Protocol of the Session on September 15, 2000

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 43. Sitzung des Landtages von SachsenAnhalt der dritten Wahlperiode. Damit begrüße ich Sie, verehrte Anwesende, auf das Herzlichste.

Ich kann die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses feststellen.

Meine Damen und Herren! Das Mitglied des Landtages Herr Jürgen Scharf hat heute Geburtstag. Im Namen des Hohen Hauses wie auch persönlich gratuliere ich Ihnen, Herr Scharf, herzlich und wünsche Ihnen alles Gute, besonders beste Gesundheit.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir setzen nunmehr die 23. Sitzungsperiode fort und beginnen die heutige Sitzung vereinbarungsgemäß mit dem Tagesordnungspunkt 1. Danach folgen die Tagesordnungspunkte 21 und 23.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung

a) Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haus- haltsgesetz 2001 - HG 2001)

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 3/3575

b) Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes 2001

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 3/3576

Beide Gesetzentwürfe werden zunächst vom Minister der Finanzen eingebracht. Für die Debatte wurde eine Redezeit von insgesamt 180 Minuten vereinbart. Zur Reihenfolge der Fraktionen und zu den einzelnen Redezeiten werde ich mich vor der Eröffnung der Debatte äußern.

Ich erteile nunmehr Herrn Minister Gerhards das Wort zur Begründung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 2001 sowie des Entwurfs des Haushaltsbegleitgesetzes 2001. Bitte sehr, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich dem Ältestenrat dafür danken, dass er kurzfristig die Haushaltsdebatte auf den heutigen Vormittag verschoben hat. Ich weiß, dass es diesbezüglich einige Turbulenzen gegeben hat. Aber so ist es mir möglich gewesen, gestern an den Beratungen der 16 Landesfinanzminister und des Bundesfinanzministers vor allen Dingen auch über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen und deren Neuordnung einschließlich des Solidarpak- tes II teilzunehmen. Darauf werde ich später noch einmal zurückkommen.

Zu unserem eigentlichen Thema, der Einbringung des Landeshaushalts für das Haushaltsjahr 2001. Dieses Jahr 2001 wird haushaltspolitisch das schwierigste seit langem sein. Es ist gekennzeichnet durch die Umsetzung und Inkraftsetzung einer seit vielen Jahren verschleppten, überfälligen großen Steuerreform.

(Herr Scharf, CDU: Durch wen denn verschleppt, Herr Minister? Können Sie sich noch an den Na- men Lafontaine erinnern?)

Hierdurch bedingt kam es zu Einnahmeausfällen für die öffentlichen Kassen.

Trotzdem bleibt es die Hauptaufgabe der Finanzpolitik des Landes, den Umstieg in neue Strukturen zukunftsgerichtet zu fördern und den Wechsel für die Betroffenen abzusichern. Dies sind seit Jahren die Schwerpunkte der Politik der Landesregierung, und dies wird mit dem Regierungsentwurf für den Haushalt des Jahres 2001 fortgesetzt.

Die fortschreitende internationale Zusammenarbeit in der Wirtschaft - Stichworte sind Globalisierung und elektronische Revolution - schafft neue Möglichkeiten für die Menschen, aber auch neue Risiken. Große Umbrüche erfordern Neuorientierungen. Die Voraussetzungen dafür sind in Sachsen-Anhalt nicht schlecht.

Die wirtschaftliche Entwicklung läuft bei uns zurzeit besser als in den vergangenen Jahren. Die Arbeitslosigkeit geht seit Mai stärker zurück als in anderen ostdeutschen Bundesländern.

(Frau Wiechmann, FDVP: Was? Das glaube ich ja wohl nicht!)

Wir haben ein großes Wachstum im verarbeitenden Gewerbe zu verzeichnen. Die Umsätze im verarbeitenden Gewerbe lagen im Jahr 1999 um über 25 % über dem Niveau des Jahres 1995. Für 2000 und 2001 sind hohe Zuwachsraten zu erwarten, teilweise im zweistelligen Bereich. Dies wird sich mit Zeitverzögerung auch in anderen Branchen niederschlagen und den Arbeitsmarkt dauerhaft entlasten.

Das Land fördert dies mit den Schwerpunkten des Regierungsentwurfes für das Haushaltsjahr 2001. Die Wirtschaftsförderung bleibt auf hohem Niveau, wird teilweise ausgebaut. Die Zukunftsetats für Forschung und Wissenschaft, für die Wirtschaft und für Städtebau, Wohnungswesen und Verkehr erhalten trotz des insgesamt gesunkenen Haushaltsvolumens noch Zuwächse gegenüber dem Jahr 2000.

Andererseits bleiben die - investiven - Leistungen für die soziale Infrastruktur, wie Schulneubau, Krankenhausneubau, Bau von Alten- und Pflegeheimen und von Studentenwohnheimen, auf hohem Niveau, werden nicht abgesenkt, sondern teilweise noch ausgeweitet. Auch die Leistungen für die Kinderbetreuung werden nicht reduziert.

Zugleich hat die Konsolidierung der Landesfinanzen weiterhin hohe Priorität. Trotz der durch die Steuer-reform bedingten Einnahmeausfälle wird die Neuverschuldung weiter abgesenkt werden.

Zu den Einnahmen. Haupteinnahmequelle bleiben die Steuern. Aber noch immer liegen sie unter 50 % des gesamten Haushaltsvolumens. Das macht die Strukturschwäche aller ostdeutschen Landeshaushalte nach wie vor sehr deutlich.

In unserem Entwurf ist die Steuerreform voll veranschlagt, nämlich mit einem Minus von insgesamt 620 bis 630 Millionen DM, inklusive Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen. Andere Länder haben dies bisher nicht geschafft. Lediglich Sachsen hat genau wie wir am gleichen Tage einen Regierungsentwurf verabschiedet und gestern eingebracht, der sowohl die Steuerreform komplett berücksichtigt, als auch noch zu einer Absenkung der Nettoneuverschuldung kommt.

Wir werden auf die Solidarität der westdeutschen Bundesländer, des Bundes und der Europäischen Union an

gewiesen bleiben. Dies macht Einnahmen in Höhe von insgesamt 8,6 Milliarden DM aus.

Die wachstumsbedingten Steuermehreinnahmen kompensieren die Ausfälle durch die Steuerreform nur teilweise. Netto werden wir immer noch rund 300 Millio- nen DM verlieren.

Dennoch werden wir die Neuverschuldung senken. Die Kreditaufnahme für neue Schulden geht kontinuierlich zurück. Sie wird den niedrigsten Stand seit Gründung des Landes erreichen.

Weitere Absenkungen können im Laufe des parlamentarischen Verfahrens dann möglich sein, wenn nach der Steuerschätzung, die im November vorliegen wird, Steuermehreinnahmen zu erwarten sind. Ich bin diesbezüglich nicht besonders optimistisch, aber ausschließen will ich es auch nicht. Wir sollten die Priorität darauf legen, dass etwaige Mehreinnahmen zu einer weiteren Reduzierung der Neuverschuldung verwendet werden.

Ich will auf diesen Punkt deshalb noch einmal eingehen, weil hieran deutlich wird, wie man sich selber kaputtreden kann. Darin sind Sie, Herr Bergner und Herr Scharf, wirklich Weltmeister.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Ich sage es noch einmal: Wir sind neben Sachsen die Einzigen, die es schaffen, trotz der Einnahmeausfälle die Neuverschuldung gegenüber dem Vorjahr zurückzunehmen, nämlich um 150 Millionen DM.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von der Regie- rungsbank)

Ihre Botschaften lauten dann: Das ist aber nicht so viel, wie ihr vorher gewollt habt, nämlich 300 Millionen DM im Jahr.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Es sind nicht einmal 150 Millionen DM!)

Natürlich ist das nicht so viel. Aber es ist mehr als das, was alle anderen schaffen. Das könnte man auch einmal positiv herausstellen. Aber Sie schaffen es immer wieder, aus jeder Botschaft etwas Negatives herauszu- lesen, und machen unseren Standort kaputt.

(Zustimmung bei der SPD und von Ministerpräsi- dent Herrn Dr. Höppner - Frau Wiechmann, FDVP: Sie reden alles schön!)

Wir werden im Übrigen die Verwaltungseinnahmen und die sonstigen Zuweisungen auf dem Niveau des Jah- res 2000 halten können. Ich komme dazu später noch einmal. Jetzt will ich auf einen Punkt eingehen, der mir besonders wichtig ist.

Wir können für die mittelfristige Finanzplanung davon ausgehen, dass die Transfers aus dem Länderfinanzausgleich, aus den Bundesergänzungszuweisungen und aus dem Solidarpakt, jedenfalls in den Jahren 2006, 2007 und längerfristig auch danach, vom heutigen Status quo ausgehen werden.

Ich habe noch im vergangenen Jahr in der Haushaltsdebatte damit gerechnet und habe auch immer wieder deutlich gemacht, wir müssten damit rechnen, dass die Leistungen des Solidarpaktes nach 2005 deutlich niedriger liegen, vielleicht nur die Hälfte des gegenwärtigen Standes erreichen würden. Wir können jetzt zumindest vorsichtig optimistisch sein und davon ausgehen, dass wir im Prinzip den Status quo in der nächsten Dekade werden halten können. Das ist das Ergebnis der

Besprechung der Länderfinanzminister der A-Seite am 31. August 2000 in Düsseldorf.

Die Signale, die wir gestern von den anderen Nehmerländern, aber auch von den süddeutschen Geberländern - und von Nordrhein-Westfalen ohnehin - bekommen haben, zeigen, dass es uns gelingen könnte, noch im Laufe dieses Jahres Modelle zu entwickeln, die den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichtes gerecht werden und uns keine nennenswerten Einbrüche bei den Einnahmen bescheren werden. Wir können deshalb davon ausgehen, dass wir im Rahmen eines gewissen Korridors auch in den Jahren nach 2004 das derzeitige Volumen beim Länderfinanzausgleich und beim Solidarpakt II unverändert erhalten können. Das ist eine Botschaft, die in ihrer Wichtigkeit nicht unterschätzt werden sollte.

Die Tatsache, dass uns das gelingt, beruht vor allen Dingen auf einer offensiven Finanzpolitik dieses Landes und der anderen ostdeutschen Länder. In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass Sachsen und Sachsen-Anhalt in Führerschaft für die ostdeutschen Länder einen Prozess organisiert haben, der dazu geführt hat, dass im Frühjahr dieses Jahres die fünf führenden deutschen Wirtschaftsinstitute Gutachten vorgelegt haben, mit denen wir belegen konnten, dass eine Infrastrukturlücke in den ostdeutschen Ländern in Höhe von rund 500 Milliarden DM in den nächsten zehn bis 15 Jahren wird finanziert werden müssen.

Dieses Ergebnis war so beeindruckend, dass auch die westdeutschen Geberländer diesen Bedarf nicht ernsthaft infrage stellen und davon ausgehen, dass wir das alles werden finanziert bekommen müssen. Ich hebe das hervor, weil es zeigt, dass man mit guter Politik Erfolge erzielen kann.

(Zustimmung bei der SPD und von der Regie- rungsbank)

Dazu habe ich übrigens von Ihnen nichts gehört.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Da haben Sie aber nicht genau zugehört! Da haben Sie wirklich nicht ge- nau zugehört! - Zuruf von Herrn Scharf, CDU)

- Ihnen fällt doch nichts dazu ein. Herr Bergner, ich bin schon froh, wenn Sie keine negativen Botschaften absondern. Ich verlange gar nicht, dass Sie etwas Positives sagen. Aber es wäre einmal schön, im Interesse des Landes nicht immer nur Negatives zu sagen.