Protocol of the Session on February 29, 2012

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 96. Vollsitzung des Bayerischen Landtags in dieser Legislaturperiode. Presse, Funk und Fernsehen sowie die Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Diese ist wie immer vorab erteilt worden.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich Geburtstagsglückwünsche aussprechen.

Am 27. Februar feierte Herr Kollege Dr. Christoph Rabenstein einen runden Geburtstag.

(Beifall)

Er ist noch nicht da, aber alle guten Wünsche begleiten ihn. Wir wünschen ihm vor allem Gesundheit und hoffen, dass er auch ein wenig Zeit zum Feiern hatte.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen EA-Gesetzes (Drs. 16/11355) - Erste Lesung

Dieser Tagesordnungspunkt soll ohne Aussprache an den federführenden Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie überwiesen werden. Wer mit der Überweisung an den zur Federführung vorgeschlagenen Ausschuss einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön. Gegenstimmen? - Danke. Stimmenthaltungen? Damit ist das einstimmig so beschlossen. Der Gesetzentwurf wird damit dem Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie zur Federführung zugewiesen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Stefan Schuster, Dr. Paul Wengert u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung der Bayerischen Bauordnung (Drs. 16/6410) - Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion vereinbart. Das Wort für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Roos.

Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns in diesem Hohen Haus mittlerweile im dritten Kalenderjahr mit

der doch scheinbar banalen und einfachen Frage, ob man die Sicherheit der Bewohnerinnen und Bewohner von Häusern, insbesondere Neubauten, in Bezug auf Brände nicht dadurch optimieren kann, dass man Rauchwarnmelder bei Neubauten verpflichtend verlangt und dieses Erfordernis in die Bayerische Bauordnung integriert.

(Beifall bei der SPD)

Es ist ein absolutes Trauerspiel, wie die Koalition mit dieser Frage umgegangen ist. Man braucht sich nicht zu wundern, dass etwas größere Vorhaben anderer Dimension, wie etwa die Eurorettung, längere Zeiträume beanspruchen. Aber in dieser Frage hat sich die CSU Bedenkzeit erbeten. Das ist schon gut ein Jahr her und nach langen internen Beratungen, mit denen wir von der SPD-Fraktion im Sinne eines Konsenses, den wir in diesem Hohen Hause erreichen wollten, einverstanden waren, hieß es dann: Leider wieder nichts. Dann kam ein Hoffnungsschimmer auf. Man sagte, sogar die FDP wolle sich näher mit der Thematik befassen. Die Plätze der FDP sind heute ähnlich dünn besetzt, wie das bei der Beratung im Ausschuss der Fall gewesen ist. Es hieß dann wieder: Nein. Auch bei der Abstimmung im Wirtschaftsausschuss hieß es: Nein, das überfordere die Wirtschaft, sei zu bürokratisch, könne nicht überprüft werden und ähnliche Argumente. Wir werden heute die Argumente hören.

Die SPD-Fraktion hat kontinuierlich und konsequent seit Jahren den Kurs gehalten. Ich darf an meine Vorgänger Hildegard Kronawitter und Jürgen Dupper erinnern. Wir haben das Ohr am Menschen, wir haben das Ohr an Vertretern von Organisationen, an den Mitgliedern der Feuerwehr und der Rettungsdienste sowie der Brandsachverständigen, an Vertretern von Versicherungen und weiteren Experten, die im Rettungswesen etwas beitragen. Wir sind nah am Menschen, andere sprechen nur davon.

All die Argumente, die wir gehört haben, überzeugen Sie nicht. Wir wollen, dass Menschen geschützt werden. Wir wollen, dass Menschen, die sonst vom Feuer im Schlaf überrascht würden, im wahrsten Sinne des Wortes durch Warntöne wachgerüttelt werden. Vor wenigen Tagen kam wieder eine ältere Dame zu Tode, weil sie nicht geweckt wurde und der akuten Gefahr nicht gewahr wurde. Soweit ich mich erinnere, war sie etwa 71 Jahre alt.

Der finanzielle Aufwand für die Bauwirtschaft entspräche einem Spottgeld, und auch die Kontrolle wäre möglich. Es wurde immer wieder eingewendet, eine Kontrolle sei nur schwer möglich. Wenn eine batteriebetriebene Rauchwarnmeldeanlage nicht mehr funktioniert, wenn die Spannung sinkt, dann gibt sie einen

durchdringenden Warnton ab. Jeder Bewohner kann dann Abhilfe schaffen.

Insofern unterstelle ich, dass die Koalition aus CSU und FDP unwillig ist, dass sie eher als Brandbeschleuniger denn als Retter der Menschen agiert. Das ist nicht der Auftrag, den wir im Bayerischen Landtag haben.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb fordere ich Sie auf: Stimmen Sie endlich dieser vernünftigen Lösung zu. Ich vermute, es wird irgendwann einmal ein ganz perfekter Gesetzentwurf aus den Reihen der Koalition kommen. Sie werden aber nicht mehr lange dazu Gelegenheit haben. Ab 2013 gehen die Uhren anders. Im Übrigen bin ich der Auffassung, dass die Koalition der Unwilligen abgelöst werden sollte.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Ich darf nun für die CSU-Fraktion Herrn Kollegen Bernhard das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig, dass wir die Sache schon länger diskutieren. Trotzdem, Herr Kollege, möchte ich zurückweisen, dass wir "Brandbeschleuniger" seien. Das geht schon etwas sehr weit.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Sie sind doch sonst ein vernünftiger Mensch, und kommen nun mit Argumenten, die Sie hier besser nicht gebrauchen sollten.

Dass Rauchwarnmelder grundsätzlich positiv sind, darüber sind wir uns alle einig. Sie sind relativ kostengünstig usw. Worüber wir uns nicht einig sind, ist die Frage, ob man sie verpflichtend vorschreiben soll. Dazu sind wir und die Staatsregierung bisher der Meinung, dass es in diesem Fall besser ist, auf die Eigenverantwortung zu setzen. Wir verbieten sie nicht. Sie tun gerade so, als würden wir den Menschen verbieten, Rauchwarnmelder einzubauen. Es ist aber ein Problem, wenn man etwas vorschreibt, reguliert und dann nicht kontrolliert. Das ist im Endeffekt nichts anderes als ein Appell, da jeder weiß: Wenn ich ihn nicht einbaue, passiert auch nichts.

Ich denke, man sollte nicht den Eindruck erwecken, der hier entsteht, wenn man die Begründung Ihres Gesetzentwurfs anschaut. Da werden Zahlen genannt, wie viele Brandopfer es gibt, und dann wird ein wenig der Anschein erweckt: Wenn wir Rauchwarnmelder haben, dann gibt es diese nicht mehr. Soweit

ich es überschaue, gibt es keine vernünftige Statistik, in der man diese Korrelation wirklich herstellen und sagen kann, in welchen Fällen das Fehlen eines Rauchwarnmelders ursächlich für Todesopfer oder Schäden durch Brände gewesen ist.

Sie haben es auf die Neubauten bezogen. Das ist schon vom Volumen her fraglich, da die größeren Probleme vermutlich im Bereich des Altbaubestandes bestehen, bei dem die Brandgefahr aufgrund des Alters der Gebäude, etc. sicher größer ist als im Neubaubereich. Wenn man es auf Altbauten bezieht, sieht man - wir haben dazu beispielsweise Stellungnahmen aus Mecklenburg-Vorpommern, wo es so etwas gibt -, welche Probleme damit verbunden sind. Ich möchte das nicht im Einzelnen ausbreiten. Wenn dem Besitzer die Pflicht auferlegt wird, entstehen alle möglichen Probleme: Welche Rolle spielt der Eigentümer? Wer zahlt es?, usw. Es ist also im Einzelfall nicht so einfach, wie man es sich vorstellt.

Deshalb werden wir Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen, was nicht ausschließt, dass wir die Sache weiter im Auge behalten, um vertiefte Erfahrungen zu sammeln. Solche Erfahrungen entstehen nicht innerhalb kurzer Zeit, wenn in den Ländern so etwas eingeführt wird, sondern es bedarf einer gewissen Zeitspanne. Allein die Einbaufristen betragen fünf Jahre. Das heißt, es dauert seine Zeit, bis man sieht: Wie wirkt es wirklich? Lohnt sich das? Ist es nicht zu bürokratisch?

Insofern sage ich: Wir lehnen den Gesetzentwurf ab, aber wir werden die Entwicklung weiter beobachten und uns entsprechend informieren, wie sich die Lage in den Ländern entwickelt, die die Pflicht zum Einbau von Rauchwarnmeldern eingeführt haben. Dann mag es sein, dass wir uns in mehr oder weniger kurzer Frist wieder einmal darüber unterhalten.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielen Dank. - Für die Fraktion der FREIEN WÄHLERN hat Kollege Glauber das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema ist ernst, und es ist nicht einfach, die richtige Antwort zu geben. Ich bin auch im Dezember hier am Redepult gestanden und habe aus meiner Sicht über eine ausschließliche Regelung für die Neubauten gesprochen, die wahrscheinlich nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss und zielführend ist; da, wie gesagt, Neubauten und die damit einhergehenden Brandlasten weniger problematisch sind als der Altbaubereich.

Neun Länder haben dazu eine Regelung getroffen, und all diese Länder kontrollieren sie nicht. Kollege Bernhard, wenn Sie sagen, es sei bürokratischer Aufwand: Diese Länder kontrollieren den Vollzug nicht. Der Einbau ist zwar verpflichtend, aber er wird nicht kontrolliert. Daher sollten wir uns in diesem Hause noch einmal zusammensetzen und gemeinsam eine Lösung finden. Ob die Lösung über die Bayerische Bauordnung der Weisheit letzter Schluss ist, wage ich ebenfalls zu bezweifeln. Mir wäre es sehr wichtig, dass eine gemeinsame Regelung für Wohnungen getroffen wird, vor allem auch für die Altbauten; denn auch das haben die anderen Länder damals so gemacht und die Altbauten in den Geschosswohnungsbau einbezogen. Das wäre mir wichtig, und ich appelliere als Architekt an alle Kolleginnen und Kollegen, eine Lösung zu finden.

Die Fraktion der FREIEN WÄHLER möchte dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen, da sie eine Lösung im Gesetzentwurf sehen möchte, und ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, nochmals darüber nachzudenken. Ganz zum Schluss möchte ich persönlich sagen: Ich werde dem SPD-Entwurf zustimmen, denn er ist ein erster Schritt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank. - Für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat Frau Kamm das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach wie vor sterben circa 50 Menschen pro Jahr in Bayern bei Bränden; die meisten kommen nicht in den Flammen, sondern durch Rauchvergiftungen ums Leben. Leider kann es bei Bränden durchaus sein, dass wenige Atemzüge genügen, um eine tödliche Rauchvergiftung zu erleiden.

Allerdings entstehen die meisten dieser Brände nicht in Neubauwohnungen, die brandschutztechnisch wesentlich besser ausgestattet sind als Altbauwohnungen.

Insofern erscheint uns ein Antrag, der sich für eine verpflichtende Installation von Brandmeldern in Neubauwohnungen ausspricht, für zu kurz gesprungen, und auch wir haben noch keine vollständige Antwort auf die Frage: Wer kontrolliert? Durch wen wird kontrolliert? Welche Haftungsfolgen hätte eine bestrittene Funktionsfähigkeit eines Brandmelders möglicherweise im Schadensfall für den Haushaltungsvorstand, bei dem der Schaden eingetreten ist, für den Vermieter, für den Hausbesitzer, für die zur Kontrolle verpflichtete Behörde usw.? Diese Fragen sind zu klären.

Zudem ist festzustellen, dass ungefähr ein Viertel der Todesopfer - das ist überproportional viel - nicht in den Wohnungen, sondern in Einrichtungen wie Altenheimen, Pflegeheimen, Krankenhäusern usw. zu Tode kommt. Wir haben Ihnen daher in unserem Antrag, der sich noch im Beratungsgang befindet, vorgeschlagen, mit einer Verpflichtung zu einer ausreichenden Ausstattung mit Brandmeldern wenigstens in derartigen Einrichtungen zu beginnen. Denn gerade dort leben Menschen, die im Brandfall nicht so schnell fliehen können, und die Folgen eines Brandes betreffen dort verhältnismäßig mehr Menschen, als es bei anderen Bränden der Fall ist.

Wir bitten Sie daher, noch einmal darüber nachzudenken, wo man anfangen sollte. Uns scheint es nicht gerade sinnvoll zu sein, bei Neubauten anzufangen. Man müsste dort anfangen, wo die größten Risiken bestehen.

Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung über diesen Gesetzentwurf der Stimme enthalten. Wir wollen aber weiterhin dafür werben, dass möglichst viele Brandmelder in den Gebäuden installiert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt Freiherr von Gumppenberg das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach 18 Jahren stehe ich zum ersten Mal wieder auf diesem Podium.

(Allgemeiner Beifall)

Wenn ich ganz ehrlich bin, muss ich gestehen, dass es mir durchaus Spaß macht, hier zu stehen. Hier würde ich furchtbar gern über Fragen der Wirtschaft reden, aber jetzt widme ich mich dem Thema Rauchmelder.