Protocol of the Session on March 17, 2004

................................................................................................................................4535 Abg. Creutzmann, FDP:.....................................................................................................................4542 Abg. Dr. Rosenbauer, CDU:......................................................................................................4570, 4575 Abg. Dr. Schmitz, FDP:.............................................................................................................4569, 4571 Abg. Dröscher, SPD:..........................................................................................................................4565 Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.................................................................4528, 4533 Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU:.............................................................................................................4531 Abg. Frau Pepper, SPD:.....................................................................................................................4561 Abg. Frau Reich, SPD:.......................................................................................................................4562 Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:..................................................... 4537, 4543, 4555, 4564 Abg. Frisch, CDU:..............................................................................................................................4550 Abg. Geis, SPD:................................................................................................................................4553 Abg. Hohn, FDP:.......................................................................................................................4529, 4533 Abg. Hörter, CDU:..............................................................................................................................4526 Abg. Itzek, SPD:............................................................................................................. 4534, 4535, 4540 Abg. Jullien, CDU:.....................................................................................................................4541, 4563 Abg. Kuhn, FDP:............................................................................................................. 4536, 4558, 4564 Abg. Marz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.............................................................................................4571 Abg. Pörksen, SPD:..................................................................................................................4527, 4532 Abg. Rüddel, CDU:............................................................................................................................4567 Dr. Deubel, Staatssekretär:.................................................................................................................4562 Frau Dreyer, Ministerin für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit:....................................................4572 Mittler, Minister der Finanzen:.............................................................................................................4538 Präsident Grimm:............................................4526, 4527, 4528, 4529, 4531, 4532, 4533, 4535, 4536, 4537 4538, 4540, 4541, 4542, 4543, 4544, 4550 Prof. Dr. Zöllner, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur:.................................4545 Vizepräsidentin Frau Hammer:.........................4553, 4555, 4558, 4560, 4561, 4562, 4563, 4564, 4565, 4567 4569, 4570, 4571, 4572, 4574, 4575 Zuber, Minister des Innern und für Sport:.............................................................................................4530

68. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 17. März 2004

Die Sitzung wird um 14:00 Uhr vom Präsidenten des Landtags eröffnet.

Guten Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 68. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz.

Zu schriftführenden Abgeordneten berufe ich Heike Raab und Christine Schneider. Letztere führt die Rednerliste.

Entschuldigt sind für heute die Abgeordneten Christine Baumann, Dr. Gerhard Schmidt, Anne Spurzem, HansJosef Bracht und Thomas Weiner. Dr. Schiffmann kann zu Beginn der 68. Plenarsitzung, also heute, nicht anwesend sein.

Ich möchte, wenn auch etwas zeitversetzt – aber ein runder bzw. ein Schnapszahlgeburtstag gebietet es auch, das nach einer gewissen Frist nachzuholen –, Glückwünsche an zwei Kollegen aussprechen. Herr Kollege Ramsauer ist am 18. Februar 55 geworden und am 5. März unser Kollege Dr. Geisen. Herzliche Glückwünsche auch von dieser Stelle aus!

(Beifall im Hause)

Meine Damen und Herren, zu Punkt 6 der Tagesordnung, Landesgesetz zur Änderung der Verfassung, ist anzumerken, dass nach dem derzeitigen Kenntnisstand die Fraktionen übereingekommen sind, diesen Tagesordnungspunkt erst am Freitag zu behandeln.

Der Gesetzentwurf und der Entschließungsantrag sind noch nicht eingebracht worden. Die notwendige Abkürzung der Frist wäre dann bei Beginn der entsprechenden Sitzung sicherzustellen, also nicht heute, sondern am Freitag. Sind Sie damit einverstanden?

Weitere Hinweise sind nicht erforderlich. Gibt es Einwände zur schriftlich vorliegenden Tagesordnung? – Das ist nicht der Fall. Dann kann ich die Tagesordnung so feststellen.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

AKTUELLE STUNDE

„Vorschläge zur Verbesserung der Sicherheit in Rheinland-Pfalz vor dem Hintergrund einer verschärften Bedrohungslage“ auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/2998 –

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hörter.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der 11. März, die schrecklichen Ereignisse von Madrid, liegen noch keine Woche zurück. Die Gefühle von Trauer, Ohnmacht und Empörung sind wieder da, wie damals nach dem 11. September.

Wieder sind unzählige Menschen Opfer des Terrorismus geworden, sind wehrlose Menschen einem Massaker zum Opfer gefallen. Wir trauern um die Opfer dieses Verbrechens und sind in Gedanken bei den Hinterbliebenen und den Verletzten, die um ihr Leben ringen.

Erneut mussten wir erleben, dass gewissenlose Fanatiker auf die fundamentalen Werte zielen, auf denen unsere freiheitlichen Demokratien aufbauen. Der 11. März hat in Europa alle Maßstäbe gesprengt. Es ist das schlimmste Attentat, das bisher auf europäischem Boden geschah.

Das war erneut ein Anschlag auf die freiheitliche Grundordnung der westlichen Staaten. Der Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung nach dem Anschlag vom 11. September gefordert, den Terroristen nicht den Triumph zu gönnen, das, was unser freiheitliches Gemeinwesen ausmacht, infrage zu stellen.

Dass aber in einer Presseerklärung des rheinlandpfälzischen Justizministeriums unter der Überschrift „Bekämpfung des Terrorismus“ der Minister einzig „die ständige Ausweitung der Bundeskompetenzen gerade im Bereich der Inneren Sicherheit mit großer Sorge“ sehe, sich ansonsten aber offensichtlich um wenig sorgt, wird angesichts des entsetzlichen Terroanschlags die Sorgen vieler Menschen, die sich unter dem Eindruck des internationalen Terrorismus derzeit bedroht fühlen, nicht entkräften können.

(Beifall der CDU)

Es reicht eben nicht, den Bürgern zu versichern, es bestehe keine Gefahr, „keine Änderung der Sicherheitslage in Deutschland“ oder die Sicherheitslage habe sich „so grundlegend nicht verändert“, so der Bundesinnenminister.

(Staatsminister Zuber: Das ist zutreffend! Schweitzer, SPD: So ist es! Ja!)

Von niemandem, erst recht nicht von Terroristen, werden wir uns unsere freiheitliche Grundordnung infrage stellen lassen. Dies wird aber nur gelingen, wenn die Menschen in unserem Land das Gefühl haben, dass der Staat sie schützen will und kann, sich auf heimtückische wie offene Bedrohungen einstellt und verteidigungsbereit ist.

Diesbezüglich gibt es ein Glaubwürdigkeitsdefizit. Schaut man sich allein die Entwicklung der Straftaten der letzten 13 Jahre an – ich will nur einige wenige nennen –, ist festzustellen, dass wir über alle Straftaten hinweg eine Zunahme von 42 %, bei der Gewaltkriminalität von 82 %, bei den Rohheitsdelikten ein Plus von 115 %, bei der gefährlichen und schweren Körperverlet

zung von 96 % und bei den Delikten mit Schusswaffen von fast 300 % zu verzeichnen haben.

Meine Damen und Herren von der Koalition, angesichts dieses Anstiegs und der untauglichen – auch gegen ihre eigenen Aussagen – Koalitionsvereinbarung und der ermittelten Zahlen zur Zukunft der Polizei bei viel zu geringer Zahl von Neueinstellungen von Polizeianwärtern glauben Ihnen die Menschen nicht, dass Sie für ihre Sicherheit das Notwendige tun.

(Beifall der CDU)

Es kann auch niemand verstehen, dass zugewanderte Ausländer, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass jemand einer terroristischen Vereinigung angehört oder diese unterstützt, nicht sofort abgeschoben werden.

Niemand behauptet, man könne gegen menschenverachtenden Irrsinn ein 100%iges Sicherheitssystem schaffen. Aber wir müssen uns mehr als bisher darauf einstellen, dass sich das, was sich in Madrid ereignet hat, auch bei uns ereignen kann.

Es wäre verantwortungslos, statt vorzubeugen erst zu handeln, wenn das Unheil geschehen ist. Deshalb muss die Botschaft heute lauten: Verstärkung der Polizei und des Katastrophenschutzes, Schließen der Lücken im Zusammenhang mit der Ausweisung

(Glocke des Präsidenten)

und null Toleranz gegenüber dem Terrorismus.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Es spricht Herr Abgeordneter Pörksen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben es fast erwartet, ich will nicht sagen befürchtet,

(Kuhn, FDP: Ja, ja! Schweitzer, SPD: So ist es!)

eine Rede unter der Überschrift, wie beantragt –, dass heute über Vorschläge zum Terrorismus gesprochen werden soll.

Was machen Sie? Sie nutzen diese Gelegenheit, um das, was Sie schon sehr oft in diesem Haus gesagt haben, zu wiederholen und keinen einzigen Vorschlag zu machen.

(Beifall der SPD und der FDP Frau Schmitt, SPD: Ja! Frau Elsner, SPD: Das ist wahr!)

Sie machen vielmehr das, was viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen heute und in den letzten Tagen landauf landab machen, Sie nutzen – das finde ich das Schlimme – ein Verbrechen in Madrid, um einen gewissen Aktionismus vorzugaukeln.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wenn ich die Presseerklärung des Herrn Dr. Böhr von gestern unter der Überschrift „Gefährlicher Irrglaube“ lese,

(Dr. Böhr, CDU: Ja!)

dann fordert er die Überprüfung aller Sicherheitsmaßnahmen an Flughäfen, Bahnhöfen und an den Grenzen des benachbarten Auslands. Das sind alles Aufgaben, die im Land nicht erfüllt werden, sondern für die der Bund zuständig ist und wozu der Bundesinnenminister bereits etwas gesagt hat. Das haben Sie schriftlich vorliegen.

(Zuruf des Abg. Hörter, CDU)

Sie können damit nicht zufrieden sein. Aber das Schönste in Ihrer Presseerklärung ist Folgendes: Sie schreiben – Sie sollten überlegen, was Sie damit sagen –, wer redet wie der Justizminister oder erklärt, dass jetzt keine Zeit für Überreaktionen ist, hat die neue Dimension des Terrors nicht verstanden.

Wollen Sie damit Überreaktion fordern? Das kann nicht ernsthaft Ihr Ziel sein.

(Hörter, CDU: Das ist doch Quatsch!)

Überlegen Sie genau, was Sie in dieser Frage sagen.