Marie-Luise Hemme
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass in der Präambel zum Bericht der Hartz-Kommission erneut angemahnt wird, die Chancengleichheit von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt nicht nur zu beachten, sondern auch zu fördern, frage ich Sie, Frau Ministerin: Mit welchen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen hat die Landesregierung bisher diesem Anspruch und dieser Forderung Rechnung getragen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, bescheinigt, welch trostlose und entsetzliche Familienpolitik Sie betrieben haben;
denn das Urteil, mit dem wir zu Leistungen verpflichtet worden sind, basiert auf Ihrer Politik.
Welche Wertschätzung Sie der Familienpolitik angedeihen lassen, erkennt man daran, dass aus Ihrem Fraktionsvorstand im Moment niemand da ist.
Frau Trost, Sie haben gesagt, dass die vorliegende Antwort das moderne Bild der SPD-Fraktion von der Familie zeige. Wir fragen uns natürlich immer noch, wer von Ihnen denn bei Ihrem Familienbild gewinnt. Wird es Frau Merkel sein, die es modernisieren will, oder wird es Herr Stoiber sein, der ja wohl noch konservativer kaum denken kann? - Wir in Niedersachsen denken selbst und haben unser eigenes Programm. Ich möchte jetzt einmal zitieren, was in Ihrem Wahlprogramm steht:
„Das Kinder- und Erziehungsgeld soll stufenweise in ein neues steuer- und abgabenfreies einkommenunabhängiges“
- ich betone: einkommensunabhängiges!
„Familiengeld zusammengefasst und aufgestockt werden.“
Das ist eindeutig das, was Herr Stoiber im Bundestagswahlkampf als Familienprogramm hatte. Die Familien, die Mütter und Väter in diesem Lande, werden Ihnen in Niedersachsen genau das zeigen, was sie schon am 22. September gezeigt haben, dass sie damit nämlich nicht einverstanden sind.
Meine Damen und Herren, auch für unsere jungen Leute ist das Familienmodell immer noch Lebensmodell. Partnerschaftliches Zusammenleben mit Kindern ist das, was sie anstreben. In dem Augenblick, in dem es konkret darum geht, den Kinderwunsch umzusetzen, merken sie, welche Probleme es gibt. Dann tauchen etwa folgende Fragen auf: Wie hoch wird das Familieneinkommen sein? Wie können wir Familienarbeit und Erwerbstätigkeit miteinander kombinieren? Welche Hilfen können wir bekommen, wenn wir Probleme in der Kindererziehung haben? - All diese Fragen beantwortet die Große Anfrage.
- Sie können noch lauter rufen. Das interessiert und beeinträchtigt mich auch nicht.
All diese Fragen werden gestellt und müssen von jungen Familien heute tagtäglich beantwortet werden. Die wirklich ausführliche Beantwortung unserer Großen Anfrage zeigt, dass es Hilfestellung gibt.
Ich bedanke mich ganz ausdrücklich für die intensive Bearbeitung unserer Großen Anfrage. Selbstverständlich sind wir bei dieser Arbeit noch nicht kurz vor dem Ziel, wir haben aber gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir haben vieles angeschoben, vieles muss aber noch verbessert und ergänzt werden.
Ein paar Punkte, die in der politischen Diskussion häufig vergessen werden, will ich jetzt noch einmal ausdrücklich erwähnen. Es handelt sich dabei um die Arbeit in den 25 Familienbildungsstätten, in den 67 Mütterzentren und in dem großen Netzwerk an Beratungsstellen, das im Lande Niedersachsen besteht.
In diesen Einrichtungen wird Arbeit für die Familien mit den Familien geleistet. Wir können uns für das, was dort passiert, nur noch einmal bedanken. Ich weiß nicht, wem man sonst danken soll. Sie haben während Ihrer Regierungszeit ja keine entscheidenden Fortschritte erzielt. Diese drei Beispiele stehen für viele wichtige Projekte.
Weil immer wieder auch auf die Bundesebene verwiesen wird, will ich einmal sagen: Zwischen Bundesregierung und Landesregierung findet eine gute Zusammenarbeit statt. Wenn wir sehen, welche Auswirkungen die Erhöhungen des Kindergeldes auf unseren Landeshaushalt hatten, so stehen wir trotzdem dahinter. Genauso werden die Hilfen des Bundes für die Einrichtung von weiteren Ganztagsangeboten in den Kinderkrippen diesem Land weiterhin dabei helfen, einen richtigen Weg erfolgreich weiter zu beschreiten.
Meine Damen und Herren, Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist das A und O in der Familienpolitik. Wenn Sie mit den Familienverbänden sprechen, sagen gerade die jüngeren Frauen, dass es das ist, was sie wollen, und nichts anderes. Nach einer gewissen Auszeit für die Kinder wollen sie ihre Berufstätigkeit fortsetzen. Sie wollen nicht dem traditionellen Familienbild anhängen, sondern sie wollen so leben, wie sie es für richtig halten.
Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition: Die Diskussion über die Verlässliche Grundschule ist den Eltern immer noch im Ohr. Sie sind nämlich auf den Diskussionsabenden gewesen, als sie vorgestellt wurde, und sie wissen noch ganz genau, wer dagegen polemisiert hat, negierend, was Eltern brauchen.
Zwischenfragen? - Nein danke!
Gerade im ländlichen Bereich ist es das, was junge Familien brauchen.
Sie werden am 2. Februar die Reaktion der Familien spüren. Es wird schmerzhaft sein, aber Sie werden sich daran gewöhnen müssen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Schwarz, vielleicht verwirrt es Sie jetzt, aber die Vielfalt in der SPD stellt sich auch durch Folgendes dar: Ich bin 19 Jahre lang zu Hause gewesen, habe meine zwei Söhne zu hoffentlich kritischen Bürgern erzogen, sie zum Sport gefahren und Ähnliches. Das ist Ihr traditionelles Frauenbild. Also bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Millionen von Menschen – egal, welchen Alters - sind in diesem Lande tagtäglich ehrenamtlich tätig. Das haben wir, wie Frau Vogelsang schon ausgeführt hat, in diesem Hause ausführlich beraten und debattiert. Auch das Thema dieses Tagesordnungspunktes ist bei verschiedenen Gelegenheiten ausführlich debattiert worden. Ich erinnere an den 12. Dezember 2001, als wir den umfassenden Antrag „Verstärkte Förderung von freiwilliger gesellschaftlicher Arbeit“ beraten und verabschiedet haben. Dazu liegt inzwischen eine ausführliche Stellungnahme der Landesregierung vor. Auch wenn Frau Vogelsang es uns vorwirft, bekräftigen wir noch einmal ausdrücklich den Inhalt, den wir beschlossen haben. Wir stehen selbstverständlich weiterhin dazu. Von daher gibt es gar keinen Anlass, diese Themen noch einmal aufzugreifen.
Beide Fraktionen haben in ihren Anträgen nun das Thema der freiwilligen Jahre aufgegriffen.
- Lass‘ mich doch erst einmal ausreden. Du kennst deinen eigenen Antrag nicht; darin sind die freiwilligen Jahre auch enthalten.
Es geht um die Erhöhung der Zahl der Plätze für die freiwilligen Jahre. Aber warum? Wie sieht denn die Wirklichkeit aus? - Wir haben ca. 1 000 Plätze für das Freiwillige Soziale Jahr. Davon waren in den Jahren 2000/2001 ca. 650 Plätze besetzt.
In den Jahren 2001/2002 sind 753 Plätze besetzt, davon 699 von jungen, gut ausgebildeten Frauen. Dem Gerücht, dass es helfen könnte, schulische Benachteiligung auszugleichen, müssen wir ganz entschieden entgegentreten. Es sind in der Mehrheit junge Frauen, die mindestens den Realschulabschluss, in der Regel sogar Abitur oder Fachhochschulreife haben.
Es gibt das Freiwillige Ökologische Jahr. Es wurde von Niedersachsen als erstem Bundesland 1987 eingeführt. Inzwischen ist die Zahl der Plätze auf 140 gestiegen. 30 % der Stelleninhaberinnen kommen aus anderen Bundesländern. Früher war dieser Prozentsatz noch höher, aber inzwischen haben auch andere Länder das Freiwillige Ökologische Jahr eingeführt. Wir haben für das freiwillige Jahr im kulturellen Bereich ein Modellprojekt für drei Jahre auf den Weg gebracht. Wir müssen die Erfahrungen und Auswertungen nach diesen drei Jahren abwarten, um zu sehen, unter welchen Voraussetzungen das freiwillige Jahr fortgesetzt werden kann. Es gibt außerdem noch den europäischen Freiwilligendienst, für den sich die Anzahl der Bewerbungen jährlich erhöht. Dafür besteht eine große Akzeptanz.
Sie sehen, meine Damen und Herren, im Bereich der freiwilligen Jahre ist Niedersachsen auf einem guten Weg. Wozu brauchen wir dann diesen Antrag? - Es war jedoch etwas ganz anderes damit bezweckt; das hat die Kollegin Frau Vogelsang eben deutlich gemacht. Es sollte noch einmal jemand abgewatscht werden, der in diesem Hause seine Position klar gemacht hat. Der Ministerpräsident hat am 23. April 2002 unter der Überschrift „Freiwillige vor - gesellschaftliches Engagement fördern statt erzwingen“ seine Position deutlich gemacht. Er hat in der Diskussion, in der es um Freiwilligkeit und Dienste für dieses Land ging, klar und deutlich der These widersprochen, er habe in der Presse das soziale Pflichtjahr für Frauen gefordert. Lesen Sie es bitte nach. Dank des Stenografischen Dienstes haben wir wörtliche Protokolle. Vielleicht glauben Sie es dann.
Wir gestatten auch unserem Innenminister seine private Meinung. Dass wir nicht seiner Meinung sind, hat er schmerzlich erfahren.
Wir sind ein Stück weit großzügig, aber er hat in heftigen Diskussionen erfahren, was es heißt, sich gegen die Frauen dieser Fraktion zu stellen.
Alles in allem kann ich nur sagen, meine Damen und Herren: Falsche Behauptungen werden nicht dadurch wahrer, dass man sie ständig wiederholt.
Liebe Frau Kollegin Pothmer,
es fällt mir schwer, jetzt ruhig zu bleiben, denn die Behauptung, solange es den Wehr- und Zivildienst gebe, wollten wir kein ehrenamtliches Engagement von jungen Leuten, ist falsch.
- Genau das haben Sie gesagt. Sie haben wahrscheinlich etwas anderes gemeint, aber genau das haben Sie gesagt.
Wenn Sie anderen Fehlinterpretationen vorwerfen - -
- Genau das ist die Wirklichkeit, dass man nämlich bei Dingen erwischt wird, die man gesagt hat, die man aber eigentlich anders meinte.
Ich rechne es Ihnen an, dass Sie erkennen, dass wir etwas anderes wollen. Wir zeigen, dass wir ehrenamtliches Engagement von jungen Leuten unterstützen und dass wir das vermehrt wollen. Schauen Sie in das Protokoll, wenn es vorliegt. Ihre Rede hat mich erschreckt, aber ich habe mir gedacht: Du kennst Frau Pothmer schon ein wenig länger, sie hat etwas anderes gemeint. Das hoffe ich.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frauenpolitische Maßnahmen finden wir in allen Häusern. Ich beschränke mich hier heute auf einige wenige Punkte, die im Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales haushaltsrelevant sind. Ich möchte das schlaglichtartig in aller Kürze hervorheben.
Die Bundesrepublik Deutschland gehört in Europa zu den Ländern mit einer sehr niedrigen Frauenerwerbsquote. Unter dem Aspekt, dass Frauen in der Lage sein sollen, für sich selbst zu sorgen, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können, kommt dem Programm zum Thema Frau und Arbeit eine große Bedeutung zu. So wird das Land Maßnahmen zur Integration von Frauen in das Arbeitsleben mit jährlich 2,2 Millionen Euro fördern. Eine Maßnahme dabei ist die Unterstützung der Ko-Stellen zur beruflichen und betrieblichen Förderung von Frauen insbesondere nach der Familienphase und aus der Arbeitslosigkeit heraus. Die Einrichtung der 14. Stelle in den vergangenen Wochen zeugt von der Akzeptanz dieser Arbeit bei den Frauen, aber auch bei der Wirtschaft, die immer mehr entdeckt, wie wichtig eine gut ausgebildete Frau für ihr Unternehmen ist, einer Wirtschaft, die bereit ist, über Eigenanteile bei der Lö
sung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nachzudenken und zu handeln. Deshalb ist zu schauen, meine Damen und Herren, ob die Einrichtung der Familienservicestelle in Leer auf das Land übertragen werden kann.
Ein weiterer Punkt, den ich erwähnen möchte, weil wir hier im Landtag darüber diskutiert haben und weil er zum Teil sehr kontrovers diskutiert worden ist, ist die Einrichtung eines Internet-Busses für Frauen und Mädchen im ländlichen Raum, was auch unter dem Aspekt von Qualifizierung gesehen werden muss. Dieser Bus wird entgegen etlichen Unkenrufen im nächsten Jahr gestartet werden und wird erfolgreich laufen, unterstützt durch ESF- und Landesmittel aus der Spielbankabgabe.
Meine Damen und Herren, zum Schwerpunkt Frau und Gewalt kennen wir alle die Ausmaße von Gewalt im familiären Nahraum. Ich muss Ihnen nicht großartig ausführen, welche Tragödien sich dahinter verbergen. Wir wissen, dass in über 90 % der Fälle Männer die Täter sind. Durch das neue Bundesrecht wird sich die akute Situation ändern nach dem Motto „Wer schlägt, der geht“. Zur Unterstützung dieser Umsetzung wird das Land sechs Stellen finanzieren, die landkreisübergreifend tätig werden, sodass ein Großteil des Landes abgedeckt werden kann. Diese neuen Beratungs- und Interventionsstellen werden insgesamt drei Jahre lang mit jährlich 430 000 Euro gefördert. Wenn Sie „BISS“ hören, meine Damen und Herren, dann handelt es sich nicht um Kampfhunde - obwohl man bei diesem Thema manchmal durchaus an zweibeinige Kampfhunde denken könnte -, sondern dann handelt es sich um diese Einrichtungen. Dabei stehen selbstverständlich die Mittel für die Frauenhäuser weiterhin zur Verfügung, weil sich u. a. gezeigt hat, dass Frauenhäuser leider weiterhin nötig sind.
Meine Damen und Herren, Niedersachsen war in den letzten zehn Jahren mit dem MädchenModellprojekt „Mädchen in der Jugendarbeit“ bundesweit beispielhaft. Ich freue mich ganz besonders darüber, dass es gelungen ist, ein Nachfolgeprojekt zu initiieren und im Haushalt zu verankern. Das Nachfolgeprojekt heißt „Lebensweltbezogene Mädchenarbeit“ mit den Schwerpunkten berufliche Orientierung und Ausbildung, Migration, Erlebnispädagogik und Sport, Gesundheit. Sowohl die alten als auch neue Träger werden hier arbeiten. Ich bin sicher, dass Niedersachsen weiterhin wie bisher vorne sein wird. Die
770 000 Euro jährlich sind in meinen Augen gut angelegtes Geld.
Allgemein wird immer beklagt - das war ja hier heute auch schon kurz in anderen Zusammenhängen Thema -, dass Menschen nicht genug miteinander sprechen, dass die Dialogfähigkeit von Menschen immer mehr sinkt. Angeblich sprechen Männer und Frauen nicht die gleiche Sprache. Nach dem Motto „Du kannst mich einfach nicht verstehen“ haben Menschen mit ihren Büchern viel Geld gemacht. Ich habe allerdings den Eindruck, meine Damen und Herren von der CDU, dass bei auch Ihnen das Sprachverständnis etwas gelitten hat oder unterentwickelt ist.
Denn kurz vor Ende der Beratungen haben Sie im Zusammenhang mit den Einsparmöglichkeiten gesagt: Zuschüsse für laufende Aufgaben in der Familienpolitik brauchen wir nicht; wir können diese 2 050 000 Euro sparen. Ihrer Meinung nach handelt es sich hierbei nämlich um verschleierte Öffentlichkeitsarbeit ohne konkrete Hilfen für Familien und Kinder.
- Ich bin da anderer Meinung. Warten Sie es ab, meine Damen. - Ich frage mich dann: Wie konkret kann ein Projekt noch sein, wenn es nicht so konkret ist wie das Familien-Hebammenprojekt, wenn es darum geht, dass eine Hebamme aufsuchende Hilfe leistet? Sie alle wissen, dass aufsuchende Hilfe von Erfolg gekrönt ist, dass Menschen zum Teil dahin geführt werden müssen, um Hilfe annehmen zu können. Wenn es hier darum geht, extrem junge Mütter in die Lage zu versetzen, mit ihren Kindern umzugehen, ein Leben mit diesen Kindern zu gestalten, dann geht es nicht nur um die jungen Mütter, sondern dann geht es auch um die Kinder, meine Damen und Herren. Hier geht es um einen Brückenschlag zwischen Gesundheit und Jugendhilfe. Wir alle kennen die Berichte über überforderte Mütter, die zum Teil mit lebensbedrohenden Vernachlässigungen enden. Deshalb ist dieses Projekt eine konkrete Arbeit unter dem Aspekt, den Sie gestrichen haben wollen. Bei der Einführung des ersten Hebammen-Projektes hat sich die Vertreterin des Hebammen-Verbandes äußerst positiv dazu geäußert.
- Sie werden aber von dieser Hebamme wohl nicht vermuten, Frau Pawelski, dass sie für die Landesregierung Öffentlichkeitsarbeit leistet. Von daher sollten Sie Ihre Position überdenken.
Frau Ministerin, teilen Sie meine Befürchtung, dass hier der Eindruck entstehen könnte, dass auf Kosten des Landes weiterhin Väter und ehemalige Ehemänner davon abgehalten werden sollen, ihre Unterhaltsverpflichtungen zu erfüllen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem Terroranschlag in den USA war die Familie in den Medien eines der Hauptthemen, üblicherweise eingegrenzt auf das Thema Kinder als Armutsfalle oder als Armutsrisiko.
Nun haben wir erneut die Diskussion um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Haben wir das in der Vergangenheit aber hauptsächlich unter dem Aspekt Frauenpolitik diskutiert,
so diskutieren wir darüber jetzt unter der Überschrift „Familienpolitik“. Es geht nun um eine Erhöhung des Familieneinkommens, um der Familie - Familie ist immer dort, wo Kinder leben Teilhabe an den unterschiedlichen Aspekten des Lebens zu ermöglichen.
Ich meine, dass uns diese Änderung der Überschrift sehr wachsam machen muss. Es ist darauf zu achten, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht zur Falle für die Frauen wird - nach dem Motto: Jetzt habt ihr alles, nun macht mal und dass wieder alles an den Frauen hängen bleibt, während die Männer außen vor sind.
Wenn ich die Ergebnisse der Umfrage, die in der Zeitschrift Brigitte veröffentlicht worden sind, betrachte, so habe ich den Eindruck, dass die Menschheit zu den aussterbenden Spezies gehören würde und auf der Roten Liste stünde, würden wir die Gebärmöglichkeit auf das andere Geschlecht übertragen. Diese Umfrage hat nämlich ergeben, dass sich die Mehrheit der Männer von den Erwartungen, die in der Familie an sie gerichtet werden, und vom Beruf furchtbar gestresst fühlt nach dem Motto: Lieber Herr, lass Montag werden, damit ich den Stress in der Familie los bin. Dann dürfen wir uns natürlich nicht wundern, dass immer weniger Frauen bereit sind, Kinder in die Welt zu setzen.
Meine Damen und Herren, wir erfahren durch den Zuspruch, den die Verlässliche Grundschule von den Eltern erhält, wie nötig solch ein Angebot ist. Deshalb muss ein schrittweiser Ausbau des Ganztagsangebots erfolgen.
Die Forderung von Bündnis 90/Die Grünen, einen Rechtsanspruch auf ein Betreuungsangebot von Kindern im Alter von zwei bis zwölf Jahren zu
begründen, wird sich allerdings in den Haushaltsberatungen bewähren müssen.
Familie geht nicht nur den Staat - in diesem Fall in Gestalt der Landesregierung - etwas an. Wenn Niedersachsen ein familienfreundliches Land sein soll, so geht dieses Thema uns alle an. Kommunen müssen mit der Jugendhilfe, mit freien Trägern und anderen Stellen zusammenarbeiten, um ein nachschulisches Angebot zu entwickeln. Mit den beteiligten Verbänden, aber auch ganz individuell vor Ort müssen Modelle für eine familienfreundliche Arbeitsorganisation entwickelt werden.
Geht es um auffällige Kinder und Jugendliche, so wird immer sofort die Erziehungskompetenz von Eltern angezweifelt. Es gilt, Strategien zu entwickeln, mit denen Eltern auch erreicht werden, um ihnen Angebote machen zu können. Was nützen die schönsten Angebote, wenn diese die Eltern nicht erreichen bzw. wenn Eltern nicht bereit sind, diese Angebote anzunehmen? Außerdem, liebe Kolleginnen und Kollegen, dürfen wir nicht vergessen, dass Erziehung nicht nur in der Familie stattfindet.
Familienpolitik ist unserer Meinung nach mehr als die Gewährung von Kindergeld. Dennoch begrüßen wir ausdrücklich die Kindergelderhöhung durch die Bundesregierung. Genauso begrüßen wir die Veränderung in der Familienpolitik, die seit 1998 stattgefunden hat. Als Beispiele nenne ich die gewaltfreie Erziehung, Elternzeit und das Recht auf Teilzeit.
Bei der Teilzeit müssen wir den Wunsch von niedersächsischen Beamtinnen und Beamten aufnehmen, die eine Teilzeit unter 20 Stunden beanspruchen. Wir müssen diesen Wunsch aufnehmen, überprüfen und diskutieren.
- Frau Pothmer, gestern bei der Diskussion um das NGG äußerten Sie die Befürchtung, es würde sich überhaupt nichts ändern, weil unser Antrag viel zu allgemein sei.
Durch die Erwiderung der Ministerin ist Ihnen sicherlich deutlich geworden, dass dieser aus Ihrer Sicht zu allgemein gehaltene Antrag durchaus im Ministerium angekommen ist und etwas bewirkt hat.
Auch bei diesem Antrag, der von uns vorgelegt worden ist, konnten wir feststellen, dass er im Ministerium nicht nur angekommen, sondern auch umgesetzt worden ist; denn wir finden viele Punkte unseres Antrags in der familienpolitischen Initiative des Landes wieder.
Nun liegt uns heute zur abschließenden Beratung ein Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen vor. Unser Antrag wird seit Mai beraten. Ich frage mich, warum diese Änderung nicht in die Beratung eingeflossen ist, wo doch der Inhalt von Ihnen in der Presse durchaus publik gemacht worden ist. Außerdem gibt es zum Thema Realsplitting einen Antrag von Ihnen. Ich habe den Eindruck, dieser Antrag soll heute auf kaltem Wege mit erledigt werden; denn dieser Antrag befindet sich in der Beratung.
Meine Damen und Herren, Familienpolitik ist Querschnittspolitik. Das zeigt auch unser Antrag. Lassen Sie uns gemeinsam für die Familien an dem Ziel arbeiten: Niedersachsen gleich Familienland. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der vergangenen Woche werde ich mich kurz fassen. – Als das Niedersächsische Gleichberechtigungsgesetz 1994 von Rot-Grün auf den Weg gebracht wurde, war es von der Hoffnung begleitet, dass sich grundsätzlich etwas zum Positiven für die Frauen ändern würde. Aber der Bericht über den Zeitraum 1994 bis 1998 hat große Enttäuschung hervorgerufen, denn es hat sich sehr wenig geändert, und es ist klar geworden, dass dringender Handlungsbedarf besteht.
Wir sind der festen Überzeugung, dass wir mit dem vorgelegten Antrag auf dem richtigen Weg sind. Er ist eine Mischung aus konkretem Handeln und Zielvorgaben. Das Erreichen der Zielvorgaben, die wir benannt haben, wird die Situation der Frauen grundsätzlich verändern. Beim Umsetzen des Antrages werden sich die Wünsche, die das NGG zu Beginn begleitet haben, erfüllen und bewahrheiten. Deshalb bitte ich Sie um Ihre Zustimmung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unter der Überschrift „Gewalt gegen Frauen“ ist Zwangsprostitution ein ganz besonderes Thema. Bei der Einbringung im letzten Jahr - es ist fast genau ein Jahr her, am 22. Juni - waren wir uns einig in der Beurteilung der Situation der betroffenen Frauen. Seitdem habe ich registriert, dass sich insbesondere die Printmedien diesem Themas widmen - zum einen durch Berichte über erfolgreiche Razzien, zu einem kleinen Teil durch Berichte über Prozesse, zum anderen aber auch durch grundlegende Informationen über die Situation der Frauen -, sodass heute niemand mehr für sich reklamieren kann, er wisse von nichts. Unwissenheit können somit auch die Freier nicht für sich reklamieren, meine Damen und Herren. Sie sollten sich, wenn denn der Triebdruck und der Hormonstau abgeklungen sind, vielleicht einmal damit auseinander setzen, in welcher Situation sie sich befinden und ob es nicht Anzeichen und Hinweise dafür gibt, dass diese Frau nicht ganz freiwillig gehandelt hat, nach dem Motto - solche Projekte hat es bereits gegeben -: Freier, macht die Augen auf!
Meine Damen und Herren, Angebot und Nachfrage korrespondieren. Die wirtschaftliche Situation - nicht nur von Frauen im Ostblock, sondern auch in Asien und in Afrika - bewegt Frauen immer wieder dazu, sich auf den Weg zu machen, um im angeblich so goldenen Westen Geld für sich, aber auch für die Familien zu verdienen. Da eine Million Männer in Deutschland täglich die Dienste einer Prostituierten in Anspruch nehmen, glaube ich nicht, dass wir das Angebot mangels Nachfrage in kürzester Zeit ausdörren können.
Meine Damen und Herren, es geht in diesem Antrag u. a. um die Bedingungen, unter denen das stattfindet, Bedingungen, die gekennzeichnet sind von illegalem Aufenthalt, von Gewalt in für uns nicht vorstellbarer Form, Verkäufen wie früher auf dem Sklavenmarkt, Gefangenschaft u. v. m. Ich
glaube, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung die Sittenwidrigkeit beenden, die Frauen aus der Illegalität und der Abhängigkeit holen und die Gewaltspirale beenden kann. Deshalb möchte ich diesen Gesetzentwurf ausdrücklich unterstützen.
Meine Damen und Herren, wir wissen aus dem täglichen Leben, dass durch Zusammenarbeit aller bessere Ergebnisse zu erzielen sind. Somit plädiere ich ausdrücklich dafür, noch einmal ein verstärktes Augenmerk darauf zu setzen, dass MFAS, MI, MJ und auch die kommunalen Ausländerbehörden zusammenarbeiten, um entsprechende Ergebnisse zu erzielen, denn nur auf diese Weise entsteht auch ein entsprechendes Potenzial, um der kriminellen Energie begegnen zu können.
Meine Damen und Herren, ohne Geld geht nichts. Auch hier geht nichts ohne Geld. Für den laufenden Haushalt konnten wir die Mittel aufstocken. Ich verstehe, dass es zurzeit haushaltsrechtlich nicht möglich ist, diese Maßnahmen gegen Zwangsprostitution durch korrespondierende Haushaltsstellen mit dem Titel „Gewinnabschöpfung aus diesen Verbrechen“ zu belegen. Ich habe aber volles Vertrauen in die Landesregierung, dass mit dem kommenden Haushalt nicht nur die jetzt bestehenden Projekte abgesichert werden, sondern aufgrund der Gespräche und der Tatsache, dass das Thema verstärkt in der Öffentlichkeit ist, vielleicht auch etwas draufgesattelt wird.
Meine Damen und Herren, wenn das nicht passiert, müssen wir uns selbstverständlich wieder über andere Wege unterhalten. Insofern lehnen wir den Antrag von Ihnen, Frau Pothmer, bzw. von Bündnis 90/Die Grünen ab.
Mit dem vorliegenden Antrag gehen wir weitere Schritte gegen Zwangsprostitution und für die betroffenen Frauen. Es muss aber weiterhin auch Maßnahmen gegen die verbrecherischen Banden geben, die diese Frauen benutzen,
die ihrem Pitbull mehr Achtung entgegenbringen als den Frauen, mit denen sie ihr Geld verdienen. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Schliepack, es ist manchmal gut, sich zu erinnern. Sie erinnern sich vielleicht daran, dass ich schon bei der Einbringung dieses Antrags gesagt habe, dass er in seinem ersten Punkt nicht mehr aktuell ist, weil schon eine Entscheidung gefallen ist. Ich
habe damals aber auch begründet, warum der Punkt trotzdem im Antrag beibehalten worden ist. Ich habe das nicht mit den Scheinehen begründet, wie Sie es getan haben, sondern mit den Ehen mit Pädophilen. Vielleicht lesen Sie das noch einmal im Protokoll nach und nehmen dies zum Anlass, darüber nachzudenken, ob das nicht Sinn macht.
Ich danke ausdrücklich Frau Pothmer dafür, dass sie sich dafür so engagiert eingesetzt und deutlich gemacht hat, worum es damals wirklich ging. Es ging nicht darum, dass Frauen zwei Jahre lang eine Ehe aushalten, damit sie die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen, sondern es ging tatsächlich um Gewalt. Deshalb macht es auch Sinn, dass dieser Punkt des Antrags beibehalten worden ist. Wenn Sie sich veranlasst gesehen haben, diese Stellungnahme abzugeben, hat das sicherlich zur Klärung beigetragen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie alle kennen diese Einladungen: Da feiert ein hoch verdienter Kommunalpolitiker einen hohen Geburtstag, oder ein verdienter Vereins- oder Organisationsvorsitzender übergibt den Stab an seinen Nachfolger. Beides Anlass dafür, diese verdienten Menschen auszuzeichnen. Den einen dafür, dass er vielleicht 30 Jahre Bürgermeister in seiner Kommune gewesen ist, den anderen dafür, dass er diesen Vereinsvorsitz vielleicht 20 Jahre lang innegehabt hat. Was passiert dann? - Die ebenso verdiente Ehefrau kriegt mit salbungsvollen Worten einen wunderschönen Blumenstrauß.
- Ja, manchmal sind die Sträuße hässlich. Aber üblicherweise gibt es dafür einen Strauß. Wofür kriegt sie den? - Den kriegt sie dafür, dass sie ihrem Ehemann die ganzen Jahre lang den Rücken freigehalten hat. Nur dadurch, dass sie dies getan hat, ist ihm diese Arbeit und diese Position ermöglicht worden. Sie ist zu Hause geblieben, wenn die Kinder krank waren, sie hat die sozialen Kontakte weiter gepflegt, und sie hat repräsentierend an seiner Seite gestanden.
Meine Damen und Herren, wir wissen, dass sich Frauen auf anderen Gebieten engagieren als Männer. Nur wenige Frauen sind als Vorsitzende tätig. Wenn wir als Bild wieder einmal die Pyramide nehmen, dann sind sie zwar in der Breite Vorsitzende, aber je weiter es nach oben geht, um so dünner wird die Luft für die Frauen. In den Spitzenorganisationen gibt es kaum Frauen als Vorsitzende.
Frauen sind auch nicht 30 Jahre lang Bürgermeisterin, wenn es inzwischen auch schon solche gibt, die zehn oder 15 Jahre geschafft haben.
- Wunderbar! Warum sind Sie dann noch nicht vorgeschlagen worden? - Frauen leiten ehrenamtlich die Krankenhausbücherei, meine Damen und Herren. Frauen organisieren Besuchsdienste in Altenheimen. Sie bauen landesweit die Tafel auf. Oder sie bieten in Schulen gesundes Frühstück an. Sie machen häufig unterschiedliche Dinge nacheinander, d. h. sie üben nicht eine Tätigkeit 20, 25 oder 30 Jahre lang aus, sondern sie schließen Projekte ab, sind deshalb aber trotzdem ihr Leben lang ehrenamtlich tätig. Meine Damen und Herren, ich plädiere deshalb in übertragenem Sinne dafür, auch einen Oscar fürs Lebenswerk zu verleihen.
Mich würde auch begeistern, wenn Männer und Frauen ihr ehrenamtlichen Tätigkeiten einmal tauschen würden. Dann würden Männer nämlich eine andere Wertigkeit für diese karitativen Tätigkeiten der Frauen bekommen, und Frauen würden auch feststellen, dass sie durchaus die Fähigkeit zu Leitungs- und Führungspositionen haben, dass sie das, was dort verlangt wird, eigentlich tagtäglich machen.
Ich muss die Zahlen nicht wiederholen, meine Damen und Herren; denn die stehen in der Begründung. Ich möchte aber einige Zahlen aufführen, um einmal das Defizit in der Auszeichnungspraxis darzulegen.
Mit dem Niedersächsischen Verdienstorden wurden 1997 5,2 % Frauen bedacht. Das war eine von 18.
- Wissen Sie, Herr Möllring, Sie können jeden Tag eine verdienstvolle Frau vorschlagen. Die wird es bei Ihnen genauso geben.
Wälzen Sie jetzt nicht alles auf die Regierung ab. Hier sind andere Ebenen genauso gefragt, nicht immer nur die Regierung, Herr Möllring.
1998 waren es 25 %; das waren dann zwei von sechs. 1999 waren es 3,6 %; das war eine von 27. Im Jahr 2000 waren es 16,7 %, vier von 20.
Meine Damen und Herren, wir können entscheidend dazu beitragen, dass sich dieser Anteil steigert. Bei mir laufen inzwischen Anfragen danach auf, auf welchem Wege man Frauen vorschlagen kann. Deshalb muss das transparenter gemacht werden. Frauen müssen auch im Internet nachgucken können, wie sie eine Frau vorschlagen können. Das zeigt, dass etwas mehr Öffentlichkeitsarbeit schon zu dem Bewusstsein führt, dass das Engagement der Frauen nicht selbstverständlich ist und genauso anzuerkennen ist wie das der Männer.
Deshalb auch mein Aufruf an die Frauen: Nehmen Sie die Auszeichnung an und sagen Sie nicht „Das wäre doch nicht nötig gewesen“, sondern nehmen Sie Ihre Auszeichnung für Ihre Arbeit, legen Sie sie nicht beiseite. Sie wissen, die Herren haben auf ihren dunkelblauen Anzügen immer so ein kleines Bändchen, das zeigt, dass sie mit dem betreffenden Verdienstorden ausgezeichnet worden sind.
Meine Damen, wenn Sie ausgezeichnet worden sind, dann seien Sie stolz darauf, tragen Sie das, legen Sie es nicht in das Schmuckkästchen nach dem Motto „Es ist mir unangenehm, wenn ich darauf angesprochen werde.“ Tragen Sie das!. Diese Auszeichnung ist eine Gewichtung Ihrer Arbeit.
Meine Damen und Herren, wir sind alle aufgerufen, Frauen vorzuschlagen, aber auch alle aufgerufen, dafür zu sorgen, dass die Bedingungen so sind, dass Frauen auch für ihre Arbeit, die anders läuft als die der Männer, ausgezeichnet werden können.
Wir haben alle gemeinsam beantragt, dass in diesem Jahr vorrangig Frauen ausgezeichnet werden. Wenn wir diesen Antrag in die Ausschüsse verweisen, dann nützt uns die Vorrangigkeit aber nichts mehr, weil nach Abschluss der Beratungen im Ausschuss das Jahr fast um sein wird.
Deshalb beantrage ich für die drei Antragstellerinnen sofortige Abstimmung. – Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Pothmer, Sie sollten sich einmal entscheiden, was Sie uns vorwerfen wollen. Machen wir nun kein oder zu viel Gender Mainstreaming?
Wir sind mit unserem Antrag diesem Prinzip gefolgt.
Ich bin etwas verwundert. In der vergangenen Wochen saßen wir zu dritt bei einer Fortbildungsveranstaltung der Polizei,
bei der es um Gewalt in allen Facetten ging. Hierbei wurde uns deutlich, dass es schon heute die Möglichkeit der Wegweisung und der Ingewahrsamnahme gibt. In Niedersachsen geht es nun darum, für die Zeit danach ein Netzwerk aufzubauen.
Es wurde hier aber der Eindruck vermittelt, als sei das in ganz Niedersachsen heute noch nicht möglich, und deshalb müssten wir tätig werden.
- Es geht nicht um die Interventionsstelle, sondern um die Ingewahrsamnahme des Täters, was schon heute möglich ist. Das ist ein Ergebnis der ChaosTage.
Diese Möglichkeit gibt es bereits. Ich habe aber auf der Veranstaltung den Eindruck gewonnen, dass es an Informationen und Bereitschaft mangelt. Ich finde, dass der Eindruck nicht so stehen bleiben darf, dass es bisher keine Möglichkeiten gegeben hat. Wir müssen zusehen, dass es mehr Informationen gibt, dass Richter wissen, welche Möglichkeiten sie haben, und dass klargestellt wird, dass es nicht nur um „Chaoten" geht, sondern dass heutzutage auch ein schlagender Mann aus der Wohnung entfernt werden kann. Wichtig ist, dass geklärt wird, was geschieht, wenn diese Zeit vorbei ist. Ich finde, diese beiden Eindrücke müssen korrigiert werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kinderarmut kann nicht losgelöst gesehen werden von der Situation der Familie, in der Kinder leben und aufwachsen. Ich werde mich im Folgenden auf den Aspekt Familie beschränken.
Die Situation der Familie fächert sich auf z. B. in Finanzen, Wohnen sowie Art und Größe der Familie, wobei die Größe der Familie ein eindeutiger Indikator für Familienarmut ist. Bei fünf und mehr Personen liegt der Prozentsatz der von Armut betroffenen Familien - ermittelt im vergangenen Jahr - bei 28,5%. Wenn wir von Armut sprechen, dann sprechen wir selbstverständlich nicht von Armut im Sinne von Armut in der Dritten Welt. Armut bei uns hat aber einen genau so tief liegenden Level und genau so gravierende Auswirkungen auf Kinder und Familie.
Wenn wir den Schluss ziehen, dass Kinder ein Armutsrisiko sind, dann können wir im Grunde genommen nur noch sagen: Leute, lasst das mit dem Kinderkriegen. Dann geht es euch besser. Wenn wir uns ansehen, wie sich junge Frauen die Entscheidung für oder gegen Kinder nicht leicht machen, so ist dies auch ein Aspekt in der Entscheidungsfindung.
Wir wissen aber, dass dies das falsche Signal ist. So begrüßen wir es ausdrücklich, dass die Landesregierung die Verbesserung des Familienlastenausgleichs im Bundesrat unterstützt hat. Ich nenne die Stichworte Kinder- und Erziehungsgeld, Unterhaltsvorschuss und Wohngeld. Hier findet uns die Landesregierung weiterhin an ihrer Seite.
Hinzu kommt aber auch die große Anstrengung, nicht nur junge Menschen, sondern auch ihre Eltern mit Arbeitsmarktprogrammen wieder in Lohn und Brot zu bringen, um sie so in die Lage zu versetzen, für ihren Lebensunterhalt selbst zu sorgen; denn Arbeitslosigkeit - speziell Langzeitarbeitslosigkeit - ist ein weiterer Armutsgrund.
Es gehören aber auch veränderte Rahmenbedingungen dazu, die auf unterschiedlichen Gebieten greifen müssen, um z. B. Müttern - nicht nur allein erziehenden Müttern - die Möglichkeit zu erschließen, erwerbstätig zu werden, um entweder die Familie zu ernähren oder um zum Familieneinkommen beizutragen. Die von der Opposition vielfach gescholtene Verlässliche Grundschule ist dabei nur ein Anfang, der für weitere Schulstufen ausgebaut werden muss.
Dazu gehört aber auch die Veränderung anderer Rahmenbedingungen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik wie die Möglichkeit, mehr Teilzeitstellen einzurichten.
Wir wissen, dass mit der ungünstigen wirtschaftlichen Situation eine Benachteiligung auf anderen Gebieten einhergeht. Deshalb fördern wir Familienbildungsstätten, Maßnahmen zur Familienerholung und zu Familienfreizeiten - alles Einrichtungen, in denen wertvolle Arbeit zur Unterstützung der Familien geleistet wird. Nicht jede Familie ist in der Lage, sich aus den bunten Urlaubskatalogen schon im Herbst die Reise für den nächsten Sommer auszusuchen. So ist das für viele die einzige Möglichkeit, zusammen mit der Familie einmal aus der Umgebung herauszukommen.
Wenn Sie, meine Damen und Herren von Bündnis 90/Die Grünen, nach den Programmen der „Sozialen Stadt“ und danach fragen, was die Landesregierung in dem Zusammenhang ganz speziell für Kinder und Jugendliche und Familien in den betreffenden Kommunen tut, so muss ich Ihnen als betroffene Kommunalpolitikerin sagen, dass dies nun wirklich kommunale Sache ist. Die Räte vor Ort schneidern ihre Programme genau für das zu, was vor Ort gebraucht wird. Ich möchte in diesem
Zusammenhang für einen Zuschuss von 4,6 Millionen DM für zwei Gemeinden in meinem Landkreis ausdrücklich Dank sagen.
Ich bin der Überzeugung, dass jede Familie im Laufe der Zeit Krisen zu bewältigen hat. Die eine bewältigt das aus eigener Kraft, die andere braucht Hilfe. Hierfür stehen den Familien landesweit unterschiedliche Beratungsstellen zur Verfügung. In diesen Beratungsstellen wird auch bei Sucht oder Verschuldung geholfen.
Selbstverständlich ist noch viel zu tun, aber 16 Jahre Stillstand im Bund
sind selbst von uns nicht in kürzester Zeit aufzuholen. Deshalb unterstützen wir die jetzige Bundesregierung weiterhin in ihrem Bemühen.
An diesen kurzen Ausführungen können Sie erkennen, dass Familienpolitik eine Querschnittsaufgabe ist. In vielen Politikfeldern ist die Familie zu berücksichtigen. Dies wird die SPD-Fraktion weiterhin engagiert tun.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich gebe einen verkürzten Bericht. Eine Annäherung der Standpunktre wurde im Ausschuss nicht erreicht, weil zu unterschiedliche Vorstellungen über mögliche Maßnahmen bestanden. Deshalb empfiehlt der Ausschuss mit den Stimmen der Mitglieder der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Mitglieder der CDU-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, den Antrag so, wie er Ihnen vorliegt, anzunehmen. Die mitberatenden Ausschüsse haben mit dem gleichen Stimmenverhältnis zugestimmt.
Meine Damen und Herren, den weiteren Bericht gebe ich zu Protokoll.
Der Ausschuss für Gleichberechtigung und Frauenfragen empfiehlt Ihnen, den Antrag der Fraktion der SPD in einer geänderten Fassung anzunehmen.
Ziel des SPD-Antrages ist es, Maßnahmen von der Landesregierung einzufordern, die Mädchen und Frauen im ländlichen Raum den Zugang zu Multimedia und Internet erleichtern und zum Umgang mit den neuen Medien ermuntern. Die Vertreterin der antragstellenden Fraktion begründete zu Beginn der Sitzung im federführenden Ausschuss noch einmal ihren Antrag und merkte an, dass im Rahmen des Programms N-21 die im Antrag unter Nr. 1 geforderte Berücksichtigung des frauenspezifischen Zugangs zu neuen multimedialen Tech
nologien bereits gegeben sei. So seien in den Schulen mädchenspezifische Angebote im Medienbereich vorgesehen; auch in der Lehrerfortbildung solle dieser Aspekt berücksichtigt werden. Insoweit sei dieser Punkt als erledigt zu betrachten.
Im weiteren Verlauf der Sitzung ließ sich der Ausschuss die Überlegungen des zuständigen Ressorts vortragen, die zum besseren Umgang der Mädchen und Frauen mit dem Internet und den neuen Medien beitragen sollen.
Die Ministerialvertreterin führte aus, dass daran gedacht sei, gezielt für Frauen im ländlichen Raum ein mobiles Internetangebot zu schaffen, um erste Kontakte mit dem neuen Medium zu ermöglichen. Darüber hinaus sollten Frauen in der Familienphase auch über die Erweiterung von Berufsfeldern hinsichtlich des Multimediabereichs unterrichtet werden. Als dritter Schwerpunkt sei vorgesehen, den Internetbus in Orten einzusetzen, wo auf vorhandene Begleitprogramme und die Bereitschaft örtlicher Betriebe zurückgegriffen werden könnte, um Frauen vor Ort über Möglichkeiten des beruflichen Wiedereinstiegs zu informieren.
Die Sprecherin der CDU-Fraktion hielt die vom Ministerium dargelegten Vorhaben für unbefriedigend. Zum einen nehme die Bundesanstalt für Arbeit bereits die Aufgabe wahr, Frauen über neue Berufsfelder zu informieren, zum anderen sei es Aufgabe der Koordinierungsstellen in Niedersachsen, Frauen darüber aufzuklären, welche Berufe sie ergreifen könnten und welche Qualifizierungsmöglichkeiten bestünden. Zusätzlich zu den Koordinierungsstellen einen einzigen Bus einzusetzen, der dieselbe Aufgabe wahrnehmen solle, reiche ihres Erachtens in keiner Weise aus.
Die Abgeordnete der Fraktion der Grünen hielt für die weitere Beratung des Antrages eine Information über die Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen mit dem dort genutzten mobilen Internetangebot für notwendig. Daneben wollte sie sich zu gegebener Zeit über das Konzept unterrichten lassen, das zurzeit seitens der Landesregierung erarbeitet werde.
Die Ausschussmitglieder der SPD-Fraktion hatten jedoch keinen weiteren Beratungsbedarf und erklärten, dass das mobile Internetangebot in einem „lockeren“ und vertrauenschaffenden Umfeld bestehende Hemmschwellen minimieren solle. Dabei handele es sich um ein ergänzendes Angebot zu den bereits bestehenden Maßnahmen der Wirt
schaft, der Arbeitsverwaltung und der Landesregierung, das sich speziell an Frauen und Mädchen richte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorweggestellt eine kurze Ehrenrettung meines Kollegen Kalle Mühe. Ich hörte bei seinem Beitrag das Gegrummel und die Frage, wo die Frauen seien. Herr Mühe ist zwar nicht für das Politikfeld Frauen zuständig. Ansonsten aber könnte er dazu fachlich fundiert Stellung nehmen.
Meine Damen und Herren, in den Haushaltsberatungen löst das Wort „Einsparungen“ bzw. „Kürzungen“, das der Finanzminister in die Debatte einbringt, bei den Betroffenen meistens große Bedenken und Ängste aus. Wir können aber sagen, dass der vorgelegte Haushalt diese Ängste beseitigen kann.
Ich möchte kurz zu einigen ausgewählten Bereichen Stellung nehmen. Wir geben weiterhin für 41 Frauenhäuser 4,3 Millionen DM aus, für 30 Notrufe und Gewaltberatungsstellen 1,2 Millionen DM,
für die drei Mädchenhäuser in Osnabrück, Oldenburg und Hannover 450.000 DM plus 20.000 DM aus Toto/Lotto-Mitteln. Das heißt, dass der Ansatz gehalten wird. Es ist schade, dass er nicht erhöht wird. Aber wir konnten diese Haushaltsansätze immerhin so halten wie in der Vergangenheit.
Heute ist schon deutlich zum Ausdruck gekommen, dass die Mittel gegen Gewalt an Frauen und Mädchen nur Reparaturmaßnahmen sind. Wir zeigen mit unserem Antrag zur Erhöhung der Finanzmittel für die KOBRA - ich möchte den kompletten Namen an dieser Stelle einmal aussprechen: das ist die Koordinierungs- und Beratungsstelle für Opfer von Frauenhandel - -
- Diese Stelle ist von der SPD eingerichtet worden. Sie ist im Haushaltsplanentwurf mit 200.000 DM belegt. Wir haben die Förderung dieser Stelle, auch wenn kritisiert wird, dass die Fraktion so handelt, auf 250.000 DM heraufgesetzt. Außerdem gehören noch Mittel aus der Wohlfahrtsrichtlinie für eine Frauenschutzwohnung dazu.
Meine Damen und Herren, solange Frauenhandel an der Spitze krimineller Verdienstmöglichkeiten liegt, müssen wir uns weiterhin Gedanken darüber machen, wie wir hier zum Schutz der Frauen eingreifen können. Ich begrüße ausdrücklich die auch schon vom neuen Justizminister erwähnte Bundesregelung. Es kann nicht sein, dass Frauen weiterhin in die Frauenhäuser flüchten müssen, dass Frauen und Kinder Schutz suchen und die Wohnung verlassen müssen, und dass der Schlagende, der Täter, zu Hause bleibt. Ich gehe davon aus, dass Niedersachsen so schnell wie möglich eine Regelung findet, die eine Umsetzung der dann als Gesetz vorliegenden Regelung ermöglicht.
Hier ist auch die Schwangerschaftskonfliktberatung angesprochen worden. Wir haben damals im Zusammenhang mit der Umsetzung der Regelung zur Fallpauschale gesagt: Wir wollen uns nach einem Jahr angucken, wie sich die Regelung ausgewirkt hat. Meine Damen und Herren, was immer dabei zu Tage kommt, eines sage ich hier ganz deutlich: ohne Schein kein Geld.
Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Familienbildungsstätten. Sie leisten eine außerordentlich wichtige Arbeit im Lande. Sie fördern in prakti
schen Kursen nicht nur praktisches Wissen, sondern sie fördern auch die Gesprächsfähigkeit in den Familien. Wir gewichten diese Arbeit in den 25 Familienbildungsstätten dadurch, dass wir den Ansatz für sie um 100.000 DM erhöhen.
Meine Damen und Herren, zum Thema Familie gehören auch die Mütterzentren. Der Ansatz für die Mütterzentren bleibt unverändert. Dies gilt auch für die Familienfreizeiten.
Wir reden im Zusammenhang mit Eltern, Lehrern und Schule viel über die Veränderung von Kindheit und von Kindern insgesamt sowie darüber, dass Lehrerinnen und Lehrer fit gemacht werden müssen, um sich auf diese Veränderungen einzustellen. Die Fähigkeit zur Kindererziehung und zum Leben in einer Familie - wie immer diese Familie auch zusammengesetzt ist - wird nicht mit der Geburt eines Kindes erworben, sondern wir müssen die Familien fit machen, damit sie in der Familie mit den Kindern leben können.
Da in diesem Zusammenhang vorhin etwas bemängelt worden ist, möchte ich Sie, meine Damen und Herren, bitten, nicht zu vergessen, dass wir für Familienberatungsstellen - eine freiwillige Leistung des Landes - weiterhin 500.000 DM zur Verfügung stellen.
- Ja, Herr Rolfes oder Herr Möllring - wenn ich den Zuruf von vorhin richtig deute - ist sich nicht ganz im Klaren darüber, dass Kommunen eine Menge Aufgaben wahrzunehmen haben. Es wird immer gern aufs Land geschoben.
- Nein, das habe ich eben durchaus gehört. Es gab aber im Vorfeld einen Zwischenruf. - Meine Damen und Herren, wir alle sind, wenn ich recht informiert bin, in der Kommune tätig. Insofern liegt es an uns allen, dass Kommunen ihren Aufgaben gerecht werden können und nicht immer nur aufs Land gucken.
Wenn alles beim Alten bleibt, so frage ich: Wo bleiben eigentlich die Kürzungen? - Wir können nicht verschweigen, dass Kürzungen vorgenommen worden sind. Der Landesrechnungshof hat die
Ansätze für die Frauenprojekte in Höhe von 1,2 Millionen DM schon häufiger kritisiert. Aus diesen Ansätzen werden die Mittel der Kommunen im Rahmen einer Einzelförderung mit Beträgen von 3.000 bis 5.000 DM gegenfinanziert. Diese Ansätze sind auf 800.000 DM gekürzt worden. Aber auch hier sind wir aufgerufen, dafür Sorge zu tragen, dass die Frauenbeauftragten in den Kommunen nicht leer ausgehen, sondern dass diese Projekte weiterhin unterstützt werden.
Alles in allem können wir sagen, dass die Schwerpunkte, wie sie von dieser Regierung schon seit Jahren gesetzt werden, auch weiterhin unverändert mit Geldmitteln belegt worden sind. Heidi Merk verdient insofern ein großes Dankeschön dafür, dass sie hier ihre Hand so schützend darüber gehalten hat.
Ein weiteres Thema: Wer auf der ersten Mädchenmesse gewesen ist, der hat es deutlich gespürt. Es hat Unruhe bei den Frauen gegeben. Was passiert mit dem Mädchenmodellprojekt? Was passiert mit der Mädchenrichtlinie? - Es gibt, meine Damen und Herren, eindeutige Aussagen in Richtung Fortführung des Modellprojektes. Unsere Fraktion in diesem Landtag steht dazu. Es muss allerdings über die Frage diskutiert werden, wie die Fortführung nach der zehnjährigen Modellprojektphase gestaltet werden soll. Es gibt eine Evaluation, auf deren Grundlage die Beratungen fortgesetzt werden sollen. Dies muss mit den Beteiligten geschehen, nicht nur im Separee. Es geht nicht nach dem Motto „weiter so“, sondern unter veränderten Bedingungen.
Es besteht die Angst, dass die Diskussion über die Frage, dass es so langsam auch eine Jungenrichtlinie geben müsste, weil auch Jungen und junge Männer ein verändertes Bewusstsein und Verhalten erfahren müssten, zulasten der Mädchenmodellprojekte geht. Wir müssen darüber reden, wie wir das alles initiieren können. Ich sage: Das Mädchenmodellprojekt wird weitergeführt.
Die Dotierung der Mädchenrichtlinie ist erstmalig gekürzt worden. Diese Kürzung ist aber mit 200.000 DM aus Mitteln der N21-Initiative aufgefangen worden. Wenn wir jetzt sehen, dass sich viele Projekte mit Mädchen und den neuen Medien beschäftigen, dann ist hier eine Fortführung sichergestellt.
Meine Damen und Herren, wir werden mit dem Haus - auch bei veränderter Spitze - weiterhin erfolgreich zusammenarbeiten. Die Angst davor, dass Frauenpolitik in Familienpolitik übergehen würde, können wir den Frauen im Lande nehmen. Außerdem, meine Damen und Herren: Auch ein erfolgreich eingeführtes Gender Mainstreaming ersetzt keine selbständige Frauenpolitik.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine geschätzte Zahl, sagen wir einmal, eine Höchstzahl: Täglich gehen in Deutschland eine Million Männer in ein Bordell. Ca. 500.000 Frauen und Mädchen werden jährlich zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in EU-Länder gebracht.
Diese Frauen und Mädchen kommen hauptsächlich aus osteuropäischen Staaten; aber nicht nur. Für Deutschland speziell gibt es keine gesicherten Zahlen, da sich die Mehrheit der Frauen und Mädchen ohne gültige Aufenthaltserlaubnis und somit illegal hier aufhält. Wir können aber davon ausge
hen, dass 80 % der ausländischen Prostituierten ihrem Gewerbe nicht freiwillig nachgehen.
Wie sind diese Frauen hierher gekommen? - Die schlechte wirtschaftliche Situation im Heimatland wird von kriminellen Banden dahin gehend ausgenutzt, dass ihnen ein Arbeitsplatz versprochen wird. Sie kommen in der Hoffnung, sich hier eine Grundlage für ein besseres Leben erarbeiten zu können. Frauenhandel beginnt aber auch oft mit der zielgerichteten gewerblichen Heiratsvermittlung ausländischer Frauen.
Für beide Gruppen gilt, nach der Einreise und dem Eintritt in den Herrschaftsbereich der entsprechenden Bande wird ihnen der Pass weggenommen. Sie haben keine Bewegungsfreiheit. Ihnen wird eröffnet, sie hätten hohe Schulden, z. B. durch Reisekosten und Unterkunft. Sie werden durch Misshandlungen, Demütigungen und Vergewaltigungen zur Prostitution gezwungen. Sie werden wie eine Ware von Zuhälterring zu Zuhälterring weiterverkauft.
Auch Frauen, die bewusst zur Ausübung der Prostitution gekommen sind, sehen sich dieser menschenverachtenden Behandlung ausgesetzt. Auch sie erfahren Gewalt und werden ausgebeutet.
Gelingt den Frauen die Flucht, erschwert ihre Sprachlosigkeit die Hilfesuche. Da sie sich illegal in Deutschland aufhalten, droht ihnen Abschiebung oder Ausweisung. Die Bereitschaft, gegen ihre Peiniger auszusagen, wird durch ihre Angst eingeschränkt. Erklären sie sich zur Aussage bereit und helfen dadurch, den Strafanspruch des Staates durchzusetzen, müssen sie besonders geschützt werden. Kehren sie in ihr Heimatland zurück, sind sie dort häufig erneuter Gewalt der Frauenhändler ausgesetzt.
Wir sind der Überzeugung, dass sich der Landtag mit der Situation dieser Frauen beschäftigen und weitergehende Hilfsmöglichkeiten diskutieren muss. Wir danken an dieser Stelle aber ausdrücklich den Organisationen und staatlichen Stellen, die sich um Hilfe für die Frauen und Mädchen bemühen.
Meine Damen und Herren, eines müssen wir an unserem Antrag ändern. Inzwischen hat der Bundesrat der Änderung des Ausländergesetzes zugestimmt. Wir können ausdrücklich feststellen, dass sich Niedersachsen bereits entsprechend unserem Antrag verhalten hat. Niedersachsen hat im Gegensatz zu anderen Bundesländern, z. B. Bayern, von
Anfang an zu dieser Änderung gestanden. Das Verfahren hat sich durch die Ablehnung einiger Bundesländer sehr in die Länge gezogen.
- Es ist durch den Bundesrat gegangen, Brigitte. Du kannst es mir glauben.
Niedersachsen hat also zu den Befürwortern des eigenständigen Aufenthaltsrechts nach zwei Jahren gehört. Kritiker argumentieren, dass die Regelung, in Härtefällen Frauen ein eigenständiges Aufenthaltsrecht ohne bestimmte Ehedauer zuzubilligen, Scheinehen Tür und Tor öffnen würde. Aber dies betrifft Ausnahmefälle, nicht die Mehrheit, meine Damen und Herren.
Folgendes Beispiel ist nicht konstruiert, sondern entspricht der Wirklichkeit. Wenn eine ausländische Frau einen Pädophilen heiratet, was sie vor der Eheschließung nicht gewusst hat, und er sich nach einem Jahr scheiden lässt, weil die Kinder nicht den Erwartungen entsprochen haben, musste die Frau nach dem alten Recht gehen. Nach dem neuen Recht ist das ein Härtefall.
Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist festgehalten, dass die nationale Bekämpfung des Frauenhandels verstärkt wird. Dazu leistet Niedersachsen bereits einen Beitrag, den wir mit dem vorliegenden Antrag verstärken wollen. Er führt einzelne Maßnahmen nicht explizit auf. Beispielsweise meine ich, dass ein Programm zur Bekämpfung des Frauenhandels in den Herkunftsländern mit den dortigen Institutionen speziell auf die Gegebenheiten der einzelnen Länder abgestimmt werden muss. Ich meine nicht, dass wir ein allgemein gültiges Programm für jede Situation in dem betreffenden Land erarbeiten können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ich habe die Hoffnung, dass wir nach der Diskussion und der Arbeit in den Ausschüssen zu einem gemeinsamen Ergebnis im Interesse der traumatisierten Frauen kommen können.
Zum Schluss noch eines: Frauenhandel ist ein lukratives kriminelles Geschäft. 1998 hieß es im Bericht des Sachverständigen im Familien- und Frauenausschuss seinerzeit in Bonn:
„Die Schlepperbanden machen allein in Europa jährlich etwa 7 Milliarden Dollar Gewinn mit der sexuellen
Ausbeutung und sklavenähnlichen Behandlung der Frauen.“
Damit hat der Frauenhandel mit dem Drogenhandel gleichgezogen. Vielleicht wäre es für diese verbrecherischen Banden eine besondere Strafe, wenn es möglich wäre, ihnen mit dem in Niedersachsen erfolgreich praktizierten Mittel der Gewinnabschöpfung das mit der Ware Frau verdiente Geld entziehen zu können und dem Opfer Frau zugute kommen zu lassen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin schon ein bisschen verblüfft, als Erstes von Ihnen, Frau Pothmer, zu hören, dass Frauenförderung laut NGG in zehn Jahren erledigt sein muss. Das bezieht sich - darauf möchte ich extra hinweisen - auf die §§ 5 und 6. Das NGG enthält noch mehr Maßnahmen.
Weiter wundert es mich schon, Frau Schliepack, dass Sie genau wie Frau Pothmer den Moment nutzen und sagen, was Sie alles tun wollen. Wir haben den Weg der üblichen parlamentarischen Arbeit gewählt. Wir diskutieren morgen unseren Antrag als Fazit aus dem vorgelegten Bericht, also was wir meinen, was geändert werden muss. Es ist natürlich ein bisschen populistischer, es kommt gut an, wenn man das alles vor laufenden Kameras sagen kann. Ich meine, Frauenpolitik gehört in die Ausschüsse, wird dort erarbeitet werden.
Sie dreschen heute erst drauf, meine Damen und Herren, und sagen anschließend, Sie seien ja bereit, mit uns zusammenzuarbeiten. Sie dürfen sich dann nicht wundern, wenn auch bei uns manchmal der Ton ein bisschen schärfer wird. Das ist keine Art der Zusammenarbeit.
Herr Präsident, ich werde mich bemühen, Ihrer Aufforderung zu folgen, nicht abzulesen.
- Unsere Männer werden genauso daran arbeiten und arbeiten auch daran wie wir Frauen dieser Fraktion.
Sie lasten die Schuld nur der Ministerin an, sagen, dass sie die alleinige Verantwortung dafür trägt.
Sie verlieren leider aus dem Blickwinkel, dass z. B. im Innenministerium das Mentoring ein großer Erfolg geworden ist.
- Das Mentoring wird von uns überhaupt nicht abgelehnt, Frau Pothmer. Erinnern Sie sich an die Ausschussdiskussion. Wir haben damals wegen Verfahrensfragen, nicht wegen inhaltlicher Fragen abgelehnt.
Inhaltlich steht diese SPD-Fraktion voll hinter Mentoring. Das haben wir in den Ausschussberatungen zum Ausdruck gebracht. Wir haben damals gesagt: Lassen Sie uns die Entscheidung darüber verschieben, damit wir den Bericht auswerten können, damit wir anhand des Berichtes ein Maßnahmenbündel erarbeiten können. Das haben wir getan. Sie wollten es damals sofort entscheiden. Darum haben wir damals abgelehnt.
Da wir inhaltlich das Thema nicht ablehnen, werden wir dem heute zustimmen. Das ist völlig logisch.
Wir haben zum Mentoring einen weiterführenden Antrag gestellt, den wir morgen beraten werden.
Mir kommt es ein bisschen so vor, als ob hier heute auf die SPD nur eingedroschen wird,
um sich selbst als diejenigen darzustellen, die alles wunderbar für Frauen machen.
Die Grünen und die CDU sind diejenigen, die hier die super Frauenpolitik machen, und die SPD tut nichts für die Frauen. Das lesen wir von Ihnen, Frau Pothmer, in der Zeitung. Frauen haben angeblich keine Lobby mehr. Aber mir erscheint das Ganze doch mehr wie eine Kampagne, sich nur selbst darzustellen. Das kann man natürlich immer am besten nur, indem man die anderen niedermacht. Nur, Niedermachen ist keine Politik.
Ein bisschen überrascht war ich heute schon, wenn auf der einen Seite - ich nenne es mal so - Leckerlis für die Ministerien oder die Dienststellen verteilt werden, die wunderbar gearbeitet haben, ein Leckerli in Form von Geld. Auf der anderen Seite steht heute aber in der Zeitung, wo Sie von Bündnis 90/Die Grünen überall einsparen wollen. Das passt auch nicht ganz zusammen. Denn nur Geld zu verteilen, meine Damen und Herren, ist auch kein politischer Inhalt.
Der gemäß dem NGG erforderliche Bericht zeigt auch, was diese Landesregierung zu tun gedenkt. Unser Antrag ist ein weiterer Beitrag zur Umsetzung des NGG. Die Umsetzung muss auf allen Schultern ruhen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass nach diesem Bericht auch allen klar geworden ist, dass die Durchsetzung von Frauenförderplänen nicht nur ins MFAS gehört, sondern nach dem Prinzip des Gender Mainstreaming werden jede Ministerin und jeder Minister verstärkt darauf achten, dass das NGG umgesetzt wird. Ansätze dazu haben wir. Im Übrigen schränkt Mentoring alleine die Fantasie aller ein. Wir können genauso
über Assessment Centre und Ähnliches nachdenken. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Diese Fraktion steht dahinter, das NGG umzusetzen, das damals unter rot-grüner Regierung entstanden ist. Wenn man damals vielleicht geglaubt hat, man kann das alles eben mal so durchsetzen, dann hätte man auch bedenken müssen, dass es Regeln geben muss, um eine Durchsetzung zu erleichtern.
Meine Damen und Herren, das NGG ist nicht gescheitert.
Wir wissen, dass man nicht in viereinhalb oder fünf Jahren die verkrusteten Strukturen in den Verwaltungen aufbrechen und auflösen kann. Wir sind auf dem richtigen Weg, meine Damen und Herren; und wir werden diesen Weg erfolgreich weiter gehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Bericht gerne zu Protokoll geben.
Der Ausschuss für Gleichberechtigung und Frauenfragen empfiehlt Ihnen, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der eine MentoringOffensive für mehr Frauen in Führungspositionen fordert, abzulehnen.
Die Vertreterin der Fraktion der Grünen begründete ihren Antrag im federführenden Ausschuss damit, dass die Frauenförderung trotz des Nieder
sächsischen Gleichberechtigungsgesetzes gerade auch in den obersten Landesbehörden nicht erfolgreich verlaufen sei. Deshalb müsse darüber nachgedacht werden, ob es nicht noch andere, bessere Instrumente zur Frauenförderung gebe. Die Methode des Mentoring sei inzwischen, insbesondere in der Wirtschaft, mit Erfolg erprobt worden. Mit der Etablierung eines Mentoring-Programms könnte der Gleichstellungspolitik der dringend notwendige Impuls gegeben werden, um Potentiale und Ressourcen von Frauen nicht länger brachliegen zu lassen. Wie das Ergebnis des EUProjekts „StepUpNOW“ gezeigt habe, sei es grundsätzlich möglich, die Methode des Mentoring auch im öffentlichen Dienst anzuwenden.
Die Sprecherin der SPD-Ausschussmitglieder hob hervor, dass ihre Fraktion das Mentoring grundsätzlich unterstütze. Sie verwies aber auf den zu erwartenden - Ihnen inzwischen auch vorliegenden - Bericht über die Umsetzung des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes, der nach ihrer Einschätzung sicherlich noch Handlungsbedarf aufzeigen werde. Möglicherweise, so die Abgeordnete, werde das Ergebnis dieses Berichts die Ausschussmitglieder zu der Auffassung bringen, dass ein umfassenderer Maßnahmenkatalog erstellt werden müsse. Aus diesem Grunde wolle ihre Fraktion nicht eine einzige Maßnahme vorziehen, sondern zu einem etwas späterem Zeitpunkt ein ganzes Bündel von Maßnahmen entwickeln, das zum einen die Fortschreibung des Personalentwicklungskonzepts, zum anderen aber auch konkrete, auf die einzelnen Projekte zugeschnittene und für alle geltende Regeln beinhalten müsse. In dieses Maßnahmenbündel müsse dann auch das Mentoring-Konzept mit einbezogen werden.
Die Vertreterin der CDU-Ausschussmitglieder unterstützte den Antrag der Fraktion der Grünen. Ihrer Auffassung nach gehöre das MentoringKonzept in das Gender-Mainstreaming-Konzept mit hinein und stelle in diesem Zusammenhang eine Konkretisierung dar. Ihre Fraktion halte es für richtig, dass einzelne, ganz konkrete Schritte unternommen würden. Jeder Baustein zur Erhöhung der Präsenz von Frauen in Führungspositionen könne nur begrüßt werden. Sie befürchtete, dass mit der Umsetzung eines Maßnahmenbündels aufgrund des Berichtes zum Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetz sicherlich erst nach der Sommerpause begonnen werden könne. Daher hielt sie ein sofortiges Handeln aufgrund des Antrages für sinnvoll und hatte kein Verständnis für
die Aufschiebung der Entscheidung über den Antrag.
Nachdem sich keine weitere Aussprache ergab, empfahl der Ausschuss mit den Stimmen der Mitglieder der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Mitglieder der CDU-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem Landtag, den Antrag abzulehnen. Der mitberatende Ausschuss für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht schloss sich mit gleichem Stimmverhalten der Empfehlung an.
Der Ausschuss bittet Sie, der Beschlussempfehlung in der Drucksache 1340 Ihre Zustimmung zu geben.