Petra Sitte

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Last Statements

Danke, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Trotz Wahlkampf: Ich bleibe in dieser Phase erst recht bei der PDS und nicht bei der SPD.
Zu Teilen kann ich aber auch ganz gut damit leben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit mehr als 4,3 Millionen arbeitslosen Frauen und Männern bundesweit sind wir wieder am tragischen Ausgangspunkt eines Regierungswechsels angekommen, der versprach, auch einen Politikwechsel in die Gänge zu bringen. Das muss unmissverständlich an den Anfang gesetzt werden. Darin liegt das eigentliche Problem.
Keine medienträchtigen Angriffe gegen die Arbeitsverwaltung als solche, keine noch so kreative Bereinigung von Arbeitslosenstatistiken, keiner der makabren Angriffe auf die gesetzlichen Ansprüche auf Arbeitslosengeld für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, keine der dreisten Faulenzerdebatten und auch nicht die Drohung, jungen arbeitslosen Sozialhilfeempfängerinnen und -empfängern gänzlich die Ansprüche zu streichen, werden auch nur einen neuen Arbeitsplatz schaffen,
geschweige denn das Problem des enormen Beschäftigungsdefizits in Deutschland in ernst zu nehmendem Maße bewältigen. Das alles ist lediglich der Kampf gegen Arbeitslose, nicht aber der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit in diesem Lande.
Der derzeit inszenierte Generalangriff auf die Strukturen und Instrumentarien der Arbeitsverwaltung rückt eher einen Nebenschauplatz in den Mittelpunkt, als dass er der Lösung des Problems der Massenarbeitslosigkeit auch nur ein Stück näher käme.
Unstrittig ist, Verwaltungen und andere institutionelle Strukturen sind immer und zu jeder Jahreszeit reformbedürftig, so auch die Arbeitsverwaltung. Die Landesarbeitsämter in der vorhandenen Dimension sind das Ergebnis jahrzehntelangen Verwaltungsauf-, -aus- und -umbaus. In der Tat ist eine Mittelinstanz solchen Ausmaßes stark reduktionsbedürftig. Allerdings ist es nicht zuletzt die Politik, die mit ihren ausgedehnten, unstillbaren und hier und da sicherlich nachvollziehbaren Wünschen nach Evaluationen, Statistiken und Berichten der Verwaltungsexpansion in nicht zu verachtendem Maße immer wieder Vorschub leistet.
Ministerin Frau Dr. Kuppe wurde am vergangenen Dienstag in der „Mitteldeutschen Zeitung“ mit dem Satz zitiert: „Das Landesarbeitsamt als Staat im Staate sei durchaus verzichtbar.“ - Ob es ein Originalzitat war oder nicht, sei dahingestellt. Aber in jedem Falle passt ein solcher Vorschlag wohl eher in die Kategorie des mittlerweile üblichen, weil medienwirksamen Aktionismus.
Die Arbeit der Landesarbeitsämter muss zweifellos auf ihre eigentliche Funktion zurückgeführt werden, nämlich die Initiierung und Koordination landesweiter oder überregionaler Projekte. Sie jedoch mir nichts, dir nichts einfach abzuschaffen, hieße am Ende, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Wer soll denn dann künftig der arbeitsmarktpolitische Partner seitens der Arbeitsverwaltung auf Landesebene sein? Die Arbeitsverwaltung und ihre Institutionen müssen als Ganzes modernisiert werden. Kahlschläge machen ein gewachsenes System nicht zwangsläufig funktionaler.
Wo also nun ansetzen, um die Arbeitsförderung effektiver zu machen? - Kern einer wirksamen, wenn auch nur längerfristig realisierbaren Reformierung sollte aus unserer Sicht die Dezentralisierung der Mittel und der Entscheidungskompetenzen sein.
Hierbei hat die Arbeitsverwaltung im Rahmen des Konzeptes „Arbeitsamt 2000“ durch die Regionalisierung ihrer Mittel und Kompetenzen sehr wohl in akzeptabler Form dem Zentralismus Lebewohl gesagt. Das wiederum stößt in den Regionen - wir wissen es alle - keineswegs immer auf Gegenliebe, zieht doch die eine oder andere regionale Schwerpunktsetzung auch die eine oder andere Absage von Maßnahmen nach sich.
Die Erhaltung des Status quo kann jedoch nicht eine a priori gewollte politische Zielvorgabe sein, weder im Hinblick auf die Strukturen der Arbeitsverwaltung noch hinsichtlich der gewachsenen Trägerstruktur und der zu fördernden Maßnahmen. Letztlich sind die Länder ebenso Akteure der Arbeitsmarktpolitik, freilich mit ungleich geringeren finanziellen Möglichkeiten und Gestaltungsspielräumen und gebunden an die gemeinsame Geschäftsgrundlage aller Akteure, das Sozialgesetzbuch III. Ihre Politik ist also mindestens ebenso reformbedürftig.
Seit Beginn des Jahres 2001 hat das Land SachsenAnhalt im Rahmen einer Pilotphase die Mittel des Europäischen Sozialfonds für die Qualifizierung und Beschäftigung von Sozialhilfeempfängerinnen und -empfängern kommunalisiert. Die Adressaten sind nun nicht mehr die einzelnen Maßnahmenträger, sondern die Landkreise selbst. Als örtliche Träger der Sozialhilfe werden sie somit in die Lage versetzt, regionalen Besonderheiten in eigener Verantwortung Rechnung zu tragen und die Mittel flexibler, sachgerechter und planmäßiger zu verwenden; das heißt am Ende auch, die Projekte effektiver zu evaluieren.
Dies kann aber aus unserer Sicht keineswegs das Ende der Fahnenstange sein. Die Zukunft der Arbeitsförderung insgesamt - das betrifft auch die Mittel und Kompetenzen der Landespolitik - liegt in einer dezentralen, eventuell sogar kommunalen Entscheidungs- und Verteilungskompetenz.
Danke schön. Das habe sogar ich mitbekommen.
Der Löwenanteil der finanziellen Mittel gehört in die Regionen, ebenso wie die Entscheidungskompetenz über Förderschwerpunkte. Die regionalen Entwicklungskonzepte müssen künftig auch die arbeitsmarktpolitischen Schwerpunkte der Region beschreiben, die dann mittels dezentraler Budgets realisiert werden sollen. Landesweite Sonderprogramme sollten künftig eher die Ausnahme bilden.
Meine Damen und Herren! Das Gewichtige ist dabei die Chance, Politik im umfassenden Sinne in die Kommunen, zumindest aber in die Regionen zu verlagern, dorthin, wo Problemnähe zu sachdienlichen, mitunter unkonventionellen Lösungen führen kann, wo Bürgerinnen und Bürger - wenn auch in Auseinandersetzung mit der Arbeitsverwaltung und weiteren Akteuren - Entscheidungsspielräume konkret erleben und vor allem Einfluss auf Entscheidungen nehmen können.
Arbeitsmarktpolitik soll zum einen die soziale Infrastruktur im Land verbessern, um dabei so vielen Frauen und
Männern wie möglich zumindest eine befristete Beschäftigung bieten zu können. Zum anderen wird sie in immer stärkerem Maße die Entwicklungen und Umbrüche am ersten Arbeitsmarkt konstruktiv begleiten und begleiten müssen. Maßnahmen der betrieblichen Weiterbildung beispielsweise sollten das betriebliche Personal bereits jetzt auf künftig benötigte Qualifikationen vorbereiten, insbesondere solche in zukunftsträchtigen Bereichen. Arbeitsmarktpolitik wird damit ein wichtiges Instrumentarium der zu Recht allseits geforderten Mittelstandsförderung.
Meine Damen und Herren! Ein grundsätzliches Wort in Wahlkampfzeiten will ich am Ende meines Beitrags aussprechen: Mit Arbeitsmarktpolitik lassen sich keine Wahlen gewinnen. Allein der Versuch ist unehrlich. Ideologische Feldzüge gegen SAM und ABM sind nicht weniger und nicht mehr als eine Methode, die Unzufriedenheit von Wählerinnen und Wählern wegen fehlender Arbeitsplätze gegen einen Pappkameraden zu mobilisieren.
Während diese Feldzüge nicht in ernst zu nehmendem Maße Arbeitsplätze schaffen, bedrohen sie jedoch Arbeitsplätze. Gemessen an den Ausgaben des Landes für Wirtschaftsförderung sind die Ausgaben für die Arbeitsförderung eine beinahe zu vernachlässigende Größe; gemessen an der Herausforderung für die Politik, Erwerbslosigkeit in diesen Dimensionen zu bekämpfen, ist die Arbeitsmarktpolitik eigentlich eher ein Nebenschauplatz, wenngleich sie Tausenden Frauen und Männern eine individuelle Chance auf ein befristetes Arbeitsverhältnis bietet und insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen ein wichtiges Instrumentarium dafür sein kann und muss, die Qualifikation der Beschäftigten im Hinblick auf künftig zu erwartende Ansprüche zu entwickeln.
Aber auch mit einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung wird die Beschäftigungslücke mittel- wie auch langfristig nicht zu schließen sein, wenngleich das immer wieder behauptet wird. Die Investitionen von heute werden mitnichten in ausreichendem Maße die Arbeitsplätze von morgen bereitstellen können. Die steigende Produktivität wird mögliche Beschäftigungszuwächse geradezu auffressen. Wir haben das in den letzten Jahren in Sachsen-Anhalt deutlich zu spüren bekommen.
Die Position der PDS ist bekannt: Es bedarf grundsätzlich neuer gesellschaftlicher Vereinbarungen. Dauerhaft notwendige Arbeiten im sozialen, im kulturellen und im ökologischen Bereich müssen gesellschaftlich finanziert werden.
Sie sind für die Lebensqualität von Bürgerinnen und Bürgern ebenso notwendig wie für einen sozialen und ökologisch nachhaltigen Umbau der Gesellschaft insgesamt. Gesellschaftliche Verantwortung bedarf gesellschaftlicher Finanzierung.
Dabei, meine Damen und Herren, sitzen wir alle im gleichen Boot - die Wirtschaft, die Politik, der Staat und die Zivilgesellschaft -, wenngleich das die eine oder der andere noch nicht gemerkt zu haben scheint. Die öffentliche Sicherheit und Stabilität wird auf absehbare Zeit nicht durch versteckte Kameras zu gewährleisten sein, sondern von der Antwort auf die Frage abhängen,
wie dem Problem der Erwerbslosigkeit grundlegend und nachhaltig beizukommen ist.
Dazu gehört weit mehr als die Dreistigkeit, älteren arbeitslosen Frauen und Männern mit der Kürzung des Arbeitslosengeldes zu drohen. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten unsere Position schon anlässlich der Einbringung dieses Antrages deutlich gemacht.
Die Förderung von Technologie und Innovation nimmt natürlich auch in unserem wirtschaftspolitischen Konzept einen vorderen Platz ein. Wir haben uns deshalb im Rahmen der Beratungen über den Haushalt mit Nachdruck für die Einstellung entsprechender Mittel für die Förderung dieses wichtigen Bereiches eingesetzt; diese Mittel sollen tendenziell steigen. Dies zeigt besonders der Einzelplan des Ministeriums für Wirtschaft und Technologie für das Jahr 2002.
Ich erinnere an solche Positionen wie die Förderung der Wirtschaftsforschung und Gutachten zur Mittelstands
und Wirtschaftsförderung mit über 2,2 Millionen €, an die Förderung von Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsvorhaben sowie von Innovations- und Gründerzentren mit knapp 7 Millionen €, an die Förderung der Telematik mit 4,5 Millionen € und natürlich an die Förderung der Energietechnologie in Höhe von 312 000 €. Daraus ergibt sich ein Gesamtbetrag von etwa 14 Millionen €, den man bei dieser Betrachtung in Rechnung stellen muss.
Folgte man dem heute gehörten Vorschlag von Herrn Böhmer, resultierte aus der Einstellung dieser Mittel in eine Stiftung zugleich ein Verzicht auf Komplementärmittel vom Bund und von der EU. Das entspricht natürlich auch nicht unserer Intention.
Wir sind darüber hinaus der Auffassung, dass die weiteren Einrichtungen und Instrumentarien zur Förderung von Forschung und Entwicklung, wie das Sondervermögen Förderfonds, die Innovations- und Beteiligungsgesellschaft, die insgesamt über 20 Technologie-, Gründer- und Transfereinrichtungen und nicht zuletzt das bedeutende Potenzial unserer Universitäten und Hochschulen, einen großen Beitrag zur Umstrukturierung und zum Neuaufbau einer leistungsfähigen Industrie geleistet haben und natürlich noch leisten. Sie werden auch in Zukunft eine Leistungssteigerung verzeichnen.
Wir sind aber auch der Auffassung, dass auf diesem Gebiet noch mehr geleistet werden muss; darum muss die Wirksamkeit vorhandener Strukturen vor der Schaffung weiterer Instrumentarien kritisch überprüft und erhöht werden.
Wir halten die Gründung einer Stiftung für überaus überlegenswert und sollten diesen Gedanken nicht aus den Augen verlieren. Wir unterstützen deshalb die in der Beschlussempfehlung vorgeschlagene Erörterung von Möglichkeiten zur Gründung einer Stiftung im Rahmen der Erarbeitung der Innovationsstrategie des Landes.
Ich verweise darauf, dass Sie in Ihrem Antrag jedoch einen anderen Finanzierungsvorschlag für die Stiftung unterbreiten, nämlich die Speisung aus dem Verkaufserlös von Vermögensgegenständen und Grundstücken des Landes. Sie veranschlagen dafür im ersten Schritt einen Erlös von 50 Millionen €. Das halten wir allerdings für unrealistisch. Heute haben Sie wiederum einen anderen Finanzierungsvorschlag vorgelegt; Herr Gallert hatte daraufhin aus den Erfahrungen des Finanzausschusses berichtet. Wie auch immer - wir werden der Beschlussempfehlung zustimmen. - Danke schön.
Danke schön, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! „Standortbestimmung für Sachsen-Anhalt“ - unter diesem Titel versuchen sich nunmehr die Politmatadoren zu profilieren. Der Ausdruck „Matador“ bezeichnet im Stierkampf bekanntermaßen den Hauptkämpfer. Das sind Herr Höppner und Herr Böhmer als die Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten bezogen auf diesen Wahlkampf durchaus. Dumm ist nur, dass ein Stierkampf, so er erfolgreich sein soll, stets mit der Niederlage des Stiers und nicht mit der des Matadors endet.
Dieser Vergleich ist mir übrigens nach den Erfahrungen ähnlicher Debatten im Landtag spontan eingefallen, als ich erfahren habe, dass der Ministerpräsident eine Regierungserklärung abgeben will. Eigentlich ist er nicht der Herausforderer, Herr Böhmer. Eine Herausforderung inhaltlicher Art wäre durchaus auch Ihre Sache gewesen.
Wie auch immer, Herr Dr. Höppner hat die Rolle übernommen. Ich frage mich, ob eine Debatte in der vorletzten Landtagssitzung vor der Wahl wirklich das leisten kann, was alle behaupten erreichen zu wollen. Nun muss ich sagen - an dieser Stelle weiche ich ausdrück
lich und gern von meinem Konzept ab -, der Ministerpräsident hat uns ein Konzept präsentiert, auf dem man aufbauen kann.
Das ist mehr als ein „weiter so“. Das muss man zur Kenntnis nehmen, Herr Böhmer. Sie haben das ausdrücklich ignoriert.
Die Erklärung ging sogar über das Thema hinaus; denn eigentlich ging es ausdrücklich nur um eine Standortbestimmung. Ich bin froh, dass die Erklärung - im Gegensatz zu Herrn Böhmers Ausführungen - wesentlich mehr umfasste als nur Statistik.
Herr Böhmer, in diesem Zusammenhang und nach Ihrer Rede muss ich Ihnen sagen: Das Starke an der CDU ist ihre Schwäche.
Wie war es bisher? Während die Landesregierung mit gewisser Berechtigung vor allem auf Fortschritte verwies, konzentrierte sich die CDU - auch mit einer gewissen Berechtigung - auf die Defizite und die Rückstände, leider nicht auf Vorschläge, auch heute nicht. Obwohl: Einen Vorschlag haben Sie gemacht - zu der Frage der Schulbücher.
Immerhin geht es um 8 Millionen € angesichts eines Haushaltsvolumens von rund 10 Milliarden €. Dieser Vorschlag ist nachdenkenswert. Wir werden damit unser Haushaltsproblem bestimmt lösen.
Im Übrigen sind schon ganz andere Leute auf solche Vorschläge gekommen, etwa auf das Rauchen. Manche wollten mit dem Rauchen die Sicherheit erhöhen. Wie auch immer. Offensichtlich reizt es doch. Ich lehne es auch ab; ich habe es hinter mir. Aber darauf Politik aufbauen zu wollen, das ist lächerlich - um auf einen Zuruf aus Ihrer Fraktion von vorhin zurückzukommen.
Es ist jedoch auch zu befürchten, dass gerade solche einseitig gezeichneten Bilder, wie sie von der CDU immer wieder geprägt werden, in der Öffentlichkeit und vor allem außerhalb Sachsen-Anhalts Beachtung finden. Eine solche Darstellung des Landes schadet in der Tat in erster Linie dem Land selbst, schadet Ihnen übrigens auch. Wir bringen nämlich damit unseren eigenen Ansatz, unsere eigene Chance selbst zur Strecke.
Ich gehe aber davon aus, dass viele Bürgerinnen und Bürger Sachsen-Anhalts allein in ihrem Alltag ohne Mühe darauf stoßen, dass das Bild des Landes wesentlich mehr Fassetten hat. Zur Identifikation mit dem Lebensort gehört auch, die eigene Leistung und die eigene Zufriedenheit mit der Lebenssituation - das sind in Sachsen-Anhalt immerhin mehr als 80 % der Bevölkerung - nicht permanent als krassen Widerspruch zu den Darstellungen der Politiker und Politikerinnen, gleich ob positiv oder negativ, erleben zu müssen.
Wie soll jemand dazu motiviert werden, engagiert Leistungen zu erbringen, wenn ihm am Ende die Fahne der Kapitulation und der Vergeblichkeit immer wieder entgegengehalten wird? Schließlich entsteht dann auch ein falsches Bild von den Möglichkeiten und den Grenzen.
Die Botschaft der CDU lautet doch: Wenn du dich in Sachsen-Anhalt engagieren willst, dann tu das erst, wenn es kein Magdeburger Modell und keine rot-rote Regierungskonstellation mehr gibt. Das gilt natürlich auch für Mecklenburg-Vorpommern und inzwischen auch für Berlin. Es betrifft inzwischen immerhin schon mehr als 50 % der neuen Länder. - Sie sollten einmal darüber nachdenken, ob Ihre Haltung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern im Osten noch politisch trägt.
Das wirft aber auch ein bezeichnendes Licht auf das Demokratieverständnis der CDU.
Als Strafe wird mit Fördermittelentzug gedroht. Das ist so neu nicht. Auch Herr Stoiber und andere Westgrößen der CDU drohten bereits mit Finanzkürzungen gegenüber den Neuländern, deren Bürgerinnen und Bürger sozusagen die vermeintlich falschen Parteien wählten.
Dessen ungeachtet bietet die CDU - in tiefer Selbstverachtung all ihrer Zweifel an den Fähigkeiten - der SPD eine Sanierungskoalition an. Sie wirft sich sozusagen den schlimmen Zuständen in Sachsen-Anhalt entgegen. Auch angesichts Ihrer heutigen Rede stellt sich jedoch die Frage: Auf wessen Kosten soll sich hier wer oder was sanieren?
Die heutige Regierungserklärung und die sich anschließende Debatte sind Reaktion und Gegenreaktion zugleich - völlig klar. Da bemüht sich die CDU im Lande mangels eigener Potenzen um so genannte Wirtschaftsexperten von außen. Herr Ludewig als ehemaliger Ostbeauftragter der CDU ist das neue personifizierte Wirtschaftskonzept der CDU Sachsen-Anhalts und muss seine Fähigkeiten für den Erhalt des Waggonbaus Ammendorf erproben. Herr Roland Bergner, München, erfahren in Sachen Treuhandberatung bei der Zerschlagung der großen Industriezentren im Osten,
die Sie vorhin auch im Munde führten - erinnert sei darüber hinaus an die Zweitprivatisierung des Sket Magdeburg -, wird als nächster Kronzeuge bemüht.
- Christa Luft haben wir hier nicht nötig. Christa Luft macht ihre Arbeit auf der Bundesebene. Wir haben im Land eigene erfahrene Leute.
Nichtsdestotrotz können Sie davon ausgehen: Wir singen natürlich im Chor.
Dass vielen beim Lesen der Veröffentlichungen die vorsätzliche Einseitigkeit endgültig zu viel war, ist uns in den letzten Tagen immer wieder gesagt worden und selbst die „Mitteldeutsche Zeitung“ hat es in ihren Leserbriefen veröffentlicht. Waren es nicht gerade die vielen
seriös scheinenden Berater aus den Altländern, die ohne Kenntnis der Besonderheiten des Ostens mit ihren Urteilen nachhaltig negativ wirkende Entscheidungen verursachten? Kommunalpolitiker und Kommunalpolitikerinnen aller Parteien können dazu ganze Arien anstimmen. Ich sage nur: Abwassersituation in Sachsen-Anhalt.
Gerade deshalb sollte unser gesundes Misstrauen angesichts dieser Kronzeugen der CDU jetzt auch Alarm schlagen.
Als wichtigstes Beispiel für die gravierend schädigende Rolle der PDS in Regierungsnähe wird immer wieder die BMW-Ansiedlung in Leipzig herangezogen. BMW hat bei seiner Ansiedlungsentscheidung wohl eher die gesamte Infrastruktur der Wirtschaftsregion Leipzig/Halle/Dessau gesehen als die PDS. So bedeutsam sind wir aus der Sicht von BMW wohl auch wieder nicht.
Wenn dem wirklich so wäre, dann müsste ich mich doch fragen, warum BMW zur Befriedigung der steigenden Nachfrage nach seinen Motorrädern ein zweites großes Fertigungswerk nunmehr in Berlin baut. Das ist die jüngste Meldung vom Wochenende aus dem Hause BMW.
Wir haben uns in Sachsen-Anhalt nichts schönzurechnen und wir haben uns nichts schönzureden; die Wirklichkeit entlarvt alle Versuche dieser Art und die Menschen hier haben ein feines Gespür dafür. Mir scheint, nachdem ich die Erklärung des Ministerpräsidenten gehört habe, dass dieser Umstand auch Berücksichtigung gefunden hat.
Dennoch muss die SPD nicht jeden Ball der CDU zurückspielen, insbesondere dann nicht, wenn er im Aus gelandet ist. Das haben die Vorlagen der CDU, ehrlich gesagt, nicht unbedingt verdient, auch Ihre Rede nicht.
Die von der Landesregierung am letzten Freitag dagegengesetzten Statistiken sind zugegebenermaßen ganz informativ, aber eben zum Großteil noch nicht aktuell und damit in unserer Sache auch noch nicht wirklich hilfreich. Den bislang präsentierten Statistiken fehlten zwangsläufig ganz andere Informationen, an welchen die Menschen im Land natürlich viel mehr interessiert sind:
Was wurde im Einzelnen und ganz konkret getan, um die Entwicklung so und nicht anders voranzutreiben? Welchen Anteil haben die Aktivitäten der Landesregierung an den Erfolgen oder eben auch an Misserfolgen? Es geht auch nicht darum, wer mit wem wann geredet hat, sondern es geht darum, was festgelegt und was umgesetzt wurde.
Die Regierungserklärung von heute bietet durchaus in der Breite Ansätze, die aber - jeder für sich - weiter vertieft werden können und weiter vertieft werden müssen.
Derzeit sind die konkreten deutschlandbezogenen Ursachen für den Konjunktureinbruch eben noch nicht aufgearbeitet worden. Nicht alles kann der Schwäche des USA-Marktes angelastet werden.
Allerdings deuten die Berichte der IHK und der Handwerkskammern sowie die ersten Veröffentlichungen der letzten Tage das veränderte Problempotenzial schon an. So ergibt beispielsweise die Konjunkturumfrage der Handwerkskammern für das vierte Quartal 2001, dass
die Wachstumsschwäche weniger auf die nachlassende Auslandsnachfrage und die schlechte Baukonjunktur zurückzuführen ist als vielmehr auf Strukturprobleme, auf Schwarzarbeit, auf gewerbeunfreundliche Kommunalpolitik, auf hohe Steuer- und Abgabenbelastungen für Wirtschaft und Bevölkerung und infolgedessen auch auf eine zu geringe Binnennachfrage.
Zuwächse im verarbeitenden Gewerbe konnten den bisherigen Rückgang der Bauproduktion noch nicht kompensieren. Günstige Entwicklungen im Nahrungs-, im Gesundheits-, im Metall- sowie im Holz- und Textilbereich stabilisieren sich allerdings langsam. Ähnliche Tendenzen - wir hatten das vorhin gehört; ich will es nicht im Einzelnen wieder aufzählen - lassen sich auch in anderen Industriebranchen ausmachen.
Demzufolge gibt es eben auch andere Zeugnisse: Sachsen-Anhalt nimmt mit rund 5 Milliarden € an ausländischen Investitionen den Spitzenplatz unter den neuen Bundesländern ein. So schlecht können also Bürokratie, Infrastruktur und Finanzierungsbedingungen nicht sein, wenn die PDS toleriert oder - je nachdem, wie man will - mitregiert.
Seriöse und kompetente Berater wie auch Unternehmer in der Wirtschaftspolitik bestätigen dies. Als Beleg dafür mag der Chef des Industrial Investment Council Hans Christoph von Rohr genügen, der ausdrücklich betont, dass eine Regierungsbeteiligung der PDS noch nie ein Hindernis für potenzielle Investoren dargestellt hat.
Diese PDS-Phobie ist ein rein deutsches und damit hausgemachtes Problem. Im Übrigen hat die Beteiligung von Linksparteien an Regierungen, wie das Beispiel Frankreich belegt, auch zu einem wirtschaftlichen Erfolg geführt, wie ihn sich die Bundesregierung momentan nur wünschen kann. Immerhin verzeichnet Frankreich ein Wirtschaftswachstum von 2 %. Und wenn die Roten wirklich das Investitionsgespenst schlechthin wären, gäbe es in China keinen Coca-Cola-Trust, keine Volkswagen-Gruppe, keine Siemens AG und keine Pläne zum Transrapid und vieles andere mehr.
Aber es ist aus einem anderen Grund nicht verwunderlich, dass die CDU in der Öffentlichkeit immer wieder vor der PDS warnt:
weil wir natürlich ganz andere Prioritäten setzen. - Das kam jetzt echt zu spät, Herr Bergner. Aber okay.
Und wir setzen diese anderen Prioritäten ganz bewusst. Wenn das CDU-Kritik hervorruft, dann finden wir das in Ordnung.
Für die eine oder die andere Zielstellung sollte sich keine Regierung und schon gar keine sozialdemokratische Regierung rechtfertigen müssen. Insofern kann ich den Hinweis des Ministerpräsidenten auf den sozialen Frieden und den Zusammenhalt als gleichfalls wichtige Faktoren für eine stabile wirtschaftliche Entwicklung, für stabile wirtschaftliche Verhältnisse nur unterstützen.
Eine Politik, die zu ihren Prioritäten sozial gerechtere Verhältnisse zählt, soll von der CDU unter Rechtfertigungsdruck gebracht werden. Da habe ich Frau Merkels Ansätze zur neuen sozialen Marktwirtschaft aber schon anders verstanden.
Ein Struktur- und Branchenumbruch, wie wir ihn insbesondere in Sachsen-Anhalt zu meistern haben - auch in diesem Punkt ist den Ausführungen des Ministerpräsidenten zuzustimmen -, hat keine vergleichbaren Vorbilder. Die industrielle Monostruktur - in Magdeburg Maschinenbau, um Halle Chemieindustrie, im Mansfelder Land Kupferbergbau und im Süden Braunkohlebergbau mit jeweils Zehntausenden Arbeitsplätzen, die in kürzester Zeit wegbrachen - ist auch in zehn Jahren nicht einfach durch einen gesunden Branchenmix von oben zu ersetzen, wenn dafür keine Nachfrage bzw. kein Markt vorhanden ist. Investiert wird doch immer nur dann - das müsste gerade die CDU wissen -, wenn neue Kapazitäten auch wirklich benötigt werden.
Selbst im Ruhrgebiet schleppt sich ein Strukturwandel schon über Jahrzehnte hin, der Beschäftigung auch als sozialpolitische Ausgleichsmaßnahme versteht, weshalb eben Männer wie Clement und Schröder immer noch den Steinkohlebergbau stützen.
Aber auch das zeitliche Vorziehen von Infrastrukturmaßnahmen - wie Sie, Herr Böhmer, es wieder angeführt haben und wie es Ihre Partei fordert - muss finanziert werden. Da bleibt gegenwärtig nur ein Weg und das ist eine höhere Verschuldung. Das müssen Sie sagen, vor allem im Zusammenhang damit, dass Sie zugleich Steuerentlastungen, also weniger Einnahmen des Staates fordern. Der katastrophale Einbruch bei der Körperschaftsteuer müsste eigentlich Warnung genug sein.
Stattdessen sollten kleine und mittlere Unternehmen und Handwerker die Umsatzsteuer in der Tat erst nach Zahlungseingang abführen müssen. Da haben wir nun wieder keine Differenz zur CDU.
Die CDU sagt aber auch: Wirtschaftliche Impulse soll der Staat auslösen. Andererseits soll allerorten auch die Staatsquote zurückgefahren werden. - Es ist ein bisschen schwierig, alles zu verstehen. Aber, wie gesagt, wahrscheinlich liegt auch Ihre Wahrheit in der Differenzierung.
Was im Osten wirklich Sinn macht, ist eine Stärkung der Kommunalfinanzen mit dem Ziel, die kommunale Investitionstätigkeit anzukurbeln. Darüber hinaus sollte die Senkung des Mehrwertsteuersatzes für arbeitsintensive Dienstleistungen, die den Handwerkern mehr Aufträge, mehr Einnahmen und mehr Beschäftigung bringt, ermöglicht werden.
Was wir uns im Landtag in den letzten Jahren um die Vergabe öffentlicher Aufträge, gebunden an tarifgerechte Bezahlung, gestritten haben, ist wirklich beispiellos. Hierzu vollzieht offenbar die CDU einen längst fälligen Sinneswandel.
„Bisher und noch heute wird von niedrigeren Löhnen als Standortvorteil für den Osten gesprochen. In einem immer mehr zusammenwachsenden deutschen und europäischen Markt kann und wird dies nicht so bleiben.“
Das steht nicht in unserem Programm, das steht in den CDU-Thesen und das finde ich in Ordnung.
Wir haben aber von Anfang an gesagt, dass Löhne im Sinne eines selbstbestimmten Lebens zu gestalten sind und, um Fachkräften überdies Anreize zu bieten, hier zu bleiben, erhöht und angeglichen werden müssen. Arbeitsmarktpolitik hat - darauf hat der Ministerpräsident hingewiesen und wir sagen das bei jeder Haushaltsdebatte in Bezug auf diese Fragen immer wieder angesichts der hohen Arbeitslosigkeit im Land eben nicht nur eine beschäftigungsmobilisierende, sondern auch eine sozialpolitische Funktion. Im Niedriglohnsektor entstehen, wie sich in den letzten Jahren im Niedriglohnland Ostdeutschland gezeigt hat, keine neuen Arbeitsplätze.
Das Verhältnis zwischen diesen beiden Funktionen kann sich aber nunmehr deutlich zugunsten des ersten Arbeitsmarktes verschieben. Das sehen auch unsere Konzepte vor. Aber auch diese Veränderungen mussten erst reifen, und zwar auf einer realen wirtschaftlichen Basis. Diese entwickelt sich, ist aber nach wie vor sehr störanfällig.
Ein stimmiger Branchenmix mit einer günstigeren Betriebsgrößenstruktur gehört zu den zukunftsfähigen Entwicklungsbedingungen. Sachsen-Anhalt wird diese Entwicklung noch intensiver begleiten und unterstützen müssen. Das Aufeinanderzugehen muss vor allem von der Landesregierung initiiert werden. Inhalte und Vorschläge muss die Landesregierung so einbringen, dass sie nachvollziehbar sind. Entscheidungen brauchen konzeptionellen Vorlauf und keine Feuerwehraktionen.
Das Beispiel Ammendorf hat letztlich gezeigt, dass es immer noch besser ist, ein Schiff vor dem Untergang zu bewahren, als es zu heben.
Meine Damen und Herren! Eine Sanierungskoalition, wie sie von der CDU beschrieben wird, kann diesem Anspruch natürlich nicht gerecht werden. Sanieren hat mithin etwas Statisches; Konditionieren dagegen hat etwas Dynamisches. Deshalb würden wir eine Konditionierungskoalition entgegensetzen wollen. Das ist es, wodurch sich die Matadoren unterscheiden, nämlich in ihrer Art, etwas auf die Hörner zu nehmen und sich einer Herausforderung zu stellen. Wenn Ihnen das als rotes Tuch erscheint, soll es mir recht sein. - Danke schön.
Herr Ministerpräsident, Sie haben gesagt, wenn es erforderlich ist, dann wird sich dort auch der Bundeskanzler persönlich einschalten.
Nun ist es so, dass seit mehreren Monaten die Schließungsabsicht bekannt ist. Wenn der Ausschuss heute in seiner Beratung zu der Auffassung kommt, dass sich jetzt der Bundeskanzler persönlich einschalten sollte, obwohl meine Fraktion und ich meinen, dass diese Situation längst eingetreten ist, da im Grunde genommen die abschließende Entscheidung am Montag gefällt wer
den sollte, werden Sie das dann auch dem Bundeskanzler in genau dieser Schärfe sagen?
Welches Kriterium ist ausschlaggebend, damit er sich in diesen Prozess einschaltet? Die Entscheidung am Montag - ob es vertagt wird oder nicht, sei jetzt einmal dahingestellt - oder die Situation, die sich bereits in der Stadt ergeben hat?
Danke. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag belegt nochmals eindringlich zwei Dinge:
erstens dass man sich offensiv und öffentlich mit Ausländerfeindlichkeit und Rassismus von rechtsextremen Parteien auseinander setzen muss,
zweitens dass es richtig war, keinem einzigen Antrag dieser rechtsextremen Fraktion jemals zuzustimmen.
Soweit es um denkbar Mögliches zur Abwehr und Diskriminierung von Migrantinnen und Migranten und Ausländerinnen und Ausländern geht, ist in diesem Antrag alles aus der braunen Grube geholt worden. Darin erschöpft sich im Wesentlichen auch das gesamte Wirken dieser Fraktion. Ich kann Ihnen eines schon heute sagen: Ich freue mich zutiefst auf den Tag Ihrer Abwahl!
Dann hat das endlich ein Ende, hier Ihre Menschenfeindlichkeit in Reden und Anträgen aushalten zu müssen.
Das ist auch ein wichtiges Signal für die Zukunft dieses Landes und eine Botschaft nach außen.
Vergangenes Wochenende hat zum ersten Mal der Bundesausländerbeirat im Osten getagt. Er hat sich dabei für Magdeburg entschieden. Das war auch eine Referenz an die Politik für und mit Ausländerinnen und Ausländern in diesem Land. Es ist dabei ausdrücklich kein Abwehrkonzept vertreten worden. Dieses liegt nun aber den Neuregelungen der Einwanderungspolitik der Bundesregierung zugrunde.
Rund zehn Millionen Menschen leben in der Bundesrepublik ohne deutschen Pass. In Sachsen-Anhalt sind es nicht einmal 2 % der Bevölkerung. Und doch ist auch hier kulturelle Vielfalt entstanden. Das betrachten wir als Gewinn. Allerdings ist das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft nie spannungsfrei. Es bedarf also politischer und gesellschaftlicher Moderation.
Der Satz, Deutschland sei kein Einwanderungsland, ist eine politische Absichtserklärung. Sie hat zu einem System ausländer- und asylrechtlicher Regelungen geführt, das unübersichtlich, bürokratisch und eben auch willkürlich ist. Diese Praxis hat dazu geführt, dass über Jahrzehnte Einwanderungswillige auch in die Illegalität getrieben wurden. Dabei waren viele Opfer von Schlepperbanden und Frauen auch von Zwangsprostitution und sie sind Zielscheiben skrupelloser Ausbeutungsstrategien - das alles in einem Land, welches sich ein hohes zivilisatorisches Niveau bescheinigt.
Es ist aber auch bezeichnend, dass die Einwanderungsdebatte durch Wirtschaftsverbände entfacht wurde. Allerdings sind diese, um eine Kritik aus dem Bundesausländerinnenbeirat aufzunehmen, nur an jungen, genügsamen, höchstqualifizierten Menschen ohne familiäre Bindungen interessiert. Das ist vorhin auch in dem Redebeitrag von Herrn Bergner bereits deutlich geworden.
Die Chance auf einen Paradigmenwechsel in der Flüchtlings- und der Einwanderungspolitik wird auch durch die neue Gesetzgebung vertan. Das ist umso unverständlicher, als die Vorschläge der Süßmuth-Kommission weitgehend ignoriert worden sind. Die Vorschläge dieser Kommission hätten gesellschaftlicher Konsens werden können. Stattdessen werden CSU-Vorschläge mit größerer Akzeptanz behandelt und dennoch wird dann wieder aus der Ecke von CDU und CSU Ablehnung signalisiert.
Nun gar soll dies auch noch Wahlkampfthema werden. Also große, mächtige Parteien profilieren sich auf dem Rücken der Schwächsten, weil Rechtlosesten. Und da
von profitiert dann wiederum vor allem die Mehrheitsgesellschaft. Man stelle sich doch nur einmal vor, was geschähe, wenn einen Tag lang alle Ausländerinnen und Ausländer in diesem Land ihre Arbeit niederlegten.
Der Antrag bedient letztlich das Bild vom gefährlichen Ausländer als Problem der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Das Ziel besteht erneut darin, den gesellschaftlichen Stimmungswandel zu verhindern. Einwanderung wird als Bedrohung gezeichnet. Auch das reiht sich in Ihre Bemühungen ein, das gesellschaftliche Klima zu vergiften. Sie geben Ängsten Feindbilder, statt sie ernst zu nehmen und Lösungswege anzubieten. Auch aus diesem Grunde lehnen wir den Antrag ab.
Gut, das ist in Ordnung, das können Sie tun. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt würde ich gern unsere Position zum Haushaltsplanentwurf vortragen.
Seit wir uns in erster Lesung mit dem Haushaltsplanentwurf 2002 im Plenum befasst haben, hat sich die Welt, hat sich das sie beherrschende politische System gravierend verändert. Der Satz, nach dem Anschlag sei nichts mehr so wie vorher, hat durchaus seine Entsprechung gefunden. Und doch scheint es, als stünden wir immer wieder vor den gleichen Aufgaben, als gäbe es einen Alltag in der Politik mit all seiner Routine und seinen Wiederholungen, in der Sache ebenso wie in der Form.
Ich halte den Verweis auf die Folgen des 11. September 2001 deshalb für legitim und wichtig, weil er unser Handeln, unser Reden, unsere Reaktionen in eine Relation setzt, aus der sich zwangsläufig mehr Souveränität und Gelassenheit ergeben sollten.
Mancher Politiker oder manche Politikerin hätte es zwar gern gesehen, dass das gesamte politische Lager und die gesamte Bevölkerung mit einer Meinung und in uneingeschränkter Solidarität auch hinter ihm stünde allein, diese Vorstellung ist nun gar nicht aufgegangen. Erstens waren die Parteien und die Menschen ganz verschiedener Auffassung in ihrer Wertung des Krieges in Afghanistan, in ihrer Wertung der Ursachen und Wirkungen. Zweitens sind die Probleme des Lebensalltags eben nicht auszublenden.
Nun überschneiden sich diese Entwicklungen mit der Haushaltsdebatte, mit der Diskussion über die Umsetzung der Verwaltungsreform, mit offenen Briefen und mit täglichen Meldungen über die Stimmungslage der Wirtschaft, zur Situation auf dem Arbeitsmarkt, mit Ergebnissen der Pisa-Studie, mit Protesten gegen die Kürzung der Kommunalfinanzen, gegen den Abbau von Stellen an der Martin-Luther-Universität, gegen die Schließung von wichtigen industriellen und infrastrukturellen Standorten, wie des Waggonbaus Ammendorf und der Telekom Magdeburg.
Nicht zuletzt droht die Instrumentalisierung dieser Schnittmengen im Rahmen des Landtagswahlkampfes. Nahezu alle Parteien haben sich - wie man neuerdings sagt aufgestellt. So werden die Journalisten auch die heutige Debatte unter diesem Blickwinkel werten. Ein Atemzug kann wie folgt interpretiert werden: als Stoßseufzer, als Hecheln, als Atemlosigkeit, als Atemnot, als Kurzatmigkeit, als Aufatmen, als Wutschnauben, als Hauch oder eben auch bloß als Luftholen, wozu ein solcher Atemzug in der Regel auch dient.
- Könnte auch sein, Herr Bergner. - Wir werden es am Ende nicht in der Hand haben, wie unsere Äußerungen bewertet werden. Dennoch hat uns diese Gefahr nur
in den seltensten Fällen davon abgehalten, Kritik zu äußern, wo sie aus unserer Sicht angebracht erscheint, unabhängig davon, ob wir uns im Wahlkampf befinden oder nicht. Landespolitik ist eben kein Debütantenball.
Der Unterschied besteht nunmehr nur darin, dass Kritik mag sie noch so oft geübt werden und mag sie noch so bekannt sein - auch öffentlich wiedergegeben worden ist, öffentliche Aufnahme gefunden hat. Plötzlich geht es gar nicht mehr so sehr um den Inhalt einer solchen Kritik, sondern es geht darum, dass sich eine Differenz zwischen politischen Kräften öffnet, als hätte namentlich die PDS-Fraktion nicht schon seit Jahren Kritik an der Verteilungspraxis der SPD, insbesondere im Zusammenhang mit dem Landeshaushalt, geübt.
Unter diesem Stichpunkt lassen sich nahezu alle Politikfelder deklinieren. Ich erinnere Sie gern an die Debatte um die Kommunalfinanzen.
Was wir von uns selbst und damit auch von anderen erwarten, ist ein offensiver, dynamischer Umgang mit Konflikten. Wenn wir den Eindruck vieler teilen, dass die Exekutive, mithin also die Landesregierung, unmittelbarer auf Konflikte reagieren und konsequenter auf deren Lösung hinwirken muss, dann haben wir das bisher gesagt und wir werden uns dieses Recht auch in Zukunft nicht nehmen lassen.
Wir wissen natürlich ganz genau, dass uns diese Kritik gleichermaßen trifft. Ein Misserfolg bei der Erhaltung des Standortes Ammendorf ist eben ein Misserfolg, der nicht nach Parteien unterscheidet, obwohl unter den drei Parteien die Möglichkeiten des Widerstandes sehr ungleich verteilt sind.
Wir erwarten einfach, dass jede Partei ganz entschlossen alle ihre Möglichkeiten mobilisiert. Aus Landessicht scheint es, als könnte nur ein Kanzlerwort und das Auslösen neuer Aufträge mit Standortbindung seitens der DB AG Bombardier zum Umdenken bewegen. Wir müssen Zeit gewinnen, weil sich mit jedem Tag auch unsere Chance auf die Erhaltung des Werkes vergrößert. Aber dazu braucht offensichtlich auch der Kanzler noch sehr viel mehr Druck, um diese Einsicht letztlich in die Tat umzusetzen. Derzeit hat er offensichtlich die Perspektive der Unternehmensleitung von Bombardier übernommen.
Als Minister Heyer beim letzten Kampf um die Erhaltung der Schienenfahrzeugbau- und -instandsetzungsstandorte seinen Kopf so weit aus dem Fenster steckte, dass mancher meinte, dass selbiger auch abfallen könnte, hat der Minister drauf gepfiffen und es auch gesagt. Ich will mich nicht über die Symbolik eines solchen Satzes verbreiten, eines hat er aber ganz deutlich gemacht: die hundertprozentige Identifikation mit der Zielstellung. Diese Entschlossenheit wird auch in jedem anderen Fall erwartet, wenn es um die Interessen der Leute hier geht.
Letztlich können und wollen wir uns als PDS-Fraktion auch nicht aus der Verantwortung stehlen, insbesondere dann nicht, wenn es brennt. Dieser Vorwurf kommt etwas plattfüßig daher. Immerhin haben wir um viele politische Inhalte der Landesentwicklung in den letzten Jahren gerungen - wohlgemerkt gerungen, sie sind uns nicht in den Schoß gefallen. Es sind auch keine Geschenke vom Himmel gefallen. Das heißt, viele Kom
promisse waren und sind uns wichtig. An diesen wollen wir nicht rütteln.
Kritiken und Zustimmung haben nicht zwischen guter und böser Partei unterschieden und werden dies auch nicht tun. Deshalb wollen wir uns auch nicht aus der Verantwortung nehmen lassen.
Die von der PDS-Fraktion geäußerte Kritik ist in der Sache übrigens nicht infrage gestellt worden, nicht einmal von der CDU-Fraktion. In dieser Hinsicht sind wir nun wieder sehr schreckhaft. Infrage gestellt worden ist lediglich unsere Berechtigung darauf. Wenn wir öffentlich sagen, dass durch die Landespolitik ein Ruck gehen muss, dass ein „Weiter so“ nicht akzeptabel ist und dass die Landesregierung gegenüber der Bundesregierung konsequent die Interessen des Landes Sachsen-Anhalt gemeinsam mit den anderen Ostländern vertreten soll, dann stellen auch wir uns dieser Herausforderung.
Denn klar ist, wenn alles allein von der Bundesregierung abhinge, könnten wir uns das Unternehmen Landtagswahl schenken und wir könnten eine Menge Geld und auch Nerven sparen. Dass der Druck aus den Ostländern dringend notwendig ist, hat die Debatte zum Bundeshaushalt so deutlich wie nie bewiesen. Der Bundeskanzler hat nicht einen einzigen Satz zu seiner Chefsache gesagt. Der Kanzler gibt eine einstündige Erklärung zur Situation in Deutschland ab und erwähnt die Frage der inneren Einheit Deutschlands mit keiner Silbe. Das sagt sehr viel über dessen Beziehung zu uns aus.
In beiden Teilen Deutschlands läuft die mentale, ökonomische und soziale Entwicklung auseinander. Auch die Schere zwischen den Löhnen und den Renten wächst. Die wenigen Verbesserungen, die es gab, waren allesamt durch das Bundesverfassungsgericht erzwungen worden. Von der Regierungskoalition auf Bundesebene gab es keine einzige darüber hinausgehende Initiative. Die Arbeitslosigkeit ist in den neuen Bundesländern deutlich höher als in den alten Bundesländern.
Wir brauchen die innere Einheit, um in ganz Deutschland ökonomisch und sozial voranzukommen. Wenn das nicht geschieht, ziehen die neuen Bundesländer die alten Bundesländer herunter. Damit wäre überhaupt niemandem gedient.
Die CDU braucht sich dabei auch nicht ins Fäustchen zu lachen. Mit ihr würde nämlich die Sache noch schlimmer. Denn alles, was Frau Merkel im Bundestag vertreten hat, ging in Richtung Abbau der Arbeitnehmerrechte und lief auf Sozialabbau hinaus. Die von der CDU/CSU so viel gescholtene Steuerreform soll nun sogar vorgezogen werden. Wenn diese, wie von der CDU behauptet, in die falsche Richtung läuft, dann müsste man sich dort viel eher wünschen, sie käme nie.
Der erste Mann der CDU im Land Sachsen-Anhalt, Herr Böhmer, ließ vorhin in seinem Beitrag wissen - immerhin war es der Beitrag zum Finanzhaushalt -, dass er auch nicht so richtig wisse, wie man finanzpolitisch aus dieser Klemme kommen könne.
Es ist also Bewegung in die Debatte gekommen, und das, denke ich, ist gut so. Wer hier auch immer mit wem
nach der Landtagswahl koalieren will, sei dahingestellt, aber eines ist sicher: Die Partner wollen sich selbstbewusst und in Augenhöhe treffen. Ein Koalitionsvertrag ist weder ein Freundschaftspakt noch ein Patenschaftsvertrag. Die souveräne Stellung zur Bestimmung von Landespolitik werden sich die jeweils Beteiligten bewahren müssen. Insofern sollten sich alle davor hüten, politische Auseinandersetzungen in der Sache wie einen Nachbarschaftsstreit in der Kleingartenanlage zu führen.
Wir werden die Auseinandersetzung über unsere Vorstellungen zur Landespolitik auch im Wahlkampf führen.
In einer sehr grundsätzlichen Frage, die sich in den jüngsten Vorwürfen aus den Reihen der CDU-Fraktion und dem offenen Brief von Wirtschaftsvertreterinnen und Wirtschaftsvertretern gegen die politischen Kompromisse zwischen SPD und PDS widerspiegelt, kommen wir zu einer ganz anderen Einschätzung. Zunächst beinhaltet die Kritik, dass einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik in Sachsen-Anhalt entgegenstünde, dass die Politik im Land nicht von zukunftsweisenden Investitionen, sondern von sozialpolitischen Taten dominiert würde. Worin diese sozialpolitischen Taten, die so zu kritisieren sind, konkret bestehen, wird allerdings nicht ausgeführt.
Pauschal wird dieser Vorwurf vor allem in Bezug auf die Höhe so genannter konsumtiver Ausgaben und Personalausgaben im Landeshaushalt erhoben. Bei genauerer Prüfung ergibt sich allerdings, dass rund 80 % der Personalausgaben in den Bereichen Polizei, Finanzämter, Hochschulen, Schulen sowie Gerichte und Justizvollzug entstehen. Diese Bereiche gehören ausnahmslos - ich sage: ausnahmslos - zum Forderungs- und Schwerpunktkatalog aller Parteien im Land. Diese gehören auch zum Forderungskatalog der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des offenen Briefes.
Die Zahl der Personalstellen im so genannten Kernbereich der Verwaltung - ich muss korrigieren, was Herr Böhmer gesagt hat - liegt sowohl im Vergleich der Ostländer als auch im Vergleich zu den Westländern im Mittelfeld.
Die Ausgaben im Polizeibereich, in Wissenschaft und Bildung haben diese Höhe, weil wir bei ihnen einen inhaltlichen Schwerpunkt gesetzt haben. An dieser Schwerpunktsetzung werden wir festhalten.
So werden wir die veranschlagten Bildungsausgaben akzeptieren. Das schließt ein, dass wir die unternommenen Anstrengungen zur Bildungsfinanzierung unter dem Blickwinkel der Gesamthaushaltssituation zu würdigen wissen. Wir sind gleichwohl der Auffassung, dass zum einen eine langfristige und damit verlässlichere Schwerpunktsetzung auf die Bereiche von Bildung, Wissenschaft sowie Aus- und Weiterbildung notwendig sein wird und zum anderen die bereits jetzt erheblichen Mittel mit spürbar höherem Effekt für eine niveauvolle Bildung aller Kinder und Jugendlichen zum Tragen kommen müssen.
Bei der Gestaltung der Landeshaushalte für die folgenden Jahre geht die PDS-Fraktion davon aus, dass ein solide begründeter Personalbedarf der Haushaltsrechnung zugrunde gelegt werden muss. Dazu soll das Personalentwicklungskonzept stärker an pädagogischen Erfordernissen orientiert werden.
Wir halten es für erforderlich, dass ein Teil der durch den Rückgang der Schülerzahlen und durch Konzentrations
prozesse im Schulnetz frei werdenden Mittel zur Erhöhung der Bildungsqualität und zum Nachteilsausgleich genutzt wird.
Darüber hinaus erwarten wir, dass die Landesregierung in Verhandlungen mit den Tarifpartnern einen konstruktiven Beitrag leistet, um einen Anschlussvertrag zu dem im Jahr 2003 auslaufenden Arbeitsplatzsicherungstarifvertrag zu erreichen.
Nach Meinung der PDS-Fraktion hängt die Leistungsfähigkeit des Bildungssystems des Landes in erster Linie von der Stärkung der Sekundarschulen ab. Die inhaltlich neu gestaltete Sekundarschule muss sowohl personell als auch materiell besser ausgestattet werden. Dafür müssen auch im Landeshaushalt Reserven erschlossen werden.
Einen weiteren Schwerpunkt sehen wir in einer qualifizierten und praxisnahen Lehrerfortbildung, die stärker als bisher in den Regionen verankert sein sollte. Dazu müssen die Hochschulen einen wachsenden Beitrag leisten; aber auch das zuständige Landesinstitut wie die regionalen Fortbildungsträger brauchen eine entsprechende Ausstattung.
Während die Ausgaben bei Einzelplan 07 ein wenig absinken, sind die Ausgaben bei Einzelplan 06 - Wissenschaft - um rund 51 Millionen € durch eine Schwerpunktsetzung auf den Einsatz von EU-Mitteln deutlich erhöht worden. Dieses Niveau gilt es verlässlich zu halten.
Belastbare finanzielle Perspektiven für die Hochschulen bilden die Voraussetzung für qualitative Umstrukturierungen der Hochschulen, die sich sowohl aus neuesten Entwicklungen in Wissenschaft und Forschung als auch aus wachsenden Anforderungen im Bereich von Weiterbildung und anwendungsorientierter Forschung und Lehre ergeben. Innerhalb dieses Prozesses wird das Kultusministerium mit besserer Qualität als bislang seine Aufsichtspflicht zur Sicherung eines ausgewogenen Lehrangebots an den Hochschulen wahrnehmen und es gegebenenfalls durch Eingriffe korrigieren müssen.
Ebenso notwendig wird die Begleitung der Umstrukturierung der Martin-Luther-Universität bleiben. Das erscheint uns umso notwendiger, als zum Jahresende eine zugespitzte Situation bei der Umsetzung der Vereinbarungen zwischen Landesregierung, Universität und Gewerkschaft eingetreten ist.
Nach unserer Kenntnis sind beim Personalrat 199 Kündigungen zur Mitbestimmung eingegangen. Den betreffenden Kollegen und Kolleginnen wird nun mitgeteilt, dass ihre Kündigung unverzüglich eingeleitet wird, weil sie das Angebot, in die Beschäftigungsgesellschaft zu gehen, nicht angenommen haben. Allerdings könne das Angebot noch bis zum 30. November 2001 angenommen werden. Auf die Argumente der Beschäftigten zu ihrer Ablehnung wird nicht eingegangen.
So wie es sich derzeit darstellt, sind jedoch weder alle in der Vereinbarung verankerten Angebote, wie der Schuldienst, die Altersteilzeit oder die Tätigkeit an Fachhochschulen und anderen Landeseinrichtungen, unterbreitet worden, noch halten diese Angebote in ihrer konkreten Ausgestaltung rechtlich fixierten Anforderungen stand. Es handelt sich also offensichtlich nicht um Angebote, die gemäß § 145 BGB als zumutbar bezeichnet werden könnten.
Eigentümlicherweise sind unter den von den Kündigungen betroffenen Kolleginnen und Kollegen ca. 30, die auf Angebote eingehen wollen bzw. eingegangen sind. Bei
den Kündigungen handelt es sich nicht um Änderungskündigungen, wie es arbeitsrechtlich korrekt wäre, sondern um Beendigungskündigungen. Angesichts dieses Vorgehens muss davon ausgegangen werden, dass Klagen vor dem Arbeitsgericht - ganz zu schweigen von den daraus entstehenden zusätzlichen Kosten - sehr gute Chancen auf Erfolg haben.
Das praktizierte Vorgehen ist weiterführend auch deshalb rechtlich angreifbar, weil das so genannte Angebot stets auf der durch die Betroffenen nicht überprüfbaren Sozialauswahl beruhte, die ebenfalls nicht offen gelegt wurde. Es entsteht der Eindruck, als sollte mit den sofortigen Kündigungen eine arbeitsrechtliche Überprüfung der Sozialauswahl und der rechtlichen Zulässigkeit der Arbeitsverträge mit der Beschäftigungsgesellschaft unmöglich gemacht werden. Gegenüber den Beschäftigten entsteht dadurch eine Nötigungssituation. Im Übrigen scheint die Beschäftigungsgesellschaft zum Zeitpunkt des Beschäftigungsangebotes noch nicht einmal in das Amtsregister aufgenommen worden zu sein.
Ich frage auch: Gibt es wirklich einen gültigen Vertrag zwischen dem Land und der TGL? Alles in allem wird das in der Vereinbarung fixierte Verfahren nicht eingehalten und die Vereinbarung selbst verletzt.
- Das können Sie gern so bezeichnen, ich würde mich auch gern länger darüber im Ausschuss unterhalten.
Die dringende Vermutung, dass dem Verfahren Rechtsbrüche zugrunde liegen könnten, muss durch den Landtag und seine betreffenden Ausschüsse umgehend geprüft werden. Letztlich muss der Ausschuss darauf dringen, dass das Land - das lassen beispielsweise fehlerhafte Studien, die als Grundlage für die Privatisierung von Dienstleistungen und Hausmeisterdiensten herangezogen worden sind, befürchten - keiner Lösung zustimmt, die zu Ausgaben führt, die über die im Haushaltsplan veranschlagten Summen hinausgehen. Dann müssen die Beschäftigten sinnvollerweise eben in einem Landesbetrieb arbeiten. In diesem Fall wären sie endlich den anderen Universitätsangehörigen rechtlich gleichgestellt.
Meine Damen und Herren! Die Bildungsausgaben dürfen nicht mehr als konsumtive, sondern müssen als investive Ausgaben, von denen die Landesentwicklung in allen anderen Bereichen maßgeblich beeinflusst wird, behandelt werden.
Nein, ich möchte jetzt keine Frage beantworten. Ich möchte gern meine Rede beenden.
Dabei gilt es zugleich erhebliche Effizienzreserven zu erschließen, um die Höhe der Ausgaben auch wirklich in die gewünschten qualitativen Effekte münden zu lassen und letztlich dadurch zu rechtfertigen.
Fassen wir die für die investive Basis der Landesentwicklung besonders relevanten Bereiche, wie Wirtschaft und Technologie, Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr, Landwirtschaft und Forsten sowie Raumordnung
und Umwelt, zusammen, steht eine Ausgabensumme von rund 2,4 Milliarden € zu Buche. Rechnen wir dann noch die Ausgaben für Bildung und Wissenschaft hinzu, ergibt sich eine Gesamtsumme in Höhe von etwa 4,5 Milliarden €. Dabei ist klar, dass auch durch öffentliche Aufträge aus anderen Bereichen wie dem Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales in ganz erheblichem Maße die wirtschaftliche Tätigkeit angekurbelt wird. Erinnert sei beispielsweise an den Krankenhausbereich.
Weitere maßgebliche Einflussfaktoren für eine nachhaltige Entwicklung des Landes - sozial wie auch ökonomisch - sehen wir im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik und in der Sicherung der Kommunalfinanzen. Bei dem Punkt der Kommunalfinanzen lag - das haben wir in der ersten Lesung angekündigt - unsere Verhandlungspriorität. Zu dieser Problematik wird mein Kollege Wulf Gallert mit besonderer Motivation in bewährter sachkundiger und sehr eindringlicher Weise an anderer Stelle sprechen.
Zu den Fragen des Arbeitsmarktes sind jedoch noch einige andere Worte zu sagen. Die Arbeitsmarktpolitik in Sachsen Anhalt muss sich einerseits den bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen und andererseits den Vorgaben des dritten operationellen Programms der Europäischen Union stellen. Sie muss sich also Sachzwängen stellen, die bereits in der letzten Sitzung des Landtages von der PDS-Fraktion eine grundsätzliche Kritik zumindest das vor kurzem verabschiedete Job-AqtivGesetz betreffend - erfahren haben. Für die arbeitsmarktpolitischen Spielräume des Landes heißt das:
Erstens. Arbeitsmarktpolitik in sozialpolitischer Funktion muss für den Erhalt der sozialen Infrastruktur für Bürgerinnen und Bürger Sorge tragen. Angesichts der über 240 000 arbeitslosen Frauen und Männer steht das Land in einer Bringschuld. Das heißt, es soll so vielen Frauen und Männern wie möglich mit den Mitteln der Arbeitsförderung zumindest eine befristete Beschäftigung angeboten werden.
Immerhin war das Land Sachsen-Anhalt nicht zuletzt wegen seiner hohen Dichte an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen eines der Länder, in denen die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 12 000 gesunken ist. Im Vergleich zum Vormonat ist die Arbeitslosenzahl um fast 1 500 gesunken.
Zweitens. Zum anderen muss Arbeitsmarktpolitik in beschäftigungspolitischer Funktion die Entwicklungen und Umbrüche am ersten Arbeitsmarkt konstruktiv begleiten. Betriebsnahe Maßnahmen der Arbeitsförderung können drohende Arbeitslosigkeit verhindern und können den Wandel bei den geforderten Qualifikationen fördern.
Angesichts der Tatsache, dass die Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung mit fast 30 000 Teilnehmern neben den ABM mit ca. 20 000 und den SAM mit ca. 60 000 Teilnehmern seit Jahren mit Abstand den größten Anteil haben, mutet uns dann schon der Feldzug des Präsidenten des Landesarbeitsamtes gegen AB-Maßnahmen geradezu an wie das Schattenboxen eines Entlassungskandidaten - natürlich völlig ohne parteipolitische Ambitionen.
Betriebsnahe Arbeitsmarktpolitik ist freilich nicht zum Nulltarif zu haben, und auch für meine Fraktion ist klar,
dass es durchaus ein Spannungsfeld zwischen Masse und Klasse geben wird. Umso schwieriger sind dann auch die Kürzungen von 130 Millionen DM im Haushalt des Arbeitsministeriums zu verkraften. Aus der Not eine Tugend gemacht, wenn uns die Ausgabenreste dieses Jahres und der Zugriff auf 20 Millionen € Verpflichtungsermächtigungen zunächst im kommenden Jahr eine Schadensbegrenzung ermöglichen.
Angesichts knapper werdender Mittel - denn auch die neuen Länder werden in absehbarer Zeit nicht mehr unter die Ziel-1-Förderung der EU fallen - wird in Zukunft stärker denn je eine Schwerpunktsetzung nötig sein. Es ist zu hinterfragen, inwieweit beispielsweise die Einstellungszuschüsse für benachteiligte Gruppen beschäftigungspolitische oder doch eher Mitnahmeeffekte befördern.
Mit dem Vollzug der Gebietsreform sollte ab 2005 auch eine Neustrukturierung der Strukturen der Arbeitsförderung des Landes einhergehen. Es geht darum, den Verwaltungsaufwand für Bewilligungen zu minimieren und das Prinzip der Förderung aus einer Hand umzusetzen. Letztlich - wir werden nicht müde, das immer wieder zu betonen - sollte das Gesamtsystem umgebaut werden, um Entscheidungskompetenzen der Vergabe zu dezentralisieren.
Abschließend will ich in meinem Beitrag namens meiner Fraktion noch einmal ausdrücklich feststellen: Wir fordern also nicht mehr Mittel, sondern deren passgenauen Einsatz. Wir fordern also nicht mehr Regulierung, sondern problemnahe Entscheidungen. Wir fordern nicht mehr Staat, sondern Reduktion seiner Aufgabe auf eine Schutz- und Ausgleichsfunktion. Es geht in unserem Politikansatz, den wir auch innerhalb dieser Haushaltsdebatte zu vertreten hatten, ganz und gar nicht um Gleichmacherei.
Wir sehen in Sachsen-Anhalt neue Gestaltungsaufgaben, weiteren Handlungsspielraum und bessere Chancen auf Umsetzung. Es geht in unserem Konzept unter den engen Rahmenbedingungen grundsätzlich um einen kooperativen Ansatz auch und gerade mit der Wirtschaft. Das ist mehr als ein Angebot.
Wir wissen um die existenziellen Probleme vieler kleiner und mittelständischer Betriebe im Land. Auch für diese hat es bislang einen ungerechten Lastenausgleich insbesondere infolge der Steuerreform gegeben. Eine Region mit wirtschaftlichem Aufstieg wird immer auch im sozialen Aufstieg stehen können und den Menschen lebenswerte Perspektiven eröffnen können. Darum geht es uns.
Unter diesem Blickwinkel muss Landespolitik verlässlicher werden. Unser Ansinnen bleibt es, ökonomische und soziale Bedingungen durch Landespolitik zu setzen, die unsere eigenen Potenziale freisetzt. Unser Ziel ist es, dass die ostdeutschen Länder ab 2020 von Sonderalimentierungen unabhängig und innerhalb eines modernisierten kooperativen und solidarischen Föderalismus in Deutschland als europäische Regionen mit Zukunft sowie ohne soziale Verwerfungen lebensfähig sind. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der 11. September hat die Bedrohung durch Terrorismus, Fanatismus und Gewalt deutlich gemacht. Über das Entsetzen hinaus stehen wir vor neuen Fragestellungen, die die Politik beantworten muss: Wie kann global agierender Terror bekämpft werden? Wie können Ursachen von Fanatismus beseitigt werden? Aber auch: Wie kann eine drohende Spirale von Gewalt, Hass und Gegengewalt durchbrochen werden?
Eine im Entstehen begriffene Koalition gegen Terrorismus steht vor der Herausforderung, über die notwendige Ergreifung und Verurteilung der Täter hinaus Weichenstellungen für eine Weltordnung zu finden, die dauerhaft globalem Terror die Grundlagen entzieht.
Sie steht damit erstens vor der Herausforderung, einem drohenden Krieg zwischen Kulturen und Religionen, zwischen den reichen Gesellschaften des Nordens und den un- und unterentwickelten Ländern des Südens zu widerstehen. Sie steht zweitens vor der Herausforderung, eine zivile und gerechte internationale Politik zur Grundlage der Lösung globaler Fragen zu machen.
Dies ist ganz sicher einfacher gesagt als getan; da mag vielleicht Herr Dr. Fikentscher Recht haben.
Gelingt es aber nicht, zivile an die Stelle militärischer Lösungen, gerechte Entwicklungslogik an die Stelle der Verteidigung von Privilegien, Gleichheit der Kulturen an die Stelle von Selbstüberhöhung zu setzen, dann wird die Gewaltspirale nicht aufgehalten werden können. Mit ziviler internationaler Politik kann der Kampf gegen den Terrorismus gewonnen werden, mit Krieg nicht.
Dies schließt Maßnahmen zur Ergreifung und Verurteilung von Tätern ein. Aber der Zielstellung der Terroristen, die Anschläge vom 11. September zum Beginn eines weltweiten Krieges der Kulturen zu machen, müssen wir widerstehen. In der Reaktion auf diesen Terrorismus muss sich zeigen, ob Logik und Zielsetzung der Terroristen gewinnen oder ob zivile Gesellschaften die Fähigkeit ziviler politischer Lösungen auch in dieser Stunde bewahren können.
Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung müssen der Logik und den Mitteln der Verbrechensbekämpfung und nicht der Logik von Krieg, von Rache und Vergeltung folgen. Darin liegt auch unsere grundsätzliche Differenz zu anderen politischen Kräften des Landes.
Internationale und nationale Sicherheitsstrukturen müssen neu gedacht werden. Der 11. September hat auch gezeigt, dass allein mit Geheimdiensten und Raketenabwehrsystemen, mit Aufklärungssatteliten und Waffensystemen keine Sicherheit gegen solche Anschläge zu erreichen ist.
Eine internationale Sicherheitsstruktur bedarf dagegen effektiver Abrüstung. Notwendig sind Schritte zur friedlichen Beilegung von Konflikten, zur atomaren und konventionellen Abrüstung, zur Ächtung von Rüstungsexporten. Gerade in diesen Tagen zeigt sich die Gefahr, die von internationalen Krisenregionen, von Konflikten mit hoch gerüsteten Konfliktparteien ausgeht, und diese Gefahr ist seit den US-amerikanisch-britischen Angriffen auf Afghanistan nicht geringer geworden. Im Gegenteil, hier drohen neue Gefahren durch die mögliche Ausweitung und Verschärfung von Konflikten.
Eine internationale Sicherheitsarchitektur braucht einen globalen sozialen und ökologischen Ausgleich. Ohne Entwicklungschancen für unterentwickelte Länder, ohne Armutsbekämpfung und ökologische Regulierung, ohne Kontrolle internationaler Finanzspekulationen reproduzieren sich Ursachen militärischer und terroristischer Gewalt, bleibt Sicherheit unfriedlich und damit letztlich Fiktion.
Internationale Sicherheit braucht verbindliche internationale Regeln, international gleiches Recht. Auf der Grundlage der Charta der Vereinten Nationen können universelle Maßstäbe einer friedlichen und sicheren Weltpolitik gesetzt werden. Vorschläge der PDS zu einer Weltkonferenz der UN über Regeln und Mechanismen im Kampf gegen Terrorismus, für eine Antiterrorkonvention, zur Austrocknung der Finanzquellen des Terrorismus liegen hierzu auf dem Tisch.
Internationale Sicherheitsarchitektur braucht nicht die Einschränkung, sondern die Verteidigung freiheitlicher und ziviler Rechte.
Sicherheitspolitik und Bürgerrechte dürfen nicht aus der Balance geraten. Die offene Gesellschaft darf den Kampf
gegen Terrorismus nicht so führen, dass sie aufhört, eine offene Gesellschaft zu sein. Ausgrenzung und Überwachung, Einschränkung von Zuwanderungs- und Asylmöglichkeiten sind der falsche Weg. Nicht von den Rechten des Einzelnen geht die Gefahr aus, sondern vom Verbrechen.
Ein Sicherheitskonzept, das Bürgerinnen und Bürger als potenzielle Täter betrachtet, das auf verdachtslosem Misstrauen beruht, lehnen wir ab.
Lassen Sie mich an dieser Stelle ein Wort von Benjamin Franklin zitieren:
„Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird beides verlieren.“
Meine Damen und Herren! Der Dresdener Parteitag der PDS vor wenigen Tagen hat eine Reihe von Vorschlägen zum internationalen Kampf gegen den Terrorismus vorgelegt. Ich kann natürlich aus Zeitgründen nicht alle hier benennen.
Um eines aber bitte ich nachdrücklich: Wer andere Meinungen ablehnt, wer auf die Haltung der PDS mit Informationsausschluss oder Spekulationen über Regierungskoalitionen reagiert, sollte diese Vorschläge wenigstens zur Kenntnis nehmen. Das Thema ist zu ernst - alle haben es hier bereits gesagt -, als dass wir Vorschläge ungeprüft lassen können. Deshalb sollte das auch wirklich für alle Seiten gelten.
Noch eine Bemerkung an dieser Stelle: Die PDS mag im Bundestag die einzige Partei sein, die die Vergeltungsschläge ablehnt und die den Nato-Bündnisfall ablehnt, gesellschaftlich isoliert ist die PDS damit aber nicht. Viele Bürgerinnen und Bürger stellen sich die gleiche Frage, verbunden mit zum Teil tief empfundener Angst: Wird diese Spirale der Gewalt aufzuhalten sein? - Wir haben zu unserer Haltung in den letzten Tagen und Wochen viel Zuspruch erfahren, viel Nachdenklichkeit, viele Ängste von Bürgern und Bürgerinnen gespürt. Diese Ängste müssen ernst genommen werden und dürfen nicht instrumentalisiert werden. Die jüngste, heute veröffentlichte Umfrage ist auch Beleg dafür.
Der Innenminister hat auf Initiative der PDS-Fraktion den Innenausschuss des Landtages am 26. September 2001 sachlich und ausführlich über die Sicht der Landesregierung auf die Gefährdungslage nach den Terroranschlägen vom 11. September, über die ergriffenen Maßnahmen wie über die vorgesehenen Maßnahmen bei sich verändernder Gefährdungseinschätzung, über die Beschlüsse der Innenministerkonferenz vom 18. September 2001 sowie über bisherige Erkenntnisse aus Fahndungsansätzen informiert. Ich will ausdrücklich dafür danken, auch für die Sachlichkeit dieser Information, die wir auch künftig erwarten.
Mit Blick auf einige Äußerungen auf Bundesebene füge ich hinzu, dass wir gerade in dieser angespannten Situation die informative Kommunikationsfähigkeit zwischen Exekutive und Legislative als unverzichtbaren Bestandteil eines parlamentarisch-demokratischen Umgangs betrachten.