Erwin Rüddel
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Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Regierungserklärung gegen Ende der Legislaturperiode regt selbstverständlich dazu an, ein Resümee zu ziehen. Was würde diesem Land fehlen, wenn diese Erklärung nicht gegeben worden wäre? Ich habe nicht viel Neues vernommen, keine eigenständige Handschrift rheinland-pfälzischer Pflegepolitik erkannt. Wir haben eine gute Problembeschreibung erhalten. Unter Politik verstehe ich aber das Aufzeigen von Lösungsansätzen.
Hier wurde viel geredet, aber wenig gesagt. Frau Ministerin, ich will Ihnen die guten Absichten nicht absprechen. Sie haben sich hohe Ziele gesetzt und Erwartungen geweckt. Jeder, der jetzt mit dem großen Wurf gerechnet hat, sieht sich enttäuscht. Sollte man diese Regierungserklärung bewerten, angelehnt an ein Arbeitszeugnis, so würde dort sicherlich folgender Text zu finden sein: Sie machte sich mit großem Eifer an die ihr übertragenen Aufgaben. Sie war bemüht und zeigte Verständnis für ihre Arbeit.
Fakt ist, demografischer und sozialer Wandel fordert gerade in der Pflege seinen Tribut. Immer weniger Menschen müssen die Pflege von immer mehr Menschen sicherstellen. Es fehlt ausreichend Geld im System, um Pflege für die Menschen bezahlbar zu machen. Dieses Geld darf nicht durch die Zusammenlegung von privater und gesetzlicher Pflegeversicherung beschafft werden. Wir brauchen kapitalgedeckte Systeme und dürfen kein gesundes System durch ein krankes System ruinieren.
Dank der vielen verantwortungsbewussten Einrichtungsträger und vieler ihrer engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben wir in Rheinland-Pfalz eine Pflegequalität von hoher Güte. Diese gute Pflege ist ihr Geld wert.
Aber immer mehr Menschen können und wollen diese Standards nicht mehr bezahlen. Wir müssen uns die Frage stellen, ob die von uns allen geforderten hohen und somit teuren Standards nicht die illegale Beschäftigung fördern. Heute pflegen in Deutschland, wenn man tatsächlich von pflegen sprechen kann, über 100.000 illegal Beschäftigte aus Osteuropa unsere Pflegebedürftigen in privaten Haushalten. Das geschieht preiswert, ohne Kontrolle durch die Heimaufsicht und ohne Aufsicht durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen.
Alle fordern die hohen Qualitätsstandards in der Pflege, aber immer mehr rufen sie nicht ab, weil für sie die professionelle Pflege unbezahlbar geworden ist. Hier müssen wir den Familien schlüssige Konzepte anbieten. Pflege muss im häuslichen wie im institutionellen Bereich unter menschenwürdigen Umständen erfolgen.
Heute haben viele Pflegeheime und mobile Dienste mit einem Rückgang der Nachfrage zu kämpfen. Der wirtschaftliche Schaden für die professionellen Pflegedienste, die in unserem Land auf höchstem Niveau arbeiten, ist enorm. Vielen sozialversicherungspflichtig beschäftigten Pflegekräften droht dadurch der Verlust des Arbeitsplatzes.
Frau Ministerin, die Anregung von Ihnen, im Gegenzug niederschwellige Leistungen zu angemessenen Preisen anzubieten, ist zwar gut gemeint, aber nicht realisierbar. Wenn wir dieser organisierten Schwarzarbeit nicht entschieden entgegentreten, wird mittelfristig die flächendeckende pflegerische Grundversorgung in Gefahr sein.
Was nützt die schönste Einrichtung, die einfühlsamste Pflege, wenn sie niemand will, weil sie zu teuer ist?
Der Grundsatz „ambulant vor stationär“, den wir auch befürworten, wird die stationären Einrichtungen vor zusätzliche Probleme stellen. Der zukünftig dort lebende Personenkreis wird noch stärker durch Multimorbidität und umfassende Pflegebedürftigkeit gestellt sein.
Die regelmäßig geforderte Vernetzung von Aufgaben wird durch die aktuelle Pflegegesetzgebung, die eine strikte Trennung der Systeme vorsieht, enorm erschwert. Dieser aktuelle Problemdruck manifestiert sich unter
anderem zusätzlich in Konflikten um die Einstufungssystematik und die Einstufungspraxis.
Es wird für die Träger eine immer größere Herausforderung, dem Ruf nach besserer Überschaubarkeit des Wohnumfeldes, Integration in die Gemeinschaft, Wohnlichkeit und Sicherheit der Individualität gerecht zu werden. Wir brauchen dringend weniger Bürokratie in der Pflege. Der Mensch muss wieder im Mittelpunkt stehen und nicht die gut geführte Akte über ihn. Hier gibt es Ansätze, aber bisher war das noch nicht der große Wurf.
Wir brauchen Qualitätsmanagementsysteme, die auf Ergebnisqualität unter Einbezug des individuellen Pflegeprozesses und der Lebensqualität abzielen. Heute stehen leider immer noch die Akten füllenden Organisations- und Strukturelemente beim pflegerischen Handeln im Vordergrund.
Auch in Ihrer Regierungserklärung wurden uns weniger Ergebnisse präsentiert, sondern nur viele Problembeschreibungen. Unter diesen bekanten Rahmenbedingungen ist es schwer, jungen Menschen den Pflegeberuf als Arbeitsmarkt der Zukunft zu vermitteln. Verwaltungsdruck, ständig steigende formale Anforderungen, kurze Verweildauern des immer älteren und multimorbiden Kundenklientels bei stagnierender personeller Ausstattung führt zu psychischen und physischen Belastungen, der das Pflegepersonal oft nicht länger als fünf Jahre gewachsen ist.
Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, die sozial engagierten und einfühlsamen Menschen den Mut gibt, ihre berufliche Zukunft in der Pflege zu sehen. Die Ausbildung der Pflegerinnen und Pfleger muss fachlich gut sein. Sie muss aber auch kommunikative Kompetenzen vermitteln. Das umfassende Aufgabenfeld verlangt mittlerweile nach einer generalistischen Ausbildung über alle Pflegeberufe, die aus einer gemeinsamen Grundausbildung bestehen kann und einer anschließenden Spezialisierung für den Alten-, Kranken- oder Kinderkrankenpflegebereich.
Lassen Sie mich abschließend einige Wort zu den viel zitierten innovativen Modellen sagen. Grundsätzlich halte ich viele dieser diskutierten Ideen für ein großes Ablenkungsmanöver und eine teure Spielwiese für Politik und Bauträger. Die Diskussion über alternative Wohnideen für Senioren kann interessant sein. Sie ist aber nicht zielorientiert für Lösungen der Sorgen und Nöte der Menschen in der Pflege.
Frau Ministerin, geben Sie dieses Geld besser für die Optimierung gewachsener Strukturen aus. Es gibt so viele Baustellen in den traditionellen Strukturen, die ihre ganze Aufmerksamkeit, Kraft und Zielstrebigkeit brauchen. Halten Sie sich bei all diesen teuren Experimenten zurück. Konzentrieren Sie sich auf die wichtigen Aufgaben, die wir für die Menschen in der Pflege lösen müssen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dem Landesgesetz zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der pflegerischen Angebotsstruktur liegt ein Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und FDP zugrunde.
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat in drei Entscheidungen grundsätzlich allen ambulanten Pflegediensten mit Versorgungsvertrag einen Anspruch auf Investitionskostenförderung zuerkannt. Hieraus ergab sich aufgrund enger finanzieller Rahmenbedingungen die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung.
Ziel des neuen Gesetzes ist die Gleichbehandlung aller ambulanten Pflegedienste. Die bisher im Rahmen der Investitionskostenförderung im ambulanten Bereich seitens der Kommunen und des Landes eingesetzten Mittel sollen künftig insbesondere für eine Förderung niederschwelliger komplementärer Angebote im Vor- und Umfeld der Pflege zur Verfügung gestellt werden. Hierbei setzt das Gesetz auch auf den Auf- und Ausbau bürgerschaftlichen Engagements.
Darüber hinaus sollen die Landesmittel auch in den Ausbau der Beratungs- und Koordinierungsstellen mit einem Aufgabenschwerpunkt der Gewinnung und Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements investiert werden.
Der Sozialpolitische Ausschuss hat eine Anhörung durchgeführt und mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der CDU die Annahme des Gesetzes empfohlen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei allem grundsätzlichen Wohlwollen, das seitens der angehörten Verbände und Kommunen dem Gesetzentwurf entgegengebracht wurde, ergab sich doch eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen, die wir durch unsere Änderungsanträge aufgegriffen haben.
Nur wenn diese Verbesserungen im Gesetzentwurf berücksichtig werden, sehen wir es als vertretbar an, dem Gesetz unsere Zustimmung zu geben.
Unsere grundsätzliche Skepsis an der positiven Entfaltungskraft des Gesetzes wurde in vielen Gesprächen vor Ort und uns zugeleiteten Briefen von ambulanten Diensten und frei gemeinnützigen Sozialstationen bestärkt.
Insbesondere wird an der Basis angezweifelt, dass der in dem Gesetzentwurf vorgesehene Einsatz der Mittel so praktikabel ist, gerade auch durch Anbindung der Förderung an Projekte komplementärer Hilfen, die ehrenamtliche Helfer in pflegebegleitende Dienste einbinden.
Sorge macht sich breit, inwieweit tatsächlich ein dauerhafter Bestand mobiler Dienste gesichert und damit eine flächendeckende Angebotsstruktur aufrecht erhalten werden kann. Das Gesetz wird an der Wirklichkeit zu messen sein.
Wichtig ist die zuverlässige flächendeckende Versorgung Hilfebedürftiger mit Hilfs- und Pflegediensten im Land Rechtssicherheit, Wettbewerbskonformität und Nachhaltigkeit sind zu sichern.
Der Gesetzentwurf betritt Neuland. Angesichts der teilweise unterschiedlichen Erwartungen und Beurteilungen haben wir einen Entschließungsantrag eingebracht, der bereits heute klarmacht, dass das Gesetz Ende 2006 auf seine Wirksamkeit hin überprüft wird.
Bei der Ausgestaltung dieses neuen Gesetzes muss das Übermaß sozialplanerischer Reglementierung korrigiert werden. Wir müssen Sorge tragen, dass mehr Flexibilität in den örtlichen Belangen auftritt.
Wir brauchen – das hat die Anhörung gezeigt – mehr Mitwirkungsrechte der kommunalen Körperschaften. Das kann auch der wirtschaftlichen Mittelverwendung dienen.
Wir sind der Meinung, dass die Festschreibung der Trägerschaft der Beratungs- und Koordinierungsstellen im Gesetzentwurf aufgehoben werden muss. Hierüber soll vor Ort frei entschieden werden können.
Dabei sollen kommunale Stellen bei eigenen Interesse nicht ausgegrenzt oder benachteiligt werden. Deshalb sollen statt der im Entwurf ausschließlich vorgesehenen ambulanten Dienste ausdrücklich private, kommunale und frei gemeinnützige Träger gleichberechtigt infrage kommen.
Wir halten es nicht für erforderlich, die Zahl der Betreuungsbereiche der BeKo-Stellen ohne Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten zu reglementieren. Der vorgegebene Einwohnerzahlmesswert von 30.000 für den Zuschnitt der Betreuungsbereiche sollte deshalb aufgegeben werden.
Auch sollen kreis- und stadtübergreifende Lösungen ermöglicht werden. Zudem ist es nicht akzeptabel, dass sich die Landesregierung das Recht vorbehält, die Zahl der BeKo-Stellen in den Landkreisen und kreisfreien Städten festzulegen.
Darüber hinaus soll die kommunale Seite nicht nur beratendes, sondern volles Stimmrecht in den regionalen Pflegekonferenzen erhalten. Das entspricht auch ihrer Pflegeverantwortung.
Das Gesetz bietet zudem auch der Ermächtigung zu einer Durchführungsverordnung breite Interpretationsmöglichkeiten. Wir sollen heute der Regierung hierzu einen Freibrief ausstellen. Das ist kein seriöser Umgang mit dem Parlament.
Wir erwarten, dass in der Durchführungsverordnung ein besonderes Augenmerk auf folgende Punkte gerichtet wird:
Die Tätigkeit der BeKo-Stellen muss auf Transparenz aufgebaut sein. Die Handhabung der Förderung niederschwelliger Angebote muss flexibel gestaltet sein. Alle Dienste müssen grundsätzlich Zugang dazu haben.
Der gesamte Pflegemarkt ist in Bewegung. Wir bewegen uns in einer schwierigen Gemengelage.
Auf der einen Seite demografischer Wandel, steigende Pflegebedürftigkeit, Zunahme der Demenzerkrankungen und auf der anderen Seite hohe Arbeitslosigkeit, Osterweiterung der EU, Kosten- und Konkurrenzdruck und „Geiz ist geil“-Mentalität.
Wenn wir das Gesetz Ende 2006 auf den Prüfstand stellen und die Wirkung analysieren, können wir auf die Veränderungen flexibel reagieren, auch unter Berücksichtigung eventuell anstehender Änderungen beim Pflegeversicherungsgesetz.
Durch diese zeitliche Limitierung wissen wir dann, ob wir auf dem richtigen Weg sind, wie die Mittel abgerufen werden und wo man Korrekturen vornehmen muss.
Wir müssen grundsätzlich neue Strukturen schaffen und die professionellen Pflegedienste in die Lage versetzen, kostengünstigere Angebote für die Betreuung zu unterbreiten.
Ich bitte Sie um Zustimmung zu unseren Anträgen, damit wir die Möglichkeit haben, dem Gesetz zustimmen
zu können; denn nur dann bewegen wir uns auf einem vertretbaren Weg.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese höchstrichterliche Entscheidung hat zu einer merkwürdigen Verunsicherung im Ministerium geführt. Anscheinend hat die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, gewerbliche, frei gemeinnützige und öffentliche Träger gleichberechtigt zu behandeln, das Ministerium kalt erwischt.
Im Ausschuss wird eine Anhörung zu dem neuen Gesetz beschlossen, ohne dass der Gesetzentwurf förmlich ins parlamentarische Verfahren eingebracht ist. Es verzögert sich die Einbringung des Gesetzentwurfs aufgrund von Abstimmungsproblemen innerhalb der Koalition. Das Ministerium verhandelt bereits seit Monaten in einer Arbeitsgruppe mit Vertretern der Liga und privaten Anbietern über die Ausgestaltung des Gesetzes, und dann bringt nicht die Regierung, sondern die regierungstragenden Fraktionen bringen das Gesetz ein, obwohl sie gar nicht an den Verhandlungen beteiligt waren. Das ist alles sehr merkwürdig.
Jetzt wird ein Gesetzentwurf vorgelegt, der über weit reichende Verordnungsermächtigungen die ordentliche parlamentarische Begleitung des Gesetzes fast ausschließt, ein Unwesen, als ob die Regierung die Mitgestaltungskraft des Parlaments fürchtet.
Fakt ist, dass mit diesem Gesetz eine Lösung gefunden werden muss, alle oder keinen Träger von Pflegediensten zu fördern. Das Gericht sah die bisherige Förderkulisse als monopolisierend an. Dabei hätte das Ministerium bereits vor drei Jahren vorgewarnt sein müssen. 2002 hat das Bundessozialgericht bereits entschieden, dass eine einseitige Art der Förderung nicht zulässig ist. Trotz weiterer Klagen ist die Förderpraxis dennoch in Rheinland-Pfalz nicht geändert worden. Das vorliegende Gesetz muss jetzt so ausgestaltet sein, dass es für keinen der über 370 ambulanten Pflegedienste diskriminierend wirkt.
Interessiert sehen wir jetzt gerade dem Aspekt der Förderung komplementärer Angebote entgegen. Wir begrüßen grundsätzlich, dass weitere niederschwellige Angebote sichergestellt werden und bürgerschaftliches Engagement in der Pflege stärker Einzug hält. Das Gesetz macht sich aber gerade auch an dieser Stelle angreifbar, da es schwer vorstellbar ist, dass gewerbliche Anbieter in der Lage sein könnten, diese Förderprogramme abzurufen. So wie man einerseits die Verlagerung von Aufgaben auf die regionale Pflegekonferenz begrüßen kann, so ist auch sicherlich dem Aspekt Rechnung zu tragen, dass sich das Land dadurch unangenehmer Pflichten und Aufgaben entledigt.
Wir werden gespannt auf die Ausführungen und Bewertungen der Trägervertreter und Kommunen im Anhörverfahren achten. Wir wollen eine Lösung, die Rechtssicherheit, gleichberechtigte Strukturen und Transparenz schafft. Das Gericht hat gerade dem Aspekt der Gleichberechtigung einen höheren Stellenwert eingeräumt als dem Aspekt der Versorgungssicherheit.
Die aktuelle Marktstruktur mit fast 400 ambulanten Pflegediensten in Rheinland-Pfalz und einem heftig umkämpften Markt lässt Verständnis für die richterliche Entscheidung aufkommen. Derzeit realisieren die Pflegedienste zu ihrer eigenen Existenzsicherung jeden Auftrag und sind flächendeckend tätig.
Ein viel größeres Problem, als mit diesem Gesetz gelöst werden soll, ist die Bedrohung qualitativ hochwertiger Pflegestrukturen durch die grassierende Schwarzarbeit in der häuslichen Pflege. Es gehört heute fast schon zum guten Ton, eine meist polnische Hilfskraft – meist
„schwarz“ – für pflegerische Aufgaben 24 Stunden am Tag im Haushalt zu beschäftigen.
Der wirtschaftliche Schaden für die professionellen Pflegedienste, die in unserem Land auf höchstem Niveau arbeiten, ist enorm. Vielen ordentlich beschäftigten Pflegekräften droht dadurch der Verlust des Arbeitsplatzes. Auch steht diese Entwicklung nicht im Einklang mit unserer gemeinsamen Forderung nach hohen Qualitätsstandards in der Pflege.
Wir müssen uns langsam die Frage stellen, ob die von uns allen geforderten hohen Standards, die alle nicht preiswert sein können, nicht die illegale Beschäftigung fördern. Die „Geiz-ist-geil-Mentalität“ hat auch die Pflege erreicht. Die Anregungen der Ministerin, im Gegenzug niederschwellige Leistungen zu angemessenen Preisen anzubieten, ist zwar gut gemeint, aber nicht realisierbar, und zwar gerade dann nicht, wenn die Ministerin in ihrer eigenen Partei nicht gleichzeitig einer Debatte um Mindestlöhne engagiert entgegentritt. Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht.
Wenn wir dieser oft organisierten Schwarzarbeit nicht entschieden entgegentreten, wird mittelfristig die flächendeckende pflegerische Grundversorgung in Gefahr sein. Wenn durch diese Entwicklung von einmal 400 ambulanten Pflegediensten nur noch 200 existieren, wird sich die Landesregierung mit der Sicherstellung der Grundversorgung auseinander setzen müssen.
Ich komme zum Schluss. Hier muss jetzt schnell und entschieden gehandelt werden.
Frau Ministerin, hier sind Sie gefordert.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben eine stetig steigende Zahl schwerstpflegebedürftiger älterer Menschen. Gleichzeitig haben wir einen Rückgang der Zahl von Menschen, die Altenpflege in der Familie leisten können oder wollen.
Hieraus ergibt sich ein enormer Bedarf an Fachkräften in der Altenpflege. Wir müssen dabei nicht in erster Linie darauf achten, welchen Schulabschluss jemand hat, der in dem Beruf arbeiten will, sondern es kommt darauf an, ob man den Aufgaben psychisch und physisch gewachsen ist und ob man einen Kraft raubenden und sehr belastenden Beruf ergreifen will.
Neben Fachlichkeit ist gerade soziale Kompetenz gefragt.
Sehr wichtige Punkte sind das Interesse und die Bereitschaft, sich mit älteren Menschen und kranken Menschen auseinander setzen zu wollen. Bedauerlich ist sicherlich in diesem Zusammenhang auch, dass das Bundesaltenpflegegesetz die Familienarbeit nicht so bewertet, dass diese zu einer Ausbildungsverkürzung hätte führen oder ganz als Zulassungsvoraussetzung hätte dienen können.
Ziel einer guten Altenpflegehelferausbildung muss es sein, Kompetenzen zu vermitteln, damit die Aufgaben einer Helferin in einer Pflegeeinrichtung qualifiziert ausgeübt werden können; denn wir brauchen gute Kräfte in den Altenpflegeheimen, die auch Fachkräfte sind und
die auf den Fachkräfteschlüssel in den Altenpflegeheimen angerechnet werden.
Die Einführung von generellen Umlagen ist immer ein Beweis dafür, dass Mechanismen versagt haben. Auch der Bundesgesetzgeber spricht einen Vorbehalt dahin gehend aus, dass ein Ausgleichsverfahren nur dann erhoben werden darf, um einen Mangel an Ausbildungsplätzen zu verhindern oder zu beseitigen.
Hier muss sich die Landesregierung fragen lassen, ob sie wirklich mit dem ausreichenden Ehrgeiz bei der Sache war und ob die Pflegeoffensive nur ein Muster ohne Wert ist.
Eine Umlage wird letztendlich ausgerechnet die öffentliche Hand und natürlich alle Pflegebedürftigen kräftiger zur Kasse bitten, Faktoren also, die eine Widersinnigkeit der Umlage belegen.
Ihre Politik hat jetzt dazu geführt, dass kurzfristig in einem sehr engen Handlungsrahmen von uns entschieden werden muss. Deshalb habe ich viel Verständnis für die Bedenken, die im Rechtsausschuss zutage traten. Deshalb kann auch die im Gesetz vorgesehene Ausbildungsumlage nur eine Übergangslösung sein, die so schnell wie möglich wieder abgeschafft werden muss.
Mit allen am Pflegeprozess Beteiligten muss zügig eine tragfähige langfristige Lösung gefunden werden, damit diese Zwangsmaßnahme wieder Geschichte wird.
Frau Ministerin, diesen Handlungsauftrag erhalten Sie heute mit unserer Zustimmung zu diesem Gesetz. Der Vertreter des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste hat im Anhörungsverfahren einen praktikablen und guten Weg aufgezeigt. Wir brauchen auch in der Pflege ein sich selbst tragendes Ausbildungssystem ohne Zwangsandrohung. Das ist möglich.
Hierfür brauchen wir mehr Flexibilisierung bei der Fachkraftquote. Die Auszubildenden müssen ihre in der Schule – hier liegt der Schwerpunkt der Ausbildung – erworbenen Kenntnisse auch in der Praxis einbringen können.
Die Landesregierung muss gemeinsam mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) und Heimaufsicht eine Verlagerung der pflegeverantwortlichen Kompetenzen erreichen. Kann ein Schüler seine Fähigkeiten in den Pflegeprozess einbringen und wird diesem Betrieb dieser Schüler verstärkt auf seine Fachkraftquote angerechnet, steigt auch die Motivation zur Bereitstellung von Ausbildungsplätzen.
Wir rufen die Landesregierung dringend auf, in diese Verhandlungen ziel- und praxisorientiert einzusteigen. Das hier angestrebte Ergebnis würde nicht nur diese Ausbildungsumlage überflüssig machen, sondern auch, wenn die Verlagerung von Kompetenzen grundsätzlich
angegangen wird, einen entscheidenden Beitrag zur Entspannung der Situation auf dem Pflegemarkt bieten.
Das würde nicht nur den in der Pflege tätigen Menschen gut tun, sondern auch denen, die diese Pflege bezahlen müssen. Das Entscheidende ist die Ausgestaltung der Verordnung zum Gesetz. Unser heutiges Abstimmungsverhalten sollte die Landesregierung als großen Vertrauensvorschuss dafür werten.
Der Verlauf der Anhörung im Ausschuss und die Einlassung der Landesregierung haben uns zu dem Schluss kommen lassen, dass unsere Vorstellungen sehr nahe beieinander liegen.
Es darf keine Überforderung der mobilen Dienste geben. Es darf durch die Umlage keine Verwerfung zwischen ambulanten und stationären Angeboten geben. Kein Bereich darf dem anderen gegenüber bevorzugt werden.
Frau Ministerin, die Umlage kann also nur eine zweite Wahllösung sein. Helfen Sie mit, dass sie wieder schnell vom Tisch kommt.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wissen, dass die Zahl der schwerstpflegebedürftigen älteren Menschen stetig steigt. Eine gute Altenpflegeausbildung wird somit immer wichtiger und dringender. Wir müssen konsequent einem Mangel an Pflegekräften vorbeugen. Als sachgerecht beurteilen wir, inhaltliche Regelungen zum Ausbildungsgang der Fachschulverordnung Altenpflege vorzubehalten. Jedenfalls gehört dies zum schulischen Bereich. Dennoch passt es in den heutigen Kontext, einige Aussagen zu machen, wie wir uns grundsätzlich die Altenpflegehilfeausbildung vorstellen.
Wir legen großen Wert darauf, dass diese einjährige Helferinnen- und Helferausbildung keine „SackgassenAusbildung“ ist. Sie sollte ein erstes Modul sein und im Normalfall zu einer dreijährigen Ausbildung hinführen.
Da das Bundesaltenpflegegesetz für die Altenpflegeausbildung nur noch den Realschulabschluss vorsieht, ist für Hauptschüler die Helferausbildung damit der einzige Zugang zu den Pflegeberufen, und der muss offenge
halten werden, gerade auch unter dem Gesichtspunkt, dass viele aus dieser Gruppe der Hauptschüler sich bisher entschieden haben, tatsächlich in die Altenpflege zu gehen.
Sosehr wir es begrüßen, dass es Sicherheit in der Vergütung der Altenpflegehilfeausbildung gibt, umso größere Bedenken melden wir im Zusammenhang mit der Ausbildungsumlage an. Grundsätzlich hat das Bundesverfassungsgericht zwar am 17. Juli 2003 positiv zugunsten des Gesetzgebers über eine Ausbildungsumlage zur Ausbildungsfinanzierung von stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen geurteilt, aber nur, wenn ganz bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sind.
Das Bundesgesetz spricht von einem Vorbehalt dahin gehend, dass ein Ausgleichsverfahren nur dann erhoben werden darf, um einen Mangel an Ausbildungsplätzen zu verhindern oder zu beseitigen. Diese Voraussetzungen sehen wir derzeit nicht erfüllt. Das Land muss laut Verfassungsgerichtsurteil beweisen, dass die Ausbildungsquote fällt, falls man keine Umlage einführt.
Selbst die Landesregierung hat in einer Antwort auf eine Große Anfrage der CDU-Fraktion am 11. Oktober 2002 noch über sehr unterschiedliche über die Existenz einer Umlage hinausführende Ursachen für die Entwicklung der Personalsituation in der Altenpflege berichtet. Diese benannten Ursachen behebt eine Umlage nicht. Entsprechend wurde uns auch ein anderer Maßnahmenkatalog zur Behebung der Defizite unterbreitet.
Es ist zu prüfen, ob sich die besondere Situation eines Pflegekräftemangels gerade nicht aus der Situation heraus ergibt, dass eine zu geringe Zahl an Ausbildungsplätzen zur Verfügung steht, sondern vielmehr daraus, dass sich zu wenig junge Menschen dafür entscheiden, einen Beruf in der Altenpflege zu ergreifen. Für dieses letztendlich gesellschaftliche Problem dürfen Pflegeeinrichtungen nicht doppelt bestraft werden, indem sie neben dem Personalmangel nun auch noch durch zusätzliche Kosten belastet werden.
Am 11. Oktober 2002 berichtete die Landesregierung ebenfalls auf eine Große Anfrage der CDU, dass die Zahl der neuen Ausbildungsverträge im Schuljahr 2000/2001 und im Schuljahr 2001/2002 trotz zu diesem Zeitpunkt bereits ausgesetzter Umlage höher war als in den Jahren 1997 bis 1999, als die Umlage noch Gültigkeit hatte.
Im Mai 2002 haben Sie, Frau Ministerin, noch für den Wechsel von der Umlage zur Direktabrechnung geworben und festgestellt, dass sich das Direktabrechnungsverfahren bewährt habe. Gerade für ambulante Dienste ist die heutige Regelung eine vertretbare Lösung.
Jetzt stellen Sie die Dinge wieder auf den Kopf. Wo bleibt die Planungssicherheit für die Träger? Da gerade nicht die Zahlen belegen, dass ein Umlageverfahren erfolgreicher ist als eine Direktabrechnung der Ausbildungskosten, stellt man sich die Frage, ob nicht der „Münte“-Effekt es ist, der SPD und – man höre und
staune – der FDP in die alte Schublade der Ausbildungsplatzabgabe greifen lässt.
Es ist schon bezeichnend, dass kaum eine Woche nach einer groß initiierten Aktion der Landesregierung zum Abbau von Bürokratie ein neuer Wust an Bürokratie aufgebaut werden soll. Sicherlich kann man Kritikpunkte am derzeitigen Direktabrechnungsverfahren finden. Aber in Abwägung der Einführung einer generellen Ausbildungsplatzumlage sind diese nur marginal. Die geplante Umlage kann also nur eine Zweite-Wahl-Lösung sein. Mein Appell lautet also: Finger weg von der Ausbildungsumlage.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die zukünftige Entwicklung des Pflegebedarfs wird generell von demographischen und sozialen Rahmenbedingungen bestimmt. Die Entwicklung von Morbidität, Lebenserwartung und Migration spielt dabei eine entscheidende Rolle. Maßgebend für die Deckung eines zukünftig steigenden Pflegebedarfs ist vor allem die Entwicklung der Familienstrukturen, weil von ihnen die Verfügbarkeit von Pflegepotenzialen abhängt.
Die häusliche Pflege wird derzeit noch fast zu drei Vierteln von Personen, die zu den Pflegebedürftigen einen engen verwandtschaftlichen Grad haben, erbracht. Insgesamt handelt es sich bei den Pflegepersonen überwiegend um Frauen. Ob diese Entwicklung so bleibt, hängt davon ab, in welchem Tempo sich der Strukturwandel in der Familie fortsetzt.
In der Tat lassen Individualisierungen und Pluralisierung von Lebensformen einen Rückgang der familiären Unterstützungspotenziale erwarten.
Der Wandel des Familienbilds stellt jene traditionellen Strukturen infrage, in die die Älteren und Pflegebedürftigen bislang eingebettet waren. Hinzu kommt die steigende Erwerbstätigkeit von Frauen, die ihre objektive Verfügbarkeit, aber auch ihre subjektive Bereitschaft zur Übernahme von Pflegeaufgaben in der Familie vermindert.
Zu nennen ist schließlich die geographische Mobilität, die häufig auch eine Entfremdung zwischen den Generationen beeinflusst.
Die zukünftige Situation von Pflegebedürftigen wird auch von der Entwicklung der Haushaltsstrukturen von Älteren beeinflusst. Die Frage ist, ob sich der Trend zur Singularisierung im Alter in Zukunft verstärkt.
Im Hinblick auf den Zeitraum bis 2040 stellt sich jedenfalls die Frage, ob die heutige mittlere Generation im höheren Lebensalter über genügend Verwandte verfügen wird, die als Pflegepersonen grundsätzlich in Betracht kommen, und ob dieser Personenkreis auch zur Hilfe und Pflege bereit sein wird.
Sehr geehrte Damen und Herren, damit diese Szenarien sich nicht massiv auf die Entwicklung der familiären Pflege auswirken, muss vorrangig die Familie grundsätzlich gestärkt werden.
Die heute bereits pflegenden Angehörigen, vornehmlich Frauen, verdienen unser besonderes Augenmerk und unsere ganze Unterstützung.
Die Forschungsgesellschaft für Gerontologie der Universität Dortmund und der Caritasverband für das Erzbistum Köln haben in einer Untersuchung festgestellt, dass Angehörige pflegebedürftiger Menschen oft selbst erkranken. Grund sei die extreme Belastung durch die schwierige Betreuung der nächsten Angehörigen. Danach leiden 75 % der Pflegenden unter Rückenschmerzen, Schlafstörungen, Erschöpfungszuständen oder anderen Krankheiten. 88 % der Befragten fühlten sich ausgebrannt, überfordert oder hätten familiäre Spannungen zu bekämpfen.
Diese psychischen und physischen Belastungen von pflegenden Angehörigen werden zu einem steigenden Bedarf an stationärer, teilstationärer oder ambulanter Versorgung führen. Da pflegende Angehörige oft nur eine begrenzte Zeit dieser enormen Aufgabe gewachsen sind, brauchen wir Strukturen, die diesen Menschen langfristig Kraft und Motivation geben. Ihre Unterstützungserwartung richtet sich dabei zuerst überwiegend an das familiäre und soziale Umfeld, dann aber auch an eine pflegegerechte Infrastruktur.
Durch die in den kommenden Jahren zu erwartende extreme Zunahme hochbetagter Menschen, wird auch der Anteil Dementer an den Pflegebedürftigen deutlich zunehmen. Nach Untersuchungen sind heute bereits im stationären Bereich bis zu 75 % und im häuslichen Bereich der Pflege durchschnittlich 21 % der gepflegten Menschen demenziell erkrankt. Hier fehlt ein Gesam tkonzept, das von der Prävention zur Früherkennung über die Behandlung bis hin zur Pflege führt.
Ziel muss es sein, die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung auf den dramatischen Anstieg der an Demenz erkrankten Menschen vorzubereiten. So, wie der Grundsatz „ambulant vor stationär“ gefestigt werden muss, so muss zukünftig auch gelten, Prävention und Rehabilitation vor Maßnahmen der Pflege. Versäumnisse oder Fehlentwicklungen in diesem Bereich führen unweigerlich zur Überlastungssituationen in der familiären Pflege und zu tragischen Leidenswegen der Erkrankten.
Um den pflegenden Angehörigen zu helfen und auch um Anreize zu schaffen, müssen demenziell erkrankte Menschen stärker in die Pflegeversicherung einbezogen werden. Hier muss der verrichtungsbezogene Pflegebegriff um den Hilfebedarf für die allgemeine Beaufsichtigung und Betreuung von Dementen in zeitlich begrenztem Umfang erweitert werden.
Im ambulanten Leistungsbereich müssen auch die niedrigschwelligen Betreuungsleistungen weiter ausgebaut werden. Aber derzeit reichen diese Erstmaßnahmen vom Umfang her noch nicht aus, pflegende Angehörige zu entlasten und eine bedarfsgerechte Versorgung in der häuslichen Pflege zu stärken. Es muss auch der Tendenz der pflegenden Angehörigen zur Abschottung nach außen und zur Selbstüberschätzung entgegengewirkt werden. Dazu sind am ehesten niedrigschwellige Angebote geeignet, welche den pflegenden Personen die probeweise Inanspruchnahme von zeitlich begrenzten Dienstleistungen ermöglichen. Diese Strategien müssen durch eine Ausweitung von spezifischen Betreuungsangeboten im ambulanten, teilstationären und stationären Bereich ergänzt werden. Um eine effektive Nutzung dieser Einrichtungen zu ermöglichen, müssen auch geeignete Versorgungskonzepte entwickelt werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, um pflegebedürftige Angehörige und besonders auch Demente möglichst lange in der eigenen Häuslichkeit zu versorgen, muss auch die individuelle Schulung der pflegenden Angehörigen verstärkt werden.
Hierzu ist ein Netzwerk mit Pflegekursen weiter auszubauen, in denen für die Häuslichkeit Hilfe geboten wird. Diese Hilfe muss bereits im Krankenhaus und in der Reha beginnen.
Die Erfahrungen zeigen, dass mit individuellen Schulungen und Pflegekursen sowie der Überleitungspflege eine wirkungsvolle Unterstützung pflegender Angehöriger erreicht wird.
Ein weiterer Ausbau dieses Netzwerks kann erfolgreich dazu beitragen, frühzeitig Überlastungssituationen in der Familie festzustellen oder auch Pflegefehler zu vermeiden. Fast alle Familienangehörigen, die vorbehaltlos oder bedingt zur Pflege von Angehörigen bereit sind, wünschen sich Unterstützung durch professionelle Pflegekräfte oder durch ein entlastendes Netzwerk auf örtlicher Ebene.
Sehr geehrte Damen und Herren, zur Unterstützung der Familienpflege hat sich die Pflegeversicherung grundsätzlich bewährt.
Gerade die aktuellen Entwicklungen in unserer Gesellschaft machen eine solide Vorsorge für den Fall der Pflegebedürftigkeit unverzichtbar. Die Pflegeversicherung muss dergestalt weiterentwickelt werden, dass häusliche Pflege gestärkt und das Engagement der pflegenden Angehörigen besser gewürdigt wird.
Im Rahmen künftiger Steuerreformen muss geprüft werden, ob und in welchem Umfang die steuerliche Abzugsfähigkeit haushaltsnaher Dienstleistungen auch auf den Pflegebereich ausgeweitet werden kann. Zur Stärkung der Bereitschaft von Familien, pflegebedürftige Angehörige zu versorgen, ist es sicherlich notwendig, darüber nachzudenken, ob das Pflegen von Angehörigen den gleichen beitragssenkenden Charakter in der Sozialversicherung bekommt, wie dies vom Bundesver
fassungsgericht bereits für die Kindererziehung gefordert wurde.
Sehr geehrte Damen und Herren, um einen Kollaps in unserem Pflegesystem zu vermeiden, ist konsequentes Handeln angesagt. Dabei ist die Landesregierung und insbesondere Sie, Frau Ministerin Dreyer, gefordert. Stärken Sie die Familie. Stellen Sie die Familie in den Fokus Ihrer Politik; denn nur so können wir diese Herausforderung grundlegend bewältigen.
Vielen Dank.
Frau Ministerin, die Anforderungen an die Qualität in Pflegeeinrichtungen steigen. Sieht die Landesregierung die Altenpflegeschulen ausreichend vorbereitet, ihre Schülerinnen und Schüler auf diese steigenden Qualitätsanforderungen und das Qualitätsmanagement im stationären Einrichtungen einzustellen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen die Einrichtungsträger dauerhaft in die Lage versetzen, die vertraglich und gesetzlich geforderten Leistungen in der vereinbarten Qualität erbringen zu können, ohne dass dies zu einer anhaltenden Überforderungssituation der Mitarbeiter führt.
Durch die Einführung von neuen Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen besteht erneut die Gefahr, dass die
ohnehin beispiellose Regelungsdichte weiter verstärkt wird. Pflege ist durch Verordnungen und Gesetze in einen Hochsicherheitstrakt verwandelt worden. Der Nutzen für die Pflegebewohner wurde dadurch nicht unbedingt höher.
Der Blick ist zu sehr auf die Mechanik als auf die Menschen ausgerichtet. Das Pflegepersonal und die Verwaltung sind mit diesen administrativen Aufgaben auf akademischem Niveau schlicht überlastet. Den Pflegebedürftigen hat ein Mehr an Bürokratie bisher kein Mehr an Pflege oder Zuwendung gebracht. Gute Pflege ist heute schlichtweg eine gut dokumentierte Pflege.
Warum setzen wir nicht unsere Sinne verstärkt zusätzlich ein?
Hygieneprobleme erkennt der MDK in einer Einrichtung am Geruch. Austrocknungen, Gelenkversteifungen und Dekubiti sind deutliche Zeichen für schlechte Pflege und können direktes Eingreifen auslösen.
Pflege findet heute in einem Klima der Verunsicherung statt. Jeder will sich gegenüber jedem rechtlich absichern. Nicht die menschliche Zuwendung zählt, sondern das richtige Handzeichen zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle in der Pflegedokumentation.
Es hat sich hierdurch ein Beauftragtenwesen bis in die letzte Nische entwickelt, und all dies mit Pflegekräften, die von ihrer Ausbildung her diesen Anforderungen nicht gewachsen sind. Wenn ein Heimleiter einen dreiseitigen Brief braucht, um der Heimaufsicht sein Dokumentations- und sein Beauftragtenwesen zu erläutern, dann wird dadurch sicherlich klar, dass die besten Pflegekräfte am Schreibtisch sitzen. Wir haben entweder zu wenig Geld oder zu viel Bürokratie im System.
Ich komme zum Schluss.
Es wird sich zu sehr auf Objektförderung konzentriert. Wir investieren in Gebäude statt in Menschen. Pflegekräfte sind dadurch oft frustriert, ausgelaugt und nicht selten seelisch und körperlich angeschlagen. Das bedeutet noch geringere Verweilzeiten im Beruf und noch weniger Einsteiger. Wir brauchen aber mehr und besser ausgebildete Pflegekräfte.
Frau Ministerin, lassen Sie die Menschen in diesem Pflegesystem nicht im Stich!
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Umwelt und Forsten hat sich in seiner gestrigen Sitzung mit dem Ersten Landesgesetz zur Änderung des Landesjagdgesetzes befasst. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass aus Gründen der Wildseuchenbekäm pfung für bestimmte Jagdbezirke zugelassen werden kann, dass Schwarzwild unter Verwendung künstlicher Lichtquellen erlegt werden darf.
Die Frage war, ob diese nicht unbedingt waidgerechte Bejagung von Schwarzwild in Kauf genommen werden kann oder muss, um das Ziel der Seuchenbekämpfung und Vorsorge zu erreichen. Der Ausschuss sieht dies als gerechtfertigt an und bittet den Landtag um Zustimmung.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Medien und Multimedia hat sich in seiner gestrigen Sitzung mit dem Gesetz befasst und empfiehlt dem Landtag die Annahme.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits 1997 hat die CDU einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der die Altenpflege völlig neu in einem Gesamtkonzept strukturieren sollte. Dieser ganzheitliche Gesetzentwurf wurde von der Mehrheit abgelehnt. Man setzte bei der Finanzierung der Altenpflegeausbildung auf ein Umlageverfahren und machte eine heftige Bauchlandung. Verschiedene Verwaltungsgerichte haben die Verfassungsmäßigkeit bereits vor Jahren in Zweifel gezogen. Daraufhin wurde 1999 das erst 1997 beschlossene Gesetz wieder ausgesetzt. Das nennt man Nachhaltigkeit in der Politik.
Die Landesregierung hat mit dem System der Direktabrechnung bezahlter Ausbildungsvergütung reagiert. Bei diesem Verfahren ist sicherlich zu prüfen, ob Einrichtungen, die Ausbildungsplätze in der Altenpflege anbieten, benachteiligt werden. Sie müssen mit höheren Pflegesätzen am Markt agieren. Es scheint aber ein Verfahren zu sein, das auf freiwilligen Elementen basierend bei den Ausbildungsbetrieben durchaus auf Akzeptanz stößt. Statt nun Ruhe zu geben – Ruhe und Beständigkeit muss in der Altenpflegeausbildung endlich einziehen –, legt man uns erneut die Aussetzung des leidigen Umlageverfahrens um zwei weitere Jahre vor. Was soll das bringen außer Unsicherheit?
Hieraus lässt sich auch der Schluss ziehen, dass die Landesregierung ihre Vorstellung von einer umlagefinanzierten Altenpflegeausbildung noch nicht aufgegeben hat. Dies ist ein Irrweg. Frau Ministerin, mit Rechthaberei wie Ihr Vorgänger kommen Sie hier nicht weiter. Im Übrigen ist nicht Recht haben wichtig, sondern Erfolg haben. Diesen Erfolg hätten Sie, wenn Sie sich von dem Gedanken einer generellen Ausbildungsumlage trennen würden. Mich wundert, dass die FDP nicht mehr Dampf macht.
Frau Ministerin, gehen Sie nicht den Weg Ihres Vorgängers. Setzen Sie auf die eigene Kraft. Die Altenpflegeausbildung braucht Sicherheit, Konsens und Perspektiven und nicht Ideologie und Ungewissheit. Lassen Sie die Pflegeeinrichtungen nicht im Stich. Die Leidtragenden sind die Altenpflegeschüler und -schülerinnen. Trotz der steigenden Zahl der Heimplätze bleibt die Zahl der Auszubildenden in der Altenpflege knapp konstant. Hier sind Engpässe mittelfristig vorprogrammiert.
Wir brauchen also eine Motivationssteigerung bei den Pflegeeinrichtungen.
Wir brauchen mehr Ausbildungsplätze und zusätzlich ein Klima, das jungen, sozial engagierten und einfühlsamen Menschen den Mut gibt, ihre berufliche Zukunft in der Altenpflege zu sehen. Diese Menschen brauchen auch öffentlich eine Bestätigung, dass sie einen guten Job
machen. Eine Negativberichterstattung schreckt viele ab. Sie suchen sich ihre berufliche Bestätigung in anderen Bereichen. Viele Talentierte sind für die pflege- und hilfsbedürftigen älteren Menschen so verloren.
Wir brauchen zudem anständige Bedingungen für die Ausübung dieser schweren Arbeit. Wenn wir die Personalressourcen bindende Pflegebürokratie wollen, müssen wir auch bereit sein, dafür zu zahlen. Diese Bürokratie darf nicht zulasten der Pflegekräfte und der Pflegebedürftigen gehen. Wer fühlt sich schon in einem Klima des Misstrauens wohl, gerade dann, wenn der Anspruch „helfen“ heißt?
Wenn man unter diesen erschwerten Bedingungen Auszubildende für die Pflege gewinnen will, muss zumindest das Thema „Finanzierung der Ausbildung“ geregelt sein. Verabschieden Sie sich endlich von Ihrer Zwangslösung und akzeptieren sie eine bereits 1997 von der CDU favorisierte Vereinbarungslösung. Dieser Weg ist praxisgerecht und ordnungspolitisch vernünftig.
Die Altenpflege braucht verlässliche Rahmenbedingungen, um die vom Markt verlangte und von der Politik gewollte Pflegequalität sicherzustellen. Statt jetzt zu handeln, warten Sie aber ab. Dies ist keine vorausschauende Politik.
Frau Ministerin, Sie haben auch auf diesem Gebiet der Arbeits- und Sozialpolitik ein unbestelltes Feld von Ihrem Vorgänger übernommen.
Vielen Dank.
Um als CDU nicht missverstanden zu werden: Wir können mit der Lösung, wie diese im Moment praktiziert wird, sehr gut leben und würden uns freuen, wenn dies als Beständigkeit so umgesetzt würde, ohne auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu warten, um dann in alte Zustände und alte Zeiten zurückzufallen.
Das ist das, was ich damit sagen wollte.