Bodo Krumbholz

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Meine sehr verehrten Damen und Herren! In zwei Wochen, am 15. Juli, ist es genau ein Jahr her, dass die 16-jährige Gymnasiastin Carolin Scholz auf bestialische Weise ermordet wurde. Ich kann mich noch sehr genau an die Berichterstattung der Medien nach diesem 15. Juli erinnern. Solche tragischen Ereignisse bewegen auch Außenstehende zutiefst. Gerade vor dem Hintergrund, dass meine jüngste Tochter zu diesem Zeitpunkt 17 Jahre alt war, einen Freund hatte, der ebenfalls im Nachbarort wohnte, und sie damals gelegentlich auch mit dem Fahrrad zu ihm fuhr, stellt man sich als Vater schon die Frage: Wie würdest du handeln, was würdest du machen, wenn deine Tochter solch einem Monster begegnen würde? Ich habe auf diese Frage bis heute keine Antwort gefunden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich den Eltern, dem Bruder, den Großeltern, dem Freund, allen Angehörigen von Carolin mein tiefstes Mitgefühl zum Ausdruck bringen, obwohl mir bewusst ist, dass ich als Außenstehender den Schmerz, die Trauer, die Wut, die sie durchlebt haben und durchleben müssen, eigentlich nur erahnen kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nachdem dann am 18. Juli vergangenen Jahres bekannt wurde, dass ein 29-jähriger Mann wegen des dringenden Tatverdachts festgenommen wurde, und sich herausstellte, dass dieser Mann erst am 8. Juli – also eine Woche vor dem Mord an Carolin nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren wegen Vergewaltigung in Tateinheit damit verbundener weiterer Straftaten – freigelassen wurde, freigelassen werden musste, seine Haftzeit war zu Ende, drängten sich schon die Fragen auf: Hat dort jemand falsch gehandelt? Hätte er in Haft gehalten werden können oder müssen? Diese Fragen stellten sich mir auch. Und Sie können mir glauben, gerade vor dem Hintergrund, den ich eingangs geschildert habe, war ich immer daran interessiert, hier eine solide umfassende Sachaufklärung vorzunehmen, was natürlich auch bedeutet, sollten sich Anzeichen beziehungsweise Beweise dafür ergeben, dass hier ein individuelles Fehlverhalten vorliegt, dass dies dann mit Namen und Adresse benannt werden muss.
Auf der ersten regulären Sitzung des Rechtsausschusses nach der Sommerpause am 25. August des vergangenen Jahres war dieser Fall dann Gegenstand der Erörterung. Geladen waren hierzu der Justizminister und der Generalstaatsanwalt. Nach der Verurteilung des Täters im November 2005 hat sich der zuständige Rechtsausschuss dann auf vier Sitzungen sehr umfassend mit diesem Sachverhalt beschäftigt, hat Sachverständige befragt, so Herrn Professor Joecks als Strafrechtsgelehrten, Frau Dr. Rissing-van Saan als Vorsitzende Richterin am BGH und damit Rechtsanwenderin und Herrn Dr. Orlob, der in seiner Eigenschaft als Psychologe den Maik S. begutachtet hat und uns daher ein sehr umfassendes Bild von dessen Persönlichkeitsstruktur abgeben konnte.
Leider hat, das muss man der Vollständigkeit halber auch erwähnen, die CDU-Fraktion diese Expertenanhörung im Rechtsausschuss boykottiert, stattdessen mittels Minderheitenrecht diesen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss durch den Landtag einsetzen zu lassen. Nach der Konstituierung des PUA hat sich der Rechtsausschuss interfraktionell dazu verständigt, den Mordfall Carolin nicht weiterzubehandeln und alle diesbezüglichen Protokolle dem PUA zur Verfügung zu stellen, damit dieser nicht erst bei Punkt null anfangen muss.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Zusammenfassung der nunmehr hinter uns liegenden 95 Sitzungsstunden des PUA liegt Ihnen in Form des Sachstandsberichtes des Ausschusses und in Form des Sondervotums der CDU-Fraktion vor. Der Vorsitzende hat uns den Sachstandsbericht in seiner Einbringungsrede sehr dezidiert erläutert, gerade was den Feststellungs- und den Bewertungsteil betrifft. Ich kann hier für mich und für meine Fraktion erklären, dass wir den Sachstandsbericht in allen seinen Feststellungen und Bewertungen vollumfänglich teilen. Aus diesem Grunde möchte ich mich in meinen Ausführungen nicht mehr auf den Sachstandsbericht beziehen, sondern ich möchte mich mit dem Sondervotum der CDU-Fraktion auseinander setzen.
Das ist nicht mein Problem, ich habe mich nicht als Erster gemeldet. Dann würde ich vorschlagen, …
Diesen Vorschlag wollte ich gerade machen, Frau Präsidentin.
Ich habe mich nicht als Erster gemeldet, tut mir Leid.
Ich unterbreche meine Rede und gehe erst einmal.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Kollege Dr. Born, nachdem Sie jetzt das Sondervotum vorgestellt haben, was mir auch schon vorher schriftlich vorlag, möchte ich jetzt an dieser Stelle darauf eingehen. Das ist natürlich ein sehr, sehr umfassender Themenkom
plex. Es hat sich gezeigt, dass Sie auch Ihre Rede schon sehr kürzen mussten. Ich werde aus Zeitgründen auch nur auf einige Aspekte eingehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, beim Lesen des Sondervotums ist mir besonders aufgefallen, dass ganz speziell zwei Sachverständige, die die CDU-Fraktion selbst benannt hat, in diesem Sondervotum gar nicht erscheinen. Das hat mich ein bisschen verwundert, und zwar vor dem Hintergrund – das hatte Dr. Born kurz anklingen lassen –, dass der Vorsitzende und auch die Fraktionen Sachverständige benannt haben. Wir hatten ein sehr enges Zeitfenster in diesem Ausschuss. Ich kann mich erinnern, jedes Mal fragte der Vorsitzende, wenn wir Beschlüsse fassen wollten: Leute, ist das wirklich notwendig? Denkt daran, wir haben wenig Zeit! Müssen wir den unbedingt hören? Wir haben uns zu allem einstimmig verständigt, das muss ich sagen.
Herr Dr. Born, Ihre Fraktion hat jedes Mal darauf bestanden, dass es für die Beweiserhebung zwingend notwendig ist, die Sachverständigen Dr. Christian Lüdke, Kriminalpsychologe, sowie Dr. Thomas Wolf, Vorsitzender Richter am Landgericht Marburg, zu hören. Wenn ich jetzt in das Sondervotum reinschaue, dann taucht dort Frau D r. Rissing-van Saan auf, da taucht Professor Dr. Osterheider, da taucht Professor Dr. Krey auf, aber Dr. Lüdke und Dr. Wolf werden dort mit keinem Wort erwähnt. Das wundert mich ein bisschen, denn sie haben im Ausschuss sehr umfassende Aspekte vorgetragen und sind nach meinem Dafürhalten wirklich hochkarätige Fachleute. Ich denke, der guten Ordnung und Vollständigkeit halber möchte ich an dieser Stelle noch einige Aussagen des Sachverständigen, den von Ihnen vorgeschlagenen Dr. Wolf, hier zitieren oder vorbringen.
Zum Hintergrund: Der Vorsitzende Richter Dr. Wolf ist 20 Jahre lang an herausgehobener Stelle im Strafvollstreckungsrecht tätig und auch in der Fortbildung von forensischen Psychiatern eingebunden. Er sagte in seinem Eingangsstatement, Zitat: „Ich kann Ihnen erzählen, was für einen Eindruck ich von der Akte habe. Ich kann Ihnen erzählen, ob der Fall vielleicht in Hessen ähnlich gelaufen wäre. Ich darf, glaube ich, ganz unbescheiden in Anspruch nehmen, dass ich mich sehr intensiv mit diesen Fragen befasst habe, an vielerlei Gesetzesvorhaben mitwirken konnte.“ Dann machte er weitere Ausführungen, die eben im Sondervotum überhaupt nicht erscheinen. Er sagte, das steht im Protokoll Seite 210: „Ja, wenn man sich diese Akte anguckt, dann geht es jedem so, dass man unbedingt danach sucht, wo hätte etwas anders gemacht werden können. Und man kommt dazu, dass dieser Fall, der hier von Ihnen untersucht wird, zu den schrecklichen fatalen Dingen und Abläufen gehört, die so, wie sie passiert sind, nicht zu verhindern waren.“ Dr. Wolf sagt dann weiter auf Seite 214: „Ich denke, also ich muss einfach sagen, das wäre bei uns in Hessen, das wäre dort genauso passiert. Man hätte nicht eher etwas tun können. Ich denke, dass der Verurteilte in Hessen gar nicht erst in die Sozialtherapie aufgenommen worden wäre. Sie nehmen keine, die sie nicht behandeln können. Und darunter, würde ich mal sagen, wäre er gefallen, auch in Hessen. Sie hätten ihn nicht genommen und hätten gesagt, das ist von vornherein aussichtslos.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ausführungen in dem Sondervotum, jetzt in schriftlicher Form, sind für mein Dafürhalten im Bereich der Ziffer 2.1. neue Tatsachen bezüglich der Gefährlichkeit des Maik S. und
die vorher stehenden Ausführungen zu Ziffer 1 Sozialtherapie des Maik S. irgendwie nicht miteinander kompatibel, sie widersprechen sich. Ich möchte das ganz kurz darstellen: Sie stellen unter neuen Tatsachen fest, dass der Mann während der siebenjährigen Haftzeit 14 Disziplinarverstöße hat, dass man bei ihm eine ständige Arbeitsverweigerung beobachten konnte, dass er ständig und überall lügt und manipulativ auftritt. Sie beschreiben das auf Seite 13 ihres Sondervotums. Ich zitiere, das ist, glaube ich, Frau Dr. Rissing-van Saan, was Sie dort zitiert haben: „Das alles sind Kleinigkeiten, die für sich genommen zunächst unbedeutend erscheinen, aber insgesamt das Bild eines gefährlichen, sagen wir mal manipulativen Mannes ergeben, der genau weiß, was er will.“
Ich teile Ihre Auffassung, dass dieses neue Tatsachen im Sinne des Paragrafen 66 b Strafgesetzbuch wären und diese auch erheblich wären, ausdrücklich nicht. Und ich befinde mich hier mit der absoluten Mehrheit der angehörten Sachverständigen, die wir in den vier Monaten PUA angehört haben, in guter Gesellschaft.
Aber wenn Sie schon in Ihrem Sondervotum immer wieder betonen, dass es sich hier um einen Mann handelt, der ständig lügt und betrügt – Sie sagten ja, der lügt oft und gern –, der sechs Arbeits- beziehungsweise Ausbildungsangebote ausschlägt beziehungsweise in kürzester Zeit abbricht, der vom ersten Tag an laufend gegen die Anstaltsordnung verstößt, dann frage ich mich, warum Sie bei dem eine Therapie für angezeigt halten, warum Sie dem ernsthaft eine Therapiewilligkeit, eine Therapiefähigkeit unterstellen, zumal Sie auf Seite 14 im dritten Absatz des Sondervotums selbst feststellen, ich zitiere: „Unstreitig gehen die Sachverständigen fast durchweg davon aus, dass Maik S. zum Zeitpunkt seiner Haftentlassung als nicht therapierbar angesehen werden muss.“ Das haben Sie auch mehrmals hier gesagt. Ich habe die Mehrheit der Sachverständigen so verstanden, dass sie Zweifel hatten, ob der von vornherein therapierbar war. Natürlich kann man das im Jahre 2006 sagen, hinterher ist man immer schlauer. Aber ich muss auch dazusagen, dass heutzutage die Forensik weiterentwickelt ist als 1998.
Ein anderer Aspekt: Dr. Orlob hat in dem Prozess vor dem Landgericht Rostock im November 2005 Presseberichten zufolge gesagt – das hat er auch in der Rechtsausschusssitzung Anfang dieses Jahres noch einmal ausgeführt –, er, Orlob, gehe davon aus, dass Maik S. das schon jahrelang in seiner Phantasie durchlebte, also in seiner Phantasie geht er in den Wald, in seinen Wald, in dem er sich aus Kindheitstagen gut auskennt, geht in diesen Wald und wartet, bis ein neues Opfer kommt, und erlebt in seiner Phantasie, was er mit diesem Opfer anstellen würde.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Schlimme daran ist, dass solche Phantasien leider nicht von außen erkennbar sind. Man kann nicht in ein Gehirn hineinschauen. Aber jemand, der ernsthaft therapiewillig ist und solche Phantasien hat, sagt, bitte schön, ich habe diese Phantasie, helft mir, ich will sie los werden. Maik S. hat geschwiegen, es waren seine Phantasien. Wir wissen auch nicht, wie oft Maik S. nach seiner Haftentlassung schon in diesem Wald war. Was wir wissen ist die Tatsache, dass er am 7. Tag nach seiner Haftentlassung ein Opfer gefunden hat, nämlich Carolin.
Glauben Sie wirklich, dass jemand, der über Jahre diese Phantasien im Kopf hat und diese niemandem mit
teilt, therapiewillig und therapiefähig ist? Der von der CDU benannte Sachverständige Professor Osterheider ging bezüglich dieser Phantasien sogar noch weiter wie Dr. Orlob und hat diese Phantasien schon vor der ersten schweren Straftat 1997 gesehen. Wörtlich sagte er laut Protokoll, Seite 22: „… sondern, dass es sich um einen jungen Mann handelt, der offensichtlich, das ist meine Interpretation des Tatgeschehens zum ersten Delikt, bestimmten sexuellen Bedürfnissen und Phantasien folgend eine Tat zumindest in der Phantasie vorgeplant hatte … wir wissen von der Analyse solcher Vergewaltigungsdelikte, dass die Täter ein gewisses Szenario eigentlich vorphantasiert haben und nur auf einen geeigneten Augenblick warten.“ Weiter führte Professor Osterheider aus: „… weil es nicht um sexualisierte Impulsdurchbrüche geht, sondern um klar planerische Phantasien, die was mit der Degradierung und Herabsetzung potentieller Opfer zu tun haben. Diese Leute sind dann nicht behandelbar.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir noch ein Zitat in diesem Zusammenhang von Seite 51 des Protokolls: „Und er“, Maik S., „hat, wenn man sozusagen mal die Rückfallgeschwindigkeit ja sieht im Fall Carolin, einige wenige Tage nach der Haftentlassung ja relativ schnell gehandelt, was man fehl deuten könnte als Impulsivität, aber genau das ist ja keine Impulsivität. Keiner steht ja morgens auf und sagt, so jetzt begehe ich heute eine Sexualstraftat, …, sondern er hatte komplexe Phantasien, die er umsetzen wollte und leider Gottes müssen wir aus psychiatrischer Sicht heute rückblickend davon ausgehen, dass er sich wahrscheinlich in den letzten Monaten der Haft auf dieses Delikt vorbereitet hat.“ Das war, meine Damen und Herren, kein Zitat von Professor Osterheider, sondern vom Kollegen Prachtl.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unterstellen wir mal, Professor Osterheider hat Recht mit der Hypothese, dass Maik S. schon die erste Vergewaltigung 1997 aus planerischer Phantasie heraus beging. Unterstellen wir mal dem Kollegen Prachtl, dass auch er Recht hat und Maik. S. während der letzten Monate seiner Haftzeit planerisch dieses Delikt vorbereitet hat, wie gesagt, in den letzten Monaten seiner Haftzeit, wo er eigentlich sehr engagiert in der Sozialtherapie war. Ich glaube, wir brauchen nicht weiter darüber zu reden, ob ein Mehr an Therapie, eine frühere Einbindung in die Therapie hier erfolgreich und angebracht war. Maik S. war mit großer Sicherheit schon nach der ersten Tat therapeutisch nicht mehr zu erreichen. Ähnlich sieht dieses auch der von der CDU-Fraktion benannte Sachverständige Dr. Lüdke. Das ist auch einer, der nicht im Sondervotum vorkommt. Er sagte, eine wirklich sinnvolle Therapie hätte man mit dem schon vorher machen müssen, am Beginn seiner kriminellen Karriere, das wäre so etwa 1994/1995 gewesen, da hätte man noch etwas erreichen können. Und weiter sagte er im Zitat: „Ja, das ist im Klartext gesprochen, es ist so, dass solche dissozialen Täter eigentlich nicht therapierbar sind.“
Dr. Wolf, Sachverständiger, von der CDU vorgeschlagen, sagte im gleichen Zusammenhang: „Ich würde aber aus meiner Erfahrung sagen, dass das auch nichts genutzt hätte,“ – die frühere Therapie – „weil Sie Menschen, wie diesen Mann nicht therapieren können. Dafür gibt es keine Therapie auf der ganzen Welt nicht und es ist auch nicht irgendwo abzusehen, dass es eine solche geben könnte.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf Seite 18 des Sondervotums werden von der CDU-Fraktion Mängel
in der Führungsaufsicht angeführt, insbesondere dass die Bewährungshelferin überhaupt nicht wusste, dass bei Maik S. eine Gefährlichkeit fortbestand.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach Paragraf 68 StGB verhängt das Gericht gegen einen Straftäter nach dessen Entlassung Führungsaufsicht, wenn die Gefahr besteht, dass er weitere Straftaten begehen wird. Ich glaube, Herr Dr. Born hat das hier mehr als automatisch festgestellt. Das ist eben nicht automatisch. Die Strafvollstreckungskammer prüft auf Antrag der Staatsanwaltschaft, ob von dem Straftäter zu erwarten ist, dass er weitere Straftaten begehen wird. Die Strafvollstreckungskammer war in diesem Fall der Meinung, ja, aufgrund des Fellert-Gutachtens ist davon auszugehen, der Mann ist gefährlich, und hat deshalb die Führungsaufsicht verhängt. Insofern ist schon die Tatsache, dass gegen jemanden Führungsaufsicht verhängt wurde, ein Hinweis auf dessen Gefährlichkeit für die Allgemeinheit. Wir können mal nachlesen, was der von der CDU vorgeschlagene Sachverständige Dr. Wolf zur Führungsaufsicht speziell in diesem Fall ausführte. Das ist die 9. Sitzung, Seite 211 im Protokoll: „Die Möglichkeiten der Führungsaufsicht sind, wie sie ja alle sicher inzwischen längst wissen, sehr begrenzt. Ich habe mich sehr gefreut, dass das Bundeskabinett inzwischen ein Entwurf zur Reform der Führungsaufsicht vorgestellt hat, an dem ich auch mitwirken durfte,“ – Dr. Wolf – „in den wir ein paar Möglichkeiten mehr eingebaut haben. Die hätten aber auch in diesem Falle alle nicht gegriffen, denn die Führungsaufsicht beginnt mit der Entlassung aus dem Strafvollzug und wenn einer eine Woche später so eine Straftat begeht, da kann überhaupt keine Führungsaufsicht helfen, so schnell kann nichts greifen, das geht nicht.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zu Ziffer 2.3 des Sondervotums kommen, das ist die Sache des sexuellen Missbrauchs eines 12-Jährigen. Kollege Dr. Born hat das hier vorgestellt. Zunächst: Ganz umfassend muss ich Ihnen teilweise Recht geben. Diese Aktenvernichtung, die dort im Jahre 2003 passiert ist, ist eine Sache, die nicht akzeptabel ist. Wenn ein Verfahren noch nicht verjährt ist, muss die Akte da sein. Ich würde aber trotzdem Ihre Ansicht ein wenig relativieren wollen, denn man muss davon ausgehen, bei der Staatsanwaltschaft in Rostock liegen pro Jahr 25.000 Akten, die alle zu verschiedenen Zeiten verjähren. Da darf es nicht passieren, dass eine Akte vorzeitig vernichtet wird. Es kann passieren, denn da, wo Menschen arbeiten, passiert auch mal ein Fehler. Das ist nun einmal so. Jetzt den Einwurf zu machen, na ja, da arbeiten auch Schüler und da arbeiten auch mal Azubis oder Praktikanten und so weiter, natürlich arbeiten die auch in Archiven, überall, in jeder Verwaltung. Nun muss man aber nicht unterstellen, dass da ein Azubi beigeht und sagt, jetzt vernichte ich mal schnell zwei Meter Akten. Es wäre besser gewesen, auch für unsere Arbeit, wenn die Akte auffindbar gewesen wäre.
In Ihrem Sondervotum schreiben Sie in der Überschrift: „Vergewaltigung eines 12-jährigen Jungen bei Laage, tatverdächtig Maik S.“ Es ist Ihre Sicht, ich teile diese Sicht nicht. Zunächst einmal geht es hier nicht um den Tatbestand der Vergewaltigung, sondern um den Tatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, juristisch ein Unterschied, beides unstrittig sehr schwere Verbrechen. Aber Frau Below hat noch einmal darauf hingewiesen, es geht nicht um den Tatbestand der Vergewaltigung, sondern um den Tatbestand schwerster Kindesmissbrauch zum Nachteil des Andreas O.
Was den dringenden Tatverdacht in Bezug auf Maik S. angeht, so hat meiner Ansicht nach die Beweiserhebung im Ausschuss nicht ergeben, dass Maik S. diese Tat zugeordnet und nachgewiesen werden konnte. Wir haben im Untersuchungsausschuss immer seriös ermittelt und davon sollten wir jetzt nicht abgehen, wir sollten hier wirklich seriös vorgehen. Es wurde im Sommer vergangenen Jahres, das stimmt, nach der Anzeige des Andreas O. gegen Maik S. ermittelt in diese Richtung und das Verfahren ist eingestellt worden. Der Geschädigte konnte den Täter nicht zweifelsfrei identifizieren, ihm wurden, das haben Sie auch dargelegt, drei Wahllichtbildvorlagen vorgelegt. Darauf waren sechs Fotos. Auf jeder Wahllichtbildvorlage war einmal ein Foto von Maik S., einmal aus dem Jahre 1994, einmal aus dem Jahre 1995 und einmal aus dem Jahre 2005. Andreas O. hat wörtlich bei der Zeugenvernehmung ausgesagt, als er die Vorlage bekommen hat mit dem Bild 1994: „So, wie ich den Täter in Erinnerung habe, weist der Mann mit der Nummer 3 die größte Ähnlichkeit mit ihm auf. Die Tat liegt schon sehr lange zurück und deshalb bin ich mir nicht sicher.“ Bei der Vorlage des Bildes von 1995 hat er gesagt: „Nein, hier ist keiner dem Täter ähnlich.“ Und bei Vorlage des Bildes 2005 hat er wörtlich gesagt: „Der Täter hatte damals keine Glatze und sehr kurz geschnittene Haare, von daher kann ich bei diesen abgebildeten Personen keine Ähnlichkeit feststellen.“ Deswegen erscheint mir der Halbsatz, den Sie auf Seite 23 des Sondervotums geschrieben haben: „… weil einiges dafür spricht, dass Maik S. tatsächlich auch die Tat im Jahr 1995 begangen hat.“, doch etwas sehr, sehr spekulativ. Mit hätte, könnte, wollte erreichen wir nichts. Sie sollten wirklich eine sachgerechte Beweiserhebung hier durchführen.
Sie haben eben gesagt, es spricht einiges dafür. Ich kann Ihnen eine Sache schildern, die meiner Meinung nach dagegen spricht, nämlich als sich dieser Vorfall schwerer sexueller Kindesmissbrauch ereignete, hat der Geschädigte angegeben, seinen Angaben zufolge von einem 14- bis 16-jährigen Jugendlichen geschlagen und sexuell missbraucht worden zu sein. Das ist hier der Antrag auf kriminaltechnische Untersuchung. Maik S. war zu diesem Zeitpunkt 19. Nun kann man natürlich fragen: Weiß ein 12-Jähriger, wie ein 15-Jähriger aussieht? Weiß ein 12-Jähriger, wie ein 19-Jähriger aussieht? Ich glaube, das wissen die ganz gut. Die gehen in die Schule, ständig sehen sie Kinder, Jugendliche. Die wissen, wie ein 15-Jähriger aussieht, die wissen auch, wie ein 19-Jähriger aussieht.
Schwierigkeiten haben sie nachher damit, ob jemand 35 oder 40 ist.
Der Geschädigte gab bei der Zeugenvernehmung im vergangenen Jahr an: „Mir fällt jetzt noch ein, dass der Täter damals nicht sehr stark und kräftig war. Er hatte ja versucht, mich zu würgen, was ihm aber nicht gelungen ist, weil er offenbar nicht so stark war.“ Gut, jetzt könnte man sagen, vielleicht war der Maik S. ein Spätentwickler und sah damals mit 19 noch aus wie ein 15-Jähriger. Daran habe ich meine Zweifel, denn Dr. Orlob schreibt in seinem Erstgutachten: „Zur Begutachtung kam ein 22-jähriger Mann athletischen Körperbaus.“ Das sind Sachen, die vielleicht dagegen sprechen könnten, dass hier eine Täterschaft wirklich sehr, sehr nahe liegt. Wir werden es mit Sicherheit nicht mehr aufklären können, zumal auch die Akte nicht da ist.
Meine Damen und Herren! Was die Frage der Spurenuntersuchung und Spurensicherung im Jahre 1995 betrifft, konnte nicht geklärt werden – Dr. Born hat es sehr umfänglich dargestellt –, warum die gesicherten Spuren nicht einem DNA-Test unterzogen wurden. Sie haben das dargestellt als schwerwiegenden Fehler, das kann man natürlich. Richtig ist, und das haben Sie auch dargelegt, dass – Moment, jetzt muss ich schauen, wo ich es habe – diese Kostenrechnung des Institutes für Rechtsmedizin Rostock vom 17.08.1995 nicht sechs Möglichkeiten ausweist, sondern nur fünf, die sechste Möglichkeit ist die Präparation, wo man noch keine Untersuchung hat, aber man präpariert erst mal, also fünf Möglichkeiten ausweist, dass es damals fünf verschiedene Methoden gab, einen DNA-Test durchzuführen. Das ist richtig. Die Frage habe ich mir natürlich auch gestellt. Warum wurde das nicht gemacht, wenn sie es hätten machen können? Und dann habe ich am vergangenen Freitag mit Professor Wegener, dem Direktor dieses Instituts, er hat seinerzeit dieses biologische Spurengutachten gegengezeichnet, telefoniert. Professor Wegener ist den Mitgliedern des Rechtsausschusses bekannt. Wir waren, ich glaube, Sie haben es angeführt, so vor zweieinhalb Jahren in Rostock Gast in seinem Haus. Er hat mich ermächtigt oder mir die Zustimmung erteilt, dass ich hier heute dieses Telefonat verwenden darf. Professor Wegener sagte auf den konkreten Fall bezogen, dass im Jahr 1995 eine DNA-Analyse nur möglich war auf Grundlage von Blut oder Sperma.
Heute ist es völlig anders. Heute reicht schon eine winzige Menge vom biologischen Material aus, um einen DNA-Code zweifelsfrei bestimmen zu können. 1995 lebten wir noch in der DNA-Steinzeit. Wir hatten nicht die Technologie und nicht die Maschinen, da ging das nur auf Grundlage von Blut oder Sperma. Da in den Vorproben im konkreten Fall kein Sperma nachgewiesen werden konnte – das wurde ja auch untersucht –, war eine DNA-Analyse nicht möglich. Diese Tests insgesamt waren damals noch sehr ungenau und ohne Sperma nicht möglich. Es gab auch Fälle, wo ausreichend Spurenmaterial zur Verfügung stand, eine DNA-Analyse aber von der KPI nicht in Auftrag gegeben wurde. In solchen Fällen hat das Institut die KPI darauf hingewiesen, dass es technisch möglich ist. So weit zu dieser Sache, warum eine DNA-Analyse nicht durchgeführt wurde. Es war damals technisch noch nicht möglich.
Professor Wegener sagt etwas anderes, Kollegin Lochner-Borst, und dem glaube ich dann mehr, denn er ist seit, ich weiß gar nicht seit wann, auf jeden Fall war er schon 1995 Leiter dieses Institutes und er muss es wissen. Wir konnten leider, das muss ich dazusagen, Professor Wegener hier als Sachverständigen oder als Zeugen nicht hören, das ist allerdings der Zeitfrage geschuldet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich jetzt zu einer Bewertung aus der Sicht meiner Fraktion komme, möchte ich mich bei den Mitarbeitern des Ausschusssekretariates sehr, sehr herzlich bedanken für die Arbeit, die sie in den letzten vier Monaten geleistet haben. Das, was Sie unter der Leitung von Frau Frohriep dort beackert, bewerkstelligt haben, ist höchst beachtlich. Sie hatten manchmal Arbeitstage von 17,18 Stunden, am nächsten
Tag waren Sie wieder hier, haben weiter geknüppelt, dafür wirklich meinen Respekt, meine Hochachtung.
Gestatten Sie mir nun, die Schlussfolgerungen meiner Fraktion aus der Arbeit des Ausschusses kurz zusammenzufassen. Ich glaube, die Hauptfragen waren schon nach den Sitzungen im Rechtsausschuss geklärt. Die Ergebnisse wurden durch den PUA hier nochmals bestätigt. Man kann darüber streiten, ob wir den PUA dafür noch einmal gebraucht hätten oder nicht. Ich lasse das dahingestellt.
Die gegenüber der Justiz im Jahre 2005, speziell im Sommer 2005, erhobenen schwerwiegenden Vorwürfe haben sich nicht bestätigt. Es gab trotz der fortbestehenden Gefährlichkeit von Maik S. keine rechtliche Möglichkeit, ihn am Ende der Haft festzuhalten. Unabhängig davon, wie lange und wie intensiv die zuständige Staatsanwältin die Voraussetzungen der nachträglichen Sicherungsverwahrung damals geprüft hat, im Ergebnis lag sie leider richtig. Kollege Dr. Born hat hier vorhin Zweifel angebracht. Ich muss dazusagen, es ist für mich ein Unterschied, ob Frau Dr. Rissing-van Saan, Professor Osterheider zweieinhalb Tage Akten studieren in einem sehr, sehr komplizierten Rechtsfall, in einer sehr, sehr komplizierten Materie, um uns im Ausschuss ein umfassendes Rechtsgutachten vorzulegen, oder ob eine Dezernentin der Staatsanwaltschaft prüft, ob hier die Voraussetzungen vorliegen zur Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung, denn die formellen Voraussetzungen sind äußerst schnell geprüft. Das geht äußerst schnell, da muss ich bloß gucken, hat der mehr als fünf Jahre gesessen,
zweitens ist das eine Katalogstraftat laut dem Straftatenkatalog und schon bin ich damit fertig.
Dann muss ich die materiellen Voraussetzungen prüfen
und da gab es das Gefährlichkeitsgutachten der Frau Fellert. Sie hatte die fünfbändige Gefangenenpersonalakte nicht vorliegen, aber das Gutachten der Frau Fellert ging in 13 Seiten dezidiert auf die Gefangenenpersonalakte ein. Ich muss dazusagen, ich habe auch eine ganze Weile gebraucht, als ich das erste Mal das Fellert-Gutachten gelesen habe. Ich habe mir aber auch von Sachverständigen sagen lassen, dass die so ein Gutachten schneller lesen können, weil sie das fast täglich in ihrer Arbeit machen, ich habe es zum ersten Mal gemacht. Auf jeden Fall ist es ein Unterschied für mich, ob jemand nachträgliche Sicherungsverwahrung zu verhängen hat oder nicht oder ob sich jemand auf ein umfassendes Rechtsgutachten vorbereitet. Im Ergebnis lagen jedoch die Voraussetzungen für die Beantragung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei Maik S. nicht vor. Einziger Unterschied: In anderen Ländern wäre er möglicherweise gar nicht erst in eine sozialtherapeutische Gruppe aufgenommen worden, weil man dort vielleicht früher festgestellt hätte, dass er therapeutisch nicht erreichbar war.
Wir hatten einen Täter, der weiterhin gefährlich war, den man nicht therapieren konnte, und mussten ihn trotzdem
entlassen, und das, das gebe ich zu, ist eine bittere Erkenntnis.
Zu der Fehlkonstruktion des Gesetzes und ihren Folgen im Fall Maik S. sagte der von der CDU vorgeschlagene Sachverständige Dr. Wolf: „Das Gesetz hat dieses Loch, durch das zum Beispiel unser Mann hier gefallen ist.“ Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Das Gesetz leidet an einem gravierenden Geburtsfehler, der dringender Reparatur bedarf.“, das hat ein anderer Sachverständiger und Rechtsgelehrter vor dem Ausschuss ausgeführt.
Bei der Verurteilung 1998 gab es keine Möglichkeit, die Sicherungsverwahrung bei Maik S. anzuordnen.
Dem fehlten die entsprechenden Vorverurteilungen. Er braucht nämlich zwei schwerwiegende Verurteilungen,
er hatte bloß eine.
Das andere waren zwar auch Verurteilungen wegen Fahnenflucht, aber es waren keine schwerwiegenden im Sinne des Gesetzes. Und für nachträgliche Sicherungsverwahrung fehlte es an neuen erheblichen Tatsachen. Das ist, das gebe ich zu, eine absurde Situation. Da ist ein Ersttäter, der aufgrund seiner besonderen Gefährlichkeit alle Voraussetzungen hat, und nachträglich kann man bei ihm nichts anordnen, weil schon alles, was an Gefährlichkeit bekannt ist, bekannt war bei der Erstverurteilung. Wenn der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen wollte, dass er hochgefährliche Täter wegsperren will, um die Allgemeinheit zu schützen, dann darf das nicht so geregelt werden, wie es jetzt geregelt ist. Diese Erkenntnis hatten wir allerdings schon Anfang des Jahres im Rechtsausschuss.
Die Gesetzesinitiative, die der Justizminister Ende letzten Jahres im Bundesrat eingebracht hat, zielt genau in diese Richtung, die Lücke im Gesetz, durch die Täter wie Maik S. fallen, zu schließen.
Sicherungsverwahrung soll danach in Ausnahmefällen für Ersttäter möglich sein, wenn sich schon nach einer schweren ersten Tat ein gefährlicher Hang zum Serientäter feststellen lässt. Kollege Dr. Born, Sie hatten vorhin gesagt, ich glaube, Sie hatten „Die Zeit“ zitiert, dass dort auch geschrieben wurde, dass der Justizminister sich natürlich dort schon ganz schön weit vom Grundgesetz entfernt bewegt und alles strittig ist und so weiter. Ich muss dazusagen, es gab in diesem Land, in Deutschland, in der Vergangenheit etliche Landtage, etliche Justizminister, die Ähnliches gemacht haben
und auf Messers Schneide gestanden haben,
einfach weil sie die Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern schützen wollten. Zwei Bundesländer haben die nachträgliche Sicherungsverwahrung selbst gesetzlich geregelt. Das wurde gekippt vom Bundesverfassungsgericht.
Das ist, glaube ich, ein Vorwurf, der nicht unbedingt notwendig ist hier.
Es gibt einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erweiterung des Aufgabenbereichs der Führungshilfe. Das Institut der Führungshilfe soll konsequenter gestaltet und effektiviert werden. Darüber hinaus ist die Fraktion der SPD der Auffassung, dass die Zusammenarbeit mit der Polizei im Rahmen der Führungsaufsicht intensiviert werden muss. Dieses kann auch durch gezielte Hinweise der Führungsaufsichtsstelle an die Polizei im Falle einer Haftentlassung geschehen. Insofern gilt es zu klären, inwieweit dieses Vorgehen datenschutzrechtlich zulässig ist. Ziel muss in jedem Fall sein die Entwicklung einer Zusammenarbeit, welche mit der Betreuung durch die Bewährungshilfe gekoppelt ist. Dazu müssen die Voraussetzungen geschaffen werden. Bei der Kommunikation zwischen den verschiedenen Institutionen wie Strafvollzug, Staatsanwaltschaft, Bewährungshilfe muss eine höchstmögliche Transparenz der einzelnen Vollstreckungsverläufe erreicht werden. Hier muss erreicht werden, dass, wenn ein Gutachten an irgendeiner Stelle vorliegt, dies auch die anderen beteiligten Behörden bekommen.
Unabhängig vom Fall Maik S. machen wir uns dafür stark, dass die Therapiebedingungen auch zukünftig noch weiter verbessert werden. Mit den weit gehenden Erneuerungen in der JVA Waldeck und dem dort seit 2005 eingerichteten Diagnostikzentrum sowie der Sozialtherapie unter nunmehr neuer Leitung ist man bereits auf einem guten Weg. Ein wichtiges Ziel bleibt daher weiterhin die Erhöhung der Betreuungsintensität in den Justizvollzugsanstalten. Im Fall Maik S. wurden alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, ihn so lange wie möglich in der Haft zu behalten. Er wurde nicht vorzeitig entlassen, er musste seine Strafe absitzen bis zum letzen Tag. Darüber täuscht die CDU mit ihrem auf eine Mindermeinung gestützten Sondervotum hinweg.
Weil Sie sagen, dass nicht alles ausgeschöpft wurde.
Man hätte nachträgliche Sicherungsverwahrung beantragen können. Das sehen wir anders.
Eine andere Auffassung, natürlich.
Was ich bei Ihnen nicht finden konnte, ist diese gesetzliche Lücke, die wir sehen, die gefüllt werden muss. Hier wäre es gut gewesen, wenn Sie sich auch dazu äußern.
Letztendlich muss dieses Gesetz repariert werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte Ihnen ehrlich gesagt lieber ein anderes Ergebnis vorgestellt, aber ich komme leider zu keinem anderen Ergebnis. Das ist das Schwierige, das Paradoxe an der ganzen Sache. Es liegt in der Natur des Menschen, dass man, wenn etwas sehr Tragisches passiert, einen Schuldigen
sucht. In der Regel findet man den. Ich habe zum Beispiel einmal Folgendes gehabt: Rettungsleitstelle Neustrelitz, da ruft eine Frau an und sagt, ihr Mann hat ganz akute Herzprobleme, sie braucht unbedingt einen Notarzt. Der Beschäftigte hat diese Meldung nicht weitergegeben, vier Stunden später war der Mann verstorben. Da fragt man sich: Warum musste er sterben, wer war schuld? In dem Fall war es eindeutig der Angestellte der Rettungsstelle, ganz eindeutig.
Hier in unserem konkreten Fall wird ein junges Mädchen ermordet, welches nun wirklich das ganze Leben noch vor sich hatte, von einem frisch entlassenen Sexualstraftäter und schuld daran soll nur eine Lücke im Gesetz sein? Eine Lücke im Gesetz soll dieses Verbrechen erst ermöglicht haben?
Meine Damen und Herren, Sie können mir glauben, es wäre einfacher für mich, hier jetzt zu stehen und zu sagen: Das alles konnte nur deshalb passieren, weil Herr oder Frau Sowieso ihre Tätigkeit schuldhaft gemacht hat. Das hat der/die verzapft. Das wäre einfacher. Das wäre etwas zum Greifen.
Aber hier haben wir nur…
Das glauben Sie auch nur.
Hier haben wir nur eine Lücke im Gesetz. Wir konnten ein persönliches schuldhaftes Verhalten Dritter nicht feststellen. Maik Schulze – ich darf den Namen hier auch nennen, das Urteil ist rechtskräftig – trägt für den tragischen Tod der 16-jährigen Carolin die alleinige Verantwortung.
Ich glaube, meine Damen und Herren, in der deutschen Geschichte ist noch kein Mordfall so intensiv und aufwändig von einem Parlament untersucht worden. Alle Vernehmungen waren öffentlich und wurden auch von der Öffentlichkeit begleitet. Es hat sich durch den Untersuchungsausschuss nochmals bestätigt: Wir haben in diesem Gesetz eine Lücke. In einem so sensiblen Bereich wie der Sicherungsverwahrung ist es nicht möglich, eine Gesetzeslücke durch Auslegung oder Rechtsprechung des BGH zu schließen. Für einen so elementaren Eingriff wie die Inhaftnahme eines Täters über seine reguläre Strafzeit hinaus brauchen wir eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, anderenfalls hätten wir wieder das, dass Karlsruhe das kippen würde.
Meine Damen und Herren, ein Mordfall wie dieser darf sich nicht wiederholen. Eine sensibilisierte Justiz haben wir nach den Geschehnissen der letzten zwölf Monate mehr denn je. Aber erst mit Novellierung des Gesetzes zur Sicherungsverwahrung hätte diese dann auch die rechtliche Möglichkeit, so einen Mann in Haft zu halten. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Danke, Frau Präsidentin.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ihnen liegen mit Drucksache 4/2328 die Beschlussempfehlung und der Bericht zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern vor. Dieser Gesetzentwurf bezieht sich auf sieben Artikel unserer Landesfassung sowie auf das Abgeordnetengesetz, das infolge der Verlängerung der Wahlperiode von vier auf fünf Jahre entsprechend angepasst werden muss.
Im Gegensatz zu der Aufnahme des strikten Konnexitätsprinzips im ersten Änderungsgesetz ist unser Gesetzentwurf wesentlich umfangreicher, bezieht er sich doch auf die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel, die Erweiterung von Artikel 14, dahingehend, dass auch die Jugendlichen ausdrücklich unter den Schutz des Landes sowie der Gemeinden und Kreise gestellt werden. Die Einfügung von Artikel 17 a erfolgt in Bezug auf den besonderen Schutz von alten Menschen und Menschen mit Behinderungen. Die Verlängerung der Wahlperiode des Landtages von vier auf fünf Jahre ist einhergehend mit der Änderung von Artikel 27, der Absenkung des erforderlichen Quorums 140.000 auf 120.000 Wahlberechtigte hinsichtlich von Volksbegehren im Sinne von Artikel 60 sowie Anpassung der Verfassung in Artikel 68 an die bundesgesetzlichen Vorgaben sowie an das Landesrechnungshofgesetz hinsichtlich der Amtszeit des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Landesrechnungshofes.
In den Beratungen des Rechts- und Europaausschusses haben sich darüber hinaus Änderungen in Bezug auf Artikel 52 Absatz 4 der Verfassung ergeben, damit die Ausschlussbestimmungen entsprechend der neuen Fassung des Landesverfassungsgerichtsgesetzes gleichlautend mit der Landesverfassung sind, wonach die Zugehörigkeit zu den entsprechenden Organen der Europäischen Union, dem Europäischen Gerichtshof, einem anderen Landesverfassungsgericht oder dem Bundesverfassungsgericht mit einer Mitgliedschaft oder Stellvertretung im Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern unvereinbar ist.
Dem Rechts- und Europaausschuss fiel auf, dass durch die Erweiterung der Wahlperiode von vier auf fünf Jahre das Abgeordnetengesetz entsprechend angepasst werden musste. Und schließlich bezogen sich die Beratungen auf Artikel 3 des Gesetzentwurfes, da sichergestellt werden muss, dass das Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft tritt, weil noch vor der Landtagswahl die Wähler informiert sein müssen, dass der Landtag gemäß Artikel 27 Absatz 1 der Verfassung nunmehr auf fünf Jahre g e w ä h l t wird. Ich denke, mit diesen Änderungen wird erreicht, dass Mecklenburg-Vorpommern weiterhin eine moderne, eine zukunftsweisende Verfassung besitzt.
Der mitberatende Landwirtschaftsausschuss hat mit Stellungnahme vom 4. April einstimmig die unveränderte Annahme empfohlen, ebenso der Sozialausschuss mit Stellungnahme vom 30. März. Der mitberatende Finanzausschuss hat ebenfalls mit Stellungnahme vom 4. April die unveränderte Annahme empfohlen. Nun ist der Vorsitzende des Finanzausschusses Kollege Riemann leider nicht da,
ansonsten hätte ich ihn gern gefragt, warum er diese Stellungnahme vom 4. April 2006 an den Vorsitzenden des Rechtsausschusses Herrn Götz Kreuzer sendet.
Ich werde ihn nachher fragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend möchte ich mich bei allen Beteiligten für die konstruktive Beratung im Ausschuss bedanken, die auch vonseiten der Landesregierung und den Einzelressorts unterstützt worden ist.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihnen liegt auf Drucksache 4/2329 die Beschlussempfehlung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landesverfassungsgerichtsgesetzes vor. Diese sieht eine ganze Reihe von Änderungen des Landesverfassungsgerichtsgesetzes vor, wie etwa die in der Person liegenden Voraussetzungen und Anforderungen, um zum Präsidenten oder Vizepräsidenten sowie zum Stellvertreter gewählt werden zu können, die Beendigung der Amtszeit, die Stellungnahme durch sachkundige Dritte, die Beratung und Abstimmung oder die Erhöhung der Entschädigung der ehrenamtlichen Richter des Landesverfassungsgerichtes, um nur einige zu nennen.
Ich möchte in dieser voraussichtlich letzten Landtagssitzung in dieser Wahlperiode die Gelegenheit nutzen, um auf unser Verhältnis zum Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern einzugehen. Wie das Erste Gesetz zur Änderung des Landesverfassungsgerichtesgesetzes, so spiegeln auch das zweite Änderungsgesetz und die vorliegende Beschlussempfehlung das gute und vertrauensvolle Verhältnis des Ausschusses zum Verfassungsgericht wider. Der Ausschuss hat in der Vergangenheit regelmäßig Konsultationsgespräche mit den Mitgliedern des Landesverfassungsgerichtes geführt, die sehr offen und detailliert waren. Vonseiten des Gerichts ist uns die Entwicklung der Rechtsprechung erläutert worden. Wir haben uns über Funktion und Stellung des Landesverfassungsgerichtes als Teil der Legislative beraten und uns intensiv über innerorganisatorische Fragestellungen ausgetauscht. Bei den Gesprächen sind aber auch einige Defizite und Kritikpunkte offen angesprochen worden. Beispielsweise haben wir beraten, wie wir dem Anliegen des Verfassungsgerichtes begegnen können, die Rahmenbedingungen für seine Arbeit effektiver zu gestalten. Im Namen der Mitglieder des Ausschusses möchte ich mich sehr herzlich für dieses konstruktive Miteinander bedanken.
In einer offensiven und intensiven Vorbereitungsphase auf Obleuteebene und schließlich auf Ausschussebene sind die Anregungen und Ergebnisse der Konsultationsgespräche bearbeitet worden und in den zweiten Änderungsentwurf eingeflossen. Um die vorliegende Beschlussempfehlung abgeben zu können, haben wir im Ausschuss nochmals sämtliche Punkte beraten. Aber nicht alle Wünsche des Gerichts konnten im Ausschuss Berücksichtigung finden, was letztendlich auch in der Entschließung zum Ausdruck gebracht wird, die Bestandteil dieser Beschlussempfehlung ist. Es besteht noch der Wunsch, über einen Einzelplan im Haushalt verfügen zu können, da das Landesverfassungsgericht MecklenburgVorpommern als oberstes Verfassungsorgan zurzeit hierüber noch nicht verfügen kann, sondern Bestandteil des Einzelplans des Justizministeriums ist. Ferner besteht der Wunsch, aus organisatorischer Hinsicht über eine eigene Geschäftstelle verfügen zu können. Hier bedient sich das Landesverfassungsgericht noch der Geschäftsstelle des Oberverwaltungsgerichts in Greifswald. Diese beiden Wünsche, die für mich persönlich verständlich sind, sollte ein neuer Gesetzgeber berücksichtigen. Das wird mit der Entschließung zum Ausdruck gebracht.
Zum Abschluss möchte ich dem Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern für sein Wirken danken. In den
letzten vier Jahren war der Landtag gefordert, zu insgesamt 29 Verfahren vor dem Verfassungsgericht Stellung zu nehmen. Diese Zahl dokumentiert die Arbeitsbelastung des Gerichtes, die sicherlich auch in Zukunft nicht abreißen wird. Die Verfahren, die von grundsätzlicher Bedeutung für Mecklenburg-Vorpommern sind, aber auch darüber hinaus, sind nicht immer leicht zu bewerkstelligen, bedeuten aber eine große Ausstrahlungskraft auf unser Bundesland. Für dieses Wirken möchte ich mich bei den Richtern des Verfassungsgerichtes, insbesondere bei seinem Präsidenten Herrn Dr. Hückstädt sowie bei seinem Vizepräsidenten Herrn Wolf, sehr herzlich bedanken und ich bitte Sie, der Beschlussempfehlung zuzustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf die verfassungsrechtliche Bedeutung des Verfassungsgerichts hat der Kollege Born schon hingewiesen. Ich möchte das jetzt nicht wiederholen. Im Jahre 2007 hat der neue Landtag fünf von sieben Richtern neu zu wählen und fünf von sieben Stellvertretern. Wir haben in der Änderung dieses Gesetzes die Wählbarkeitsvoraussetzung etwas modifiziert, allerdings nicht, um dort auf Qualität zu verzichten. Wir wollen schon die qualitativen Hürden, die wir im Gesetz haben, weiterhin behalten.
Die Rechtspolitiker der drei Fraktionen haben sich in mehreren Sitzungen zusammengesetzt und versucht, im
Konsens die Gesetzesänderung hinzubekommen. Es ist uns gelungen, möchte ich sagen. Alles, was keinen Konsens erzielt hatte, ging erst einmal nicht. Die Aufwandsentschädigung, die wir hier jetzt vorschlagen, halte ich für angemessen. Wir haben evaluiert, wie die Verfassungsrichter in den anderen, gerade in den ostdeutschen Ländern entschädigt werden für ihren Aufwand, und mussten feststellen, dass unsere Verfassungsrichter mit Abstand am schlechtesten abschneiden. Deshalb haben wir gesagt, wir wollen auch, dass ein Verfassungsrichter für seinen Aufwand, den er unzweifelhaft hat, eine vernünftige Aufwandsentschädigung erhält. Meine Fraktion stimmt dieser Gesetzesänderung zu.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihnen liegen auf Drucksache 4/2326 die Beschlussempfehlung und der Bericht zum Dritten Änderungsgesetz des Landesrichtergesetzes vor. Dieser Gesetzentwurf bezieht sich insbesondere auf die Richtervertretung beziehungsweise auf die Vertretungen der Staatsanwälte und richtet sich somit auf die innere Organisation der dritten Gewalt. Der Gesetzentwurf regelt, dass eine Beteiligung des Präsidialrates nicht erfolgt, wenn der Richter auf Probe aufgrund eines Antrages seine Entlassung beantragt. Ferner wird geregelt, dass dem Hauptstaatsanwaltsrat auch die Befugnisse des Hauptrichterrats zustehen, und es wird die Zusammensetzung des Hauptstaatsanwaltschaftsrates im Hinblick auf die von ihm durchzuführenden Aufgaben angepasst.
In der Einzelfallberatung hat der Rechts- und Europaausschuss keine Änderungen in Bezug auf den eingebrachten Gesetzentwurf vorgenommen, sondern einstimmig in seiner Sitzung am 4. Mai beschlossen, die Annahme des Gesetzentwurfes in unveränderter Fassung zu empfehlen.
Dennoch möchte ich die letzte Landtagssitzung zum Anlass nehmen, etwas zur Arbeit der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in unserem Lande zu sagen. Der Rechts- und Europaausschuss hat sich in den vergangenen vier Jahren umfangreich mit der Situation in der Judikative befasst. In wiederholten Ausschussberatungen ist zusammen mit dem Justizminister die Situation in den Amts- und Landgerichten, aber auch in den Staatsanwaltschaften unseres Landes beraten worden. Zudem fanden Beratungen wie beispielsweise der Besuch der Staatsanwaltschaft in Stralsund statt, die für sich genommen nicht alleine stehen, sondern dadurch abgerundet werden, dass natürlich einzelne Ausschussmitglieder wie der Kollege Dr. Born, der Kollege Ankermann und der Kollege Mohr in ihrer beruflichen Eigenschaft als Rechtsanwälte fast täglich Kontakt mit den Gerichten in unserem Land haben oder mittelbar, wie beispielsweise durch meine Mitgliedschaft im Anstaltsbeirat in der JVA Neustrelitz oder die des Kollegen Prachtl in der JVA Neubrandenburg beziehungsweise als ehemalige Schöffin wie die Kollegin Borchardt.
Dem Ausschuss sind also die Arbeitsbedingungen in den Gerichten und Staatsanwaltschaften nicht nur zu den Haushaltsberatungen ein Anliegen gewesen, sondern er hat sich auf verschiedenen Ebenen immer wieder mit der Problematik befasst und auseinander gesetzt. Dabei konnten wir uns davon überzeugen, dass die Situation vor Ort nicht immer zufriedenstellend war und einzelne Gerichte einem hohen Pensendruck ausgesetzt sind, aber durch Steuerungsvorgänge seitens des Justizministe
riums dazu beigetragen wurde und wird, dass sich Spitzen in der Vergangenheit immer wieder auffangen ließen.
Wir wissen, dass eine starke Demokratie eine leistungsfähige Justiz braucht, weshalb den Parlamentariern insgesamt daran gelegen ist, die Voraussetzungen für die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Ich hoffe, dass die Arbeit im Rechts- und Europaausschuss in den vergangenen vier Jahren ein Stück dazu beigetragen hat, diese Rahmenbedingungen zu schaffen. An dieser Stelle möchte ich mich im Namen der Ausschussmitglieder für das Engagement und die geleistete Arbeit der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in unserem Land bedanken.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihnen liegen auf Drucksache 4/2327 die Beschlussempfehlung und der Bericht des Rechts- und Europaausschusses zum Parlamentsinformationsgesetz vor. Dieser Gesetzentwurf ist von der Fraktion der CDU in den Landtag eingebracht worden. Er bezieht sich auf Artikel 39 der Landesverfassung, der die Informationspflichten der Landesregierung regelt und in Absatz 3 vorsieht, dass das Nähere hierzu durch Gesetz zu regeln ist. Deshalb hat der Gesetzentwurf zum Inhalt, dass die Landesregierung die Pflicht haben soll, den Landtag frühzeitig und vollständig über Vorhaben der Landesgesetzgebung sowie über Grundsatzfragen der Landesplanung, der Standortplanung und der Durchführung von Großvorhaben zu unterrichten.
Im Ausschuss ist in mehreren Sitzungen über den Gesetzentwurf beraten worden. Auch unternahmen wir eine umfangreiche Anhörung, die auf eine Fülle von verfassungsrechtlichen Problemen einging, die in der vorliegen
den Drucksache umfangreich dargestellt worden ist. Dennoch hat sich der Ausschuss mehrheitlich dazu entschieden, die Ablehnung des Gesetzentwurfes zu empfehlen. Auf die einzelnen Argumente werden meine Kollegen und ich im Anschluss noch eingehen. An dieser Stelle möchte ich mich bei den Sachverständigen für ihre fundierten Ausführungen während der Anhörung bedanken.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Kollege Ankermann, wenn Sie die Auffassung vertreten, dass wir von vornherein das Gesetz verhindern wollten, dann kann ich nur sagen,
wir haben zugestimmt, als Sie dieses Gesetz in den Landtag eingebracht haben.
Wir haben uns gesagt, wir machen eine Anhörung und schauen, was die Fachleute sagen,
und dann überlegen wir. So war der Werdegang.
Wir hatten am 29.09. vergangenen Jahres eine umfassende Expertenanhörung und haben danach die Auswertung für uns gemacht.
Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass dieser vorliegende Gesetzentwurf weder zweckmäßig noch dienlich ist.
Moment! Moment! Darauf komme ich gleich. Seien Sie nicht so aufgeregt!
Sowohl bei der Ersten Lesung des Gesetzentwurfes als auch in der Anhörung wurde festgestellt, dass dieser Gesetzentwurf des Parlamentsinformationsgesetzes an den Bayerischen Landtag angelehnt ist.
Es ist also das, was in Bayern im Parlamentsinformationsgesetz steht, abgeschrieben und hierher gebracht worden.
Das ist keine Kritik. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die sagen, alles, was aus Bayern kommt, ist schlecht,
im Gegenteil, alles, was aus Bayern kommt, oder vieles ist verdammt gut.
Der Wirtschaftsminister ist gerade nicht da, aber er ist das lebende Beispiel dafür.
Meine Damen und Herren, die Ausgangslage in Bayern ist aber eine andere, als sie es hier bei uns war. Unsere Landesverfassung enthält in den Artikeln 39 und 40 sehr detaillierte Informationspflichten der Landesregierung gegenüber dem Parlament. Das ist in Bayern nicht so, wie es uns – Kollege Ankermann, das war der Stellvertretende Vorsitzende des Rechtsausschusses, nicht der Vorsitzende – Peter Welnhofer hier darlegte. Auch der Ministerialdirigent der Staatskanzlei aus München hat uns das noch einmal gesagt, dass sie in Bayern diese Verfassungsvorgaben nicht haben. Demzufolge haben sie ein Informationsgesetz gemacht, das faktisch gleichwertig ist mit dem, was bei uns in den Artikeln 39 und 40 der Landesverfassung steht.
Dazu komme ich noch am Schluss.
Auf dieser Grundlage, als sie das Gesetz in Bayern geschaffen haben, haben die Landesregierung und das Parlament auf gleicher Augenhöhe eine Vereinbarung geschlossen.
Staatsregierung.
Der Sachverständige Welnhofer führte wörtlich aus: „Insofern sei Artikel 39 Absatz 1 der Landesverfassung Mecklenburg-Vorpommern fortschrittlich und beinhalte im Wesentlichen all das, was in Bayern im Parlamentsinformationsgesetz geregelt sei.“
Zum Gesetzesvorbehalt. Der Gesetzesvorbehalt geht aus Artikel 39 Absatz 3 hervor, darin steht: „Das Nähere regelt das Gesetz.“ Für uns stand jetzt die Frage, ob daraus eine Verpflichtung besteht, eine Verpflichtung für das Parlament, so etwas beschließen zu müssen. Diese Frage haben wir Herrn Thiele gestellt und Herr Thiele hat es verneint.
Herr Thiele ist Präsident des Landesarbeitsgerichtes, er war Mitglied der Verfassungskommission und meiner Meinung nach bisher der Einzige, der die Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern kommentiert hat.
Ja.
Herr Thiele sagte wörtlich, nein, nicht wörtlich, es ist sinngemäß wiedergegeben im Protokoll auf Seite 67/9: „Fraglich sei, ob man zu einem Ausführungsgesetz kommen müsse.“ Eine verfassungsrechtliche Pflicht bestehe nach seiner Ansicht hierzu nicht. Er meint, dass die Verfassung, Artikel 39, konketisierungsbedürftig sei.
Die Konkretisierung habe sich durch die Praxis zwischen Parlament und Regierung in einigen Teilen ergeben.
Er sagte weiter: Ein Parlamentsinformationsgesetz, das enumerativ alle Unterrichtungsgegenstände aufzähle und den Zeitpunkt regele, wann zu unterrichten sei, halte er für völlig ausgeschlossen.
Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass es dem neuen Landtag – der alte sollte es auf keinen Fall mehr tun – unbenommen ist,
dass das Parlament mit der neuen Regierung eine Vereinbarung trifft, wann und wie sie diese zu unterrichten hat und das Parlament unterrichtet wird.
Also der Verfassungsexperte, den wir hatten, der hat es verneint.
Gerne.
Kollege Dr. Born, das waren gleich viele Fragen. Zuerst einmal zu Ihrer Vermutung, dass bald ein neuer Landtag gewählt wird, die ist richtig, nach meinem Kenntnisstand am 17. September. Natürlich kann dann der neue Landtag alsbald mit der neuen Landesregierung eine Vereinbarung abschließen. Ich gehe einmal davon aus, dass nicht nur neue Abgeordnete in diesem Landtag sein werden, dort werden auch viele erfahrene Kollegen sein. Es werden sicher auch noch in der Regierung erfahrene Minister sein.
Und dieser neue Landtag kann diese Vereinbarung abschließen, die dann auch detaillierte Vorgaben macht. Dazu brauchen wir dieses Parlamentsinformationsgesetz jetzt und heute nicht.
Abschließend möchte ich sagen, dass ich für meine Fraktion erklären kann, dass wir
dem Beschlussvorschlag des Rechtsausschusses unsere Zustimmung geben.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über die Bedeutung des G-8-Gipfels im Jahre 2007, über die Chancen für den Tourismus und über die Belastungen für die Bevölkerung hat der Ministerpräsident Ausführungen gemacht. Deswegen möchte ich mich hier darauf beschränken, zum Antrag selbst etwas zu sagen.
Der Antrag lautet: „Die Landesregierung wird aufgefordert, den Rechts- und Europaausschuss des Landtages regelmäßig über den Vorbereitungsstand zu informieren.“ Die Kollegin Borchardt sagte bereits, das war der kleinste gemeinsame Nenner. Kollege Dr. Jäger, ich muss Ihnen recht geben, was Sie vorhin zum kleinsten gemeinsamen Nenner gesagt haben. Nur der guten Ordnung halber muss ich erwähnen, dass die Landesregierung bisher auch schon ohne diesen Antrag den Rechts- und Europaausschuss informiert hat. Es gab eine Sitzung am 08.09.2005, die 64. Sitzung des Ausschusses, bei der die Staatskanzlei anwesend war, mit Vertretern des Auswärtigen Amtes, die uns über den damaligen Stand der Vorbereitungen unterrichtet haben.
Das war dürftig genug, natürlich, Kollege Ritter. Man muss einmal eines bedenken, es gibt eine einzige Tatsache, und zwar dass Deutschland den Gipfel 2007 ausrichtet. Das ist die einzige Tatsache! Da gibt es einen Arbeitstitel, der heißt
Heiligendamm.
Und irgendwann im Juni vor dem Gipfel jetzt in Sankt Petersburg wird erwartet, dass die Bundeskanzlerin Frau Merkel offiziell bekannt gibt, dass der nächste Gipfel 2007
in Heiligendamm durchgeführt wird. Das ist bisher offiziell durch die Bundesregierung noch nicht bekannt gegeben worden. Demzufolge sind natürlich die Informationen dürftig, denn bis jetzt gibt es nur die Arbeitsebene. Die Planungsebene geht nachher los, und zwar in dem Augenblick, wenn Heiligendamm offiziell bekannt gegeben wird. So ist es nun einmal.
Erst dann wird über konkrete Fragen der Kostenverteilung et cetera diskutiert und erst dann kann man darüber sprechen.
Das spielt keine Rolle dabei.
Ja, natürlich.
Jetzt habe ich natürlich einmal eine Frage zu der technischen Umsetzung dieses Antrages. Ich rede jetzt über den Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD. Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Rechts- und Europaausschuss regelmäßig zu berichten. Ich muss hierzu sagen, ich war mit der Staatskanzlei stetig in Kontakt. Ich habe alle vier Wochen angefragt, ob es neue wesentliche Erkenntnisse gibt. Nein, die gab es nicht. Das habe ich eben ausgeführt, weil es bis jetzt noch nicht offiziell bekannt gegeben wurde. Ich habe mit der technischen Umsetzung meine Probleme, weil wir kurz vor dem Ende der Wahlperiode stehen.
Wir haben als Ausschuss noch zwei reguläre Sitzungen. Die eine Sitzung wird sich mit dem polnischen Nachbarn befassen, das heißt, sie wird gar nicht in Schwerin stattfinden, und dann haben wir die allerletzte reguläre Sitzung Ende Juni. Nach dieser Sitzung stellen wir die politische Arbeit im Ausschuss ein.
Ich weiß nicht, ob es viel Sinn macht, wenn man auf der allerletzten Sitzung noch einen Bericht bekommt, aber das sei dahingestellt. Ich denke, dass...
Natürlich, wenn es wesentliche Informationen gibt.
Ich glaube, dass er dahingehend gerichtet ist, dass die nächste Landesregierung den nächsten Rechts- und Euro
paausschuss – wie das Konstrukt dann heißt, das weiß ich nicht, das vermag ich nicht zu sagen – unterrichten soll.
Jetzt zum Antrag der Fraktion der CDU. Ich habe mich gewundert, warum der erst heute Morgen, eine halbe Stunde bevor wir beginnen, kommt. Ich habe ihn mir durchgelesen, denn einige Passagen davon kannte ich. Ich weiß auch nicht, woher. Ich habe mir einmal die Pressemitteilung des Ministerpräsidenten vom gestrigen Tage genommen, in der stand: „Ausrichtung des G8-Gipfels ist eine nationale Angelegenheit“,
da fand ich Worte wie „herausragendes weltpolitisches Ereignis“, „eine Ehre“, „Imagegewinn“ und „ausschließlich als Chance für unser Land“.
Ja, das ist doch schön,
dass Sie einen Änderungsantrag aus der Pressemitteilung des Ministerpräsidenten heraus anfertigen.
Ich wollte Sie jetzt nicht unterbrechen.
Das war so schön, was Sie gesagt haben.
Sie haben vorhin gesagt, dass das in alle Ausschüsse rein soll.
Ich habe damit meine Probleme, dass das in alle Ausschüsse rein soll. Es mag den Wirtschaftsausschuss bestimmt betreffen, es mag den Innenausschuss bestimmt betreffen. Aber ob Herr Koplin im Sozialausschuss nun wirklich tangiert ist, ob der Petitionsausschuss tangiert ist,
ob die Bildungsleute tangiert sind?
Wobei ich sagen muss, dass wir als Rechts- und Europaausschuss auch schon gemeinsame Anhörungen mit dem Wirtschaftsausschuss,
wenn er tangiert war, gemacht haben,
das lief alles sehr unproblematisch. Auf jeden Fall ist die Formulierung „in alle Ausschüsse“ ein bisschen fehlgelaufen. Deshalb seien Sie uns nicht böse, aber wir wollen diesen Änderungsantrag so nicht annehmen. – Ich bedanke mich.
Zum zweiten Mal soll das Landesverfassungsgerichtsgesetz in einigen Vorschriften mit dem Ziel geändert werden, dem Gericht hierdurch Erleichterung bei seiner Arbeit zu geben. Wenn wir einmal davon ausgehen, dass heute kein Vertreter des Gerichtes hier im Saal anwesend ist und niemand auf der Besuchertribüne Platz genommen hat, dann bedeutet das nicht, dass diese Änderungen für das Gericht nicht so interessant sind, sondern es ist ganz einfach der Tatsache geschuldet, dass das Gericht heute in Greifswald tagt und demzufolge niemand hier sein kann. Das hat mir der Vizepräsident gestern mitgeteilt.
Das Landesverfassungsgericht hat einen eigenen verfassungsrechtlichen Status, der an Bedeutung dem der anderen Organe des Landes Mecklenburg-Vorpommern, also des Verfassungsorgans Landtag sowie des Verfassungsorgans Landesregierung, nicht nachsteht. Es nimmt gleichberechtigt an der Ausübung der obersten Staatsge
walt teil. Als neutrale Instanz hat das Landesverfassungsgericht keinen Auftrag zur unmittelbar schöpferischen Gestaltung des Lebens in unserem Land, sondern seine Kompetenz findet ihre Grenzen in der Landesverfassung selbst und im Landesverfassungsgerichtsgesetz ebenfalls. Dort sind die Zuständigkeiten sowie die einzelnen Verfahrensarten geregelt.
In der Vergangenheit ist unabhängig von Einzelverfahren, die oftmals gezeigt haben, wie welches Spannungsfeld zwischen Recht und Politik vom Landesverfassungsgericht ausgefüllt werden muss, zu regelmäßigen Konsultatione n mit den Mitgliedern des Rechts- und Europaausschusses gekommen. Bei diesen Beratungen zeigte uns das Gericht seine grundlegenden Entscheidungslinien auf und nahm im Einzelnen Bezug auf haushaltsrechtliche sowie statusrechtliche Fragen. Diese sind nun nach einer Auswertung im Rechts- und Europaausschuss von den Fraktionen aufgegriffen worden und in den vor Ihnen liegenden Gesetzentwurf eingeflossen. Stellvertretend für die Änderungen möchte ich hier auf zwei hinweisen, die sich auf die Entscheidungsbreite des Gerichts beziehen:
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass das Landesverfassungsgericht in seiner Entscheidung nunmehr auch das Stimmenverhältnis mitteilen kann. Wir wissen und wir haben es bei unseren Konsultationen auch erfahren, dass die Arbeit des Landesverfassungsgerichtes auf Konsens ausgelegt ist. Dennoch hat der Präsident Herr Dr. Hückstädt bei unseren Gesprächen darum geworben, dem Gericht diese Kompetenz einzuräumen und die Stimmenverhältnisse ihrer Entscheidung bekannt zu geben. Wenn der Sachverhalt politisch und manchmal auch rechtlich umstritten ist, könnte es die Überzeugungskraft der Entscheidung im Interesse des Landes erhöhen, wenn gegebenenfalls das Stimmenverhältnis mitgeteilt wird. Außerdem schadet es nicht, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass man manchmal auch unterschiedlicher Auffassung beim Landesverfassungsgericht sei. Wir haben diese Anregung aufgegriffen und hier eine entsprechende Änderung eingearbeitet.
Im Hinblick auf die Entscheidung des Gerichtes im Normenkontrollverfahren zum Haushaltsrechtsgesetz 2004/2005 sieht der Gesetzentwurf ferner vor, dass dem Landesverfassungsgericht künftig die Möglichkeit eingeräumt werden soll, statt die Nichtigkeit einer Rechtsvorschrift festzustellen, nunmehr festzustellen, dass diese mit der Verfassung des Landes unvereinbar ist, sie aber noch bis zu einem bestimmten Zeitpunkt angewandt werden kann. Durch die Aufnahme dieser Änderung sollen unerwünschte Rechtsfolgen einer an sich fälligen Nichtigkeitserklärung von Normen in Bezug auf den Bestand zwischenzeitlich ergangener Akte in der Praxis ausgeschlossen werden.
Zum Abschluss möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die an der Erstellung des Gesetzentwurfes mitgearbeitet haben. Ich hoffe, dass die weiteren Beratungen im Rechts- und Europaausschuss und im Finanzausschuss genauso zügig und reibungslos verlaufen wie die Erstellung dieser Drucksache. – Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 19.07.1994 trat das Landesverfassungsgerichtsgesetz in Kraft. Am 09.07.2002 gab es geringfügige Änderungen, die hier vorgenommen wurden, sodass sich gezeigt hat, dass sich dieses Gesetz in den fast zwölf Jahren Rechtsanwendung bewährt hat, und Bewährtes sollte man möglichst nicht unbedingt ändern, außer wenn diese Änderungen wirklich der Sache dienlich sind.
Wir mussten zur Kenntnis nehmen, dass im Jahre 2007 die Wahlperiode des Verfassungsgerichtes endet. Der nächste Landtag wird im Jahre 2007 fünf der sieben Richter neu zu wählen haben, darunter den Präsidenten und Vizepräsidenten, und fünf stellvertretende Richter. Um den Personenkreis zu erweitern, haben wir uns entschieden, die Modalitäten für die Wählbarkeit etwas zu erweitern, Kollege Born hat darauf hingewiesen, Kollegin Borchardt auch. Wir waren uns aber auch einig darüber, dass bei der Besetzung dieses Gerichts die Sach- und Fachkompetenz die oberste Priorität hat und dass daran nicht gerüttelt werden sollte. Deshalb haben wir es dabei belassen, dass unter den sieben Richtern mindestens fünf Volljuristen sein müssen.
Eine letzte Änderung, Kollege Born hat das ganz kurz angeschnitten, kam aus der Praxis. Zu den letzten beiden öffentlichen Verhandlungen des Landesverfassungsgerichtes hatte das Verfassungsgericht sachkundige Dritte geladen auf der Grundlage des Paragrafen 27 a Bundesverfassungsgerichtsgesetz, weil wir selbst keine Norm hatten, die es ermöglicht, sachkundige Dritte zu laden. Dritte kann man hören, wenn die am Verfahren Beteiligten nicht widersprechen. So haben wir gesagt, dann lasst uns selbst eine Vorschrift einbauen. Wir haben den Paragrafen 24 eingefügt und somit können jetzt auch nach unserem Gesetz sachkundige Dritte geladen werden.
Das ist richtig. Ich bedanke mich und bitte um Zustimmung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, dass diese Abstimmung einfacher wird.
Am 12.03.2003 hat der Landtag die Landesregierung per Beschluss aufgefordert, das automatisierte Mahnverfahren in Mecklenburg-Vorpommern einzuführen, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern. Der Justizminister und sein Haus haben gehandelt und mit dem Land Brandenburg einen entsprechenden Staatsvertrag abgeschlossen, der vorteilhaft für unser Land ist, vorteilhaft für den Landeshaushalt und vorteilhaft für diejenigen, die einen Mahnbescheid erlassen wollen.
Sorry, sorry! Das meinte ich natürlich. Das kommt, weil ich ziemlich dicht bei Brandenburg wohne. Aber Hamburg ist schon okay.
Wir haben gestern in Erster Lesung den Gesetzentwurf behandelt. Gestern Abend erfolgte die Beratung des mitberatenden Ausschusses, des Finanzausschusses. Der Finanzausschuss hat einstimmig beschlossen, diesen Gesetzentwurf in unveränderter Fassung anzunehmen. Anschließend erfolgte die Beratung des Rechts- und Europaausschusses als federführender Ausschuss und auch der federführende Ausschuss empfiehlt einstimmig die Annahme des Gesetzes in unveränderter Fassung. Ich bitte Sie einfach, diesen beiden Voten der sehr weisen Ausschüsse zu folgen. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihnen liegt auf der Drucksache 4/1761 die Zweite Beschlussempfehlung zum Gerichtsstrukturgesetz vor. Wie schon von mir in der letzten Landtagssitzung ausgeführt, ist diese Zweite Beschlussempfehlung notwendig geworden, damit die sich aus der Neufassung des Landesfischereigesetzes ergebenden Änderungen Berücksichtigung finden konnten.
Ansonsten sieht die Beschlussempfehlung keine Veränderungen gegenüber dem Gesetzentwurf vor, der darauf abzielt, dass in einigen besonderen Bereichen, wozu ich an dieser Stelle schon meine Ausführungen gemacht
habe, auf das Widerspruchsverfahren verzichtet werden kann, damit es kurzfristig zu einer Verfahrensbeschleunigung kommt. Dies betrifft in erster Linie baurechtliche und emissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren. Den Betroffenen wird damit die Möglichkeit eröffnet, unter Auslassung des Widerspruchsverfahrens zugleich Klage vor dem Verwaltungsgericht zu erheben. Im Ausschuss haben wir uns darauf einstimmig verständigt, Ihnen hier die Annahme zu empfehlen. – Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Landtagssitzung im Mai 2005 wurde das Zwölfte Änderungsgesetz des Abgeordnetengesetzes in den Landtag eingebracht. In ihrer Einbringungsrede hat unsere Frau Präsidentin die Änderungen sehr dezidiert dargestellt. Ich möchte auf diese Rede verweisen und deshalb hier einfach darlegen, wie dieser Gesetzentwurf nach der Einbringung im Zuge der Ausschussberatung verändert wurde.
Der Gesetzentwurf ist anlässlich seiner Ersten Lesung viel gelobt worden seitens der Medien und auch seitens des Bundes der Steuerzahler, weil wir ohne äußeren Druck erhebliche Einsparungen durch Leistungskürzun
gen vorgesehen haben. Wir setzten den Beginn für den Bezug von Altersversorgung um bis zu zehn Jahre herauf auf das vollendete 65. Lebensjahr und pro Mandatsjahr. Das vorgesehene Wachstum wurde zum Teil sogar halbiert von vier Prozent auf zwei Prozent der Grundentschädigung. Gleichzeitig stärken wir die Unabhängigkeit des Abgeordneten durch die Einführung einer Altersversorgung vom ersten Mandatsjahr an und durch Verbesserung der Absicherung nach dem Mandatsverlust.
Als federführender Ausschuss haben wir in zwei Sitzungen sehr intensiv und ausgiebig über dieses Änderungsgesetz beraten. Wir haben in diesen Beratungen auch das Gespräch mit dem Landesrechnungshof und mit dem Bund der Steuerzahler gesucht und geführt.
Im Rahmen der Ausschussberatungen haben wir den Gesetzentwurf unter anderem um einen wesentlichen Punkt ergänzt, nämlich um eine Neuregelung der Grundentschädigung des Abgeordneten ab der nächsten Wahlperiode.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man kann trefflich innerhalb und vor allem außerhalb des Parlamentes darüber streiten und debattieren, ob nun die Entschädigung der Abgeordneten im absoluten Betrag angemessen oder unangemessen ist, ob sie nun auskömmlich oder nicht auskömmlich ist. Diese Debatten wurden in den vergangenen Jahren faktisch bei jeder Änderung des Abgeordnetengesetzes geführt. Aber eine Debatte wurde nicht geführt: Niemals wurde eine Debatte dahin gehend geführt, wie und wo ordnen wir die Tätigkeit eines Abgeordneten innerhalb unserer Gesellschaft ein.
Über diese Frage haben wir im Ausschuss geredet, ausführlich gesprochen, und deshalb haben wir uns entschlossen, zukünftig die Grundentschädigung an einer klaren Bezugsgröße zu orientieren, nämlich an der Richterbesoldung. Damit greifen wir eine Anregung des Steuerzahlerbundes auf. Wir haben festgestellt, dass rein rechtlich nur die Richterbesoldung einem Vergleichsmaßstab standhält, nicht aber die Beamtenbesoldung. Das hat die Ursache, dass ein Beamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht, er handelt nach Weisung, ist in seinem Handeln an Recht und Gesetz gebunden und steht in einem besonderen Treueverhältnis zu seinem Dienstherrn. Die Abgeordneten, also wir, sind nach Landesverfassung nur unserem Gewissen verpflichtet und an Wähleraufträge nicht gebunden. Daran sieht man schon, dass beides, Beamter und Abgeordneter, irgendwo nicht gleich ist. Die Richter sind in ihren Entscheidungen nicht an Weisungen gebunden. Demzufolge haben wir gesagt, man kann das nur an die Richterbesoldung anlehnen.
Auch die Frage, weshalb nun ausgerechnet die Besoldungsgruppe R 2 gewählt wurde, ist sehr schnell beantwortet. Es gibt die Besoldungsverordnung, dort gibt es den Besoldungskatalog R 1 bis R 10. R 1 ist die Richterbesoldung eines Richters am Amtsgericht. Das Amtsgericht ist in den Kreisen angesiedelt, in den Landkreisen, kreisfreien Städten. Das Landgericht ist dann auch die Landesebene. Somit sind wir dazu gekommen zu sagen, wir siedeln diesen Abgeordneten auf Deutsch gesagt an in der Besoldungsgruppe R 2 Osttarif: 40 Jahre, verheiratet, zwei Kinder, ohne Weihnachts- und sonstige Zuwendungen. Zu dieser Gruppe – 40 Jahre, verheiratet, zwei Kinder – gehört r ein statistisch der durchschnittliche Abgeordnete unseres Hauses.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, wir dürfen uns als erste Gewalt, als gesetzgebendes Organ, durchaus mit der dritten Gewalt, der Rechtsprechung, vergleichen. Und wenn die Abgeordneten zukünftig ab der nächsten Wahlperiode das gleiche Einkommen haben wie ein 40-jähriger Vorsitzender Richter am Landgericht, dann ist das durchaus angemessen. Auch Richter müssen regelmäßig schwierige Entscheidungen treffen und Lösungen für komplizierte Fragen entwickeln. Wir im Landtag, wir 71 Mitglieder dieses Hohen Hauses, entscheiden über die Grundlagen für diese Tätigkeit. Wir haben die Verantwortung dafür, welche Gesetze, also faktisch welche Regeln in diesem Land gelten. Wir sind die gesetzgebende Gewalt und unsere Aufgabe ist die Kontrolle der Regierung. Im Übrigen bleibt es auch nach dieser Neuregelung dabei, dass die Abgeordneten in MecklenburgVorpommern im Bundesvergleich sehr niedrige Bezüge haben werden.
Ich glaube, die Frage der Entschädigung ist immer eine besondere Frage. Und ich freue mich besonders, dass wir mit dieser vorgesehenen Anbindung an die Richterbesoldung einen Weg gefunden haben, der den künftigen Landtagen unnötige Debatten über die jeweils notwendige Anpassung entsprechend der allgemeinen Entwicklung ersparen kann. Wir treten dem Eindruck entgegen, die Höhe der Entschädigung sei beliebig. Deshalb schreiben wir jetzt eine feste Orientierungsgröße ins Gesetz hinein. Vergleichbare Berufsgruppen wären neben dem Richter am Landgericht die eines Oberstaatsanwaltes, eines Polizeidirektors, eines Schulleiters am Gymnasium oder eines Bürgermeisters einer Gemeinde mit bis zu 15.000 Einwohnern.
Selbst in dieser schwierigen Frage haben wir im Ausschuss zwar nicht Einstimmigkeit, aber doch wenigstens Einvernehmen herstellen können. Das ist ein besonderer Erfolg. Wir haben insgesamt über die Abgeordnetenversorgung unaufgeregt, sachlich und konstruktiv gemeinsam beraten. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle bedanken. Einschließen möchte ich in diesen Dank natürlich auch den Ältestenrat für seine intensive Vorarbeit
und ebenfalls die Landtagsverwaltung für die gute Koordinierung. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ihnen liegen auf der Drucksache 4/1698 die Beschlussempfehlung und der Bericht des Rechts- und Europaausschusses zum Fünften Änderungsgesetz des Gerichtsstrukturgesetzes vor. Diese Beschlussempfehlung ist in unserem Ausschuss einstimmig angenommen worden. Zuvor gab es die ebenfalls einstimmigen Voten der mitberatenden Ausschüsse des Sonderausschusses und des Finanzausschusses.
Der Gesetzentwurf sieht für geeignete Bereiche die Möglichkeit vor, anstelle des Widerspruchsverfahrens zugleich Klage zu erheben und damit ein Verwaltungsverfahren zu verkürzen. Die geeigneten Bereiche sind hier im Bereich des Baurechts, im Bereich von Verfahren nach dem Emissionsschutzgesetz und im Fischereirecht. So weit, so gut.
Wir haben als Ausschuss die abschließende Beratung am 6. April 2005 durchgeführt und am 13. April 2005 – eine Woche später – wurde das neue Landesfischereigesetz verkündet, so dass in unserer Beschlussempfehlung diese neuen Regelungen des Landesfischereirechts noch nicht enthalten sind. Darin ist noch das „alte“ Fischereigesetz enthalten und aus diesem Grunde beantrage ich, die Beschlussempfehlung hier erneut an den Rechts- und Europaausschuss zu überweisen, um dieses neue Landesfischereigesetz einzuarbeiten.
Die Ausschussberatung soll am 9. Juni stattfinden und auf der Landtagssitzung im Juni könnte dann die Änderung des Gerichtsstrukturgesetzes abschließend beraten und beschlossen werden. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist für unser Parlament wichtig, dass wir heute innerhalb dieses Tagesordnungspunktes Gelegenheit haben werden, über den Europabericht der Landesregierung im Konkreten sowie über die europapolitischen Ambitionen unseres Bundeslandes im Generellen zu debattieren.
Vielleicht, da wir vorhin das Parlamentsinformationsgesetz hier debattiert haben, noch mal der Hinweis, dass dieser Europabericht der Landesregierung erstmalig von ihr vorgelegt wurde, und zwar ohne Anforderung durch das Parlament. Es kam ein Bericht zustande, der sehr, sehr umfangreich ist und aus der Zuarbeit aller Ministerien resultiert. Wie gesagt, hier hat die Landesregierung von sich aus einen Bericht vorgelegt.
In Bezug auf den Europabericht verweise ich auf die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung des Rechts- und Europaausschusses, die die Unterrichtung aufgreift und zum Ausdruck bringt, dass die erstmalige Vorlage des Europaberichtes durch die Landesregierung begrüßt wird, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Stärkung der Europafähigkeit von Landesinstitutionen und Unternehmen wesentliche Voraussetzung ist, um dauerhaft Mitwirkungsrechte und Einflussmöglichkeiten auf europäischer Ebene auszubauen. Auch wird ausdrücklich das Bemühen der Landesregierung unterstützt, eine Übersicht über Mitwirkungsrechte, Pflichten und Aktivitäten des Landes auf europäischer Ebene zu vermitteln. Insofern stellt die Unterrichtung sicherlich ein Element eines neuen Kommunikationsmanagements auf europapolitischem Gebiet dar.
Dieser Bericht ist wichtig und sollte nach Auffassung des Ausschusses dem Landtag alle zwei Jahre vorgelegt
werden, soweit nicht vorher sonstige Änderungen die Landesregierung dazu zwingen, den Rechts- und Europaausschuss in anderer Weise zu informieren.
Es wäre aber zu einfach, die Befassung mit der Thematik Europa nur auf diese Unterrichtung zu beschränken, da ich eingangs ja schon erwähnt habe, dass dieser Bericht nur ein Teil eines neuen Kommunikationsmanagements ist. Denn nicht zuletzt die Informationsreise der Präsidentin, des Ältestenrates sowie unseres Ausschusses nach Brüssel in der vorletzten Woche haben uns die Bedeutung der Arbeit der europäischen Institution vor Augen geführt und gezeigt, dass mehr denn je Entscheidungen in Brüssel getroffen werden, die auch die Menschen in unserem Bundesland, in Mecklenburg-Vorpommern, direkt oder mittelbar berühren. Deshalb wird es immer wichtiger, dass die Interessen des Landes europapolitisch wahrgenommen werden und das Land alles unternimmt, sich im Rechtssetzungsverfahren der Europäischen Union erfolgreich zu beteiligen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, 2005 wird für die Europäische Union ein entscheidendes Jahr sein. Es gilt, die Lissabon-Strategie zu forcieren, um das Wachstum anzukurbeln und mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Es muss eine Einigung über die finanzielle Vorausschau erzielt werden, um den Rahmen für mehr Wohlstand, Solidarität und soziale Sicherheit zu schaffen, und es muss die Umsetzung des Hager Programms vorangetrieben werden, um die Situation der Bürger in Bezug auf Freiheit, Sicherheit und Recht weiter zu verbessern. Es stehen wichtige Entscheidungen an, die unmittelbaren Einfluss auf die Zukunft der erweiterten Union haben werden. Ich denke hier an die Ratifizierung der Verfassung, die sicherlich intensive politische Debatten nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern – wir werden sie ja morgen, denke ich mal, haben –, sondern generell bei den EU-Mitgliedsstaaten auslösen wird. Es geht auch – wie gesagt – um die Stärkung des Wirtschaftswachstums, um der Arbeitslosigkeit in der EU-Zone entgegenzuwirken und im Rahmen der finanziellen Vorausschau den EU-Haushalt so auszurichten, dass eine optimale Wirksamkeit der Maßnahmen übereinstimmend mit den Zielen der EU gewährleistet ist.