Elke Müller
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die von Ihnen einstimmig eingesetzte EnqueteKommission zur Parlamentsreform hat zwei Jahre lang – wie ich meine - sehr fleißig und intensiv miteinander gearbeitet. Sie wissen, dass in dieser Enquete-Kommission auch sechs externe Sachverständige mitgearbeitet haben. Deswegen möchte ich zuerst einen Dank insbesondere an diese Sachverständigen, an den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst, aber auch an die Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen dieses Hauses aussprechen, die zwei Jahre lang in dieser EnqueteKommission gearbeitet haben.
Sie wissen, unser Auftrag war umfassend. Ich will die Themen nicht im Einzelnen wiederholen. Aber wir waren dem Parlament sehr dankbar, dass es rechtzeitig unseren Arbeitszeitraum verdoppelt und unserem Vorschlag zugestimmt hat, den Sachverständigen Stimmrecht zu geben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist auch eben wieder deutlich geworden: Der Teil 2, der sich mit unseren inneren Arbeitsabläufen befasst, findet und fand in diesem Hause besonderes Interesse. Aber aus Sicht der Enquete-Kommission ist der erste Teil unseres Arbeitsauftrages der viel gewichtigere gewesen.
Es geht, wie schon gesagt, um unsere Kompetenzen als Parlament und damit letzten Endes um die Existenz dieses Parlaments. Wenn man sich mit diesen Themen befasst, ist klar, dass in gewisser Weise auch das föderale System der Bundesrepublik auf dem Prüfstand steht.
Nach der Verfassungsordnung unseres Grundgesetzes haben die Bundesländer Staatsqualität. Es gibt gute Gründe, diese bundesstaatliche Struktur zu erhalten und wieder zu stärken.
Wesentlich für die Staatsqualität eines Bundeslandes ist das Vorhandensein eines vom Landesvolk frei gewählten Parlaments. Wenn ein solches Parlament im Laufe der vergangenen 50 Jahre Kompetenzverschiebungen und Kompetenzverluste erlitten hat, dann ist es an uns, an den Abgeordneten dieses Hauses, diesen Prozess zu stoppen und wieder umzukehren.
Die Frage der Kompetenzverteilung zwischen Bund, Land und Europa ist natürlich nicht neu. Sie wird seit vielen Jahren immer wieder diskutiert. Es gibt in fast allen Landtagen Enquete-Kommissionen, die sich damit beschäftigt haben. Wir finden dieses Thema auch wieder bei Diskussionen, Gesprächen, Verhandlungen auf den verschiedensten Regierungsebenen, immer auch über Ländergrenzen hinweg.
Auf der Parlamentsebene fehlte aber bisher dieses länderübergreifende Element. Wir sind deshalb in der niedersächsischen Enquete-Kommission gemeinsam der Auffassung gewesen, dass die Länderparlamente für ihre eigenen Kompetenzen und Rechte selber streiten und kämpfen müssen. Deshalb haben wir einen Konvent von Landtagsabgeordneten aller Bundesländer vorgeschlagen. Wir sind froh darüber und stolz darauf, dass das inzwischen in Vorbereitung ist. Denn wir meinen, dieser Konvent soll die gemeinsamen Interessen und Kompetenzansprüche der Länderparlamente gegenüber dem Bund und Europa stärken.
Zu diesen gemeinsamen Interessen gehört die Frage nach den Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern genauso wie die Frage, ob und wie Gesetzgebungskompetenzen und Finanzverantwortung wieder stärker zusammengeführt werden können. Wir sehen es also als großen Erfolg für
Niedersachsen an, dass dieser Konvent im nächsten Frühjahr stattfindet.
Ich will auch etwas zu Kompetenzverlusten sagen, welche die Länder im Laufe der Jahre hingenommen haben, in einigen Detailfragen auch etwas zu Rückholmöglichkeiten. Von 48 Grundgesetzänderungen in den letzten Jahren sind sage und schreibe 35 zulasten der Länder gegangen. Als 1994 nach der deutschen Einheit das Grundgesetz überarbeitet wurde, hat es erste Anläufe, Tendenzen und auch Ergebnisse gegeben, um die Länderkompetenzen wieder zu stärken. Die Frage ist aber, ob wir als Parlament das genügend nutzen.
Lassen Sie mich an einigen Punkten vortragen, womit sich die Kommission im Detail beschäftigt hat. Da ist z. B. Artikel 72 des Grundgesetzes. Er eröffnet dem Bund auch nach der Neufassung erheblichen Spielraum unter der Prämisse „Wahrung der Rechtseinheit“. Zu fragen ist doch, ob das wirklich immer gerechtfertigt ist.
Bisher hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung die Länderkompetenzen eher restriktiv behandelt. Seit einigen Wochen haben wir ein neues Urteil - es geht um das Altenpflegegesetz -, in dem Karlsruhe meines Wissens erstmals das Gesetzgebungsrecht der Länder gestärkt hat. Das ist ein Lichtblick für die Länder und die Parlamente, und wir sollten das nutzen.
Ein weiteres Beispiel, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich aufzählen. Ich meine, dem Artikel 125 a Abs. 2 des Grundgesetzes sollte ein besonderes Interesse dieses Parlaments gelten. Was besagt denn dieser Artikel? - Er besagt, dass alle bis 1994 erlassenen Bundesgesetze daraufhin zu prüfen sind, ob nach dem geänderten Grundgesetz noch immer ein Interesse an einer bundeseinheitlichen Regelung besteht oder ob Konsequenzen gezogen und Kompetenzen an die Länder zurückverlagert werden. Es geht hier nicht um Peanuts, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es geht vielmehr um Gesetzgebungskompetenzen in ca. 35 unterschiedlichen Bereichen.
Trotz dieser Grundgesetzänderung ist in der Zeit von 1994 bis 1998 überhaupt nichts passiert. 1998 hat es dann einen Vorstoß der SPD-Bundestagsfraktion gegeben. Es wurde ein entsprechender Gesetzentwurf vorbereitet. Aber bedauerlicherweise ist auch diese Initiative mit dem Hinweis auf die
Nizza-Nachfolgekonferenz 2004 vorerst im Sande verlaufen.
Die niedersächsische Enquete-Kommission ist einhellig der Auffassung, dass wir, das Landesparlament, prüfen lassen sollten, ob dem Parlament nicht zumindest ein Antragsrecht auf Freigabe dieser Gesetzesmaterien zugestanden werden sollte.
Auch gegenüber der EU ist im Übrigen darauf hinzuwirken, dass das Subsidiaritätsprinzip in der Praxis ausreichend umgesetzt wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es eigentlich auch einen Grund zur Selbstkritik, wenn wir über mangelnde Kompetenzen reden? - Die Antwort muss bedauerlicherweise ein eindeutiges Ja sein. Es gibt nämlich auch so etwas wie eine stillschweigende Kompetenzaufgabe. Auch hierzu ein kleines Beispiel. Ich zitiere einmal aus dem Grundgesetz Artikel 80 Abs. 4:
"Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt."
So weit der Text des Grundgesetzes. Die EnqueteKommission hält die Entscheidung, ob Verordnung oder Gesetz, für eine Entscheidung, die allein das Parlament zu treffen hat. Die Kommission regt daher an, ein entsprechendes Kommunikationsverfahren zwischen der Landesregierung und dem Parlament zu entwickeln und einzuführen.
Kolleginnen und Kollegen, auch bei der Umsetzung von EU-Recht lassen Länderparlamente und eben auch der Niedersächsische Landtag häufig in großzügiger Weise Verordnungsermächtigungen zu. Damit verzichtet das Parlament, damit verzichten wir auf unser Gesetzgebungsmonopol. Da liegt auch eine Gefahr für den Bestand des Landesparlaments.
Ich will jetzt noch einige Punkte zu dem zweiten Teil unseres Auftrags erwähnen, der lautete, dass wir die Arbeit des Parlaments und der Ausschüsse effektiver, lebendiger und aktueller zu gestalten haben. Es hat dazu viele Vorschläge der Kommissionsmitglieder gegeben, die wir ausführlich diskutiert und zum Teil auch verworfen haben. Das ist
der normale Gang der Dinge. Die Fraktionen dieses Hauses werden sich mit der Umsetzung der einzelnen Punkte befassen, indem sie sie in der neuen Geschäftsordnung zu verankern haben. Meine Fraktion hat schon sehr ausführlich darüber beraten.
Ich will aus Zeitgründen nicht auf alle Einzelpunkte eingehen, sondern mich auf zwei oder drei beschränken.
Etwas ist von meinem Vorredner auch schon angesprochen worden: Einer der wesentlichsten Punkte, die unsere Arbeit verändern werden, ist die Aufhebung der Redezeiten. Das hört sich im ersten Moment vielleicht sehr revolutionär an. Aber man muss sich überlegen, was die Kommission damit bezweckt. Wir waren uns darüber einig, dass die Debatten lebhafter werden, weil mehr Abgeordnete die Möglichkeit haben, sich spontan an einer Aussprache zu beteiligen und auf Vorredner zu reagieren. Es wird aber zwangsläufig auch zu einer durchaus beabsichtigten Selbstdisziplinierung bei der Anwesenheit im Plenarsaal kommen, weil niemand mehr so genau voraussagen kann, wann die nächste Abstimmung stattfindet.
Die Gefahr, dass Debatten zeitlich völlig ausufern könnten, hat die Enquete-Kommission überhaupt nicht gesehen. Ich meine, alle, die vielleicht jetzt innerlich bedenklich den Kopf wiegen und sich fragen, ob das mit der Aufhebung der Redezeiten geht, darf ich darauf hinweisen, dass es vor 1982 in diesem Haus diese Art der Begrenzung nicht gegeben hat.
Das Parlament hat damals gut damit gelebt. Ich meine, wir sollten den Mut haben, dort wieder anzuknüpfen und dies zu tun.
Zur weiteren Belebung unserer Arbeit schlägt Ihnen die Kommission auch vor, das Instrument der Kurzintervention insbesondere bei Dringlichen Anfragen und Kleinen mündlich zu beantwortenden Anfragen einzuführen.
Eine wesentliche Veränderung unserer Arbeit wird sicherlich auch die empfohlene Reduzierung der Zahl der Ausschüsse bringen. Sie soll der Zahl der Ministerien angepasst werden.
Wie vorhin schon erwähnt wurde, hat die EnqueteKommission mit Mehrheit, aber nicht einstimmig empfohlen, einen eigenständigen Petitionsausschuss einzurichten. Wir haben dazu eine Anhörung durchgeführt. Ich verrate Ihnen sicherlich kein Geheimnis, wenn ich Ihnen sage, dass sich die SPD-Fraktion insgesamt für diesen Vorschlag nicht sonderlich erwärmen kann. Wichtig ist für uns nicht die Adresse, an die die Bürger ihre Petition schicken, wichtig ist die gute fachliche Beratung der Petitionen, und die ist in unseren Fachausschüssen gewährleistet.
Man kann - das empfiehlt sich - Veränderungen beispielsweise auch in der Außendarstellung der Petitionsarbeit vornehmen, mit einem jährlichen Petitionsbericht, mit einer besseren Aufbereitung der Erfolgsstatistik und Ähnlichem.
Wenn wir uns allerdings an Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen orientieren wollten, die in der Anhörung auch vorgetragen haben, dann müssten wir mit nicht unerheblichen Kosten für das Land einen eigenen Verwaltungsapparat für einen Petitionsausschuss aufbauen.
Ich will des Weiteren kurz darauf hinweisen, dass es von den Oppositionsfraktionen eine Reihe von Vorschlägen für zusätzliche Minderheitenrechte gegeben hat. Wir haben all diese Vorschläge diskutiert, und sie wurden alle mit Mehrheit von der Kommission abgelehnt. Die Enquete-Kommission hat noch einmal deutlich gemacht: Demokratie beruht auf dem Mehrheitsprinzip. Das darf man nicht über eine Geschäftsordnung aushebeln. Die Verantwortlichkeiten müssen klar und eindeutig bleiben.
Sehr ausführlich hat sich die Enquete-Kommission mit den Fragen Budgetierung des Landeshaushaltes, neue Steuerungsmodelle und Kontrollmöglichkeiten des Parlaments beschäftigt. Auch dazu haben wir Anhörungen durchgeführt. Sie können das alles sehr ausführlich in unserem Bericht nachlesen. Wenn ich ein kurzes Fazit daraus ziehen darf, dann sieht das so aus: Auf allen politischen Ebenen, in den verschiedensten Bundesländern gibt es Bestrebungen, über Budgetierung und neue Steuerungsmodelle die Haushaltsführung zu verändern, sie wirtschaftlicher und flexibler zu gestalten. Wir haben auch festgestellt: Es gibt keinen Königsweg, sondern viele verschiedene Varianten. Alle, die wir
angehört haben, sind auf diesen unterschiedlichen Wegen unterschiedlich weit vorangeschritten.
Die niedersächsische Enquete-Kommission betrachtet diesen Weg grundsätzlich als positiv. Wir sind der Überzeugung, dass es ein fortlaufender Prozess ist, der noch lange nicht am Ende ist, den das Parlament mit Aufmerksamkeit begleiten muss, wobei es beim Fortschreiten von Veränderungen gemeinsam darauf zu achten hat, dass unsere Rechte als Parlament in diesem Bereich nicht geschmälert werden.
Im vierten Teil unseres Auftrages, liebe Kolleginnen und Kollegen, ging es auch um verfassungsrechtliche Grenzen bei der Verlagerung von Entscheidungskompetenzen. Ich will hier noch einmal das Thema Stiftungen aufgreifen. Es ist richtig, wie mein Kollege Althusmann gesagt hat, dass wir dazu den Landesrechnungshof gehört haben und dass die Enquete-Kommission empfiehlt, die Einrichtung von Stiftungen auf Einzelfälle zu beschränken. Wir haben in der Enquete-Kommission nicht über das neue Hochschulgesetz diskutiert. Das war nicht unsere Aufgabe.
Die Einrichtung von Stiftungen durch das Land hat zur Folge - das ist sicherlich unbestreitbar -, dass Einfluss- und Entscheidungsmöglichkeiten sowie Kontrollmöglichkeiten des Parlaments auch in finanzieller Hinsicht beschnitten werden. Wie schon ganz deutlich wurde, haben besonders die Kollegen auf der rechten Seite des Hauses große Bedenken geäußert. Festzuhalten ist aber: Das Land hat seit 1961 acht Stiftungen privaten Rechts eingerichtet, bei denen das Land der alleinige Stifter ist. Sieben dieser acht Stiftungen - ich wiederhole: sieben dieser acht Stiftungen - wurden in der Regierungszeit Albrecht eingerichtet. Zu der Zeit hatte offensichtlich die Opposition nicht die Bedenken, die sie heute deutlich zu machen versucht.
- Ich werde mich beeilen, Herr Präsident.
Zum letzten Teil unseres Auftrages kann ich mich kurz fassen. Es ging um weitere Kontrollfunktionen bei Staatsverträgen, Verwaltungsabkommen
und Ähnlichem. Da hat die Enquete-Kommission sehr deutlich auf unsere Niedersächsische Verfassung hingewiesen, die uns einerseits in Artikel 24 deutlich macht, dass wir jedes Fragerecht haben und dass die Landesregierung selbstverständlich die Fragen zu beantworten hat. Artikel 25 umfasst eine so genannte Bringeschuld der Landesregierung, von sich aus dem Parlament Informationen zu geben. Für weitere Unterrichtungspflichten über diese beiden Artikel hinaus sah die Kommission keinerlei Raum.
Ich habe am Anfang darauf hingewiesen, dass Existenz und Fortbestand des Landtages - man kann auch sagen: der Landtage schlechthin - im ersten Teil unseres Berichtes das gewichtigste Thema waren. Manche sehen bei den unbestreitbaren Kompetenzverlusten der Landesparlamente den Föderalismus in der Krise. So weit will ich nicht gehen. Ich sehe aber durchaus eine Erosion von Rechten und Veränderungen, die nicht alle positiv sind. Es liegt an uns, den Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages - lassen Sie mich das noch einmal ganz deutlich sagen -, diesen Prozess zu stoppen und umzukehren. Der Konvent der Landtagsabgeordneten muss der erste Schritt dazu sein.
Mein letzter Satz: Die Enquete-Kommission hat trotz unterschiedlicher Positionen und Auffassungen zu Detailpunkten diesen Bericht einstimmig verabschiedet. Das macht deutlich, dass wir auch gemeinsam Veränderungen wollen. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir uns den vorliegenden Antrag der CDUFraktion ansehen, dann fragen wir uns, warum Sie sich auf der rechten Seite des Hauses eigentlich so fürchterlich aufplustern. Richtig ist an Ihrem Antrag eigentlich nur eines: Das ist die Feststellung, dass sich die Belegungssituation verschärft hat. Im Übrigen wissen wir alle, dass das nicht nur in Niedersachsen der Fall ist. Ihre Behauptung, Herr Stratmann - es wundert mich schon, das von Ihnen so zu hören -, die Überbelegung der Anstalten sei auf Versagen und Versäumnisse der SPD-Landesregierung seit 1990 zurückzuführen, ist falsch, sie ist absolut falsch. Das wissen Sie auch. Zumindest könnten Sie es wissen.
Muss ich Sie eigentlich erst daran erinnern, dass der Anstieg der Häftlingszahlen auch etwas mit der Grenzöffnung zu tun hat und dass wir schon vor langem darauf reagiert haben? Wir haben doch in den vergangenen Jahren ein Programm mit drei mal 100 Haftplätzen - für die Anstalten in Lingen, Hameln und Meppen - aufgelegt und damit 300 Plätze geschaffen. Wir haben in Oldenburg die große neue Anstalt gebaut, die Sie kennen, mit
ebenfalls 300 Plätzen. Wir haben die alte Oldenburger Anstalt bewusst offen gelassen und haben sie nicht geschlossen. Wir haben das Rote Haus in Wolfenbüttel mit 70 Plätzen saniert und diese wieder in Betrieb genommen. Wir haben dafür gesorgt, dass in Langenhagen eine Abschiebehaftanstalt mit 144 Plätzen eröffnet wurde.
Ich will Sie der Mühe entheben, das zusammenzurechnen. Das sind zusammen 814 zusätzliche Haftplätze. Sie wissen, dass dazu noch Sehnde und in absehbarer Zeit Göttingen-Roßdorf hinzukommen werden. Das sind noch einmal 830 Plätze.
Das alles zeigt, wie absurd Ihre Vorwürfe wegen eines angeblichen Versagens der Landesregierung sind.
Sie haben gesagt, die Baumaßnahmen in den verschiedenen Vollzugsanstalten müssten besser koordiniert werden. Herr Stratmann, als Vorsitzender des Unterausschusses für den Strafvollzug sind Sie immer darüber informiert gewesen, wo gebaut wird. Ich nenne als Beispiel nur einmal Celle I. Das ist eine Baumaßnahme, die sich ziemlich lange hinzieht. Sie selbst wissen, wie viel dort zu tun ist. Sie wissen auch, dass z. B. gleichzeitig die Sanierungsmaßnahmen in Hannover laufen. Ich habe von Ihnen im Unterausschuss nie gehört, dass Sie gesagt hätten, wir müssten erst das eine abschließen und sollten Hannover deshalb noch eineinhalb Jahre warten lassen. Ich glaube, wenn irgendjemand mit einem solchen Vorschlag gekommen wäre, wären Sie der Erste gewesen, der Protest angemeldet hätte, und dies im Übrigen auch zu Recht.
Wenn Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, wirklich der Überzeugung gewesen wären, dass wir in den letzten zwölf Jahren noch mehr Plätze hätten schaffen müssen, als wir dies getan haben, dann frage ich Sie: Wo waren in den vergangenen zwölf Jahren eigentlich die Haushaltsanträge der CDU-Fraktion für zusätzliche Haftplätze? Ich habe keinen solchen Antrag gesehen. Das konnte ich auch nicht, denn es gab überhaupt keinen. Sie sollten aufhören, mit solchen Schuldzuweisungen zu hantieren.
Zu den 29 vorzeitig entlassenen Frauen hat der Herr Minister eben schon eine ganze Menge gesagt. Ich möchte doch das eine oder andere noch einmal betonen. Von diesen 29 Frauen war keine einzige wegen Mordes oder irgendwelcher Tötungsdelikte in Haft, sondern alle hatten relativ
kurzzeitige Strafen von drei bis dreizehn Monaten zu verbüßen. Es ging überwiegend um Diebstahl und Betrug. Die anderen zwölf Frauen, die zu diesen 29 gehörten, die nicht zu Haftstrafen verurteilt waren, sondern zu Geldstrafen, die sie nicht bezahlen konnten, weil sie zahlungsunfähig und weil sie arm waren, gehören auch zu denen, die vorzeitig entlassen worden sind.
Herr Stratmann, Sie regen sich jetzt so darüber auf. Wenn diese zwölf Frauen in der Lage gewesen wären, in einer anderen finanziellen Situation ihre Geldstrafen zu bezahlen, dann hätte die CDUFraktion nie von diesen zwölf Frauen gehört, sie hätte sie nie zur Kenntnis genommen, und Sie könnten das jetzt auch nicht künstlich zu einem Sicherheitsrisiko hochstilisieren. Sie versuchen, Unsicherheit und Angst bei der Bevölkerung zu erzeugen. Es ist ein ziemlich durchsichtiger polemischer, parteipolitischer Versuch, auf der einen Seite die Sozialdemokraten und auf der anderen Seite unseren Justizminister als Sicherheitsrisiko darzustellen. Das, Herr Stratmann, werden wir nicht zulassen.
Dass Sie das auch dann noch auf dem Rücken von 29 vorzeitig entlassenen Frauen versuchen, ist in meinen Augen schlicht und einfach unredlich, unehrlich und scheinheilig.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen hat sich nach der ersten Beratung hier im Hause mit dem Antrag zum Betreuungsrecht befasst und einstimmig beschlossen, Ihnen diesen Antrag unverändert hier heute zur Abstimmung vorzulegen. Ich möchte Ihnen kurz einige Schwerpunkte nennen.
Besonderes Gewicht legen wir auf die Möglichkeiten der Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen. Dafür muss mehr geworben werden. Wir erwarten hierzu auch Aktivitäten von unserer Landesregierung, Herr Minister. Für uns sind die Betreuungsverfügungen und Vorsorgevollmachten ein ganz wesentlicher Ansatzpunkt, um die deutliche Unzufriedenheit mit vom Gericht eingesetzten so genannten Fremdbetreuern abzubauen. Eine rechtzeitig persönlich ausgesuchte Person des Vertrauens kann viel Ärger, Enttäuschung und Arbeitsbelastung der Vormundsgerichte ersparen. Meist sind die auf diesem Weg ausgesuchten Betreuer ehrenamtlich tätig. Das ist auch ein gangbarer Weg, um die ausufernden Kosten einzudämmen. Ich habe bereits bei der ersten Beratung hier im Hause darauf hingewiesen, dass die Kosten für den Landeshaushalt in der Zeit von 1992 bis 2002 von 1 Million um das Achtzigfache angestiegen sind. Ein Blick auf die demographische Entwicklung unserer Gesellschaft macht deutlich, dass wir noch längst nicht am Ende der Spirale angekommen sind.
Qualitätssicherung und Verbesserung einer inhaltlichen Kontrolle der Betreuung sind für uns ein weiterer Schwerpunkt. Es gibt kein Berufsbild für Betreuer. Im Prinzip kann es jeder und jede werden. Genau darauf ist aber ein Teil der immer wieder beklagten Missstände zurückzuführen. Die Auswahl und die Einführung in die Tätigkeit der Betreuer bedürfen einer dringenden Verbesserung. Die Tätigkeit des Gerichts darf sich nicht nur auf eine Kontrolle der Abrechnungen beziehen, sondern sie muss sich vermehrt auch auf eine inhaltliche Kontrolle erstrecken. Ich will aus Zeitgründen jetzt keine Einzelfälle schildern und möchte zum Thema Kontrolle das Stichwort „Kontaktsperre zwischen alten Eltern und ihren erwachsenen Kindern“ nennen. Das ist ein Punkt, um den wir uns besonders kümmern müssen.
Damit es keine Missverständnisse gibt, will ich auch sagen: Wenn wir von mehr Kontrolle reden, reden wir nicht von einem pauschalen Misstrauen gegenüber Betreuern. Es gibt viele, die ihre Aufgabe mit großem Verantwortungsgefühl wahrnehmen. Aber genau um deretwillen müssen wir die Zahl der leider auch vorhandenen schwarzen Schafe durch Qualität und Kontrolle vermindern. Sonst gerät das gesamte Betreuungswesen in Misskredit. Das jedoch können wir nicht wollen.
Die einzelnen Punkte unseres Antrages, die unter den Spiegelstrichen aufgeführt sind, will ich jetzt
auch nicht wiederholen. Aber ich betone noch einmal: Die Einführung einer gesetzlichen Vertretungsmöglichkeit durch Familienangehörige in bestimmten Fällen und die stärkere zeitliche Begrenzung von Berufsbetreuung betrachten wir als besonders dringlich.
Wir sind uns natürlich darüber im Klaren, dass das Betreuungsgesetz ein Bundesgesetz ist und wir hier im Hause nur Sachverhalte ändern können, die sozusagen unterhalb der gesetzlichen Ebene angesiedelt sind. Wir wollen das tun, bevor das Bundesgesetz novelliert werden wird. Denn die Sorgen und Beschwerden der Betroffenen und ihrer Angehörigen nehmen wir sehr ernst. Deshalb bitte ich das Haus um Zustimmung zu unserem Antrag. Danke schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere gemeinsame Initiative aller Fraktionen in diesem Hause, die Länderparlamente zur Stärkung des Föderalismus aufzurufen, hat folgenden Hintergrund: Die niedersächsische EnqueteKommission hat u. a. den Auftrag, die Frage zu untersuchen, welchen Aufgaben sich der Landtag zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu stellen hat und mit welchem Selbstverständnis er den besonderen Herausforderungen, die sich aus den Veränderungen auf der bundesstaatlichen und europäischen Ebene ergeben, gerecht werden kann.
Wir sind uns darüber einig, dass sich mit fortschreitender europäischer Einigung und einer Ausweitung der EU Aufgaben und Gewichte der Landtage verschoben haben. Wir sind uns aber auch einig, dass die föderalistische Struktur der Bundesrepublik erhalten und gestärkt werden muss.
Die Enquete-Kommission hat in ihre Arbeit die Ergebnisse anderer Enquete-Kommissionen der anderen Bundesländer und die Ergebnisse der Konferenz der Präsidenten der deutschen Länderparlamente mit einbezogen. Im Kern stellen eigentlich alle die gleiche Forderung, nämlich die Stärkung des Föderalismus.
Zur Vorbereitung der NizzaNachfolgeregierungskonferenz hat der Europäische Rat am 15. Dezember 2001 in der Erklärung von Laaken mehrfach die Notwendigkeit hervorgehoben, die demokratische Legitimation und die Bürgernähe zur EU zu stärken. Nach unserer Auffas
sung wären gerade die Länderparlamente dazu prädestiniert gewesen, daran mitzuarbeiten. Denn wir, die Landesparlamentarier, nehmen doch in besonderer Form eine Mittlerfunktion zwischen Bürger und Politik wahr. Wir sind nah am Bürger, wir sind nah an den Bürgerinnen.
Unsere Enquete-Kommission will den vielen, zum Teil sehr detaillierten Berichten anderer EnqueteKommissionen mehr hinzufügen als nur einen weiteren Bericht. Wir wollen es auch nicht nur bei Regierungskonferenzen auf verschiedenen Ebenen belassen, und wir wollen auch nicht nur Regierungskonferenzen über die Zukunft der Länderparlamente entscheiden lassen.
Oder, liebe Kolleginnen und Kollegen, können Sie sich folgendes Szenario vorstellen? - Da findet eine Ministerpräsidentenkonferenz statt, es treffen sich alle 16 Ministerpräsidenten, sie ziehen die Berichte ihrer unterschiedlichsten EnqueteKommissionen aus der Tasche, vergleichen sie miteinander und verabreden dann, was die Ministerpräsidenten für die Länderparlamente umsetzen wollen. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Phantasie reicht nicht so weit nicht.
Wir sind uns in unserer Enquete-Kommission einig gewesen. Wir haben das einstimmig beschlossen, und zwar auch mit den Stimmen aller Sachverständigen. Wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass wir es lieber mit einem Satz sehr frei nach Kennedy halten wollen: Fragt nicht, was die Regierungen für die Länderparlamente tun können, fragt lieber, was wir Parlamentarier für die Rechte und Kompetenzen unserer Parlamente tun können!
Deshalb, meine Damen und Herren, legen Ihnen alle Fraktionen des Niedersächsischen Landtages diesen gemeinsamen Antrag vor. Wir wollen erreichen, dass sich ein Konvent von Landesparlamentariern mit der ureigensten Sache der Landesparlamente befasst. Wir haben ganz bewusst auf einen detaillierten Aufgabenkatalog für den Konvent verzichtet. Wir machen nur eine einzige Vorgabe: Teilnehmer des Konvents sind Landesparlamentarier. Dies haben wir am 23. Mai in der Sitzung unserer Enquete-Kommission beschlossen, und wir haben den Vorsitzenden unserer Kommission ge
beten, davon sofort unseren Landtagspräsidenten, Herrn Professor Wernstedt, zu unterrichten; denn so konnte bei der Konferenz der Landtagspräsidenten Anfang dieses Monats diese Idee aus Niedersachsen schon weitergetragen werden. Sie ist von den Mitgliedern der Präsidentenkonferenz positiv aufgenommen worden. Soweit wir wissen, hat sich das Land Schleswig-Holstein bereit erklärt, diesen Konvent zu organisieren.
Wir möchten, dass der Niedersächsische Landtag diese Idee durch eine überzeugende Mehrheit für diesen Antrag unterstützt. Ich beantrage für die SPD-Fraktion sofortige Abstimmung. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen empfiehlt Ihnen mit den Stimmen der Verteterinnen und Vertreter von SPD und CDU und in Übereinstimmung mit den mitberatenden Ausschüssen, den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 2191 abzulehnen. Den Rest des Berichtes gebe ich zu Protokoll.
Mit der Beschlussempfehlung in der Drucksache 3419 schlägt Ihnen der Ausschuss für Rechtsund Verfassungsfragen vor, den „Stärkung der Demokratie und mehr Verwaltungstransparenz in Niedersachsen - Landtag macht sich stark für eine Informationsfreiheitsgesetz“ überschriebenen Antrag abzulehnen. Der Landtag soll folglich nicht, wie von der antragstellenden Fraktion gewünscht, erklären, er strebe noch in dieser Legislaturperiode die Verabschiedung eines niedersächsischen Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes an.
Wenngleich dieser Empfehlung schließlich mit den Stimmen der Vertreterinnen und Vertreter der SPD- und der CDU-Fraktion, also mit großer Mehrheit, zustande gekommen ist, so ist doch das Für und Wider eines derartigen Gesetzes im federführenden Ausschuss sorgfältig abgewogen worden.
Dass sich der Ausschuss für Rechts und Verfassungsfragen mit dem Antrag weit über ein Jahr lang befasst hat, liegt im Übrigen daran, dass es zunächst den Anschein hatte, der Bund werde eine entsprechende bundesgesetzliche und damit dann auch für die Länder unmittelbar geltende Regelung zügig verabschieden. Wie Sie sicherlich wissen, ist dies indes nicht der Fall. Zwar hat der Bund nach längerem Zögern einen Referentenentwurf in die Öffentlichkeit lanciert; an eine Verabschiedung des Gesetzes in der demnächst zu Ende gehenden Legislaturperiode des Bundestages ist jedoch nicht mehr zu denken.
Nachdem sich dies abzeichnete, hat der Rechtsausschuss seine zunächst zurückgestellten Beratungen deshalb im Herbst letzten Jahres wieder aufgenommen und Vertreter des Landes Brandenburgs, das neben Berlin, Nordhein-Westfalen und Schleswig-Holstein zum Zeitpunkt der Anhörung bereits über eine derartige landesgesetzliche Regelung verfügte, den Niedersächsischen Datenschutzbeauftragten sowie Vertreter der kommunalen Spitzenverbände und der Vereinigung der niedersächsischen Industrie- und Handelskammern angehört.
Während insbesondere der brandenburgische Datenschutzbeauftragte die dortige Regelung vor dem Hintergrund der Europäischen TransparenzVerordnung als zukunftsweisend empfand und auch den verwaltungspraktischen Vollzug des Gesetzes trotz einiger Mängel im Detail als unproblematisch ansah und der hiesige Datenschutzbeauftragte dazu riet, eine vergleichbare Regelung auch in Niedersachsen zu schaffen, zeigten sich die übrigen Anzuhörenden weitaus zurückhaltender. So sah der Vertreter der kommunalen Spitzenverbände zwar keine Gründe für eine generelle Ablehnung des damit einhergehenden weitaus umfassenderen Informationsanspruches der Bürgerinnen und Bürger, vermochte sich jedoch durchaus andere Wege vorzustellen, auf denen dieses Informationsbedürfnis befriedigt werden könnte. Vor allem gab er jedoch zu bedenken, dass eine solche Regelung, die tief in die Aufgabenerfüllung der Gemeinden und Landkreise eingreife und dort Kosten verursache, wenn sie denn überhaupt komme, nicht ohne deren intensive Mitwirkung vorgelegt werden könne.
Der Vertreter der Vereinigung der Niedersächsischen Industrie und Handelskammern vermochte über das bereits geltende partielle Akteneinsichtsrecht hinaus keinen rechten Bedarf für ein solches Informationszugangsgesetz zu sehen. Auch Kosten
und vor allem Konkurrenzgründe sprächen eher gegen ein solches Gesetz. Wolle man gleichwohl an einem derartigen Gesetzgebungsvorhaben festhalten, so komme es der Wirtschaft insbesondere darauf an, dass insbesondere die Ausnahmefälle außerordentlich sorgfältig formuliert würden. Dieses Erfordernis machten die bereits gewonnenen praktischen Erfahrungen in Brandenburg und in Berlin deutlich.
Die Argumente aus der Anhörung spiegelten sich in den weiteren Ausschussberatungen wider. Der Vertreter der antragstellenden Fraktion wies darauf hin, die zum 1. Januar 2002 in NordrheinWestfalen in Kraft gesetzte Regelung sei vom dortigen Landtag einstimmig verabschiedet worden. Außerhalb Niedersachsens, in den benachbarten Bundesländern, bestehe folglich augenscheinlich großes Einvernehmen über die Sinnhaftigkeit eines solchen Gesetzes.
Die Sprecherin der Fraktion der SPD entgegnete, die Anhörung habe ihrer Ansicht nach ein dringendes Bedürfnis für ein derartiges Gesetz nicht belegen können. Zudem müssten die Argumente, die aus Kreisen der Wirtschaft und der kommunalen Spitzenverbände im Hinblick auf die finanzielle Situation vorgetragen worden seien, Berücksichtigung finden. Der Vorschlag, dass das Land für zusätzliche Aufgaben, die auf die Kommunen verlagert würden, auch die Kosten zu übernehmen habe, sei zwar richtig, führe angesichts der finanziellen Zwänge des Landeshaushalts jedoch nicht zu einer Lösung des Problems. Im Übrigen habe auch die Anhörung eher weitere Argumente für eine bundeseinheitliche Regelung erbracht, die die SPD-Fraktion von Beginn an bevorzugt habe.
Der Sprecher der CDU-Fraktion im Ausschuss für Rechts und Verfassungsfragen schloss sich diesem Votum ausdrücklich an. Auch die CDU-Fraktion sehe keine Möglichkeit, die für den Fall einer Landesregelung zusätzlich auf die Kommunen zukommenden Kosten landesseitig zu kompensieren.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der ersten Beratung dieses Antrages habe ich deutlich gemacht, dass die SPD-Fraktion für den Frauenvollzug in Vechta ein zusätzliches, ausgeweitetes sozialpädagogisches Behandlungskonzept fordert. Schon in der ersten Beratung hier und hinterher auch im Fachausschuss haben die Kollegen der größten Oppositionsfraktion sehr zögerlich reagiert und die Notwendigkeit dieses Antrages nicht so sehr eingesehen. Ihre damalige Anmerkung, der Antrag sei ihnen zu dünn, ist nur vorgeschoben. Dieser Antrag umreißt präzise, was wir wollen. Dazu braucht man keine zehn Seiten Lyrik.
Ich wiederhole: Wir sind froh, dass der Frauenvollzug in Vechta 1991 selbständig wurde. Bis
dahin war Frauenvollzug ein Anhängsel des Männervollzuges, weil die Zahl der Frauen im Vollzug - es sind rund 300 -, gemessen an der Gesamtzahl von etwa 6 000 Gefangenen sehr klein war und ist. Die Frauen liefen im Männervollzug so mit, oder treffender gesagt, sie saßen so mit.
Durch die Selbständigkeit hat die Anstalt in Vechta eine sehr gute Entwicklung mit eigenständigen Konzepten für Frauen genommen. Ich betone ganz ausdrücklich für meine Fraktion: Es wird in Vechta gute Arbeit geleistet!
Warum trotzdem noch ein zusätzliches Konzept für mehr sozialtherapeutischen Behandlungsvollzug? Dafür gibt es verschiedene Gründe.
Erstens. Für die rund 300 gefangenen Frauen, die in Vechta und in der großen Anstalt in Hannover einsitzen, gibt es insgesamt nur elf Plätze in der kleinen sozialtherapeutischen Anstalt in Alfeld. Das reicht nicht aus.
Zweitens. In den letzten Jahren mussten wir feststellen, dass die Frauen in immer jüngeren Jahren straffällig werden. Wenn sie dann zum ersten Mal eine Freiheitsstrafe abzusitzen haben, sind sie schon längst keine unbeschriebenen Blätter mehr, sondern haben eine Reihe von Straftaten hinter sich. Sie sind also schon verschiedentlich rückfällig geworden.
Drittens. Viele dieser jungen Frauen haben sozusagen doppelte oder sogar dreifache Gewalterfahrung. Sie waren häufig zuerst Opfer innerfamiliärer Gewalt, Opfer von Gewalt außerhalb der Familie; und dann haben sie am Ende selbst Gewalt in verschiedenster Form ausgeübt. Diese doppelte oder gar dreifache Gewalterfahrung ist ein Teufelskreis, aus dem man mit Freiheitsentzug alleine nicht oder nur höchst selten wieder herauskommt. Wir wollen mit mehr sozialtherapeutischen Angeboten die Rückfallquote senken.
Viertens. Eine größere Anzahl dieser Täterinnen sind Mütter. Einige haben sogar ihre Kinder bei sich im Vollzug. Wir wollen mit mehr sozialtherapeutischen Angeboten erreichen, dass diese doppelte und zeitweise dreifache Gewalterfahrung möglichst nicht auf die Kinder übertragen wird.
In den Beratungen hat die Kollegin Körtner darauf hingewiesen, dass es im Justizministerium Überlegungen gibt, die JVA Hildesheim zukünftig für den Frauenvollzug zu nutzen. Das ist richtig. Aber das kommt erst zum Tragen, wenn die Neubauten der
Anstalten in Sehnde und Rosdorf fertig sind. Die Umnutzung von Hildesheim soll auch der notwendigen Entlastung der hannoverschen JVA dienen. Diese Überlegungen und Planungen stehen allerdings in keinerlei Widerspruch zu unserem Antrag.
Noch etwas möchte ich insbesondere der Kollegin Körtner sagen. In Ihrer Rede bei der ersten Beratung haben Sie hier gesagt:
„Wir“
- also die CDU-Fraktion –
„sind mit Ihnen völlig darüber einig, dass Behandlung im Vollzug Prävention und damit zugleich auch Opferschutz ist. Aber klargestellt werden muss auch,... dass ein ausschließlich... auf die Resozialisierung gerichtetes Vorgehen dem Strafvollzugsgesetz nicht gerecht wird, da es neben der Resozialisierung auch das Ziel festlegt, dass der Vollzug der Freiheitsstrafe auch und gerade dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten dienen muss, insbesondere wenn es sich um junge Frauen handelt, die sich am Anfang ihres Lebensweges befinden.“
Frau Kollegin Körtner, Freiheitsstrafe - auch mit Betonung auf Strafe - und Resozialisierung schließen sich nicht gegenseitig aus. Im Gegenteil, Freiheitsstrafe ohne Resozialisierung wäre einfach unsinnig. Frau Kollegin, der Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten - darin sind wir uns völlig einig - ist der wesentlichste Punkt überhaupt. Aber er bezieht sich doch nicht nur auf die Zeit des Vollzuges der Freiheitsstrafe. Gerade nach der Entlassung aus der Haft muss dieser Schutz greifen. Genau deshalb wollen wir mehr sozialtherapeutische Behandlung. Wir wollen noch bessere Resozialisierung. Wir wollen Rückfälligkeit stärker vermeiden. Wir wollen mehr Prävention, mehr Schutz der Bevölkerung und mehr innere Sicherheit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei den Beratungen im Fachausschuss haben sich die Mitglieder der CDU-Fraktion der Stimme enthalten. Ich fordere Sie heute auf, sich unserem Antrag anzuschließen. Denn Stimmenthaltung bei diesem Thema signalisiert Unentschlossenheit, und das ist das falsche Signal. Wenn Sie trotzdem heute wieder durch Stimmenthaltung Ihre Unentschlossen
heit beim Thema Prävention und Sicherheit für die Bevölkerung signalisieren, dann entlarvt das Ihre sonstigen Ausführungen zu diesem Thema als reine populistische, aber leere Worthülsen. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich noch einmal ganz kurz äußern und fange mit Herrn Schröder an. Inhaltlich, meine ich, liegen wir überhaupt nicht weit auseinander. Aber Sie sagen ausgerechnet, die Bildungs- und Ausbildungsangebote müssten verbessert werden. Gerade im Hinblick hierauf ist in Vechta in den letzten Jahren sehr viel getan worden.
Man hat sich insbesondere auf Bildungsangebote für Frauen spezialisiert. Sie wissen, dass das bei kleinen Gruppen immer ganz schwierig ist. Nachdem man zu Beginn versucht hatte, mit der Anstalt für männliche Jungtäter gemeinsame Ausbildungsprogramme zu gestalten, macht man das inzwischen, nachdem das nicht funktioniert hat, allein für die Frauen in Vechta.
Auf diesem Gebiet ist also eine ganze Menge getan worden. Auch sozialterapheutische Ansätze sind vorhanden. Mit dem, was in den letzten Jahren dort gemacht worden ist, hat man recht gut arbeiten können, aber - damit komme ich noch einmal zu Frau Körtner - die Klientel hat sich in den letzten Jahren völlig verändert. Die jungen Frauen, die heute in Vechta einsitzen, haben einen völlig anderen Erfahrungs- und Gewalthintergrund, als das in früheren Jahren der Fall war. Wenn inzwischen in Vechta daran gearbeitet wird, ein neues Konzept aufzustellen, dann hat das auch etwas damit zu tun, dass wir einen solchen Antrag eingebracht haben. Dass erste Überlegungen angestellt werden und dass das gemeinsam mit dem Ministerium geschieht, halten wir für selbstverständlich. Wir meinen, es war wichtig, diesen Anstoß zu geben, um erneut darüber nachzudenken.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zehn Jahre Betreuungsrecht sollten für uns Anlass für eine erste Zwischenbilanz sein. Bundesweit werden zurzeit rund 1 Millionen Menschen nach diesem Gesetzt betreut. In Niedersachsen sind es mehr als 100 000. Die Zahl ist in den letzten Jahren pro Jahr um etwa 10 000 kontinuierlich angestiegen. Auch der demografische Aufbau unserer Gesellschaft macht klar, dass dieser Anstieg in gleicher Weise fortschreiten wird.
Das 1992 eingeführte Betreuungsrecht hat sein wichtigstes Ziel aus unserer Sicht inzwischen weitgehend erreicht. Es ging nämlich darum, die Entmündigung abzuschaffen und die Rechtsstellung der Betroffenen zu verbessern. Nach einer zehnjährigen Phase der praktischen Umsetzung des Betreuungsrechts sehen wir allerdings auch an einer Vielzahl von Eingaben im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen, dass es trotz der erreichten Verbesserungen in der Praxis an bestimmten Stellen immer wieder zu gravierenden Problemen kommt.
Aus unserer Sicht besteht auf verschiedenen Feldern Handlungsbedarf. Sehr häufig kommt es zu ernsthaften und sehr unerfreulichen Spannungsverhältnissen zwischen Betreuten und Betreuern. Eine Betreuung, in der überhaupt kein Vertrauensverhältnis besteht, ist schlechterdings fast nicht möglich. Gründe dafür sind u. a., dass meist erst mit Eintritt des Betreuungsfalls ein Betreuer gesucht wird. In vielen Fällen wird vom Gericht eine fremde Person als Berufsbetreuer eingesetzt. Ein späterer Betreuerwechsel - wenn das Vertrauensverhältnis nicht funktioniert - ist nur durch Gerichtsbeschluss möglich. Das stellt für ältere und zum Teil demente und verwirrte Menschen eine Hürde dar, die sie kaum überwinden können.
Die Möglichkeit, beizeiten durch Vorsorgevollmachten oder Betreuungsverfügungen eine Person des eigenen Vertrauens als Betreuer zu benennen, muss viel stärker bekannt gemacht werden und ins Bewusstsein gerufen werden. Wir fordern unsere Landesregierung auf, insbesondere auf diesem Feld tätig zu werden.
Ich vermute wohl nicht zu Unrecht, dass auch hier unter uns der Anteil derjenigen, die entsprechend vorgesorgt haben, wahrscheinlich nicht gerade überwältigend groß ist.
Meine Damen und Herren, wir brauchen aber auch weiterhin dringend eine Verbesserung der Kontrolle der inhaltlichen Arbeit im Sinne von Qualitätssicherung.
Die Qualifikation der einzelnen Betreuer spielt eine ganz große Rolle. Wir kennen eine Reihe von Fällen, in denen die Betreuten trotz des neuen Gesetzes ähnlich wie früher Entmündigte behandelt werden und kaum je die Chance auf einen Betreuerwechsel haben.
Einen besonders drastischen Fall will ich Ihnen gerne in wenigen Sätzen schildern. Eine 84 Jahre alte Dame bekam gegen ihren erklärten Willen, aber auf Wunsch der Familienangehörigen einen Betreuer für ihre finanziellen Angelegenheiten. Ein Vertrauensverhältnis zwischen dieser alten Dame und dem Betreuer hat nie bestanden. Das Verhältnis war von Anfang an mehr als gestört. Ob das Wohl der betreuten Frau wirklich im Mittelpunkt dieser Betreuung stand, kann man bezweifeln, wenn man die Akten kennt. Fest steht, dass diese alte Dame innerhalb von drei Jahren mehrmals versucht hat, die Betreuung rückgängig zu machen oder aber zumindest einen anderen Betreuer zu bekommen. Da das, wie schon gesagt, nur über das Gericht möglich ist und sich die alte Dame ohne Rechtsbeistand völlig hilflos fühlte, hat sie versucht, sich der Hilfe einer Rechtsanwältin zu versichern. Viermal - ich wiederhole: viermal - ist ihr von ihrem Betreuer die Erteilung eines Mandats an einen Rechtsanwalt verweigert worden, und zwar mit dem Hinweis, ein Anwalt koste Geld,
er sei für ihre Finanzen zuständig, verweigere die Zustimmung und ohne seine Zustimmung könne die Betreute kein Mandat unterschreiben.
Die alte Dame hat ihr Ziel bis zu ihrem Tode nicht mehr erreichen können.
Wir kennen eine Reihe weiterer Fälle, in denen Betreuten, vornehmlich alten Menschen, der Kontakt und der Umgang mit ihren eigenen erwachsenen Kindern von ihren Betreuern untersagt wird. Das ist für beide Seiten schlichtweg unerträglich und nicht mehr nachvollziehbar.
Außerdem ist es aus unserer Sicht absolut notwendig, dass die Betreuungsgerichte wissen, wie viele Fälle eigentlich der einzelne Betreuer bearbeitet.
Die Qualität der zu leistenden Arbeit ist durchaus abhängig von der Anzahl der Fälle.
Einen weiteren Punkt gibt es, der den Bürgern im Lande kaum zu erklären ist. Warum z. B. können sich Ehepartner, die sich ein Leben lang vertraut haben und miteinander alles besprochen haben, im Alter, wenn einer von beiden nicht mehr kann, eigentlich nicht zumindest gegenüber den Sozialbehörden gegenseitig vertreten?
Wir wollen, dass eine solche Vertretungsvollmacht eingeführt wird, dass aber zumindest erst einmal überprüft wird, wie man das bewerkstelligen kann. Das halten wir für sehr wichtig.
Meine Damen und Herren, es gibt noch einen weiteren Punkt, der nicht nur uns in Niedersachsen, sondern der auch alle anderen Bundesländer beschäftigt. Dabei geht es um die Frage der Entschädigungszahlungen für die Betreuer, die aufgrund des Betreuungsgesetzes geleistet werden. Damit kein falscher Eindruck aufkommt: Es geht nicht um eine Einschränkung von Betreuungen. Aber es geht um ausufernde und einzugrenzende Kosten.
Wir haben 1992 in Niedersachsen mit IstAusgaben für diesen Bereich von etwa 1 Million DM angefangen. 2001 – die letzte Abrechnung in D-Mark – waren wir bei sage und schreibe fast 80 Millionen DM. Das macht deutlich, in welchen finanziellen Dimensionen wir uns hier bewegen. Dies hat auch viel damit zu tun, dass sich die meisten Menschen nicht frühzeitig um einen ehrenamtlichen Betreuer ihres Vertrauens bemühen. Ich habe zu Beginn schon einmal darauf hingewiesen. Aber es gibt auch noch weitere Gründe. Zu Beginn einer Betreuung wird häufig – und zwar zu Recht – ein Berufsbetreuer benannt, wenn eine Reihe nicht immer ganz einfacher finanzieller Fragen oder auch Grundstücksangelegenheiten zu erledigen sind. Meist sind diese Probleme aber nach wenigen Monaten gelöst, und die Betreuung könnte dann auf einen Ehrenamtlichen übertragen
werden. § 1897 BGB sagt in Absatz 6 sehr deutlich, dass der Berufsbetreuer dem Gericht mitzuteilen hat, wenn ihm Umstände bekannt werden, wonach die Betreuung auch außerhalb seiner Berufsausübung, also durch Ehrenamtliche, möglich ist. Das ist aber leider nicht die Regel. Es sind kaum derartige Fälle bekannt. Wir müssen, so meine ich, daran arbeiten. Heute heißt es quasi: einmal Berufsbetreuung, immer sehr kostenaufwändige Berufsbetreuung. Aus unserer Sicht ist es dringlich, dass hier nach einem Weg gesucht wird, wie die Intention des § 1897 BGB besser in der Praxis umgesetzt werden kann.
Verstärkt werden muss nach unserer Meinung und nach unserer Erfahrung die Kontrolle der Abrechnungen, und es muss dafür gesorgt werden, dass Akten und Unterlagen, die während der Bearbeitungszeiten bei Betreuern entstehen, für eine bestimmte Zeit zur Überprüfung aufgewahrt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zum Schluss noch eines deutlich machen - ich glaube, dass wir uns im Rechtsausschuss darüber wahrscheinlich heute schon einig sind -: Der wichtigste Punkt, um verschiedene vorhandene Probleme zu lösen, ist eine breite Informationspolitik über Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen.
Ganz zum Schluss will ich noch Folgendes sagen: Wir freuen uns auf eine gute, fachlich fundierte Beratung dieses Antrages in den nächsten Wochen. – Danke schön.
Herr Minister, können Sie uns sagen, wie hoch der Prozentsatz der Verfahren ist, die nach einem Täter-Opfer-Ausgleich eingestellt werden, und kann eine Ausweitung des Täter-Opfer-Ausgleiches zu einer Entlastung der Gerichte führen?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Jahren hat der Bundesgesetzgeber durch mehrere Novellierungen des Strafgesetzbuches bei vielen Straftatbeständen, insbesondere aber bei solchen der Alltagskriminalität, den Strafrahmen, der den Gerichten bei der Urteilsfindung eröffnet ist, zum Teil erheblich angehoben. Aber auch der härteste Strafausspruch bleibt wirkungslos, wenn die Vollstreckung nicht gewährleistet werden kann. Es kommt zwar in allen demokratischen Staaten, die Strafvollzug anordnen und Justizvollzugsanstalten vorhalten, zu Gefangenenausbrüchen. Ausbrüche werden auch in Zukunft nicht vollständig zu verhindern sein. Sie führen jedoch, häufig verstärkt durch eine spektakuläre mediale Berichterstattung, zu einer erheblichen Verunsicherung der Bevölkerung. Ziel muss es daher sein, die rechtsstaatlichen Möglichkeiten konsequent auszuschöpfen, um die größtmögliche Sicherheit des geschlossenen Vollzuges zu gewährleisten.
Deshalb fragen wir die Landesregierung:
1. Wie hat sich die Sicherheit in den Einrichtungen des geschlossenen Vollzuges des Landes Niedersachsen seit der Übernahme der Regierungsverantwortung durch die SPD entwickelt?
2. Wie ist der von der Landesregierung behauptete auffällige Rückgang der Ausbrüche aus Einrichtungen des geschlossenen Vollzuges im Lande Niedersachsen zu erklären?
3. Sind weitere Maßnahmen geplant, um die größtmögliche Sicherheit in den Justizvollzugseinrichtungen auch zukünftig zu gewährleisten?
Herr Minister, da insbesondere junge Männer nicht nur, was Straftaten angeht, besonders aktiv sind, sondern auch dann, wenn sie einsitzen müssen, besonders aktiv sind, um ihren Freiheitsdrang zu verwirklichen, waren die Ausbruchszahlen in der Jugendanstalt Hameln immer relativ hoch. Können Sie bitte etwas zu der besonderen Entwicklung in Hameln sagen?
Herr Minister, es gibt ja einen Unterschied zwischen Ausbrüchen und Nichtrückkehrern von Beurlaubungen oder Ausgängen. Können Sie uns sagen, wie die Entwicklung bei den Nichtrückkehrern von Beurlaubungen oder Ausgängen aussieht?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Behandlungsvollzug in der JVA für Frauen/Vechta ist unser Thema. Ich glaube, Sie wissen, dass die Frauen von den Gefangenen in Niedersachsen nur den kleinsten Anteil stellen. Etwa 4,5 % aller Gefangenen sind Frauen. Konkret in Zahlen ausgedrückt sind es etwa 300, davon allein 200 in der JVA in Vechta.
Mit unserem heutigen Antrag fordern wir für diese JVA und mit dieser JVA gemeinsam die Entwicklung eines neuen, umfassenden Behandlungskonzeptes, das an den sozialpädagogischen Bedürfnissen der inhaftierten Frauen orientiert ist.
Damit hier kein falscher Eindruck entsteht, will ich noch einmal darauf hinweisen, dass es natürlich auch bisher schon Behandlungskonzepte für diese JVA gegeben hat. Sie ist seit 1991 selbständig und hat seitdem bestimmte Konzepte verfolgt. Aber in den letzten zehn Jahren konnten wir feststellen, dass sich eine Menge verändert hat, z. B. bei der Population der Gefangenen. Sie hat in den letzten zehn Jahren um etwa ein Drittel zugenommen. Wir haben in den letzten zehn Jahren auch festgestellt, dass die Frauen, die dort einsitzen müssen, immer jünger werden.
Für die Kolleginnen und Kollegen, die sich sehr damit beschäftigen, ist es nichts Neues, dass in Vechta eine Reihe von Frauen sitzt, die ihre Kinder mit im Vollzug haben. Sie können sich sicherlich vorstellen, dass für Mütter mit Kindern im Vollzug besondere Konzepte dafür benötigt werden, wie man mit ihnen umgeht. Ich muss sicherlich auch niemandem sagen, dass wir diesen Frauen, die mit ihren Kindern dort einsitzen, besondere Hilfen geben wollen, damit sie in Zukunft straffrei leben können und das an ihre Kinder weitergeben können, damit wir nicht später die zweite Generation ebenfalls wieder in Vechta finden.
Wir wissen, dass es beispielsweise in Alfeld eine sozialtherapeutische Anstalt für Frauen gibt. Sie hat aber nur elf Plätze; das ist ein sehr kleiner Anteil. Frauen, die sich aus dem Vollzug dorthin verlegen lassen wollen, müssen besondere Bedingungen erfüllen. Für Frauen mit Kindern ist das in Alfeld nicht machbar. Deshalb möchten wir, dass insbesondere in der Frauenanstalt Vechta ein etwas niederschwelligeres Angebot, als es in Alfeld besteht, vorgehalten wird, angepasst an die Bedarfe der Frauen. Dieses Konzept soll eine ganze Reihe von Dingen umfassen. Die Erfahrungen der letzten zehn Jahre Selbständigkeit sollen mit verarbeitet werden. Das Konzept soll sich an der gestiegenen Zahl der Gefangenen, an veränderten Gegebenheiten, an der veränderten Gefangenenpopulation, an den speziellen Bedürfnissen der Mütter mit Kindern - das habe ich bereits gesagt - und insbesondere auch an den sehr jungen Frauen orientieren.
Wir sind der Meinung, dass insbesondere für die sehr jungen Frauen Bildung, Ausbildung und Qualifizierung im Vollzug einen besonderen Stellenwert haben. Jede Art von Qualifizierung ist ein Baustein auf dem Weg in eine Zukunft, ohne dass man dem Strafvollzug wieder begegnen muss.
Ich hoffe, wir werden im Rechtsausschuss und im Unterausschuss eine gute und sehr fachliche Diskussion führen.
Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die Frauenanstalt in Vechta eine der Anstalten ist, die seit Jahren das Spritzenaustauschprogramm durchführt. Das ist eine Maßnahme der Gesundheitsprophylaxe; darüber sind wir uns einig. Es ist auch sehr erfolgreich gewesen. Es hat in all den Jahren keine anstaltsbedingten ansteckenden Infektionskrankheiten wie AIDS und Hepatitis B gegeben. Wir wollen das Programm auf jeden Fall weiterführen.
Denjenigen, die sich häufiger mit Vollzug befassen, ist nicht unbekannt, dass mehr als 50 % der Frauen wegen Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz oder wegen Beschaffungskriminalität einsitzen. Wir wissen, dass bei den sehr jungen Frauen in der Jugendstation bis zu 90 % aus diesen Gründen dort sind. Deswegen sagen wir ganz deutlich: Bei einer Überarbeitung und Neufassung der Behandlungskonzepte für Vechta ist das Spritzenaustauschprogramm ein Programm, das wir auf jeden Fall beibehalten und weiterhin so durchführen wollen.
Wir freuen uns auf eine angenehme und fachlich sehr gute Diskussion. Ich möchte für meine Fraktion noch beantragen, diesen Antrag zusätzlich zur Mitberatung auch an den Ausschuss für Gleichberechtigung und Frauenfragen zu überweisen. - Ich danke Ihnen für Ihre Geduld.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wulff, die SPD ist eine alte Partei, was die Zeit unseres Bestehens angeht. Darauf sind wir sehr stolz. Wir sind nicht alt und unmodern in dem, was wir tun.
- Mir ist egal, ob das im Stern steht. Im Übrigen müssen Sie auch nicht alles glauben, was im Stern steht.
- Trotzdem: Wir sind nicht unmodern und nicht alt in dem, was wir tun!
Nun zum Thema. Mit der Rückführung ausländischer Straftäter zur Haftverbüßung in ihren Heimatländern haben wir uns hier in diesem Hause in den 90er-Jahren schon des öfteren beschäftigt. Schon damals war klar, dass wir das von hier aus nicht regeln können, sondern dass dafür eine Bundesregierung tätig werden muss. 1997 ist die damalige Kohl-Regierung ein Stück weit tätig geworden, aber eben nur ein Stück weit, bruchstückhaft und nicht ausreichend. Ich komme auf den Begriff „bruchstückhaft“ gleich noch einmal zurück.
Grundsätzlich - das wissen wir - gibt es zwei Möglichkeiten, um ausländische Straftäter zur Haftverbüßung in ihre Heimatländer zurückzuführen. Zum einen geht das ohne völkerrechtlichen Vertrag, indem man einen ausländischen Staat ersucht, eine verurteilte Person zur Haftvollstreckung zu übernehmen. Dazu ist die Zustimmung der verurteilten Person nicht erforderlich. Allerdings muss mit dem aufnehmenden Staat in jedem Einzelfall verhandelt und muss eine Vereinbarung abgeschlossen werden. Das ist sehr aufwändig. Deshalb spielt dieses Verfahren in der Praxis so gut wie keine Rolle. Im Übrigen gibt es viele Staaten, die zu dieser so genannten vertragslosen Zusammenarbeit nicht bereit oder rechtlich nicht in der Lage sind.
Der zweite Weg wurde ebenfalls bereits beschrieben. Seit 1983 gibt es ein Übereinkommen des Europarates zur Überstellung verurteilter Personen, das von 49 Staaten ratifiziert worden ist. Dieses Übereinkommen setzt allerdings voraus, dass der Verurteilte in seine Überstellung einwilligt. Das war der Sachstand in den 90er-Jahren, als wir hier über dieses Thema diskutiert haben. Das ist auch heute noch der Sachstand in der Praxis. Insoweit ist das richtig.
Seit Dezember 1997 gibt es nun ein Zusatzprotokoll zu diesem Übereinkommen. In diesem Zusatzprotokoll wird festgestellt, dass auf die Zustimmung des Verurteilten verzichtet wird, wenn gegen ihn eine vollziehbare Ausweisungs- oder Abschiebungsanordnung vorliegt. Ich habe vorhin darauf hingewiesen, dass die damalige Bundesregierung leider nur bruchstückhaft tätig geworden ist. Das war genau bei diesen Protokollen 1997 der Fall. 1997 wurde dieses Zusatzprotokoll von der Kohl-Regierung zwar sofort gezeichnet, es wurde aber nicht ratifiziert.
Auch das notwendige Ausführungsgesetz wurde nicht vorgelegt. Damals wurde noch nicht einmal ein Entwurf erstellt, meine Damen und Herren. Aus dieser Zeit sind auch besondere Anstrengungen der Opposition in diesem Hause, auf diesem Gebiet etwas besonders zu beschleunigen, nicht bekannt geworden.
So viel zu Ihrem heutigen Wunsch nach unverzüglichem Handeln.
Nach dem Regierungswechsel ist dann die Bundesjustizministerin tätig geworden und hat einen Entwurf zu diesem Ausführungsgesetz vorgelegt. Dabei wurde eine ganze Reihe von schwierigen rechtlichen Problemen deutlich, die eine Überarbeitung des ersten Entwurfs notwendig machten. Diese Überarbeitung erfolgte im Sommer 2001. Auch gegen diese überarbeitete Fassung gab es von allen Länderjustizministern Widerspruch. Es ist der § 3 in diesem Ausführungsgesetz, der der Knackpunkt bei dieser Geschichte ist. Wir wollen mit Ihnen darüber gern noch einmal im Rechtsausschuss diskutieren.
Klar ist aber, dass die in ihrem Antrag von der Opposition geforderte und angemahnte schnelle Ratifizierung allein ins Leere geht. So lange es keine Einigung über das Ausführungsgesetz gibt, hilft uns die Ratifizierung allein auch nicht weiter. Für die Einigung auf den Text eines Ausführungsgesetzes ist es sicherlich notwendig, dass sich alle Länderjustizminister noch ein Stück bewegen, um zu einer Übereinkunft zu kommen.
Im Übrigen möchte ich Sie, Herr Wulff und die anderen Kollegen von der CDU, noch einmal auf Folgendes hinweisen: Es ist ja richtig, dass unsere Gefängnisse sehr voll sind und wir dort etwas tun müssen. Aber selbst wenn wir dieses Ausführungsgesetz haben, werden wir damit nicht all unsere Probleme lösen können.
Es gibt in unseren Gefängnissen noch eine ganze Reihe von Ausländern, die nicht unter dieses Abkommen fallen, weil sie nicht europäischen Staaten angehören. Darüber werden wir uns sicherlich auch noch einmal unterhalten müssen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Althusmann, wir stimmen mit Ihnen überein. Wir halten den Zeitpunkt für diesen Antrag nun wirklich nicht für gelungen.
Ich meine, es ist einfach nicht gut, sich aus der noch nicht abgeschlossenen Arbeit der EnqueteKommission einzelne Punkte herauszusuchen und zu Anträgen zu machen. Dann können wir unsere Arbeit praktisch aufgeben und sagen: Jeder pickt sich sein Ding heraus und das war es dann.
Ihre Anmerkung oder Ihr vielleicht leichter Vorwurf, wir hätten uns überwiegend mit Geschäftsordnungsdingen befasst, kann eigentlich kein Vorwurf sein. Wir hatten uns darauf geeinigt, mit diesen Punkten zu beginnen. Das haben wir nun erst einmal abgearbeitet. Aber ich denke, das müssen wir nicht weiter auseinander pfriemeln.
Zum Antrag der Grünen: Es ist richtig, Herr Schröder, dass es hierbei nicht so viel Einigung geben wird wie beim vorigen Tagesordnungspunkt; das ist klar. Wenn Sie die Arbeit an Petitionen in diesem Hause so verändern wollen, wie wir es Ihrem Antrag und auch Ihren Begründungen entnehmen, dann will ich mich jetzt ein wenig mit Ihren Begründungen befassen.
Es gibt Punkte, bei denen wir mit Ihnen übereinstimmen. Natürlich ist das Petitionsrecht ein ganz wesentliches Instrument demokratischer Teilhabe der Bürger. Das ist unbestritten. Es ist genauso unbestritten wie das Argument, es sei ein viel genutztes Mittel zur Einflussname auf die politische Willensbildung.
Richtig ist auch, dass alle anderen deutschen Parlamente außer dem niedersächsischen einen eigenständigen Petitionsausschuss haben. Wir sind der Meinung, die Form bzw. das Gremium, in dem die Eingaben der Bürger behandelt werden, sagt doch überhaupt nichts über die Qualität der Bearbeitung dieser Eingaben aus.
Wir sind der festen Überzeugung dass die Qualität der Petitionsbehandlung in diesem Hause gut und sachgerecht ist.
In Ihrer Begründung schreiben Sie weiterhin, es würden sich Anhaltspunkte mehren, dass der niedersächsische Beratungsweg einer wachsenden Bedeutung des Petitionsrechts nicht gerecht werde. Ich muss Ihnen sagen, dass wir in unserer Fraktion diese Anhaltspunkte nicht sehen. Auf der anderen Seite heben Sie positiv hervor, dass das Petitionsrecht in anderen Ländern verfassungsmäßig veran
kert oder gesetzlich geregelt sei. Herr Schröder, ich gehe davon aus, dass Sie schon einmal in unsere Landesverfassung geguckt haben. Natürlich ist das Petitionsrecht in unserer Landesverfassung verankert, und zwar in Artikel 26; das ist doch völlig unbestritten.
Alles, was andere Länder in Petitionsgesetzen zur Behandlung von Petitionen festgelegt haben, angefangen von der Kontaktaufnahme zu Petenten, von eigenen Recherchen, von Akteneinsicht bis hin zu der Frage, ob man Finanzfolgen bei Petitionen in Zusammenarbeit mit dem Haushaltsausschuss beschließt, können wir bisher auch schon machen. Wir haben es nur nicht in einem eigenen Gesetz zusammengefasst. Wir haben in der EnqueteKommission angeboten, dass wir all diese Punkte in einem Papier zusammenfassen. Dabei ist es egal, ob man es als Gesetz fasst oder als Richtlinie vorgibt, sondern es kommt darauf an, dass man es nicht an vielen Stellen nachlesen muss, sondern es an einer Stelle hat. Das haben wir Ihnen angeboten und das sollten wir auch machen.
Zu einem nächsten Punkt Ihrer Begründung. Sie behaupten, wir hätten in diesem Land eine viel geringere Anzahl von Petitionen als in anderen Ländern. Der Vergleich mit dem Bund, das ist natürlich so eine Geschichte. In den ersten Jahren dieser Wahlperiode haben etwa 6 000 bis 7 000 Eingaben den Landtag erreicht. Wenn Sie das z. B. an dem messen, was in der Anhörung den Vertretern aus Nordrhein-Westfalen und SchleswigHolstein gesagt worden ist, dann vergessen Sie, dabei auch zu sagen, dass insbesondere in diesen beiden Bundesländern für Petitionen geradezu öffentlich geworben wird. Ich erinnere nur an verschiedene Aussagen während dieser Anhörung, z. B. aus Schleswig-Holstein - O-Ton: Wir, der Petitionsausschuss, gehen mit einem Info-Stand auf Messen und Ausstellung und holen uns unsere Petitionen. Ähnliches wurde uns aus NordrheinWestfalen berichtet.
Man kann nun wirklich bezweifeln, ob es der richtige Weg ist, als Nachweis für die Daseinsberechtigung eines eigenständigen Ausschusses Petitionen zu holen, oder ich könnte auch sagen: Petitionen zu bestellen.
Weiterhin beklagen Sie, dass es bei uns keinen Petitionsbericht gibt und nur eine magere Öffentlichkeitsarbeit. Wir wollen das ändern, auch darüber haben wir bereits in der Enquete-Kommission gesprochen. Wir haben Ihnen gesagt, wie wir es
ändern wollen. Wir wollen einen eigenständigen Petitionsbericht, wir wollen anders aufbereitete Zahlen usw. Alles, was Sie heute in Ihrem Antrag fordern, haben wir in der Enquete-Kommission schon vorgeschlagen. Das Merkwürdige ist, dass Sie sich in der Enquete-Kommission zu allen unseren Vorschlägen ausgesprochen skeptisch geäußert haben, sie jedoch heute selber in Ihre Begründung mit einbringen.
Im Übrigen sind all diese notwendigen Veränderungen auch möglich, ohne dass wir einen eigenen Ausschuss dafür einrichten.
Meine Damen und Herren, mit dem vierten Punkt in der Begründung machen die Grünen ganz deutlich, dass sie nicht nur einen Petitionsausschuss wollen, sondern dass sie so etwas wie einen Systemwechsel wollen. Sie wollen die Stellungnahmen der Ministerien durch so genannte unabhängige Sachverhaltsermittlung und Beurteilung der Sachverhalte durch die Landtagsverwaltung ersetzen. Abgesehen davon, dass das vermutlich eine kostenintensive Personalaufstockung bedeuten würde, zeigen Ihre Formulierungen ein ganz deutliches Misstrauen gegenüber den Sachbearbeitern in den Ministerien; so empfinden wir es. Ein solches Misstrauen halten wir nicht für gerechtfertigt.
Sachverhaltsermittlungen, Beurteilungen und - ähnlich wie es die Kollegen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein berichtet haben – möglichst auch noch fertige Lösungsvorschläge durch die Verwaltungsmitarbeiter - da frage ich: Wo bleibt eigentlich die Verantwortung der Abgeordneten für die Petitionen?
Wir wollen diese Verantwortung nicht abgeben. Wir wollen auf keinen Fall auf den Fach- und Sachverstand unserer Fachausschüsse verzichten. Genau dieser Sachverstand ginge verloren, wenn insgesamt z. B. nur noch 15 Abgeordnete dieses Hauses alle Fachbereiche für Petitionen abdecken müssten, die wir jetzt in verschiedenen Fachausschüssen bearbeiten. Auch die von Ihnen – und nicht nur von Ihnen – positiv beurteilte Einflussnahme auf die politische Willensbildung ginge zumindest teilweise verloren, da die Fachausschüsse die Informationen zum großen Teil aus Petitionen beziehen und daraus Initiativen starten. Die Informationen kämen in den Fachausschüssen nicht mehr so regelmäßig und so schnell an wie bisher. Ich glaube, das wäre ein großer Nachteil für
die Bürger, und es wäre ein großer Qualitätsverlust.
Sie begrüßen die angeblich so neuen Kommunikationsformen zwischen Bürgern und Parlament, die in anderen Bundesländern bestehen. Die Kommunikationsformen, bei denen man als ganzer Ausschuss, als einzelner Berichterstatter mit Petenten Kontakt aufnimmt, existieren in diesem Landtag längst, und sie werden auch genutzt.
Der Zeitpunkt für einen solchen Antrag ist der falsche. Man sollte nicht versuchen, es auf diese Art zu machen. Es ist der Versuch, die vermeintlichen Rosinen aus dem Kuchenteig zu picken, bevor der Kuchen überhaupt gebacken ist. Dieser Antrag liegt uns jedoch vor. Ich beantrage für die SPD-Fraktion, ihn nicht nur an den Geschäftsordnungsausschuss zu überweisen, sondern ihn zur Mitberatung an alle Fachausschüsse zu überweisen, damit sich alle Fachausschüsse damit beschäftigen können, ob sie zukünftig noch Petitionen beraten wollen oder nicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Drucksache 14/2787 empfiehlt Ihnen der federführende Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen mit den Stimmen der Mitglieder der SPDFraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Mitglieder der CDUFraktion, den Gesetzentwurf abzulehnen. Die mitberatenden Ausschüsse für innere Verwaltung, für Haushalt und Finanzen sowie für Sozial- und Gesundheitswesen haben sich der Empfehlung des federführenden Ausschusses angeschlossen.
Ich gebe den weiteren Bericht zu Protokoll.
In den Ausschussberatungen blieben die Fraktionen bei ihren schon in der ersten Beratung im Plenum vertretenen Standpunkten:
Die Mitglieder der CDU-Fraktion begründeten den Gesetzentwurf mit der Auffassung, durch die
Einführung der „nachträglichen“ Anordnung der Unterbringung werde eine Sicherheitslücke geschlossen, die in dem Fall bestehe, dass sich erst während der Haft eines verurteilten Straftäters zeige, dass von diesem im Fall seiner Freilassung nach der Haftverbüßung eine besondere Gefährlichkeit ausgehen würde. Da es sich bei der nachträglichen Unterbringung um Gefahrenabwehr handele, sei auch die Gesetzgebungskompetenz des Landes gegeben.
Demgegenüber vertraten die Mitglieder der SPDFraktion und das Mitglied der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Auffassung, schon die Gesetzgebungskompetenz des Landes sei nicht gegeben, da die „nachträgliche Sicherungsverwahrung“ in die Kompetenz des Bundes falle; dies zeigten auch mehrere Bundesratsinitiativen zur Aufnahme einer solchen Vorschrift in das StGB, die in der Vergangenheit gescheitert seien. Zudem sei die Notwendigkeit einer solchen Regelung nicht erkennbar. In den letzten Jahren habe es in Niedersachsen keinen einzigen Fall gegeben, bei dem die nachträgliche Sicherungsverwahrung in Betracht gekommen wäre.
Der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen bittet Sie, der Beschlussempfehlung in der Drucksache 14/2787 zu folgen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Frühjahr 1999, also ziemlich genau vor zwei Jahren, haben wir hier das letzte Mal über dieses Thema diskutiert, und wir haben dann im
Mai 1999 gemeinsam beschlossen, unsere Landesregierung möge die Bundesregierung dazu bringen, den Luft-/Bodenschießplatz Nordhorn-Range zu schließen. Das ist richtig, Herr Kethorn.
Dass Sie diesen Antrag jetzt wiederholen, scheint für Sie ein Stück Pflichtübung zu sein; denn Neues haben Sie eben auch nicht gesagt.
An der Beschlusslage und der Sachlage aus 1999 hat sich für meine Fraktion überhaupt nichts geändert.
Wir wollen diesen Beschluss so beibehalten.
Wenn ich mir allerdings den Wortlaut Ihres heutigen Beschlussvorschlags ansehe, dann fallen einige Passagen doch besonders auf, zu denen ich Ihnen sage: Die werden wir so sicherlich nicht mittragen wollen. Sie behaupten, das BMVg wolle die Bundeswehr in unverantwortlicher Weise aus Niedersachsen zurückziehen. Sie wissen, dass das falsch ist, und zwar spätestens seit heute Morgen. Eigentlich hätten Sie es lange vorher wissen müssen, aber nach der Debatte von heute Morgen müssten Sie es allerspätestens wissen, Herr Kethorn.
Niedersachsen hat dank des Einsatzes unseres Ministerpräsidenten unter der notwendigen Bundeswehrreform viel weniger gelitten als unter allen Reformversuchen des letzten CDU-Bundesverteidigungsministers.
Sie wissen auch, dass in der Region, aus der wir beide kommen, insbesondere der Erhalt und die Aufstockung des Standortes Lingen sehr begrüßt wird.
- Ich habe Ihnen auch zugehört. Vielleicht schaffen Sie es irgendwann auch einmal, ruhig zuzuhören.
Sie wissen, dass das in der Region sehr begrüßt wird und dass das dort alle anerkennen, und Sie sollten das langsam auch einmal tun.
Außerdem behaupten Sie, das BMVg wolle den Flugbetrieb auf der Nordhorn-Range nicht nur aufrecht erhalten, sondern ausweiten. Tatsache ist, dass die Royal Airforce den Betrieb des Übungsplatzes am 8. März dieses Jahres an die Bundeswehr übergeben wird. Das ist ein Jahr früher als geplant. Das wissen Sie auch.
Darüber, wie und in welchem Maße die Bundesluftwaffe diesen Platz zukünftig nutzen wird, wird in der Region spekuliert, und Ihre Formulierungen machen sehr deutlich, dass Sie munter mitspekulieren, immer in der Hoffnung, daraus irgendwelchen Honig für sich saugen zu können. Aber ich glaube nicht, dass Ihnen das gelingen wird.
Auch die SPD-Fraktion in diesem Hause ist der Meinung, dass die Übernahme des Luft-/Bodenschießplatzes durch die Bundeswehr nicht zu einer Ausweitung des derzeitigen Übungsbetriebs führen darf. Aber in diesem Zusammenhang muss dann erst einmal geklärt werden, was Sie beispielsweise unter „Ausweitung“ verstehen. Heißt „Ausweitung“, dass die Bundeswehr nicht mehr Übungsflüge durchführt als bisher, oder heißt „Ausweitung“, dass die Bundeswehr die bisherige Gesamtbelastung, die zurzeit von Bundeswehr und Royal Airforce verursacht wird, nicht überschreiten darf? - Ich meine, das sind Punkte, über die wir uns im Ausschuss erst einmal unterhalten werden müssen.
Fest steht, dass die seit Jahrzehnten andauernde Lärmbelästigung, Beeinträchtigung und Belastung der Bevölkerung, unter der in unserer Region mehr als 100 000 Menschen zu leiden haben, vermindert werden muss. Darin sind wir uns bei diesem Antrag wiederum einig.
Ein erster Schritt in diese Richtung könnte sein, die Last der notwendigen Übungsmöglichkeiten auf mehrere Schultern zu verteilen. In den letzten Jahren ist zwar eine Reihe von Übungsflügen ins Ausland verlegt worden, aber dass innerhalb der Bundesrepublik allein die Region Grafschaft Bentheim und das Emsland die Last der im Inland notwendigen Übungsflüge tragen müssen, ist nicht in unserem Sinne.