Filiz Polat
Appearances
16/4
16/7
16/9
16/10
16/11
16/12
16/13
16/14
16/15
16/16
16/17
16/18
16/19
16/24
16/25
16/27
16/28
16/30
16/31
16/32
16/33
16/34
16/35
16/37
16/38
16/39
16/41
16/42
16/43
16/46
16/49
16/51
16/52
16/54
16/55
16/56
16/58
16/62
16/63
16/65
16/66
16/69
16/70
16/72
16/73
16/77
16/78
16/84
16/85
16/87
16/88
16/90
16/91
16/92
16/93
16/94
16/97
16/99
16/102
16/105
16/106
16/107
16/109
16/110
16/113
16/114
16/118
16/119
16/120
16/122
16/123
16/126
16/128
16/129
16/131
16/133
16/135
16/136
16/138
16/139
16/140
16/141
16/144
16/148
16/149
16/150
16/152
16/153
Last Statements
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Fall Gazale Salame hat die ganze Nation bewegt. Ich möchte an dieser Stelle aus einem Brief zitieren, den Amina am 5. November 2012 vom Vorsitzenden des Komitees der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes erhalten hat, weil er genau das ausdrückt, was meine Fraktion bei der Begleitung dieses Falls bewegt hat.
Ich zitiere - Herr Ministerpräsident, das ist die Sprache Ihres Vaters -: „It is hard to understand that a family with young children is torn apart in a state in which protection of marriage and family is valued so highly.“
Meine Damen und Herren, er drückt damit aus, dass er es als Vorsitzender des Komitees der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes nicht verstehen kann, dass eine Familie mit jungen Kindern in einem Land zerrissen wird, in welchem der Schutz der Ehe und der Familie einen so hohen Stellenwert hat.
Am Ende dieses Briefes an Amina drückt er aber auch sein Bedauern aus, indem er sagt: Ich kann dir deine Eltern nicht wiederbringen.
Ich glaube, heute ist ein besonderer Tag, weil alle Fraktionen gemeinsam dokumentieren, dass es der politische Wille des gesamten Hauses ist, dass es Auftrag und Anspruch des Grundgesetzes ist, dass es auch Auftrag und Anspruch der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen und ein Gebot der Menschlichkeit ist, Gazale und ihre Kinder wieder zu vereinen. Wir werden diesem Antrag heute zustimmen, weil das der politische Willen des gesamten Hauses ist.
Herr Ministerpräsident, Gazale hat auch Ihnen einen Brief geschrieben und gesagt: Ich bin mit meiner Kraft am Ende. Ich glaube, es liegt jetzt auch in der Hand der Landesregierung, dass die Familie endlich nach Hause kommt.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Sehr verehrter Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem kürzlich vorgelegten Gesetzentwurf zur Neuregelung der Asylbewerberleistungen von Schwarz-Gelb auf Bundesebene wird einmal mehr die Notwendigkeit unserer Initiative deutlich: die Abschaffung dieses Sondergesetzes. - Denn das Grundsatzurteil zum Asylbewerberleistungsgesetz des Bundesverfassungsgerichts ist sehr deutlich. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:
„Die in Artikel 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.“
Deshalb hören Sie endlich auf, das Sozialrecht für Ihre Ordnungspolitik zu instrumentalisieren!
Das menschenwürdige Existenzminimum ist immer das Gleiche, egal ob es sich um Deutsche, Nichtdeutsche, Flüchtlinge oder um wen auch immer handelt, Herr Hiebing. Akzeptieren Sie das endlich!
Exakt 20 Jahre nach dem großen Asylkompromiss beziehen Sie denselben migrationspolitischen Schützengraben, Asylmissbrauch bekämpfen zu wollen. Die Folgen dieser gefährlichen Argumentation führten damals zu den Anschlägen von Rostock, Mölln und Solingen. Nichts haben Sie dazugelernt!
Statt sich nun von den Rechtspopulisten der NPD zu distanzieren, stimmen Ihre Innenminister in diese populistische Stimmungsmache gegen Asylsuchende aus Serbien und Mazedonien mit ein. Innenminister Schünemann hat der gegenwärtig tagenden Innenministerkonferenz einen Beschlussvortrag vorgelegt, mit dem er - Zitat - die Ausnutzung und Diskreditierung des Asylrechts verhindern will. - Dabei ist er es selber, der durch nicht zu beweisende Unterstellungen und das Aufblähen von vorübergehend und im Vergleich zu damals nur leicht gestiegenen Asylbewerberinnen- und Asylbewerberzahlen Stimmung macht und dadurch das Asylrecht in Misskredit bringt, meine Damen und Herren.
Mit Ihren politischen Vorstößen auf der Innenministerkonferenz verhindern Sie eine objektive und einzelfallbezogene Prüfung der Asylanträge und bagatellisieren den strukturellen Rassismus gegen
Roma in Serbien und Mazedonien. Mich ärgert dabei besonders, dass Frau Merkel, die Bundeskanzlerin, immer mal wieder so tut, als sei das nicht so. Bei der Eröffnung des Mahnmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma sagte die Bundeskanzlerin:
„Sinti und Roma leiden heute erneut unter Ausgrenzung und Ablehnung. Nicht nur die Politik, jeder Einzelne ist aufgerufen, sich jedweder Art von Diskriminierung zu widersetzen.“
Folgen wir doch diesen Sätzen, und fangen wir hier und heute bei der Politik an. Ich sage Ihnen: Den Worten, Frau Ministerin, müssen auch Taten folgen!
Stimmen Sie unserem Antrag zu! Das Asylbewerberleistungsgesetz relativiert in der Praxis die Menschenwürde. Es muss weg!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir besprechen heute im niedersächsischen Parlament die erste Große Anfrage zum Thema muslimisches Leben in Niedersachsen.
An dieser Stelle möchte ich mich bei den Ministerien für die umfangreiche Antwort, auch aufgrund umfangreicher Fragen, ganz herzlich bedanken. Herzlichen Dank dafür!
Wir brauchen zum einen eine Debatte über den Umgang dieser Landesregierung mit den Muslimen und zum anderen eine Debatte über die politischen und rechtlichen Herausforderungen im Hinblick auf die Gleichbehandlung des Islam als drittgrößter Religionsgemeinschaft in Niedersachsen.
Die weltanschaulich religiöse Neutralität des Staates sollte dabei für uns alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, Maßstab des politischen Handelns sein.
Schon vor 90 Jahren hat der Verfassungsgeber eine verfassungsrechtliche Ordnung konzipiert, die in der Lage ist, religiöse Pluralität normativ zu verarbeiten. Der religionsverfassungsrechtliche Rahmen des Grundgesetzes ist so neutral, dass er allen Religionen offensteht.
Meine Damen und Herren, etwa 6 % der in Niedersachsen lebenden Menschen sind Muslime. Darunter bilden die Sunniten die größte Gruppe neben Schiiten und Aleviten. Seit 2009 steht die Landesregierung im Dialog mit den zwei großen Religionsgemeinschaften, der DITIB und der Schura. An dieser Stelle möchte ich gern Frau Emine Oğuz von der DITIB begrüßen, die heute hier der Debatte beiwohnt.
Allein DITIB vereint 140 Moscheegemeinden.
Meine Damen und Herren, Muslime möchten gleichberechtigt und selbstbestimmt am gesamten gesellschaftlichen Leben in Niedersachsen teilhaben und sich aktiv in der Politik, in der Wirtschaft, im karitativen und seelsorgerischen Bereich, in der Kultur, in den Medien, in der Wissenschaft, in der
Bildung und insbesondere in den Schulen einbringen.
Allerdings wird in der Antwort sehr deutlich: Es fehlt auch hier der klare Kurs dieser Landesregierung. Christian Wulff bot den Muslimen noch einen Staatsvertrag an. Dem wird heute eine Absage erteilt: Körperschaft öffentlichen Rechts? - Keine konkrete Aussage. Stattdessen, meine Damen und Herren, gibt es eine Art Integrationsvereinbarung à la Schünemann. Mit der Erlaubnis des Präsidenten möchte ich zitieren:
„Ziel der mit den Vertreterinnen und Vertretern der Schura Niedersachsen e. V. und DITIB Landesverband Niedersachsen und Bremen e. V. geführten Gespräche ist es, Lösungsansätze für klärungsbedürftige Fragen im Integrationsprozess zu erarbeiten und die gefundenen Lösungen in einer Vereinbarung festzuhalten.“
Meine Damen und Herren, das ist lächerlich. Frau Özkan, nehmen Sie die Menschen endlich ernst, und machen Sie ernst zu nehmende Angebote!
Die Antwort der Landesregierung dokumentiert die hinkende Partnerschaft zwischen muslimischen Religionsgemeinschaften und der Regierung. So hat man durchgehend den Eindruck, dass hier die verschiedenen Ministerien eine unterschiedliche Haltung zum Islam haben. Lassen Sie mich nur ein Beispiel herausgreifen, weil meine Redezeit sehr kurz ist, nämlich Ihre Interpretation des Kopftuchtragens in dem Kapitel „Bekleidungsgebote“, sehr geehrte Frau Özkan. Mich würde wirklich interessieren, ob es Ihr Ernst ist, dass die Mehrheit der Muslima, die ein Kopftuch tragen, wirklich für einen islamischen Gottesstaat eintritt. Wenn das so wäre, warum sieht dann das Bundesverfassungsgericht das Tragen des Kopftuchs aus religiösen Gründen als geschützt an, und warum schreibt die Landesregierung, dass die Position der Religionsgemeinschaften und die Position der Landesregierung in Fragen der Gleichbehandlung von Frauen und Männern zu keinem Konflikt führen?
Meine Damen und Herren, da ist keine klare Linie zu erkennen. Das ist die Regierung McAllister: konzeptlos und planlos.
Es muss zur gelebten Wirklichkeit werden, dass alle Menschen entsprechend dem Verfassungsgebot unabhängig von Herkunft, Religion und Weltanschauung ihre Grundrechte und Teilhabemöglichkeiten gleichberechtigt wahrnehmen können. Die Landesregierung ist hiervon weit entfernt, obwohl es Auftrag und Anspruch des Grundgesetzes ist.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der sehr engagierte Petent setzt sich für ALG-II-Bezieherinnen und -Bezieher auf den ostfriesischen Inseln ein. Hier haben wir den Sonderfall, dass saisonbedingt im Winter viele Menschen auf Hartz IV rutschen. Das bedingt, dass ihnen die Kosten der Unterkunft durch die ARGE Norden erstattet werden müssen. Da aber kein angemessener Wohnraum vorhanden ist, der entsprechend den Mietstufen berücksichtigt werden kann, wird der Hartz-IV-Bezug bei diesen Personen sehr stark gekürzt.
Wir haben es in vielen Einzelfällen auch durch das Engagement des Ausschussvorsitzenden geschafft, das Problem zu lösen. Das Grundproblem der Petition ist aber nicht gelöst worden, und zwar die Anerkennung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft. Es ist rechtmäßig, dass die ARGE dann, wenn es keinen angemessenen Wohnraum gibt, die tatsächlichen Kosten anerkennt.
Im Ausschuss wurde suggeriert, dass dem abgeholfen wurde und dass die Petition erledigt ist. Ich habe mich noch einmal mit dem Petenten in Verbindung gesetzt. Er hat - auch schriftlich - mir gegenüber noch einmal betont, dass zum einen der der Petition zugrunde liegende Sachverhalt nicht rückwirkend geklärt ist, weil bei vielen die ALG-IILeistungen zu Unrecht gekürzt worden sind und das Grundproblem auch für die Zukunft nicht gelöst worden ist. Deswegen empfehlen wir dem Landtag, „Erwägung“ zu beschließen. Ich bitte um Zustimmung, weil hier insbesondere viele Frauen betroffen sind, deren Ansprüche so gekürzt werden, dass sie unter das Existenzminimum fallen.
Vielen Dank.
Herr Kollege Götz, glauben Sie nicht, dass die Zuwanderer um ihr Potenzial wissen, aber die entsprechenden Angebote fehlen?
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon das Anerkennungsgesetz auf der Bundesebene war kein großer Wurf. Dieser Gesetzentwurf von CDU und FDP ist es leider auch nicht. Dennoch ziehen die Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer von CDU und FDP mit großem Getöse durchs Land und rühren die Werbetrommel für ihren Gesetzentwurf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie verschweigen dabei, dass der Gesetzentwurf keinen Anspruch auf Beratung und Begleitung der Betroffenen im Verfahren enthält. Das IQ-Netzwerk - so schön es ist; es hat seinen Sitz in Osnabrück - ist eine Bundeseinrichtung und auch nur zeitlich begrenzt vorgesehen.
Dieser Gesetzentwurf fällt noch hinter das Eckpunktepapier der Bundesregierung aus dem Jahr 2009 zurück, in dem die Idee von Erstanlaufstellen erwogen wurde. Damit fällt er auch hinter das zurück, was wir hier im Parlament noch am 9. Juni 2010 gemeinsam beschlossen haben.
Völlig offen bleibt, wer zukünftig für Qualitätssicherung, Einheitlichkeit und Fairness der Anerkennungsverfahren und Bewertungskriterien sorgt.
Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf schafft keinen Anspruch auf individuelle Kompetenzfeststellungsverfahren. Dies wäre aber die Voraussetzung dafür, dass bei der Bewertung von Qualifikationen verstärkt die tatsächlich vorhandenen Kompetenzen und berufspraktische Erfahrungen berücksichtigt werden können.
Vorrang vor den im Gesetzentwurf getroffenen Regelungen hat laut Entwurf prinzipiell das Fachrecht. Das wirkt sich vor allem im Bereich reglementierter Berufe aus. Ob sich die Anerkennungschancen für den ausländischen Architekten, der wegen fehlender Anerkennungsmöglichkeiten bislang Taxi fährt, tatsächlich verbessern werden, ist also nicht ausgemacht; denn eines wurde in der Fachanhörung deutlich: Herrscht in einer Branche kein Fachkräftemangel, wird auch nicht in Nachqualifizierungsmodule investiert.
Meine Damen und Herren, die Betroffenen bleiben dabei auf der Strecke und verweilen weiterhin als
Ungelernte in der Arbeitsmarktstatistik. Das ist nicht unser Anspruch bei diesem Gesetz.
Für die bessere Integration in den Arbeitsmarkt ist es essentiell, dass Antragstellerinnen und Antragsteller bei Teilanerkennung künftig verbindlich darüber informiert werden, welche Anpassungsqualifizierungen sie für einen voll qualifizierenden Abschluss noch brauchen. Das macht aber nur Sinn, wenn auch die Angebote für passgenaue Anpassungsqualifizierungen und berufsbezogenes Deutsch ausgeweitet werden.
Das beste Beispiel dafür hatten wir mit den spanischen Pflegekräften, Frau Ministerin. Darauf sind Bund und Länder bis heute offenkundig nicht vorbereitet. Mit unserem Änderungsantrag wollen wir zumindest einige dieser Punkte heilen und bitten um Zustimmung.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kinder müssen vor Klassenfahrten um Erlaubnis bitten. Getrennt lebende Eltern müssen fragen, ob sie ihr Kind besuchen dürfen. Die Lebenswirklichkeit von Geduldeten ist dabei von Willkür und Schikanen geprägt.
Die Aussage des Bundesverfassungsgerichts vom Juli zu den Asylbewerberleistungssätzen hat auch an dieser Stelle ihre Gültigkeit: Die Menschenwürde von Flüchtlingen darf migrationspolitisch nicht
relativiert werden. Die Residenzpflicht gehört deshalb bundesweit abgeschafft.
Meine Damen und Herren, mit der Residenzpflicht gibt es in Deutschland ein bundesweites und in Europa einzigartiges System der Aufenthaltsbeschränkung, das tief in die Rechte der Betroffenen eingreift. Diese sind nicht nur verpflichtet, ihren Wohnsitz in dem ihnen zugewiesenen Gebiet zu nehmen; vielmehr dürfen sie den ihn zugewiesenen Aufenthaltsbereich auch nicht verlassen, es sei denn mit einer behördlichen Verlassenserlaubnis für eine kurze Zeit. Freunde und Verwandte können nicht besucht, kulturelle und sonstige Angebote in anderen Landkreisen und Städten nicht genutzt werden.
Lieber Herr Götz, nicht alle Geduldeten verschleiern ihre Identität. Wir haben den großen Kreis der syrischen Geduldeten. Es gibt extra einen Erlass, dass sie sich aufgrund der Situation in Syrien beispielsweise nicht um die Passbeschaffung kümmern müssen, weil sie von der syrischen Botschaft in Deutschland diskriminiert worden sind.
Verschärft wird die Situation dadurch, dass der Verstoß gegen die räumliche Beschränkung mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet werden kann. Von den Beschränkungen sind derzeit laut Ausländerzentralregister ca. 40 000 Asylsuchende und mehr als 87 000 Geduldete bundesweit betroffen, wobei viele der geduldeten Personen schon seit Jahren unverschuldet an der Ausreise gehindert sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, NRW, SchleswigHolstein, Sachsen-Anhalt und selbst Bayern nutzen in jüngster Zeit bestehende Spielräume, um die Bewegungsfreiheit von Asylsuchenden und Geduldeten auszuweiten. Doch sind dies nur erste kleine Schritte zu mehr Freizügigkeit; denn die schwarz-gelbe Koalition in Berlin will - genauso wie Sie hier in Niedersachsen - grundsätzlich an der Residenzpflicht festhalten.
Zwar wurden im sogenannten Zwangsheiratsbekämpfungsgesetz von der Koalition auch minimale Lockerungen der Residenzpflicht - beispielsweise im Falle einer Arbeitsaufnahme - beschlossen; dies reicht aber bei Weitem nicht aus, lieber JanChristoph Oetjen. Es ist an der Zeit, die Residenzpflicht bundeseinheitlich und vollständig abzuschaffen. Wir fordern deshalb auch in unserem
Antrag die vollständige Abschaffung der Residenzpflicht für Asylbewerberinnen und Asylbewerber und geduldete Ausländerinnen und Ausländer
und die Aufhebung der Beschränkung des Aufenthalts von geduldeten Personen sowie der damit zusammenhängenden Straf- und Bußgeldvorschriften.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Nicht ohne meinen Sohn“ titelte die HAZ am 26. März 2011. Das ist ein Bericht über den dramatischen Suizid von Shambu Lama, über einen Mann, der sich aus Angst vor der Abschiebung am 1. März 2011 im Landkreis Gifhorn das Leben nahm, und über einen Sohn, der seinen Vater verloren hat.
Aus unserer Sicht, meine Damen und Herren, hätte die Ausländerbehörde erkennen müssen, dass Herr Lama nicht nur Vater eines deutschen Kindes ist, sondern auch den Kontakt zu seinem Kind gepflegt hat. Entsprechend hatte das Verwal
tungsgericht Braunschweig auf einen Eilantrag der Anwältin hin die Ausländerbehörde aufgefordert, von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen. Meine Damen und Herren, die Ausländerbehörde ist dieser Aufforderung des Gerichts nicht gefolgt.
Seine ehemalige Lebensgefährtin klagt mit dieser Petition an. Sie prangert das Handeln der Behörden sowie die niedersächsische Abschiebepraxis an und fordert eine lückenlose Aufklärung, einen sensiblen Umgang mit dem Fall und den Beteiligten, eine konstruktive Wahrnehmung der Informations- und Beratungspflicht durch die Ausländerbehörden sowie die Rücksichtnahme auf laufende Gerichtsverfahren.
Meine Damen und Herren, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag unterstützt das Anliegen der Petentin und empfiehlt die Petition zur Berücksichtigung.
Gleichzeitig stellen wir fest, dass die örtlichen Behörden und das Innenministerium nicht nur die Petentin, sondern auch die Anwältin des Verstorbenen in unglaublicher Weise zu diskreditieren versucht haben. Wir stellen auch fest, dass mich das Innenministerium in einem Schreiben verleumdet hat.
Meine Damen und Herren, es hat den Anschein, dass sowohl die Ausländerbehörde als auch das Innenministerium alle in diesem Fall Engagierten herabwürdigen wollen und dabei auch nicht vor unlauteren Methoden zurückschrecken. Ich erwarte, dass sich hier und heute in der Öffentlichkeit das Innenministerium, dass Sie, Herr Schünemann, sich persönlich bei mir dafür entschuldigen, dass ich verleumdet wurde.
Wir haben bei der Akteneinsicht auch nicht alle Akten zur Verfügung gestellt bekommen. Teile sind herausgenommen worden.
Wir stellen weiterhin fest, dass das Innenministerium Hinweise an die Ausländerbehörde gegeben hat, wie man nach dem Suizid den örtlichen Unterstützerinnen und Unterstützern sowie den Protestierenden aufenthaltsrechtlich das Leben schwer machen könnte. Wir stellen aber auch fest, dass nach dem Suizid der Leiter der Behörde gegangen ist.
Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, beantragen wir „Berücksichtigung“ und bedanken
uns bei der Petentin, dass sie die Kraft aufbringt weiterzukämpfen. Wir werden ihr und allen Unterstützerinnen und Unterstützern im Landkreis Gifhorn dabei weiterhin zur Seite stehen.
Ich verlange eine Entschuldigung. Sonst werde ich mir rechtliche Schritte vorbehalten.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich habe mich zu einer persönlichen Bemerkung gemeldet, weil ich erwarte, dass sich Herr Schünemann und das Innenministerium entschuldigen, weil sie diese Information verbreitet haben, auch wenn es eine Information Dritter ist. Sie ist allen Ausschussmitgliedern zugegangen.
Wie wir festgestellt haben - - -
Dann möchte ich es so formulieren, Frau Präsidentin: Herr Schünemann hat wieder den Anschein erweckt, dass sowohl ich als auch die Kollegin Gabriele Heinen-Kljajić - - -
- - - in unserer Aussage unglaubwürdig sind, im Mai letzten Jahres im Gespräch mit der Ausländerbehörde gewesen zu sein. Wir erwarten aus diesem Grund aufgrund dieses Verdachts eine Entschuldigung. Die Information ist vom Innenministerium verbreitet worden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Asylbewerberleistungsgesetz ist eines von mehreren Sondergesetzen, denen Schutzsuchende und Flüchtlinge in Deutschland unterliegen. Seit über 20 Jahren - das ist auch vielen Politikern auf der rechten Seite bekannt - entwickeln diese Menschen in Deutschland und damit auch in Niedersachsen Überlebensstrategien, weil sie unter dem verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimum leben müssen.
Es ist schlimm genug, dass das Bundesverfassungsgericht Ihnen zum wiederholten Male - letztmalig im Juli - ins Stammbuch schreiben musste, dass Sie seit 20 Jahren das Grundgesetz missachten. Es ist unfassbar, dass Sie diesen Menschen unter diesen Umständen allzu oft fehlenden Integrationswillen vorwerfen.
Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist eine Schande für Deutschland. Es sind nicht die Menschen - das Asylbewerberleistungsgesetz, dieses
Sondergesetz, meine Damen und Herren, gehört abgeschafft.
Gegen diese staatliche Ausgrenzung und Diskriminierung wehren sich die Betroffenen seit Langem, seit einigen Monaten verstärkt mit verschiedenen öffentlichkeitswirksamen Aktionen. Flüchtlinge demonstrieren am Brandenburger Tor in Verbindung mit einem Hungerstreik, um ihrer Forderung nach Abschaffung der Residenzpflicht, des Asylbewerberleistungsgesetzes, des Arbeitsverbotes und des Sachleistungsprinzips sowie ihrer Forderung nach einer fairen und zügigen Bearbeitung ihrer Asylanträge Nachdruck zu verleihen.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Am 1. November versammelten sich in Magdeburg Hungerstreikende sowie Unterstützerinnen und Unterstützer, um ihre Solidarität mit den Flüchtlingen in Berlin zu zeigen. Meine Damen und Herren, für den 1. Dezember wird als Teil der bundesweiten Proteste zu einer Demonstration in Hannover aufgerufen. Diese und zahlreiche weitere Aktionen zeigen die Tragweite der Proteste und die Not der Flüchtlinge.
Auf der anderen Seite stehen die NPD und andere Rechtsextremisten, die derzeit gegen die Flüchtlinge Stimmung machen und versuchen, diese und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer einzuschüchtern. Sie wittern ihre Chance, aus dieser Entwicklung politischen Profit zu schlagen und in der Bevölkerung Fremdenhass und Angst vor den Flüchtlingen und vor weiterer Zuwanderung zu schüren. In Friedland erleben wir aktuell eine Aktion der NPD. Dort wird ein Flugblatt verteilt. Dem sollten wir gemeinsam entschieden entgegentreten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Meine Damen und Herren, die bahnbrechende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Juli dieses Jahres sollten Sie endlich ernst nehmen, Herr Minister Schünemann. Das Urteil hat
Frau Präsidentin, wir beantragen aufgrund der morgigen Bundesratssitzung sofortige Abstimmung.
Wir möchten es gerne als Empfehlung in die Innenausschusssitzung des Bundesrats geben.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 15. Juli 2010 wurde die rechtsverbindliche Rücknahmeerklärung bei der UN in New York hinterlegt. Damit gilt Artikel 3 Abs. 1 UN-Kinderrechtskonvention unbeschränkt. Das heißt - ich zitiere -:
„Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel, ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungs
organen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu handhaben ist.“
Es ist Pflicht und Aufgabe aller deutschen Behörden und Gerichte, dem Vorrang des Kindeswohls Geltung zu verschaffen. Daran hat sich auch diese Landesregierung zu halten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir erwarten, dass dies, Frau Ministerin Özkan, auch für die vielen Kinderflüchtlinge und abgelehnten Asylbewerberkinder in Niedersachsen gilt. Es ist schlimm genug, dass uns das Bundesverfassungsgericht zum wiederholten Male ins Stammbuch schreiben musste, dass Sie seit 20 Jahren das Grundgesetz missachten. Es ist für uns unerträglich, dass Menschen in Deutschland seit 20 Jahren wissentlich unter dem verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimum Überlebensstrategien entwickeln müssen. Es ist unfassbar, dass Sie diesen Menschen, Frau Lorberg, unter den Umständen, unter denen sie leben, allzu oft fehlenden Integrationswillen vorwerfen. Dieses Gesetz ist eine Schande für Deutschland, und nicht die Menschen sind es. Das Asylbewerberleistungsgesetz, dieses Sondergesetz, gehört abgeschafft, meine Damen und Herren.
Diese verfassungswidrigen Lebensumstände müssen Sie bei Ihrer Bewertung der Verwurzelung - das ist ganz wichtig, weil auch die verschiedenen Gerichtsentscheidungen hierzu Stellung genommen haben - von Asylbewerberinnen und Geduldeten in Deutschland berücksichtigen. Sie müssen auch berücksichtigen, welche Geschichten die Familien mit sich tragen.
Ahmed Siala ist kurz vor dem Krieg im Libanon geboren. Er hat als Kind die Hölle von Beirut erfahren müssen, genauso wie seine Eltern und Gazale. Sie sind nach Deutschland geflohen und sind hier niemals als Flüchtlinge anerkannt worden, ähnlich wie Tausende Kurden aus Syrien, die über Jahrzehnte hier geduldet waren, bei denen man nun feststellt, dass eine Anerkennung als Flüchtling wohl doch angebracht wäre, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Sie werfen einem Sechsjährigen bei seiner Einreise die Täuschung der Identität vor. Das ist zynisch.
Sie wissen, dass Ahmed Siala im Libanon geboren wurde. Sie wissen, dass er die libanesische Staatsangehörigkeit besitzt, und Sie wissen um die Willkür der Eintragung von Angehörigen in türkische Registerauszüge. Sie wissen aber auch um den türkischen Registerauszug, der der Familie zum Verhängnis wurde und der mehrere Unbereimtheiten aufweist.
Sie wissen, dass ein DNA-Test zu dem Ergebnis kommt, dass, um ein Beispiel zu nennen, ein auf dem Registerauszug genannter angeblicher Bruder des Vaters kein Bruder sein kann. Das betone ich ausdrücklich, weil immer wieder ein negativer Entscheidungsaspekt - auch in den Stellungnahmen des Innenministeriums - die Identitätstäuschung ist. Sie werfen weiterhin diese Täuschung vor, sehr geehrte Damen und Herren.
Sie betonen die mangelnde Integration der Familie. Woran machen Sie das fest? Hauptschulabschluss statt Abitur? Am mit 100 Tagessätzen geahndeten Verstoß gegen das Fleischhygienegesetz? - Letzteres hat nicht einmal das Bundesverwaltungsgericht als Ausschlussgrund zur Bewertung der Verwurzelung von Ahmed in seiner Heimat Deutschland herangezogen. Im Gegenteil: Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Neubewertung der außergewöhnlichen Härte aus humanitären Gründen eingefordert.
Unabhängig von den bisherigen unterschiedlichen Auffassungen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, Tausender Menschen in Deutschland, die an dem Fall Anteil nehmen, vieler Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, der Kirchen und der Menschenrechtsorganisationen, die zu diesem Fall Stellung genommen haben, auf der einen Seite und der Niedersächsischen Landesregierung und ihrer Fraktionen auf der anderen Seite sollte für die Beratung im Ausschuss das Kindeswohl im Vordergrund stehen. Deshalb möchte ich am Ende meiner Rede mit Erlaubnis der Präsidentin Herrn Dr. Seiters, Bundesminister a. D., zitieren:
„Meine tiefe Sorge gilt vor allem den Kindern der Familie, die offenbar unter der Situation leiden müssen, bei der ich mich frage, ob der Gesetzgeber diese wirklich gewollt hat. Als Präsident eines Verbandes, der dem Grundgesetz der Menschlichkeit verpflichtet ist, kann und will ich diesen Einzelfall nicht ignorieren, dessen Tragik vor allem darin besteht, dass die mit der Prüfung befassten Behör
den aufgrund ihrer Vorgaben ebenso zu kinder- und familienfreundlicheren Entscheidungen gelangen können und müssen.“
Genau an diesem Punkt sind, wie ich meine, Politik und Verwaltung gemeinsam gefordert, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich Einzelfälle wie der der Familie Siala-Salame nicht mehr wiederholen. Ich würde mich sehr freuen, wenn eine Zusammenführung dieser Familie in Kürze zustande kommen könnte.
Meine Damen und Herren, dem ist nur noch hinzuzufügen, Herr Ministerpräsident, Frau Ministerin Özkan: selbstverständlich nach Hause - nach Niedersachsen.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesem Fall ist es sehr schwierig, auf jedes Detail einzugehen. Das sollten wir im Ausschuss machen, weil dieser Fall sehr komplex ist. Ich möchte aber dennoch versuchen, ein paar Dinge richtigzustellen.
In diesem Fall - das habe ich dargestellt - haben wir unterschiedliche Auffassungen darüber, wie die Verwurzelung von Herrn Siala zu bewerten ist. Sie haben gesagt, dass die Familie Önder/Siala nicht integriert sei. Wir bewerten dies anders. Aber alle sind sich darin einig, dass im Zentrum der Entscheidung das Kindeswohl steht. Das habe ich
auch in meiner Rede deutlich zu machen versuchen.
Nichtsdestotrotz möchte ich in der Kürze der Zeit noch auf einige Punkte eingehen. Sie haben gesagt, die Dauer des Aufenthalts sei nicht entscheidend. Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang noch einmal auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hinweisen. Dort können Sie das unter Nr. 22 auf Seite 14 nachlesen: Von erheblichem Gewicht ist vorwiegend die Dauer des Aufenthalts. - Das wird dann im Detail weiter ausgeführt. Am Ende wird dies aber wieder ein wenig eingeschränkt, und es wird gesagt: Aufgrund der Täuschung der Eltern kommt der gesamten Dauer ein geringeres Gewicht zu. „Damit kommt der Aufenthaltsdauer“ - ich zitiere aus dem Gerichtsurteil - „insgesamt nicht das Gewicht zu, wie wenn der Aufenthalt formell und materiell in jeder Hinsicht unbedenklich wäre.“
Diese Unbedenklichkeit bezieht sich auf die Identitätsfeststellung.
Ein anderer Punkt, auf den Herr Krumfuß eingegangen ist: Wir haben mehrere Schreiben zur Integrationsbeurteilung, die auch Teil des Verfahrens in der Härtefallkommission waren. In einem Schreiben des Landkreises Wolfenbüttel zu dem Schlachtbetrieb, in dem Herr Siala seinerzeit Geschäftsführer war, heißt es u. a. - ich zitiere -:
„… hiermit bestätige ich Ihnen gerne, dass der Abteilung für Verbraucherschutz und Veterinärangelegenheiten des Landkreises Wolfenbüttel während der Zeit Ihrer Tätigkeit von 2006 bis 2008 in dem Schlachtbetrieb … keine Beschwerden amtlich zur Kenntnis gelangt sind.“
Ich zitiere weiter:
„Ihre Offenheit und Ihr Verständnis für die deutsche und europäische Rechtslage …“
„… im Lebensmittel- und Tierseuchenrecht ermöglichten über zwei Jahre eine gute Zusammenarbeit.“
Es gibt also Dokumente dafür, dass diese Widersprüchlichkeit, die heute der Innenminister aufgezeigt hat, nicht so klar gegeben ist. Es ist wirklich Teil der Ausschussberatungen, sich davon noch einmal ein detailliertes Bild zu machen. Darum bitte ich Sie.
Vielen Dank.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es ein bisschen schade, dass hier suggeriert wird, dass wir uns einer konstruktiven Mitarbeit vielleicht nicht verweigert, dass wir aber nicht daran mitgewirkt hätten.
Ich finde schon, dass wir nicht nur hier in Hannover, sondern auch in den Niederlanden und in der Grenzregion auf niedersächsischer Seite außerordentlich intensiv diskutiert haben. Aber es ist nun einmal so, dass bei gemeinsamen Anträgen die kleinen Nebensätze entscheiden oder auch das, was zwischen den Zeilen steht. Liebe Frau Rakow, deswegen finde ich es schade, dass Sie das so kritisch dargestellt haben, zumal Sie wissen, dass wir bei großen Infrastrukturvorhaben wie Autobahnen - in dem Fall der E 233 - eine andere Position vertreten als die Sozialdemokraten und das so klar auch im Ausschuss gesagt haben.
Wenn es dann heißt, dass aus dem Entschließungstext jeder herauslesen könne, was er möchte, dann können wir das nicht mittragen. Denn wir befinden uns noch in der Opposition, und es wird das umgesetzt, was Herr Hogrefe oder die Landesregierung hineininterpretieren.
Ich möchte aus der Pressemitteilung von Herrn Hogrefe zitieren, die er schon während der Ausschussberatung veröffentlicht hat. Darin heißt es - mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich -:
„‚Um ein neues Kapitel in den nachbarschaftlichen Beziehungen aufzuschlagen, müssen wir auch die grenzübergreifende Verkehrsplanung stärker aufeinander abstimmen‛, sagte der CDU-Europapolitiker und forderte den zügigen Ausbau der E 233.“
Aus diesem Grund können wir dem Antrag so nicht zustimmen. Wir haben auch an anderer Stelle Verbesserungsvorschläge gemacht. Die hätten Sie mitgetragen. Aber das war der entscheidende
Punkt: Wir interpretieren in den Text etwas anderes hinein, aber das würde nicht umgesetzt, sondern nur das, was die Landesregierung hineininterpretiert. Insofern werden wir dem heute nicht zustimmen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Frau Lesemann, natürlich werden wir diesem Antrag zustimmen. Wir haben auch in der Vergangenheit hier in diesem Parlament verschiedene Initiativen aus den Reihen der Opposition zu diesem Thema gehört und verabschiedet - leider bisher ohne die Stimmen der CDU und der FDP. Das ist, wie ich finde, sehr schade, zumal die doppelte Staatsbürgerschaft
wirklich der Ausdruck einer Einwanderungsgesellschaft ist.
Bündnis 90/Die Grünen wollen keine Deutschen mit Verfallsdatum. Wir wollen keine Immigranten erster, zweiter und dritter Klasse. In der Integrationskommission wurde einstimmig bei allen Initiativen deutlich, dass von diesem Bundesland erwartet wird, dass es sich endlich im Sinne ihrer Rechte für eine doppelte Staatsbürgerschaft und die Abschaffung des Optionszwangs einsetzt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Statistische Bundesamt veröffentlicht Zahlen, die zeigen, dass in den letzten Jahren fast über 90 % aller EU-Bürger und -Bürgerinnen als Doppelstaatlerinnen und -staatler eingebürgert wurden. Die Zahl der türkischstämmigen Betroffenen betrug dagegen nur 18 %.
Vor diesem Hintergrund möchte ich betonen, dass die Einbürgerungszahlen seit 2006 rückläufig sind - sie sind um 25 % gesunken. Im europäischen Vergleich ist Deutschland Schlusslicht bei der Einbürgerungsquote. Das sollte Ihnen allen ein Warnsignal sein.
Meine Damen und Herren von der CDU, Doppelpass ja, aber nicht für jeden - das ist Ihre Devise. Wir Grünen - das möchte ich abschließend betonen - wollen keine Menschen erster, zweiter und dritter Klasse. Grüne kämpfen für eine multinationale Gesellschaft und erteilen populistischen Äußerungen auf Kosten türkischstämmiger oder arabischstämmiger Menschen in dieser Republik eine Absage. Mehrstaatigkeit ist kein abzuschaffender Zustand, sondern Ausdruck einer vielfältigen und toleranten Gesellschaft, Frau Ministerin Özkan.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Lieber Herr Kollege Oetjen, ich hatte mich zu einer Zwischenfrage gemeldet, weil Sie die Kritik am Optionszwang und dessen Begründung teilen.
Sie sagten, Sie seien Vater einer Tochter mit doppelter Staatsbürgerschaft. Vor diesem Hintergrund würde mich wirklich interessieren, wie Sie emotional auf die Pressemitteilung der Kollegin Lorberg reagiert haben, in der es heißt - ich möchte mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren -:
„Im Übrigen dürfte eine Abschaffung des Optionszwangs dazu führen, dass die Mehrstaatlichkeit nach und nach zur Regel wird. Damit“
- jetzt kommt es -
„würde die doppelte Staatsbürgerschaft zu einem Integrationshindernis.“
- Herr McAllister! -
„Warum noch die deutsche Sprache lernen, warum sich zur bundesdeutschen Werte- und Grundordnung bekennen, wenn die deutsche Staatsangehörigkeit zum Nulltarif zu haben ist?“
Teilen Sie eine solche Pressemitteilung? Wissen Sie, was das bei Migranten und Migrantinnen auslöst?
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir begrüßen den Antrag der Fraktion der SPD. Er kommt zum richtigen Zeitpunkt und ist von der Grundausrichtung her richtig.
Herr Hegewald, es ist auch wichtig, dass Sie eine kritische Analyse der bisherigen Förderpraxis betreiben.
Wir haben im Februar dieses Jahres in Brüssel einen Beschluss zur Zukunft der Kohäsionspolitik der Europäischen Union gefasst. Wir haben mit der gesamten Fraktion nicht nur einen Blick in die vergangene und derzeit laufende Förderpraxis geworfen, sondern uns auch zu den Kommissionsvorschlägen positioniert, die derzeit auf allen Ebenen heftig debattiert werden.
Ich möchte nur einige Anmerkungen zur Halbzeitbilanz zur bisherigen Förderpraxis machen, die 2010 veröffentlicht wurde.
Bei der Halbzeitbilanz der EFRE-Förderprogramme 2010 wurde eine strategische Schwäche der niedersächsischen Fördermaßnahmen festgestellt, insbesondere was die energie- und klimapoliti
schen Herausforderungen betrifft. Bei der ESFHalbzeitbilanz wurden gravierende Defizite festgestellt. Dazu haben Sie gar nichts gesagt.
Vor diesem Hintergrund begrüßt unsere Fraktion die Vorschläge der Kommission und würde in den Beratungen im Ausschuss gerne noch mehr auf die Kommissionsvorschläge eingehen. Denn hier wird zum ersten Mal darauf verwiesen, dass sich die Strukturförderprogramme wirklich an den EU2020-Zielen zu orientieren haben. Das bedeutet eine nachhaltige und zukunftsgerichtete Strukturpolitik, ganz klar ausgerichtet - das sagen wir als Grüne - an dem Green New Deal, um die Klimaschutzziele, die wir uns gesetzt haben, und eine ressourcenschonende Wirtschaftspolitik endlich verwirklichen zu können.
Man muss dazu sagen: Vordergründig unterstützen Sie die EU-2020-Ziele; das haben Sie im Juni auch im Bundestag wieder gemacht. Sie öffnen aber gleichzeitig Hintertüren, um z. B. mit dem Argument der Tourismusförderung wieder Autobahnen bauen oder andere Leuchtturmprojekte realisieren zu können. Sie wollen auf der einen Seite die Förderung auf kleine und mittelständische Unternehmen konzentrieren, wollen auf der anderen Seite aber auch die Großindustrie nicht ausschließen. Wir meinen, das Gießkannenprinzip, das in der Vergangenheit praktiziert wurde, kann gerade aufgrund der reduzierten Mittel zukünftig nicht mehr verfolgt werden.
Wir brauchen - dem stimme ich zu - eine moderne, zukunftsweisende Strukturpolitik auch in Niedersachsen.
Lassen Sie mich auch vor dem Hintergrund der Diskussionen um den Fiskalpakt sagen: Es wird parallel auf EU-Ebene der mehrjährige Finanzrahmen der Europäischen Union diskutiert. Dieser mehrjährige Finanzrahmen bildet sozusagen das Grundkorsett für die Ausgestaltung der Struktur- und Förderprogramme. Wir wissen ja noch gar nicht, wie viel Geld letztendlich für die Fonds zur Verfügung steht, weil unsere Bundeskanzlerin und die Fraktionen im Bundestag bis zu 100 Milliarden am mehrjährigen Finanzrahmen sparen wollen.
Mit der flächendeckenden Förderung für ganz Niedersachsen verkaufen Sie eine Mogelpackung, wenn Sie auf der anderen Seite auf EU-Ebene Kürzungen vornehmen oder die Europäische Kommission und die Parlamente dazu drängen, bis
zu 100 Milliarden Euro in diesem Bereich zu kürzen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Entwicklungen sind - Herr Aller hat es gesagt - sehr dynamisch, was europäische Angelegenheiten betrifft. Zwei Ereignisse waren in dieser Woche entscheidend für die Debatte heute im Landtag.
Zum einen war das das Karlsruher Urteil zur Klage unserer Fraktion im Bundestag. Meine Damen und Herren, die Grünen haben in ihrem Kampf für starke Parlamentsrechte vor dem Bundesverfassungsgericht einen wichtigen Sieg errungen.
Das muss an dieser Stelle noch einmal gesagt werden, weil das auch Inhalt des SPD-Antrags ist, dem wir zugestimmt haben. Damit wurde zum einen Schäubles Vernebelungstaktik von den Richtern abgestraft und zum anderen - das möchte ich hier betonen - der unwürdige Zustand, dass sich Abgeordnete die Informationen und Unterlagen von Parlamenten aus den Nachbarländern besorgen müssen. Sie müssen sich dieses Urteil wirklich einmal durchlesen. Es ist unfassbar, wie in solch entscheidenden Fragen mit Parlamentsrechten umgegangen wird. Deshalb war diese Woche wirklich eine gute Woche für die Stärkung der Demokratie in Europa.
Für die Bundesregierung ist das Urteil eine herbe Niederlage. Monatelang hat sie das Parlament an der Nase herumgeführt. Für uns hier in Niedersachsen ist wichtig, dass das bisherige Motto „Friss oder stirb“ passé ist.
Zum anderen darf der Fiskalpakt die Bedingungen der nationalen Schuldenbremse für Länder und Kommunen nicht verschärfen. Das hat der Kollege Hans-Jürgen Klein gestern in der Beratung zu unserem Antrag deutlich gemacht. In den Kurzinterventionen sind meine Kollegen darauf eingegangen. Wir haben das in Bezug auf den Abbaupfad bis 2020 mit Blick auf Artikel 109 des Grundgesetzes deutlich gemacht. Die Ausnahmen dürfen nicht eingeschränkt werden. Es bedarf einer angemessenen Finanzausstattung, einer lastengerechten Steuerpolitik und - ganz wichtig - der kritischen Bewertung der gesamtstaatlichen Aufgabenverteilung. Das ist auch in Ihrem jetzt eingebrachten Änderungsantrag nicht ausreichend berücksichtigt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Zum Abschluss: Herr Kollege Dr. Matthiesen, Sie schreiben in Ihrem Antrag selbst, dass der Fiskalpakt ein Instrument der Krisenprävention ist. Was wir aber wirklich brauchen, um die Probleme der Euroländer zu lösen, ist, dass die Refinanzierungsschwierigkeiten gelöst werden und der Zinsdruck aus den Märkten genommen wird. Wenn das nicht passiert, bringen alle anderen Instrumente nichts. Bis heute verweigern Sie sich den Vorschlägen des Sachverständigenrates, einem Schuldentilgungsfonds zuzustimmen oder Eurobonds einzuführen.
Das Wichtigste ist es, den Zinsdruck aus den europäischen Krisenländern herauszunehmen. Erst dann wirken Instrumente wie der Fiskalpakt oder ähnliche Wachstums- und Investitionsprogramme.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass der Minister gerade selber noch einmal ausgeführt hat, dass im Gesetzestext „abweichend von den Erteilungsvoraussetzungen im Aufenthaltsgesetz“ steht und bei grundlegenden Entscheidungen nur humanitäre und persönliche Gründe relevant sind, frage ich die Landesregierung: Warum werden über die vom Bundesgesetzgeber formulierten Kriterien hinaus in der Verordnung weitere Kriterien formuliert, und welche sind das?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass Sie auf meine Frage, welche Ausschlusskriterien über die vom Bundesgesetzgeber formulierten hinaus Ihre Verordnung vorsieht, nicht ganz korrekt geantwortet haben, weil Sie auch Ausschlussgründe erwähnt haben, die der Bundesgesetzgeber formuliert hat, möchte ich auf einen konkreten Ausschlussgrund eingehen, der immer wieder in der Diskussion ist, und zwar den Nichtannahmegrund des Abschiebetermins. Sie haben die Verordnung im vergangenen Jahr insoweit korrigiert, als auch ein Abschiebetermin, der in der Vergangenheit festgestanden hat, ein Nichtannahmegrund ist. Das war z. B. für die Familie Nguyen 2007 ein Verhängnis. Ich möchte Sie vor diesem Hintergrund fragen, mit welcher Intention Sie einen Abschiebetermin, der z. B. vor zehn Jahren festgestanden hat, hier als Ausschlussgrund formulieren, obwohl doch humanitäre und persönliche Gründe Vorrang haben sollten.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Herr Schünemann, Sie haben gerade zumindest hier im Plenum festgestellt, dass ein Abschiebetermin, der bereits in der Vergangenheit festgestanden hat, doch kein
absoluter Nichtannahmegrund ist, wenn ich Sie richtig verstanden habe.
- Das ist sehr interessant. Ich werde Sie noch auf Einzelfälle hinweisen.
Zu meiner Frage, Herr Präsident. Vor dem Hintergrund, dass mit Stand Ende 2011 - Härtefallkommissionsbericht - seit 2006 680 Eingaben eingegangen sind, frage ich: Wie viele Personen oder Fälle haben nach der Anordnung des Innenministeriums tatsächlich eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 a Aufenthaltsgesetz in dem Zeitraum 2006 bis Ende 2011 erhalten?
Herr Präsident! Im Rahmen der Dringlichen Anfrage haben Sie, Herr Minister Schünemann, mir vorgeworfen, die Härtefallkommissionsverordnung nicht verstanden zu haben. Weil wir in diesem Zusammenhang von der Familie Nguyen gesprochen haben, gehe ich davon aus, dass Sie mich missinterpretiert haben.
Sie haben sich auf den Abschiebeversuch im vergangenen Jahr bezogen. Ich habe mich auf die Situation 2006/2007 bezogen. In dieser Zeit hätte der Fall der Familie Nguyen gelöst werden können. Die Familie flüchtete sich damals ins Kirchenasyl, und Sie haben zu diesem Zeitpunkt aufgrund des Ausschlussgrunds in Ihrer Verordnung den Zugang zur Härtefallkommission verweigert. Das hat damals schon zum Eklat geführt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Entscheidung über das Schicksal von Menschen bedeutet eine sehr große Verantwortung. Der Rücktritt von Herrn Dr. Johann Weusmann als Vertreter der evangelischen Kirche und die Entscheidungen von Caritas Direktor Dr. HansJürgen Marcus und Superintendent Philipp Meyer, ihre Arbeit in der Härtefallkommission vorerst ruhen zu lassen, sollten uns allen ein Warnsignal sein, Herr Nacke.
Mit Herrn Dr. Weusmann verliert die Kommission zum wiederholten Male einen engagierten Experten in Flüchtlingsfragen. Uns hat zu diesem Thema auch eine Petition des ehemaligen Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Professor Dr. Ernst Gottfried Mahrenholz, erreicht. Er fordert, der Menschlichkeit in Niedersachsen und der Einzelfallgerechtigkeit gebührenden Raum zu schaffen. Recht hat Herr Dr. Mahrenholz.
Meine Damen und Herren, so kann es nicht weitergehen! Wir brauchen keine Härtefallkommission, die den Geist von Minister Schünemann widerspiegelt. Wir brauchen eine Härtefallkommission, die humanitären Gründen den Vorrang gibt.
Wenn Herr Dr. Weusmann seinen Rücktritt mit den Worten erklärt - mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich, Herr Präsident - „Ich muss als Kirchenvertreter darauf achten, dass humanitäre Gründe den Vorrang haben“, dann erwarten wir, dass Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, endlich erkennen, dass dieser Innenminister zum wiederholten Male versucht, Ihnen eine Härtefallkommissionsverordnung unterzujubeln, die eben nicht der Humanität den Vorrang gibt.
Es ist ja nicht das erste Mal, dass diese Kommission in der Krise steckt und Mitglieder aus Protest die Kommission verlassen oder die Arbeit unter den Schünemann’schen Bedingungen verweigern. Ende 2007 sind die beiden Kommissionsmitglieder Jochen Flitter von der AWO und Günter Famulla vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Niedersachsen zurückgetreten. Hinzu kommen zwölf weitere ausgeschiedene Mitglieder und drei Mitglieder, deren Amtszeit Ende 2009 endete und die ihre Arbeit nicht fortgesetzt haben.
Umso dringender, liebe Kolleginnen und Kollegen, appellieren wir heute an die Landesregierung, eine grundlegende Reform der Härtefallkommission vorzunehmen.
Für viele Menschen ist die Härtefallkommission die letzte Chance, ein Aufenthaltsrecht und damit eine dauerhafte Perspektive in ihrer Heimat Niedersachsen zu erhalten. Die Härtefallkommissionsverordnung des Landes wird mit dem vorgelegten Änderungsentwurf nicht besser.
Das haben die Reaktionen der angehörten Verbände mit ihrem Streik und ihren kritischen Stellungnahmen gezeigt, Herr Güntzler.
Sie konterkariert auch die Intention des Bundesgesetzgebers. In § 23 a des Aufenthaltsgesetzes ist klar formuliert - schauen Sie noch einmal nach, Herr Güntzler -: Die Person muss vollziehbar ausreisepflichtig sein, also ein abgelehnter Asylbewerber. Ferner müssen „dringende humanitäre oder persönliche Gründe“ vorliegen. Mehr nicht, meine Damen und Herren, mehr nicht! Nur ein einziger Ausschlussgrund wird im Gesetz formuliert: Betroffene Personen dürfen keine „Straftaten von erheblichem Gewicht“ begangen haben. Mehr nicht!
In Niedersachsen sind wir von der Klarheit und Übersichtlichkeit des Aufenthaltsgesetzes an diesem Punkt weit entfernt. Nein, noch schlimmer! Der von Ihnen vorgelegte Verordnungsentwurf, der sich zurzeit im Anhörungsverfahren befindet, ist mal wieder eine Mogelpackung: zehn Nichtannahmegründe, vier Ausschlussgründe. Die Aufnahme von Jugendstrafen als absoluter Nichtannahmegrund stellt nicht die vom Innenminister behauptete Klarstellung dar, sondern ist eine Verschärfung, weil sie entgegen der Auffassung von Minister Schünemann vorher nicht erfasst waren.
Weitere Verschärfungen ergeben sich aus den neuen Regeln zu Nichtannahmegründen, nämlich einem Voraufenthalt von weniger als drei Jahren und der offensichtlichen Erfolglosigkeit - ein unbestimmter Rechtsbegriff. Auch die Erhöhung der für die Beschlussfähigkeit erforderlichen Mindestzahl der Anwesenden in Verbindung mit einer zeitlichen Befristung kann fatale Folgen haben; denn die Mitglieder müssen eine hohe Sitzungsfrequenz mit der Anwesenheit von sieben Mitgliedern einhalten, um zu vermeiden, dass sich die Fälle ansonsten von selbst erledigen, und zwar zulasten der Betroffenen, meine Damen und Herren. Wo ist hier, bitte schön, die Unabhängigkeit der Kommission gewährleistet, wenn das Innenministerium eine Verordnung erlässt, die vorsortiert, aussortiert und blockiert?
Wir brauchen eine handlungsfähige Härtefallkommission, die den Vorgaben des Artikels 1 des Grundgesetzes gerecht wird und die Handlungsspielräume von § 23 a des Aufenthaltsgesetzes ausschöpft.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine kleine Vorbemerkung: Zur Art und Weise, wie der Vertreter aus dem Innenministerium die Fragen gestellt hat - zumal Sie immer davon ausgehen müssen, dass wir uns in einem Land befunden haben, in dem es ethnische Konflikte gegeben hat -, möchte ich sagen, dass man einfach berücksichtigen muss, dass Roma in einem antiziganistischen Umfeld leben, und da macht es einen Unterschied, wen man befragt. Man muss natürlich Aussagen verifizieren. Aber das können wir dann im Ausschuss noch einmal im Detail besprechen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Übernehmen Sie Verantwortung für die Menschen, die hier in Niedersachsen Schutz suchen! Übernehmen Sie Verantwortung für die Minderheiten aus dem Kosovo, die wir nicht erneut in ein Schicksal abschieben dürfen, welches für Elend und Perspektivlosigkeit steht! Berücksichtigen Sie bei Ihrer Bewertung die fatalen Folgen der Rückführungsmaschinerie für den Kosovo, der noch sehr instabil ist! Das hat uns die KFOR gesagt.
Der Kosovo hat mit verschiedenen Mitgliedstaaten der EU Rückübernahmeabkommen geschlossen - nicht nur mit Deutschland -, um - das wurde hier bereits gesagt - dem Ziel der europäischen Integration, der Visa-Liberalisierung ein Stück näher zu kommen.
Es wurde sehr schnell deutlich - dies bestätigten die verschiedenen NGOs; ich glaube auch, dass die Vertreter der CDU das ähnlich sehen -, dass der von den Regierungsvertretern immer wieder - auch uns gegenüber - betonte politische Wille, die rückgeführten Menschen zu integrieren und die verschiedenen ethnischen Minderheiten zu integrieren, nur ein Lippenbekenntnis auf dem Weg zur europäischen Integration war.
Die Reise in die Republik Kosovo hat deutlich gezeigt, wie fatal die Folgen der Abschiebung insbesondere für Menschen von Minderheiten sind. Es ist ganz wichtig, von „freiwillig Rückgeführten“ zu sprechen, von „Zwangsrückgeführten“ und dann zwischen den Ethnien zu differenzieren. Das Bild, das wir dort gesehen haben, war sehr unterschiedlich. Es sind vor allem die Kinder, die unter der zwangsweisen Rückkehr am stärksten leiden.
In dem von UNICEF vorgestellten Bericht „Stilles Leid“, den ich wirklich allen empfehle, weil er doch sehr sachlich und fachlich die Entwicklung über Jahre darstellt, wird deutlich, dass diese Kinder mehrfach traumatisiert sind: der Schock der Abschiebung, der Verlust der Heimat - vielleicht zum zweiten Mal -, der Schock, im Elend gelandet zu sein.
Die Roma-Familien leben meist unter unvorstellbaren Lebensbedingungen. Die Fahrt, die wir ja dann doch noch kurzfristig in den Ort Plemetina eingeplant haben, hat gezeigt, wie eine solche Endstation für Roma aussieht - nach den Überbrückungshilfen durch URA 2. Bei einer Arbeitslosigkeit von 99 % in dieser Gruppe ist eine Reintegration ausgeschlossen. Dazu, eine Überbrückung nach sechs Monaten, nach einem Jahr bei einer so hohen Arbeitslosigkeit hinzukriegen, fragen Sie hier einmal einen Arbeitsmarktexperten im Jobcenter!
Da können Sie von Niedersachsen noch so viele Lohnkostenzuschüsse zahlen und Hilfe zum Lebensunterhalt im Rahmen URA 2 leisten.
Die Roma werden zudem nach wie vor im Konflikt zwischen Serben und Kosovo-Albanern aufgerieben. Die Roma-Kinder sind von serbischen Lehrern unterrichtet worden. Würde dieser Konflikt wieder aufkeimen, sind sie die Ersten, die Opfer dieser Konflikte sein werden.
Die Vertreterin von UNICEF berichtete im Gespräch davon, dass Kinder aus Minderheiten sowohl von Sprachbarrieren als auch von Mobbing, Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung in der Schule erzählen. Das gilt insbesondere für zwangsrückgeführte Kinder.
Auch die von uns besuchte Familie Meta aus dem Landkreis Cuxhaven berichtete von einem Übergriff auf den jüngsten Sohn. Die jüngeren Mädchen
fürchteten sich, allein auf die Straße zu gehen, und sprachen von der Angst, vergewaltigt zu werden.
Das sind subjektive Wahrnehmungen, aber die muss man ernst nehmen.
Der Appell der Familie an die Delegation war eindeutig: Wir wollen nach Hause.
Meine Damen und Herren, wie sollen die Kinder im Kosovo integriert werden, Herr Güntzler, die unter Angst und Heimweh leiden? - Wir haben ja festgestellt, das Angebot, es anzunehmen, ist nicht da, weil diese Menschen nach Hause wollen. Das wurde auch bei der Familie Meta ganz deutlich.
Eine Familie, die ich in Plemetina sprechen konnte, als Sie ja nicht so richtig aus dem Bus aussteigen oder zumindest nicht in die Behausung oder in das Haus gehen wollten, weil auch der Dolmetscher davor gewarnt hatte, und die aus Bramsche abgeschoben worden war, wohnte dort unter unmenschlichen Bedingungen - das ist eben diese Endstation nach URA 2 - mit acht Personen auf 12 m² mit einem Kohleofen. Ich konnte in diesem Raum kaum atmen.