Protocol of the Session on February 10, 2000

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 34. Sitzung des Landtages von SachsenAnhalt der dritten Wahlperiode. Dazu möchte ich Sie, verehrte Anwesende, auf das herzlichste begrüßen.

Ich stelle die Beschlußfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Meine Damen und Herren! Mit Schreiben vom 28. Januar dieses Jahres haben die Mitglieder des Landtages Herr Dieter Kannegießer, Frau Veronika Brandt, Herr Jörg Büchner und Herr Gunther Preiß mit sofortiger Wirkung ihren Austritt aus der Fraktion der DVU des Landtages von Sachsen-Anhalt erklärt.

(Oh! bei der SPD)

Die genannten vier Mitglieder des Landtages haben somit den Status von fraktionslosen Mitgliedern des Landtages.

Mit Schreiben vom 8. Februar 2000 hat die Fraktion der DVU mitgeteilt, sie habe das fraktionslose Mitglied des Landtages Herrn Rudi Czaja als Gast in die Fraktion aufgenommen.

Dies wirkt sich natürlich wiederum auf die Sitzordnung des Plenums aus. Die fraktionslosen Mitglieder des Landtages wurden hinter der DVU-Fraktion plaziert.

Des weiteren wirkt sich die Verringerung der Stärke der DVU-Fraktion erneut auf die Redezeiten aus. Im Ältestenrat wurde die geänderte Redezeittabelle bestätigt. Sie liegt Ihnen in der Drs. 3/2686 vor.

Meine Damen und Herren! Ich komme zur Entschuldigung von Mitgliedern der Landesregierung.

Frau Ministerin Häußler hatte sich ursprünglich für die heutige Sitzung des Landtages entschuldigt wegen ihrer Kandidatur für das Amt der Oberbürgermeisterin der Stadt Halle. Sie hat dafür vom 24. Januar bis 14. Februar 2000 einen Teil ihres Jahresurlaubs genommen. Auf Wunsch der CDU-Fraktion nimmt Frau Ministerin Häußler heute trotzdem an der Aktuellen Debatte und an der Fragestunde teil. Sie wird dann anschließend ihren Urlaub fortsetzen können.

Herr Minister Gerhards entschuldigt sich ebenfalls. Er nimmt an der Sitzung des Finanzausschusses des Bundesrates und an der Finanzministerkonferenz in Bonn teil.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Tagesordnung. Die Tagesordnung für die 18. Sitzungsperiode des Landtages liegt Ihnen vor.

Am 8. Februar 2000 wurde durch die Fraktion der CDU fristgemäß ein Antrag für die Aktuelle Debatte eingereicht. Er betrifft das Thema „Neubau der Martin-LutherUniversität an Halles ‘Spitze’ - Wahlkampfwindei oder seriöse Planung?“ Der Antrag der Fraktion der CDU liegt Ihnen in der Drs. 3/2687 vor. Ich schlage vor, die Aktuelle Debatte als Tagesordnungspunkt 22 in die Tagesordnung aufzunehmen, jedoch - wie üblich - als ersten Tagesordnungspunkt zu behandeln.

Gibt es weitere Bemerkungen zur Tagesordnung? - Frau Abgeordnete Wiechmann, bitte. Sie können auch von hier vorn Ihren Beitrag leisten.

Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Schreiben vom 9. Februar 2000 hat unsere Fraktion einen zusätzlichen Antrag auf Durchführung einer Aktuellen Debatte mit dem Thema „Arbeitslosigkeit in Sachsen-Anhalt - Bleibt SachsenAnhalt ein Land ohne Zukunft?“ beim Landtagspräsidenten beantragt. Der Präsident des Landtages hat die Bitte unserer Fraktion, heute zusätzlich über dieses Thema aktuell zu debattieren, wegen Verfristung abgelehnt.

Der Antrag auf Durchführung dieser Aktuellen Debatte, meine sehr verehrten Damen und Herren, rechtfertigt sich unseres Erachtens aus den erst gestern bekannt gewordenen aktuellen Arbeitsmarktzahlen für das Land Sachsen-Anhalt. Wir konnten die Aktuelle Debatte also denklogisch nur verfristet beantragen. Aber unserer Ansicht nach besteht dringender Bedarf für diese Aktuelle Debatte. Wir halten sie für geboten, um den arbeitslosen Menschen ein Zeichen zu setzen, daß endlich der Landtag reagiert und der Landesregierung mit aller Deutlichkeit in der Aktuellen Debatte klarmacht, daß die Politik endlich Zeichen setzen muß, diesen unhaltbaren Zustand der höchsten Arbeitslosigkeit, nämlich 21,8 %, in Sachsen-Anhalt nicht mehr hinzunehmen.

Die Menschen in Sachsen-Anhalt fragen sich zu Recht, meine Damen und Herren: Was muß eigentlich noch geschehen? Muß die Arbeitslosenquote erst auf 25 oder 30 % ansteigen, wohlgemerkt die offizielle, ehe politisch gehandelt wird?

Ich bitte deshalb an dieser Stelle alle Fraktionen dieses Landtages, auf der Grundlage des § 92 der Geschäftsordnung des Landtages unserem Antrag zu entsprechen, diese Aktuelle Debatte zusätzlich auf die Tagesordnung zu nehmen.

Unsere Fraktion wäre bereit, dieses aktuelle Thema auch im Verlauf der Sitzung, also beispielsweise nach der Mittagspause, zu debattieren, damit allen Fraktionen ausreichend Gelegenheit für eine Vorbereitung gegeben werden kann.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie aufgrund der Dringlichkeit, die sicherlich besteht - Sie alle kennen den aktuellen Zustand, was den Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt betrifft -, unserem Antrag zuzustimmen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der DVU)

Meine Damen und Herren! Der § 92 unserer Geschäftsordnung wurde bereits genannt. Der Landtag kann im Einzelfall von Vorschriften dieser Geschäftsordnung abweichen, wenn nicht acht anwesende Mitglieder des Landtages widersprechen.

Sie haben den Antrag der Fraktion der DVU gehört. Gibt es dazu Meinungsäußerungen? - Herr Bullerjahn.

Die Fraktion der SPD widerspricht diesem Ansinnen.

Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Aktuelle Debatte

Neubau der Martin-Luther-Universität an Halles „Spitze“ - Wahlkampfwindei oder seriöse Planung?

Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 3/2687

In der Aktuellen Debatte beträgt die Redezeit je Fraktion fünf Minuten. Die Landesregierung hat eine Redezeit von zehn Minuten. Für die Debatte wird folgende Reihenfolge vorgeschlagen: CDU, SPD, PDS, DVU. Zunächst hat der Antragsteller, die CDU-Fraktion, das Wort. Bitte, Herr Dr. Bergner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich ist es zu begrüßen, daß nach konzeptionslosen Haushaltskürzungen im Hochschulhaushalt, von denen die MartinLuther-Universität in Halle in besonderer Weise betroffen ist und die das Kabinett auch unter Mitwirkung von Frau Häußler beschlossen hat, das Thema „Zukunft der Hochschulen in Halle“, der Universitätsstadt, auch im OB-Wahlkampf eine Rolle spielt. Insofern ist der Auftritt unserer Umweltministerin auf der Pressekonferenz nicht zu verurteilen.

Allerdings - dieses Recht nehmen wir uns - muß eine solche Diskussion vor dem Hintergrund der schwierigen Hochschulstrukturentscheidungen, die sich demnächst abzeichnen, seriös geführt werden können.

(Beifall bei der CDU)

Daraus ergibt sich bereits die erste Frage: Hat die Frau Ministerin Häußler bei diesem Vorstoß - immerhin kostet dieses Vorhaben reichlich 100 Millionen DM - den Rückhalt des Kabinetts? Wenn ja, warum taucht dieses Projekt in dem gerade erst in der letzten Woche vorgelegten Entwurf des 30. Rahmenplanes nicht auf? Hat sie nicht den Rückhalt des Kabinetts, so wäre die Frage zu stellen, warum sie mit einem solchen Vorstoß falsche oder irreführende Erwartungen weckt.

(Beifall bei der CDU)

Zur Erläuterung: Halle hat an der Spitze eine ärgerliche Baulücke, die volkstümlich das „Köllmann-Loch“ genannt wird.

Ich habe nicht die Zeit, die komplexe Vorgeschichte und die verwickelten Vertragsverhältnisse in diesem Zusammenhang zu erläutern. Richtig ist: Städtebaulich ist die Schließung dieser Baulücke ein wichtiges Ziel. Ich frage mich: Warum hat die OB-Kandidatin, wenn auch sie dies als wichtiges Ziel erkannt hat, seinerzeit die wiederkehrenden Vorschläge der CDU zum Neubau des Polizeipräsidiums an der Spitze nicht unterstützt?

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der DVU und von den fraktionslosen Abgeordneten)

Die Stadtverwaltung, die nun Optionen sucht, ist auch an die Universität mit der Bitte herangetreten, zu prüfen, ob sich Nutzungsoptionen durch die Zusammenlegung verstreuter Liegenschaften ergeben. Eine Antwort, die wiederum die Stadtverwaltung prüfen könnte, liegt noch nicht vor.

Landespolitisch bleibt festzuhalten: Ein solcher Vorstoß stünde im Widerspruch zur bisherigen Planung, zu erfolgten Grundstückskäufen und zu Baumaßnahmen, die alle davon ausgehen, daß die Geisteswissenschaften in

die Gebäude nachziehen, die frei werden, wenn die darin beheimateten mathematisch-naturwissenschaftlichen Fachbereiche auf das Garnisonsgelände ziehen.

Dies, meine Damen und Herren, war bisher die Position des Landes gegenüber dem Wissenschaftsrat und dem Bund; denn immerhin reden wir über ein Bund-Länderfinanziertes Projekt, und es war die Prämisse für die von der Landesregierung in Auftrag gegebenen Untersuchungen der HIS.

Ich frage: Ist mit der Pressekonferenz von Frau Häußler dies alles zur Makulatur erklärt worden?

Ich will das Problem der Nachnutzung von Gebäuden wie des Robertinums oder des Physikalischen Instituts jetzt in diesem Kreis gar nicht behandeln, aber die zentrale Frage scheint mir zu sein, wie der Bau eines solchen Zentrums überhaupt finanziert werden sollte. Über 110 Millionen DM sollen erforderlich sein. Es wird in Regierungskreisen das Zauberwort „EFRE“ geflüstert. Aber einen Fonds, der Fördermittel für wirtschaftsnahe Zwecke bereitstellt, ausgerechnet für ein geisteswissenschaftliches Vorhaben einzusetzen und darauf eine solche Prognose zu begründen, scheint mir einigermaßen gewagt.

Woher soll das Geld dann kommen? Aus den rund 40 Millionen DM, die der Universität Halle für den Hochschulbau pro Jahr zur Verfügung stehen? Das hätte allerdings weitreichende Konsequenzen für alle anderen Hochschulbaumaßnahmen in Halle. Ich behaupte, daß dann weder die Verlegung der Ingenieurwissenschaften von Merseburg nach Halle noch der zweite Bauabschnitt für die Biologie noch die Modernisierung der Landwirtschaftlichen Fakultät - Stichwort Funktionalbau - in der bisher geplanten Weise möglich wäre. Oder sollen die erforderlichen Mittel dadurch gewonnen werden, daß an anderen Hochschulen geplante Baumaßnahmen gestrichen werden?

Meine Damen und Herren! Ich stelle diese Frage deshalb, weil die Sorglosigkeit, mit der Frau Häußler im Hinblick auf die finanziellen Daten auftritt, in krassem Gegensatz zu der Übersicht steht, die man von einem Ressortchef der Landesregierung oder von dem Stadtoberhaupt der größten Stadt unseres Landes erwarten könnte.

Kommen Sie bitte zum Ende.

Ich stelle diese Frage auch deshalb - damit komme ich zum Ende -, weil ich nicht möchte, daß das schwierige Thema Hochschulplanung zum Gegenstand eines politischen Roulettes wird.

Frau Minister Häußler, es gilt der Satz: Schuster, bleib bei deinem Leisten! Sie hätten sich besser profilieren können, wenn Sie in Lochau Planungssicherheit gegeben hätten und wenn Sie das Raumordnungsverfahren zum Saaleausbau mit der erforderlichen Konsequenz vorangetrieben hätten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der DVU - Zustim- mung von Herrn Büchner, fraktionslos)

Für die Landesregierung erteile ich Minister Herrn Dr. Harms das Wort. Bitte, Herr Minister.