Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 106. Sitzung im 35. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperiode.
Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 15: Dringliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Die heutige Sitzung soll gegen 19.15 Uhr enden.
Bitte geben Sie Ihre Reden bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, an den Stenografischen Dienst zurück.
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung Herr Ministerpräsident McAllister ab 16 Uhr, der Finanzminister, Herr Möllring, vormittags, der Minister für Umwelt und Klimaschutz, Herr Sander, ab 17 Uhr, von der Fraktion der CDU Frau HeisterNeumann und Herr Toepffer.
Es liegen drei Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus. Ich weise noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind. Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, möchte ich Sie bitten, sich nach wie vor schriftlich
Wie wird die Landesregierung ihre neuen Aufgaben im Rahmen des sogenannten Bildungspaketes umsetzen? - Anfrage der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/3659
- Vielleicht kann man die Gespräche reduzieren, damit der Herr Kollege auch entsprechend Gehör findet. Bitte!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verlese nun unsere Dringliche Anfrage zu dem Thema: Wie wird die Landesregierung ihre neuen Aufgaben im Rahmen des sogenannten Bildungspaketes umsetzen?
In ihrem Urteil vom 9. Februar 2010 haben die Verfassungsrichter die Regelsätze der Mindestsicherung umfangreich kritisiert und für verfassungswidrig erklärt.
Kernstück dieser Kritik war die nicht vorhandene eigenständige Bemessung der Bedarfe von Kindern, die ihnen ein Mindestmaß an sozialer Teilhabe und einen besseren Bildungszugang gewährleisten sollte.
Mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und des SGB XII vom 24. März 2011 wurde die von den Verfassungsrichtern gesetzte Frist einerseits um knapp drei Monate überschritten. Andererseits ist das Ergebnis dieser Reform bei vielen gesellschaftlich relevanten Gruppen - wie Kirchen, Sozialverbänden und Gewerkschaften - äußerst umstritten. Bemängelt wurden das intransparente Verfahren, die als zu gering erachtete Neubemessung der Regelsätze - u. a. Kritik am methodischen Wechsel von der Orientierung am Kaufverhalten der unteren 20 % zu den unteren 15 % der Einkommensbezieher - und die Favorisierung der Gutscheinpraxis zu Lasten einer möglichen Barauszahlung im Rahmen der Bildungs- und Teilhabeförderung für Kinder und Jugendliche.
Herr Kollege, ich unterbreche Sie kurz. - Vielleicht besteht die Möglichkeit, die Kurzinterventionen an der Kabinettsbank etwas einzustellen. - Bitte!
Ich verlese nun weiter unsere Dringliche Anfrage: Es ergibt sich hier eine Besonderheit im Rahmen des SGB II, da die Länder in der Umsetzung dieser Transferleistung die Rechtsaufsicht erhalten. Das niedersächsische Sozialministerium hat in diesem Zusammenhang einen Runderlass vom 12. April 2011 an die kreisfreien Städte, die Landkreise und die Region Hannover verschickt, in dem die landesrechtliche Regelung zur Bestimmung der Zuständigkeit und zur Verteilung der Finanzmittel angekündigt wurde. Mit einem Inkrafttreten dieser Regelung, deren Leistungsansprüche rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres gelten, könne jedoch nicht vor Juni 2011 gerechnet werden.
Die bundespolitische Finanzierung des sogenannten Bildungspaketes wird durch die Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft nach § 46 SGB II vorgenommen. Wie für den größten Teil der Bundesländer erhöht sich diese BBKdU in Niedersachsen im ersten Schritt von 24,5 auf 30,4 %. Mit dieser Anhebung sind die Warmwasserkosten, die Verwaltungskosten für das sogenannte Bildungspaket und befristet die pauschale Erstattung für das Hortmittagessen und Schulsozialarbeiter zu finanzieren.
1. Sieht die Landesregierung neben der Rechtsaufsicht auch Möglichkeiten einer gestalterischen Fachaufsicht durch das Land gegeben, und in welcher Weise wird sie diese gegebenenfalls ausüben?
2. Wie viele zusätzliche Stellen werden in Niedersachsen für die administrative Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes bei den Arbeitsagenturen/Jobcentern neu eingerichtet werden müssen, und wie viele zusätzliche Stellen werden im Rahmen dieser SGB-Reform in der Schulsozialarbeit in Niedersachsen auf Dauer etabliert, und
3. In welchem Umfang wurden in Niedersachen bisher Anträge für Leistungen aus dem Bildungspaket in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten sowie der Region Hannover gestellt, und welche Probleme bereitete hier die Tatsache, dass diese vorerst noch nicht bewilligt werden konnten?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regelungen des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs, aus denen sich das sogenannte Bildungspaket zusammensetzt, sind ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Ziel ist es, den Kindern und Jugendlichen aus Familien mit geringem Einkommen den Zugang zu besserer Bildung und mehr sozialer Teilhabe zu ermöglichen.
Wichtig ist, dass die Leistungen bei den Kindern direkt ankommen. Deshalb haben wir die Umsetzung als Sachleistung unterstützt und die Aufgabenwahrnehmung durch die Kommunen gefördert. Nach der Entscheidung des Gesetzgebers war der Landesregierung eine zügige Umsetzung wichtig.
Was ist bisher passiert? - Erstens. Die Zuständigkeit für die Aufgaben nach § 6 b des Bundeskindergeldgesetzes hat das Sozialministerium bereits mit Erlass vom 12. April geregelt. Damit sollte vermieden werden, dass Anträge von Leistungsberechtigten erst nach der im Bundesgesetz eingeräumten Übergangsfrist bewilligt werden. Auch wenn damit noch keine Regelung über die Finanzierung getroffen war, hat eine Vielzahl kommunaler Träger im Vertrauen auf die angekündigte Regelung die ersten Leistungen bewilligt.
Zweitens. Mit dem gestern verabschiedeten Gesetz zur Ausführung des SGB II und des § 6 b des Bundeskindergeldgesetzes hat der Landtag die notwendigen Regelungen für eine pragmatische Umsetzung in Niedersachsen auf den Weg ge
Daneben haben wir den Kommunen wertvolle Hilfestellung an die Hand gegeben. Mit Schreiben vom 15. März 2011 wurden den Kommunen erste Hinweise zur Rechtslage - u. a. zum Inkrafttreten, zu den Regelbedarfen sowie zum Bildungs- und Teilhabepaket inklusive der Übergangsregelung - gegeben. Zur Unterstützung der Kommunen bei der Umsetzung des Bildungspakets hat das Land im Mai zu vier Regionalkonferenzen eingeladen. Diese Tagungen richteten sich an die Vertreter der Landkreise, der kreisfreien Städte, der Region Hannover sowie der kreisangehörigen Städte, Gemeinden und Samtgemeinden. Zur Vorbereitung sind die Teilnehmer gebeten worden, Fragen zum Bildungs- und Teilhabepaket im Vorfeld mit einem kurzen Problemaufriss zu übersenden. Außerdem bestand die Möglichkeit, dass einzelne Kommunen ihre guten Lösungsansätze in einer Kurzpräsentation vorstellen konnten.
Weiterhin wurde zur Erarbeitung von rechtlichen Umsetzungshinweisen eine Arbeitsgruppe mit kommunalen Praktikern eingesetzt, die auch schon getagt hat.
Das Land hat damit seine Hausaufgaben gemacht. Die Umsetzung liegt nun in den Händen der Kommunen, die diese Aufgabe mit viel Engagement und Einfallsreichtum angehen. Selbstverständlich werden wir sie weiterhin dabei unterstützen. Entscheidend ist, dass die Kommunen die Probleme vor Ort pragmatisch lösen.
Was die Finanzierung des Bildungspakets angeht, möchte ich darauf hinweisen, dass die von uns getroffene Regelung in enger Absprache mit den kommunalen Spitzenverbänden in Niedersachsen erfolgt ist. Die Bundesbeteiligung in Höhe von 35,8 % umfasst nicht mehr nur die anteilige Erstattung für die Kosten der Unterkunft, Heizung und Warmwasser, sondern auch den Ausgleich für die Belastungen, die durch das Bildungspaket entstehen. Im Einzelnen entfallen 26,4 % auf die Kosten für Unterkunft, Heizung und Warmwasser und 9,4 % auf das Bildungspaket.
Die Leistungen für Unterkunft, Heizung und Warmwasser werden auf der Basis der Ausgaben dafür anteilig an jeden Träger der Grundsicherung weitergeleitet. Für die Kosten des Bildungspakets haben wir uns mit den kommunalen Spitzenverbänden auf einen aufwandsbezogenen Verteilungsschlüssel geeinigt. Deshalb legen wir dafür
Für das Bildungspaket stehen in Niedersachsen rechnerisch ca. 121 Millionen Euro zur Verfügung. Hierin enthalten ist ein Anteil von ca. 36 Millionen Euro, der dazu dienen soll, die Kosten für das Mittagessen von Schülerinnen und Schülern in Horten nach SGB VIII sowie die Schulsozialarbeit zu finanzieren.
Mit den kommunalen Spitzenverbänden haben wir gestern eine Erklärung zur Zweck- und Zielbestimmung dieses niedersächsischen Anteils unterzeichnet. Danach gibt das Land die ihm vom Bund zugewiesenen Mittel - 36 Millionen Euro - für das Hortmittagessen und die Schulsozialarbeit an die Landkreise und die kreisfreien Städte weiter. Damit wollen wir gemeinsam zum Ausdruck bringen, dass alle leistungsberechtigten Kinder und Jugendlichen Zugang zu den Bildungsangeboten und zur außerschulischen Teilhabe erhalten.
Zu Frage 1: Die Landesregierung hat sich aus guten Gründen beim Bund dafür eingesetzt, die Umsetzung des Bildungspaketes den Kommunen in kommunaler Selbstverwaltung zu übertragen. Es war daher konsequent, auch die Zuständigkeit nach § 6 b BKGG auf die Kommunen zu übertragen. Das entspricht auch der Auffassung der Kommunen in Niedersachen. Die Entscheidung über die im Einzelfall zu erbringende Leistung erfolgt ebenso im eigenen Wirkungskreis, wie dies bei den übrigen Leistungen für das Existenzminimum schon immer der Fall gewesen ist. Eine Fachaufsicht braucht es nach unserer Überzeugung in diesem Bereich nicht. Wir sichern aber den Trägern in Niedersachsen alle Unterstützung zu, die sie bei der Umsetzung benötigen.
Zu Frage 2: Das Gesetz regelt an keiner Stelle die Anzahl der für die Umsetzung erforderlichen Verwaltungsstellen. Die Entscheidung darüber, wie viele Stellen tatsächlich eingerichtet werden, liegt in der Hand der kommunalen Träger, die über die Aufgabenwahrnehmung und damit auch über den richtigen Stellenschlüssel entscheiden.