Protocol of the Session on April 20, 2005

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 55. Sitzung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 55. und 56. Sitzung liegt Ihnen vor. Wird der vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 55. und 56. Sitzung gemäß Paragraph 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.

Meine Damen und Herren, von der Fraktion der CDU liegt Ihnen auf Drucksache 4/1654 ein Antrag zum Thema Enquetekommission „Erziehung und Bildung in Mecklenburg-Vorpommern“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraph 74 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden.

Wird das Wort zur Begründung der Dringlichkeit gewünscht? – Bitte, Frau Abgeordnete.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der CDU beantragt, den vorliegenden Antrag „Enquetekommission ,Erziehung und Bildung in Mecklenburg-Vorpommern‘“ mit folgendem Wortlaut auf die Tagesordnung zu setzen:

„Der Landtag möge beschließen: …

Gemäß § 30 der Geschäftsordnung des Landtages und § 2 des Enquetekommissionsgesetzes (EKG M-V) vom 9. Juli 2002 wird eine Enquetekommission ,Erziehung und Bildung in Mecklenburg-Vorpommern‘ eingesetzt. …

Die Enquetekommission hat die Erziehungs- und Bildungssituation im Land Mecklenburg-Vorpommern zu analysieren und Empfehlungen auszusprechen, deren Umsetzung eine zukunftsweisende Weiterentwicklung von Erziehung und Bildung in Mecklenburg-Vorpommern gewährleisten kann.

Die Enquetekommission hat sich mit allen wesentlichen Bereichen, die für Erziehung und Bildung in MecklenburgVorpommern relevant sind, mit Fragen der Qualitätssicherung und Wertevermittlung sowie der jeweiligen Verantwortlichkeit zu befassen. Vorrangig sollen dem Landtag Entscheidungsgrundlagen für die Bereiche Eltern/Familien, Kindertagesstätten, Schulen, Kinder- und Jugendhilfe, Aus- und Fortbildung von Lehrern und Erziehern sowie lebensbegleitendes Lernen und Medien erarbeitet werden. …

Die Zusammensetzung der Enquetekommission richtet sich nach § 4 des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Enquetekommissionen (Enquete-Kommis- sions-Gesetz-EKG M-V) vom 9. Juli 2002. …

Die Enquetekommission erstattet dem Landtag bis zum 30.05.2006 einen schriftlichen Bericht. …

Beide Anhörungen zur 9. Änderung des Schulgesetzes von Mecklenburg-Vorpommern haben deutlich gemacht,

dass sowohl die begleitende Wissenschaft als auch die Praktiker in den Schulen vor einer Verabschiedung derart weit reichender Änderungen warnen. Zahlreiche Anzuhörende empfahlen dem Landtag von Mecklenburg-Vorpommern die Einrichtung einer Expertenkommission, um auf der Basis einer fundierten, empirisch begleitenden Analyse Empfehlungen für die Weiterentwicklung von Erziehung und Bildung in Mecklenburg-Vorpommern auszusprechen.

Dieser Antrag nimmt diese Anregungen der Anzuhörenden auf. Im Interesse der Schüler, Eltern, Lehrer und Schulträger im Land ist es geboten, die Rahmenbedingungen für eine verlässliche Weiterentwicklung der Schulen in Mecklenburg-Vorpommern zu analysieren, auf dieser Basis Empfehlungen auszuarbeiten und diese Empfehlungen dann umzusetzen. Das bietet die Gewähr für eine legislaturunabhängige Bildungsreform in Mecklenburg-Vorpommern, die sinnvoll Kontinuität und Kreativität miteinander verbindet.“

Die Dringlichkeit ist gegeben, da die noch nicht aufgenommene Beratung der Schulgesetzänderung im Bildungsausschuss des Landtages rechtzeitig gestoppt und die weitere Beratung des Gesetzes ausgesetzt werden müsste. Bisher ist geplant, das Gesetz im Juni zu verabschieden. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Fiedler-Wilhelm.

Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu? – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Kann ich davon ausgehen, dass wir diese Vorlage am Schluss der heutigen beziehungsweise morgigen Sitzung behandeln werden? –

(Zurufe aus dem Plenum: Morgen! – Heike Polzin, SPD, und Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Morgen, 22.44 Uhr!)

Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

An dieser Stelle möchte ich eine Delegation von Abgeordneten aus Montenegro begrüßen, die hier im Plenarsaal des Schweriner Schlosses Platz genommen hat.

(Beifall bei den Abgeordneten)

Wir haben gestern bereits sehr intensive und konstruktive Gespräche seitens der Abgeordneten mit dieser Delegation geführt und auch für den heutigen Tag und für das weitere Programm wünsche ich der Delegation viel Erfolg in unserem Bundesland und vor allen Dingen fruchtbringende Erkenntnisse. Die Delegation wird geleitet vom Vizepräsidenten des Parlaments von Montenegro.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der SPD hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Familie im Spannungsfeld von Beruf und Gesellschaft“ beantragt.

Aktuelle Stunde Familie im Spannungsfeld von Beruf und Gesellschaft

Das Wort hat zunächst der Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion Herr Volker Schlotmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Familie im Spannungsfeld von Beruf und Gesellschaft“ – ich habe in den Medien auch aufmerksam die Reaktionen der beiden anderen hier vertretenen Parteien beziehungsweise Fraktionen verfolgt. Man kann entsetzt sein über das Thema, man kann auch gleich so eine Art Wahlkampfgetöse unterstellen. Ich würde Ihnen empfehlen, dass wir gemeinsam über dieses Thema sehr sachlich diskutieren,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

weil ich glaube, Familie ist nicht unbedingt der Bereich, wo es sich lohnt oder wo es verantwortungsvoll wäre, dass wir hier das gegenseitige Hauen bekommen, sondern darin ist Verantwortung für die Zukunft ganz massiv enthalten.

Wir haben uns für dieses Thema entschieden nicht zuletzt deshalb, insofern haben Sie Recht, Herr Renz, mit Ihrer Äußerung, dass …

(Torsten Renz, CDU: Ich habe doch noch gar nicht gesprochen. – Heiterkeit bei Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Ich rede doch über Ihre Äußerung, die Sie ständig von sich geben auch in den Medien jenseits von Inhalten,

(Torsten Renz, CDU: Waren Sie dabei?)

jetzt mal ganz nüchtern.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Sie wollten doch sachlich diskutieren! Sie wollten doch sachlich sein, Herr Schlotmann! – Torsten Renz, CDU: Na, das geht ja wieder sachlich los hier!)

Hören Sie doch einfach mal zu! Sie fangen ja schon wieder an mit Ihren Veranstaltungen.

Er hat uns unterstellt, wir machen Wahlkampfgetöse,

(Zuruf von Rainer Prachtl, CDU)

und nur, weil der Bundeskanzler, zumindest laut Zeitung, das auf einer Tagung „Familie – Erfolgsfaktor für die Wirtschaft“ angesprochen hat. Und ich gebe Ihnen sogar Recht, jawohl, auch das ist mit einer der Gründe, warum wir gesagt haben, dieses Thema wird bundespolitisch auf der Agenda ganz nach oben geschoben. Ich denke und wir sind der Überzeugung, dass es deswegen Sinn macht, auch in diesem Parlament über das Thema zu diskutieren.

Meine Damen und Herren, der demographische Wandel hat extreme Konsequenzen für dieses Land und stellt uns alle gemeinsam, und zwar wirklich gemeinsam, unabhängig davon, wer wann in Regierungsverantwortung ist, vor große Herausforderungen. Wir stehen in der Pflicht, diesen Herausforderungen gerecht zu werden.

Ich will nur eine Zahl nennen oder eine Zahl im Zusammenhang mit verschiedenen Jahreszahlen: 1990 hatten wir noch 1,6 Geburten je Frau, nach der Wende nur noch 0,7 und gegenwärtig nähern wir uns der Zahl von 1,2 bis 1,3 wieder an. Meine Damen und Herren, das sind für mich erschreckende Zahlen, weil sie Auswirkungen haben auf das gesamte gesellschaftliche Gefüge dieser Republik. Und diese Konsequenzen aus der Kinderanzahl haben Auswirkungen auf die Zukunft Mecklenburg-Vorpommerns.

Jetzt kann man natürlich hingehen und sich dieser Diskussion entziehen oder man kann sich der Diskussion auch stellen. Ich sage Ihnen, wir müssen uns dieser Diskussion stellen. Ich will nur zwei Punkte dazu nennen: Hochschule und Schule. Wir haben beides ja noch einmal hier auf der Tagesordnung des Landtages. Ich glaube, es nutzt weder dem Land noch den Bewohnern dieses Landes, wenn wir uns der Verantwortung entziehen und so tun, als wenn wir einfach nach dem Motto „Weiter so!“ allen alles versprechen, wie das teilweise von der Opposition ja getan wird,

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: Och, Mensch! – Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Ich denke, Sie wollen sachlich sein!)

oder wir stellen uns verantwortungsvoll dieser Situation und gucken, wo wir zum Teil unpopuläre Entscheidungen treffen und sie dann auch verantwortlich durchhalten, meine Damen und Herren. Das Fundament der Gesellschaft ist nun mal schlicht und einfach die Familie und da sage ich Ihnen ganz bewusst,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU )

gleich welcher Form, Kollege Glawe, ja, gleich welcher Form, das ist das Entscheidende dabei.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ich rede hier nicht von der klassischen Familie, wie vielleicht der Kollege Glawe von der CDU sie im Kopf hat, sondern ich rede von der Familie grundsätzlich, das heißt von einer Gemeinschaft, die mit Kindern in dieser Gesellschaft lebt und arbeitet.

(Heiterkeit bei Rainer Prachtl, CDU: Es gibt keine klassische, es gibt eine grundsätzliche Familie. – Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)