Wolfgang Jägers

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Last Statements

Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie bewertet der Senat die vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 1. 7.2006 festgestellte Zulässigkeit von Tariftreueerklärung im öffentlichen Vergaberecht hinsichtlich der Regelung des Bremischen Vergabegesetzes?
Zweitens: Welche weitergehenden sozialen Mindeststandards hält der Senat im Sinne dieser Entscheidung bei öffentlichen Auftragsvergaben für möglich?
Drittens: Wie bewertet der Senat in diesem Kontext die Forderung, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge auch Mindestanforderungen hinsichtlich des Ausbildungsengagements von Betrieben zu formulieren?
Zunächst freue ich mich, dass das Bundesverfassungsgericht auch festgestellt hat, dass unser Landesvergabegesetz verfassungsgerecht ist. Das ist ein echter Fortschritt.
Sie haben gesagt, dass es bei der Bürokratie erhebliche zusätzliche Belastungen geben kann. Zu wie viel Prozent würden Sie meine Einschätzung teilen, dass eine zentrale Vergabestelle und ein verpflichtendes Qualifizierungsverfahren Bürokratieabbau mit sich bringen?
Es ist festgestellt, dass soziale Standards aufgenommen werden können, insbeson
dere Ausbildung. Das ist ein guter Weg! Würden Sie mir beipflichten, dass man auch Gütesiegel, die zum Beispiel Kinderarbeit verhindern sollen, oder Gütesiegel, die sich mit nachhaltiger Forstwirtschaft beschäftigen, in die Vergabekriterien aufnehmen könnte?
Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Die Große Anfrage wird mit der Feststellung einer großen Zahl eröffnet: 3,8 Milliarden Euro werden jedes Jahr in Bremen in Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung umgesetzt. Man kann sicherlich streiten, wie diese 3,8 Milliarden ermittelt worden sind, denn das sind Schätzungen, die in unterschiedlichen Arten erfolgen.
Eine Schätzungsmethode ist, den Bargeldumlauf einfach zu schätzen, weil man davon ausgeht, dass Schwarzarbeit immer cash bezahlt wird. Da wird dann gemessen und geschaut. Der Herr Schneider in Linz, er ist dort Professor an der Universität, hat herausgefunden: 346,2 Milliarden werden im Jahr in Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung umgesetzt. Wir haben geschrieben, weil das die Tübinger festgestellt haben, es sind 364 Milliarden, 18 Milliarden Differenz. Das sagt aus, wenn man hört, die illegale Beschäftigung geht um drei Prozent zurück, das kann ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
tarier darum kümmern, dass das Problem kleiner wird. Ich finde, das ist unsere Aufgabe, das müssen wir tun.
Wir haben ein Landesvergabegesetz. Es gibt einen Vorschlag, das zu ändern. Wenn man die Änderungen so durchführt, wie sie vorgeschlagen sind, haben wir ein leeres Landesvergabegesetz, das gar nichts mehr wert ist. Von daher sperren wir uns zurzeit als SPD-Bürgerschaftsfraktion dagegen, das so umzusetzen, wie der Herr Senator das vorgeschlagen hat. Wir wollen ein Landesvergabegesetz haben, das sicherstellt, dass heimische Firmen zu heimischen Tarifbedingungen hier im Lande Arbeit haben. Der Ehrliche darf nicht immer der Dumme sein!
Der Ehrliche muss die Aufträge bekommen, ganz besonders Staatsaufträge. Wir haben uns natürlich mit den Dingen befasst, die man tun muss. Die Große Anfrage gibt da nicht viele Ansatzpunkte, aber wir haben uns mit den Dingen befasst, die man tun muss. Ich zähle ein paar beispielhaft auf: Illegale Gewinne müssen konsequent abgeschöpft werden. Wir haben ein gutes Instrument, wir müssen sehen, ob das funktioniert, steuerliche Absetzbarkeit von Handwerksrechnungen. Man muss dann auch noch einmal diskutieren, ob man die Mehrwertsteuergesetze der Handwerksarbeiten so lässt, wie sie sind, oder wie in Luxemburg reduziert. Dort hat man gute Erfahrungen damit gemacht, die Mehrwertsteuersätze zu reduzieren, die Schwarzarbeit ist da deutlich zurückgegangen.
Wir haben die Generalunternehmerhaftung. Wir haben das Landesvergabegesetz, was nicht ausreicht. Wir brauchen auch noch eine zentrale Vergabestelle, um die Kompetenzen zu bündeln, die für Kontrollen notwendig sind. Herr Peters hat das gesagt, es wird kontrolliert, aber meine Erfahrung ist, dass eher wenig kontrolliert wird und immer nur kontrolliert wird, wenn es konkrete Verdachte gibt, die dann eingebracht werden. Von selbst gehen die vergebenden Stellen nur sehr unterschiedlich los und kontrollieren. Im Baubereich, wo ich zuständig bin, gibt es Kontrollen, mehr als in anderen Senatsbereichen. Auch da müssen wir, ich habe hier einmal formuliert, jedem Unternehmer die Chance geben, dass er auch einmal kontrolliert wird. Das müssen wir schaffen.
Ich bin sowieso am Schluss meiner Ausführungen. Ich habe noch einen Satz hier stehen. Wir müssen das tun, wir brauchen die Einnahmen, denn nur Reiche können sich einen armen Staat leisten, die Armen
brauchen Schutz vom Staat. – Schönen Dank fürs Zuhören!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie viele Ermittlungsverfahren hat die Abteilung für Wirtschaftsstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft Bremen in den vergangenen Jahren bearbeitet?
Zweitens: Wie viele Staatsanwälte und weitere Mitarbeiter sind zurzeit im Bereich der Wirtschaftsstrafsachen bei der Staatanwaltschaft Bremen tätig?
Drittens: Sieht der Senat Möglichkeiten, die Personalausstattung und die EDV-Ausstattung in diesem Bereich zu optimieren?
Es sind enorme Zahlen, die Sie hier an Strafsachen genannt haben. Können Sie mir Erfolgszahlen liefern, wie viele Strafen ausgesprochen wurden oder wie der wirtschaftliche Erfolg der Arbeit gewesen ist?
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie bewertet der Senat, dass Webcams auf Baustellen das Baugeschehen in Echtzeit ins Internet stellen?
Zweitens: Welche rechtlichen Probleme im Hinblick auf Datenschutz, Arbeitsrecht und Ähnliches ergeben sich?
Unter www.sparkassebremerhaven.de kann man einer Webcam folgen, die alle 2 Sekunden ein Bild einstellt. Würden Sie das noch unter gewisse Zeitabstände fassen, oder wie würden Sie das bewerten?
Kamerahersteller werben damit, dass Webcams natürlich wetterfest sein müssen, dass man sie alternativ aber auch als Standort in Wohnungen einbauen könnte und dass es zwei getrennte Objektive gibt, Weitwinkel und Zoom. Ist Ihnen bekannt, dass es innerhalb der EDV Zoomfunktionen gibt?
Ist Ihnen bekannt, dass zirka 50 000 Betriebe des Baugewerbes nicht unter das Betriebsverfassungsgesetz fallen, weil sie weniger als 6 Arbeitnehmer haben? Wer schützt diese eigentlich?
Wie oft kontrolliert der Beauftragte für Datenschutz denn so etwas? Schaut er im Internet nach, oder wie muss ich mir das vorstellen?
Herr Senator, aus Ihrer Antwort entnehme ich, dass es kein geregeltes Kontrollverfahren gibt. Wie wollen wir denn dahin kommen, dass wir zu einer geregelten Kontrolle kommen, damit auch jeder die Chance hat, kontrolliert zu werden?
Herr Senator, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie dafür sind, eine zentrale Vergabestelle einzurichten?
Eine noch! Sie sagen in Ihrer Antwort, dass es vermischte Leistungen gibt und dass es deswegen Probleme bei der Zuordnung der einschlägigen Tarifverträge gibt. Das Mittelstandsgesetz sagt ja, dass es eben diese vermischten Leistungen möglichst nicht geben soll, sondern losweise Vergaben. Wie stellen wir denn sicher, dass wir nicht Generalunternehmervergaben machen, sondern möglichst in Losen vergeben, damit erstens dieses Problem gelöst wird und zweitens die mittelständische Wirtschaft beschäftigt werden kann?
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Wir reden hier an dieser Stelle über die Einnahmesituation Bremens. Ich rede dazu, weil wir in der SPD-Bürgerschaftsfraktion einen Ausschuss gegründet haben, der sich mit den Einnahmen des Staates befasst, und wir haben viele Dinge, die wir hier beantwortet haben wollen, deswegen die Anfrage.
Der Rechnungshof in Bremen stellt fest, Steuern werden ungleich festgesetzt. Solche Feststellungen, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
meine Damen und Herren, lassen mich nicht kalt, sondern veranlassen mich, dann mit Hilfe meiner Kolleginnen und Kollegen die Dinge zu debattieren und zu überlegen, was wir besser machen können. Um das auch gleich vorweg zu sagen: Es geht hier nicht darum, sich nun einzelne Gruppen der Bevölkerung besonders vorzunehmen und der Steuer zuzuführen, sondern es geht um alle.
Ich finde es zumindest sozial schwierig, wenn Unternehmer sich mit Hilfe vieler Steuerberater arm rechnen, jetzt irgendwo am Strand sitzen mit den Kumpels und den Drink, den sie dort zu sich nehmen, auch noch von der Steuer absetzen. Das finde ich verwerflich oder nicht richtig. Solche Leute gelten ja als kernige Menschen, die das alles ausnützen, was es gibt. Andere Leute, die sich mit der Hartz-Gesetzgebung auskennen oder auskennen müssen, weil sie eben in der Situation sind, und dort alles ausschöpfen und ausnutzen, was dort geht, nennt man dann Sozialschmarotzer. Ich finde, das eine ist so verwerflich wie das andere, um das hier vorweg auch klar zu sagen.
Es geht darum, das Gemeinwesen zu erhalten. Der Senat spricht in seiner Antwort auf die Große Anfrage vom Steuerwiderstand. Na gut, den haben wir, glaube ich, alle schon einmal mehr oder weniger verspürt. Wenn wir allerdings feststellen, dass einige gleicher sind als andere, dann wächst der Widerstand, und dann müssen wir uns nicht wundern, wenn wir kein Geld hereinbekommen.
Meine Damen und Herren, was soll in Bremen passieren? In der Antwort stehen ja ein paar Sachen. Wir bekommen eine neue EDV in der Steuerverwaltung. Na toll, die bekommen wir alle paar Jahre! Die neue EDV ersetzt keine Menschen. Es ist immer noch so, zumindest mein Computer geht so: Wenn ich davor nicht sitze und ein paar Knöpfe bewege, dann tut sich da nichts. Also müssen wir auch Menschen haben, die die EDV bedienen und vor allen Dingen das, was da herauskommt, auswerten. Das macht sich nicht von selbst, wir brauchen auch Personal.
Wir haben gute Leute, wir haben wirklich gute Leute! Sie machen mehr, als der Arbeitsvertrag vorsieht, sie sind engagiert, und es ist gut, dass wir diese Leute haben. In unserer Verwaltung sind nur viel zu wenig. Der Steuerwiderstand bewirkt Mangel an Rechtsbewusstsein und einen Mangel an Steuergerechtigkeit. Die Frage der Steuergerechtigkeit treibt uns um.
Wenn man sich die Antwort des Senats genau anschaut, kommt man auf merkwürdige Gedanken, ich überspitze das ja immer gern. Wenn man wenige Steuerbeamte hat, hat man sozusagen einen Standortwettbewerb, und je weniger Steuerbeamte es in den
anderen Bundesländern gibt, desto weniger haben wir bei uns. Der Beste ist nachher der, der null Steuerbeamte hat. Das kann nicht sein! So ein Wettbewerb läuft. Das, meine Damen und Herren, ist verkehrtes Benchmarking. Nicht der Schlechteste kann der Maßstab sein, sondern der Beste muss der Maßstab sein, und wir wollen zu den Besten gehören, wir wollen über die Steuern Einnahmequoten erzielen.
Personal fehlt. Das sind schlechte Nachrichten für den Finanzsenator und für uns alle. Übrigens, wenn bei der Steuererhebung das Personal fehlt und wir das Geld nicht hereinbekommen, müssen wir uns hier nicht mehr beklagen, dass wir keine Lehrer und Feuerwehrleute mehr bezahlen und finanzieren können. Sie leben von dem, was wir einnehmen. Deswegen brauchen wir die Staatseinnahmen. Einige scheinen das vergessen zu haben. Ich finde, das ist wichtig. Erst das Geld holen, dann Lehrer und Feuerwehr bezahlen und das Staatswesen finanzieren!
Uns gehen die Betriebsprüfer aus. Wir haben gewusst, dass einige irgendwann in Rente gehen. Wenn einer ins Berufsleben einsteigt, kann man schon feststellen, wann er in Rente gehen könnte. Das ist also kein neues Problem, sondern das haben schon die Vorgänger von Senator Nußbaum gewusst, dass es irgendwann zu Ende ist, weil sie in Rente gehen. Wir haben nicht genügend dagegen getan, das ist schlecht. Wir brauchen Betriebsprüfer, um Steuern zu erheben. Wenn wir keine Betriebsprüfer haben, ist das nur eine gute Nachricht für eigentlich steuerpflichtige Unternehmen. Ich finde, das ist aber eine schlechte Nachricht für uns.
Flächendeckende Steuereinnahmen und Steuergerechtigkeit sind im Sinne aller. Diejenigen, die immer ehrlich ihre Steuern bezahlen, weil sie zum Beispiel an der Quelle besteuert sind, weil sie Arbeitnehmer sind, müssen weniger Steuern bezahlen, wenn alle ihren Verpflichtungen nachkommen. Das sei allen gesagt.
2007 gibt es ein neues Steuerverwaltungsverfahren. Ich zitiere aus der Antwort des Senats: Die Arbeitserledigung im Jahr 2007 wird sich massiv verschlechtern. Das geht so nicht. Wir können nicht jetzt schon feststellen, dass die Haushalte, die wir beschließen, in Gefahr kommen, weil wir die Einnahmen nicht erzielen, weil sich die Arbeitserledigung im Jahr 2007 massiv verschlechtert. Wir müssen dagegen halten, denn wer Verschlechterungen in der Arbeitserledigung sät, wird Haushaltsprobleme ernten, das ist die Folge davon.
In der Antwort auf Frage sechs steht: „Vollzugsdefizite im Innendienst der Finanzämter bewegen sich im Rahmen der bundesweiten Arbeitsergebnisse“. Wenn man sich die bundesweiten Arbeitsergebnis
se anschaut, ist man auch nicht wirklich beruhigt. Ich finde, wir brauchen nicht nur in Bremen eine höhere Steuerprüfdichte, sondern wir brauchen sie bundesweit. Ich habe schon einmal darauf hingewiesen: Der Wettbewerb nach unten darf nicht sein, sondern der Wettbewerb nach oben muss stattfinden, weil sonst der eine gegen den anderen ausgespielt werden würde. Wir brauchen eine bundesweite Bewegung. Hier ist auch der Senat gefordert, mit den Kolleginnen und Kollegen auf Bundesebene zu reden, um überall eine hohe Prüfdichte zu erreichen. Es kann nicht sein, dass die Prüfdichte bei Betriebsprüfungen ein Standortkriterium ist. Das kann nicht sein. Dann können wir uns vom Staatswesen letztendlich verabschieden.
In der Antwort auf Frage sieben steht, 2010 ist Land in Sicht. Besser spät als nie! Wir bekommen in 2010 ausgebildete Leute dazu, das ist gut. Wir sollen nicht nur Ausbildung machen, sondern die Leute auch übernehmen. Sie müssen hier auch bleiben können, sie müssen im Land Bremen eine Perspektive haben. In Frage neun geht es um die Steuerfahndung. Bei Steuerfahndung, meine Damen und Herren, geht es nicht um irgendwelche Bagatelldinge. Da geht es um kriminelle Energie, um kriminelle Machenschaften. Das ist kein Kleinkram. Wir müssen die Steuerfahndung stärken, damit wir auch hier das Geld hineinbekommen, das wir brauchen. Hier geht es auch wieder um Gerechtigkeit und Steuerakzeptanz. Der Steuerwiderstand ist da zu reduzieren. Frage elf wird damit beantwortet, dass jeder Prüfer für das Land Bremen 50 000 Euro netto einbringt. Wir sind nicht so naiv zu glauben, lass uns einmal 10 000 Prüfer einstellen mal 50 000 Euro, und das Haushaltsdefizit ist erledigt. Das geht nicht auf, das ist uns schon klar. Uns geht es darum, angemessen zu reagieren, Leute einzustellen und die Prüfdichte insgesamt zu erhöhen.
Wie viel Geld da zu holen ist, kann man nachlesen, wenn man sich zum Beispiel einmal anschaut, was geschätzt wird, wie viel Steuern hinterzogen werden: 75 Milliarden Euro! Dazu kommen Umsatzsteuerbetrug, 20 Milliarden Euro, EU-weit 100 Milliarden Euro, Betrug an Sozialabgaben durch Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung – ich habe die Zahl an der einen oder anderen Stelle auch schon einmal genannt –, 130 Milliarden Euro Einnahmeverluste für die Sozialkassen. Wenn wir die Hälfte des Geldes einnehmen würden, wären die finanziellen Probleme Bremens mit einem Schlag erledigt. Wir hätten diese Probleme nicht. Lassen Sie uns das Geld da holen, wo es ist! Lassen Sie uns das Geld holen, was uns auch zusteht!
Frau Ahrens, mir liegt es fern, irgendwelche Scheiben einzuwerfen, das freut auch nur die Glaser. Aber zur Sache! Es tut mir leid, wenn ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt habe, aber ich meine gesagt zu haben – vielleicht können Sie das noch einmal bestätigen, wenn Sie darüber nachdenken –, dass ich das eine Verhalten genauso sozial verwerflich finde wie das andere.
Das Verhalten von Arbeitgebern oder -nehmern, die sich ihrer Steuerpflicht entziehen, finde ich genauso falsch wie das von jemandem, der die HartzGesetzgebung bis zum Ende ausnutzt und sich genauso schädlich verhält. So habe ich das gesagt!
Darin stimmen wir überein. Das freut mich!
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich freue mich, dass wir hier eine Debatte zum Thema „Situation im Handwerk“ führen. Frau Winther hat schon viele Dinge angesprochen und gesagt, dass man nur Ausschnitte liefern kann bei dem umfangreichen Thema. Dem kann ich mich nur an––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
schließen. Ich versuche, weitere Ausschnitte zu liefern, dann sehen wir weiter.
Meine Damen und Herren, wir haben der Antwort des Senats entnehmen können, dass wir 30 000 Beschäftigte im bremischen Handwerk haben, dazu 3500 Auszubildende. Das ist eine Ausbildungsquote von über zehn Prozent. Ich finde, daran müssten sich viele Industriebetriebe in Bremen einmal ein Beispiel nehmen, die Not der jungen Menschen verlangt das.
Den jungen Menschen, die uns jetzt zuhören, sage ich, ich weiß, wovon ich rede, ich bin selbst Handwerker: Handwerk hat goldenen Boden! Der Spruch stimmt nach wie vor. Macht eine gute Ausbildung im Handwerk, ihr werdet dann zukünftig gute Arbeit haben und gebraucht werden! Ich stelle bei mir im Büro fest, es gibt wieder mehr Wandergesellen. Sie kennen sie, im Straßenbild fallen sie auf. Viele laufen wieder von Ort zu Ort, um das Handwerk weiterzutragen und zu entwickeln. Das spricht dafür, dass Handwerk attraktiv ist, auch für junge Leute, wenn sie solch eine Tour – und manchmal auch Tortur – von drei Jahren und einem Tag auf sich nehmen, um sich im Handwerk weiterzubilden und Dinge weiterzutragen. Ich finde, das ist eine gute, positive Entwicklung!
In dem Bericht stehen viele Zahlen, bei manchen kommt man etwas ins Grübeln, aber die nenne ich jetzt nicht. Die muss man sich einmal genauer ansehen. Ich habe auch noch ein paar, die dann ziemlich aktuell sind. In dem Senatspapier steht, dass in Bremen 3,8 Milliarden Euro „erwirtschaftet werden“ über illegale Beschäftigung, Schwarzarbeit. Schwarzarbeit ist im Übrigen für mich die Arbeit, die nicht nach Recht und Gesetz gearbeitet und abgerechnet wird, das ist Schwarzarbeit. Also, 3,8 Milliarden Euro, 380 Milliarden Euro im Bund, da kann man lange diskutieren, wie das gemessen wird! Nehmen wir diese Zahlen einmal als gegeben an! Jetzt teilt die FKS, Finanzkontrolle Schwarzarbeit, mit, dass sie in Bremen im Jahr 2005 1101 Strafverfahren eingeleitet hat, illegale Beschäftigung, Schwarzarbeit. Das, finde ich, ist schon eine Menge. Höhe der Geldbußen: 426 000 Euro, die Schadenssumme wird beziffert auf 6,6 Millionen Euro.
Jetzt kann man natürlich, wenn man sich von 3,8 Milliarden Euro nähert, sagen, so wenig, wenn man sich aber von der anderen Richtung nähert und sich die Jahre davor ansieht, sagt man, so viel, es ist ein Fortschritt! Ich sage, darin ist Musik! Wenn wir illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit bekämpfen, wenn wir die Schwarzarbeit zurückdrängen können, schaffen wir jede Menge Arbeitsplätze. Wenn wir
diejenigen erwischen, die Schwarzarbeiter beschäftigen, und denen das Geld wegnehmen, das sie mit illegaler Beschäftigung verdient haben, schaffen wir Staatseinnahmen.
Wenn wir Staatseinnahmen schaffen, bekommen wir es hin, dass wir investieren können. Wenn wir investieren können, hat das Handwerk Beschäftigung. So schließt sich der Kreis.
Das ist natürlich aus handwerklicher Sicht betrachtet, Wissenschaftler mögen mir da verzeihen.
Die Zahl der Betriebe hat abgenommen, das kann man der Statistik entnehmen, Personalabbau ist leider erfolgt. Das hat mehrere Ursachen, eine ist der Rückgang der Aufträge. Gerade am Bau, da kenne ich mich aus, gibt es Auftragsrückgänge, die Umsätze sind zurückgegangen. Es gibt auch das Problem der Unternehmensnachfolge, ein wichtiges Problem. Ich finde, dass die Handwerkskammer mit ihrer angeschlossenen Bürgschaftsbank hier eine verstärkte Aufgabe übernehmen muss. Die Nachfolgeprobleme müssen gelöst werden. Es kann nicht angehen, dass, nur weil kein Nachfolger da ist, man eine funktionierende Betriebsorganisation auseinander laufen lässt und damit Arbeitsplätze verloren gehen. Da muss die Handwerkskammer besser, schneller und stärker beraten, sie hat die Möglichkeiten dazu, um dann auch Neuund Ausgründungen zu machen.
Der zweite Punkt ist illegale Beschäftigung, Schwarzarbeit, Lohn- und Sozialdumping und der damit verbundene Preisverfall! Die Konkurrenz um den billigsten Auftrag führt dazu, dass die Preise kaputtgehen. Wenn die Preise kaputtgehen, können die Handwerksgesellen in Bremen nicht mehr bezahlt werden, und dann werden sie arbeitslos, die Arbeitsplätze sind weg. Preisverfall müssen wir Einhalt gebieten! Daran sind aber natürlich die Handwerksmeister selbst auch ein bisschen Schuld. Konkurrenz belebt das Geschäft, das ist auch kein neuer Spruch, ich füge hinzu: wenn sie fair ist! Wenn Konkurrenz nicht fair ist, belebt sie das Geschäft nicht, sondern zerstört es. Das müssen wir vermeiden, dafür haben wir uns viele Regeln gegeben, die genau dies verhindern wollen.
Lohndumping ist unfair, und Qualität hat ihren Preis! Wir haben hier in der Bremischen Bürgerschaft viele Maßnahmen für einen fairen Wettbewerb durchgesetzt. Ich nenne einmal das Landesvergabegesetz! Wir haben das Landesvergabegesetz geschaffen, das besagt, dass bei öffentlichen Aufträgen der Tarif der Baustelle oder des Arbeitsplatzes oder des Arbeitsorts gilt. Wir haben eine ganze Liste von Tarifverträgen festgelegt, diese werden bei der Ausschreibung
schon vorgegeben, dieser Tarifvertrag muss dort angewendet werden. Ein sehr gutes Gesetz!
Das funktioniert im Übrigen auch. Wer das verfolgt hat: Langenstraße, Baustelle Parkhaus! In den Medien ist über Lohndumping berichtet worden. Wir haben das dann dort festgestellt und haben mit der BIG gesprochen. Herzlichen Dank an die BIG, die dafür gesorgt hat, dass diese Firma von der Baustelle fliegt! Die Leute, die bei der Firma beschäftigt waren, sind geblieben, sie wurden bei einer anderen Firma weiter beschäftigt, sie haben ihren Arbeitsplatz behalten. Wir haben Lohnkonkurrenz nach Hause geschickt. Eine gute Geschichte!
Es gibt leider auch negative Beispiele. In der Stadtverordnetenversammlung am 21. Dezember 2005 hat Herr Bödeker eine Anfrage der CDU unterschrieben. Er hat gefragt, ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: „Zu welchen Erkenntnissen ist der Magistrat bei der Überprüfung von Tarifbrüchen auf der Baustelle B 71 nach Vorwürfen der Gewerkschaft IG Bau im Oktober 2005 gekommen?“ Er hat auch eine Antwort bekommen, ich zitiere weiter: „Es wurde festgestellt, dass ein Nachunternehmer Arbeitskräfte einer Zeitarbeitsfirma eingesetzt hat.“ Das ist ein Verstoß gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz! „Es wurde weiterhin festgestellt, dass die Mitarbeiter des Auftragnehmers nicht bei den Sozialkassen des Baugewerbes angemeldet waren“ – das ist ein Verstoß gegen das Entsendegesetz, gegen den Bundesrahmentarifvertrag, der allgemein verbindlich ist –, „und bei den Sozialkassen waren weitere Arbeitnehmer nicht gemeldet.“
Nun muss man vermuten, damit Herr Bödeker und ich uns nicht allzu sehr ärgern, wenn wir das nächste Mal dort vorbeifahren, dass die Firma von dieser Baustelle verschwunden ist. Nein, wir werden uns weiter ärgern, sie ist noch da! Ich habe dann einen Brief bekommen von der Stadt Bremerhaven, die ein Rechtsanwaltsbüro beauftragt hat, ich zitiere wiederum: „dass eine Kündigung des Werkvertrages mit der Firma XY aus den von Ihnen mitgeteilten Gründen nicht möglich ist, jedenfalls aber mit erheblichen Risiken für die Durchführung des Bauvorhabens in kostenmäßiger wie auch zeitlicher Hinsicht verbunden ist.“
Das kann ja wohl nicht angehen! Darin steht, wenn die Schwarzarbeiter erst einmal angefangen haben und die Baustelle läuft, dann fliegen sie nicht mehr von der Baustelle, auch wenn wir sie erwischen. Das ist ein Negativbeispiel. So etwas will ich nicht noch einmal lesen und hören, hier muss gehandelt werden!
Wir haben nach einigen Diskussionen das Mittelstandsförderungsgesetz beschlossen oder werden es beschließen. Das ist sehr gut. Darin steht, dass wir Aufträge dann auch zerlegen wollen, soweit es möglich ist, damit kleine Lose, kleine Aufträge entstehen, damit wir Aufträge vor Ort vergeben können. Dieses Mittelstandsförderungsgesetz soll angewendet werden und wird dazu führen, dass heimische Betriebe sich an den Aufträgen vor Ort beteiligen können und hier dann Aufträge bekommen. Das ist übrigens keine neue Erkenntnis, dass wir Aufträge in Lose zerlegen, das steht seit Jahr und Tag, wieder so ein Handwerksbegriff, in der VOB.
Wir haben die gemeinsame Ermittlungsgruppe für Arbeit gehabt, die in der Finanzkontrolle für Schwarzarbeit aufgegangen ist, wir haben ein Schwarzarbeitergesetz, das mit Informationen versorgt werden muss, an dem Thema arbeiten wir noch, Mittelstandsförderungsgesetz und so weiter. Wir haben also schon viel erreicht und kommen auf dem Weg, das bremische Handwerk mit Aufträgen zu versorgen, wie es unsere Aufgabe ist, voran. Ich freue mich gegebenenfalls auf eine zweite Diskussionsrunde.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Einige wenige Anmerkungen noch! In der „Frankfurter Rundschau“ steht unter der Überschrift Handwerk: „Gute Nachricht für Mieter, Wohnungseigentümer und Handwerksbetriebe!“ Ich zitiere: „Nach einem Gesetzentwurf der großen Koalition können Privatpersonen rückwirkend von Januar 2006 an bis zu 20 Prozent des Arbeitslohnes eines Handwerkers, maximal 600 Euro pro Jahr, als Steuernachlass erhalten.“ ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Ich finde, da hat die große Koalition eine richtig gute Sache hinbekommen. Da ist eine Sache geregelt worden, die viele Handwerksbetriebe schon gefordert haben, weil das, was Herr Möhle sagte, damit ein bisschen mehr reduziert wird: Brauchen Sie eine Rechnung oder nicht? Jetzt kann man eine Rechnung verlangen und kann den Handwerkslohn von der Steuer absetzen. Das ist eine gute Sache, das ist hier noch nicht gesagt worden, deshalb wollte ich das hier noch einmal anführen.
Herr Möhle, zum Thema Meisterbrief, Meisterzwang nur einmal zwei Zahlen: Wir hatten seit Anfang der fünfziger Jahre laut Statistik ungefähr 12 000 Fliesenlegerbetriebe in Deutschland. Die Zahl ist 2005 auf knapp 24 000 gestiegen, sie hat sich also nahezu verdoppelt. Das hat nichts damit zu tun, dass jetzt alle Fliesen gelegt haben wollen, es hat schlicht damit zu tun, dass sich auch im europäischen Nachbarausland Organisationen zusammengetan haben, die jetzt zu Lohndumpingbedingungen in Deutschland heimischen Fliesenlegern das Wasser abgraben, die Firmen pleite machen und die Arbeit hier verrichten.
Ich finde, es hat sich nicht gelohnt, hier den Meisterzwang abzuschaffen. Das war, glaube ich, nicht so gut. Diese Art von Gewerbefreiheit, Herr Möhle, meinen Sie, glaube ich, nicht. Ich auch nicht! Diese Gewerbefreiheit brauchen wir nicht!
Einen Satz möchte ich noch zum Rechnungshofsbericht sagen, er liegt ja vor. Das hat damit zu tun, was wir auch schon einmal debattiert haben. Wenn man sich den Rechnungshofsbericht ansieht, kommt man zwangsläufig auf die Idee, dass wir bei den Auftragsvergaben eine zentrale Vergabestelle brauchen. Ich finde, wir müssen langsam einmal über das Thema intensiv auch innerhalb unserer Parteien nachdenken. Das brauchen wir, und das dient im Übrigen auch dem Bürokratieabbau!
Abschließend noch einmal: Die Ausbildungsstätten, die wir haben, müssen erhalten bleiben. Wir brauchen sie für die Zukunft. Wir sollten sie nicht gegeneinander ausspielen. Wir haben ein Investitionsprogramm beim Bund, 25 Milliarden Euro, da werden für das Handwerk einige Mittel abfallen.
Dann habe ich einmal gerechnet, eine Milchmädchenrechnung, das gebe ich jetzt zu, das ist auch eine handwerkliche Rechnung. Wenn wir 3,8 Milliarden Euro Umsatz durch illegale Beschäftigung in Bremen haben und setzen einmal einen Stundensatz von 38 Euro an, weil das einfacher ist, aber der ist auch realistisch für das Handwerk, dann kommen wir auf 100 Millionen Arbeitsstunden. Teilt man 100 Million Arbeitsstunden durch 2200 Arbeitsstunden, die man bei einer 169 Stundenwoche pro Jahr zugrunde legt, dann kommt man auf 50 000 Arbeitsplätze, mal 100, dann sind wir bundesweit bei fünf Millionen Arbeitsplätzen. Ich finde, die Beschäftigung mit diesem Thema
lohnt sich, auch wenn diese Rechnung leicht angreifbar sein sollte. – Danke!
Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Erst einmal ein Satz oder zwei zu dem, was Herr Wedler hier vorgetragen hat! Herr Wedler, Sie und die FDP wollen freien Wettbewerb. Gleichzeitig reden Sie aber staccatoartig davon, dass man alle Spielregeln abschaffen soll.
Man soll Arbeitnehmerschutzrechte, das Tarifvertragsgesetz, Arbeitszeitordnung und so weiter abschaffen, das soll alles weg. Ich sage Ihnen: Ein Staat ohne Spielregeln ist ein schlechter Staat, und meine und unsere Ansicht von einer sozialen Marktwirtschaft haben Sie vollkommen verfehlt! Schauen Sie doch einmal, was im Grundgesetz steht! Eigentum verpflichtet, auch Leute von der FDP!
Ich will jetzt nicht auf die Dinge eingehen, die schon gesagt worden sind, Frau Winther. Trotzdem noch einmal: Gute Rahmenbedingungen haben wir geschaffen, zum Beispiel das Vergabegesetz, das zumindest in der Theorie gut wirkt, in der Praxis mittlerweile auch. Wir sollten den nachgeordneten Gesellschaften sagen, dass es auch für sie gilt, und auch der Ansatz, dass die Generalunternehmervergaben abgeschafft gehören, gilt dann für die nachgeordneten Gesellschaften.
Herr Möhle, Ihre Forderung, im Absatz 8.1 einzufügen, dass die Eigengesellschaften auch öffentliche Auftragnehmer sind, ist überflüssig, das brauchen wir nicht aufzunehmen. Ein Blick in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ergibt, dass diese Gesellschaften unter die Vergaberichtlinien fallen. Da gibt es Papiere vom Bausenator, die wir hier einmal in Fragestunden eingefordert haben. Das ist schon so, diese Forderung ist erfüllt.
Mir liegt als Handwerker natürlich das Handwerk am Herzen, das liegt dann auch auf der Hand. Ich weiß, wie die Situation im Handwerk ist. Es sind dort viele kleine und mittlere Unternehmen tätig, und die Lage ist oft verzweifelt. Ich rede mit vielen Handwerksmeistern, die das richtig ehrlich meinen, die nicht in Globalisierungsstrukturen denken nach dem Motto, ich muss jetzt furchtbar schnell furchtbar reich werden, sondern die Gesellen beschäftigen, ausbilden und arbeiten wollen. Diese Handwerker haben richtig Probleme, an öffentliche Aufträge heranzukommen.
Das Handwerk klagt ja auch, wie zum Beispiel im „Bremerhavener Sonntagsjournal“ nachzulesen ist, über viele Dinge, die dem Handwerk das Arbeiten schwer machen. Es wird insbesondere von der Ausschreibungspraxis geredet, und dort stellt die Industrie- und Handelskammer übrigens mit der Arbeitnehmerkammer gemeinsam fest, dass die Ausschreibungspraxis mittelstandsfeindlich ist. Dabei haben wir doch die Verdingungsordnung Baugewerbe, die VOB. Das ist ein Instrument zur Förderung des Mittelstands. Wir müssen es nur anwenden und kontrollieren.
Wie soll das Gesetz wirken? Wir wollen keine Generalunternehmervergaben. Der ursprüngliche Ansatz war ja ein anderer, und wir haben ihn geändert. Dort haben wir unsere Position durchgesetzt. Generalunternehmervergaben, meine Damen und Herren, sind übrigens auch nicht billiger, als wenn man das in Einzellosen vergibt. Per se, unter dem Strich gerechnet, sind Generalunternehmervergaben oftmals teurer. Wenn wir das tun, was im Gesetz steht, dass wir die Aufträge in kleine Lose aufteilen, in Fachlose teilen, kommt die Arbeit nicht immer in Bremen, aber in der Region an, und das ist das, was wir wollen.
Flankierend dazu haben wir im Übrigen in der Baudeputation für die Vergaben des Bausenators
beschlossen, die Wertgrenzen für beschränkte Ausschreibungen und Vergaben anzuheben, dass es jetzt also auch Vergaben geben kann, die beschränkt ausgeschrieben werden, deren Wertgrenzen wir nahezu verdoppelt haben. Das führt dazu, dass man sich Anbieter aus der Region suchen kann, denen man Aufträge gibt, die dann auch hier bleiben. Das ist eine Forderung, die auch in Bremerhaven gestellt wird, wie ich gehört habe. Das gibt es bisher nur beim Bausenator.
Ich empfehle allen anderen Bereichen und vergebenden Stellen, nachzuziehen und diese Wertgrenzen entsprechend zu erhöhen, um die regionale Wirtschaft, die kleinen, mittleren, und meinetwegen auch die Kleinstbetriebe mit öffentlichen Aufträgen zu bedenken. Wir brauchen diese öffentlichen Aufträge, weil sie Arbeit schaffen und die Einnahmesituation des Staates und des Landes verbessern. Sie schaffen einen fairen Wettbewerb. Sozialabgaben kommen herein, und alle haben Chancen. Das muss selbstverständlich auch für die Gesellschaften gelten.
Ich will noch zwei Beispiele nennen! Ausgeschrieben worden ist die Baumaßnahme Autobahn A 1. Ausgeschrieben worden ist auf Bundesebene die Verbreiterung der A 1 von vier auf sechs Spuren. Ausgeschrieben wurde der Kauf eines Stücks Autobahn von etwas über 100 Kilometer Länge. Ich bekomme dann Briefe von Mittelständlern, die sagen, Herr Jägers, Sie wissen ja, wir können Autobahnbrücken richtig gut bauen, davon haben wir richtig Ahnung, das bekommen wir auch hin, eine oder zwei im Jahr, oder auch drei, wenn es sein muss, dann müssen wir Personal einstellen, was ja schön wäre. Wenn ich aber 100 bauen soll, bin ich überfordert.
Die Ausschreibung ist auch so gelaufen, dass der Winterdienst mit ausgeschrieben worden ist. Dort muss man nachweisen, dass man das schon einmal gemacht hat. Bundesdeutsche Baufirmen machen selbständig keinen Winterdienst, aber französische. Da muss man schauen, wie man ausschreibt, denn sonst landen solche Aufträge noch nicht einmal in Deutschland, sondern im europäischen Ausland. Ich finde, das muss nicht sein. Diese Aufträge können wir auch hier behalten. Hier kann der Bund von Bremen lernen: Macht auch solch ein Gesetz, vergebt solche Aufträge in Teilen! Dann kann die Baufirma aus Bremen die Bremer Brücke bauen. Das ist doch das, was wir wollen.
Nagelprobe für unser Gesetz wird der angestrebte Neubau beim Klinikum Bremen-Mitte. Die Senatsvorlage sieht nach meiner Kenntnis und Ansicht vor, dass es eine Generalunternehmervergabe geben soll, so ist die Vergabe angelegt. Nach dieser Debatte in der Bürgerschaft wird es sicherlich eine neue Ausschreibungspraxis geben. Wir werden gerade dieses
Bauwerk in kleinteiligen Losen zugunsten heimischer Wirtschaft vergeben können. – Schönen Dank!
Ich habe mich auch wegen dieser Entfernungspauschale gemeldet. Ich bin jetzt einigermaßen beruhigt, dass da nicht massenhaft Ihre Leute sitzen und mit Routenplanern schauen, ob einer 4,8 Kilometer fährt oder 5,3 Kilometer. Vor dem Hintergrund aber: Sehen Sie bei 370 Milliarden Euro geschätztem Umsatz bei illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit nicht ein großes Handlungsfeld für Ihre Behörde, die Einnahmen des Staates zu verbessern?
Herr Senator, wie viele Kontrollen vor Ort hat es denn in Ihrem Senatsbereich gegeben?
Nach meiner Kenntnis wird nicht vor Ort kontrolliert, sondern die Kontrolle wird verwaltet, indem man sich Akten anschaut. Finden Sie, dass das ausreicht? Sind Sie damit zufrieden?
Die Kontrollen, die es gegeben hat, sind auf erheblichen öffentlichen Druck zustande gekommen, so konnte man in der Presse nachvollziehen. Reicht Ihnen das aus?
In das Unzuverlässigkeitsregister sollen ja die unzuverlässigen Firmen eingetragen werden. Wie viele Einträge gibt es Ihrer Kenntnis nach denn darin?
Diese Einträge kommen doch erst zustande, nachdem es Kontrollen gegeben hat oder sich Täter selbst gestellt haben. Das ist wohl eher die Ausnahme. Was nützt dann so ein Unzuverlässigkeitsregister, wenn es keine Kontrollstellen gibt, die Einträge vornehmen könnten?
Es gibt ja eine Arbeitsgruppe, wie Sie berichtet haben, die sich mit der Weiterentwicklung des Vergabegesetzes befasst. Wenn das Ergebnis ist, dass es eine Kontrollgruppe geben soll, wird der Senat dann diese Kontrollgruppe einsetzen und in welchem Zeitrahmen?
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Zu meinen Vorrednern: Zu Herrn Tittmann sage ich nichts, zu dem sage ich erst etwas, wenn er anfängt, mich zu loben. Dann mache ich mir Sorgen, vorher nicht. Solange er mich beschimpft, mache ich alles richtig.
Zu Frau Linnert: Gemeinsames Vorgehen gern, aber beim Meisterzwang werden wir, befürchte ich, keine gemeinsame Linie finden, weil es doch einige negative Auswirkungen gerade auf die Menschen hat, die Ihnen immer so am Herzen liegen, nämlich auf geringfügig Beschäftigte. Die Abschaffung des Meisterzwangs im Zusammenhang mit Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes hat zur Folge, dass die Lohntarifverträge für die Beschäftigen in der Gebäudereinigung nicht mehr greifen. Das sind 700 000, meistens Frauen, meistens geringfügig Beschäftigte. Das würde jetzt aber zu weit führen, Ihnen das zu erklären. Ich wäre aber gern dazu bereit. Das wäre also ein Programm zur Lohnsenkung.
Frau Hannken, von Ihnen nicht viel Neues! Neoliberale Konzepte, die in der Vergangenheit auch nicht geholfen haben, auch nicht unter der Regierung Kohl! Wenn ich mich richtig erinnere, war es Helmut Kohl, der 1989 durch Ostdeutschland marschiert ist und gesagt hat: Hier verfällt ja alles! Da muss doch etwas getan werden. Habt ihr denn keine Bauarbeiter? Dann hat er die Kontingentarbeitnehmer ins Land geholt. Der Grund war der Asylkompromiss. Polen hat Kontingente bekommen, damit Polen sich selbst als sicheres Drittland bezeichnet hat. So ist das gelaufen. Geöffnet worden sind
die Schleusen zu einer anderen Zeit. Das jetzt alles aufzuarbeiten führt aber zu nichts.
Die Gründe, die Sie alle angeführt haben zu Abgaben und so weiter, höre ich auch ständig, das hat noch nicht einmal mehr der Senat behauptet, dass das so ist. Es hat mich ein bisschen gewundert, aber auch gefreut. Zu den Gründen will ich noch einen Grund hinzufügen, warum es Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung gibt: Grenzenlose Geldgier von vielen Leuten hier im Land!
Da sind wir bei einem wichtigen Punkt.
Ich will aber auch gleich noch ein paar Vorschläge machen, wie wir uns weiterentwickeln, denn von Ihnen habe ich keine Vorschläge gehört. Wir haben aber welche, die wir erarbeiten innerhalb der SPDFraktion. Wir haben eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit der Thematik Einnahmeverbesserung befasst. Wir wollen keine neuen Steuern erfinden, das überlassen wir anderen, sondern wir wollen die Einnahmen des Staates verbessern, und die resultieren nicht nur daraus, dass man Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung bekämpft, sondern auch daraus, und das ist auch Bestandteil der Anfrage, wie man Steuergerechtigkeit herbeiführt oder wie man Steuerbetrügern und Steuerhinterziehern endlich auf die Spur kommt.
Illegal, meine Damen und Herren, ist jede Beschäftigung, bei der nicht mindestens der jeweilige gültige Lohn bezahlt wird und die nicht zur Grundlage hat, dass Tarifverträge und Gesetze eingehalten werden. Steuerhinterziehung ist ökonomische Aktivität, die steuerpflichtig wäre, wenn sie dem Finanzamt nur bekannt wäre, das nur einmal zur Definition. Zuverlässige Messgrößen gibt es nicht. Der Senat geht davon aus, dass 370 Milliarden Euro durch Schwarzarbeit verdient werden. Ich will den Zahlen noch ein paar hinzufügen, die wir in unserem Ausschuss mittlerweile herausgefunden haben.
In Deutschland sind im letzten Jahr 75 Milliarden Euro Steuern hinterzogen worden, dazu kommt Umsatzsteuerbetrug, Sie kennen das, Sie kennen Kettengeschäfte mit einem Partner im Ausland, dazu kommt Umsatzsteuerbetrug in Deutschland, 20 Milliarden Euro, EU-weit 100 Milliarden Euro. Alle wissen das, alle reden mehr oder weniger davon, es passiert aber nichts. Hier wäre dann ein Ansatz, womit wir den Senat beauftragen können und auch müssen, tätig zu werden, sei es durch Initiativen im Bundesrat oder Ähnliches.
Es gehen Hunderte von Milliarden verloren, die an Steuern hinterzogen werden. Wir könnten uns viele Einschnitte ins soziale Netz sparen, wenn wir nur die zur Kasse bitten würden, die eigentlich zur Kasse zu bitten sind. Das Ganze hat übrigens eine ganz grundlegende Dimension, für mich jedenfalls. Wir sind ja hier in der Bundesrepublik Deutschland, da gibt es ein Grundgesetz. Im Grundgesetz steht: Eigentum verpflichtet. Dieser Verpflichtung des Eigentums, insbesondere des Großkapitals, des Großeigentums, kommt man entgegen, indem man diese Leute, die steuerpflichtig sind, dann auch zur Steuerkasse bittet. Das ist die Grundlage unseres Staates, dass die starken Schultern mehr Beiträge leisten müssen als die schwachen Schultern.
Ich finde es überhaupt nicht in Ordnung, wenn hier alles auf die kleinen Leute abgeladen wird, die, wie Sie sagen, sozusagen aus Notwehr handeln und sich zur Sozialhilfe, die wir ja magerer machen, noch etwas dazuverdienen. Auf die kann man es eben nicht abladen!
Der Senat hat Maßnahmen genannt, was man tun kann, Arbeitslosigkeit abbauen, Konjunktur ankurbeln und Kontrollen. Wir haben hier in der Bürgerschaft beschlossen, dass wir Kontrollen machen wollen, wir haben die Gemeinsame Ermittlungsgruppe Arbeit beschlossen. Wir müssen jetzt, das geht aus der Antwort des Senats hervor, kontrollieren, was wir damit tun, denn durch die Neukonstruktion mit der Finanzkontrolle Zoll wird die GEA vielleicht ein Stück weit überflüssig. Wir müssen schauen, ob wir nicht, wie in Hamburg die GEA-Beschäftigten und die drei mit Schwarzarbeitbekämpfung Beschäftigten nehmen, um eine Tarifprüfstelle einzurichten. Es gibt ein Hamburger Modell, das ist Ihnen allen bekannt, zumindest den Fachleuten in Ihrer Fraktion.
Die Bundesregierung hat ein Schwarzarbeitergesetz erlassen, ich nenne das einmal so in der Kurzform, Langform Gesetz zur Bekämpfung von Schwarzarbeit, bei aller Kritik ein echter Fortschritt!
Es ist richtig, dass die Aktivitäten beim Zoll zusammengefasst werden. Leider ist der Zoll noch nicht auf die notwendige Personalstärke angehoben worden, die er braucht, die er auch bekommen soll, hier in unserer Region. In Bremerhaven, Frau Hannken, da müssen wir vielleicht einmal gemeinsam schauen, sind erst 50 Prozent Personalsollstärke erfüllt, in Bremen 75 Prozent, so haben uns das die Kolleginnen und Kollegen vom Zoll gesagt. Wir müssen also schnell sehen, dass sie auf ihre Personalsollstärke kommen, damit sie handlungsfähig sind.
Ich nenne immer gern Beispiele, was in Bremen passiert, was durch die Presse ging. Da gibt es ja erstaunliche Sachen. Wir waren am 6. Juli – wir, das sind einige Abgeordnete der SPD-Fraktion, CDUFraktion, Herr Focke, Sie waren, glaube ich, dabei und Herr Pflugradt, von den Grünen war jemand dabei, ich weiß nicht mehr genau – beim AWD-Dome,
Herr Focke, und haben mit der Bauleitung gesprochen. Ich habe nicht gefragt, aber jemand anders hat gefragt, ob denn jetzt hier alles in Ordnung sei, denn im April war etwas auffällig geworden, da wurde nicht nach Tarif bezahlt. Da hat uns die Bauleitung versichert, alles sei in Ordnung, sie hätten ein Ausweissystem, das funktioniere prima, und hier sei alles ganz legal. Das war am 6. Juli. Am 9. Juli lese ich in der Zeitung, beim AWD-Dome wird nun gegen vier Männer wegen Sozialleistungsmissbrauch ermittelt, in zehn weiteren Fällen erhielten die Beschäftigten nicht genügend Lohn. Meine Damen und Herren, entweder kennt dieser Bauleiter seine eigene Baustelle nicht, schlimm
genug, oder er hat uns etwas verschwiegen, oder er sagt nicht die Wahrheit auf unsere Fragen, die gestellt worden sind. Dass dann dieselbe Firma in Bremerhaven wieder auffällig wird bei der Hochschule, ist für mich dann schon ein Skandal. Dort bekommen alle 10,36 Euro die Stunde, dort müssten zumindest diejenigen, die Facharbeiten verrichten, die Wände aufstellen – oder die stellt nachts jemand heimlich auf, das kann ja auch sein –, 12,47 Euro bekommen. Da wird unter Tarif bezahlt, und zwar jetzt, während wir hier reden. Wir brauchen einen fairen Wettbewerb. Die Bauleute können sich dem Wettbewerb stellen, wenn er fair ist. Ein Bauarbeitnehmer aus Polen, Rumänien oder aus einem anderem Land, der hier regulär beschäftigt wird, kostet nicht weniger als ein heimischer Bauarbeiter, der regulär beschäftigt wird, für den alles bezahlt wird, der kostet nicht mehr. Von daher, wenn die billiger sind, hat das damit zu tun, dass Lohn- und Sozialdumping besteht, dass diese Leute auf das Übelste betrogen werden. Meine Redezeit ist zu Ende, deswegen sage ich Ihnen und auch uns, lassen Sie uns am Ball bleiben! Wir müssen etwas tun im Sinne der Leute, im Sinne der Beschäftigten, nicht nur im Baugewerbe, wie richtig festgestellt wurde. Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung, Steuerhinterziehung ist leider überall. – Schönen Dank!
Herr Senator, ich verstehe nicht, was das eine mit dem anderen zu tun hat. Der Beirat in Niedersachsen ist seit Jahr und Tag eingesetzt. Er funktioniert auch und hat eine Liste der repräsentativen Tarifverträge gemacht. Warum können wir in Bremen nicht auch den Beirat einsetzen, selbst wenn hinterher noch das Gesetz geändert werden soll, muss oder wird?
Sie haben davon gesprochen, dass Niedersachsen und Bremen möglichst gleiche Verfahren haben sollen. Die Unsicherheit geht ja zurzeit von Bremen aus, weil wir den Beirat nicht haben. Ich verstehe immer noch nicht, warum wir nicht einfach hergehen, das niedersächsische Modell übernehmen und schlicht in Kraft setzen. Eigentlich brauchen wir das Gesetz nur zu nehmen, Niedersachsen durchzustreichen und Bremen hineinzuschreiben, und dann war es das.
Ja, zum Thema Kontrollen! Wie viele Kontrollen hat es nach Ihrer Kenntnis vor Ort gegeben?
Wenn man sich den Text der Antwort hier genau ansieht, kann man zu dem Schluss kommen, dass es lediglich eine einzige Kontrolle gegeben hat. Können Sie mir das bestätigen?
Können Sie mir das bitte nachreichen?
Eine letzte, bitte! Sie haben davon gesprochen, dass es zu Schwierigkeiten kom
men kann, wenn nur ein Tarifvertrag festgeschrieben wird. Die VOB ist ja mittelstandsfreundlich und sieht losweise Vergaben vor, keine Generalunternehmervergaben. Heißt das, dass Sie der Auffassung sind, dass es zukünftig keine Generalunternehmervergaben mehr geben soll?