Protocol of the Session on May 18, 2006

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 78. Sitzung des Landtages. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratung vereinbarungsgemäß fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13: Fragestunde. Die Fragen an die Landesregierung liegen Ihnen auf Drucksache 4/2264(neu) vor.

Fragestunde – Drucksache 4/2264(neu) –

Ich rufe auf den Geschäftsbereich des Wirtschaftsministers, hierzu die Fragen 1 und 2 des Abgeordneten Dr. Ulrich Born.

Frau Präsidentin! Herr Minister!

Der Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern hat laut Pressemeldung vom 28.04.2006 in der SVZ auf einem Unternehmerforum betont, dass das Wirtschaftswachstum der Industrie in Mecklenburg-Vorpommern „fast schon chinesisches Niveau“ erreicht habe. Auf der gleichen Veranstaltung erklärte der zuständige Umweltminister dem gleichen Bericht zufolge, dass der öffentlich geförderte Beschäftigungssektor bereits positiv gewirkt habe.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die wiedergegebenen Aussagen vor dem Hintergrund, dass das Wirtschaftswachstum in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2005 nach 1998, 2002 und 2003 zum mittlerweile vierten Mal negativ gewesen ist?

Frau Präsidentin! Herr Dr. Born, es gehört sich nicht, die Frage zu analysieren, aber ich bitte Folgendes zu bedenken: Es handelt sich bei den Zahlen, die Sie hier zugrunde gelegt haben, um das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes. Dieses unterscheidet sich vom Wirtschaftswachstum. Der größte Sektor im Bruttoinlandsprodukt ist der öffentliche Bereich. Wenn Sie den rausnehmen, wären die Zahlen des reinen Wirtschaftswachstums positiv gewesen. Aber das war die Vorbemerkung.

Wir haben tatsächlich in Mecklenburg-Vorpommern – das wird auch noch so weitergehen – noch einen Strukturwandel in der Wirtschaft. Wir haben Bereiche, die haben ein Minus davor, und wir haben welche, die haben ein Plus davor. Die Minusbereiche sind ja bekannt, das ist der Baubereich, das war die Landwirtschaft im letzten Jahr und das ist der öffentliche Bereich. Im öffentlichen Bereich bauen wir ja bekanntlich ab. Es wird auch Personal abgebaut, was sich auswirkt. Es gibt Plusbereiche, das sind die Dienstleistungen und das ist vor allem das verarbeitende Gewerbe. Wir haben im verarbeitenden Gewerbe zum Beispiel 2004 ein Wachstum von 7,9 Prozent gehabt und 2005 waren es 7,7 Prozent. Wenn ich daraus nur den industriellen Bereich nehme, dann war das ein Wachstum von 9,4 Prozent beziehungsweise 8,2 Prozent. Das sind Spitzenwerte in Deutschland. Deutscher Durchschnitt war 3 Prozent, der ostdeutsche Durchschnitt 6 Prozent. Wir liegen also deutlich darüber.

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Bravo!)

Herr Minister, ich möchte Ihnen entsprechend der Geschäftsordnung zwei Zusatzfragen stellen. Die erste Zusatzfrage lautet: Können Sie sagen, wie der öffentlich geförderte Beschäftigungssektor sich in diesem Zusammenhang auswirkt?

Herr Dr. Born, dieser gehört nicht in meinen Zuständigkeitsbereich und somit nicht in den Zuständigkeitsbereich des Wirtschaftsministers. Ich habe die Zahlen als Grundlage nicht zur Verfügung und insofern kann ich mich hier nicht äußern.

Herr Minister, ich stelle die zweite Frage. Ich gehe davon aus, dass Sie für die Landesregierung antworten, da ich nur die Fragen an die Landesregierung richten kann. Insofern bin ich schon überrascht, dass Sie meine Nachfrage jetzt nicht beantworten. Ich bitte Sie, das schriftlich nachzuholen.

(Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS: Machen Sie doch eine Kleine Anfrage, Herr Dr. Born! Machen Sie doch eine Kleine Anfrage an den Arbeitsminister! – Heiterkeit bei Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Ich bitte das schriftlich nachzureichen, wie die Geschäftsordnung das vorsieht, Herr Kollege Bluhm.

Die zweite Frage lautet: Herr Minister, wenn Sie das Wirtschaftswachstum der Industrie zum Vergleichsmaßstab nehmen und sagen – Sie haben eben die Zahlen noch einmal gesagt –, dass Sie entweder auf 8,2 oder 9,4 Prozent kommen, können Sie mir bestätigen, dass der Anstieg der industriellen Wertschöpfung in China, damit man nicht Äpfel mit Birnen vergleicht, sondern wirklich den gleichen Maßstab hat, nicht bei 8 oder 9 Prozent, sondern bei 16,4 Prozent im Jahr 2005 lag?

Herr Dr. Born, ich habe jetzt die chinesischen Zahlen nicht im Detail hier. Ich weiß auch nicht, was ich von chinesischen Statistiken zu halten habe. Das ist eine Sonderfrage.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS – Siegfried Friese, SPD: Was soll das hier im Landtag?!)

Wenn Sie aber das chinesische Wachstum von 9,5 Prozent nehmen, dann sind wir in dem Teilbereich Industrie nicht weit davon entfernt.

Herr Minister, dann stelle ich die zweite Frage, nachdem ich nun zur Kenntnis genommen habe, dass die Hälfte fast das Gleiche ist. Die zweite Frage lautet:

2. Welche Erkenntnisse aus den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen der Volksrepublik China und des Landes Mecklenburg-Vorpommern haben die Mitglieder der Landesregierung zu den genannten Aussagen bewogen?

Ich habe einmal nachsehen lassen, wie die Wachstumszahlen des Bruttoinlandsproduktes – wohlgemerkt Bruttoinlandsprodukt, nicht Wirtschaftswachstum – in China waren. Da kam heraus, dass sie in den Jahren von 2001 bis 2003 in konstanten Preisen und Wechselkursen von 7,5 über 8,3 auf 9,3 Prozent gestiegen sind. Ich denke, das ist beeindruckend, aber beeindruckend ist natürlich auch bei uns die Zahl 9,4 beim Wachstum unserer Industrie. Natürlich liegen diese chine

sischen Zahlen des gesamten Wachstums, des gesamten Bruttoinlandsproduktes deutlich über den europäischen Zahlen und auch deutlich über den deutschen Zahlen.

Vielen Dank.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD, und Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS)

Vielen Dank.

Ich rufe auf den Geschäftsbereich des Ministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur, hierzu die Fragen 3 und 4 der Abgeordneten Kerstin Fiedler-Wilhelm.

Guten Morgen, Herr Minister! Ich frage Sie:

3. Aus welchen Gründen erstattet das Land Mecklenburg-Vorpommern keine Schulkostenbeiträge an die jeweiligen Schulträger für Schüler aus anderen Bundesländern, die beispielsweise aufgrund der Attraktivität und des Profils der Sportgymnasien in Mecklenburg-Vorpommern ihre Ausbildung in unserem Bundesland aufnehmen oder fortsetzen wollen?

Die Frage impliziert die Feststellung, dass seitens des Landes keine Schulkostenbeiträge für Schüler aus anderen Bundesländern gezahlt werden, die ihre einmal in Mecklenburg-Vorpommern begonnene Schulausbildung hier fortsetzen wollen. Das trifft so nicht zu.

Seit dem 1. August 2005 ist im Schulgesetz ein Passus

in Kraft getreten, der bestimmt, dass für Schüler aus einem anderen Land, mit denen zu diesem Zeitpunkt bereits ein Schulverhältnis begründet wurde und die auch eine Schule in Mecklenburg-Vorpommern besuchen, 80 Prozent des Schulkostenbeitrages vom Land an die jeweiligen Schulträger gezahlt werden. Für den Bereich der Gymnasien wird dieser Beitrag für einen Zeitraum von längstens sechs Jahren gezahlt. Lediglich für Schüler aus anderen Bundesländern, die nach diesem Stichtag ein Schulverhältnis in Mecklenburg-Vorpommern begründen, wird kein Schulkostenbeitrag mehr gezahlt. Grundlage für diese Handlungsweise ist der geänderte Paragraf 115 des Schulgesetzes, der eine Zahlung von Schulkostenbeiträgen für Schüler aus anderen Bundesländern, abgesehen von der beruflichen Bildung, nicht mehr vorsieht.

Darf ich die zweite Frage anfügen?

Sie können zwei Zusatzfragen stellen.

Ja, ich weiß. Frage 4 möchte ich jetzt stellen.

Auch wenn die Antwort jetzt ähnlich sein wird, ich muss die Frage stellen:

4. Aus welchen Gründen gibt es keine staatsvertraglichen Regelungen zwischen den Bundesländern bzw. erstattet das Land Mecklenburg-Vorpommern keine Schulkostenbeiträge an die jeweiligen Schulträger für Schüler aus anderen Bundesländern, die aufgrund der Grenznähe bzw. der unmittelbaren Nachbarschaft ihres Wohnortes in einem anderen Bundesland eine Schule in MecklenburgVorpommern besuchen möchten?

Frau Fiedler-Wilhelm, wir sind ja noch im Pflichtteil unseres Frageprogrammes. Die Antwort lautet: Der Gesetzgeber hat mit dem Neunten Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes beziehungsweise mit der Neufassung des Schulgesetzes vom 13. Februar 2006 entschieden, dass das Land für Schüler aus anderen Bundesländern keine Schulkostenbeiträge mehr zahlen soll. Es soll somit keine generelle Regelung zur Finanzierung oder Bezuschussung von Schülern aus anderen Bundesländern seitens des Landes geben. So ist jedenfalls der Wille des Gesetzgebers. Mit dem Abschluss staatsvertraglicher Regelungen würde die Möglichkeit bestehen, diesen erklärten Willen quasi zu unterlaufen. Von daher wird diese Variante eher skeptisch gesehen, soweit der Grund für den Schulbesuch lediglich in der örtlichen Nähe zur Landesgrenze besteht. Das bedeutet aber gerade in diesem Falle natürlich nicht, dass Regelungen auf anderer Ebene, beispielsweise kommunaler Ebene, nicht möglich sind.

Darf ich eine Zusatzfrage stellen?

Anknüpfend an Ihre letzten Ausführungen, Herr Minister frage ich Sie: Gibt es in irgendeiner Weise Ausnahmen oder Härtefallregelungen oder gibt es andere Wege, die Kindern, die zum Beispiel in Grenznähe zu unserem Bundesland wohnen, die Aufnahme des Schulbesuches in unserem Bundesland ermöglichen?

Es gibt seit einigen Jahren einen Staatsvertrag mit dem Land Brandenburg, der für diese Fälle besondere Vorhaben der Kooperation, das heißt also Lösungsmöglichkeiten aufzeigt.

Darf ich eine zweite Frage stellen?

Da Sie gerade den Staatsvertrag mit Brandenburg erwähnen, frage ich Sie: Herr Minister, sind Ihnen die Situationen gerade in Penkun und für die Heimkinder in Wilsickow, angrenzend an den südlichen Teil des Kreises Uecker-Randow, bekannt oder warum gibt es für diese Kinder keine Regelungen?

Die Situation ist mir sehr gut bekannt, gerade weil ich die Betroffenen zum Teil auch persönlich kenne und schon mehrere Möglichkeiten gefunden habe, dort zu sprechen. Gerade für die Kinder aus Wilsickow, aus einem anderen Bundesland, aber mit einer Beschulung in unserem Bundesland, gibt es gute Absichten, den begründeten, in diesem Falle begründeten pädagogischen Bedarf auch finanziell auszugleichen. Aber es gibt noch keine Regelungen, weil ich noch keine offiziellen Äußerungen von Seiten der Kommunen dafür habe. Ich nehme das noch einmal mit und werde Ihnen schriftlich vorlegen, wie der Stand ist.

Der Abgeordnete Herr Dr. Born möchte eine weitere Zusatzfrage stellen.

Selbstverständlich.