlauf noch anhielten.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welches waren aus der Sicht der Landesregierung die wichtigsten Ursachen für diese Probleme, und was gedenkt die Landesregierung zu unternehmen, um künftig solchen Problemen wirksamer entgegenzutreten und eine stabile Lehrkräfteausstattung an allen Schulen von Schuljahresbeginn an zu gewährleisten?
2. Geht die Landesregierung davon aus, dass derzeit die oben genannten Schwierigkeiten überwunden sind?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Weich, mit dem Reden haben Sie ja so Ihre Schwierigkeiten, ebenso mit dem Vorlesen. Aber seit dem 4. Mai weiß ich: Pfeifen können Sie besser.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Nachdem sich CDU und SPD wochenlang bemüht haben, die ThierseThese vom Osten auf der Kippe zu widerlegen oder wenigstens abzuwiegeln, haben nun beide Parteien das Thema der Ostförderung wieder entdeckt. Nicht die PDS, sondern die CDU hatte sehr schnell blühende Landschaften und in nur wenigen Jahren gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West versprochen, so wie das auch dem Artikel 72 des Grundgesetzes entspricht.
Nach der deutschen Einheit haben jedoch sowohl die Kohl-Regierung wie auch die Schröder-Regierung elf Jahre lang de facto an diesem Gebot vorbeiregiert. Die Folgen sind sichtbar. Die wirtschaftliche Kluft zwischen Ost und West verfestigt sich und wächst beständig. Das ist heute auch schon bestätigt worden. Dabei sollen tatsächliche Fortschritte gar nicht geleugnet werden, aber sie stehen eben in keinem Verhältnis zur Größe der zu lösenden Aufgabe.
Nötig ist ein Aufholprozess in einem Ausmaß, wie es bisher nach keinem der regierungsseitig vorgelegten Konzepte zu erwarten ist. Insbesondere angesichts der geplanten und auch von uns befürworteten EU-Osterweiterung besteht für Ostdeutschland akuter Entscheidungsbedarf. Offensichtlich reicht es eben nicht, nur scheinbar großzügig ein paar Finanzspritzen herüberzureichen. Es muss nämlich einen Grund haben, dass es trotz des jährlichen Finanztransfers von etwa 140 Milliarden DM nicht gelungen ist, die Weichen für eine ostdeutsche Reproduktion auf eigener wirtschaftlicher Grundlage zu stellen.
Wenn sich rot-grüne Haushaltspolitik weiter ausschließlich am Schuldenabbau und Steuerpolitik nach wie vor an der Begünstigung Begüterter und von Großunternehmen orientiert, wenn die Wirtschaft weiter hauptsächlich dem Markt überlassen bleibt, entsteht im Osten eine dauerhafte europäische Rückstandsregion.
Die PDS hat sich in ihren wirtschaftspolitischen Leitlinien für Sachsen-Anhalt klar dazu bekannt, die Angleichung der Lebensverhältnisse zunehmend aus eigener Kraft zu gestalten. Es geht um ein ganzes Bündel gesamtdeutscher wirtschaftlicher Maßnahmen von erheblichem finanziellen Gewicht und für einen längeren Zeitraum, das sehr rasch auf den Weg gebracht werden muss.
Die PDS hat mit ihrem Zukunftsprogramm Ost Vorschläge unterbreitet, die ich hier kurz skizzieren will. Wir fordern bis zum In-Kraft-Treten des Solidarpakts II ein Sofortprogramm mit folgenden Bestandteilen:
Erstens. Wir fordern ein Konzept für eine Innovations-, Investitions- und Gründungsoffensive von Bund und Ländern für den Osten. Es besteht in einer Bündelung und Aufstockung von Fördermaßnahmen anstelle der jetzigen Vielzahl von Miniprogrammen einzelner Ministerien und in einer Entbürokratisierung des Zugangs.
Kompetenzzentren und kleine und mittlere Unternehmen sind zukunftsfähige neue Strukturen und müssen vernetzt werden.
Für eine Existenzgründerwelle bedarf es verabredeter Bankenunterstützungen und einer existenzsichernden Begleitung bestehender, aber leistungsfähiger Unternehmen.
Zweitens. Wir fordern ein Aktionsbündnis Ost für Arbeit, Aufträge und Unternehmensansiedlungen. In dieses Bündnis gehören Bund, Länder, Banken und Unternehmen. Schwerpunkte sollten aus unserer Sicht die Gewährung von Ansiedlungspräferenzen, die Rück- und Neugewinnung von Märkten in Osteuropa, der Ausbau von Schienenverbindungen und Ortsumgehungen sowie die qualitative Aufwertung von Stadtvierteln, auch durch den Rückbau leer stehender Wohnungen und Wohnumfeldverbesserungen, sein. Das alles mit Präferenzen für regionszugehörige Unternehmen.
Drittens. Die besten Erfahrungen - diesbezüglich sind wir anderer Auffassung als die SPD - wurden mit Förderprogrammen gewonnen, die bei den Kommunen angesiedelt sind. Darum sind wir für eine Wiederauflage einer kommunalen Investitionspauschale des Bundes, und zwar in einer Höhe von mindestens 3 Milliarden DM. Angesichts der finanziellen Lage der Kommunen sollte man dabei auf eine Komplementärfinanzierung verzichten.
Viertens. Wir wollen das Nebeneinander von Wirtschafts- und Arbeitsmarktförderung schrittweise überwinden. Dazu müssen die Mittel der Bundesanstalt für Arbeit wenigstens teilweise dezentralisiert werden, um sie zielgenauer einsetzen zu können und mit Mitteln für Wirtschaftsförderung und Mitteln für kleine und mittlere Unternehmen zu verzahnen.
Schwerpunkte sind dabei die Verknüpfung der Wirtschaftsförderung mit Beschäftigungseffekten und der Übergang von der Personen- zur Projektförderung in öffentlich geförderter Beschäftigung.
Fünftens bedarf es Korrekturen in der Haushalts- und Finanzpolitik des Bundes, beginnend mit dem Haushalt 2002. So löblich das Engagement für den Schuldenabbau ist - wenn er zulasten des Ostens betrieben wird, entstehen in Zukunft neue Konsolidierungserfordernisse. Wer soziale Spannungen auf die künftigen Generationen überträgt, ist nicht zukunftsfähig.
Zusätzliche finanzielle Mittel für den Osten können durch die Streckung des Abbaus der Neuverschuldung und durch den Einsatz der Zinsersparnisse aus dem Verkauf der UMTS-Lizenzen gewonnen werden.
Sechstens. Während die Industrie im Osten konsequent abgewickelt oder angepasst ist, hat sich die Landwirtschaft behauptet. Ein wesentlicher Beitrag zur Entwicklung regionaler Wirtschaftskreisläufe mit positiven Arbeitsmarktseffekten kann durch die Förderung der ostdeutschen Landwirtschaft geleistet werden. Dazu gehören für uns unter anderem die Förderung vielfältiger Kooperationsformen in der Landwirtschaft, von Verarbeitung und Vermarktung, die Unterstützung zukunftsfähiger und wettbewerbsfähiger Agrarstrukturen, insbesondere der Genossenschaften.
Meine Damen und Herren! Wir haben übrigens nichts dagegen, wenn unsere Vorschläge künftig auch in Programmen und Anträgen anderer Parteien auftauchen, wie das in der Vergangenheit mitunter der Fall war, wir bestehen aber auf unserer Autorinnenschaft.
Die CDU hat mit dem Antrag einen fulminanten Wurf gelandet. Es ist eine Worthülse an der anderen und eigentlich ist daran nichts neu. Die Rede von Professor Böhmer hat eine andere Diktion gehabt. Aus diesem Grunde denken wir, dass es das Thema wert wäre, darüber im Ausschuss genauer zu diskutieren; denn es ist schon wichtig, dass wir im Osten mit einigermaßen abgestimmten und konkreten Vorstellungen in die Bundesdiskussion gehen und auch wissen, wie man mit dem Geld umgeht. Das Geld ist die eine Seite. Die andere Frage ist, was man damit macht.
Es gibt Nähen in den Reden, die heute hier gehalten worden sind. Es gibt Verständigungsbedarf. Es gibt auch Differenzen. Lassen Sie uns deshalb im Ausschuss darüber reden und Experten anhören. Ich denke, das nützt für das, was wir hier zu leisten haben. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der eben gehörte Beitrag lässt sich relativ kurz in einem Satz zusammenfassen: Bildung für deutsche Kinder zuerst! Und diese Losung kommt mir dann doch ziemlich bekannt vor.
Es steht außer Frage, dass der Antrag der SPD-Fraktion ein Thema von höchster Brisanz aufgreift. Wer es bisher nicht gemerkt hat, der hat es eben bei dem Beitrag von Herrn Wiechmann gemerkt. Das nicht nur, weil auch in der Zukunft damit zu rechnen ist, dass Kinder ausländischer Herkunft ohne oder nur mit geringen Kenntnissen in der deutschen Sprache in Sachsen-Anhalt woh
nen werden, sondern weil das ganz einfach zu einer Normalität in einer modernen Gesellschaft gehören wird.
Gerade die sprachliche Barriere ist eine der Hauptursachen dafür, dass Kinder ausländischer Herkunft in Deutschland unabhängig von ihren potenziellen Begabungen und Fähigkeiten nicht die gleichen Chancen haben. Das haben die Kultusministerien und die Bildungsinitiativen auch in den alten Bundesländern bisher nicht beseitigen können.
Es ist nicht nur die Frage der Bildungsbeteiligung und die Höhe der Abschlüsse, sondern es ist auch die Frage, wie Chancen, Begabungen und Fähigkeiten tatsächlich zur Wirkung gebracht werden. Das hat nicht nur für die Kinder eine Bedeutung, die hier weiter leben, arbeiten und lernen wollen, sondern auch für die Kinder, die nach einigen Jahren eventuell in ihre Heimat zurückgehen. Sie werden dann Nachteile haben, wenn sie nicht entsprechend ihren Fähigkeiten lernen durften und lernen konnten.
Ich will die Rede von Frau Kauerauf inhaltlich nicht wiederholen, auch nicht die Rede von Frau Dr. Kuppe, weil ich den Inhalt dieser Reden teile. Ich will nur darauf hinweisen, dass es schon ein gewaltiger Unterschied ist, ob man Deutschunterricht für Muttersprachler oder für Ausländerkinder gibt. Ich habe so etwas als Studentin tun dürfen, immerhin mit Deutschlehrern. Da gab es noch eine Anschlusssprache. Ich habe gemerkt, wie verschieden das ist. Ich glaube, dass es sehr großer Bemühungen bedarf, um Lehrerinnen und Lehrer darauf vorzubereiten. Ich habe eine Kollegin, die so etwas macht und die mir erzählt hat, wie schwierig nicht nur der Umstieg ist, sondern wie schwierig auch diese Arbeit ist. Ich habe vor dieser Arbeit hohen Respekt.
Allerdings bitte ich eines zu bedenken: Eine zielgerichtete Integration von Kindern ausländischer Herkunft ist nicht nur deshalb wichtig, weil sie dazu beitragen kann oder muss, ausländerfeindlichen Tendenzen in unserer Gesellschaft entgegenzuwirken. Auch das ist ein Effekt. Sie kann aber nur erfolgreich sein, wenn diesen Kindern und Jugendlichen ermöglicht wird, dass sie ihre Kultur leben können, und wenn das auch gefördert wird.
Dabei ist es nur eine Seite, dass ich, wenn ich in Deutschland lebe, weiß, was das Weihnachtsfest ist. Es ist genauso wichtig, andere Neujahrsfeste zu kennen und Kenntnisse über religiöse Feste anderer Kulturen und anderer Nationen zu vermitteln und zu verbreiten und genau in diesem Bereich Kontakte herzustellen.
Dann wird es vielleicht nicht mehr vorkommen, dass eine Lehrerin mit Kopftuch in deutschen Schulen nicht unterrichten darf. Ich empfinde das als eine Unzumutbarkeit für eine deutsche Gesellschaft.
- Weil es einfach zu ihrer Kultur gehört, Herr Dr. Bergner, so wie andere Dinge zu unserer Kultur gehören, die ich genauso zu respektieren habe.
- Lassen Sie uns jetzt nicht über das Kruzifix reden. Gerade die Bayern, die so auf dem Kruzifix bestehen, beschneiden Menschen anderer Kulturen, diese für sie
wichtigen religiösen und kulturellen Zeichen zu tragen. Ich finde, das passt überhaupt nicht zusammen.
Ich denke, wir können darüber im Ausschuss diskutieren. Ich möchte nur noch den Vorschlag unterbreiten, dass wir vielleicht einen der Mitautoren dieses Modellversuches in den Ausschuss einladen, weil das für alle von Interesse sein könnte - vielleicht sogar für die FDVP. - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niemand stellt heute mehr infrage, dass die Schule reformiert werden muss. Hinsichtlich der Kritik an den Lernleistungen von Kindern und Jugendlichen besteht nahezu durchgängig Konsens. Nicht einmal die Tatsache, dass sich das Lebensumfeld von Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren tiefgreifend verändert hat, wird von irgendjemandem ernsthaft bestritten. Nur wenn es darum geht, die Schule entsprechend diesen veränderten Lebensbedingungen ein bisschen gerechter zu gestalten, bricht zünftiger Streit vom Zaune.
In der Tat scheiden sich diesbezüglich die Geister. Die einen wollen wieder Kopfnoten einführen und plädieren für eine strengere Leistungsauslese, die anderen für
eine Reformierung des inneren Systems der Schule, in dem das Lernen besser auf die veränderten Lebensverhältnisse von Kindern abgestimmt und schon deshalb eine bessere Bildung möglich ist.
Wenn man die Schule verändern will - das haben alle Schulformen bitter nötig - macht es einen gewissen Sinn, bei der Grundschule anzufangen. Dort werden immerhin wesentliche Grundlagen für die bessere Beherrschung von Kulturtechniken gelegt. Das kann und wird sich auf alle weiterführenden Schulen positiv auswirken. Allerdings sind wir sehr gut beraten, wenn wir uns bemühen, dabei zusätzlichen Stress für die Kinder und Jugendlichen zu vermeiden. Dann muss man sich eben dem veränderten Lebensrhythmus der Kinder stellen.
Das und nichts anderes soll mit der Grundschule mit festen Öffnungszeiten erreicht werden. Es soll am Ende nicht mehr oder weniger Betreuung, sondern mehr Lernen herauskommen. Das ist das grundlegende Missverständnis zwischen den Streitparteien, das bis heute nicht ausgeräumt ist.
Bei den Debatten in Sachsen-Anhalt wirkt erschwerend, dass in den alten Bundesländern, wo es Vorbilder für die Grundschule mit festen Öffnungszeiten gibt, mit diesem Schulangebot vor allem die fehlenden nachmittäglichen Betreuungsangebote kompensiert werden sollen. Das brauchen wir in Sachsen-Anhalt tatsächlich nicht.
Für die PDS-Fraktion steht ausdrücklich im Vordergrund, dass mit diesem Angebot die Qualität der Schule erhöht wird. Alles andere hätten wir abgelehnt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass wir dem Gesetzentwurf der CDU-Fraktion, die dem Denkschema der alten Länder folgt, ablehnend gegenüberstehen und deshalb beide Beschlussempfehlungen annehmen werden.
Wir wollen - ich wiederhole das gern - die Erhöhung von Bildungsqualität, auch wenn das von sehr vielen heute bezweifelt oder nicht gesehen oder zumindest ignoriert wird.
Es kommt jetzt allerdings darauf an, die Voraussetzungen für die Umsetzung des Gesetzes zügig zu schaffen. Dabei ist unserer Ansicht nach schon wieder zu viel Zeit ins Land gegangen, ehe Klarheiten geschaffen werden konnten. Allerdings muss ich sagen, dass diesbezüglich auch die Initiative der CDU nicht sonderlich dienlich gewesen ist; denn sie hat dazu beigetragen, Unsicherheiten bei Schulen und Hortträgern zu schaffen und nicht etwa abzubauen; aber das war ja auch nicht ihr Ziel.
Die PDS wird sich in den nächsten Monaten wie schon in den vergangenen darauf konzentrieren, die Probleme, die im Zuge der Umsetzung auftreten, insbesondere was die Sicherung der Qualität der Grundschule mit festen Öffnungszeiten und die nachmittägliche Betreuung betrifft, aufzunehmen und um Lösungen zu ringen. Uns sind gewiss schon eine ganze Reihe von Problemen bekannt. Noch sind nicht alle gelöst. Dafür sind wir in jeder Debatte offen, nicht aber für ein ständiges Infragestellen des gesamten Ansatzes. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann meine Rede leider nicht zu Protokoll geben; ich muss Sie damit schon behelligen. Ich denke, es ist auch wichtig.
In den letzten Wochen sind erneut die Wogen der Debatte um die Personalsituation in den Schulen Sachsen-Anhalts hochgeschlagen. Es war nicht zuletzt der Kultusminister, der mit seiner Kritik am Vorgehen der hessischen Landesregierung einen Teil dazu beigetragen hat. Die Reaktionen auf seine Äußerungen waren - das konnte man wahrscheinlich auch nicht anders erwarten - nicht unbedingt regierungsfreundlich.
Mir geht es allerdings in diesem Zusammenhang nicht so sehr um die Kritik an der Landesregierung. Vielmehr geht es mir um die Verantwortung dieses Hauses für die Lern- und Unterrichtsqualität in den Schulen unseres Landes und um die Arbeitsbedingungen für die Lehrkräfte an den Schulen. Darum zielt unser Antrag auf Lösungskonzeptionen, die, wenn wir einmal ehrlich sind, auch niemand in diesem Hohen Haus einfach aus der Tasche ziehen kann.
Wer sich diesem Thema zuwendet, tut allerdings gut daran, einen Blick auf die letzten zehn Jahre zu werfen, in denen die heutige Situation ja wohl entstanden ist. Die Abwerbungsversuche der hessischen Landesregierung gegenüber Lehrerinnen und Lehrern aus dem Osten zeugen nämlich nicht nur von mangelnder Solidarität zwischen den Bundesländern, sondern sie machen auf
eine Fehlkonstruktion des gesamten deutschen Vereinigungsprozesses aufmerksam, die Lehrerinnen und Lehrer in besonderer Weise zu spüren bekamen.
Seit über zehn Jahren wurde es versäumt, die Lebensverhältnisse zwischen Ost und West, insbesondere beim Lohnniveau, anzugleichen. Noch heute fordern Wirtschaftsverbände lautstark besonders für den Osten ein Niedriglohngebiet, um den angeblichen wirtschaftlichen Aufschwung zu produzieren, der seit Jahren trotz der niedrigeren Löhne immerhin ausbleibt.
Nun wirbt man allerorten mit den günstigeren Verdienstmöglichkeiten im Westen insbesondere junge Menschen ab. Die Entsolidarisierung des Westens mit dem Osten setzt sich fort.
Für die Lehrerinnen und Lehrer kommt noch hinzu, dass die Innenministerkonferenz der Bundesrepublik sich nicht dazu durchringen konnte, die Lehrerabschlüsse, die in der DDR erworben wurden, ohne Wenn und Aber anzuerkennen und den westdeutschen Abschlüssen gleichzustellen. Die Folge waren nicht nur für die einzelnen Länder geltende Sonderregelungen; vielmehr gilt zehn Jahre nach der Einheit außerdem noch eine besondere Regelung des BAT-Ost, die die Unkündbarkeit nach 15 Jahren Tätigkeit im öffentlichen Dienst nicht enthält.