Protocol of the Session on November 12, 2003

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 23. Sitzung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 23. und 24. Sitzung liegt Ihnen vor.

Meine Damen und Herren, von der Fraktion der CDU liegt Ihnen auf Drucksache 4/894 ein Gesetzentwurf zum Thema „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landespflegegesetzes“ vor. Auf Wunsch des Antragstellers soll die Tagesordnung um diese Vorlage erweitert werden. Gemäß Paragraph 74 Ziffer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden. Wird das Wort zur Begründung der Dringlichkeit gewünscht? – Ich sehe, das ist der Fall.

Herr Glawe, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich darf Ihnen diesen Dringlichkeitsantrag der CDU-Fraktion zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landespflegegesetzes vortragen:

„Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 sowie § 3 Abs. 5 des Landespflegegesetzes läuft die öffentliche Förderung nach Maßgabe des Landespflegegesetzes... aus....

Dem Auftrag des Gesetzgebers, rechtzeitig den Entwurf eines neuen Landespflegegesetzes vorzulegen, ist die Landesregierung nicht nachgekommen. Dies ist umso bemerkenswerter, hat doch der Landtag mit Gesetz vom 18. Dezember 2002 über einen damals eingebrachten Dringlichkeitsantrag die Fördermöglichkeiten des Landes durch die Übernahme von Kapitaldienstkosten sowie von Miete und Pacht um ein Jahr bis 31. Dezember 2003 verlängert. Doch mit der Übersendung des Gesetzentwurfes mit Datum vom 24. September 2003 durch den Ministerpräsidenten an die Präsidentin des Landtags konnte eine rechtzeitige Novellierung des Landespflegegesetzes nicht mehr erfolgen. So fand am 8. Oktober 2003 erst die erste Lesung im Landtag und am 29. Oktober 2003 die Öffentliche Anhörung im federführenden Sozialausschuss des Landtags statt. Eine zweite Lesung des Gesetzentwurfes ist folglich frühestens am 10. Dezember 2003 möglich. Das hat zur Folge, dass eine rechtzeitige, geordnete verwaltungstechnische Umsetzung und ein nahtloser Übergang in der Förderung nicht möglich sind. Vielmehr wurde in der Öffentlichen Anhörung des Sozialausschusses des Landtags am 29. Oktober 2003 deutlich, dass frühestens ab dem 1. Juli 2004 mit ersten Auszahlungen eines neuen, von der Landesregierung angedachten Pflegewohngeldes zu rechnen ist. Vor diesem Hintergrund ist es daher geboten, das alte Landespflegegesetz und seine darin enthaltenen Befristungen der Förderung um längstens ein halbes Jahr zu verlängern. Dies kann, da für ein geordnetes Gesetzgebungsverfahren neben einer ersten Lesung mit Überweisung in die zuständigen Ausschüsse sowie einer anschließenden Beratung in den Fachausschüssen eine zweite Lesung erforderlich ist, und die Abgabefrist für Anträge und Gesetzentwürfe für den Landtag am 12. und 13. Novem

ber 2003 bereits am 29. Oktober um 12.00 Uhr abgelaufen ist, nur auf dem Wege eines Dringlichkeitsantrages geschehen. Andernfalls droht ein ungeordneter Übergang, dessen Leidtragende bei Ausbleiben der staatlichen Zahlungen die Heimbewohner und ihre Angehörigen sowie die Einrichtungsträger sind.“

Meine Damen und Herren, auch der Vorschlag der Sozialministerin, das Versorgungsamt zu befassen, löst das Problem nicht, da die Anträge erst zum 01.01.2004 durch die Angehörigen zu stellen sind. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Glawe.

Wird das Wort zur Gegenrede gewünscht?

Herr Koplin, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Für die Koalitionsfraktionen darf ich hier mitteilen, dass wir in der Thematik in der Tat ein sehr wichtiges Problemfeld sehen. Ich möchte die Antragsteller seitens der CDU darauf hinweisen, dass die Problembeschreibung insofern mit Mängeln behaftet ist, dass sie nicht ausreichend gewürdigt hat, dass wir bereits im Verfahren zur Drucksache 4/797 sind. Es hat die Anhörung stattgefunden. Für den 26. November ist die Auswertung im federführenden Sozialausschuss geplant. Die Dringlichkeit damit zu begründen, es heute und morgen zu entscheiden, ist insofern auch unseriös, als dass es eine erhebliche Finanzrelevanz Ihres Antrages gibt, und es bedarf der Sorgfaltspflichten und der Seriosität in diesem Hause, dazu auch entsprechenden Sachverstand einzuholen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Sie selber haben um Verschiebung gebeten.)

Wir sind der Meinung, dass wir mit aller Solidität am 10. Dezember 2003 diesen Gesetzentwurf in diesem Hause votieren können. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Da müssen wir mal den Brief der Ministerin lesen.)

Vielen Dank, Herr Koplin.

Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu? – Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Erweiterung der Tagesordnung nicht stattgegeben. Die notwendige Zweidrittelmehrheit im Plenum ist nicht erreicht worden.

Meine Damen und Herren, auf Drucksache 4/895 liegt Ihnen ein Antrag der Fraktion der CDU zum Thema „Erhalt der Molkerei Bützow“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraph 74 Ziffer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Landtages diese Dringlichkeit bejaht. Zugleich muss die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden.

Das Wort zur Begründung wird gewünscht. Ich bitte Herrn Renz um die Begründung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion stellt folgenden Antrag:

„Erhalt der Molkerei Bützow

Der Landtag möge beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert,

1. Maßnahmen zu ergreifen, um die beabsichtigte Schließung der Molkerei Bützow abzuwenden,

2. zu überprüfen, welche Möglichkeiten bestehen, den Betrieb der Molkerei Bützow durch andere Unternehmen aufrechterhalten zu können.

Begründung:

Aufgrund von Restrukturierungsmaßnahmen beabsichtigt die Nordmilch eG, die Molkerei Bützow zu schließen. Da eine abschließende Entscheidung der Nordmilch eG über die Schließung von Standorten in Kürze zu erwarten ist, ist ein zügiges Handeln der Landesregierung im Interesse der Arbeitsplätze und der Region notwendig. Obwohl in den Molkereibetrieb Bützow bereits 28 Mio. Euro investiert wurden, erwägt die Genossenschaft die Schließung des Standortes. Um die 85 Arbeitsplätze der Beschäftigten der Bützower Molkerei zu sichern, ist es notwendig, mit der Nordmilch-Gruppe und anderen Unternehmen der Milch verarbeitenden Branche Verhandlungen zum Erhalt der Molkerei Bützow aufzunehmen.“

Ich bitte um Zustimmung. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Geschäftsordnung sieht vor, dass die Dringlichkeit des Antrages zu begründen ist, Herr Renz. Sie haben den Antrag vorgetragen und die Begründung für den Antrag, aber die Dringlichkeit nicht. Und ich würde Sie doch noch mal bitten, die Dringlichkeit hier zu begründen.

Ich denke, der Erhalt von 85 Arbeitsplätzen ist ein Grund, der dringlicher eigentlich nicht sein kann,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

und aus diesem Grunde sehen wir die Dringlichkeit mehr als gegeben. Das wäre Punkt 1.

Punkt 2 wäre, da die Entscheidung wahrscheinlich sehr kurzfristig ansteht, sehen wir aus diesem Grunde Handlungsbedarf.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Renz.

Wird das Wort zur Gegenrede gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage einstimmig gefolgt worden. Kann ich davon ausgehen, dass wir diese Vorlage am Schluss der morgigen Sitzung beraten werden? – Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Gibt es weitere Änderungen oder Ergänzungen zur Tagesordnung? – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 23. und 24. Sitzung gemäß Paragraph 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.

Entsprechend einer Vereinbarung im Ältestenrat benenne ich gemäß Paragraph 4 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung für die heutige und morgige Sitzung als stellvertretende Schriftführer von der Fraktion der SPD die Abgeordneten Holger Friedrich und Lilly Kühnel, von der Fraktion der CDU die Abgeordneten Bernd Schubert und Udo Timm sowie von der Fraktion der PDS die Abgeordneten Birgit Schwebs und Karsten Neumann.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der PDS hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zum Thema „Zur wirtschaftlichen und finanziellen Situation MecklenburgVorpommerns“ beantragt.

Aktuelle Stunde Zur wirtschaftlichen und finanziellen Situation Mecklenburg-Vorpommerns

Das Wort hat zunächst die Fraktionsvorsitzende der PDS-Fraktion Frau Gramkow.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zitat: „Eine ehrliche Bestandsaufnahme muss feststellen, dass die wirtschaftliche und soziale Lage Ostdeutschlands auf der Kippe steht.“ Wolfgang Thierse im Jahr 2001.

14 Jahre nach der Wende, meine Damen und Herren, ist das ein Fakt. Und dieser Fakt negiert nicht die Kreativität von Bürgerinnen und Bürgern, von Unternehmerinnen und Unternehmern und vor allem von Politik in diesem Land

(Wolfgang Riemann, CDU: Nun reden Sie mal nicht das Land schlecht!)

bei der Entwicklung innerhalb der letzten 14 Jahre. Sie negiert nicht Fortschritte im Aufbau der parlamentarischen Demokratie bei Justiz und Rechtsstaatlichkeit. Wir negieren nicht eine vorzeigbare, eine tolle Infrastruktur, die sich entwickelt hat, sanierte Städte, weiterentwickelte Dörfer. Wir negieren nicht moderne Dienstleistungssysteme, das Engagement einer leistungsfähigen Landwirtschaft, unendliche Konsummöglichkeiten und eine Forschungs-, Technologie- und Bildungslandschaft, die sich wirklich sehen lassen kann. Wir negieren mit dieser Feststellung nicht unvergleichlich hohe Transfers von Kapital und Finanzierungsunterstützungen für Ostdeutschland, beginnend vom Fonds der Deutschen Einheit bis zuletzt, bis zum Jahr 2019 zum Solidarpakt. Und doch müssen wir feststellen, dass seit Mitte der neunziger Jahre das Wirtschaftswachstum der ostdeutschen Länder hinter den westdeutschen Ländern zurückbleibt, dass Stagnation und rezessive Tendenzen auch in Mecklenburg-Vorpommern wie in der gesamten Bundesrepublik greifen.

(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Nicht das Land schlechtreden!)

Wir konstatieren gleich bleibend hohe Arbeitslosigkeit, zunehmende Langzeitarbeitslosigkeit und den Rückgang von versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen.