Björn Tschöpe

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als ich den Bericht der Berichterstatterin gehört habe, durchzuckte mich eigentlich, danach kann nichts mehr kommen. Jetzt bin ich nach dem Beitrag von Frau Wargalla doch noch ein wenig irritiert.
Machen wir das einmal kurz! Wir beraten hier über ein Gesetz, und wir beraten nicht über die Umsetzung eines einzelnen Verwaltungshandelns. Im Bremer Polizeigesetz ist meines Wissens nach auch nicht geregelt, dass zwei Beamte gewöhnlicherweise einen Streifenwagen besetzen. Dementsprechend wird auch im Vollzugsgesetz nicht geregelt, wie viele Leute in einer Wohngruppe sind, sondern das ist ein ganz klares Verwaltungshandeln. Die Verwaltung hat im Übrigen auch zugesichert, dass der Rechtsauschuss über all diese Dinge, die die Verwaltung ausarbeiten wird, entsprechend informiert ist und informiert werden wird.
Für mich ist dieses Gesetz in einem sehr ordentlichen Verfahren zustande gekommen. Die Debatte, die wir zur ersten Lesung geführt haben, hat noch einmal deutlich darauf hingewiesen: Es hat zwei Anhörungen mit Experten gegeben zu diesem Gesetz. Das Gesetz orientiert sich an der Länderarbeitsgruppe, in der 11 von 16 Bundesländern vertreten sind. Die
ses Gesetz ist das erste, das verabschiedet werden wird, und dieses Gesetz wird selbstverständlich allen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an ein modernes Jugendvollzugsgesetz gerecht. Abschließend kann man eigentlich nur sagen, das einzige Problem ist, dass Bremen Opfer seiner eigenen Effizienz geworden ist.
Der Datenschutzbeauftragte des Landes Bremen kommt von einer Tagung mit seinen Länderkollegen zurück und sagt: Oh, wir haben festgestellt, alle Länder modernisieren ihr Jugendstrafvollstreckungsgesetz. Ihr macht das auch, wir haben noch ein paar Anmerkungen dazu.
Wenn man sich die Anmerkungen genau anschaut, ist es so, dass der Datenschutzbeauftragte berechtigt bisherige Regelungen des eigentlichen Strafvollzugsgesetzes kritisiert, die unverändert in das Jugendvollzugsgesetz übernommen worden sind. Darüber kann man reden. Darüber muss man auch reden, wenn die anderen Länder diesen Änderungen oder den Anregungen ihrer eigenen Datenschutzbeauftragten folgen. Auch hier haben wir vereinbart, dass wir uns gegebenenfalls einer datenschutzrechtlichen Revision noch einmal unterziehen werden, sofern es denn tatsächlich Trend in den 11 Ländern sein dürfte.
Ich kann nur abschließend sagen, wir haben uns im Rechtsausschuss mit den berechtigten Einwänden ausführlich auseinandergesetzt. Wir haben uns vor allen Dingen damit auseinandergesetzt, ob die behauptete Völkerrechtswidrigkeit des Waffentragens bei Ausführungen von Jugendlichen tatsächlich eine solche sei. Wir haben festgestellt, es ist keine! Dieses Gesetz berücksichtigt alle Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Dieses Gesetz berücksichtigt die Vorgaben und Absprachen der 11 Bundesländer und es hat eine breite Anhörung gegeben.
Der Eindruck, der jetzt hier durch die Rede von Frau Wargalla entstanden sein könnte, dass man hier ein Gesetz macht, das mit niemandem abgesprochen ist, das ist mitnichten so. Ich halte es für ein gutes Gesetz, und wie es bei Gesetzen immer ist, muss sich jedes Gesetz auch einer Revision stellen, soweit hierzu ein Anlass besteht. Dazu sind wir bereit, aber wir wollen dieses Gesetz jetzt so beschließen. Was in der nächsten Legislatur an Revisionen da ist, werden wir im Rechtsausschuss beraten und dann entsprechende Anträge hier einbringen. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Einführung von Kurzinterventionen legt schon begrifflich nahe, dass man sich kurz dazu einlassen soll, und das werde ich tun. Der Abgeordnete Pflugradt hat den Antrag inhaltlich noch einmal ausführlich begründet. Wir waren im Ausschuss in großer Eintracht und haben vereinbart, die Kurzintervention als allgemeines Abgeordnetenrecht auszugestalten. Insofern hat sich dann der Antrag des Abgeordneten Wedlers auch inhaltlich erledigt.
Ich habe eben auf die Uhr geschaut, ob das, was ich eben gesagt habe, 90 Sekunden lang war. Es dürfte 90 Sekunden lang gewesen sein. Sie sehen also, dass die vorgesehenen eineinhalb Minuten ausreichen
können, um kurz zu intervenieren. – Ich danke Ihnen und hoffe, dass wir von dem Instrument Gebrauch machen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf drückt das aus, was viele in diesem Parlament eigentlich erwarten. Parlamentsdebatten sollen lebhafter werden, Parlamentsdebatten sollen auch für die Öffentlichkeit und für die hier Anwesenden, die nicht direkt mit dem Thema befasst worden sind, nachvollziehbarer sein.
Sinn dieser ganzen Angelegenheit soll sein, dass die Parlamentsdebatten auch attraktiver werden. Attraktivere Parlamentsdebatten sollen dazu dienen, dass die Identifikation mit dem Parlamentarismus gesteigert werden kann, dass insgesamt die parlamentarische Auseinadersetzung eventuell einen höheren Standard erreichen könnte. Man muss ja ganz ehrlich sagen, dass die seit den fünfziger Jahren geltenden Formen dieses Parlaments gelegentlich nicht dazu
Anlass geben, uns alle und die Öffentlichkeit zu erfreuen.
Ich weiß nicht, ob wir mit der Änderung die große Freude einkehren lassen, aber es ist mit Sicherheit einen Versuch wert. Diesen Versuch sollten wir an den Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss überweisen, dort müssen wir die Details noch einmal erörtern. Wie sieht es aus, soll die Kurzintervention tatsächlich drei Minuten dauern, soll sie vielleicht kürzer sein, soll sie länger sein? Wir müssen dort auch erörtern, ob wir Herrn Wedler die Möglichkeit der Kurzintervention ermöglichen wollen oder nicht.
Ganz wichtig, denke ich: Wenn man über Lebhaftigkeit und Nachvollziehbarkeit von Debatten redet, sollten wir auch über die hier bereits praktizierte, aber nur auf Vereinbarung beruhende sogenannte kurze GO reden, bei welcher wir dreimal fünf Minuten Redezeit vereinbart haben, ob wir diese Regelung nicht endlich kodifizieren und mit in unsere normierte Geschäftsordnung aufnehmen. Auch diese kurze GO hat sich, glaube ich, bewährt. Ich wäre sehr dafür, sie auch in die Geschäftsordnung aufzunehmen, denn auch diese Regelung dient dem Zweck, Parlamentsdebatten attraktiver, lebhafter zu machen. Ich hoffe, dass der Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss schnell zu einem Ergebnis kommt, welches Parlamentsdebatten in Zukunft attraktiver und lebhafter machen kann. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Kollege Herderhorst hat eigentlich schon alles Wissenswerte zu diesem Gesetz gesagt. Es geht im Wesentlichen darum, auch für die Hochschule für Öffentliche Verwaltung den Bologna-Prozess einzuleiten und umsetzbar zu machen, das heißt die Einführung von Master- und Bachelorstudiengängen in Ablösung der bisherigen Diplomstudiengänge. Es geht darum, die Hochschule für Öffentliche Ver
waltung für weitere Studiengänge und somit auch für Externe zu öffnen. All dies ist in dieser Gesetzesvorlage vorgesehen, und sie setzt es um.
Ich denke, um den bereits geplanten Studiengang Risiko- und Sicherheitsmanagement an der Hochschule für Öffentliche Verwaltung tatsächlich zum Oktober starten lassen zu können, müssen wir heute diesem Gesetz zustimmen und es passieren lassen.
Ich wollte nur noch darauf hinweisen, es gibt natürlich noch einen offenen, nicht geklärten Punkt: Wo ressortiert in Zukunft die Hochschule für Öffentliche Verwaltung? Ressortiert sie weiterhin bei Inneres und Finanzen oder ressortiert sie bei Wissenschaft? Meines Erachtens müssen alle Hochschulen bei Wissenschaft ressortieren. Ich glaube jedoch, das ist kein Grund, dieses Gesetz nun zu verhindern, deshalb werden wir dem Gesetz zustimmen.
Wir fragen den Senat:
Erstens: Über wie viele externe Defibrillatoren, AEDs, verfügt die Polizei Bremen, wer hat diese zur Verfügung gestellt, und auf welchen Fahrzeugen werden sie mitgeführt?
Zweitens: Wie wurden die Polizisten und Polizistinnen für den Einsatz dieser Geräte beziehungsweise in Erste-Hilfe-Maßnahmen ausgebildet, und wie ist das Fortbildungstraining organisiert?
Drittens: Wie gedenkt der Senat das vorbildliche Verhalten der Beteiligten an einem Vorfall zu würdigen, bei dem laut Medienberichten am 22. Mai 2006 ein mit Herzproblemen zusammengebrochener Jogger dadurch gerettet werden konnte, dass eine Augenzeugin unmittelbar nach dem Ereignis den Notruf wählte und ersteintreffende Polizeibeamte neben suffizienten Hilfemaßnahmen auch eine automatische externe Defibrillation vornahmen?
Herr Bürgermeister, kann ich davon ausgehen, dass der Polizeipräsident anlässlich dieses Belobigungsgesprächs auch die zustimmende Kenntnisnahme und Belobigung des Parlamentes übermitteln wird?
Wir fragen den Senat:
Erstens: Treffen Presseberichte zu, wonach das Bremer Landeskriminalamt neben dem Bundeskriminalamt die USA bei Ermittlungen gegen Murat Kurnaz, der seit mehr als vier Jahren ohne Anklage im USLager Guantanamo festgehalten wird, unterstützt hat?
Zweitens: Welcher Art waren die Informationen, die das Bremer Landeskriminalamt übermittelte?
Drittens: Hält der Senat es unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten für zulässig, andere Staaten oder fremde Geheimdienste mit Informationen in solchen Fällen zu unterstützen, in denen die Verfahrensgarantien der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ missachtet werden?
Auf welcher Grundlage sind denn diese Informationen im Fall Kurnaz überhaupt gesammelt worden? Es muss ja eine Rechtsgrundlage dafür geben.
Wann sind diese Informationen denn weitergeleitet worden?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen ist eine ganz frühe Errungenschaft des Rechtsstaates gewesen. Parlamentssitzungen ohne Öffentlichkeit sind nicht denkbar. Funktionale Teile des Parlaments sollen nichtöffentlich tagen, das bedarf eigentlich besonderer Gründe. Besondere Gründe können sein, dass Personalentscheidungen getroffen werden, es kann sich um den Schutz personen- oder wirtschaftlich bezogener Daten handeln. Es leuchtet schwer ein, wenn man sagt, die alltägliche parlamentarische Auseinandersetzung stellt einen besonderen Grund dar, die Öffentlichkeit auszuschließen.
In den USA wurde infolge der Gesetzgebung zur Informationsfreiheit der „Government in the Sunshine Acts“ schon in den sechziger Jahren festgelegt, dass auf allen Ebenen des Bundes und auf allen Ebenen der Gliedstaaten der USA Kollegialsitzungen von öffentlichen Einrichtungen in der Öffentlichkeit stattzufinden haben. Begründet wurde das damit, dass die Transparenz staatlichen Verhaltens erfordert, dass Entscheidungsfindungen staatlicher Gremien grundsätzlich in der Öffentlichkeit stattfinden. Insofern würde ich in Abwandlung dieses „Government in the Sunshine Acts“ hier gern stehen und sagen, Abgeordnete, zur Sonne, zur Freiheit!
Zur Transparenz gehört aber auch mitzuteilen, wie unser Abstimmungsverhalten sein wird, und unser Abstimmungsverhalten ist, Frau Dr. Mathes, wie Sie eben vorausschauend verkündet haben, negativ. Wir haben uns nicht einigen können. Gesetze werden nur dann geändert mit der Koalitionsmehrheit, wenn wir uns einigen. Die Einigung liegt leider nicht vor, also sind wir naturgegeben dazu gezwungen, diesen Gesetzentwurf abzulehnen. Ich finde das schade, der Vorschlag der Grünen ist im Grundsatz gut, über Ein
zelheiten hätte man diskutieren müssen. Ich wäre sehr dafür, die Öffentlichkeit in Deputationen und Ausschüssen herzustellen. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion stellt fest, dass der von der Initiative „Mehr Demokratie“ eingebrachte Gesetzentwurf in wesentlichen Teilen verfassungswidrig ist. Er kann deshalb auch heute nicht durch die Bürgerschaft beschlossen werden. Ein Ergebnis der vom Ausschuss eingeholten Rechtsgutachten war, dass Wahlkreise in der vorgeschlagenen Version sowieso, aber auch als Einpersonenwahlkreise unter den Bremer Bedingungen verfassungswidrig sind. Dies war für uns alle, die in die
sem Ausschuss gesessen haben, ein durchaus erstaunlicher Erkenntnisgewinn. Alle Ausschussmitglieder sind offen in die Beratungen über die Einführung von Wahlkreisen hineingegangen und rechtlich klüger wieder herausgekommen.
Die SPD-Fraktion nimmt ebenfalls zur Kenntnis, dass die Reformelemente Kumulieren und Panaschieren verfassungsrechtlich zumindest problematisch sind. Frau Dr. Hannken hat die Problemlage der Realunion angesprochen. Diese rechtlichen Bedenken bestehen, und darauf muss man ausdrücklich hinweisen, für Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung und zu den Beiräten nicht. Wir sehen uns aber auch hier nicht als politisch bevollmächtigt an, das Wahlrecht der Seestadt Bremerhaven inhaltlich zu bestimmen.
Das wäre formal natürlich möglich, dass der Landtag das Wahlrecht auch in Bremerhaven bestimmt. Ich denke aber, diese Entscheidung, wie Bremerhaven wählen will, soll tatsächlich dorthin, wo Bremerhaven das selbst entscheidet. Das war auch weitestgehender Konsens im Ausschuss.
Von den durch die Initiative „Mehr Demokratie“ vorgeschlagenen Änderungen sind rechtlich ausschließlich die politisch zu bewertenden Elemente Kumulieren und Panaschieren übrig geblieben, und Herr Dr. Güldner hat diese Konsequenz mit dem Gesetzentwurf, der jetzt vorliegt, auch gezogen: Wie geht man denn eigentlich mit den personalisierenden Wahlrechtselementen Kumulieren und Panaschieren um? Hier ist die Argumentation der Opposition natürlich ein wenig platt. Wenn man sagt, mehr Auswahl bedeutet auch mehr –
Frau Kollegin Stahmann, lassen Sie mich doch einmal zu Ende reden, bevor Sie sagen, das ist richtig! – Demokratie, dann muss man sich schon ein-mal ansehen, welche Folgen denn die Einführung von Kumulieren und Panaschieren hätte.
Kumulieren und Panaschieren wird genutzt in Großstädten, die mit uns vergleichbar sind, von 30 bis 40 Prozent der Wähler. Gleichzeitig steigt die Anzahl der ungültigen Stimmen an. Die Anzahl der wirklich gewerteten ungültigen Stimmen reduziert sich dann wieder dadurch, dass man umfangreiche Heilungsvorschriften normiert, zum Beispiel wenn Wähler sechs Stimmen abgegeben haben oder vier Stimmen oder ähnliche Geschichten, indem man dann nach dem mutmaßlichen Willen des Wählers fragt und bewertet. Ein empirisch belegbarer, für mich auch ganz entscheidender Befund
der Anhörung im Ausschuss war, dass es eine Abhängigkeit vom Bildungsstand, vom sozialen Stand zur Nutzung von Kumulieren und Panaschieren gibt, und es besteht die begründete These, dass Wahlsysteme mit Kumulieren und Panaschieren Leute mit niedrigem Bildungsstand, niedriger sozialer Schichtung vom Wahlrecht faktisch ausschließen. Das ist ein Einwand, den man sehr ernst nehmen muss.
Eine Verbesserung des Wahlrechts wird nicht dadurch erreicht, dass eine Minderheit von Wählern eine verstärkte Auswahlmöglichkeit bekommt, sondern der faktische Zugang zu Wahlen muss für alle möglichst niedrig sein. Das heißt, wenn man das als demokratietheoretischen Vorteil sieht, was Herr Dr. Güldner hier vorgestellt hat, ich kann mehr auswählen, muss man gleichzeitig den Demokratienachteil, es werden Leute von der Wahrnehmung ihres Wahlrechts ausgeschlossen, dagegenstellen. Aber auch das könnte man ja so beantworten, wie Dr. Güldner es beantwortet hat, und sagen, es ist demokratischer, Bürgern Rechte zu geben, diese müssen dann eben mit den ihnen gegebenen Rechten umgehen. Eine solche Wahlrechtsänderung muss man natürlich abwägen damit, was das denn für Bremen bedeutet. Eine Reform um der Reform willen macht wenig Sinn.
Wir haben festgestellt, dass mit Ausnahme von Hamburg, wo über eine Volksgesetzgebung dieses Wahlsystem mit Kumulieren und Panaschieren eingeführt worden ist, Kumulieren/Panaschieren ein reines Instrument des Kommunalwahlsystems ist. Wenn Außenstehende auf Bremen schauen und sagen, ihr seid ein Bundesland, wollt es sein und wollt es auch bleiben, ihr wählt aber genauso wie die Gemeinde Neuerkrat in der Nähe von Köln, dann müssen wir uns zumindest hinterfragen lassen, ob wir weiterhin ein eigener Staat sind.
Gestatten Sie mir zum Abschluss eine Bemerkung zur Notwendigkeit der so genannten Demokratisierung des Bremer Wahlrechts! Herr Dr. Güldner hat eben gesagt, es muss eigentlich demokratischer werden. Das intendiert natürlich, dass wir bisher kein demokratisches Wahlrecht haben. Das bisherige Wahlrecht ist als reines Verhältniswahlrecht mit starren Listen ausgestattet, das ist richtig, es stellt aber sicher, dass dem urdemokratischen Grundsatz „ein Mensch, eine Stimme“ Rechnung getragen wird. Dies gilt, egal, ob ein Sozialhilfeempfänger oder ein Professor seine Stimme abgibt oder ob in Blumenthal, Oberneuland oder Bremerhaven-Lehe gewählt wird. Für das Übereinkommen „one man, one vote“, nur, um das einmal in Erinnerung zu rufen, haben de Clerk und Nelson Mandela 1993 den Friedensnobelpreis bekommen, weil man nämlich gerade gesagt hat: Ein Mensch, eine Stimme
ist das urdemokratische Prinzip, und das wollen wir umsetzen.
Ich und mit mir meine Fraktion betrachten es nicht als demokratischen Fortschritt, wenn eine Minderheit vermeintlich in ihren Auswahlmöglichkeiten gestärkt wird, gleichzeitig aber durch die Errichtung von Hürden andere faktisch von der Wahl aus-geschlossen sind.
Herr Dr. Güldner hat den Weg gewiesen, das ist ja erstaunlich, wie man außerhalb des Wahlrechts eine stärkere Beteiligung der Bürger an politischen Entscheidungsprozessen implementieren kann. Es geht darum, dass dieses Parlament bereit sein muss, auf Befugnisse zu verzichten, dass wir verstärkt Elemente der direkten Demokratie einführen, dass wir Volksgesetzgebung, Bürgerentscheid tatsächlich durch eine Quorensenkung lebendig werden lassen. Ich glaube, das ist eine echte Demokratisierung des Systems im Gegensatz zu einem faktischen Ausschluss von Wahlberechtigten durch ein kompliziertes Wahlsystem.
Ich möchte nicht schließen, ohne mich für die konstruktive Arbeit aller im Ausschuss zu bedanken.
Ich möchte natürlich nicht schließen, ohne mich zu bedanken, sonst hätte ich das anders formuliert! Insbesondere möchte ich neben der sehr sachlichen Diskussion und den zum Teil auch humoresken Einlagen von Herrn Dr. Güldner besonders bei der Ausschussassistenz danken, ohne die es mit Sicherheit nicht möglich gewesen wäre, in dieser kurzen Zeit einen so umfangreichen Bericht vorzulegen. Ich bedanke mich für die Diskussion und dafür, dass Sie mir so aufmerksam zugehört haben!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie viele Zwangsvollstreckungen aufgrund zivilrechtlicher Titel, Forderungspfändungen und
Sachpfändungen, werden jährlich in Bremen und Bremerhaven vorgenommen?
Zweitens: Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Amtsgerichten und Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher sind in diesem Aufgabenbereich tätig?
Drittens: Wie lange dauern zivilprozessuale Zwangsvollstreckungsmaßnahmen vom Eingang eines Antrages bis zur Erledigung eines Pfändungsauftrages durch Gerichtsvollzieherinnen beziehungsweise Gerichtsvollzieher?
Ich entnehme den vorgelegten Zahlen, dass ein Gerichtsvollzieher pro Jahr ungefähr 1900 Zwangsvollstreckungsaufträge abarbeiten muss. Wie viele Gerichtsvollziehererinnerungen oder Dienstaufsichtsbeschwerden sind bei dieser Masse von Aufträgen dem Senat bekannt?
Wenn wir unterstellen, dass das Gerichtsvollzieherwesen in Bremen unter Zugrundelegung dieser Zahlen hinreichend effizient ist, würde mich interessieren, womit diese Effizienz im Weiteren gesteuert werden soll. Sie hatten ausgeführt in Ihrer Antwort des Senats, dass es keine statistische Erhebung über die Erledigungsdauer gebe. Würden Sie eine Statistik über die Erledigungsdauer nicht für eine Steuerungshilfe, eine entsprechende Kennziffer halten, die sinnvoll wäre zu erheben?
Nur um das zusammenzufassen: Sie sehen also weder Handlungs- noch Veränderungsbedarf bei der jetzigen Organisation des Gerichtsvollzieherwesens?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Arbeit im Ausschuss war sehr vom Konsens geprägt.
Ich bin jetzt überrascht, wie die Plenardebatte geführt wird. Ich hatte mich eigentlich auf etwas anderes vorbereitet. Wir sind übereinstimmend dazu gekommen, dass wir von Bremen aus jetzt das gemacht haben, was wir verfassungsrechtlich machen können. Dass aber weiterhin das politische Problem besteht, dass wir uns immer weiter zu einem Exekutivföderalismus entwickeln, dass die Landesparlamente weiterhin Ratifizierungsinstanz bleiben oder noch vermehrt werden, können wir aus Bremen nicht lösen, aber es ist eine Problemlage, die auch das Selbstbewusstsein dieses Parlaments betrifft und dazu geführt hat, dass wir diesen Antrag der Grünen damals auch in den Ausschuss schon einstimmig verwiesen haben.
Die Beteiligung des Bundesrates an der Gesetzgebung des Bundes erstreckt sich meines Erachtens auf ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
viel zu viele Bereiche. Die starken institutionellen Verflechtungen bewirken Politikblockaden. In einigen Politikfeldern, insbesondere verfahrensrechtlich, regelt der Bund andererseits viel zu viel oder zu detailliert. Dadurch wird die Eigenständigkeit der Länder eingeschränkt und das Subsidiaritätsprinzip oftmals berührt, wenn nicht sogar verletzt. In anderen Bereichen mangelt es dem Bund an Handlungsfähigkeit zur Wahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse.
Den weitgehenden Mitwirkungsmöglichkeiten der Landesregierungen steht auch gleichzeitig eine abnehmende Bedeutung der Landtage gegenüber. Das System der Gemeinschaftsaufgaben und Mischfinanzierungen hat nachteilig unitarisierend gewirkt, die Zuständigkeit von Bund und Ländern immer mehr ineinander verflochten und verschlungen und hierdurch die faktische Macht der Exekutive überborden lassen gegen die Einflussmöglichkeiten der Legislative.
Es bleibt deshalb zu hoffen, dass die Lübecker Erklärung des Föderalismuskonvents nicht ungehört verhallt, sondern Gehör bei der Wiederaufnahme der Föderalismuskommission findet, damit in absehbarer Zeit die über 300 Gremien, in welchen sich die Bundes- und Landesregierungen abstimmen, und die 900 Gremien und ständigen Konferenzen, in welchen sich die Landesregierungen untereinander abstimmen, reduziert werden und die Entscheidungen wieder vermehrt durch die getroffen werden, die direkt demokratisch legitimiert sind, das sind nämlich wir!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Aufgabe des einzusetzenden Ausschusses wird es sein zu überprüfen, ob das bisher in Bremen praktizierte Wahlrecht veränderungsbedürftig ist. Das bisherige Wahlrecht ist als reines Verhältniswahlrecht mit starren Listen ausgestaltet. Es stellt sicher, dass dem urdemokratischen Grundsatz „ein Mensch, eine Stimme“ auch Rechnung getragen wird. Dies gilt, egal, ob ein Sozialhilfeempfänger oder ein Professor seine Stimme abgibt oder ob in Blumenthal, Oberneuland oder Bremerhaven-Lehe gewählt wird.
Diejenigen, die das bisherige Wahlrecht kritisieren, merken zu Recht an, dass bei dem bisherigen Wahlrecht die Auswahl der Kandidaten durch die Parteien erfolgt und dem Wähler nur die Wahl zwischen den Parteilisten bleibt, wobei er oftmals Kandidaten mitwählen muss, die ihn nicht überzeugen. An diesen Punkten setzen die bisher in der Diskussion befindlichen Veränderungsvorschläge an. Veränderungen des bisherigen Wahlrechts können durch kumulieren und panaschieren und/oder durch die Einführung von Wahlkreisen erfolgen.
Kumulieren und panaschieren sind in vielen Bundesländern bewährte Instrumente der Kommunalwahl. Erstmals sind diese Instrumente durch Volksgesetzgebung in Hamburg auch für eine Landtagswahl eingeführt worden. Beim Kumulieren und Panaschieren machen die Parteien weiterhin Listenvorschläge, der Wähler kann aber – soweit er von diesem Recht Gebrauch macht – die Reihenfolge auf den jeweiligen Listen ändern.
Nach den bisherigen Erfahrungen machen in vergleichbaren Städten bei Kommunalwahlen zirka 20 bis 35 Prozent der Wähler von dieser Möglichkeit Gebrauch. Durch den Umfang der Stimmzettel steigt die Anzahl der ungültigen Stimmen geringfügig an. Nach Einführung dieser Instrumente ist im Regelfall keine signifikante Steigerung der Wahlbeteiligung zu beobachten.
Der Ausschuss wird zu überprüfen haben, welches der zahlreichen Modelle von kumulieren und panaschieren – es gibt nicht nur eines, sondern mindestens acht in den verschiedenen Ländern, die es auf Kommunalebene anwenden – am geeignetsten ist, den Wählerwillen abzubilden. Gleichfalls wird er sich damit auseinander setzen müssen, wie das derzeit gültige Wahlrecht der EU-Bürger für die Stadtbürgerschaft in ein solches System zu integrieren ist.
Wahlkreise sind in allen Flächenländern üblich und insoweit ein bewährtes Instrument des Wahlrechts. Soweit man das in Deutschland nicht zulässige und auch undemokratische reine Mehrheitswahlrecht wie in England außer Acht lässt, kann man in Deutschland bei Landtags- und Bundestagswahlen ein so genanntes personalisiertes Verhältniswahlrecht feststellen. Durch die übliche Kombination mit dem Verhältniswahlrecht können Wähler durch Wahlkreise einen regionalen Abgeordneten einer der großen Parteien gegenüber seiner Listenposition vorziehen. Die Wähler bleiben aber in ihrer Wahlentscheidung weiterhin auf die Vorschläge von Parteien beschränkt. In Einzelfällen wird es nun aber möglich, dass unabhängige Kandidaten gewählt werden.
Nachteil der Einrichtung von Wahlkreisen ist es, dass durch die unterschiedliche Größe der Wahlkreise die Stimmen von Wahlberechtigten in verschiedenen Wahlkreisen einen unterschiedlichen Einfluss auf die Zusammensetzung der Fraktionen haben. Dieser Nachteil wird in Flächenländern bewusst in Kauf genommen, um eine regionale Repräsentanz sicherzustellen.
In vergleichbaren Städten gibt es pro 100 000 bis 150 000 Wahlberechtigten einen direkt gewählten Landtagsabgeordneten. In Köln sind es beispielsweise acht, in Dortmund sechs, in Hannover sieben. Eine höhere Wahlbeteiligung als bei unserem bisherigen Wahlsystem ist durch die Wahl in Wahlkreisen nicht festzustellen.
Der Ausschuss wird zu bewerten haben, ob unter den Bedingungen des Zwei-Städte-Staates die systemimmanenten Verzerrungen des Stimmenwertes von Wahlberechtigten in unterschiedlichen Wahlkreisen ein Mehr an Bürgerbeteiligung bedeuten kann. Gleichfalls wird er sich mit der Frage auseinander zu setzen haben, ob der Schwerpunkt der persönlichen politischen Aktivität eines Abgeordneten im Städtestaat Bremen in sinnhafter Weise in einem regional bemessenen Wahlkreis zu setzen ist, zumal Bremen eine Stadt mit hoher Umzugsrate zwischen den Stadtteilen ist.
Zu bewerten ist nach dem vorliegenden Antrag insbesondere auch der Vorschlag der Initiative Mehr Demokratie e. V., welcher die Einrichtung von Mehrpersonenwahlkreisen mit dem Kumulieren und Panaschieren kombiniert. Nach den Vorstellungen der Initiative sollen in der Stadtgemeinde in fünf Mehrpersonenwahlkreisen jeweils fünf bis acht Abgeordnete direkt gewählt werden, wobei den Wählern auch hier die Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens zustehen soll.
Durch die Kombination der verschiedenen Elemente einer Wahlrechtsveränderung steigert sich nun auch die zu prüfende Problemlage, von der ich nur kurz eine Auswahl anreißen möchte. Wie wirkt sich das Unionsbürgerwahlrecht unter den veränderten Bedingungen auf die verfassungsrechtlich
gebotene Realunion zwischen Stadtbürgerschaft und Landtag aus? Wie ist die in Bremen in der Verfassung verankerte und ausgesprochen strikt ausgefallene Fünf-Prozent-Hürde im Hinblick auf die in Wahlkreisen direkt gewählten Abgeordneten auszulegen? Wie lässt sich ein Wahlkreissystem bei gleichzeitigem Bestehen einer Stadtliste im verfassungsrechtlich festgelegten Wahlbereich Bremerhaven etablieren, und wie wird sichergestellt, dass direkt gewählte Abgeordnete beziehungsweise Mitglieder einer Stadtliste, welche die Fünf-ProzentHürde übersprungen hat, in die Bürgerschaft auch wirklich einziehen? Wie wird sichergestellt, dass in Bremen und Bremerhaven abgegebene Stimmen einen vergleichbaren Erfolg auf die Zusammensetzung des Landtags haben?
Die zahlreichen rechtlichen Bremensien werden eine hochkomprimierte Debatte im Ausschuss erfordern. Gegebenenfalls sind auch Stellungnahmen des Staatsgerichtshofs einzuholen. Trotzdem werden wir uns bemühen, dem Plenum innerhalb der gesetzten Frist Bericht zu erstatten über die zulässigen Möglichkeiten einer Wahlrechtsänderung. Es gibt in diesem Sinne viel zu tun, packen wir es an!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Föderalismus ist in Deutschland die historisch über Jahrhunderte gewachsene Staatsform und eines der tragenden Staatsprinzipien. Allerdings führt die derzeitige Organisation des Föderalismus zu immer mehr zutage tretenden Problemen. Die Unübersichtlichkeit des Gesetzge
bungsverfahrens ist eine Ursache für die Politikverdrossenheit vieler Menschen. Die Bürgerinnen und Bürger können Entscheidungen häufig keiner deutlichen Ebene mehr zuordnen, zumal die geltenden föderalen Strukturen die Flucht aus politischer Verantwortung auch begünstigen können.
Die Beteiligung des Bundesrates an der Gesetzgebung des Bundes erstreckt sich auf zu viele Bereiche. Die starken institutionellen Verflechtungen bewirken auch Politikblockaden. In einigen Politikfeldern und insbesondere verfahrensrechtlich regelt der Bund andererseits zu viel oder zu detailliert. Dadurch wird die Eigenständigkeit der Länder eingeschränkt und das Subsidiaritätsprinzip oftmals berührt, wenn nicht sogar verletzt. In anderen Bereichen mangelt es dem Bund an Handlungsfähigkeit zur Wahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Der Föderalismus hat sich zunehmend zu einem Exekutiv-Föderalismus entwickelt.
Den weitgehenden Mitwirkungsmöglichkeiten der Landesregierungen steht auch gleichzeitig eine abnehmende Bedeutung der Landtage gegenüber. Diese Problemlage wird ja zurzeit deutlich in der Föderalismuskommission diskutiert, allerdings sind die Landtage auch aufgefordert, selbst zur Lösung dieser Problemlage etwas beizutragen. Die Landesparlamente haben erheblich an Gestaltungsmöglichkeiten und an autonomer Verantwortung verloren. So hat man beispielsweise für den bayerischen Landtag in der Legislaturperiode von 1990 bis 1994 errechnet, dass nur 16 von 120 Gesetzgebungsvorlagen gestaltende Entscheidungen gewesen seien. Alle anderen hätten der bloßen Fortschreibung von Landesrecht und seiner Anpassung an Europa- und Bundesrecht gegolten.
Zu den verfassungsimmanenten Elementen des Wandels in der föderalen Ordnung! Auch das System der Gemeinschaftsaufgaben und Mischfinanzierungen hat nachteilig unitarisierend gewirkt und die Zuständigkeit von Bund und Ländern immer mehr ineinander verflochten und verschlungen. All das verlangt natürlich nach intensiver Abstimmung, und da schlägt stets die Stunde der Exekutive. Mittlerweile koordinieren die Regierungen des Bundes und der Länder ihre Politik und Entscheidungen in etwa 300 Gremien. Die Landesregierungen untereinander stimmen sich in mehr als 900 Ausschüssen und ständigen Konferenzen ab, und das meistens vor dem Kamin und hinter verschlossenen Türen.
Diese Sachlage stellt die Parlamente und auch unser Parlament vor schwierige Probleme. Sie geraten, wie der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier erst gesagt hat, nicht selten in die Rolle einer Ratifizierungsinstanz ohne wesentliche eigene Gestaltungsmacht. Sie sind vor die Alternative gestellt, auf das ihnen unterbreitete Resultat exekutiv-föderativer Koordination mit Ja oder Nein zu antworten, wobei in der Praxis vielfach nur die Möglichkeit der Zustimmung verbleibt.
Der vorliegende Antrag der Grünen versucht, das Landesparlament aus dem Status der Ratifizierungsinstanz zurück zu einem Ort größerer Gestaltungsmacht zu machen. Er entspricht der Intention der Lübecker Erklärung des Föderalismuskonvents und verdient damit die Unterstützung aller Parlamentarier.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Beratung des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses hat zehn Minuten gedauert, war von einer großen Einmütigkeit geprägt, alle Fraktionen haben übereinstimmend das Anliegen gehabt, eine klare, transparente, zwingende Regelung für das Verfahren zu schaffen, die liegt Ihnen vor. Eine größere Diskussion darüber erübrigt sich. Ich bitte darum, diesem Antrag zuzustimmen, damit wir hier auch diese Versammlung relativ schnell beenden können. – Ich danke Ihnen!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie beurteilt der Senat den im „Spiegel“ berichteten Vorfall, wonach in Bremen ein „Rollkommando“, das sich zuvor schriftlich als „Inkasso-Team Moskau – ITM“ angekündigt hatte, im Auftrag eines angeblichen Gläubigers einen Anwalt aufgesucht hat, um wegen der Eintreibung einer angeblichen Forderung gegenüber einem Mandanten zu „verhandeln“?
Zweitens: Liegen den für die Zulassung von Inkassounternehmen zuständigen Stellen in Bremen über diesen Einzelfall hinaus Beschwerden über illegale Inkassomethoden vor?
Drittens: Welche Möglichkeiten sieht der Senat, dem Auftreten derartiger Praktiken zu begegnen?
Ich setze voraus, dass dem Bürgermeister der Artikel im „Spiegel“ bekannt ist. Wie beurteilt der Senat die dort geschilderten Geschäftspraktiken des Moskauer Inkasso-Teams, und hält er Ermittlungen der Staatsanwaltschaft für angezeigt?
Ich sehe ja schon einen gewissen Unterschied zwischen Zugang zu Verfassungsschutzquellen und Berichterstattungen im „Spiegel“, auf die aufsetzend die Staatsanwaltschaft sehr wohl Ermittlungen ergreifen könnte, aber unterstellter Artikel im „Spiegel“ gibt die Realität wieder. Wird der Senat bei der für den Sitz des Unternehmens zuständigen Inkassoaufsichtsbehörde anregen, dass diesem Inkassounternehmen die Erlaubnis entzogen wird, beziehungsweise wenn es keine Erlaubnis hat, wird er selbst für die Tätigkeiten, die es augenscheinlich hier ausgeübt hat, ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einleiten?
Um das abzuschließen: Ist sozusagen die Antwort des Senats, dass er keine Erkenntnisse darüber hat, die ihn zu weiterem Handeln veranlassen?
Letzte Frage! Unabhängig von den Erkenntnissen des Senats in dieser oder anderen Angelegenheiten: Sieht der Senat denn Ansätze dafür, dass der Einzug von Forderungen im legalen Umfeld zu verbessern ist, um solchen dubiosen Geschäftspraktiken von Inkassounternehmen Einhalt zu gebieten?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch die SPD hat ein Interesse daran, dass das Verfahren über den Bürgerantrag präziser gefasst wird als bisher. Ich möchte aber diese Verfahrensdiskussion über den Bürgerantrag nicht so eng fassen, sondern für mich und uns ist das ein Teil insgesamt der Überlegung, wie man mehr direkte Demokratie in Bremen installieren kann. Dementsprechend würde ich es als Element in dieser Diskussion gern im Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss behandeln, dort ausführlicher diskutieren.
Die Frage ist allerdings, ob wir das bis zum November abschließen können. Ich glaube, das sollten wir dann im Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss noch einmal diskutieren. Insgesamt sollte das Ziel sein, transparente, fassbare und ausgesprochen konkrete Regelungen für weitere volksdemokratische Elemente in unserer Verfassung zu verankern. Dementsprechend werden wir das im Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss positiv diskutieren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Wedler, irgendwie hat man den Eindruck, bei Ihren vielen Anträgen in einem Zustand des permanenten Déjà vu zu leben. Wir haben bereits die Fraktionszuschüsse dreimal beraten, wir haben auch diese Geschichte schon im Parlament diskutiert. Ich bin ein wenig irritiert von Ihrem Rechtsstaatsverständnis. Ich habe mir die Daten noch einmal herausgesucht, Sie haben sehr schön begründet, warum man auch während eines laufenden Staatsgerichtshofverfahrens durchaus ein Gesetz ändern kann, dieser Ablauf irritiert mich allerdings. Sie haben am 4. Mai 2004 eine Ladung für die Staatsgerichtshofverhandlung am 25. August 2004 erhalten. Am 17. Mai 2004 geht der vorliegende Gesetzesantrag ein. Daraus kann ich für mich nur schließen, dass Sie Ihre Aussichten vor dem Staatsgerichtshof für nicht so besonders erfolgreich halten.
Ich als Parlamentarier begreife ein Parlament nicht als Reparaturbetrieb für fehlgeleitete Klagen.
Damit wollte ich es eigentlich bewenden lassen, aber nach dem vorhergehenden Auftritt des undemokratischen Teils des Parlaments muss ich auch ganz ehr
lich sagen, inhaltlich habe ich überhaupt kein Interesse daran, Einzelabgeordneten mehr Geld zukommen zu lassen, als ihnen nach jetziger Rechtslage zusteht.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Möhle, Ihr Beitrag zur Kultur ist damit eingeleitet worden, dass Sie das große Glück haben, dazu zu reden. Ich weiß nicht, ob ich das große Glück gehabt habe, da zuzuhören, weil es doch eine Verkehrung dessen gewesen ist, was wir eigentlich in großer Eintracht in den letzten Jahren gemeinsam in der Kulturdeputation besprochen haben.
Das erstaunt mich stark, mich erstaunen auch die Anträge der Grünen, vor allen Dingen der Antrag zum Waldau-Theater. Wir haben eigentlich in großer, breiter Präsenz gesagt, so wie bisher geht es mit dem Waldau-Theater nicht mehr weiter.
Das Waldau-Theater ist in die Insolvenz gegangen. Der Insolvenzverwalter hat das gleiche Konzept, das die Waldau GmbH unter ihrem Geschäftsführer Derda gehabt hat, fortgeschrieben und uns erneut vorgelegt. Dafür noch einmal 200 000 Euro zu geben, das ist mit der großen Koalition nicht zu machen.
Dementsprechend lehnen wir den Antrag ab. Punkt eins!
Punkt zwei, die Untätigkeit der großen Koalition in Bremen-Nord! Das ist nicht so, es hat einen umfangreichen Moderationsprozess gegeben zwischen den nicht befriedeten Kulturinitiativen, die es dort gibt. Sie sind sich viel näher gekommen, man ist inzwischen so weit, dass man sagt, man will wirtschaftlich zusammenarbeiten.
Bei dem, was wir in der Politik machen können – nun ist es immer so, dass es auch individuell Agierende gibt –, was wir da als Moderationsprozess eingeleitet haben, ist das das Maximum, was Politik zur Lösung von Konflikten tun kann. Dementsprechend finde ich es ärgerlich zu sagen, man hätte die Leute gegeneinander gehetzt, dies stimmt einfach nicht!
Die letzte Bemerkung: Was ich auch ärgerlich finde, ist, so einen Haushaltsantrag über 200 000 Euro zu stellen und vorher zu sagen, man redet über Qualitäten, aber diesen Antrag mit keinerlei qualitativer Anforderung an den Betreiber des Waldau-Theaters
zu verknüpfen! Das finde ich ärgerlich, und das ist zumindest mit uns nicht zu machen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem eigentlich keiner der Vorredner zu dem Sachantrag geredet hat, sondern über die Behandlung dieses Antrags, nehme ich mir jetzt einfach das Recht heraus, dies auch kurz zu tun.
Herr Wedler, Angelegenheiten der Wirtschaftsförderungsausschüsse werden abschließend in diesen Wirtschaftsförderungsausschüssen beraten, fachlich ausgetauscht. Das folgt relativ klar aus der gesetzlichen Grundlage Paragraph 10 Absatz 1 Deputations––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
gesetz. Was Sie hier mit den zehn Anträgen beabsichtigen, ist nichts weiter, als dass diese abschließende Beratung hier im Parlament noch einmal wiederholt werden soll und Sie hier alles erneut diskutieren können. Das heißt, eigentlich wäre der richtige Antrag, den Sie hätten stellen müssen, nicht der, dass Sie etwas über den Buntentorsteinweg wissen wollen, sondern dass Sie die Auflösung der Wirtschaftsförderungsausschüsse beantragen. Darüber kann man nachdenken. Ich halte die Wirtschaftsförderungsausschüsse auch in der jetzigen Struktur für ein durchaus taugliches Instrument der Wirtschaftsförderung, das sicherstellt, dass effektiv, unter Einbeziehung aller Fachkompetenz abschließend geredet wird.
Mir war, als ich Ihre Anträge zunächst gesehen hatte, nicht klar, ob man die Anträge, so wie sie gestellt sind, überhaupt als Anträge nach Paragraph 31 Geschäftsordnung stellen kann oder ob Sie diese Begehren nicht eigentlich als Fragen in der Fragestunde hätten einbringen müssen. Ich denke, das Verfahren ist, was diese Frage angeht, ausgesprochen offen. Ich möchte mich aber demnächst nicht in jeder parlamentarischen Sitzung mit zehn Tagesordnungspunkten der Wirtschaftsförderungsausschüsse beschäftigen.
Soweit ich weiß, ist auch mit Ihnen ein Übereinkommen erzielt worden, so bin ich zumindest informiert worden, dass Sie im Nachhinein alle Unterlagen der Wirtschaftsförderungsausschüsse erhalten und uns dann mit weiteren Tagesordnungspunkten verschonen. Sollte das so sein, denke ich, können wir das in Zukunft auch so handhaben und die Debatte an diesem Punkt abkürzen. Wenn Sie hier aber erklären, dass Sie mit diesem Verfahren nicht einverstanden sind, sondern wir als Bürgerschaft immer die komplette Tagesordnung der Wirtschaftsförderungsausschüsse wiederholen müssen, dann ist es in der Tat die Frage, wie wir dies in Zukunft gesetzlich regeln. Dann wäre ich jedoch für eine strikte Handhabung, und, Frau Linnert, es ist natürlich immer das Recht des Einzelabgeordneten sehr hoch zu halten. Wenn ich mir aber die parlamentarische Besetzung hier im Haus anschaue und leider feststellen muss, dass wir nicht nur Demokraten hier haben, möchte ich die Bühne der Wirtschaftsförderungsausschüsse nicht für populistische Propagandawerke zum Nachteil Bremens öffnen, was wir dann leider hier zu erwarten hätten. – Danke!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Fraktionen haben als ständige Gliederungen der Parlamente eine wichtige Aufgabe im Verfassungsgefüge demokratischer Staaten. Im Rahmen ihrer Aufgaben steuern und erleichtern sie die parlamentarische Arbeit und wirken in der Willensbildung des Parlamentes mit. Um diese verfassungsgerichtlich anerkannten Aufgaben sachgerecht erfüllen zu können, stehen ihnen auf Bundesund auch auf Landesebene selbstverständlich öffentliche Zuschüsse zur Verfügung. Die im Bericht des Bürgerschaftsvorstands erwähnte Steigerung der Fraktionszuschüsse liegt mit 1,5 Prozent jährlich unter der allgemeinen Teuerungsrate. Die aktuelle Befassung des Rechnungshofs hat zu keinerlei Beanstandungen der monatlichen Geldleistungen an Fraktionen geführt. Ich bin neu im Parlament, trotzdem muss ich bemerken, dass wir in den acht Monaten dieser Legislaturperiode jetzt zum dritten Mal über Fraktionszuschüsse diskutieren. Wenn ich das hochrechne, wird uns dieses Thema bis zum Ende der Legislaturperiode noch 14 Mal beglücken. Um dies abzukürzen, Herr Wedler – Ihre Haltung in allen Ehren –, würde ich es Ihnen einfach anraten, es mit Cato dem Älteren zu halten und einfach jede Ihrer Reden mit dem Satz abzuschließen: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Fraktionszuschüsse abzuschaffen sind.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Für einen Parlamentsneuling ist es nun ein bisschen ironisch, in seiner Jungfernrede hier zu stehen und sich mit dem Ausscheiden aus dem Parlament zu beschäftigen. Trotzdem werde
ich in der gebührenden Kürze und hoffentlich auch mit der erforderlichen Klarheit die SPD-Position zum Antrag des Abgeordneten Wedler zusammenfassen.
Nachdem alle drei Vorredner sich schon auf die Kommission bezogen haben und diese teilweise zitiert haben, schenke ich mir in Anbetracht der Zeit diesen Teil meines Redekonzepts.
Ich frage mich allerdings, Herr Wedler, wenn Sie den Bericht der Kommission gelesen haben, worin dann die Begründung für Ihren Antrag liegt. Wenn Sie den Bericht gelesen und verstanden haben, dann kann man eigentlich nicht fordern, dass der Paragraph 11 ersatzlos gestrichen wird. Fordern kann man, wenn es Ihnen um eine sachbezogene Lösung geht, dass unterschiedliche Anrechnungsmethoden im Rahmen des Paragraphen 23 Absatz 3 oder des Paragraphen 11 Absatz 3 Abgeordnetengesetz zur Anwendung kommen. Das aber fordern Sie nicht, sondern Sie beantragen die ersatzlose Streichung. Da wundert man sich zunächst, stellt aber fest, das macht für Sie eigentlich auch gar keinen Unterschied, wenn man in die Begründung des Antrags schaut. Als Begründung führen Sie eben nicht an, dass das Antragsziel die Behebung eines Missstandes sei, sondern Sie führen aus, dass das Übergangsgeld der Öffentlichkeit nicht vermittelbar sei.
Ihnen geht es augenscheinlich nicht um Inhalte, sondern um Stimmungen. Gegen solche Stimmungen helfen aber Fakten. Für jedes Jahr der Parlamentszugehörigkeit wird ein Monat Übergangsgeld in Höhe der jeweils aktuellen Abgeordnetenentschädigung gezahlt, nach einer Wahlperiode also für vier Monate, insgesamt längstens für ein Jahr. Hierauf finden nach Maßgabe des geltenden Paragraphen 23 Abgeordnetengesetz vor allem Bezüge aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen Anrechnung.
Diese Regelung ist überprüfungswert. Die Kollegin Linnert hat darauf schon hingewiesen, dass man sich verschiedene andere Modelle vorstellen kann. Diese Modelle müssen wir noch einmal gesondert diskutieren. Der ersatzlose Wegfall von Übergangsgeld kann nicht Position von überzeugten Parlamentariern sein, weil es in der Tat dann dazu käme, wie Sie angedeutet haben, im Rahmen von Paragraph 21 staatliche Nothilfemaßnahmen für ausscheidende Abgeordnete gewähren zu müssen.
Trotzdem hat es ja seinen Grund, dass Sie diesen Antrag eingebracht haben. Der aktuell öffentlich diskutierte Fall von möglicher Inanspruchnahme von Übergangsgeld trotz Wechsel in eine gut dotierte Verwaltungsstelle hat seine Wurzel in dem vor neun Jahren geltenden, allerdings inzwischen längst geänderten Recht, nicht jedoch in der heutigen Gesetzeslage.
Mich wundert es schon, dass Ihnen als Vertreter einer selbstapostolierten Rechtsstaatspartei die Grundsätze des Vertrauenstatbestands und des Rückwirkungsgebots augenscheinlich bei der Formulierung
Ihres Antrags nicht bekannt gewesen sind. Ob der ehemalige Abgeordnete, um den es hier augenscheinlich geht, die ihm rechtlich zustehenden Gelder in Anspruch nimmt, ist eine Frage seines eigenen Politikverständnisses. Einer Kommentierung hierzu enthalte ich mich.
Die SPD-Fraktion lehnt den Stimmungsantrag des Abgeordneten Wedler als nicht sachgemäß ab, wird aber demnächst in der Arbeitsgruppe mit allen Fraktionen eigene Vorschläge machen, um im Rahmen des Paragraphen 23 Abgeordnetengesetz gegebenenfalls nötige Anpassungen vorzunehmen. Für unsere Fraktion gilt: Ohne Übergangsphase kann es auch kein Übergangsgeld geben. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!