Geburtstag hat heute die Abgeordnete Pia-Beate Zimmermann. Herzlichen Glückwunsch im Namen des ganzen Hauses!
Ich leite jetzt zur Tagesordnung über: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 14, Dringliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratung - bis auf den Tagesordnungspunkt 29, den wir bereits gestern behandelt haben - in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.
An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, wird erinnert.
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt von der Fraktion der CDU Herr Höttcher, von der Fraktion der SPD Herr Brinkmann, Herr Klein sowie Frau Hartmann und von der Fraktion der FDP Herr Dr. Rösler.
Bevor ich die einzelnen Fragen aufrufe, möchte ich daran erinnern, dass für die Behandlung Dringlicher Anfragen nach der im April 2008 beschlossenen Änderung der Geschäftsordnung folgende Regeln gelten:
Jede Fraktion kann bis zu vier Zusatzfragen stellen. Das fraktionslose Mitglied des Landtages kann bei der Behandlung der Dringlichen Anfragen in einem
Tagungsabschnitt insgesamt eine Zusatzfrage stellen. Zusatzfragen dürfen nicht verlesen werden. Sie müssen zur Sache gehören und dürfen die ursprüngliche Frage nicht auf andere Gegenstände ausdehnen. Die Zusatzfragen müssen knapp und sachlich sagen, worüber Auskunft gewünscht wird. Anfragen, durch deren Inhalt der Tatbestand einer strafbaren Handlung begründet wird oder die Werturteile oder parlamentarisch unzulässige Wendungen enthalten, sind unzulässig.
Ich weise besonders darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nach der jetzigen Regelung nicht mehr zulässig sind.
Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, sich nach wie vor schriftlich zu Wort zu melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.
Initiativen der Landesregierung gegen die Fahrpreiserhöhung der Deutschen Bahn AG - Höhere Fahrpreise und teurere Bahncards - Anfrage der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/451
Mir liegt noch keine Wortmeldung vor, aber ich gehe davon aus, dass die Dringliche Anfrage jetzt eingebracht wird. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bahnkunden in Deutschland sollen nach dem Willen der Deutschen Bahn AG vom 14. Dezember 2008 an tiefer in die Tasche greifen. Die Deutsche Bahn AG kündigte am 29. August 2008 Fahrpreisanstiege um durchschnittlich 3,9 % an. Bahncards sollen durchschnittlich 3,6 % mehr kosten. Es ist bereits die elfte Fahrpreiserhöhung der Deutschen Bahn AG seit Beginn der ersten organisatorischen Stufe der Bahnreform im Jahr 1994, mit der die Bahnprivatisierung eingeleitet wurde.
Wer seine Fahrkarten für ICE und Intercity nicht am Automaten oder im Internet kauft, sollte im Reisezentrum zusätzlich 2,50 Euro für einen sogenannten Bedienzuschlag pro Strecke zahlen. Vor allem für ältere Menschen, die kein Internet haben und die komplizierte Handhabung der Fahrkartenautomaten nicht beherrschen, wäre der Bedienzuschlag in ihren Augen eine Strafgebühr gewesen. Erst
unter dem massiven Protest der Öffentlichkeit rückte der Vorstand der Deutschen Bahn AG in einer Krisensitzung am 12. September 2008 von der Einführung des Bedienzuschlags ab und teilte im Ergebnis mit, „keinen Zuschlag für den personenbedienten Verkauf einzuführen.“
Für die Fahrpreiserhöhungen gibt es angesichts der positiven Ertragsentwicklung der Deutschen Bahn AG keinen betriebswirtschaftlichen Grund. Offenbar soll die Deutsche Bahn AG mit dieser Preispolitik auf dem Rücken der Bahnkunden für den Börsengang fit gemacht werden. Damit will sich die Deutsche Bahn AG nach Auffassung fachkundiger Beobachter im Zuge der Kapitalprivatisierung vom Prinzip der Kundenorientierung verabschieden und sich allein von der Rendite für die Aktionäre leiten lassen. Mit der Vorgabe des Grundgesetzartikels 87 e, wonach dem Wohl der Allgemeinheit Rechnung zu tragen ist, hat dieses Vorgehen der Deutschen Bahn AG in den Augen dieser Beobachter nichts mehr im Sinn.
Die angekündigten Fahrpreiserhöhungen erfolgen in einem Umfeld, in dem gleichzeitig die Bundesregierung den Gesetzentwurf des Bundesrates vom 23. Mai 2008 zur Sicherstellung von Eisenbahninfrastrukturqualität und Fernverkehrsangebot ablehnt. Damit werden den Bundesländern, darunter dem Land Niedersachsen, gesetzlich verbriefte Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte einschließlich einer Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung im Zuge der Teilprivatisierung der Bahn verweigert. Gibt es diese ergänzenden gesetzlichen Regelungen nicht, besteht auch nach Expertenmeinung die Gefahr, dass die Bundesländer bald kein Geld mehr für den erforderlichen Erhalt und Ausbau des Schienennetzes haben.
1. Wie bewertet die Landesregierung die jetzt angekündigte bereits elfte Fahrpreiserhöhung der Deutschen Bahn AG seit Beginn der Bahnprivatisierung angesichts der guten Ertragsentwicklung des Verkehrsunternehmens und einer insgesamt moderaten allgemeinen Preissteigerungsrate im Zeitraum der vergangenen 14 Jahre?
2. Welche Zusammenhänge sieht sie zwischen den von der Deutschen Bahn AG für den 14. Dezember 2008 angekündigten Fahrpreiserhöhungen und dem im Rahmen der Kapitalprivatisierung des Unternehmens vorgesehenen Börsengang im Herbst des Jahres 2008?
3. Welche Schritte hat sie nach Bekanntwerden der Ablehnung des Gesetzentwurfs des Bundesrates zur Sicherstellung von Eisenbahninfrastrukturqualität und Fernverkehrsangebot seitens der Bundesregierung für die Wahrung gesetzlich verbriefter Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte der Länder im Rahmen der Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG gegenüber der Bundesregierung unternommen, und welche weiteren Maßnahmen sind seitens der Landesregierung vorgesehen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es in aller Klarheit zu sagen: Die Preispolitik der Deutschen Bahn AG ist gelegentlich weder transparent noch nachvollziehbar.
Für mich steht außer Frage, dass die jüngsten Überlegungen über Fahrpreiserhöhungen und zur Einführung von Bedienzuschlägen völlig kontraproduktiv und überhaupt nicht dazu geeignet waren, die Attraktivität der Schiene zu stärken. Es war höchste Zeit, dass die Schnapsidee eines Bedienzuschlags wieder aus der Welt ist.
Hinzuzufügen ist: Aus unserer Sicht ist auch die angekündigte Preiserhöhung von 3,9 % vor dem Hintergrund der Daten, die uns vorliegen, nicht gerechtfertigt.
Meine Damen und Herren, angesichts dieser klaren Aussage wollen wir die Bahnreform von 1993 und die damit erreichten Erfolge für die Bahnkunden dennoch nicht zurückdrehen. Der Schluss aus der aktuellen Diskussion muss vielmehr lauten: Der Markt für Verkehrsdienstleistungen auf der Schiene muss stärker dem Wettbewerb geöffnet werden; denn nur ein aktiver Wettbewerb bietet die Gewähr dafür, dass Kostentransparenz und damit eine faire Preisbildung eintreten. Die Landesregierung ist deshalb stets für eine deutlichere Trennung von
Netz und Betrieb eingetreten, damit sich gerade auch im Bereich des Personenfernverkehrs Wettbewerb einstellt. Dieser Gedanke liegt dem Gesetzentwurf der Länder zur Sicherung des Fernverkehrsangebotes zugrunde. Ziel ist nicht die Verstaatlichung dieses Bereichs durch die Hintertür, wohl aber die Sicherung der Daseinsvorsorge durch Vorgabe staatlicher Rahmenbedingungen.
Ganz anders stellt sich die Situation bei der Infrastruktur dar. Die Infrastruktur ist eine klassische Aufgabe der Daseinsvorsorge. Hier muss der Staat das Heft des Handelns in der Hand behalten. Deswegen ist es unabdingbar, dass die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, mit der der Bund die Finanzierung und die Qualitätssicherung der Schienenwege mit der Deutschen Bahn AG regeln will, klare, dezidierte und notfalls auch durchsetzbare Vorgaben für die Erhaltung des bestehenden Netzes macht. Die Länder, die zwingend auf intakte Schienenwege angewiesen sind und die als Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr einen Großteil der laufenden Kosten über Trassenentgelte finanzieren müssen, müssen in die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung eingebunden werden, und zwar nicht nur formal, sondern auch inhaltlich.
Zu 1: Wenn sich zeigt, dass eine ausgewogene Preisbildung nicht gewährleistet ist, stellt das Kartellrecht dafür Instrumentarien zur Verfügung. Parallel ist darüber nachzudenken, wie der Wettbewerb durch entsprechende Ausschreibungsbedingungen wiederbelebt werden kann. Aber der jetzige Vorgang, der doppelte Vorstoß in Richtung Preiserhöhung, wird natürlich ein Nachspiel in der Verkehrsministerkonferenz haben. Er wird Diskussionen und Überlegungen auslösen, wie man das zukünftig vielleicht früher in einem positiven Sinne beeinflussen kann.
Zu 2: Die Landesregierung beteiligt sich nicht an Spekulationen. Im Übrigen sieht die Landesregierung den Eigentümer Bund gefordert, unternehmerischen Fehlentwicklungen vorzubeugen oder diese - wie offensichtlich geschehen - zu korrigieren.
Zu 3: Die Bundesratsinitiative der Länder zielte zu keinem Zeitpunkt auf Beteiligungs- oder Mitwirkungsrechte bei der Preisbildung im Personenverkehr ab. Die Länder werden sich im Übrigen von der ablehnenden Stellungnahme der Bundesregierung nicht beeindrucken lassen und ihre Vorstellungen nicht isoliert, sondern gemeinsam weiter in
die politische Diskussion einbringen. Die nächste Verkehrsministerkonferenz Anfang Oktober bietet dafür eine geeignete Plattform.
Vielen Dank. - Zu einer Zusatzfrage erteile ich dem Abgeordneten Hagenah, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass im Zuge der offiziellen Rücknahme des Bedienzuschlages Pläne der Bahn geäußert worden sind, den gleichen Effekt im Zuge kommender Fahrpreiserhöhungen dadurch erzielen zu wollen, dass auf Fahrkarten aus dem Internet und aus Automaten zukünftig schlichtweg ein Rabatt gewährt wird - dies würde ja im Endeffekt das Gleiche bedeuten -, frage ich die Landesregierung: Ist der Bedienzuschlag aus der Sicht der Landesregierung tatsächlich dauerhaft aus der Welt, wie es der Minister gesagt hat?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hagenah, der Bedienzuschlag ist aus der Welt, weil dieser zu Mehrkosten gegenüber den heutigen Preisen führen würde. Schafft ein Unternehmen im Verhältnis zu den heutigen Preisen Vergünstigungen, so ist das von der Logik her etwas anderes.