Protocol of the Session on March 20, 2013

Ich eröffne die 122. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Diese wurde erteilt.

Meine Damen und Herren, bevor ich in die Tagesordnung eintrete, bitte ich Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich)

Am 12. März verstarb im Alter von 90 Jahren der ehemalige Staatsminister des Innern Dr. Bruno Merk. Fast 20 Jahre lang, von 1958 bis 1977, gehörte er dem Bayerischen Landtag an. Er vertrat für die CSU die Stimmkreise Günzburg und Krumbach in Schwaben.

Seine parlamentarische Laufbahn begann im Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsfragen. Später wechselte er in den Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen. Von 1960 bis 1966 war er Landrat des Landkreises Günzburg, ab 1966 Staatsminister des Innern und ab 1974 Bezirksvorsitzender der CSU Schwaben. In den Jahren 1971 bis 1976 meisterte Bruno Merk eines der ehrgeizigsten Projekte der bayerischen Nachkriegspolitik: die Landkreis- und Gemeindegebietsreform − gegen teils heftigen Widerstand auch aus den eigenen Reihen. Heute ist unumstritten, dass die Leistungskraft und die Infrastruktur der bayerischen Kommunen durch diese Reformen entscheidend gestärkt worden sind. Bruno Merk hat mit seiner Reform der Kommunalverwaltung die Grundlagen für ein modernes und wirtschaftlich leistungsfähiges Bayern geschaffen. - Auch der Aufbau eines flächendeckenden Rettungsdienstes ist untrennbar mit seinem Namen verbunden, ebenso die Überführung der kommunalen Polizei in die Landeshoheit. In seine Amtszeit fiel auch eine der größten menschlichen und politischen Katastrophen, die ein Innenminister in Deutschland bis dahin erleben musste: die gescheiterte Geiselbefreiung während der Olympischen Spiele 1972. Bruno Merk hat diese Tragödie nie verwunden.

Nach seinem Ausscheiden aus der Staatsregierung übernahm er in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens Verantwortung: an der Spitze des Sparkassen- und Giroverbandes, als Präsident des Bayerischen Roten Kreuzes und von 1986 bis 1991 als Mitglied des Bayerischen Senats. Zuletzt galt sein ganzes Engagement dem Kolpingwerk, in dem er als junger Mann Aufnahme gefunden hatte, als er schwer verletzt aus dem Zweiten Weltkrieg heimgekehrt war.

Bruno Merk war ein glaubwürdiger, hoch kompetenter, grundsatztreuer Politiker und ein aufrechter, unbeugsamer Charakter, der sich die Freiheit des offenen Wortes nie hat nehmen lassen. Ich bitte Sie, des verstorbenen Landtagskollegen und ehemaligen Staatsministers des Innern zu gedenken. − Sie haben sich zum Gedenken an den Verstorbenen von den Plätzen erhoben; ich danke Ihnen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich darf noch einige Glückwünsche aussprechen. Am 10. März feierte Herr Kollege Thomas Dechant einen halbrunden Geburtstag. Heute feiert Frau Kollegin Diana Stachowitz einen runden Geburtstag.

(Allgemeiner Beifall)

Ich wünsche Ihnen im Namen des gesamten Hauses und persönlich alles Gute und weiterhin viel Erfolg für Ihre parlamentarische Arbeit.

Gratulieren möchte ich Frau Kollegin Renate Will, die heute zur stellvertretenden Vorsitzenden der FDPFraktion im Bayerischen Landtag gewählt worden ist.

(Allgemeiner Beifall)

Frau Kollegin, im Namen des Hohen Hauses wünsche ich Ihnen alles Gute und viel Erfolg für Ihr verantwortungsvolles Amt. Zugleich spreche ich dem bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Fraktion, Herrn Kollegen Dr. Otto Bertermann, den Dank des Hauses aus.

Außerdem möchte ich die Kolleginnen und Kollegen noch darauf hinweisen, dass das Bayerische Rote Kreuz heute seine traditionelle Blutspendeaktion im Senatssaal dieses Hauses durchführt. Die Kolleginnen und Kollegen, die Gutes für ihre Mitmenschen tun wollen, sind herzlich gebeten, sich an dieser Aktion zu beteiligen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 a auf:

Gesetzentwurf nach Art. 74 BV zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes Volksbegehren "Grundrecht auf Bildung ernst nehmen - Studienbeiträge abschaffen!" (Drs. 16/15921) - Erste Lesung

Volksbegehren sind gemäß § 57 Absatz 2 der Geschäftsordnung wie Regierungsvorlagen zu behandeln. Eine Begründung des Gesetzentwurfs ist nicht vorgesehen. Ich eröffne deshalb sofort die Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von zehn Minuten pro Fraktion vereinbart.

Ich erteile zunächst dem Kollegen Oliver Jörg das Wort. −

(Zuruf: Vor drei Minuten war er noch da! - Inge Aures (SPD): Zu spät! Weitermachen! - Harald Güller (SPD): Dann machen wir weiter! - Ulrike Gote (GRÜNE): Weitermachen! - Abgeordneter Dr. Thomas Goppel (CSU) begibt sich zum Redepult)

Bitte schön, Herr Kollege.

(Dr. Thomas Goppel (CSU): Für den Kollegen Jörg!)

- Gut.

(Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN - Inge Aures (SPD): Das geht doch nicht! - Ulrike Gote (GRÜNE): Eigentlich geht es weiter in der Rednerliste! - Isabell Zacharias (SPD): Was für uns gilt, muss auch für die CSU gelten! - Glocke des Präsidenten)

Die Fraktion der CSU hat das erste Wort. Die Fraktion hat jetzt den Kollegen Dr. Thomas Goppel benannt.

(Harald Güller (SPD): Herr Jörg ist nicht anwesend! - Weitere Zurufe von der SPD - Zuruf von der CSU: Kollege Jörg ist jetzt doch schon da!)

- Die Sache wird durch Ihr Geschrei nicht besser. Ich erteile dem Kollegen Jörg das Wort.

Herr Präsident, Herr Ministerpräsident,

(Zuruf der Abgeordneten Christa Naaß (SPD) Karl Freller (CSU): Reden Sie nie mehr von Toleranz, Frau Kollegin! - Christa Naaß (SPD): Das hat mit Toleranz nichts zu tun, sondern mit Disziplin! - Unruhe)

geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, Kollege Oliver Jörg hat jetzt das Wort. Ich bitte um Ruhe in diesem Haus, damit er seine Rede halten kann.

Kolleginnen und Kollegen der Opposition -

(Christa Naaß (SPD): Gleiches Recht für alle!)

Ich habe entschieden, dass der Kollege Jörg das Recht hat zu

sprechen. Dabei bleibt es. Ich bitte um Aufmerksamkeit für ihn.

Kolleginnen und Kollegen der Opposition, es ist mir unangenehm, mich hier zu erklären. Aber es ist halt so, dass manchmal ein menschliches Bedürfnis vorliegt. Ich dachte, dazu reicht es noch. Das will ich wirklich nicht vertiefen. Aber ich danke für das Entgegenkommen.

Lassen Sie uns heute zu dem wichtigen Thema reden, das uns seit Wochen und Monaten beschäftigt. Wir hatten in Bayern ein Volksbegehren zur Abschaffung der Studienbeiträge. Mein Respekt gilt zuallererst den vielen Bürgerinnen und Bürgern, die sich an dem Volksbegehren beteiligt haben. Manchmal reden wir hier im Parlament, während draußen Politikverdrossenheit festzustellen ist. Aber hier war das Gegenteil der Fall. Mancher von uns war unterwegs, um mit den Bürgerinnen und Bürgern darüber zu reden, welcher der richtige Weg beim Umgang mit Studiengebühren ist.

Mein Respekt gilt, geschätzter Kollege aus dem Hochschulausschuss, lieber Michael, vor allem dir ganz persönlich für deinen Einsatz um das Volksbegehren. Jeder hat sich in den letzten Monaten an der Nahtstelle, wo er sich mit den Themenfeldern beschäftigt hat, intensiv mit den Bürgerinnen und Bürgern besprochen und mit ihnen diskutiert. Respekt für 14,3 %! Das Quorum wurde deutlich erreicht. Dazu den Bürgerinnen und Bürgern meine Gratulation! Die CSU-Landtagsfraktion hat sich zwischen Sommer und Weihnachten mehr als intensiv damit beschäftigt, wie wir mit den Studienbeiträgen umgehen. Einer Umfrage des Bayerischen Rundfunks zufolge, wollen fast 75 % der Bayerinnen und Bayern die Studienbeiträge nicht. In der gesamten Legislaturperiode haben wir gemeinsam Bemühungen unternommen, die Studiengebühren noch sozialer auszugestalten. Ein Drittel der Studenten ist von den Gebühren befreit.

Kollege Michael Piazolo hat mit dem, was er angestoßen hat, recht: Auch wir wollen sie wirklich nicht. Daher muss man irgendwann zu einer entsprechenden Entscheidung kommen. Sie alle sind Mitglieder in Volksparteien. Sie gönnen den Prozess in einer Partei all denen, die ehrenamtlich an der Basis unterwegs sind, um die Themenfelder zu besprechen. Dies haben wir gemacht.

Wir sind schon im Oktober zu der festen Überzeugung gekommen: An den Studienbeiträgen werden wir nicht festhalten. Deswegen war es gut, das Volksbegehren zu durchzuführen. Jetzt ist es nicht mehr notwendig, eine Entscheidung herbeizuführen. Wenn so viele Bürgerinnen und Bürger sagen, erstens wir

wollen darüber reden, und zweitens, wir wollen die Gebühren abschaffen, dann brauchen wir die Bürger nicht noch einmal an die Wahlurnen zu rufen. Wir wollen gemeinsam den Text, der auf gesetzlicher Grundlage dem Volk vorgelegt wurde, zum Gegenstand des Bayerischen Hochschulgesetzes machen. Aber uns ist es wichtig, an dieser Nahtstelle nicht stehen zu bleiben. Wir werden in den nächsten Stunden noch viel darüber reden und das Thema vertiefen.

Dann reden wir über die Fragen: Wie gelingt uns eine Kompensation in Bayern zu 100 %? Wie sieht es denn in zwei, drei, vier Jahren aus? Tragen wir den sich weiterentwickelnden Studentenzahlen Rechnung? Und was gibt es in anderen Bildungsbereichen, die im Gleichklang zu betrachten sind? Über all diese Fragen gemeinsam zu reden, ist für das Parlament gut.

Ich sage herzlichen Dank an alle, die sich an der Nahtstelle dafür verwendet haben, dass es uns gemeinsam gelingt, für den Bildungsbereich insgesamt einen ganz beträchtlichen Beitrag zu leisten. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern haben wir diese Entwicklung mit Mitteln versehen. Kein einziges Bundesland, das die Studienbeiträge abgeschafft hat, kompensiert dies aus dem laufenden Haushalt. Zum Teil ist das nicht unsere Leistung, sondern diejenige der Bürgerinnen und Bürger, der vielen Betriebe, der Mittelständler, die in unserem Land überall unterwegs sind, also derjenigen, die unser Land weiterbringen. Wir genießen in Bayern den Luxus, dies alles finanzieren zu können. Dies ist ein wichtiger Beitrag für die Hochschulen.

Lieber Staatsminister Thomas Goppel,

(Volkmar Halbleib (SPD): Da sitzt der Staatsminister Dr. Heubisch!)

wir haben mit guten Gründen vor vielen Jahren die Beiträge eingeführt. Zu den Gründen gehörte, dass wir die Situation der Lehre verbessern und Studierende an ihrer Hochschule noch stärker teilhaben, sie mitentscheiden lassen wollten. Diese Gründe sind nicht obsolet. Deshalb bin ich umso glücklicher, dass wir all die positiven Effekte, die sich mit den Studienbeiträgen verbunden haben, zum Beispiel die studentische Mitbestimmung, aufrechterhalten. Wir nehmen das Positive aus den Studienbeitragsjahren mit in die Zukunft.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU - Christa Naaß (SPD): Davon sind also bei Ihnen nicht alle überzeugt!)

Das Allerwichtigste: Wir können den Hochschulen jetzt die Perspektive geben, dass all das Gute, das

mit Studiengebühren erreicht worden ist − vom Personellen bis hin zu den täglichen Einsätzen, von den Tutorien bis zu den erweiterten Bibliotheksöffnungszeiten usw. -, auch zukünftig möglich sein wird. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist jetzt für die Studierenden, für die Tutoren und für die Professoren, die sich auf den Weg gemacht haben, eine ganz wichtige Stunde. Die Studienbeiträge einfach abzuschaffen, ist das eine. Gemeinsam Perspektiven für die Zukunft zu formulieren − Sie haben auch Gesetzesanträge eingebracht, die wir im Hochschulausschuss sehr gut kennen -, ist das andere. Das gelingt hier auch − darauf dürfen wir stolz sein − federführend durch die CSULandtagsfraktion, die von Anfang an gesagt hat: Wenn wir die Beiträge abschaffen und wenn wir konsequent sein wollen, müssen wir sie kompensieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind mit der Debatte über die Studienbeiträge auf einem mehr als erfolgreichen Weg. Die letzten Monate, als die Hochschulen nicht nur im Mittelpunkt des Interesses des Bayerischen Landtags, sondern der ganzen Gesellschaft in Bayern standen, waren eine gute Zeit. Damit spreche ich aus dem Herzen eines Hochschulpolitikers und beziehe alle ein, die im Hochschulausschuss mit uns gekämpft haben. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Entschuldigung für die Verspätung am Anfang.

(Beifall bei der CSU - Harald Güller (SPD): Das war keine Kritik an Ihnen, sondern eine Kritik an der Auslegung der Geschäftsordnung durch den Vizepräsidenten Bocklet!)

Danke schön, Herr Kollege Jörg. Als Nächste hat Frau Kollegin Isabell Zacharias das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.