Michael Piazolo

Appearances

16/14 16/15 16/20 16/22 16/23 16/25 16/26 16/28 16/30 16/32 16/34 16/36 16/40 16/41 16/43 16/45 16/48 16/49 16/51 16/53 16/54 16/55 16/56 16/57 16/58 16/60 16/61 16/62 16/63 16/66 16/67 16/68 16/69 16/74 16/75 16/76 16/78 16/79 16/81 16/84 16/85 16/91 16/94 16/96 16/98 16/100 16/102 16/105 16/107 16/108 16/110 16/112 16/113 16/114 16/117 16/118 16/119 16/120 16/121 16/122 16/124 16/125 16/127 16/128 16/130 16/131 16/132

Last Statements

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Enver Simsek, Abdurrahim Özüdogru, Habil Kilic, Ismail Yasar und Theodoros Boulgarides – fünf Namen, fünf Opfer, alle in Bayern ermordet, zwi schen dem 9. September 2000 in Nürnberg und dem 15. Juni 2005 in München, ermordet, weil sie Auslän der oder weil sie ausländischer Herkunft waren. Diese schreckliche Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds, NSU, hat uns alle schockiert, hat die Be völkerung in Bayern beschäftigt wie wenige Ereignis se der letzten Jahre.
Die fünf Genannten lebten in Bayern, sie haben ver sucht, sich hier eine Existenz aufzubauen. Sie hatten Hoffnungen, sie verlangten Sicherheit, aber diese konnten sie nicht bekommen. Hoffnungen sind zer stört worden, Hoffnungen, die natürlich nicht nur die ausländischen Mitbürger bei uns haben, sondern wir alle. Aber in diesem Falle hat es diese fünf getroffen.
Auf der anderen Seite geht es nicht nur um Hoffnung, sondern es geht auch um Schuld. Diese Schuld tra gen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschä pe, drei Täter, die Hoffnungen zerstört haben, die Leben vernichtet haben, und zwar in einer Brutalität, wie man sie nur selten erlebt hat, mit einer Unerbitt lichkeit und einem inneren Hass, die beispiellos sind. Zwei der Täter, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, haben sich selbst gerichtet, Beate Zschäpe steht im Moment in München vor Gericht. Es war nicht die Auf gabe des Untersuchungsausschusses, Schuld festzu stellen. Das ist nicht unsere Aufgabe; das ist die Auf gabe der Gerichte. Wir sollten uns aber bewusst sein, dass es auch um diese Dimensionen geht, dass Hoff nungen zerstört wurden, dass schuldhaft gehandelt wurde. Das wird aktuell untersucht.
In diesem Untersuchungsausschuss ging es uns um die Frage nach Verantwortung, nach politischer Ver antwortung. Es geht also nicht um Schuld, sondern um Verantwortung, es geht darum, welche Fehler ge macht worden sind und welche Versäumnisse und strukturellen Defizite es gegeben hat. Es ist schon vieles in der letzten Stunde gesagt worden, und man läuft Gefahr, einiges zu wiederholen. Ich hoffe, das größtenteils zu vermeiden.
Ich bin der Auffassung, dass die politische Verantwor tung auch in Bayern von der politischen Spitze zu tra gen ist. Ich sage bewusst: politische Verantwortung. Ich will versuchen, das zu begründen. Die Möglichkeit eines fremdenfeindlichen bzw. rechtsextremistischen Tatmotivs war seitens der politischen Spitze in Bayern bereits unmittelbar nach dem Mord als denkbar er kannt worden, und sie wurde – auch das wurde ge sagt – nie ganz aus dem Auge verloren.
Heute, viele Jahre danach, kann man dem damaligen Innenminister eine gewisse Hellsichtigkeit, ein gewis ses Bauchgefühl unbedingt bescheinigen, mit allen Weiterungen, die das hat. Ich möchte daran erinnern, dass Kollege Beckstein, der damalige Innenminister, drei Tage nach dem ersten Mord eine Randnotiz an einen Artikel der "Nürnberger Zeitung" gemacht hat. Sie lautete: Bitte mir genau berichten. Ist ausländer feindlicher Hintergrund denkbar? – Es war ein Gefühl, ein Bauchgefühl, das sich vielleicht aus den Erfahrun gen vieler Jahre speiste. Er war nicht der Einzige. Auch der Zeuge Hegler hat gesagt: Bei Morden an Ausländern denken wir auch immer an einen auslän derfeindlichen Hintergrund. Wir denken zumindest daran, inwieweit wir ihn dann prüfen, ist eine andere Frage.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein Inter view aus dem Jahr 2012 in der SZ hinweisen. Damals hat Herr Beckstein in der Rückschau erklärt, von An fang an auch an ausländerfeindliche Motive gedacht und auch später danach gefragt zu haben. Er habe oft vor der Gewaltbereitschaft der Rechtsextremisten ge warnt und sogar teilweise von einer Braunen Armee Fraktion gesprochen. Er hat uns als Zeuge berichtet, dass der Begriff der Braunen Armee Fraktion sehr kri tisch gesehen wurde und er von anderen zurückge wiesen worden ist. Ich möchte aber noch einmal da rauf hinweisen, dass das Bauchgefühl da war. Es gab auch die Forderung an die Ministerien und die Behör den, die die Untersuchungen zu verantworten hatten, ihm zu berichten.
Inwieweit das geschehen ist, haben wir natürlich auch untersucht. Es gab auch Quellenbefragungen, aber diese Quellenbefragungen sind sehr schnell im Sande verlaufen. Sie sind nicht in der gleichen Intensität be trieben worden wie vieles andere.
Die bayerischen Ermittlungsbehörden – das ist eine zweite These, die ich hier aufstelle – blendeten entge gen dieser ersten Vermutung – ich möchte es nicht Verdacht nennen – die Möglichkeit eines fremden feindlichen Tatmotivs lange und weitgehend aus, sie stellten die Vermutung hintan und betrieben zugleich Ermittlungen in alle anderen denkbaren Richtungen. Das heißt, wenn man davon ausgeht, dass man zwei
Richtungen hat – die eine im Bereich der organisier ten Kriminalität, die andere im Bereich Fremdenfeind lichkeit -, dann sind jahrelang Ermittlungen praktisch nur in die eine Richtung unternommen worden. Es ist sehr viel in diesem Bereich passiert. Was hat man nicht alles untersucht! Schutzgelderpressung, vom Ausland aus agierende politische Organisationen, zum Beispiel wurde die PKK genauer untersucht - Ak tionen ausländischer Geheimdienste, Schuldeneintrei bung, Glücksspiel, Prostitution, persönliche Auseinan dersetzungen, religiöse Motivation, BTM-Handel. Der Einfallsreichtum war kaum zu überbieten. Zeugen wurden vernommen, noch und nöcher, es gab um fangreiche Kontakte zu supranationalen und ausländi schen Institutionen, zu Europol, den türkischen Poli zeibehörden, den polizeilichen Betrieb von DönerStänden sowie den Einsatz von als Journalisten und Detektive getarnten Hilfspersonen. Ausgedehnte Poli zeisuch- und –überwachungsmaßnahmen gab es auch gegenüber den Familien der Opfer. Man kann nicht sagen, dass in diesem Bereich zu wenig Ermitt lungen stattgefunden haben. Das ist zuvor schon ge sagt worden.
Demgegenüber ist bis 2006 in die andere Richtung – mögliche fremdenfeindliche Motive – außer den ge nannten Quellenbefragungen nichts passiert. Das Ar gument, man habe keine Spuren, kein Bekenner schreiben gehabt, verfängt nur teilweise. Denn in die andere Richtung gab es auch keine Spuren. Das heißt: Weder nach dem ersten Mord noch nach den weiteren Taten existieren, von vorübergehenden Er mittlungsansätzen zu höchst unterschiedlichen und damit auch nicht auf einen gemeinsamen Nenner für alle Mordanschläge hindeutenden Tatmotiven abge sehen, Anhaltspunkte weder für den Bereich der orga nisierten Kriminalität noch für den Bereich der Frem denfeindlichkeit, des Rechtsextremismus’. Insofern stellt man sich schon die Frage, warum in dem einen Bereich so intensiv ermittelt wurde und in dem ande ren Bereich praktisch gar nicht. Das ist schon ein Un terlassen, das wir im Untersuchungsausschuss inten siv untersucht haben, aber auf das wir, ehrlich gesagt, keine Antworten gefunden haben, das auch unerklär lich bleibt und deshalb in der Verantwortung derjeni gen bleibt, die an der Spitze, also auch in der politi schen Verantwortung, stehen.
Das Bild hätte sich mit der zweiten operativen Fall analyse Mitte 2006 wandeln können. Dies ist eben falls bereits angesprochen worden. Hier ist plötzlich ein weiteres Fenster aufgegangen, eine Tür hat sich aufgetan, man hat eine Chance in die Hand bekom men; denn – das muss man aus heutiger Sicht sagen – das, was der Profiler, Herr Horn, auch Zeuge, fest gestellt hat, welche Motive er angegeben hat, das ist ganz nah an den späteren Tätern gewesen. Ich glau
be, es war Herr Kollege Fischer, der einmal gesagt hat, wenn man das durchlese und wenn man sehe, wie genau die Beschreibung auf die heute bekannten Täter passt, laufe es einem kalt den Rücken herunter.
Um es noch einmal zu wiederholen: Es wurde in der zweiten operativen Fallanalyse von mehreren Tätern gesprochen, männlich, Alter 18 bis 40, Zugehörigkeit zur rechten Szene, vielleicht von dieser rechten Szene enttäuscht. Die Aktivitäten der rechten Szene werden vielleicht von den Tätern als zu schwach an gesehen. Deshalb sei im Vorfeld der Taten ein Rück zug aus dieser Szene denkbar und der Versuch, die Aktionen zu starten, sodass der Täter dann von einer Mission geleitet ist. – Wenn man sich das alles zu Ge müte führt, so ist man sehr nah an den Vorstellungen gewesen, die die Täter wirklich hatten.
Was ist aber geschehen? Diese Täteranalyse, diese Motivation, ist sowohl in der Medienstrategie als auch in der Ermittlungsstrategie verwässert worden. Zum einen – das geht mir heute auch noch nicht in den Kopf – hat man diese Motivation und diese Beschrei bung mit "Einzeltätertheorie" überschrieben, wobei man aber, wenn man die Analyse durchliest, immer von mehreren Tätern ausgegangen ist. Auch nach den neun Taten war das sehr wahrscheinlich. Insofern stellt sich schon die Frage – dies ist auch im Dunkeln geblieben -, warum man in der Folgezeit immer mit dem Begriff der Einzeltätertheorie gearbeitet hat. Das Erstaunliche war, dass sich dies auch in vielen Zeu genaussagen widergespiegelt hat, dass die Zeugen immer noch von "dem Täter" oder "dem Einzeltäter" gesprochen haben, obwohl nun wirklich deutlich ist, dass es mehrere waren.
Erschreckend war aus meiner Sicht auch der Umgang mit den Medien. Man muss sich vorstellen: Es gibt neun Morde, man tappt im Dunkeln, Verfassungs schutz und Polizei kommen dem Täter oder in diesem Fall den Tätern trotz riesigen Aufwands nicht näher und trotzdem ist man sehr vorsichtig damit, die Öffent lichkeit einzubinden. Diese von mir zuvor beschriebe ne Motivationslage ist der Öffentlichkeit bewusst ver schwiegen worden. – Ich möchte es so deutlich formulieren. Sie ist in der Medienstrategie ganz be wusst nicht aufgenommen worden. Man hat dann ge sagt, man habe dies tun wollen, um gerade bei türki schen Kleinhändlern keine Angst zu schüren. Ich sage ganz deutlich: Dieses Argument kann ich nicht nachvollziehen. Hier ist meines Erachtens eine große Chance vertan worden, ein mögliches Motiv breit zu streuen und vielleicht auch Hinweise aus der Bevölke rung zu bekommen.
Zweitens sind auch die Ermittlungen in diesem Be reich, verglichen mit dem, was im Hinblick auf die or
ganisierte Kriminalität passiert ist, relativ zurückhal tend vorangetrieben worden. Das heißt, auch hier hat es ein langes Geplänkel zwischen dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz und der BAO Bos porus um die Herausgabe von Daten gegeben. Es ging mehrere Monate hin und her, ohne dass es zu Ergebnissen gekommen ist.
Ich sage auch hier ganz offen: Es war ein Streit zwi schen Behörden, die beide dem Innenministerium zu geordnet werden. Bei dieser Lage ist mir bis heute nicht klar, warum man nicht irgendwann einmal den Dienstweg nach oben beschritten und gesagt hat: Hier kommen wir nicht voran; das Landesamt für Ver fassungsschutz liefert uns nicht die Daten, die wir haben wollen; es geht hier um neun Morde, um eine Mordserie, die nicht nur die ganze Bundesrepublik Deutschland beschäftigt, sondern auf die natürlich auch das Ausland schaut. – Um es ganz deutlich zu sagen: Warum sind damals nicht die Vorgesetzten in formiert worden? Warum haben sie nicht agiert? – Das ist aus meiner Sicht Organisationsverschulden und insoweit muss man die entsprechenden Maßnah men treffen, man muss auch deutlich machen, dass es um eine politische Verantwortlichkeit geht.
Ich will noch zwei Dinge erwähnen, aber zuvor noch einmal auf die Zurückhaltung bei der Motivationslage zurückkommen, gerade auch was den Chef der BAO Bosporus, den Zeugen Geier, anbetrifft. Er hat damals anlässlich einer Pressekonferenz in München, wohl wissend um die zweite Fallanalyse, auf die Frage eines Journalisten, ob er ausschließe, dass rassisti sche Gründe eine Rolle gespielt haben, gesagt:
Wenn Sie Rassismus in Richtung politische Grundeinstellung sehen, dann möchte ich darauf antworten: Über das Motiv wissen wir nichts.
Es ist natürlich schon die Grenze, wenn man weiß, was in dieser zweiten operativen Fallanalyse steht. Es geht weiter:
Wir werden das Motiv vielleicht zur Kenntnis be kommen, wenn wir den Täter haben und er sagt es uns oder er kann es uns nicht sagen, weil die Erfahrung zeigt, dass gefasste Serientäter am Schluss gar nicht in der Lage waren, das letzt endliche Motiv, warum sie die Taten begangen haben, zu nennen.
Es geht weiter:
Ich gehe davon aus, wenn das politisch motiviert wäre, dass wir dann eine Botschaft des Täters bekommen, sei es ein Bekennerschreiben, seien es irgendwelche Handlungen, die er am Tatort
macht, oder irgendwelche Nachrichten, die er uns hinterlässt.
Dann kommt die Nachfrage:
Es ist auffällig, dass die Opfer ausländischer Her kunft sind.
Darauf antwortet Herr Geier:
Das ist Fakt. Warum das so ist, ist Spekulation.
Das alles in der Öffentlichkeit, obwohl man eine zwei te operative Fallanalyse hat, die wirklich sehr weit geht. Erstaunlich ist auch, dass selbst der Profiler, Herr Horn, der diese Analyse erstellt hat und in der Analyse von mehreren Tätern spricht, gegenüber der Presse immer nur von einem Täter spricht. Er sagt hier gegenüber der "tz":
Er
- der eine Täter
könnte im Urlaub ein demütigendes Erlebnis mit einem Türken gehabt haben. Möglich ist auch, dass er seinen Arbeitsplatz oder seine Frau ver lor und dafür einem Türken die Schuld gibt.
Es ist schon sehr auffällig, wie man in der Öffentlich keit die zweite Fallanalyse – aus meiner Sicht be wusst herunterspielt und Fakten, die zumindest den Ermittlungsbehörden bekannt waren, der Öffentlich keit bewusst vorenthält. Ich glaube, das ist aus Expost- Sicht einer der großen Fehler gewesen. Was passiert wäre, wenn man es anders gemacht hätte, wissen wir nicht, aber man muss sagen: Hier sind doch deutliche Fehler gemacht worden.
Lassen Sie mich noch zwei Komplexe kurz anspre chen, die ich für wichtig halte. Die politische Verant wortung Bayerns und auch der politischen Spitze re sultiert aus meiner Sicht nicht nur aus der Art und Weise der Medien und teilweise aus der Ermittlungs strategie, sondern auch aus dem weitgehenden He raushalten außerbayerischer Behörden, insbesondere des GBA und des BKA. Darauf ist vom Kollegen Schindler schon verwiesen worden, deshalb will ich es an dieser Stelle kurz halten.
Die Entscheidung einer möglichen Übernahme ist lange hin- und hergegangen. Im Jahr 2006 wurden nach den Mordanschlägen in Dortmund und in Kassel in Fachkreisen immer mehr Bedenken auch gegen über der bayerischen Federführung geäußert. Es gab Bestrebungen, das Ganze in Richtung GBA bzw. BKA abzugeben. Hiergegen hat sich die politische Spitze in Bayern sehr stark gewehrt. Es gab ein entsprechen
des Rechtsgutachten. Es ist alles getan worden, damit die Ermittlungen weiterhin in Bayern bleiben. Wir haben uns lange damit beschäftigt. Es gab ent sprechende Begründungen, und auch ich persönlich sage deutlich: Ich kann es in der Weise nicht nach vollziehen.
Man hat in Bayern die staatsanwaltlichen Verfahren zusammengezogen und es abgelehnt, dass der Ge neralbundesanwalt und das BKA die Ermittlung über nehmen. Diese Entscheidung kann man treffen. Aber man sollte sich auch dessen bewusst sein, dass man eine entsprechende Verantwortung trägt, wenn man sagt: Wir in Bayern wollen aufklären! Und wenn man es nicht schafft, dann ist damit auch eine bestimmte Verantwortung verbunden.
Eine letzte Bemerkung in Bezug auf die Ermittlungsar beiten. Die Reduzierung der Rolle der Staatsanwalt schaft als eigentliche Herrin des Ermittlungsverfah rens entgegen dem gesetzlichen Leitbild ist mir negativ aufgefallen. Nach den einschlägigen gesetzli chen Bestimmungen leitet nicht die Polizei, sondern die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren. Diese trägt auch die Gesamtverantwortung für eine rechtsstaatliche, faire und ordnungsgemäße Durch führung des Verfahrens.
Wir haben aber – ich glaube, das haben die Untersu chungen gezeigt – erlebt, dass sich die Staatsanwalt schaft aus dem Verfahren weitgehend herausgehalten hat, sehr zurückhaltend war und den entsprechenden BAOs, insbesondere der BAO Bosporus, die Füh rungsfunktion eingeräumt hat. Selbst bei Organigram men waren die Polizei und die Ermittler erstaunlicher weise oberhalb der Staatsanwaltschaft oder teilweise auf gleicher Ebene angesiedelt, aber keineswegs, wie es das Gesetz vorsieht, die Staatsanwaltschaft. Sie war bei wesentlichen Gesprächen, wie Herr Ober staatsanwalt Kimmel sagte, gar nicht erst beteiligt: bei der Beauftragung der OFA-Profiler – ich will das im Einzelnen nicht alles aufzählen – oder auch bei der konstituierenden Sitzung der neu gebildeten Steuer ungsgruppe. Er selbst hat damals bezüglich der Ab wesenheit in der konstituierenden Sitzung der neu ge bildeten Steuerungsgruppe zu Protokoll gegeben: "Ich habe damals gesagt: Ich will mich da in keiner Weise aufdrängen." Die Staatsanwaltschaft leitet die Ermitt lungen. Sie ist die Herrin des Verfahrens. Und wenn man hört: "Ich will mich da in keiner Weise aufdrän gen", dann widerspricht das dem gesetzlichen Auf trag.
Auch als die Staatsanwaltschaft, insbesondere Herr Kimmel, befragt wurde, wie er die Untersuchungen beurteile, dann hat er seine Bewertung wiedergege
ben. "Ich hatte den Eindruck, dass insgesamt gedacht wurde, wie es bis jetzt läuft, ist es okay."
Es war aber nicht okay. Auch die Vorredner haben eine ganze Reihe von Versäumnissen und Defiziten aufgezählt. Was sind die Konsequenzen, die man da raus ziehen kann, dass die politische Verantwortung auch bei der Bayerischen Staatsregierung liegt? Herr Schindler hatte vorhin über mögliche oder nicht mehr mögliche Rücktritte gesprochen. Das ist sicherlich ein Punkt, über den man nachdenken kann. Dieser stand für uns im Untersuchungsausschuss aus den genann ten Gründen nicht im Vordergrund.
Wichtig ist es, vorauszuschauen und zu überlegen, welche Konsequenzen man daraus zieht. Dazu ist schon einiges passiert. Auch ich möchte sehr deutlich sagen: Es geht vieles in die richtige Richtung, aber es kann natürlich nicht bei den bisherigen Konsequenzen bleiben. Ich sage sehr deutlich, dass man auch bei den einzelnen Konsequenzen unterschiedlicher Mei nung sein kann. Die Fraktion FREIE WÄHLER sieht den Verfassungsschutz als Instrument der wehrhaften Demokratie, der auch bestehen bleiben sollte. In wel cher Ausprägung das geschieht, darüber muss man sich unterhalten. Die gesetzlichen Grundlagen dafür müssen weiter reformiert, die Aufgaben müssen klarer definiert werden und man muss sich insbesondere auf die Beobachtung gewaltorientierter und rassistisch motivierter Bestrebungen konzentrieren.
Ich glaube aber, dass wir hierzu sicherlich noch in der nächsten Legislaturperiode eine Debatte führen wer den. Diese Debatte ist intensiver in Bezug auf die VLeute, die sogenannten Vertrauensleute, zu führen, die häufig keine Vertrauensleute waren, denn der Name führt schon in die Irre.
Aus der Sicht der FREIEN WÄHLER sollte man auf den Einsatz von V-Leuten nicht gänzlich verzichten. Wir sehen die Probleme. Gerade in dem jetzt geschil derten Bereich gab es erhebliche Defizite beim Ein satz von V-Leuten. Trotzdem kann man, glaube ich, darauf nicht verzichten. Die Frage ist auch, welches Zeichen wir setzen, wenn wir jetzt sagen würden, dass wir die V-Leute aus der rechtsextremistischen Szene abziehen, und welche Folgen das unmittelbar haben könnte.
Ich wünsche mir dazu eine intensive Debatte und glaube, dass wir diese gerade auch auf der Grundla ge der Erfahrungen des Untersuchungsausschusses in der nächsten Legislaturperiode führen sollten; sei es, wie es der Kollege Schindler andeutete, mit mögli cherweise einem neuen Untersuchungsausschuss – das werden die Ergebnisse der Verhandlungen des Oberlandesgerichts zeigen, die dort vielleicht noch
ans Licht kommen -, oder sei es auch ohne Untersu chungsausschuss.
Ich komme zum Schluss und möchte sagen, dass ich es erfreulich fand, dass alle Fraktionen einen Aufklä rungswillen gezeigt haben. Ich will das auch in Rich tung der Kollegen der Regierungsfraktionen sagen, denn Untersuchungsausschüsse überprüfen natürlich Regierungshandeln – das ist der Sinn von Untersu chungsausschüssen – und fragen nach Verantwor tung. Insofern ist man als Regierungsfraktion vielleicht auf der defensiven Seite und bestrebt, das abzuweh ren. Ich denke, die Kollegen von CSU und FDP sind in vielen Punkten mitgegangen und haben diesen Auf klärungswillen auch bewiesen.
Ich hätte mir natürlich gewünscht – Herr Bernhard hat es angedeutet –, dass wir über die gemeinsamen Be wertungen hinaus, die nicht zu unterschätzen sind, noch mehr Gemeinsamkeiten gefunden hätten. Die Möglichkeit dazu hat bestanden. Es ist auch angedeu tet worden. Wenn wir uns jetzt die Voten anschauen, dann sehen wir, dass selbst bei den sogenannten Minderheitsvoten – "Sondervoten" ist der richtige Be griff – noch Gemeinsamkeiten auftauchen, die man hätte zusammenführen können. Dann wären die Son dervoten noch dünner geworden und man hätte sich nur auf die Rolle des Verfassungsschutzes und der VLeute beschränkt.
Aber das ist vielleicht nicht möglich gewesen, weil dann doch – gerade bei einem beginnenden Wahl kampf – die Verführung da ist, wer der Schnellste mit den entsprechenden Nachrichten ist. Trotz dieses Be fundes sollte man deutlich machen, dass wir gemein sam sehr viel bewertet haben – ich glaube, auch das sollte im Vordergrund stehen –, denn die Bekämpfung des Rechtsextremismus’ ist eine gemeinsame Aufga be. Der Rechtsextremismus hat sich in einigen Ni schen unserer Gesellschaft eingeschlichen. Es ist eine Ideologie, die unsere demokratische, freiheitliche und pluralistische Gesellschaft unterwandern möchte. Wir alle, das heißt Parteien, Fraktionen, insbesondere die Zivilgesellschaft, müssen dieser Ideologie klar und entschlossen entgegentreten.
Ich zitiere einen Satz, den ich bei der Einsetzung des Untersuchungsausschusses gesagt habe: Demokra tie, so stark und selbstverständlich sie uns auch er scheinen mag, ist verletzlich. Sie ist – gewollt oder un gewollt – schleichenden Veränderungen unterworfen und muss von jeder Generation aktiv gehegt, neu ge sichert und geschützt werden. Das ist eine Aufgabe von uns allen hier, von jedem Einzelnen hier, aber auch von jedem Einzelnen der Zivilgesellschaft. Na türlich ist es ganz wichtig, gemeinsame Zeichen zu
setzen. Da weiß ich uns alle vom Grundsatz her ge meinsam in einer Richtung kämpfend.
Wir haben im Untersuchungsausschuss im letzten Jahr intensiv gearbeitet. Insofern gilt auch mein Dank den Kollegen, den Mitarbeitern im Landtagsamt, aber auch den eigenen Mitarbeitern, die da mit viel Verve gearbeitet haben. Der Untersuchungsausschuss hat dazu beigetragen, für das Thema zu sensibilisieren und das gesellschaftliche Bewusstsein für die immer noch lauernden Gefahren aus rechtsradikalen Umtrie ben zu schärfen.
Wenn wir über die Ergebnisse hinaus hier ein klein wenig weitergekommen sind, dann hat dieser Unter suchungsausschuss – dessen bin ich sicher -, in dem wir gemeinsam gearbeitet haben, viel erreicht. Dafür möchte ich mich noch einmal bei den Kollegen und allen anderen bedanken. Der Kampf kann niemals ein Ende finden. Wir müssen ihn über alle jetzt auch im Wahlkampf vorherrschenden Differenzen hinweg ge meinsam und zusammen mit der Zivilgesellschaft füh ren.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, ich weiß, dass Sie sich in den letzten Jahren häufiger darüber geärgert haben, dass aus Kabinettssitzungen und aus CSUVorstandssitzungen Nachrichten schneller draußen waren, als Sie sie der Presse verkünden konnten. Sie haben wahrscheinlich jeweils Schmutzeleien der eigenen Leute vermutet. Ich glaube inzwischen: Das waren die Amerikaner.
Auf der anderen Seite glaube ich nicht, dass die Amerikaner so an den CSU-Vorstandssitzungen interessiert sind – aber wer weiß.
Ich sage Ihnen ganz offen: Wir FREIE WÄHLER verschlüsseln unsere Vorstandssitzungen; kein Amerikaner bekommt mit, was da passiert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte das aber nun wirklich nicht ins Lächerliche ziehen; denn das, was passiert ist, ist sehr ernst. Es geht um die ursprünglichen Rechte unserer Bevölkerung. Es handelt sich – man kann dies nicht oft genug wiederholen – um Grundrechtseingriffe. Es geht um das Recht auf Privatheit. Das möchten alle Bürger geschützt wissen. Das ist ein ursprüngliches Recht.
- Da sind wir uns wirklich einig, Herr König. Es geht um ein grundlegendes Menschenrecht, nämlich um den Schutz vor Eingriffen des Staates. Durch das Ausspähen auch ihres Intimsten werden die Menschen zu Objekten herabgewürdigt. Da muss der Staat handeln. Das sind wir unseren Bürgern schuldig, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Nur: Diese Grundrechte gelten für unsere Bürger gegenüber dem eigenen Staat, und auch die rechtsstaatlichen Mittel gehen in diese Richtung. Wenn das die Bundesrepublik Deutschland tut, können wir mit den entsprechenden Rechtsmitteln dagegen vorgehen.
Die zweite und schlimmere Dimension ist aber: Es handelt sich nicht um ein Agieren des eigenen Staates, sondern es handelt sich um einen Angriff eines fremden Staates. Spionage – darauf wird immer rekurriert – findet normalerweise gegenüber anderen, fremden Staaten statt, aber nicht unbedingt gegenüber fremden Bürgern. Hier geht es um grenzüberschreitende Überwachung von Menschen. Die Amerikaner haben die Deutschen überwacht, und das geht unter Freunden überhaupt nicht. Da hilft auch nicht ein einfacher Satz "Man tut das unter Freunden nicht", sondern das muss entschieden deutlich gemacht werden. Das vermisse ich sowohl bei der Bundesregierung als auch bei der Bayerischen Staatsregierung.
Ich sehe Hilflosigkeit aufseiten Deutschlands und Bayerns. Auch heute habe ich gehört: Wir wissen nichts. Der Innenminister weiß nichts. Es kann doch nicht sein, dass bei uns millionenfach Daten ausspioniert werden und die Innenminister sowohl des Bundes als auch des Landes, beide von der CSU, sagen: Wir wissen nichts. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie wissen nichts – dann erledigen sie nicht die Aufgaben, die sie in ihrem Amt eigentlich erfüllen sollten.
- Ich bin aber nicht der Innenminister, Herr Herrmann, sondern das sind Sie. Sie sollten sich vielleicht mehr erkundigen und die Rechte der Bürger mehr schützen.
Darauf sind Sie übrigens auch vereidigt worden. Darauf sind Sie und auch der Bundesinnenminister vereidigt worden. Deshalb glaube ich, dass man es sich nicht so leicht machen und einfach nur sagen kann: Wir wissen nichts. Jetzt geht es um intensive Aufklärung. Es geht auch nicht um einen Freundschaftsbesuch des Bundesinnenministers. Klare Worte müssen gesprochen werden. Das haben wir alle vermisst. Es
war doch verdächtig leise. Das war eher das Schnurren der Katze als das Fauchen des Tigers, das ich mir an dieser Stelle schon gewünscht hätte.
Schauen Sie sich einmal den Artikel 48 der Bayerischen Verfassung an – das ist das Notstandsrecht. Sehen Sie sich einmal an, was darin steht. Das sind Dinge, die jetzt durch die Amerikaner passiert sind. Wir leben aber in keinem Notstand. Es kann nicht sein, dass sich die Amerikaner Rechte herausnehmen, die wir im Grunde genommen in einem Notstandsartikel stehen haben. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Dann wird ein Staat im wahrsten Sinne des Wortes zu einem "Gemeinwesen", und das kann es nicht sein. Wir müssen die Bürger schützen. Das Argument, dass dies der Sicherheit dient, nutzt nichts. Hier sind zunächst einmal die Freiheit und das Recht auf Privatheit gefragt, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Lorenz, in zwei Punkten kann ich Ihnen zustimmen. Sie haben sich anscheinend von dem Ziel der absoluten Mehrheit verabschiedet; denn Sie haben deutlich gesagt, dass Sie koalieren wollen. Sie wissen nur noch nicht, mit wem.
In einem zweiten Punkt stimme ich Ihnen zu: Mit einer einzelnen Maßnahme kann man nicht Mieterschutz betreiben, das ist sicherlich richtig. - Damit hat es sich aber mit der Zustimmung schon erschöpft.
Erstaunt hat mich Ihre Aussage, Sie persönlich seien für einen Genehmigungsvorbehalt, obwohl Sie sich im Ausschuss der Stimme enthalten haben und hier dagegen reden. Das dürfte schwierig zu erklären sein.
Mieten ist in München ein sehr großes Problem; deshalb reden gerade viele Münchner. Da werden existenzielle Fragen berührt. Viele Münchner wissen nicht, wie sie im nächsten Monat ihre Miete zahlen sollen. Daher glaube ich, dass man den Mietern eine Debatte, wie wir sie in den letzten Minuten geführt haben, nicht mehr erklären kann, Kollege Lorenz. Man kann den Mietern nicht mehr erklären, was hier abläuft.
Wir sollten klären, ob es wirklich sinnvoll ist, über die einzelnen Maßnahmen in dieser Weise zu streiten, oder ob wir uns nicht darauf einigen können, dass es einer Vielzahl von Maßnahmen bedarf. Von den in den sechs Anträgen enthaltenen Vorschlägen sind viele vernünftig, andere weniger. In der Kürze der Zeit kann ich leider nicht auf alle eingehen. Ich möchte aber betonen: Es bedarf vieler zusätzlicher Maßnahmen; entsprechende Vorschläge liegen auf dem Tisch.
Ich wünsche mir seit Längerem, dass man das Thema im Wahlkampf behandelt. Vielleicht schaffen wir es, über Parteigrenzen hinweg einige Maßnahmen gemeinsam zu entwickeln und umzusetzen; einige sind schon auf den Weg gebracht worden. Sicherlich müssen mehr Wohnungen gebaut werden. Wir brauchen steuerliche Vergünstigungen. Die Genossenschaften sind zu stärken. Notwendig ist aber auch der vorgeschlagene Genehmigungsvorbehalt bei der Umwandlung von Mietwohnungen in München.
Ich will an dieser Stelle ankündigen, dass wir dem Antrag der SPD heute zustimmen werden; darauf können Sie sich schon einstellen. Im Ausschuss hatten die FREIEN WÄHLER noch anders entschieden. Ansonsten folgen wir unserem Abstimmungsverhalten in den Ausschüssen.
Den Antrag zu Tagesordnungspunkt 22 – "Bezahlbaren Wohnraum erhalten: Maklerkosten dürfen nicht zur zweiten Miete werden" – werden wir ablehnen. Diesen Vorschlag halten wir nicht für sinnvoll, weil wir davon ausgehen, dass die Maklerkosten dann auf die Miete draufgeschlagen werden, weshalb der Mieter letztlich nichts einspart.
Ich wiederhole meine Anregung, sich hier darauf zu verständigen, was in der aktuellen Situation zu tun ist. Ein Streit darüber, wer in den letzten Jahren wie und wann versagt hat, nutzt keinem Mieter.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir in dieser Debatte zumindest scheinbar wieder zu Ruhe und Sachlichkeit gefunden haben. Ich unterstütze ausdrücklich den Begriff, Frau Stewens, den Sie gewählt haben, nämlich des "rechten Maßes". Ich glaube, das sollten wir auch in den Mittelpunkt stellen neben einigen anderen Begriffen, die ich noch ausführe.
Wir sollten keine Debatten über verfassungsrechtliche Gutachten führen, so wenig ich Herrn Steiner widersprechen mag. Weil er mein Doktorvater war, will ich das schon gar nicht tun. Es ist natürlich immer schwierig – ich glaube, wir haben das in den letzten Wochen gesehen –, wenn Politiker getrieben werden. Dann ist es nicht ganz so leicht, die richtigen Antworten zu finden. Wenn man dann noch – das sind viele in der einen oder der anderen Form – selbst betroffen
ist, ist es manchmal schädlich, wenn eine solche Debatte unter Druck geführt wird.
Deswegen sollten wir uns einige Prinzipien überlegen. Erstens sollte Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehen. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass wir vor dem Hintergrund des nahenden Endes dieser Legislaturperiode versucht haben, sehr schnell, wenn auch mit gutem Bestreben, zu Lösungen zu kommen. Ich persönlich sage ganz offen: Ich habe nichts dagegen, wenn eine gründliche Behandlung dazu führt, dass man das eine oder das andere in der nächsten Legislaturperiode noch diskutiert. Wir sollten nicht sagen: Mit Ende dieser Legislaturperiode ist Schluss mit diesen Debatten. Wir sollten uns Zeit lassen – Gründlichkeit vor Schnelligkeit.
Zweitens sollte eine größere Transparenz einer Politik vorgezogen werden, die nicht mit allen Abgeordneten bis ins Letzte diskutiert worden ist. Manchmal haben die Spitzen zu schnell agiert. Es wäre sinnvoll, alle intensiv mitzunehmen. Das versuchen wir auch. Außerdem sollten wir nicht nur mit den Parlamentariern, sondern auch mit der Bevölkerung diskutieren.
Drittens: Vollständigkeit vor Einzelfallregelung. Das hat Herr Kollege Halbleib bereits angesprochen. Selbstverständlich müssen wir aufpassen, an welcher Stellschraube wir drehen. Wenn man an einer Stellschraube wie der Fraktionszulage dreht, kann das Gefüge insgesamt ins Rutschen kommen. Wir müssen überlegen, wo wir drehen. Insofern wäre es angebracht, eine Bestandsaufnahme dessen zu machen, was uns insgesamt im Hinblick auf den finanziellen Status beschäftigt. Dazu zählt die Abgeordnetendiät. Dazu zählen die Nebeneinkünfte, die wir gerade regeln. Das sind die Fraktionszulagen, die Kostenpauschalen und das Altersruhegeld. Man sollte insgesamt überlegen, was uns Abgeordnete wert sind. Wie gestalten wir den Abgeordneten in Bayern?
Mit dem Vorschlag, Gemeinsamkeit vor Alleingänge zu stellen, spreche ich mich nicht inhaltlich, sondern in Bezug auf das Vorgehen ein wenig gegen unseren eigenen Vorschlag aus. Ich sage ganz offen, dass ich es schön fände, wenn wir möglichst viel gemeinsam regeln könnten. Zwar lässt sich dies nicht immer in dieser hektischen Zeit bewerkstelligen, jedoch wäre es vom Grundsatz her angebracht.
Ich möchte noch ein paar Worte aus meiner Sicht über die Ziele einer solchen Gesamtneuregelung verlieren. Vielleicht leiden wir im unterschiedlichen Maße darunter. Ich habe es auch schon erwähnt. Die letzten Befragungen haben gezeigt, dass das Ansehen der bayerischen Politiker, der bayerischen Abgeordneten, in der Bevölkerung insgesamt gelitten hat. Möglicher
weise trifft das auf die eine Gruppierung mehr als auf die andere zu. Trotzdem hat das Ansehen insgesamt gelitten. Wir sollten – das spricht ein bisschen für die Gründlichkeit – dafür sorgen, dass das Ansehen der Politiker in der Bevölkerung wiederhergestellt oder gesteigert wird.
Ein Punkt, der mir ebenfalls sehr wichtig ist, ist in der Debatte etwas zu kurz gekommen. Selbstverständlich müssen wir aufpassen, dass unsere Arbeitsfähigkeit sichergestellt ist. Im Hinterkopf habe ich den Begriff "geldwerter Vorteil". Wir können über alles reden, und ich bin für alles offen. Irgendwann sollten wir jedoch darüber reden, was praktikabel und was nicht praktikabel ist. Was erhält die Arbeitsfähigkeit eines Abgeordneten? Ich sage auch ganz deutlich: Ein Abgeordneter ist kein Beamter. Deshalb wird es unterschiedliche Regelungen geben müssen, über die wir streiten können. Darüber sollten wir auch streiten. Wir sollten uns jedoch auch immer unserer Aufgabe bewusst sein. Unsere Aufgabe ist eine andere als die von Beamten. Aus diesem Grund haben wir sicherlich andere Regelungen zu finden.
Wir sollten darauf Wert legen, für diesen Beruf, der uns allen am Herzen liegt, zu werben. Wir müssen und sollten Menschen für unsere Tätigkeit gewinnen. Wenn Sie sich die letzten Jahrzehnte anschauen, werden Sie feststellen, dass die Vielfalt der Berufe der tätigen Abgeordneten immer geringer wird. Es gibt im Parlament keine Arbeiter mehr. Zwar arbeiten wir alle fleißig, aber der Arbeiter als solcher ist hier kaum mehr vertreten. Die Handwerker sind kaum mehr vertreten. Immer weniger Vertreter aus der Wirtschaft sind bereit, den Beruf und die Aufgaben des Abgeordneten zu übernehmen. Die letzten Wochen haben nicht dazu beigetragen, für den Beruf des Abgeordneten zu werben, damit die Bürgerinnen und Bürger ihn ergreifen wollen.
Insofern sollten wir im Rahmen dieser Debatte überlegen, was ein Abgeordneter sein soll. Wir sollten uns über das Berufsbild Gedanken machen. Was soll er verdienen? Wie soll er ausgestattet sein? Ich bin bereit, über eine Erhöhung auch der Fraktionszulagen zu reden. Es geht nicht um die Fraktionszulagen, über die wir jetzt diskutieren. Es geht um die Intention. Nach meiner Einschätzung lag die Landtagspräsidentin nicht so falsch mit ihrem Bestreben, das Parlament gut aufzustellen. Ich möchte diesen Grundgedanken, der uns alle vereint, noch einmal herausstellen. Dabei geht es nicht nur um Geld, sondern um eine Funktion. Wie treten wir einer Regierung gegenüber? Als Legislative sollten wir das Selbstbewusstsein entwickeln,
zu sagen: Wir sind die Legislative, und wir sollten entsprechend ausgestattet sein. Das bedeutet nicht, dass ich die Debatten der letzten Monate und Wochen nicht gutheiße. Die Debatten waren sehr gut. Einiges muss man kürzen. Wir sollten überlegen, wo gestrichen werden soll und wo es sinnvoll ist, den Abgeordneten-Beruf offensiv nach außen zu vertreten. Ich würde mir wünschen, dass die Debatten intensiver und gemeinsam geführt werden. Ziel muss es sein, mehr Transparenz zu schaffen und den Abgeordneten-Beruf als solchen offensiv nach außen zu vertreten und ihn attraktiv zu gestalten.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kann man Demokratie lernen? Kann man durch Studieren zum besseren Demokraten werden? Das war zumindest die Auffassung derjenigen, die die Hochschule für Politik fünf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet haben. Es war das Ziel, aus Deutschen bessere Demokraten zu machen, ein Ziel, das sicherlich so wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg nicht leicht zu verwirklichen war.
Diesem Zweck diente und dient die Hochschule für Politik bis heute. Ich habe mir die Gründungsurkunde angesehen; es ist schon darauf verwiesen worden, sie ist 63 Jahre alt. Es finden sich dort einige Sätze, die für heute passen. Dort heißt es im ersten Satz:
Die gesunde Entwicklung eines demokratischen Staates ist am besten gesichert, wenn die Gesamtheit der Staatsbürger am politischen Leben regen Anteil nimmt.
Die HfP richtet sich also nicht nur an die Studierenden und möchte Akademiker ausbilden, sondern sie richtet sich an alle Staatsbürger. Das macht sie auch dadurch deutlich – wir haben das auch in dem Gesetzentwurf geschrieben -, dass jeder an der HfP ein Studium beginnen kann. Es wird weiter ausgeführt:
Wer verantwortungsbewusst politische Entschlüsse fassen und durchführen will, braucht dazu gründliche Kenntnisse auf vielen Gebieten des Wissens, um mit der Charakterstärke der Sittlichkeit seinen Einfluss im öffentlichen Leben zum Wohle des Ganzen ausüben und durchsetzen zu können.
Wenn wir über die Charakterstärke der Sittlichkeit in diesen Tagen reden, dann stellt sich die Frage, ob eine Hochschule dafür geeignet und dazu gedacht ist, Charakterstärke und Sittlichkeit zu vermitteln. Zumindest sollte sie Wissen vermitteln und Demokratie schulen.
Dass sich die HfP dies zum Ziel gesetzt hat, war klar, aber sie ist – zumindest in den letzten Jahren – in ein etwas unruhigeres Fahrwasser geraten. Ich kenne die HfP seit Ende der Achtzigerjahre, habe dort auch studiert und war später Lehrbeauftragter. Das Erste, was ich von der HfP mitbekommen habe, war, als ich eine Gruppe als Reiseleiter auf einer Reise nach Brüssel begleiten durfte. Es war das erste und hoffentlich einzige Mal, dass ich in meinem Leben auf einer Papierbettwäsche geschlafen habe.
- Ich gehe auch wandern, aber ich versuche zu vermeiden, auf einer Papierbettwäsche zu schlafen.
Bei dieser Gelegenheit wurde mir klar: So toll kann es mit den Finanzen der HfP nicht bestellt sein.
Insofern mein Dank an das Finanzministerium – der Herr Staatssekretär ist anwesend -, dass einiges sich zum Besseren gewendet hat, und zwar nicht nur, was die Bettwäsche anbelangt, sondern auch, wie ich hoffe, was Lehrstühle, Professuren und die Lehre ins
gesamt anbetrifft. Wir haben zumindest versucht, das auf den Weg zu bringen. Wir haben gemeinsam – gerade im Wahlkampf ist es wichtig, das zu betonen -, in gemeinsamer Verantwortung, diesen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Ich glaube, es ist ein guter Gesetzentwurf. Das Gesetz gibt der HfP die Möglichkeit, die geschilderten Aufgaben kraftvoll anzugehen. Aber – ich erhebe etwas warnend den Finger – das Gesetz ist das eine und die Praxis ist das andere. Wir im Landtag können die Dinge auf den Weg bringen. Wir können ein Gesetz machen und können und wollen die Angelegenheit in den nächsten Jahren noch intensiv begleiten. Die Arbeit vor Ort müssen aber die anderen machen. Ich bin guten Mutes, dass das in den nächsten Jahren geschehen wird, damit diese Hochschule zu einem Leuchtturm der bayerischen, vielleicht sogar deutschen Wissenschaftslandschaft werden kann – diese Hochschule des Bayerischen Landtags, auf die wir stolz sein können, weil wir sie wieder auf einen guten Weg gebracht haben. Ich hoffe, dass sich die Studierenden in dieser Hochschule wohlfühlen und dass sie unter anderem lernen, gute Demokraten zu sein.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute ist ein Tag der Freude. Wir schaffen die Studiengebühren ab, genau genommen muss ich sagen: die Studienbeiträge. Die Abschaffung nehmen wir als Parlament vor. Ich sage bewusst "wir"; diese Abschaffung ist aber getragen vom Willen der Bevölkerung. Was lange währt, wird endlich gut.
Das hat lange gedauert. In den letzten zwei Jahren habe ich mich persönlich damit beschäftigt. Natürlich gab es vorher schon viele parlamentarische Versuche von drei Fraktionen. Auch vor 2008 gab es schon Versuche der Opposition, gegen Studienbeiträge zu stimmen. Nun werden es mehr als 90 % der Abgeordneten sein – so hoffe ich jedenfalls -, die heute das Ende der Studiengebühren in Bayern beschließen. Das ist ein starkes Zeichen. Dahinter stehen durch das Volksbegehren 14,3 % der stimmberechtigten Staatsbürger. Das ist das erfolgreichste Volksbegehren, das Bayern je gekannt hat. Auch das ist ein starkes Zeichen.
Hier fallen der Mehrheitswille des Parlaments und der Wille der Befürworter aus der Bevölkerung zusammen. Es sind zwei Stränge der Gesetzgebung: Das Parlament und das Volk reichen sich heute die Hand. Es ist in der Geschichte Bayerns selten gewesen, dass das Parlament einem Volksbegehren seine Zustimmung erteilt. Das Gesetz, welches wir verabschieden, ist ein Zeichen für mehr Bildungsgerechtigkeit. Es macht deutlich, dass das Studium erschwinglich. Dies ist wichtig auch für diejenigen Studierenden, die heute hier anwesend sind. – Ich begrüße Sie herzlich. Es freut mich, dass Sie da sind.
Es wird deutlich, dass in Stadt und Land in dieser Hinsicht keine Unterschiede bestehen und es auch unter den Bundesländern keine Unterschiede gibt. Das bedeutet mehr Chancen für die Jugend. Wir senden dieses Signal, diese Botschaft heute als Parlament auch an die jungen Menschen in Bayern aus. Wir kümmern uns um die Interessen der jungen Menschen in Bayern und wollen, dass sie studienbeitragsfrei studieren können.
Ich sage auch ganz offen – ich bedaure, dass Herr Hacker jetzt nicht hier ist, der dazu ja häufig etwas moniert hat -: Nach meinem Empfinden passt auch das Bildungsfinanzierungsgesetz in diese Richtung. Es handelt sich jedenfalls um die richtige Richtung. Ich hatte zwar gesagt, die FDP sei umgefallen, aber sie ist in die richtige Richtung umgefallen, und zwar in dem Sinne, dass für die Bildung etwas getan wird. Wir können natürlich über die Kompensation der Studiengebühren streiten, darüber, wie man die Kompensation gestaltet. Aber ich sage auch ganz offen: Ich bin dankbar – das war immer mein Ziel -, dass die Studiengebühren jetzt kompensiert werden. Wir können uns das in Bayern auch leisten. Dies ist ganz wichtig. Über Einzelheiten können wir uns noch auseinandersetzen.
Mir ist es am heutigen Tag besonders wichtig, deutlich zu machen, dass wir eine funktionierende Demokratie haben. Dies ist inzwischen nicht mehr in allen Ländern Europas eine Selbstverständlichkeit. Ein Volksbegehren durchzuziehen mit dem Gedanken, die Studiengebühren abzuschaffen, ist auch ein starkes Zeichen für eine funktionierende Demokratie.
Dieses Zeichen ist von 1,3 Millionen Menschen ausgegangen. Es zeigt aber auch, dass wir als Parlament und als Gesellschaft gestalten können. Wir haben eine hohe Kraft und eine hohe Lösungskompetenz.
Dieser Tatsache sollten wir eingedenk sein, wenn wir uns die letzten Tage vor Augen halten. Es gab Vorgänge, die das Bild der Abgeordneten durchaus verdunkelten. Wir alle sollten daran arbeiten, das positive Bild von Politik und Abgeordneten in die Gesellschaft hinauszutragen. Ich bin mir sicher – es entspricht auch meiner Erfahrung in den letzten viereinhalb Jahren -, dass sich alle Abgeordneten des Bayerischen Landtags für das Beste des Landes einsetzen, wenn sicherlich auch mit unterschiedlicher Ausrichtung. Wir sollten daran arbeiten, ein positives Bild der Abgeordneten und der Politiker in diesem Land zu vermitteln. Eine funktionierende Demokratie, ein funktionierendes Volksbegehren und ein gutes Gesetz – das verabschieden wir heute – sprechen diese Sprache.
An dieser Stelle bedanke ich mich für die Unterstützung der Studierenden. Ich sage ganz offen: Ohne die Studierenden und ihre Power, hätten wir das Volksbegehren so nicht durchgebracht; wahrscheinlich hätten wir es sonst gar nicht durchgebracht. Vielen Dank an die Studierenden sowie an die gesellschaftlichen Gruppen, die mitgemacht haben, die Gewerkschaften, die Kirchen, natürlich auch die Jugendverbände! Wir waren ein breites Bündnis von 20 verschiedenen Ver
bänden, die an diesem Ziel gearbeitet haben. Nur deshalb sind mehr als 1,3 Millionen Bürger zur Abstimmung gegangen.
Ganz persönlich möchte ich mich aber auch bei den Mitarbeitern der Fraktion sowie bei meinen persönlichen Mitarbeitern für das bedanken, was in den letzten Jahren geleistet wurde. Natürlich bedanke ich mich auch bei den Mitstreitern, bei der SPD und den GRÜNEN und den FREIEN WÄHLERN. Dankbar bin ich auch für die Debatten, die wir im Hochschulausschuss geführt haben, und zwar unter der Leitung von Herrn Jörg. Diese Debatten waren sehr sachlich. In dem Zusammenhang sage ich auch der Kollegin Bulfon von der FDP Dank. Auch ihre Beiträge waren sachlich. Das steht im Gegensatz zu anderen Debattenbeiträgen.
Für die Zukunft habe ich die Bitte, mit Sachlichkeit zu debattieren. Wenn wir jetzt – damit entferne ich mich ein bisschen vom Thema – über eine Wahlfreiheit zu G 8 und G 9 reden, erwarte ich Sachlichkeit. Wenn in der letzten Debatte von Frau Kollegin Will gesagt wurde, dass eine Wahlfreiheit von G 8 und G 9 absoluter Schwachsinn sei, dann ist das nicht die Diktion, die ich mir wünsche, insbesondere auch nicht vor dem Hintergrund, dass diese Wahlfreiheit in Hessen von einer FDP-Ministerin eingeführt wurde. Ich weiß also nicht, ob es sinnvoll ist, wenn eine FDP-Abgeordnete hier im Zusammenhang mit einer anderen FDPAbgeordneten von absolutem Schwachsinn spricht.
Das ist Frau Beer.
Da sollten wir versuchen, diese Dinge sachlich anzugehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, heute liegt ein von den FREIEN WÄHLERN initiiertes, von der gesamten Opposition, den Studierenden und den gesellschaftlichen Gruppen getragenes Volksbegehren vor uns. Vorher haben wir das begleitet – das sage ich auch ganz deutlich – mit einem durchaus beachtlichen, von den Regierungsfraktionen eingebrachten flankierenden Entwurf zur Bildungsfinanzierung. Dieses Paket ist eines, glaube ich, das wir durchaus auch mit Stolz verabschieden können, bei dem wir sagen und denken können: Das ist in Bayern möglich. Das ist gut so. Ich bin stolz auf dieses Volksbegehren, ich bin stolz auf die bayerische Bevölkerung, ich bin aber auch stolz darauf, dass wir das als Parlament verabschieden. Das Ganze passt. Insofern freue ich mich auf die Abstimmung. Ich freue mich, dass wir das
heute auf den Weg gebracht haben. Das ist ein guter Tag für Bayern; es ist ein guter Tag für die Studierenden.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist keine gute Sache, was uns da in den letzten Tagen aus den Zeitungen bekannt geworden ist. Aber, Herr Kollege König, gerade heute Morgen fand ich besonders eigenartig, dass Sie kritisiert haben, dass FREIE WÄHLER in den letzten drei Tagen nicht über die CSU hergefallen sind. Das war eine ganz bewusste Entscheidung der Fraktion, die wir uns nicht leicht gemacht haben. Wir haben lange darüber nachgedacht. Ich glaube, man muss nicht bei jedem Chor in gleichem Maße einsteigen, man muss nicht alles bis auf das Letzte skandalisieren. Das haben wir ganz bewusst nicht gemacht. Deshalb hat es mich sehr überrascht, dass Sie das kritisieren und gleich wieder vermuten, dass wir etwas zu verbergen hätten.
So müssen Abgeordnete nicht miteinander umgehen, gerade nicht in der Situation, in der Sie jetzt sind.
Viele Dinge sind uns im Detail nicht bekannt. Deshalb sollte das gelten, was auch für andere gilt, was wir heute vielleicht noch im Fall Hoeneß behandeln werden: erst einmal die Unschuldsvermutung und kein Generalverdacht. Ich glaube, einige der Fälle sind zwar durchaus ein Skandal, aber nicht jeder einzelne. Man muss jeden einzelnen dieser 17 Fälle anschauen. Bei einigen Dingen sagt man deutlich: Das ist rechtlich legal. Das ist vielleicht ethisch nicht immer legitim, dann muss man unterscheiden zwischen dem Dürfen und dem Sollen. Aber es ist auch nicht jeder Einzelfall ein Skandal. Das möchte ich aus meiner jetzigen Sicht ganz deutlich betonen.
Dieses Parlament wird immer als Hohes Haus bezeichnet. Das heißt, wir sollten versuchen, höhere Maßstäbe anzulegen, aber natürlich keine Maßstäbe, die über die Maßen hoch sind. Man sollte Fehler erkennen und abstellen. Ich sehe zumindest auch bei Ihnen die Bereitschaft, das zu tun.
Der eingebrachte Gesetzentwurf findet in großen Teilen unsere Unterstützung. Das sollte uns aber bewusst sein: Es trifft nicht nur den Einzelnen. Natürlich trifft es den in besonderem Maße. Es betrifft nicht nur die CSU. Sie müssen sich dieser Verantwortung stellen. In der öffentlichen Wahrnehmung betrifft es aber wieder alle. Das ist das Problem; denn es heißt dann
wieder: Schaut euch die Politiker an! Das ist in dieser Debatte schädlich.
Leider verliert man so die Glaubwürdigkeit, die man sich durch gute Arbeit über Jahre hinweg erarbeitet.
Mich hat ganz besonders das Verfahren heute Morgen geärgert. So kann man das nicht machen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das war wirklich ein großes Problem.
Was Sie heute Morgen gemacht haben, dieses Verfahren, liefert das stärkste Argument gegen eine absolute Mehrheit der CSU. Diese wird es nach diesem Tag auch nicht mehr geben; da bin ich mir sicher.
Es ist vielleicht kein Zufall, dass zumindest heute durch die Gazetten gegangen ist, dass sich Ministerpräsident Seehofer von dieser Idee verabschiedet hat, er zumindest nicht daran glaubt. Das ist vielleicht ganz typisch für die Gemengelage der letzten Tage.
Wir stimmen dem Gesetzentwurf und der Intention durchaus zu. Ich glaube, es ist Zeit dafür. Ich stimme aber den Vorrednern zu: Wir sollten darüber hinausgehen. Wir sollten in aller Ruhe überlegen, wie wir das Abgeordnetenrecht transparenter gestalten können, das Parlamentsrecht insgesamt, was wir noch verbessern können, was wir verändern können. Das können wir auch in mehreren Schritten tun. Wir sollten es aber angehen; denn es geht um unser aller Glaubwürdigkeit und die Ihre im Besonderen. Das sind wir uns und der Bevölkerung schuldig, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Eisenreich: Ruhe als Regierungsmotto! Das kann es doch nicht sein. Wissen Sie, wer das als Letzter gesagt hat? Das war ein preußischer Minister. Ein preußischer Minister hat gesagt, der König hat eine Schlacht verloren. Ruhe ist die erste Bürgerpflicht. Sie nehmen sich als bayerische Staatsregierung Preußen als Vorbild? Das ist unglaublich.
Wissen Sie, was anschließend gekommen ist? Ein repressives Zeitalter. Man hat es Biedermeier genannt. Sie wollen zurück in die Biedermeierzeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ruhe als Motto kenne ich normalerweise von Friedhöfen. Da steht: Ich liege und schlafe ganz in Frieden. Wollen Sie ganz in Frieden liegen und schlafen?
Nein, wir dürfen nicht schlafen und ruhen, sondern wir müssen etwas tun. Politik bedeutet handeln und nicht ruhen. Deshalb handeln wir als FREIE WÄHLER. Deshalb wollen wir handeln.
Ich sage Ihnen, was wir wollen: Wir wollen nicht zurück. Nein, wir wollen ein neues G 9, Frau Will, kein altes.
- Konzepte, dafür haben Sie viereinhalb Jahre Zeit gehabt. Wir werden sie wesentlich schneller vorlegen.
Unsere Konzepte werden besser sein.
Wir wollen Autonomie. Wir wollen mehr Rechte für die Schüler und Eltern. Wir wollen Individualität. Jeder Schüler soll seinen Weg gehen können.
Wahlfreiheit ist nicht schlecht. Und das Entscheidende ist: Wir wollen mehr Zeit zum Lernen.
Wir wollen Zeit für das Ehrenamt, für Vereine, für die Familie, für Freiheit und Freizeit. Das soll auch in der Schulzeit möglich sein. Das ist FREIE-WÄHLER-Politik.
- Dafür, dass Sie ständig von "Ruhe" reden, finde ich, ist diese Diskussion schon sehr aufgeregt. Warum sind Sie so aufgeregt, wenn Sie von Ihren Konzepten so überzeugt sind? – Ich sage Ihnen, wovor Sie Angst und Sorge haben: Sie haben Angst davor und Sorge, dass die Lösung, die wir anbieten, besser ist als das, was Sie in den letzten zehn Jahren gemacht haben.
Sie haben die Dinge zu schnell und unvorbereitet eingeführt.
Wir werden ein Konzept vorlegen und dieses mit der Bevölkerung diskutieren, auf welchem Weg auch immer. Wir wollen die Bevölkerung einbinden. Ich habe nicht mitbekommen, dass die Bevölkerung bei der Einführung des G 8 gefragt wurde.
Wir wollen, dass Schüler und Eltern eine Option haben. Schauen Sie doch in die Bundesländer Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz! Dort gibt es das in unterschiedlichen Formen. Dort bricht die Schulwelt nicht zusammen. Dort geht auch der ländliche Raum nicht zugrunde.
Sie werden sehen, dass wir FREIE WÄHLER den ländlichen Raum immer beschützt haben. Das ist nach wie vor unser Ziel.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen als Drittes, was passieren wird – ich habe Ihnen schon bei den Studiengebühren gesagt, dass Sie nachziehen werden, ich sage es auch hier –: Wenn wir ein Volksbegehren initiieren, dann wird es erfolgreich sein; dessen bin ich mir sicher. Wir werden die Menschen mobilisieren können. Ich kann Ihnen garantieren, dass Sie noch vor der Landtagswahl an diesem Gymnasium, dem Sie jetzt Ruhe verordnen, nachbessern werden. Ich bin mir dessen sicher: Sie werden nachbessern. Wir werden uns noch sprechen.
Sehr geehrter Herr Staatsminister, ich bin mir auch sicher, dass der Ministerpräsident schon eine Option im Hinterkopf hat. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Regierung umfällt und sich Neues überlegt. Seien Sie sich mit Ihrem Modell nicht zu sicher. Ich glaube, der Ministerpräsident überlegt schon, ob die G-9-Wahlfreiheit vielleicht doch etwas Gutes wäre.
Wir werden dann sehr bald sehen, wer den richtigen Weg geht, wer als Erster dran war und wer hinterherhoppelt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir gehen voran. Wir reden nicht nur, wir handeln. Wir machen Politik mit den Menschen. Das ist gut so.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war schon etwas symbolhaft, dass die CSU bei diesem Thema zu spät dran gewesen ist. Auf den letzten Drücker haben Sie es aber doch geschafft, auf den Zug aufzuspringen. Heute stört mich aber etwas anderes, und deshalb habe ich die Bayerische Verfassung dabei. Ein Volksbegehren wird im Landtag normalerweise von der Regierung eingebracht. Beim letzten Volksbegehren zum Nichtraucherschutz hat das der damalige Gesundheitsminister Herr Söder ge
macht. Heute traut sich die Regierung nicht, dieses Volksbegehren hier einzubringen und zu begründen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen: Man sieht, dass das schon ein Problem ist, wenn man sich Artikel 74 der Bayerischen Verfassung durchliest. Der Fachminister ist nicht bereit, den Willen des Volkes hier vorzubringen. Hier scheint ein Stück Angst dabei zu sein, wenn sich die Regierung nicht einigen kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich stehe heute als Bote vor Ihnen, der stellvertretend für 1,35 Millionen Menschen, die sich gegen die Studiengebühren ausgesprochen haben, vor dem Parlament spricht. Ich spreche im wahrsten Sinne im Namen des Volkes. Als Vertreter von 14,3 % der bayerischen Bevölkerung fordere ich das Ende der Studiengebühren in Bayern.
Ein Gesetzentwurf liegt vor uns, der klar den Willen des bayerischen Volkes bekundet. Das Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und das Studium in einem konsekutiven Studiengang, der zu einem weiteren berufsqualifizierenden Abschluss führt, sind studienbeitragsfrei. So steht es in diesem Gesetzentwurf. Die Menschen wollen die Regierung dazu zwingen, sich von den bisherigen Regelungen zu verabschieden. Die Menschen in Bayern haben der Regierung die Stirn geboten. Bayern ist das letzte Land, das sich von den Studiengebühren verabschiedet. Dies hat die bayerische Bevölkerung erreicht, und dafür danken wir ihr.
Sicherlich hat auch der Wahltermin ein wenig dazu beigetragen. Es ist schon erstaunlich, was kurz vor Wahlen und aus Angst vor einem Volksentscheid möglich ist.
Lassen Sie mich noch ganz kurz zurückblicken. Meine sehr verehrten Damen und Herren insbesondere von der CSU-Fraktion, stellen Sie sich in den nächsten Monaten nicht vor das Wahlvolk und behaupten, schon immer gegen die Studiengebühren gewesen zu sein und diese abschaffen zu wollen. Das entspricht nicht den Tatsachen. Ich möchte Ihre Erinnerung auffrischen: In den letzten Jahren hat es elf Anträge, insgesamt sieben Dringlichkeitsanträge und drei Gesetzentwürfe, gegeben. Sie haben elfmal Nein gesagt.
- Es gab noch einen ganz normalen Antrag. Zum Mitzählen für die FDP: Sieben Dringlichkeitsanträge, einen normalen Antrag und drei Gesetzentwürfe. Das ergibt elf. Sie haben elfmal Nein gesagt. Wir haben das Volksbegehren im Herbst 2011 in Würzburg im Rahmen einer Klausurtagung auf den Weg gebracht. Kurz danach haben die Regierungsfraktionen Nein gesagt. Bis Mai 2012 haben wir 30.000 Unterschriften gesammelt. Keiner von Ihnen hat unterschrieben. Sie haben Nein gesagt. Das Innenministerium und das Wissenschaftsministerium haben vielmehr versucht, die Unzulässigkeit dieses Vorgehens nachzuweisen. Am 22. Oktober 2012 hat der Verfassungsgerichtshof das Urteil erlassen. Kurz danach haben wir einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, und Sie haben Nein gesagt. Einen Tag später hat Ministerpräsident Horst Seehofer die Wende eingeleitet.
Ich weiß nicht, ob dieser Umschwung aus innerer Überzeugung erfolgt ist. Ich hoffe es. Ich wünsche es. Neulich habe ich Sie in einem Interview Herrn de Talleyrand-Périgord zitieren hören: Die Menschen wollen belogen werden. Sie haben sich diesen Spruch dort nicht zu eigen gemacht. Das sage ich ganz deutlich. Sie haben aber gesagt: Die Menschen wollen belogen werden. Wenn das Ihr Wahlspruch sein sollte, sollten Sie ihn überdenken.
Ich sagte "wenn" und sprach im Potenzialis.
Wir haben den zehnten und elften Dringlichkeitsantrag gestellt. Jedes Mal hat die Regierung Nein gesagt. Hinzu kommt, dass der Wissenschaftsminister gesagt hat: Wir als FDP stehen zum Volksentscheid; wir wollen den Volksentscheid; ich stehe dazu; es wird jedoch keinen Volksentscheid geben. Die FDP steht nicht dazu. Mit 14,3 % war das Volksbegehren erfolgreich. Das Volk hat Ja gesagt. Nach zwei oder drei Tagen folgte der nächste Dringlichkeitsantrag. Die Regierungsfraktionen haben wieder Nein gesagt. Im Februar ist die FDP dann umgefallen. Vor dem Hintergrund dessen, was ich gerade gesagt habe, und wenn man so auf einem Volksentscheid beharrt und ihn dann nicht durchführt, sage ich: Das trägt das Odium des verletzten demokratischen Anstands in sich.
Wenn Sie ein bisschen in der Geschichte zurückgehen, wissen Sie, von wem das Zitat stammt. Das Zitat stammt von Frau Hamm-Brücher anlässlich ihrer
Rede am 1. Oktober 1982 zum Bruch der Koalition von FDP und SPD, der Regierung Schmidt. Es gibt also einige Beispiele in der Geschichte Ihrer Partei.
- Ich erinnere mich sehr gut. Damals saß ich vor dem Fernseher und habe gesagt: Diese Frau hat Mut. Den hat sie bis heute bewiesen.
Sie ist nicht mehr Mitglied der FDP.
Leider ist die Wende halbherzig. Das bedauere ich.
Die Stellungnahme, die die Staatsregierung abgegeben hat, ist keine Stellungnahme. Laut Artikel 74 "Volksbegehren, Volksentscheid" Absatz 3 der Bayerischen Verfassung hat die Staatsregierung dem Landtag eine Stellungnahme zu unterbreiten. Das bedeutet eine rechtliche Begutachtung, eine Folgenabschätzung und eine Positionierung. Das heißt, man muss deutlich machen, wo man steht. So steht das auch im Kommentar von Nawiasky zur Bayerischen Verfassung. In Ihrer Stellungnahme steht gar nichts. Das sind drei Absätze. Das ist eine Zustandsbeschreibung. Es steht nicht drin, wie Sie zu diesem Volksbegehren stehen.
Das ist keine Stellungnahme im Sinne der Bayerischen Verfassung.
Das macht deutlich, dass Sie sich in der Regierung nicht auf eine Position haben einigen können. Herr Ministerpräsident, ich frage Sie: Ist es nicht möglich gewesen, die FDP-Minister zu einer Stellungnahme zu überreden und sie durchzusetzen? Wo bleibt Ihre Richtlinienkompetenz? Eine Stellungnahme ist nicht erfolgt. Das moniere ich deutlich. Der Landtag hätte sich auch überlegen können, ob er diese Stellungnahme in dieser Form überhaupt annimmt.
Unser Volksbegehren ist klar, es ist einfach und kraftvoll. Das haben auch die Bürger begriffen. Sie haben gegen die Regierungsfraktionen entschieden. Elfmal haben die Regierungsfraktionen Nein gesagt. Das Volk hat einmal Ja gesagt. Dieses Ja ist stärker als die elf Nein. Das Volk hat gesagt: Wir können es. Im Grunde genommen ist es der damalige Satz Obamas:
Yes, we can. Wir können es als Volk. Die Regierung kann es nicht.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein paar Worte zum Hochschulteil, zur Kompensation der Studiengebühren. Die Kompensation konnten wir ins Volksbegehren zwar nicht hineinschreiben, wir haben sie aber selbstverständlich immer wieder gefordert. Wir haben auch ein eigenes Kompensationsgesetz vorgelegt, das aus meiner Sicht besser ist als das, was jetzt von der Regierung kommt. Gestatten Sie mir nur drei Bemerkungen. Der Staatsminister hat leider vor fünf Minuten das Haus verlassen, aber ich glaube, es wird ihm mitgeteilt.
Welches sind die Problempunkte? Das erste Problem ist, dass das jetzt vorliegende Bildungsfinanzierungsgesetz nicht nachhaltig ist. Es heißt dort nur, dass jährlich die gleiche Summe von 189 Millionen ausgegeben wird. So steht es im Entwurf. Diese Summe ist nicht steigerungsfähig. Es gibt keine automatische Steigerung. Diese ist in unserem Gesetz enthalten, deshalb ist es auch besser.
Das zweite Problem ist die Höhe der Kompensation. 189 Millionen werden nicht reichen. Deshalb haben wir einen Änderungsantrag gestellt. Nach unseren Berechnungen wären 11 Millionen mehr notwendig als diese 189 Millionen, um die Studienbeiträge voll zu kompensieren.
Der dritte Kritikpunkt ist die Zweckbindung des Gesetzes. Der Zweck des Gesetzes ist die Verbesserung der Studienbedingungen. Früher hieß es Verbesserung der Lehre. So steht es auch in unserem Gesetzentwurf. Wir wollen eine Qualitätsoffensive Lehre haben, und nicht nur die allgemeinen Studienbedingungen verbessern. Dann könnten Sie auch wieder Tischtennisplatten oder Tiefgaragenplätze finanzieren. Nein, wir wollen die Verbesserung der Lehre. Auch da ist unser Gesetzentwurf besser.
Gewünscht hätte ich mir auch, dass man nicht diejenigen Universitäten belohnt, die höhere Studiengebühren verlangt haben, indem man ihnen das Geld entsprechend zurückgibt. Wir wollen, dass man sich wirklich darüber Gedanken macht, wie man diese 189 Millionen gerecht an die Hochschulen verteilt. Das Geld einfach so zu verteilen, wie es bisher eingenommen wurde, halte ich für ungerecht. Sie trauen sich aber nicht, sich darüber Gedanken zu machen.
Die Quintessenz: Das Gesetz, das wir eingereicht haben, gibt wesentlich mehr Antworten. Es ist aus meiner Sicht besser. Darüber werden wir im Ausschuss sicher noch reden.
So steht es aber nicht im Gesetz. Diese Dynamisierung hat man, wenn man die Kompensation an der Zahl der Studierenden festmacht, wie es in unserem Gesetzentwurf steht. Wir haben 310 Euro pro Kopf vorgeschlagen. Das bedeutet, wenn mehr Studierende kommen, gibt es automatisch mehr Geld. Sie müssten dagegen noch einmal entscheiden. Das ist in dem Moment ein Problem, wenn die Einnahmen im Haushalt schmäler werden. Dann wird es auch einen Kampf um das Geld geben. Wenn Sie jetzt eine ganz bestimmte Zahl, die Sie pro Studierenden zahlen, ins Gesetz hineinschreiben, wird die Kompensation automatisch dynamisiert. So brauchen Sie noch einmal eine zusätzliche Entscheidung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Studiengebühren gehören in Bayern der Vergangenheit an, und das freut mich ganz persönlich.
Das freut mich, denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, das haben wir erreicht. Wir haben das erreicht.
Ohne das Volksbegehren wären die Studiengebühren in Bayern nicht abgeschafft worden.
Dazu haben wir sogar noch ein Bildungspaket bekommen, und das freut mich auch, denn auch das haben wir erreicht.
- Das haben auch wir erreicht; denn ohne ein Volksbegehren, Herr Kollege Barfuß, hätte es dieses Bildungspaket garantiert nicht gegeben. Garantiert nicht!
Es ist ein großer Erfolg für die FREIEN WÄHLER, es ist ein großer Erfolg für diese Opposition. Im nacheilenden Gehorsam haben Sie das getan, was wir tun wollten, und zwar schon seit vielen Jahren. Ich sage hier ganz deutlich: Noch nie in der Geschichte Bayerns hat eine Opposition die Regierung so vor sich hergetrieben, wie wir das tun. Noch nie in der Geschichte!
Energiewende − wir waren früher dran. Donauausbau − wir waren früher dran. Dritte Startbahn − wir waren früher dran. Bildungspaket - wir waren früher dran. Studiengebühren - wir waren früher dran. Meine sehr verehrten Damen und Herren, da stellt sich manchmal die Frage: Wer regiert hier, und wer ist die Opposition?
Dass es so kommen würde, war allen Beteiligten klar. Schon in der ersten Debatte am 25.10.2012 habe ich auf die Zwischenfrage von Herrn Hacker gesagt:
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der FDP, Sie werden sich diese Studiengebühren abkaufen lassen. Ich habe damals auf den Ladenschluss getippt. Es wurde nun die Bildungspolitik. Ich sage Ihnen ganz deutlich, das ist mir auch viel lieber!
Ich sage auch ganz deutlich, auch an die Adresse von Frau Kollegin Sandt: Es ist nicht nur die eigene Basis, die vom Umfallen der FDP redet. Wir haben schon immer vom Umfallen geredet. Wer ist in der Geschichte so häufig umgefallen wie Sie? Wenn Umfallen eine Straftat wäre, dann würden Sie von der FDP schon längst hinter Gittern sitzen. Das sage ich hier einmal ganz deutlich.
- Herr Hacker, wir haben ein Meinung.
Wir standen für die Abschaffung der Studiengebühren. Sie sind hier umgefallen. Wir stehen für das Sparen. Auch hier greifen Sie in die Rücklagen.
Sie haben gesagt: Wir stehen zum Koalitionsvertrag. Jetzt wird er neu verhandelt. Sie haben gesagt, und das ist das Entscheidende: Wir stehen zum Volksentscheid. Ich zitiere nur Sie, Herr Minister. Am 25.10.2012 haben Sie gesagt: Wir Freien Demokraten halten Studienbeiträge für richtig; vor allem meinen wir, dass der Weg der Volksgesetzgebung aus Respekt vor dem Souverän zu Ende gegangen werden muss. - Wo sind Sie ihn zu Ende gegangen? Wir wollten das Volk befragen, auch Sie wollten es.
Wo ist die Glaubwürdigkeit geblieben? Ich glaube, Sie haben einen berühmten Satz von Kennedy umgedreht.
Sie haben den Satz umgewertet. Bei Ihnen heißt es: Frage nicht, was du für das Volk tun kannst, tue, was dir die Macht erhält. − Und so haben Sie das gemacht. Das hat übrigens auch Herr Rösler auf Ihrem Parteitag gesagt. Es sei gut, dass Sie das getan haben, was die Macht erhält.
Wenn das Ihre Position ist, dann Gute Nacht!
- Wir wollen jetzt ein Kompensationsgesetz einbringen und geben damit den Gegenbeweis zu dem, was Sie tun. Wir wollen ein Kompensationsgesetz, das dynamisch ist, das den Hochschulen -
- Wir bringen es zusammen ein.
Wir wollen ein Gesetz, das den Hochschulen nützt und das mehr Geld bringt, wenn es mehr Studierende werden, also ein dynamisches Kompensationsgesetz. Wir wollen ein Kompensationsgesetz, bei dem die Studierenden mitbestimmen können, so wie bisher. Das nützt den Studierenden nämlich.
Schauen Sie sich dieses Gesetz an. Stimmen Sie ihm zu, dann brauchen Sie kein eigenes.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Stellen Sie sich eine ältere Frau vor, die vier Kinder erzogen hat und vielleicht nur 15 Jahre gearbeitet hat. Sie ist jetzt 75 und hat eine Rente von 400 Euro. Sie kommt gerade so über die Runden. Sie hat seit vielen Jahren kein Fernsehgerät und nur ein Radiogerät, das sie sich gerade noch leisten kann. Sie zahlt eine Gebühr von knapp über fünf Euro. Jetzt soll sie plötzlich 18 Euro bezahlen. Sie ist keine HartzIV-Empfängerin, weil sie sich etwas gespart hat oder ihre finanziellen Verhältnisse nicht offenlegen möchte.
Das ist kein Einzelfall. Diese Fälle haben wir im Moment ständig im Hochschulausschuss im Zusammenhang mit Petitionen. Wir bekommen viele Briefe. Wir bekommen Briefe von Behinderten, die plötzlich mehr bezahlen müssen. Wir bekommen Schreiben von vielen Kommunen, die bis zum Dreifachen zahlen müssen. Wir wissen auch, dass sehr viele Wirtschaftsunternehmen wesentlich mehr zahlen müssen als bisher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag weist soziale Härten auf und ist zutiefst ungerecht. Da er auch verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, wird er derzeit vom Verfassungsgericht überprüft. Zudem ist der Vertrag unausgewogen.
Um es von Anfang an klarzustellen: Wir FREIE WÄHLER stehen zum gebührenfinanzierten öffentlich
rechtlichen Rundfunk. Er ist wichtig, sehr wichtig − nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis. Wir wollen aber, dass es transparent und gerecht zugeht. Deshalb haben wir diesen Rundfunkänderungsstaatsvertrag damals abgelehnt. Wir halten es für sinnvoller, sich vor der Verabschiedung von Verträgen und Gesetzen Gedanken zu machen.