Renate Ackermann

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Last Statements

Guten Morgen, Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass ich, wenn auch vor fast leeren Rängen, an meinem letzten Tag im Landtag noch einmal zu einem Thema reden kann, das mich in den zehn Jahren meiner Landtagstätigkeit stets begleitet hat und mir immer ein sehr wichtiges Anliegen war, nämlich zur Asyl- und Flüchtlingspolitik. Wir haben in diesen Jahren sehr viele Anträge gestellt und sehr viele parlamentarische Initiativen gestartet. Wir haben eine Tour durch alle Gemeinschaftsunterkünfte – von uns Lagertour genannt – gestartet, um uns von den Verhältnissen vor Ort zu überzeugen. Aus den erschreckenden Erkenntnissen, die wir gewonnen haben, haben sich unsere Initiativen gespeist.
In den ersten fünf Jahren gab es keinerlei Verbesserungen, in den zweiten fünf Jahren, also in der laufenden Legislaturperiode, gab es, wenn auch nur marginale, Verbesserungen. Die Politik ist nach wie vor eine Abschreckungspolitik, und wir haben keine Willkommenskultur.
Dies ist nicht zuletzt einem Halbsatz in der Asyldurchführungsverordnung geschuldet. Dieser Halbsatz lautet sinngemäß: Man soll die Rückkehrbereitschaft der Flüchtlinge fördern. - Das ist sehr vornehm ausgedrückt. Eigentlich ist damit gemeint: Die Verhältnisse, unter denen Flüchtlinge und Asylsuchende in diesem Land leben sollen, sollen so ausgestaltet sein, dass sie lieber in das Heimatland, aus dem sie aus unterschiedlichsten Gründen geflohen sind, zurückkehren, als hierzubleiben. Das ist aus unserer Sicht eines reichen, eines humanitären und eines christlichen Staates nicht würdig.
Wir haben lange dafür gekämpft, dass dieser Halbsatz gestrichen wird, leider ohne Erfolg; denn der politische Wille dazu hat gefehlt. Jetzt, kurz vor der Wahl, kommt anscheinend Bewegung in die Sache. Es ist eine Taktik, dass man kurz vor der Wahl alle Probleme, die sich vielleicht dem erhofften Wahlerfolg in den Weg stellen könnten, abräumt. Auch Ministerpräsident Seehofer hat natürlich erkannt, nicht zuletzt aufgrund des Hunger- und Durststreiks der Flüchtlinge auf dem Münchner Rindermarkt, dass dieser Satz möglicherweise nicht mehr ganz zeitgemäß ist. Er hat gesagt: Ich möchte, dass dieser Satz wegkommt; wir als Staatsregierung betreiben eine solche Politik nicht. Die CSU-Fraktion und die FDP-Fraktion, willige Ge
folgsleute von Herrn Seehofer, sind sofort umgeschwenkt. Zehn Jahre haben sie den erwähnten Halbsatz verteidigt, als ob er in Stein gemeißelt wäre.
Ein hoher Beamter des Sozialministeriums hat mir einmal gesagt – damit hat er die Flüchtlinge gemeint -: Diese Leute wollen wir nicht integrieren. Das war bisher die Linie. Jetzt lese ich in dem nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der CSU und der FDP, dass der Landtag begrüßen möge, dass der letzte Halbsatz von § 7 Absatz 5 Satz 3 der Asyldurchführungsverordnung gestrichen wird. Dazu muss ich schon sagen: Schwach.
Wenn das der politische Wille der Koalition wäre, wenn das der politische Wille der Parlamentarier wäre, warum machen Sie das nicht aus eigener Initiative? Warum warten Sie erst, bis die Staatsregierung irgendetwas unternimmt?
Erst jetzt begrüßen Sie es. Das ist nicht Parlamentarismus, das ist Gefolgschaft, und das ist aus meiner Sicht falsch verstandene Demokratie.
Trotzdem scheint es so zu sein, als ob es ein Einlenken gäbe. Da wir aber gebrannte Kinder sind, wollen wir es heute ganz genau wissen. Deshalb stellen wir die Forderung in unserem Dringlichkeitsantrag, diesen Halbsatz zu streichen, zur namentlichen Abstimmung. Wir wollen wissen, wer in diesem Parlament dies wirklich will.
Herr Ministerpräsident Seehofer hat gesagt, die Staatsregierung betreibe eine solche Politik nicht. Lieber Herr abwesender Ministerpräsident, da muss ich Ihnen sagen: Sie betreiben eine solche Politik doch. Sie betreiben genau eine solche Politik.
Sie haben die Essenspakete bis heute mit Zähnen und Klauen verteidigt, auch wenn die Frau Sozialministerin jetzt plötzlich behauptet, es wäre durchaus möglich, eine andere Regelung zu treffen. Ich kann mich an unzählige Debatten im Sozialausschuss erinnern, in denen mir der geschätzte Kollege Seidenath jedes Mal gesagt hat, wir würden uns rechtswidrig verhalten, wenn wir die Essenspakete abschaffen
würden. Bis jetzt wurde dies mit Zähnen und Klauen verteidigt.
Die Essenspakete – ich habe sie immer als Zwangsernährung bezeichnet – sind eine Vorgabe, was Flüchtlinge, die zu uns kommen, essen sollen. Diejenigen, die zu uns kommen, sind übrigens keine Dummerle, die nicht wissen, was sie essen könnten. Darunter sind hoch gebildete Leute. Das sind Menschen, die bis dahin ihren Lebensunterhalt selbst bestritten haben, die es nach schwieriger Flucht bis hierher geschafft haben. Und Sie wollen ihnen vorschreiben, was sie zu essen haben! Das ist, nebenbei bemerkt, noch viel teurer, als wenn sie ihr Essen selber einkaufen.
Sie haben diese Flüchtlinge jahrelang in Lager eingesperrt. "Gemeinschaftsunterkunft" ist ein beschönigender Begriff. Das waren Baracken, das waren Hütten, das war Enge, das waren unhygienische Verhältnisse. Dort mussten manche Flüchtlinge 10 bis 15 Jahre ausharren. Dort sind Kinder geboren und aufgewachsen. Deren Heimat ist das Flüchtlingslager. – Herzlichen Glückwunsch Bayern, kann ich da nur sagen.
In diesen Lagern wurde eine vollkommen unzureichende Sozialbetreuung geleistet. Ich habe es einmal durchgerechnet. Pro Woche gab es pro Flüchtling circa eine Stunde Sozialbetreuung. Man stelle sich vor, was das für Menschen sind, die da kommen. Sie sind traumatisiert, sie sind krank, sie sind der Sprache nicht mächtig, sie kennen sich in unserem Land nicht aus. Die Sozialarbeiter haben dann eine Stunde zur Verfügung. In dieser Stunde können sie bestenfalls Anträge für die Leute ausfüllen, aber sie können keine menschliche Unterstützung leisten, sie können ihnen nicht helfen. Die medizinische Betreuung war ebenso katastrophal.
Ein ganz trauriges Kapitel sind die völlig überfüllten Erstaufnahmeeinrichtungen. Ich war erst am vergangenen Montag wieder in Zirndorf. Für 500 Flüchtlinge ist die Einrichtung ausgelegt, 900 werden untergebracht. Die Garagen, die Gebetssäle, alles ist mit Matratzenlagern vollgestopft. Viele Kinder sitzen dort und schauen die Besucher hilfesuchend an. Ich bin mir richtig schäbig vorgekommen, weil ich ihnen in diesem Moment nicht helfen konnte.
Und es geht so weiter. Eine Aussage eines Betreuers in Zirndorf lautete: Auf diesem Gelände leben wahrscheinlich noch viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, aber wir kennen sie noch nicht; wir wis
sen gar nicht, wo sie sind; sie hatten noch keine Gelegenheit, sich bei uns zu melden, weil die Verwaltung komplett überlastet ist.
Das sind die Zustände in den Aufnahmeeinrichtungen. Aber seit Jahren weigern Sie sich, eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung zu errichten, seit Jahren weigern Sie sich, die Menschen, die aus der Erstaufnahme herauskommen, dezentral unterzubringen, und schaffen somit künstlich die drangvolle Enge in der Erstaufnahme. Auch das ist politisch gewollt.
So sind die Zustände im Moment. Das ist dem Anliegen geschuldet, das aus dem vorhin zitierten Satz hervorgeht, die Rückkehrbereitschaft solle gefördert werden. geschuldet. Mich würde es sehr freuen, wenn sich das jetzt ändern würde. Mich würde es sehr freuen, wenn es gegenüber den Menschen, die zu uns kommen, künftig eine andere Haltung gäbe, wenn ein Paradigmenwechsel in Bayern eintreten würde.
Der Papst geht mit gutem Beispiel voran. Der Papst, der der Christlich-Sozialen Union ansonsten ja so nahesteht, hat Ihnen vorgemacht, wie es geht. Seine erste Reise hat er nach Lampedusa gemacht. Er hat die Menschen betrauert, die im Mittelmeer zu Tausenden ums Leben kommen, weil das reiche Europa sie nicht aufnehmen will, weil ihre Boote untergehen, weil sie von der Küstenwache abgedrängt werden. Er hat einen Kranz ins Mittelmeer geworfen und hat ihrer gedacht. Das war übrigens, falls Sie es noch nicht verstanden haben, auch ein Appell an Sie, diese Menschen barmherziger zu behandeln,
endlich auch das Christentum, das Sie in Ihrem Parteinamen tragen, auch diesen Menschen zuteil werden zu lassen, gemäß dem Wort von Jesus: Was du dem Geringsten meiner Brüder tust, das hast du mir getan. Danach könnten Sie jetzt einmal handeln, danach könnten Sie jetzt Ihre Politik ausrichten. Das wäre ein toller Schritt und würde mich sehr freuen.
Die Ankündigung von Herrn Seehofer freut mich auch. Der halbherzige Dringlichkeitsantrag der CSU geht zumindest nicht in die falsche Richtung. Was jetzt noch fehlt, sind konkrete Schritte der Umsetzung. Daran werden Sie sich auch messen lassen müssen. Der Worte sind genug gewechselt. Jetzt geht es darum, die Lebensbedingungen für Flüchtlinge auch tatsächlich zu verbessern. Deshalb sind uns die zwei namentlichen Abstimmungen so wichtig. Zuerst fragen wir: Wer ist damit einverstanden, dass dieser unsägliche Satz aus der Asyldurchführungsverordnung –
DV Asyl - gestrichen wird? Zweitens fragen wir: Wer ist bereit, den Worten auch Taten folgen zu lassen und tatsächlich humanitäre Verbesserungen für Flüchtlinge in Bayern umzusetzen?
Wir haben diese Verbesserungen in unserem Antrag alle konkret aufgezählt: Essenspakete abschaffen, das System der Gemeinschaftsunterkünfte durch dezentrale Unterbringung ersetzen, die Residenzpflicht komplett abschaffen und nicht nur lockern – sie ist ein Dinosaurier; wir brauchen sie nicht mehr –,
eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung schaffen, Asylsozialberatung bedarfsgerecht ausbauen – bedarfsgerecht!, das heißt nicht, um zwei Stellen aufstocken -, das 4-Stufen-Modell für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge abschaffen. Das ist auch ein Anachronismus. Das widerspricht schon längst der UN-Konvention, wonach Flüchtlingskinder genauso behandelt werden sollen wie deutsche Kinder.
Danach müssten die Flüchtlingskinder alle bis zum 18. Lebensjahr in Jugendhilfeeinrichtungen untergebracht werden. Dieses 4-Stufen-Modell ist völliger Blödsinn. Schaffen Sie es also ab!
Außerdem fordern wir in unserem Antrag genügend Personal für die Erstaufnahmeeinrichtungen und die Flüchtlingsbetreuung; wir fordern, die Zielländer der Abschiebung nach dem Dublin-Verfahren auf die Einhaltung von Menschenrechten zu überprüfen. Ich könnte Ihnen in den nächsten drei Stunden eine Geschichte darüber erzählen, wie Flüchtlinge zum Beispiel in Italien untergebracht sind. Dort werden sie schlimmer als Tiere gehalten. Wir fordern, den Kommunen die Option einzuräumen, bei vollständigem Kostenersatz die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen in eigener Zuständigkeit zu organisieren, und wir fordern schließlich, im Bundesrat darauf hinzuwirken, das Asylbewerberleistungsgesetz – auch so ein Dinosaurier – abzuschaffen.
Das steht im zweiten Teil unseres Antrags. Wenn Sie wirklich bereit sind, einen Paradigmenwechsel zu vollziehen, dann müssen Sie diesem zweiten Abschnitt unseres Antrags in namentlicher Abstimmung auch zustimmen.
Dem SPD-Antrag werden wir zustimmen. Dem CSUAntrag können wir nicht zustimmen; denn er ergeht sich in Lobeshymnen über die bisherige Asylpolitik. Im Übrigen wird, was den zitierten Satz anbelangt, ja auch nur das Handeln der Staatsregierung begrüßt, und es ist kein eigenes Handeln beabsichtigt. Sie
müssen sich noch gewaltig anstrengen, dann werden wir auch Ihren Anträgen zustimmen.
Herr Kollege Seidenath, auch hier bleiben Sie wieder meilenweit hinter Ihrem eigenen Ministerpräsidenten zurück;
denn er hat schon lange begriffen, dass es durchaus einen Zusammenhang zwischen Hungerstreik, der ein Hilfeschrei war, und der verfehlten Asylpolitik der Regierung gibt. Genau deswegen hat er nach dem Hungerstreik und in diesem Zusammenhang gesagt, dass sich in der Asylpolitik jetzt etwas ändern wird. Er hat es verstanden, Sie nicht. Möglicherweise muss er noch etwas deutlicher werden, damit sich auch die Politik der CSU-Fraktion ändern darf.
Frau Ministerin, wenn man Sie so reden hört, überlegt man sich schon, ob die CSU-Fraktion vielleicht falsch abstimmt, wenn sie gleich unserem Antrag zustimmt.
Ich kann sehr gut verstehen, dass Sie nicht wissen, wie es in den Aufnahmeeinrichtungen aussieht; denn als Sie dort einmal in Würzburg waren, sind Sie noch nicht einmal aus dem Auto ausgestiegen, um sich mit Flüchtlingen zu unterhalten.
Sie können nicht wissen, wie es dort aussieht. Das tut mir leid für Sie.
Ich sage noch ein Wort zu den Essenspaketen. Sie haben es gerade so dargestellt, als würde es sich bei der Versorgung mit Essenspaketen um einen exklusiven Cateringservice handeln. Ich muss Ihnen darauf entgegnen: Die Essenspakete werden zentral verpackt, zentral verschickt und dann verteilt. Das ist sehr viel teurer, als wenn sich die Flüchtlinge selbst versorgen würden. Aber das ist nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist die minderwertige Qualität der Essenspakete, die von den Flüchtlingen sehr oft entsorgt werden, weil man den Inhalt nicht essen kann.
Schreiben Sie es auf, es kommt noch mehr.
Für mich stehen diese Essenspakete für Ihre Politik. Sie bedeuten eine Entmündigung der mündigen Menschen, die zu uns kommen, und sie sind der Ausdruck einer menschenverachtenden Abschreckungspolitik, die Sie bis zum heutigen Tag – jetzt spreche ich in der Gegenwart – in allen Gemeinschaftsunterkünften aufrechterhalten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mein Optimismus, dass dieses Sonderinvestitionsprogramm kommen wird, fällt etwas verhaltener aus. Ich habe zwar auch in "Focus Online" gelesen, dass die Sozialministerin für 2025 ein barrierefreies Bayern und dafür auch einen finanziellen Kraftakt fordert, von wem auch immer der kommen soll. Im "Fränkischen Tag" hat sie erneut ein Sonderinvestitionsprogramm des Freistaates Bayern und wiederum einen finanziellen Kraftakt gefordert. Jetzt hat sie offensichtlich keine Zeit für einen kraftvollen Einstieg. Das müssen wir ihr nachsehen. - Sie hat es nicht gehört, ich rede trotzdem weiter. - Frau Ministerin, es geht gerade um den finanziellen Kraftakt, den Sie fordern.
Das wundert mich, denn Herr Goppel hatte heute gesagt: Wenn man redet, gehen die Ohren zu. Bei Ihnen scheint das nicht so zu sein.
Der "Fränkische Tag" schreibt ebenfalls von einem kraftvollen Einstieg in das Sonderinvestitionsprogramm.
Könnte man allen diesen Ankündigungen glauben, würde ich mich ihnen auch anschließen und sagen: Jawohl, das Sonderinvestitionsprogramm kommt.
Ich weiß aber, dass es sich bei diesen Ankündigungen wieder einmal nur um Luftblasen der Ministerin und um Wahlkampfpropaganda handelt. Ich weiß auch, dass dieses Sonderinvestitionsprogramm, das 200 Millionen Euro umfassen müsste, niemals kommen wird. So wird auf dem Rücken von Menschen mit Behinderung Politik gemacht. Diese Menschen machen sich Hoffnungen, aber ihre Hoffnungen werden jedenfalls von dieser Ministerin niemals erfüllt werden. Das kann ich Ihnen von dieser Stelle aus versichern.
Wir haben einen Aktionsplan, der unter Haushaltsvorbehalt steht, beschlossen. Auch wenn dieser kraftvolle Einstieg nur ansatzweise geplant wäre, warum steht dann im Aktionsplan, der erst in der letzten Woche beschlossen wurde, kein Wort von diesem Sonderinvestitionsprogramm, obwohl es die Ministerin zwei Monate davor schon verkündet hat? Es ist unsäglich, wie hier Politik gemacht wird und wie die Menschen mit völlig haltlosen Ankündigungen hinters
Licht geführt werden, wenn ein barrierefreies Bayern bis 2025 verwirklicht sein sollte. Wie wir alle wissen, wie überall gesagt wird und wie auch die Ministerin hat verlauten lassen, kann dieses Ziel nicht von heute auf morgen erreicht werden. Wir hätten daher eher gestern als heute damit anfangen müssen, Bayern barrierefrei zu machen. Das ist aber nicht geschehen, und so schnell wird es auch nicht geschehen. Deshalb werden wir dem Antrag der SPD zustimmen. Wir wissen auch, warum Sie diesen Antrag gestellt haben. Eines kann ich Ihnen sagen: Dieser Ministerin glaube ich kein Wort.
Frau Kollegin, können Sie folgenden Widerspruch aufklären: Einerseits stehen im Aktionsplan die Worte "im Rahmen der vorhandenen Haushaltsmittel". Der Aktionsplan steht damit unter dem Haushaltsvorbehalt. Andererseits zieht die Sozialministerin durch die Lande und verspricht ein Sonderinvestitionsprogramm, das mit keinem Wort im Aktionsplan erwähnt ist. Nicht einmal die Absicht, ein solches Programm aufzulegen, ist erwähnt. Können Sie sich diesen Widerspruch erklären?
Herr Kollege Unterländer, da Sie den politischen Stil anmahnen, muss ich Ihnen schon sagen: Ich weiß nicht, ob es politischer Stil ist, wenn eine Sozialministerin die Verantwortung für die Forensik trägt, und die ihr dort Anvertrauten haben bis zu ihrem Amtsantritt für ihre Firma bzw. für die Firma ihres Mannes gearbeitet und arbeiten immer noch an diesen Modellautos für die Firma Sapor.
Ich weiß auch nicht, ob es politischer Anstand ist, wenn Frau Haderthauer nicht bereit ist, das aufzuklären, was in der Vergangenheit vorgefallen ist. Der Antrag, den wir hochgezogen haben, wäre nicht nötig gewesen, wenn sie ihrer Auskunftspflicht nachgekommen wäre. Sie hat sich aber verweigert. Deshalb musste ich zum Telefonhörer greifen und mit Herrn S. in Straubing, dem Anfertiger der Modellautos, sprechen. Er hat mir viele Einzelheiten erzählt. Er hat mir auch erzählt, dass er Pläne machen musste und dass in ein solches Auto 2.000 Arbeitsstunden fließen.
Ich frage mich, ob es im Sinne einer Arbeitstherapie ist, wenn ein solcher Arbeitsaufwand im Vorfeld nötig sind, damit eine private Firma einen Gewinn von 135.000 Dollar macht, von dem das Bezirkskrankenhaus im Übrigen natürlich nichts sieht; denn die Verträge werden zwischen der Firma Sapor und dem Bezirkskrankenhaus geschlossen.
Sapor allerdings sahnt ab. - Dann wird gesagt, es sei auch erforderlich gewesen, teure Maschinen zu kau
fen. Ich habe erfahren müssen, dass auch das gelogen ist. Es handelt sich um eine ganz billige Drehbank aus Taiwan, hat mir Herr S. gesagt, und er arbeitet jeden Tag mit dieser Drehbank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bereits im November 2012 hat die Opposition einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Verdoppelung des Blindengeldes für taubblinde Menschen, aber auch ein abgestuftes Blindengeld für hochgradig sehbehinderte Menschen vorsah. Dieser Gesetzentwurf wurde von der Regierungskoalition abgelehnt.
Nun bringen Sie einen eigenen Entwurf ein, der allerdings nur eine kleine Lösung vorsieht. Er enthält nur eine Regelung für die taubblinden Menschen, was wir natürlich begrüßen, weil diese Regelung in unserem Gesetzentwurf auch enthalten war. Versehentlich oder vielleicht auch absichtlich haben Sie jedoch vergessen, dass es 6.000 hochgradig sehbehinderte Menschen gibt, deren Sehvermögen nicht mehr als 5 % beträgt. Sie können sich vorstellen, dass Menschen, deren Sehvermögen nicht mehr als 5 % beträgt, blinden Menschen sehr nahekommen, denn sie sind ebenso ausgegrenzt und ebenso auf Hilfe angewiesen. Sie haben ebenso viele Auslagen. Deshalb wäre es dringend nötig, auch ein Blindengeld für hochgradig Sehbehinderte einzuführen. Wir haben einen Betrag in Höhe von 30 % des Blindengeldes beantragt.
Sie konnten sich dazu in Ihrem Gesetzentwurf leider nicht durchringen und verstoßen damit, Herr Kollege Unterländer, gegen Artikel 118 a der Bayerischen Verfassung. Dieser Artikel schreibt ein Benachteiligungsverbot fest. Sie verstoßen ebenfalls gegen die UN-Konvention über die Rechte von behinderten Menschen, die für alle behinderten Menschen, also auch für hochgradig Sehbehinderte, ein Teilhaberecht festschreibt. In Ihrem Gesetzentwurf werden diese Menschen aber leider nicht erwähnt. Die Verwirklichung grundlegender Menschenrechte darf nicht von der jeweiligen Haushaltslage abhängig sein.
Selbst wenn es so wäre, hätten Sie immer noch ein Blindengeld für hochgradig sehbehinderte Menschen einführen können. Denn dadurch, dass Sie diese Menschen ausgrenzen, sparen Sie 11,5 Millionen Euro ein. Aufgrund sinkender Fallzahlen in den letzten 20 Jahren haben Sie bereits 20 Millionen jährlich eingespart. Durch die unsägliche Absenkung des Blindengeldes durch Ministerpräsident Stoiber haben Sie erneut jährlich 15 Millionen eingespart. Jährlich werden also beim Blindengeld 35 Millionen eingespart. Dem stehen 11,5 Millionen gegenüber, die Sie für hochgradig sehbehinderte Menschen einsetzen könnten. Selbst wenn Sie hochgradig Sehbehinderten ein Blindengeld gewähren würden, würden Sie immer noch 24 Millionen gegenüber dem früheren Ansatz einsparen.
Nach dieser Rechnung kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, Herr Kollege Unterländer, wie Sie zu der Überzeugung kommen, dass unser Vorschlag gegenwärtig finanziell nicht darstellbar sei. Sie verlegen sich Ihrer Art gemäß wieder einmal aufs Prüfen. Sie prüfen und prüfen und prüfen in die nächste Legislaturperiode hinein. Das ist nicht nötig, denn der Bedarf liegt bereits jetzt fest, wie Ihnen auch die Verbände klargemacht haben. Im Übrigen hätten Sie die Beträge durchaus jetzt schon einsetzen können, denn wir haben einen Doppelhaushalt, der in die nächste Legislaturperiode hineinwirkt. Das wissen Sie ganz genau.
Zusammenfassend kann ich sagen: Statt schöner Sonntagsreden oder künftig schöner Wahlreden hätten Sie gut daran getan, die Menschen, die einen dringenden Hilfsbedarf haben, zu berücksichtigen. Wir werden diesem Gesetzentwurf deshalb zustimmen, weil wir wollen, dass die taubblinden Menschen bessergestellt werden. Wir werden dem Änderungsantrag der SPD selbstverständlich zustimmen, weil es wichtig ist, dass die hochgradig sehbehinderten Menschen berücksichtigt werden. Als Bewertung dieses Gesetzentwurfs kann ich Ihnen sagen: Er ist kein Ruhmesblatt, sondern er ist wieder einmal der Versuch, auf Kosten bedürftiger Menschen zu sparen.
- Zu sparen. – 35 Millionen Euro minus 11,5 Millionen Euro ergibt rund 24 Millionen Euro, die Sie, Herr Kollege Unterländer, einsparen. Das ist sehr traurig; denn das geschieht auf dem Rücken der behinderten Menschen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe in dieser Legislaturperiode das erste Mal dem Petitionsausschuss angehört. Ich habe diesen Ausschuss als einen sehr kollegial arbeitenden Ausschuss kennengelernt, aber auch als einen Ausschuss, der innerhalb des parlamentarischen Gefüges eine sehr wichtige Funktion hat. Einerseits zeigt der Ausschuss den Parlamentariern deutlich auf, wo Lücken oder Fehler in den Gesetzen sind, die nachgebessert werden sollten. Andererseits gibt er der Bevölkerung die Möglichkeit, sich direkt an den obersten Souverän zu wenden. Er ist eine ganz wichtige Einrichtung, denn oft versickern Anliegen von Bürgern in den unteren Amtsstufen der Verwaltung und kommen erst gar nicht so weit, dass sie öffentliches oder gar parlamentarisches Gehör finden.
Ich finde auch, der Ausschuss arbeitet sehr gründlich. Bei den Ortsterminen, die oft durchgeführt werden, lassen sich oft, weit über das hinaus, was im Ausschuss verhandelt werden kann, Lösungen finden, die zur Zufriedenheit aller Betroffenen sind.
Bedauerlich ist hingegen, dass in dem Ausschuss die Entscheidungen oft blockweise fallen. Das heißt, eine wirkliche Überzeugungsarbeit durch die Berichterstatterinnen und Berichterstatter, aber auch durch die Petenten, ist gar nicht möglich. Die Meinungen stehen nämlich oft schon vorher fest. Ich konnte mir früher gar nicht vorstellen, dass die Abstimmungen so ein
heitlich ausfallen, aber leider ist es manchmal so, dass berechtigte Anliegen mit Mehrheitsentscheidung einfach abgewiesen werden.
Der Petitionsausschuss hat eine Ausstrahlung auf die Gesetzeslage, darauf habe ich schon hingewiesen. Allerdings müsste man das auch zu Kenntnis nehmen. Wenn beispielsweise im Petitionsausschuss über Jahre hinweg, in jeder Sitzung aufs Neue, fünf bis zehn Petitionen zur Schulwegfreiheit auftauchen, dann wäre es doch angebracht, sich Gedanken darüber zu machen, ob die Anträge der Opposition zur Einführung einer gänzlichen Schulwegfreiheit - ohne die merkwürdigen Klauseln, die es jetzt gibt -, nicht doch sinnvoll sind. Es gibt bei dieser Schulwegkostenfreiheit nämlich ganz merkwürdige Kapriolen. Wenn die Eltern aus einem guten Grund für ihr Kind eine Schule wählen, die weiter von zu Hause entfernt ist als die nächstgelegene Schule, dann bekommen die Eltern überhaupt kein Geld für den Schulweg erstattet. Das Mindeste wäre doch, dass der Schulweg bis zur nächstgelegenen Schule bezahlt wird. Aber nein, die Eltern gehen gänzlich leer aus. Das beeinflusst die Schulentscheidung der Eltern manchmal zuungunsten der Kinder, weil sie es sich nicht leisten können, über Jahre hinweg den Schulweg selbst zu bezahlen. An dieser Stelle hapert es in der Gesetzgebung. Die Staatsregierung, aber auch unsere lieben Kolleginnen und Kollegen von der Mehrheitsfraktion sagen dann immer: Ja, wir sind schon auf einem guten Weg. Wir beraten das Problem schon. – Ich frage mich aber, wie lange noch? – Sie beraten seit Jahren eine Lösung, aber es kommt keine.
Ähnlich ist es beim Flüchtlings- und Asylproblem. Wir haben im Petitionsausschuss immer wieder aufs Neue Eingaben, die sich mit der unzureichenden Unterbringung in den Gemeinschaftsunterkünften, mit der Residenzpflicht und der Zwangsverpflegung mit Essenspaketen befassen. Doch diese Petitionen werden immer wieder aufs Neue abschlägig behandelt. Da frage ich mich schon: Bedarf es eines so dramatischen Hungerstreiks wie dem, den wir jetzt in München erlebt haben, damit sich in den Köpfen der Staatsregierung etwas verändert? Ist es nicht genug, wenn einmal darauf hingewiesen wird, dass die Unterbringung schlecht ist oder dass die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge nicht in einem Vierstufensystem unterzubringen sind, weil sie dann schon mit 16 Jahren in die Gemeinschaftsunterkünfte kommen anstatt in die Jugendhilfe?
Warum können wir nicht gesetzlich darauf reagieren? Warum lassen wir Hunderte und Tausende Petitionen passieren, ohne etwas zu verändern? Warum fangen wir erst beim Hungerstreik an, darüber nachzudenken? – Das ist eigentlich ein Armutszeugnis.
Es gibt auch Sternstunden im Petitionsausschuss, wenn über die Fraktionsgrenzen, ja über die Blöcke hinweg abgestimmt wird. Eine Petition ist mir noch in guter Erinnerung. Da ging es um eine tschetschenische Familie. Während die Mutter schwanger im Krankenhaus lag, wurde der Vater mit drei Kindern nach Polen abgeschoben. Da hat ein Landrat – es war zufällig meiner – die Buchstaben des Gesetzes allzu gesetzestreu ausgelegt und nicht berücksichtigt, dass er im humanitären Sinne einen Spielraum zur Verfügung hat. Diesen Spielraum hat der Landrat nicht genutzt, der Petitionsausschuss hat das dann aber korrigiert. Ich kann Ihnen mitteilen, der Fall hat sich positiv gelöst. Die Frau darf jetzt in Deutschland einen Asylantrag stellen, und der Vater mit den drei Kindern kommt aus Polen zurück. Das ist es, was wir erreichten wollten, und wir haben es erreicht. Es wurde aber nur erreicht, weil der Petitionsausschuss die Bremse gezogen hat. Sonst hätte nämlich die Frau hochschwanger und mit zwei kleinen Kindern ausreisen müssen. Das war für mich eine ausgesprochen gute Entscheidung, und ich bin sehr dankbar, dass sich in dieser Frage die Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition angeschlossen haben.
Die Härtefallkommission arbeitet sehr effektiv, sehr genau, Wir sind sehr froh, dass wir sie haben, haben wir doch jahrelang, fast schon jahrzehntelang, dafür gekämpft, dass sie eingeführt wurde. Mittlerweile haben aber auch die Kolleginnen und Kollegen aus der Koalition eingesehen, dass es sich bei der Härtefallkommission um eine notwendige Einrichtung handelt.
Es gibt ein Anliegen, das mir nach wie vor sehr wichtig ist. Herr Kollege Thalhammer und ich sind aber leider damit gescheitert. Herr Abgeordneter Thalhammer war damals noch Mitglied im Petitionsausschuss. Es geht dabei um die Petitionen von Häftlingen. Wenn ein Häftling sich beispielsweise darum bemüht, dass er seine Zelle anders ausgestalten oder eine Zeitung abonnieren darf, dann sollte in der öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses nicht die ganze Liste der Vergehen dieses Häftlings verlesen werden. Ich halte das für eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Das gehört da nicht hin und steht in keinem Zusammenhang mit dem Petitum. Die Ausschussmehrheit war leider anderer Meinung. Für mich ist das Voyeurismus, der nicht in den Petitionsausschuss gehört.
Enttäuschend war auch, dass bei einem Besuch von Abgeordneten der Bremer Bürgerschaft kein einziges Mitglied der CSU-Fraktion beim gemeinsamen Abendessen anwesend war. Vielleicht war das purer Zufall, und ich nehme an, die CSU hatte viele andere Termine wahrzunehmen. Jedenfalls hat die CSU komplett durch Abwesenheit geglänzt, als wir die Bremer Bürgerschaft - oder diese uns - zum Abendessen eingeladen haben. Bei diesem gemeinsamen Abendessen hatte die CSU jedenfalls andere Termine. Vielleicht muss man das verstehen, Sie waren jedenfalls nicht da. Sie haben dann aber auch eine Einladung der Bremer Bürgerschaft platzen lassen. Wir konnten die Bremer nicht besuchen, weil die CSU komplett gepasst hat. Das fand ich ein bisschen schade, das ist wohl den massenhaften Terminen der CSU-Fraktion geschuldet.
- Ich möchte nicht wissen, wo Sie sich schon überall haben einladen lassen.
- Ich bin jetzt nicht in einem Dialog mit Ihnen. Das machen wir später, einverstanden?
- Ja, vielleicht auch das. Ich möchte aber noch das gute, das persönlich gute Klima im Ausschuss würdigen und mich bei Herrn Klotz stellvertretend für die Mitarbeiter des Landtagsamtes bedanken, der uns immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat. Ich danke auch den beiden Vorsitzenden. An dieser Stelle möchte ich mich für die Zukunft aus dem Petitionsausschuss verabschieden, nicht weil ich dort nicht sein will, sondern weil ich aufhöre.
Herr Präsident, Sie wollten wohl sagen, Sie hoffen, dass das die letzte Rede in dieser Aussprache ist. - Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich rede als Stellvertreterin. Ich war auch nicht immer in der Kinderkommission. Ich bin eingesprungen, wenn Frau Stamm, die leider auch heute verhindert ist, nicht kommen konnte. Ich habe mir dennoch ein Bild dieser Kinderkommission machen können. Wenn ich anwesend war, habe ich aktiv mitgearbeitet und an den Beschlüssen mitgewirkt.
Ich kann nur sagen: Hinter dieser Kinderkommission liegt eine sehr harte Arbeit, und zwar nicht nur, weil die Ziele sehr ambitioniert waren und es sehr viele Punkte gegeben hat. Es war ein Prozess der Zusammenarbeit, die erst wachsen und viele Hürden überwinden musste. Aufgrund vieler persönlicher Probleme sind Beschlüsse manchmal nur sehr schwer oder überhaupt nicht zustande gekommen. Ehrlicherweise muss man sagen: Es war ein steiniger Weg, den aber alle mutig und beharrlich bis zum jetzigen Punkt gegangen sind. Ich finde, das ist eine wichtige Tatsache: Das Projekt ist nicht gescheitert, und es ist niemand ausgeschieden. Alle haben tapfer zusammengearbeitet, und deshalb sind auch einige Beschlüsse zustande gekommen. Es sind nicht alle Beschlüsse zustande gekommen; ich gehe später noch darauf ein.
In diesem Zusammenhang möchte ich als stellvertretendes Mitglied den ständigen Mitgliedern der Kinderkommission gratulieren und mich dafür bedanken, dass sie die vielen Termine wahrgenommen und die zahlreichen Debatten in der Kinderkommission durchgestanden haben.
In der Verfassung steht in Artikel 125: "Kinder sind das köstlichste Gut eines Volkes." Man sieht dabei wieder einmal, wie Verfassungsanspruch und Realität auseinanderklaffen. Wenn es so wäre, dann bedürfte es keiner Kinderkommission. Dass Bayern eine Kinderkommission hat, ist anzuerkennen. Diese Kommission wurde aber auch deshalb gegründet, weil Kinder sehr oft nicht die Rechte genießen, die sie in diesem Staat genießen müssten. Sehr häufig können sie nicht so von der Fürsorge profitieren, wie das der Fall sein müsste. Es gibt sehr viele Probleme – die Kolleginnen und Kollegen vor mir haben das bereits angesprochen –, und diese anzusprechen und zum Teil zu bewältigen, hat sich die Kinderkommission zum Ziel gesetzt.
Ich möchte auf die Schwerpunkte des GRÜNEN-Turnusses eingehen. Wir haben uns überwiegend den Problemen der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge gewidmet und dazu im Landtag eine Veranstaltung organisiert, die mit einer Fotoausstellung, "STATUS" genannt, einherging. In dieser Ausstellung wurde veranschaulicht, wie Flüchtlingskinder oft allein gelassen werden und mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben. Wir haben uns dann um einen Einzelfall gekümmert, der zu einer generellen Regelung geführt hat: Drei Flüchtlingsgeschwister wurden in unterschiedlichen Einrichtungen untergebracht. Wir haben davon Kenntnis erhalten, und in der Kinderkommission wurde erreicht, dass das Sozialministerium in Schreiben an die Regierung von Oberbayern und Mittelfranken sowie an die Bundespolizei Rosenheim verlangt hat, dass künftig Geschwister nicht getrennt werden sollen.
Nicht durchsetzen konnten wir uns mit unserem Anliegen, die Anwendung der Handwurzelröntgenuntersuchung zur Altersfeststellung abzuschaffen. Diese Methode ist sehr umstritten und nicht zielgenau. Sie wird nach der Erklärung des Deutschen Ärztetages abgelehnt. Leider konnte sich die Kinderkommission aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips nicht dazu durchringen, diese Untersuchungsmethode abzuschaffen. Wir bedauern das. Nach wie vor ist die Polizei befugt, die vorläufige Entscheidung über das Alter zu treffen. Von dieser Entscheidung über das Alter hängt die Unterbringung ab. Jugendliche über 16 Jahre müssen schon jetzt in die ganz normalen Gemeinschaftsunterkünfte, deren Zustand derzeit verstärkt von allen, auch von Ministerpräsident Seehofer, kritisiert wird. Das ist nicht in Ordnung, und wir wollten sicherstellen, dass Kinder nicht in diese Gemeinschaftsunterkünfte müssen.
Ein weiterer Schwerpunkt war das Thema Kinder und gesunde Ernährung. Wir haben das Luisengymnasium in München besucht. Dort wird von Kindern im Rahmen einer Projektgruppe eine Mensa betrieben, in der gesunde Mahlzeiten serviert werden. Wir sind vom Kultusministerium ein bisschen hereingelegt wurden. Wir wurden dahin gehend beraten, als Minimalkonsens – auch damit konnten wir uns nicht durchsetzen - vorzusehen, dass derartige Schulversuche in eine Best-Practice-Liste aufgenommen werden. Hinterher haben wir erfahren, dass es diese Best-Practice-Liste gar nicht gibt. Ich würde für die Zukunft darum bitten, dass etwas ehrlicher miteinander umgegangen wird und vom Kultusministerium nicht mit gezinkten Karten gespielt wird.
Besonders begrüße ich den Besuch der Schlauschule, obgleich dieser nicht in unserem Turnus war. Es handelt sich um ein Projekt zum schulanalogen Unterricht, in welchem Migrantenkinder und unbegleitete Minderjährige mit einem Riesenerfolg von unglaublich engagierten Lehrkräften zum Hauptschulabschluss geführt werden, den sie an anderen Hauptschulen ablegen und damit beweisen, dass sie genauso viel leisten können wie andere Hauptschüler. Dass dieses Projekt endlich vom Freistaat eine Förderung erfährt, nachdem es sich vorher ausschließlich aus Spenden mit Unterstützung der Stadt München finanziert hat, begrüße ich außerordentlich, da damit bewiesen wird, dass Kinder mit Migrationshintergrund und sogar Kinder, die erst mit 16 als Analphabeten hierher kommen und der deutschen Sprache nicht mächtig sind, innerhalb weniger Jahre den qualifizierten Hauptschulabschluss ablegen können. Hut ab vor diesen Kindern und Jugendlichen! Damit ist gezeigt, dass sie bei entsprechender Förderung genauso viel leisten können wie einheimische Kinder.
Zur Geschäftsordnung: Es ist schon mehrfach erwähnt worden, dass Einstimmigkeit erforderlich ist. Das lässt sich vermutlich auch nicht anders machen, weil ansonsten die Mehrheiten entsprechend abgebildet werden müssten. Wir regen an, dass künftig Beschlüsse nicht mehr ohne Argumentation abgelehnt werden sollten, sondern dass von den Mitgliedern der Kinderkommission, die den jeweiligen Beschlussvorschlag ablehnen, zumindest ein Alternativvorschlag gemacht werden soll. Das wäre ein konstruktiver und weiterführender Vorschlag.
Wir glauben auch, dass auf der Arbeitsebene Energie und Zeit gespart werden könnten, wenn manche
Dinge, wie Terminvereinbarungen oder Umformulierungen, eventuell von Mitarbeiterinnen erledigt werden könnten und sich die Kinderkommission nicht einen Großteil ihrer Zeit damit beschäftigen müsste.
Trotzdem: In der Kinderkommission wurden Erfahrungen gesammelt, wie künftig Reibungsverluste vermieden werden können. Die Mitglieder der Kinderkommission sind wichtige Anwältinnen der Kinder gewesen. Ich wünsche der Kinderkommission für die nächste Legislaturperiode viel Erfolg, weniger Reibungsverluste und noch mehr Beschlüsse.
Herr Kollege Unterländer, ich begrüße ausdrücklich, dass Sie die Qualitätsverbesserung in den Kindertagesstätten in den Vordergrund rücken. Glauben Sie aber nicht, dass der Qualität mehr gedient wäre, wenn statt einer Beitragssenkung mehr Erzieherinnen eingestellt und die Gruppen verkleinert werden könnten? Das ist keine Beitragsfreistellung, sondern eine Beitragsabsenkung. Damit ist niemandem gedient, der Qualität schon gleich gar nicht.
Herr Kollege Winter, es freut uns außerordentlich, dass die Regierungskoalition jetzt Verbesserungen im frühkindlichen Be
reich in Angriff nimmt, ebenso wie bei den Altenpflegeschulen und beim Thema Inklusion. Wir hatten zum Doppelhaushalt zu all diesen Punkten Änderungsanträge gestellt, die ebenfalls die Verbesserung im Blick hatten, aber allesamt abgelehnt wurden. Warum kommen Sie jetzt auf die Idee, Verbesserungen einzubringen? Warum jetzt, warum nicht im Doppelhaushalt, und was ist in der Zwischenzeit mit der Regierungskoalition passiert, dass man nun plötzlich umdenkt?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Landtagspräsidentin, ich werte Ihre Weigerung, zu dem Verhalten der Sozialministerin in Würzburg Stellung zu nehmen, als Kritik an Ihrer Sozialministerin.
Des Weiteren möchte ich die Vorwürfe, die meiner Kollegin Simone Tolle gemacht wurden, auf das Schärfste zurückweisen.
Frau Tolle ist eine sehr engagierte Frau, die sich in Würzburg um die Flüchtlinge gekümmert hat und auch in der Vergangenheit für deren Rechte eingetreten ist, und zwar in den Momenten, in denen die Frau Sozialministerin nicht die Notwendigkeit gesehen hat, zu Flüchtlingen zu gehen, die sich im Hungerstreik befunden haben.
Die sind von Frau Tolle begleitet worden. Meine Kollegin, Simone Tolle, agierte von außen oder musste von außen agieren, weil sie zu der Delegation nicht eingeladen war. Deshalb konnte Sie auch nicht teilnehmen. Sie war jedoch betroffen und hat sich geäußert. Nicht nur sie, sondern viele Expertinnen und Experten aus der Anhörung, die im April 2009 im Landtag stattgefunden hat, sind der Meinung, dass diese Lager psychisch und physisch krank machen. Das hat nicht nur der Leiter des Missionsärztlichen Instituts in Würzburg gesagt, sondern auch der Bischof von Freising. Sie alle sind Menschen, die sich intensiv mit dieser Problematik auseinandersetzen. Sie kommen zu diesem Urteil.
Das sollten Sie sich auf die Fahnen schreiben, wenn Sie solche Einrichtungen besuchen. Sie würden dann zu der Überzeugung kommen, dass diesen Menschen mehr geholfen werden muss als nur mit freundlichen und warmen Worten. Die Menschen brauchen tatkräftige Unterstützung. Sie sind in der Regierung, und Sie können das ändern. Das tun Sie seit Jahren nicht.
Der missglückte Versuch der Frau Sozialministerin Haderthauer in Würzburg zeigt uns deutlich, dass sie sich lieber auf Facebook mit Journalisten streitet, als Gespräche mit Flüchtlingen zu führen. Es zeigt uns deutlich, welche Ignoranz sie gegenüber Flüchtlingen an den Tag legt.
Das zeigt deutlich, dass sie soziale Kälte statt menschlichem Verständnis walten lässt. Dafür wurde sie massiv kritisiert. Ich möchte noch einmal auf Burkhard Hose zu sprechen kommen, nachdem Sie, Frau Landtagspräsidentin, ihn als äußerst glaubwürdigen Menschen geschildert haben. Er ist glaubwürdig. Kollege Pfaffmann hat bereits zitiert, was er gesagt hat. Ich habe noch eine Internetnotiz von ihm. Er schreibt: Eiseskälte drinnen und draußen − mit diesem Eindruck bin ich gestern nach dem Gespräch mit der Ministerin Haderthauer nach Hause gefahren. Draußen harrten Flüchtlinge in der Kälte aus, um wenigstens einige Minuten mit der Sozialministerin zu sprechen, und wurden enttäuscht. Drinnen überwog für mich bei
dem zweistündigen Gespräch mit der Ministerin die Eiseskälte der real existierenden CSU-Asylpolitik.
Ich könnte noch fortfahren, aber ich glaube, diese Worte zeigen bereits deutlich, was sich in Würzburg an diesem Tag zugetragen hat. Nachdem Frau Staatsministerin Haderthauer das Gespräch, zu dem Frau Tolle nicht eingeladen war, beendet hat, haben die Flüchtlinge versucht, die Gelegenheit zu ergreifen, um mit ihr zu sprechen, nachdem sie seit Monaten darauf warten, dass sie einmal zu ihnen kommt. Es ist selbstverständlich, dass sie diese Gelegenheit ergreifen möchten. Das ist Ihr gutes Recht. Was aber macht die Ministerin? Sie verkriecht sich feige im Auto und verweigert das Gespräch.
Herzlichen Glückwunsch, Frau Ministerin, für diese Volksnähe, die Sie da gezeigt haben.
Dieser Besuch in Würzburg wirft ein bezeichnendes Schlaglicht auch auf Ihre sonstige Politik, Frau Ministerin. Nachdem Sie mit großem Elan damals die Metallcontainer verboten haben, haben wir Hoffnung geschöpft, aber es kam nichts nach. Es gab in der Asylpolitik keine Verbesserung. Nein, Sie haben weiterhin auf den harten Bedingungen der Unterbringung für Asylbewerber bestanden. Sie hätten es in der Hand gehabt, aber Sie haben nichts verbessert. Sie haben einen Sozialbericht herausgegeben, aber keine Konsequenzen gezogen. Die Verhältnisse sind nach wie vor so wie immer.
Sie haben einen Aktionsplan erstellen lassen, ohne die behinderten Menschen einzubeziehen. Sie haben versucht, uns klarzumachen, dass Altenpflegeschulen kein Schulgeld erheben würden. Das stimmt nicht. Wir haben das schmerzlich über Monate hin diskutiert, und trotzdem hat sich nichts geändert. Unterdessen hat die CSU jetzt die Erleuchtung, dass Altenpflegeschulen künftig kostenfrei zu stellen sind.
Während die Wohlfahrtsverbände eine Pflegekonferenz aufgrund des in Bayern herrschenden Pflegenotstands veranstaltet haben, gingen Sie lieber zu McDonald’s. Ihre politische Ignoranz bezüglich eines menschenwürdigen Umgangs mit Flüchtlingen und sozial Schwachen zieht sich wie ein roter Faden durch die Politik.
Frau Haderthauer, Sie sind keine soziale Ministerin, sondern Sie sind eine Karrieristin, die zufällig Sozialministerin wurde.
Herr Kollege Hintersberger, ich habe die eiskalte Atmosphäre, von der ich sprach, lediglich aus dem Schreiben des Pfarrers zitiert, mit dem Frau Landtagspräsidentin ein gutes Verhältnis hat und dem sie vertraut.
Deshalb vertraue auch ich ihm und glaube, dass es eine eiskalte Atmosphäre war.
Ein Weiteres. Die Essenspakete sind unmenschlich, dabei bleibe ich. Die Menschen müssen dadurch etwas essen, was sie gar nicht wollen. Sie sind nicht zu doof, selber einkaufen zu können.
Ihr Geschrei, meine Damen und Herren von der Rechten, rettet Sie auch nicht.
Zu Frau Tolle und zu dem Plakat sage ich Ihnen Folgendes. Es gab in dieser Unterkunft bereits einen Suizid und einen Suizidversuch. Es gibt die Aussage, dass diese Lager psychisch und physisch krank machen. Der Schritt dazu, dass sie gesagt hat, "Lager töten", ist ein gradueller Unterschied. Ein Mensch ist in diesem Lager gestorben. Glauben Sie nur nicht, er sei gestorben, weil die Unterbringung so gut sei.
Er ist gestorben, weil er verzweifelt war.
Das ist etwas, was wir nicht weiter mittragen wollen und können.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sprache ist der Schlüssel zur Teilhabe. Sprache ist auch der Schlüssel zur Integration. Bisher sind Asylbewerbern Sprachkurse verwehrt worden. Bisher wurden Sprachkurse nur Anerkannten oder Geduldeten zugebilligt. Menschen im Asylverfahren haben kein Anrecht auf einen Sprachkurs. Das ist oder war − das werden wir heute noch sehen − politisch gewollt. Man wollte diese Menschen nicht teilhaben lassen. Man wollte sie nicht integrieren. Man wollte sie isolieren. Man wollte, wie es immer noch im Aufnahmegesetz heißt, die Rückkehrbereitschaft dieser Menschen fördern, indem man sie systematisch ausgegrenzt hat.
Anlässlich eines Besuches des Sozialausschusses in Leverkusen vor einigen Jahren hat ein hoher Beamter des Sozialministeriums zu mir gesagt: Diese Leute wollen wir nicht integrieren. Voilà, deshalb haben sie auch keine Sprachkurse bekommen. Umso erfreulicher ist es, dass wir bei dem ansonsten missglückten Besuch in Würzburg die Kunde vernehmen durften, dass Sie, Frau Landtagspräsidentin Stamm, und auch Frau Sozialministerin Haderthauer sich dafür einsetzen, dass auch Asylbewerber Sprachkurse von Anfang an bekommen. Wir begrüßen das ausdrücklich.
Wir haben zur heutigen Plenarsitzung den Dringlichkeitsantrag eingereicht, um diesen Schritt in die richtige Richtung vonseiten des Landtags zu bekräftigen. Dieser Dringlichkeitsantrag ist auch eine Nagelprobe für die Ernsthaftigkeit dieser Ankündigung; denn es darf nicht sein, dass die Mittel für diese Kurse ausschließlich vom Bund kommen. Das Land kann jetzt Geld in die Hand nehmen und damit in Bayern Sprachkurse für Asylbewerber einführen. Daneben bleibt es der Sozialministerin natürlich unbenommen, sich auf der Konferenz der Integrationsminister in Dresden dafür einzusetzen, dass auch der Bund die Sprachkurse von Anfang an einführt und damit auch denen, die jetzt eine Zweidrittelmehrheit brauchen, um das durchsetzen zu können, zum Erfolg zu verhelfen. Ich denke, das wird auch sicher so geschehen. In der Asylpolitik müssen wir von der Abschreckung wegkommen und hin zur Willkommenskultur.
Dabei handeln wir im eigenen Interesse; denn diese Menschen bringen Potenziale mit, die sie in diesem Land auch einbringen wollen. Frau Sozialministerin Haderthauer, beweisen Sie bitte in diesem einen Punkt Glaubwürdigkeit, und setzen Sie Ihre Ankündigung von Sprachkursen für Asylbewerber umgehend um.
Herr Kollege Imhof, bevor sie zum Thema kamen, haben Sie ziemlich viel Lyrik verbreitet. Mich würde interessieren, in welchem Zeitrahmen Sie Landesmittel einsetzen wollen, um mit den Kursen zu beginnen. Wann beginnen die Kurse aus Ihrer Sicht?
Herr Kollege Imhof, ich muss Ihnen sagen: Die Worte höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Sie haben es in Ihrem Antrag nicht formuliert. Das lässt mich weiterhin zweifeln. Sie haben in Ihrem Antrag lediglich von einer Finanzierung vorrangig aus Bundesmitteln gesprochen. Wenn es so klar ist, dass das Land finanziert, warum schreiben Sie es nicht in den Antrag hinein? Wissen Sie, wir sind gebrannte Kinder. Frau Sozialministerin Haderthauer hat bereits einmal gesagt, die Altenpflegeschulen würden zu 100 % refinanziert. Leider war es nicht so. Wenn Sie vorrangig die Bundesmittel, die Landesmittel jedoch nicht nennen, können wir diesem Antrag nicht zustimmen, weil wir nicht sicher sein können, dass auch Landesmittel eingesetzt werden. Deshalb schlage ich Ihnen vor: Ändern Sie den Antrag in diesem Punkt. Schreiben Sie im letzten Satz: "Mit der
Realisierung wird unabhängig von einer möglichen Finanzierung durch den Bund unverzüglich begonnen". Wenn Sie das schreiben, ist klar, dass das Land dies finanziert. So, wie Sie es schreiben, können wir dem Antrag nicht zustimmen. Sie verweisen lediglich wieder auf den Bund. Das ist uns zu wenig.
Frau Ministerin, Sie sollten sich vielleicht besser mit Herrn Kollegen Imhof abstimmen. Er hat negiert, dass ein Konzept notwendig ist. Soeben haben Sie erklärt, Sie arbeiteten an einem Konzept, wie die Deutschkurse umgesetzt werden sollten.
Was hindert die CSU-Fraktion daran, die Landesmittel in den Antrag zu schreiben? Warum stehen die Landesmittel nicht drin? Warum verweisen Sie nur auf Bundesmittel?
Herr Staatsminister Dr. Söder! Bei meinen behavioristischen Studien Ihrer Rede ist mir aufgefallen,
dass Sie während Ihrer gesamten Rede der Opposition permanent den Rücken zugedreht haben.
Herr Staatsminister, da tauchen bei mir zwei Fragen auf.
Herr Staatsminister, wollten Sie in Abwesenheit des Ministerpräsidenten bei der Regierungskoalition Vertrauen zurückgewinnen,
was anschließend auch mit dem gegen Seehofer gerichteten Applaus bestätigt wurde? Oder geht es mehr nach dem Prinzip, frei nach Pythagoras,
Egozentriker bemerken nicht, wenn Sie jemandem den Rücken zudrehen?
Herr Präsident, ich werde mit den elf Minuten zurechtkommen, und ich werde die Sozialpolitik vertreten, nicht die Haushaltspolitik.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Einzelplan 10, auch Sozialhaushalt genannt, gelten drei Attribute: zu spät, zu schlecht, zu wenig.
Ich werde jetzt anhand einzelner Beispiele beweisen, dass ich diese drei Attribute zu Recht verwende.
Schauen wir zunächst auf den Krippenausbau. Nach jahrzehntelangem Tiefschlaf der Staatsregierung und ideologischer Borniertheit
haben Sie unterdessen, weil ein Rechtsanspruch greift, begriffen, dass auch in Bayern die Krippen ausgebaut werden müssen. Sie halten sich zugute, jetzt mit Volldampf Krippen auszubauen. Allein, das gelingt Ihnen nicht. Es gelingt Ihnen auch deshalb nicht, weil
Sie bei der Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher ebenfalls tief geschlafen haben. Deswegen haben wir jetzt zu wenig Erzieherinnen und Erzieher in Bayern, sodass, selbst wenn der Krippenausbau gelänge, nicht ausreichend Fachkräfte vorhanden wären, um diese Einrichtungen ordnungsgemäß auszustatten.
Frau Haderthauer rechnet sich den Deckungsgrad der Kinderkrippen in Bayern regelmäßig schön und wird dafür vom Landesamt für Statistik regelmäßig lächerlich gemacht. Sie redet von einem Deckungsgrad von 48 %. Im März 2012 war allerdings laut Statistischem Landesamt lediglich ein Deckungsgrad von 23 % erreicht. Weitere 45.000 Kinderkrippenplätze müssen geschaffen werden. Somit müssen Sie jetzt in einem knappen Jahr eine weitere Steigerung um 60 % erreichen. Jeder in diesem Raum kann sich ausrechnen, dass das nicht möglich sein wird. Sie werden Ihr Ausbauziel nicht erreichen. Da nützen alle Beteuerungen nichts. Das Jahr 2013 und der August 2013 werden Ihre Aussagen Lügen strafen. Für den Krippenausbau gilt: zu spät, zu schlecht, zu wenig.
Auch beim Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz haben Sie viel zu spät reagiert. Sie haben nach jahrelanger Kritik von Verbänden, von Betroffenen und Eltern einen Änderungsvorschlag eingebracht. Aber welch Wunder: Es hat sich gar nichts verändert, obwohl zwei Anhörungen vorausgingen. Obwohl Ihnen alle Sachverständigen, ganz gleich, ob Vertreter der kommunalen Spitzenverbände oder Fachleute, ob Eltern oder Erzieherinnen und Erzieher, gesagt haben, was in diesen Änderungsentwurf aufgenommen werden müsste, sind Sie bei Ihrer Meinung geblieben, nichts verändern zu müssen. Sie haben etwas eingebracht, was dem Grundsatz, Qualität in den Vordergrund zu stellen, komplett widerspricht. Sie haben aus purem Populismus teilweise eine Kostenfreiheit eingeführt. Den Eltern, Frau Ministerin, wäre mit Qualität deutlich mehr gedient gewesen.
Sie hätten den Anstellungsschlüssel auf 1 : 10 senken müssen. Sie hätten den Gewichtungsfaktor für Kinder unter drei Jahren auf 3 anheben müssen. Sie hätten Inklusion für alle Einrichtungen schaffen müssen.
Sie hätten die Erzieherinnen und Erzieher für Leitungsaufgaben freistellen müssen.
Sie haben im Haushalt 32 Millionen Euro für den sogenannten Basiswert Plus − das ist ein tolles Wort −
eingeführt. Das ist ungerecht, weil damit die Einrichtungen belohnt werden, die ihren Anstellungsschlüssel im Nachgang verbessern. Jene, die schon immer mit einem guten Anstellungsschlüssel gearbeitet haben, gehen leer aus. Sie hätten für diesen Basiswert eigentlich 80 Millionen Euro gebraucht. 32 Millionen sind deutlich zu wenig.
Sie haben für diese teilweise eingeführte Beitragsfreiheit 93 Millionen Euro eingesetzt. Das sind zwei Drittel der zusätzlichen Mittel, die Sie für das BayKiBiG verwenden, zwei Drittel für eine populistische Aktion, die weder Kindern noch Eltern noch Erzieherinnen und Erziehern nützt.
Zu diesem von Ihnen vorgelegten BayKiBiG kann man nur sagen: zu spät, zu schlecht, zu wenig.
Schauen wir auf das Landesblindengeld. Es wurde im Jahr 2004 unter Herrn Stoiber um 15 % gekürzt. Dadurch wurden 14 Millionen Euro eingespart. Jetzt liegt ein Gesetzentwurf von SPD und GRÜNEN vor, die fordern, dass zwei weitere Gruppen in das Landesblindengeldgesetz aufgenommen werden: die Taubblinden und die hochgradig Sehbehinderten. Obwohl diese beiden Gruppen noch dazugekommen wären, wäre der Ansatz immer noch deutlich unter dem damaligen Ansatz geblieben. Dazu muss man noch sagen, dass der Ansatz für das Blindengeld ohnehin gesunken ist, nämlich um 19 Millionen Euro, weil durch die augenmedizinischen Fortschritte Gott sei Dank weniger Menschen blind werden. Sie haben − und das spricht Bände für Ihre Auffassung von Inklusion − die schwerst sehbehinderten Menschen, die nur noch einen Grad von 3 % Sehfähigkeit haben das heißt, sie sehen praktisch nichts −, im Regen stehen lassen. Sie haben ihnen kein Landesblindengeld zugebilligt. Dabei brauchen sie dieselben Hilfsmittel, um sich im Leben zurechtzufinden, wie blinde Menschen. Sie werden leer ausgehen. Fast leer werden die Taubblinden ausgehen, sie sind im Doppelhaushalt nur für 2013 berücksichtigt, für 2014 nicht.
Das ist ein Trauerspiel; denn Inklusion heißt Teilhabe und Nachteilsausgleich. Beides haben Sie für die beiden genannten Personengruppen komplett verfehlt. Die Attribute "zu schlecht, zu wenig" sind hier durchaus angebracht.
Kommen wir noch zu den Investitionsmitteln für die Behindertenhilfe. Da haben Sie gedacht, Sie machen es besonders schlau. Im Einzelplan 13 haben Sie zu
sätzliche Investitionsmittel in Höhe von 8,5 Millionen Euro ersatzlos gestrichen. Sie haben natürlich gedacht, das bleibe unbemerkt, weil diese Mittel ja nicht im Einzelplan 10 waren. Dank unserer Haushälterin Claudia Stamm haben wir es aber bemerkt, und Sie haben dann noch 3,5 Millionen nachgeschoben. Welch ein Armutszeugnis!
De facto sind es 5 Millionen Euro weniger für die Behindertenhilfe. Herzlichen Dank! Das ist Ihr Verständnis von Integration. Hier gilt: zu schlecht, zu wenig.
Schauen wir auf Asyl-, schauen wir auf Integrationspolitik. In Bayern läuft Integrationspolitik über lokale Integration. Es gibt keine nachholende Integration und keine Struktur für Integration. Integration gelingt nicht wegen, sondern trotz der Staatsregierung.
Die Potenziale werden nicht erkannt und nicht genutzt. Das geht nicht nur auf Kosten der ausländischen Mitbürger, sondern auf Kosten unserer gesamten Gesellschaft.
Jetzt noch ein paar Worte zu den Flüchtlingen. Die Zeit ist leider zu kurz, denn dieses Thema verdient eigentlich die gesamte Redezeit.
In Bayern sollen Flüchtlinge immer noch abgeschreckt werden. Neueste Blüte bayerischer Abschreckungspolitik ist die permanente Forderung nach beschleunigten Verfahren zur Abschiebung von Sinti und Roma. Es war dringend notwendig, dass Sie vom Bundesverfassungsgericht eine Ohrfeige dafür bekommen haben, dass Sie die Asylbewerber noch immer mit viel zu wenig Geld unterstützen. Das Bundesverfassungsgericht musste Sie darauf aufmerksam machen, dass alle Menschen ein Recht auf ein Existenzminimum haben. Das ist ein Armutszeugnis für die Bayerische Staatsregierung.
In den Erstaufnahmeeinrichtungen und in den Gemeinschaftsunterkünften herrschen wegen Überfüllung untragbare Zustände. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie halten ja gerne Sonntagsreden und auch gerne Weihnachtsreden. Wenn Sie in einer Weihnachtsrede wieder einmal den Begriff "Herberge" be
nutzen, dann denken Sie doch bitte daran, wie Sie mit Menschen, die hier Herberge suchen, umgehen.
Mir ist vorhin ein kleines Gedicht in die Hände gekommen vom Sankt-Josef-Stift, also relativ unverdächtig, grün-nah zu sein. Dieses Gedicht lautet - ich lese nur den letzten Satz vor -:
Vielleicht bauen wir ihnen doch einmal einen schönen neuen Stall. Bethlehem ist überall, ganz in unserer Nähe oder sogar im eigenen Haus, mitten unter uns.
Bethlehem ist überall. Aber unsere Sozialpolitik und unsere Flüchtlingspolitik ist zu spät, zu wenig und obendrein noch, weil wir die Flüchtlinge zwangsweise mit Essenspaketen verpflegen, zu teuer.
Frau Ministerin Haderthauer, Ihre Sozialpolitik hat keine erkennbare Linie: hier mal Flickschusterei, dort mit der Gießkanne, hier sinnentleerte Einsparungen. Frau Ministerin, Sozialpolitik sieht anders aus.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachsichtig, wie die GRÜNENFraktion nun einmal ist, sehen wir großzügig darüber hinweg.
Unser Anliegen ist es, das Blindengeldgesetz so auszustatten, dass alle Gruppen, die originär in dieses Blindengeldgesetz hineingehören, auch davon erfasst werden. Dazu gehören nicht nur blinde Menschen, sondern auch hochgradig sehbehinderte Menschen, deren Sehgrad auf 3 % Prozent festgesetzt ist, und da − das kann ich Ihnen sagen − sieht man so gut wie nichts. Diese hochgradig sehbehinderten Menschen brauchen eben auch Hilfen, genauso wie die blinden Menschen; und diese Hilfen kosten Geld. Genau dazu bräuchten sie das Blindengeld. Ebenso gehören die taubblinden Menschen dazu, die vom Schicksal noch wesentlich mehr getroffen sind, weil sie weder die Fähigkeit haben zu sehen noch zu hören.
Der Vorstoß zu dieser Erweiterung des Blindengeldgesetzes kam vom Blinden- und Sehbehindertenbund. Er hat alle Fraktionen eingeladen und ihnen sein Anliegen vorgetragen. Allein bei CSU und FDP hat er kein Gehör gefunden. Deshalb haben SPD und GRÜNE gemeinsam diesen Gesetzentwurf eingebracht, weil wir der Meinung sind, es ist jetzt endlich an der Zeit, diese Menschen einzubeziehen und ihnen auch eine Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen.
Es wären zusätzliche Kosten von 12,4 Millionen Euro − Herr Kollege Unterländer, das haben Sie gerade ausgeführt − auf den Staatssäckel zugekommen. Das ist richtig. Man muss aber auch sehen, dass durch die Stoiber-Kürzung des Blindengeldes von 2004 um 15 % eine jährliche Einsparung von 15 Millionen Euro erzielt wurde. 15 Millionen Euro! Die Aufstockung, in der alle Bevölkerungsgruppen inbegriffen gewesen wären, die eine Unterstützung für ihre mangelnde oder fehlende Sehfähigkeit brauchen, hätte nur 12,4 % betragen. Das heißt, wir wären immer noch unter dem Satz von 2004 geblieben. Also wenn Sie so argumentieren, Herr Unterländer, dass es eine Aufstockung bedeute, dann muss ich Ihnen widersprechen. Nein, gegenüber 2004 handelt es sich sogar um eine Einsparung, und es handelt sich sogar um noch mehr Einsparungen; denn Sie haben nicht berücksichtigt, dass die Anzahl der Antragsberechtigten massiv sinkt. Es ist dem medizinischen Fortschritt zu verdanken, dass mehr Menschen mit Sehbehinderungen geheilt werden können und nicht blind werden müssen.
Ich nenne Ihnen die Zahlen: Während wir 1992 noch rund 18.000 blinde Menschen hatten, waren es im Jahr 2000 nur noch 17.000, und 2010 waren es gar nur noch 15.000. Das bedeutet eine Einsparung allein durch die sinkenden Fallzahlen von 19,4 Millionen
Euro. Es schient Sie nicht besonders zu interessieren, Herr Unterländer; denn Sie sind in wichtigen Gesprächen, aber es handelt sich hierbei um blinde Menschen. Sie haben eben mit dem Geld argumentiert, und ich sage Ihnen, dass 19,4 Millionen Euro durch die sinkenden Fallzahlen eingespart werden und 2,5 Millionen dadurch, dass nicht einmal der Satz von 2004 erreicht ist. Das ergibt über 20 Millionen Euro, die wir eingespart haben. Dem stehen 12 Millionen Euro gegenüber. Wir hätten alle Gruppen einbezogen, und dem verweigern Sie sich. Das ist völlig unverständlich und überhaupt nicht nachvollziehbar.
Sie haben sich jetzt dazu entschlossen, die Taubblinden für 2013 zu berücksichtigen − welch eine Großtat! Was ist dann aber mit den taubblinden Menschen 2014? Na ja, da ist die Wahl vorbei, da werden wir dann mal weitersehen. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, das jetzt in den Doppelhaushalt einzustellen. Sie haben es nicht getan, und die hochgradig sehbehinderten Menschen haben Sie völlig durch die Maschen fallen lassen. Die haben Sie überhaupt nicht berücksichtigt. Ich frage mich schon, inwiefern dieses Vorgehen mit der UN-Konvention für die Rechte behinderter Menschen in Einklang zu bringen ist. Darin wird festgeschrieben, dass die Menschen mit Behinderung einen Nachteilsausgleich bekommen sollen und ihnen Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht werden soll.
Wie ist die Teilhabe eines hochgradig sehbehinderten Menschen gesichert, der keine Hilfsmittel bewilligt bekommt, um zum Beispiel Lese- oder Orientierungshilfen zu erwerben? Wo ist hier die Umsetzung der UNKonvention mitgedacht − und das in die Zukunft, für die nächsten zwei Jahre? Da sind Sie bereits damit fertig. Diesen Menschen wird keine Hilfe zur Teilhabe gegeben, und ich finde das äußerst schäbig, insbesondere dann, wenn man sieht, dass es sich im Vergleich zum Gesamthaushalt um einen lächerlich kleinen Betrag handelt, der aber für die betroffenen Menschen ein Riesenfortschritt gewesen wäre.
Sie sind hier Ihrer Verantwortung, sich für die Bedürftigen, die Schwächeren in der Gesellschaft einzusetzen, als Sozialpolitiker und Sozialpolitikerinnen der Koalition nicht gerecht geworden. Es tut mir leid für Sie. Dafür werden Sie sich vor den Wählern und insbesondere vor den Betroffenen verantworten müssen. Wir halten diesen Gesetzentwurf für richtig und hoffen, dass Sie sich vielleicht wenigstens beim nächsten Doppelhaushalt eines Besseren besinnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Geschichte des BayKiBiG ist die Geschichte eines Trauerspiels. Bevor der erste Entwurf vor sieben Jahren eingereicht wurde, gab es massive Kritik von Verbänden, die dazu hätte führen können, dass der Gesetzentwurf verbessert und gleich beim ersten Mal ein besserer eingereicht wird. Diese Chance hat die damalige, rein CSU-geführte Regierung verpasst. Danach gab es sechs Jahre lang
ein Sturmlaufen der Verbände und der Kirchenvertreter, die gesagt haben: Dieser Gesetzentwurf bringt Härten mit sich, die eine Bildung in der frühkindlichen Zeit nicht möglich machen bzw. ganz schwer behindern.
Das bedeutet: Sie hätten sechs Jahre lang Zeit gehabt, zu lernen und zu sagen: Hier liegen wir falsch, dort liegen wir falsch, und das machen wir jetzt besser. Dies wurde auch immer angekündigt. Sie haben gesagt, wir schauen uns das alles an. Wie die Herren und Damen Abgeordneten von der CSU immer zu sagen belieben: Wir nehmen es mit nach München. Das sagen Sie immer in Ihren Wahlkreisen, nicht wahr? Anscheinend ist aber in München nichts angekommen; denn der Gesetzentwurf ist immer noch genau derselbe wie vor sieben Jahren.
Ich frage mich: Was haben Sie aus all diesen Kritikpunkten gelernt? Was soll dieser zweite Gesetzentwurf, der deckungsgleich mit dem ersten ist? Sie haben Zeit vertan. Sie haben die Betroffenen hingehalten, und Sie haben nichts, aber auch gar nichts verändert. Soviel zum Verfahren.
Der zweite Gesetzentwurf wurde ewig lange angekündigt. Er wurde so lange angekündigt, dass die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN in der Zeit einen eigenen Gesetzentwurf erarbeitet, mit den Verbänden abgestimmt und hier in den Landtag eingebracht hat. Er wurde selbstverständlich im Landtag abgelehnt, wie das bei Oppositionsentwürfen so üblich ist. Der Gesetzentwurf der Regierung lag jedoch immer noch nicht vor. Wann lag er vor? − Im Juni. Im Juli sollte er dann schnell verabschiedet werden, damit das leidige Thema vom Tisch ist und man vor der Sommerpause vor diesen permanenten Kritikern Ruhe hätte. Das ist Ihnen Gott sei Dank nicht gelungen; denn aufgrund einer Initiative der GRÜNEN, die im Sozialausschuss einstimmig angenommen wurde, wurde im Oktober eine Anhörung durchgeführt. Diese Anhörung war natürlich eine erneute Chance, die Kritikpunkte aufzunehmen. In der Anhörung − das habe ich in Anhörungen selten erlebt − wurde dieses Gesetz von allen Verbänden einhellig abgelehnt; denn dieses Gesetz ist untauglich, und die Kritikpunkte der Verbände, Kirchen und Kommunen wurden nicht eingearbeitet.
Allein die Staatsregierung war davon völlig unbeeindruckt. Sie hat an ihrem unverändert schlechten Gesetzentwurf festgehalten. Viele Hundert Petenten haben en bloc 60.000 Unterschriften gegen dieses Gesetz überreicht. Ein Verbesserungsvorschlag der
Verbände und auch von Einzelpersonen war die Erhöhung des Basiswertes, weil der Basiswert keine Verfügungszeiten, Schwangerschaftsvertretungen und Elternarbeit zulässt. Was ist passiert? - Nichts. Sie haben den Basiswert erhöht, aber diese Erhöhung ist lächerlich. Herr Kollege Pfaffmann hat es vorhin vorgerechnet.
Angeregt wurde ferner eine Verbesserung des Anstellungsschlüssels auf 1 : 10. Was ist passiert? - Nichts. Sie haben den Anstellungsschlüssel auf 1 : 11 abgesenkt, und dafür lassen Sie sich feiern. Aber das ist deutlich zu hoch, um in den Gruppen eine pädagogisch wertvolle Arbeit leisten zu können.
Eine weitere Anregung ist die Erhöhung des Gewichtungsfaktors U 3, um in den Krippen eine bessere Qualität zu gewährleisten. Was ist passiert? - Nichts. Der Gewichtungsfaktor U 3 ist gleich geblieben. Sie sind gegenüber den Versuchen taub, in den Kinderkrippen die Qualität zu verbessern.
Des Weiteren ist es ungünstig, wenn der Förderfaktor 4,5 mit der Bewilligung der Eingliederungshilfe verquickt wird, weil bürokratische Hürden aufgebaut werden, da Kinder mit Behinderung beim Bezirk erst die Bescheinigung ihrer Behinderung beantragen müssen, bevor sie in der Kinderkrippe den höheren Gewichtungsfaktor bekommen. Jetzt haben Sie mit einem Änderungsantrag darauf reagiert, indem eine Schonfrist von sechs Monaten eingeräumt wird. Aber das reicht nicht aus; denn wir alle wissen, wie schnell die Mühlen unserer Bürokratie mahlen. Ich sage Ihnen jetzt schon: Sehr viele behinderte Kinder werden durch die Maschen fallen. Sie werden keinen erhöhten Gewichtungsfaktor bekommen, weil diese Koppelung stattfindet. Sie reagieren darauf nicht.
Eine weitere Anregung betrifft die Inklusion. Die Bundesrepublik Deutschland hat die UN-Behindertenrechtskonvention zur Inklusion unterzeichnet. Was passiert hierzu in diesem BayKiBiG? - Nichts. Sie haben anscheinend überhaupt nicht bemerkt, dass dies schon geltendes Recht ist. Sie beharren immer noch auf der Formulierung "Integrative Kindergärten", die natürlich "Inklusive Kindergärten" heißen müssten. Diese Kindergärten definieren sich dadurch, dass sie mindestens drei Kinder, höchstens aber ein Drittel Kinder mit Behinderung aufnehmen. Was ist das für ein Verständnis von Inklusion? Seit wann werden in der Inklusion behinderte Kinder gegen nicht behinderte Kinder aufgewogen? Hinter welchem Mond leben Sie denn? Merken Sie nicht, dass Sie auf dem völlig falschen Dampfer sind?
Ich könnte die Reihe der Beispiele für nicht aufgenommene Verbesserungsvorschläge beliebig fortsetzen, will es aber erst einmal dabei belassen. Ich sage Ihnen aber: Dieses Gesetz ist ein Rohrkrepierer und nicht zukunftsfähig. Ziehen Sie es am besten schnellstmöglich zurück und schädigen Sie Kinder, Eltern und Erzieher nicht länger mit diesem unausgegorenen Mist.
Der Städtetag ist übrigens derselben Meinung.
- Das ist die Sprache, die dieses Gesetz verdient.
Der Städtetag hat Sie aufgefordert, sich endlich um die Finanzierungsfragen zu kümmern und die Kommunen nicht im Regen stehen zu lassen. Der Städtetag erwägt meines Erachtens völlig zu Recht eine Klage gegen Sie und dieses Gesetz. Aber was machen Sie, wenn Sie sonst schon nichts machen? - Sie betreiben fröhlich Populismus, und zwar mit dem dritten kostenfreien Kindergartenjahr. Herzlichen Glückwunsch, Frau Ministerin! Qualität geht vor Kostenfreiheit.
Auch wir wären dafür, alles kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Wir haben gar nichts dagegen einzuwenden. Die Bildung muss kostenfrei sein, aber nicht, solange die Qualität nicht verwirklicht ist. Dieses Ziel ist in diesem Gesetzentwurf noch lange nicht erreicht. Und solange das nicht erreicht ist, kann das letzte Kindergartenjahr nicht kostenfrei sein.
Im Übrigen ist es ein Treppenwitz der Weltgeschichte, weil die CSU-Fraktion − zumindest die Sozialpolitiker und Sozialpolitikerinnen der CSU, die anderen kennen es eh nicht − immer beteuert hat: Wir wollen das erste Kindergartenjahr kostenfrei stellen, um einen Anreiz dafür zu bieten, dass mehr Kinder früher in den Kindergarten kommen. Da stimmen wir Ihnen zu. Das war sowieso unsere Idee.
Aber was machen Sie jetzt? - Jetzt plädieren Sie plötzlich für die teilweise Kostenfreiheit des letzten Kindergartenjahres, entweder weil Ministerpräsident Seehofer wieder einmal seine Meinung vorschnell hinausposaunt oder die FDP nicht mitgespielt hat. Ich
weiß es nicht. Sie haben Ihre Überzeugungen verraten und sind obendrein populistisch.
Dieser Gesetzentwurf ist eine Schande und belastet die frühkindliche Erziehung. Ziehen Sie ihn zurück und schweigen Sie künftig über diesen Fehltritt.
Frau Staatsministerin, ich möchte nur zu Ihrer Bemerkung Stellung nehmen, dass wir alle keine Ahnung von der Praxis hätten. Ich möchte Ihnen jetzt einmal vorlesen, wer außer uns noch keine Ahnung von der Praxis hat, weil er dieses Gesetz ablehnt. Das wären: der Städtetag, die Erzieherinnenverbände, die Elternverbände, die Caritas, die Diakonie, der Paritätische Wohlfahrtsverband, die Bischofskonferenz − na ja, da weiß man es nicht −, 60.000 Petenten, BLLV und GEW. All diese haben keine Ahnung von der Praxis, nur Sie, Frau Ministerin.
Herr Kollege Streibl, stimmen Sie mir
zu, wenn ich sage, dass die Darstellungen des Herrn Kollegen Heike ein Mobbing von Schutzbefohlenen darstellt?
Er hebt auf Punkte ab, die in diesem Zusammenhang vollkommen irrelevant sind. Entscheidend ist der Vorwurf, dass wichtige Fakten vorenthalten wurden. Dieser Vorwurf bleibt bestehen, ganz egal, was dieser Herr ansonsten noch von sich gegeben hat. Er hat richtige Fakten übermittelt, die ignoriert worden sind. Darum geht es. Es hilft Ihnen keinen Millimeter weiter, wenn Sie immer wieder mit Blödsinnszitaten daherkommen. Sie müssen sich um die Fakten kümmern. Das haben Sie nicht getan.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es bleibt mir völlig verborgen, weshalb die Koalition diesen Antrag gestellt hat. Sie wollen darin Dinge wissen wie beispielsweise - ich zitiere - die Herkunftsländer der Asylbewerber, die durchschnittliche Dauer der Asylverfahren und die Anerkennungszahlen, insbesondere bei Asylbewerbern aus Serbien und Mazedonien. All das steht in den monatlichen Veröffentlichungen des BAMF. Ich habe sie hier. Ich darf sie nicht hochhalten.
Für den Fall, dass Sie das noch nicht wissen sollten, kann ich sie Ihnen anschließend zum Kopieren geben. Sie haben also keinen Wissensbedarf.
- Nein, auch nicht. Sie haben vielmehr einen scheinheiligen Antrag gestellt,
in dem es Ihnen nur darum geht, Roma zu diskriminieren. Das ist die Botschaft Ihres Antrags.
Darüber hinaus ist zu berichten, welche Maßnahmen unternommen werden können, um eine Beschleunigung von Asylverfahren zu erreichen. Herr Kollege Herrmann, Sie haben gesagt, für wen die beschleunigten Asylverfahren gedacht sind, nämlich genau für die Roma. Aber Sie stellen den Antrag ausgerechnet in einer Zeit, wo die Not bei den Flüchtlingen in den Erstaufnahmeeinrichtungen und in den Gemeinschaftsunterkünften am schlimmsten ist. Sie kümmern sich nicht um die menschlichen Nöte dort. Sie kümmern sich nicht um eine Verbesserung. Nein, Sie kümmern sich darum, wie man Flüchtlinge, die zu uns kommen - Sie wissen natürlich auch schon ganz genau, warum sie zu uns kommen -, so schnell wie möglich wieder loswird.
Sie sollten aber einmal hinschauen, was in den Erstaufnahmeeinrichtungen los ist. In Zirndorf sind Zelte aufgestellt worden. Frau Ministerin Haderthauer hat beschönigend gesagt, es handle sich nur um Transiteinrichtungen, in denen die Flüchtlinge nur ganz kurze Zeit blieben. Das stimmt aber nicht, Frau Ministerin. Es liegt in Nürnberg noch nicht einmal ein Bauantrag für die Wohncontainer vor, die Sie aufstellen wollen. In München haben Sie Wohncontainer geschlossen und als menschenunwürdig bezeichnet. Aber jetzt stellen Sie Wohncontainer auf, die Sie für Luxusunterbringungen von Flüchtlingen halten. Aber noch nicht einmal die werden jetzt kommen. Sie werden nach Aussage des Bauamts Nürnberg in vier Monaten kommen. Dann ist der Winter herum.
Sie schaffen keine Erleichterungen für Asylbewerber. Aber Sie nehmen heute etwas in den Fokus.
Er kann nachher eine Intervention machen. Dabei kann er alles insgesamt betrachten, und so kommen wir besser zusammen.
Der Hintergrund Ihres Antrags ist eine Stimmungsmache gegen Roma. Die Absicht ist, eine nicht rechtsstaatliche Prüfung durchzuführen. Das ist eine Prüfung der Asylberechtigung innerhalb von 48 Stunden. Das streben Sie an. Das hat der Minister bereits angekündigt und sich dabei auf die Schweiz berufen.
Jeder weiß: In 48 Stunden kann niemals geprüft werden, ob ein Mensch tatsächlich einen Asylgrund hat
oder nicht. In dieser kurzen Zeit ist die Prüfung unmöglich.
Die Menschen, die hierher kommen, sind traumatisiert und erschöpft. Aber sie sollen innerhalb von 48 Stunden stichhaltige Beweise für einen Asylgrund liefern. Dass dies unmöglich ist, wissen Sie.
Aber darum geht es Ihnen nicht, sondern nur darum, Roma so schnell wie möglich wieder loszuwerden.
Die Roma kommen aus Serbien und Mazedonien. Dort werden sie diskriminiert, und zwar ganz massiv. Auch eine Diskriminierung ist eine Verletzung von Menschenrechten und somit auch ein Fluchtgrund.