Daniel Born
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Last Statements
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zweckentfremdung von Wohn raum ist nicht hinnehmbar. Das war der Grund, warum in der letzten Legislaturperiode die damalige Regierungskoalition aus SPD und Grünen eine entsprechende Möglichkeit für die Kommunen geschaffen hat. Wir haben gesehen, die Kommu nen nutzen die Möglichkeit. Die Kommunen haben der Re gierung und dem Parlament gespiegelt, wie wichtig es ist, dass es die Möglichkeit, Zweckentfremdung zu bekämpfen, gibt.
Sie hätten weitaus früher damit beginnen können, an diesem Gesetz weiterzuarbeiten. Sie haben die Evaluation verschleppt, und Sie haben danach auch den gesamten Gesetzgebungspro zess verschleppt. Sie hätten beispielsweise das Auskunftsrecht gegenüber Airbnb und anderen längst in Kraft setzen können. Da haben Sie nichts getan. Insofern: Wenn Frau Bay erzählt, die durchschnittliche Urlaubszeit der Menschen betrage zehn Wochen pro Kalenderjahr,
dann kann man sich erklären, weshalb Sie erst jetzt mit die sem Gesetz um die Ecke kommen.
Meine Damen und Herren, wir erleben in der Wohnungspoli tik seit viereinhalb Jahren, was es heißt, wenn die Ministerin einen Prozess nur politisch und protokollarisch flankieren will.
Wir hätten weitaus mehr Einsatz erwartet. Ein Beispiel ist da bei tatsächlich, wie wir Ordnung in dem Bereich schaffen, in dem den Familien, den Menschen Wohnraum weggenommen wird, obwohl er längst da ist. Da muss man nicht das Trauer lied auf die langen Genehmigungsverfahren singen. Wohn raum zur Verfügung zu haben – der aber nicht zur Verfügung steht – ist das eigentliche Ziel eines Zweckentfremdungsver botsgesetzes. Da erwarten wir, dass man es nicht bei einem Einsatz mit halber Kraft belässt.
Frau Ministerin, ich muss ganz ehrlich sagen: Ich hatte, als Sie über das Gesetz gesprochen haben, das Sie hier jetzt vor legen, den Eindruck: Vielleicht sind Sie momentan so sehr da mit beschäftigt, SWR und ZDF privatisieren zu wollen, dass Sie überhaupt keine Zeit hatten, Ihr Gesetz einmal durchzu lesen. Denn dieser Instrumentenkasten – –
Solche Forderungen von diesem angeblichen Expertenrat, finde ich, sind Populismus.
Angeblicher Expertenrat.
Aber diesen Instrumentenkasten, den Sie hier nennen, haben Sie doch gar nicht so gefüllt, wie ihn die, die ihn vor Ort ein setzen müssen, brauchen. Die Kommunen haben weiterhin keine Möglichkeit, bei Wohnungen, die längst zweckentfrem det sind, darauf zurückzugreifen. Sie haben bei den Bußgel
dern weit, weit weniger in den Raum gestellt, als es andere Bundesländer tun.
Sie haben auch noch immer nicht die Möglichkeit einer kom munalen Wohnraumverwaltung geschaffen, wenn man merkt, dass man mit den bisherigen Mitteln nicht durchgreifen kann. Wer aus sozialen, ökologischen und städtebaulichen Gründen den Kommunen ernsthaft die Möglichkeit geben will, enga giert gegen Zweckentfremdung vorzugehen, der darf es nicht bei einem Einsatz mit halber Kraft belassen. Genau das haben Sie einmal mehr getan. Ihre protokollarische Begleitung der Wohnraumschaffung in Baden-Württemberg ist zu wenig für dieses Land.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Logik dieser Debatte soll da rin liegen, dass die grüne Landtagsfraktion einen Titel wählt, der sich identisch auf der Homepage des Sozialministeriums als Überschrift für diverse Förderprogramme findet, und wir dann merken: Der Minister will eben über diese Förderpro gramme sprechen; die CDU möchte lieber darüber sprechen, was sie der Familie an Bedeutung zumisst.
Aber ich glaube, wenn wir tatsächlich die Kinder in den Mit telpunkt stellen und über die Stärken und über den Chancen reichtum der Kinder sprechen, dann müssen wir erst mal fest stellen, dass Baden-Württemberg wesentlich vielfältiger auf gestellt ist, als es die Wünsche der CDU und die Förderpro gramme des Sozialministers widerspiegeln,
sondern dass das von Familien, Vereinen, Schulen, Kitas, früh kindlicher Unterrichtung getragen wird.
Da spielt es schon eine Rolle, Herr Minister, wenn Sie sich immer wieder vorsätzlich verrechnen. Denn die Kommunen leisten mit der Schulsozialarbeit einen entscheidenden Bei trag dazu. Wenn einmal gesagt wurde: „Wir finanzieren ein Drittel“, und man dann immer weiter nach hinten rückt we gen der Kostensteigerungen – man ist von diesem einen Drit tel inzwischen weit entfernt –, dann braucht man keinen Ma thelehrer, dann braucht man einen Gerechtigkeitslehrer, der wieder dafür sorgt, dass die Kommunen bei ihrer Aufgabe ent sprechend unterstützt werden.
Stärke und Chancenreichtum zu diskutieren, ohne über die Möglichkeiten des Bildungslands Baden-Württemberg zu dis kutieren, funktioniert nicht. Das können Sie nicht ausgrenzen.
Lieber Kollege von der CDU, wir geben uns eben nicht damit zufrieden, zu sagen: „Die Chancen sind eben ungleich ver teilt; da schaut jeder, was man aus seinem Leben macht.“ Für uns geht es darum, dass jedes Kind in Baden-Württemberg seine Chancen bekommt.
Neben der Stärke der Familie spielen dort die Bildungsein richtungen eine ganz entscheidende Rolle. Das haben wir doch spätestens in diesem Jahr gelernt.
Wenn man sich diese Widersprüche anschaut zwischen dem, wie Sie das hier in die zweite, dritte, vierte Reihe stellen, und dem, was gleichzeitig seitens der Regierung an Förderpro grammen aufgestellt wird, müssen wir von der SPD festhal ten: Eine Regierung von gestern mit Konfliktlinien von vor gestern wird niemals die richtige Politik für die Menschen ma chen können, die diese Gesellschaft und dieses Land in Zu kunft tragen werden – niemals!
Wenn Sie Familien stärken wollen, wenn Sie das Bildungs land Baden-Württemberg stärken wollen, dann gibt es eine Maßnahme, die dringend notwendig ist:
Wir brauchen die gebührenfreie Kita. Wir brauchen die ge bührenfreie Kita!
Herr Minister, Sie erklären hier, wie Sie in Bürgerforen und bei Bürgerbeteiligungen
den Menschen zuhören wollen. Hören Sie ihnen doch nicht nur zu, sondern lassen Sie sie entscheiden, z. B. darüber, ob es endlich eine gebührenfreie Kita in Baden-Württemberg gibt. Wir hätten diese Entscheidung herbeigeführt. Wir konn ten das in diesem Jahr nicht. Wir machen es im nächsten Jahr nach dem 14. März. Dann wird Baden-Württemberg die his torische Stunde nutzen und sich für eine gebührenfreie Kita entscheiden.
Franziska Giffey hat in einem ersten Schritt mit dem „Gute Kita“-Gesetz dafür gesorgt, dass beispielsweise den Wohn geldbeziehern die Kitagebühren bereits erlassen wurden. Das ist ein wichtiger Schritt, der 10 000 Familien in Baden-Würt temberg geholfen hat.
Aber wir denken bei Chancenreichtum und bei Stärke für die künftige Generation nicht nur an einen Ausschnitt der Bevöl kerung, auch wenn er vielleicht die Personen betrifft, die am meisten Hilfe brauchen. Vielmehr denken wir von den Kin dern her. Darum werden wir uns dafür einsetzen, dass die Bil dungsorte der Kinder gebührenfrei sind – so, wie wir ein ge bührenfreies Bildungsland Baden-Württemberg wollen, von der Kita bis zum Meister- und bis zum Studienabschluss.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bildung braucht Zeit. Auch das ist Teil von Stärke und Chancenreichtum. Bildung braucht Zeit. Der Ganztag ist ein gutes Modell, um diese Stärken und diese Chancen zu nutzen.
Wir haben derzeit aber eine Landesregierung, die glaubt, ih re Stärke eher darin demonstrieren zu müssen, wie sie sämt liche Möglichkeiten, Kommunen beim Ganztag besser zu un terstützen – mit Berliner Programmen, die gleichzeitig auch zu Landesprogrammen führen müssen –, mit Füßen tritt und wie sie sie blockiert. Es ist absurd, sich hier hinzustellen und zu sagen: „Wir machen uns für Kinder und Jugendliche stark“, wenn man gleichzeitig die einzige Stärke, die man politisch demonstriert, darin auslebt, dass man sich in Berlin querstellt, wenn es darum geht, mehr Ganztag zu fördern.
Übrigens: Dieses Querstellen gegen die Interessen der Fami lien, der Kommunen, der Kinder, der Kitas und der Schulen hat einen Namen, und dieser Name ist Eisenmann.
Noch einen Satz, Frau Präsidentin.
Einen Satz mit einem Komma.
Stärke und Chancenreichtum für die Kinder in Baden-Würt temberg haben etwas damit zu tun, dass man das Bildungs land Baden-Württemberg chancenreich und gerecht macht. Darum werden wir die Gebührenfreiheit für die Kitas durch setzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese regenbogenfarbene Maske habe ich von PLUS, der psychologischen Lesben- und Schwu lenberatung Rhein-Neckar-Kreis, erhalten. Dieses Jahr findet in der Kurpfalz kein CSD in Mannheim, kein Dyke*March Rhein-Neckar in Heidelberg und kein „Grillfest am anderen Ufer“ in der Neckarstadt statt.
Die Leute von PLUS – zu denen gehöre ich auch; ich bin da im Vorstand – haben gesagt: Mensch, dann schaffen wir mit den regenbogenfarbenen Masken ein bisschen mehr Sichtbar keit auf dem Paradeplatz und in den Fußgängerzonen in der Region.
Das Ganze machen wir unter dem Motto „Gemeinsam statt einsam“, mit den Hashtags „#queermaskiert“ und „#Sichtbar MitPLUS“. – Übrigens, Stichwort Sichtbarkeit: Ich sehe den Stand meiner noch verbleibenden Redezeit nicht. Ich habe zu diesem Thema viel zu sagen.
Schon jetzt ein schöner Tag für mich. Sichtbarkeit ist für mich das zentrale Thema. Denn in der letzten Woche hatten wir den Coming Out Day. Was bedeutet „Coming-out“? Das bedeu tet, vor dem Spiegel zu stehen und erst einmal für sich selbst zu sagen: „So, wie du bist, bist du genau richtig.“ „Comingout“ bedeutet, eine Familie zu haben, die sagt: „So, wie du bist, bist du genau richtig“, und es bedeutet, ein gesellschaft liches Umfeld zu haben, das sagt: „So, wie du bist, bist du ge nau richtig.“
Dieses Umfeld haben wir noch nicht überall. Das dürfen wir nicht schönreden. Das Suizidrisiko von Jugendlichen, die les bisch oder schwul sind, ist um das Vier- bis Siebenfache hö her als das von heterosexuellen Jugendlichen. Viele Arbeit nehmerinnen und Arbeitnehmer melden uns zurück, dass sie sich nicht trauen, sich am Arbeitsplatz zu outen.
Darum, Frau Martin, geht es bei dem Ganzen eben nicht nur um die Frage, ob Sie irgendeine Gleichwertigkeit herstellen wollen, wenn Ihre Kultusministerin nicht das abarbeitet, was im Aktionsplan vorgesehen wurde und für dessen Veranke rung in den Bildungsplänen Kultusminister Andreas Stoch massiv gekämpft hat. Vielmehr ist es wirklich verheerend ge genüber den Jugendlichen. Der LSVD kommentiert:
Es ist sehr enttäuschend, dass das Kultusministerium es... nicht geschafft hat, die Lebensrealitäten von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, Transgendern, In tersexuellen und queeren Menschen (LSBTTIQ) in Schu le, Unterricht und Lehrkräftefortbildungen zu berücksich tigen, geschweige denn fachbezogene Ansprechpersonen in der Schulverwaltung zu schaffen oder sich für das Lehrpersonal beratend von außen zu suchen.
Das ist eben ein fatales Nichtstun. Das geht nicht, wenn wir uns anschauen, wie wichtig es ist, Sichtbarkeit zu schaffen.
„So, wie du bist, bist du gerade richtig.“ – Der Aktionsplan, der unter der Federführung von Katrin Altpeter erarbeitet wur de, ist ein kluges Dokument, weil er von Anfang an die ver schiedenen Stellen, die verschiedenen Organisationen mit ein bezogen hat und darin zum Ausdruck kam: Wir schaffen dar über hinaus Netzwerke in andere gesellschaftliche Bereiche hinein.
Gerade hier könnte eine Kultusministerin viel Gutes leisten. Wir haben in der vergangenen Regierung gezeigt – beispiels weise mit Innenminister Reinhold Gall, der im Beamtenrecht massive Fortschritte erzielt hat, mit Wissenschaftsministerin Bauer, die dafür gesorgt hat, dass sich in der Lehrerausbildung etwas ändert, mit Andreas Stoch, der den Bildungsplan durch gepaukt hat, mit Rainer Stickelberger, der sich als Justizmi nister und auf Bundesebene massiv für Veränderungen einge setzt hat –, was eine progressive Regierung in diesem Bereich leisten kann. Darum drängen wir auch darauf, dass im Kul tusministerium wieder mehr geleistet wird.
Das Kluge an diesem Plan war, dass er von Anfang an die Or ganisationen, die Initiativen mit ins Boot geholt hat. Denn die Gleichstellung von LSBTTIQ-Menschen ist nicht etwas, was die Politik Gruppen geschenkt hat. Es war von Anfang an ei ne Bürger-/Bürgerinnenrechtsbewegung aus der Community heraus. Darum war es so wichtig, dass wir im letzten Jahr „50 Jahre Stonewall“ gefeiert haben.
Alle Rechte – – Das sage ich sehr bewusst als Mitglied einer Partei, die immer dann, wenn sie regiert hat, dafür gesorgt hat, dass es mehr Rechte gab. Immer dann, wenn die SPD regiert hat, gab es mehr Rechte für LSBTTIQ-Menschen.
Trotzdem sage ich: All diese Rechte sind von der Communi ty selbst erkämpft worden. Das war ein Kampf für unsere De mokratie. Denn Heiko Maas hatte recht, als er gesagt hat: „§ 175 war ab dem ersten Geltungstag des Grundgesetzes ver fassungswidrig.“ Aber es war eben die Community, die es selbst erstreiten musste, dass § 175 abgeschafft wurde. Dar um ist es wichtig, sich daran zu erinnern: LSBTTIQ-Rechte sind von der Community erkämpft worden. Und wenn wir uns, wie im letzten Jahr, an 50 Jahre Stonewall erinnern, dann erinnern wir uns auch an diesen mutigen demokratischen Kampf von LSBTTIQ-Menschen.
Jetzt, da wir merken, dass dieses weltoffene, vielfältige Land so unter Druck steht – von den Rechtsradikalen, den Homo phoben, den Ewiggestrigen –, dürfen wir nicht vergessen, was für ein wichtiger Kampf das war. Jetzt haben wir die Möglich keit, als Demokratinnen und Demokraten zusammenzustehen und zu sagen: Die Vielfalt, die wir zusammen erreicht haben, gehört zu unserer Demokratie; unsere Demokratie ist ohne diese Vielfalt nicht lebensfähig.
Das ist die Grundaussage von Akzeptanz und gleichen Rech ten. Wenn wir das in Baden-Württemberg leben, werden wir
den Angriffen von den Rechten standhalten. Ich finde es wich tig, dass wir uns als Demokratinnen und Demokraten darüber klar werden: Wir werden den Angriffen von den Rechten standhalten. Wir lassen uns die Vielfalt und unsere Demokra tie – beides gehört zusammen – nie mehr nehmen.
Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass die Kommunen das Fundament unserer Demokratie sind, dann ist das sicherlich der Ganztag in Baden-Württemberg. Es war und ist enorm, was die Kommunen geleistet haben und leisten, um für die Kinder vielfältige Ganztagsangebote auf die Beine zu stellen
und so für die Eltern eine Vereinbarkeit von Familie und Be ruf zu schaffen.
Warum ist das ein Musterbeispiel für das Fundament? Weil die Kommunen dieses Angebot geschaffen haben, als die El tern es dringend brauchten und die CDU sie komplett im Re gen hat stehen lassen.
Weil die eigene CDU-Ideologie wichtiger war, machte die CDU beim Ganztag einfach gar nichts.
Als sich das Land 2011 aufmachte, für den Ganztag Verant wortung zu übernehmen, da saß die CDU in der Schmollecke und machte wieder für den Ganztag gar nichts.
Aber jetzt will Frau Eisenmann ja gefesselte Riesen entfes seln, und da passt das Nichtstun nicht mehr richtig zur Ge schichte. Also erklärt sie das Nichtstun zum Handeln und will sich dafür feiern lassen, dass sie eine Vereinbarung nicht un terschreibt. Das Ergebnis davon sind aber keine Jubelstürme. Das Ergebnis davon ist Kopfschütteln. Über die Kultusminis terin dieses Landes schüttelt man überall in Deutschland den Kopf, von Flensburg bis Garmisch, von Görlitz bis Kehl. Man schüttelt den Kopf quer durch das demokratische Parteien spektrum.
Der Bund stellt für ganztägige Bildungs- und Betreuungsan gebote 750 Millionen € zur Verfügung, allein für Baden-Würt temberg 97 bis 98 Millionen €. Mit dem Geld kann man viel machen. Förderfähig sind Planungs- und Baumaßnahmen, die Anschaffung von Mobiliar, Sportgeräten, Fahrzeugen, auch die Verbesserung der Hygienebedingungen in den Einrichtun gen – ein breites Spektrum von Möglichkeiten. Der Bund lässt dabei so viel freie Hand wie nur möglich, und Frau Eisenmann behauptet in einem Video, diese ganze Maßnahme sei dazu da, dass der Bund den Zwang zum Ganztag fördern wolle,
den gebundenen Ganztag.
Das, was die Ministerin hier behauptet, ist einfach nicht wahr. In der Vereinbarung steht schwarz auf weiß, dass gebundene, teilgebundene und offene Ganztagsgrundschulen gefördert werden können.
Entweder das Nichtstun der CDU geht mittlerweile so weit, dass man noch nicht einmal mehr die Vereinbarungen durch liest, die man bekämpft,
oder Sie haben mittlerweile in der Bildungspolitik die Ebene der alternativen Fakten erreicht oder die Unwahrheit gesagt.
Ich fürchte, der Grund ist einfach nur Ihr Wahlkampf – zur ab soluten Unzeit und an der vollkommen unpassenden Stelle. Dann, wenn die Einrichtungen vor Ort dringend Hilfe bräuch ten, denkt Frau Eisenmann daran, wie sie irgendwie ihre Wähler klientel befriedigen kann: „Seht her, hier stehe ich, Frau Dr. Eisenmann,“ – oder „Nanni“ oder wie sie sich gerade nennt – „und kämpfe gegen den roten Ganztag.“ Damit kämpfen Sie, Frau Eisenmann, gegen jede Form des Ganztags in BadenWürttemberg; denn der Ganztag in Baden-Württemberg ist nicht nur rot, sondern er ist so bunt wie das Land.
Das, was Sie hier veranstaltet haben, ist deshalb nicht nur ei ne Geisterfahrt gegen den gesunden Menschenverstand, das ist auch eine Geisterfahrt gegen ein gutes Ganztagsangebot.
Es ist auch eine Geisterfahrt gegen eine Kommunalpolitike rin der CDU, die sich im Jahr 2014 dagegen wehrte, dass die CDU in ihrer Stadt Stuttgart pauschal gegen die Ganztagsbe treuung vorging. Sie wollte nicht weniger, sondern mehr Ganz tag. Sie warf ihrer eigenen Partei vor, den Ganztag zu blockie ren. Ja, so war das, als Frau Eisenmann noch Schulbürger meisterin von Stuttgart war und nicht oberste Wahlkämpferin der Südwest-CDU. Letzten Endes ist die aktuelle Politik von Frau Eisenmann in erster Linie auch eine Geisterfahrt gegen sich selbst.
Frau Eisenmann, wenn Ihnen auf Ihrer Geisterfahrt ein Ge sicht entgegenkommt, das Ihnen vertraut erscheint, dann sind Sie das vor sechs Jahren.
Das Allerschlimmste an Ihrer tiefkonservativen Ideologie ist aber nicht, dass Sie der Ganztagsbetreuung ein Bein stellen. Davon können wir ein langes Lied singen: Gemeinschafts schulen, Inklusion, Lehrergewinnung, Ethikunterricht. Über all, wo Innovation notwendig ist,
ist es für Frau Eisenmann angeblich rote Politik. Ganz egal, ob es ein Lehrerverband ist, ob es ein Elternverband ist, ob es die Bertelsmann Stiftung ist oder ob es die Bundes-CDU ist: Für Frau Eisenmann verbirgt sich überall dahinter nur ein So zi. Selbst die Bayern, die kein Problem damit haben, dieser Vereinbarung für mehr Ganztag zuzustimmen, sind im Leben von Frau Eisenmann vermutlich Sozis.
Wahrscheinlich ist Markus Söder ein Juso. Ich weiß es nicht, was da passiert.
Gute Bildungspolitik – davon bin ich überzeugt – läuft nicht nach Ihrer Parteiideologie. Gute Bildungspolitik geht vom Kind aus und stellt das Kind in den Mittelpunkt.
Ach, Herr Reinhart, diese Prozentzahl
wechselt bei Ihnen so schnell wie die Wetterlage momentan draußen. Im ersten Pamphlet der CDU waren es 90 %, dann 80 %, und jetzt sind es 74 %.
Sie wissen doch gar nicht, wie vielen Schulen Sie die Mög lichkeit auf Förderung verbauen. Fest steht nur: Sie verbauen hier den Schulen die Möglichkeit auf Förderung.
Wer gute Politik vom Kind aus macht, der baut Brücken, um Qualität immer weiterzuentwickeln, um rhythmisierte Ange bote in den Blick zu nehmen und um mehr Bildungschancen schaffen zu können. Das tut unserem Land gut. Das hieße auch, Verantwortung zu übernehmen. Sich wie im letzten Jahr gegenüber den Kommunen mit 12 Millionen € billig freizu kaufen ist keine Verantwortungsübernahme.
Nein, danke. Ich bin jetzt gerade drin.
Sich mit 12 Millionen € gegenüber den Kommunen freizu kaufen ist keine Verantwortungsübernahme. Jetzt Panik davor zu haben, mit der Schulaufsicht Folgekosten für das Land zu haben, ist ebenfalls keine Verantwortungsübernahme. Wir wollen, dass das Land als bildungspolitischer Partner der Kommunen Verantwortung übernimmt.
Das ist das krasse Gegenstück zur Geisterfahrt von Frau Ei senmann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Präsidentin! Man ist sich ja manchmal nicht hundertpro zentig sicher, ob man mit dem Titel einer Aktuellen Debatte ins Schwarze trifft.
Wer die Rede von Frau Eisenmann gehört hat, der weiß: Wir haben genau ins Schwarze getroffen.
Das war eine rhetorische Geisterfahrt. Das ging völlig an dem vorbei, was wir in den letzten Tagen hier erlebt haben. Ich muss sagen: In Kopplung mit dem, was die Regierungsfrak tionen hier vorgetragen haben – das waren ja sehr getrennte Vorträge; das muss man schon sehen –, war das insgesamt ei ne eher gespenstische Veranstaltung heute Morgen.
Herr Röhm, ich sage immer: Wir sind Vertreter des Bildungs föderalismus. Wenn Sie hier vorn an diesem Podium stehen und verzweifelt danach winseln,
dass auf Bundesebene Qualitätsstandards reingeschrieben wer den müssten, ist das nicht unsere Haltung. Das wollen wir nicht.
Wir glauben schon, dass dies das Land Baden-Württemberg erledigen kann. Aber wenn Sie sagen, Sie brauchen dafür den Bund, dann ist das, um ehrlich zu sein, ein Armutszeugnis der CDU hier im Haus.
Wir, Baden-Württemberg, können das. Darum lässt der Bund übrigens auch völlig offen, ob es offene, gebundene oder teil gebundene Ganztagsangebote sind.
Dazu hat ja auch die Ministerin aus guten Gründen nichts ge sagt, weil sie nämlich in ihren CDU-Videofilmchen die Un wahrheit sagt.
Sie sagt den Familien, den Eltern, den Trägern, den Kindern die Unwahrheit ins Gesicht, wenn sie behauptet, der Bund würde hier in eine Gebundenheit reindiktieren.
Ebendas tut er nicht.
Vor der Schulaufsicht – das hat Frau Eisenmann ja sogar zur Presse gegeben – hat sie nur deshalb Hemmungen, weil sie kein Geld bezahlen will. Ich finde, mit dem permanenten Spar hammer kann eine Kultusministerin nicht durch ein Land rei sen, in dem Bildung und Bildungsgerechtigkeit, Entlastung der Familien und Unterstützung der Eltern mit zu den größ ten Aufgaben gehören.
All das wird hier nicht erledigt. Das ist in dieser Rede noch einmal deutlich geworden.
Ja, selbstverständlich.
Es werden hervorragende Angebote gemacht. Aber wenn wir über Schulaufsicht reden, reden wir doch auch darüber, dass letzten Endes Lehrer und Lehrerin nen daran beteiligt sind, dass dort eine stärkere Mitwirkung erfolgt. Und jetzt wollen Sie mir sagen, dass es kein sinnvol ler Qualitätsmehrwert wäre, wenn auch die Schulen mit be teiligt sind. Da muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Da spre chen Sie nicht für die Kommunalpolitiker und -politikerinnen in diesem Land. Die spiegeln mir etwas anderes. Die wollen das qualitativ Beste an ihren Orten, und dafür kämpfen sie je den Tag aufs Neue – übrigens auch mit jeder Menge Briefe an Frau Eisenmann, in denen sie um Unterstützung durch das Land bitten, die nie erfolgt. Frau Eisenmann nimmt ja diese gesamten Betreuungseinrichtungen nur als Fotokulisse für ih re Wahlkampfauftritte.
Da erfolgt überhaupt nichts an Förderung außer den 12 Mil lionen €, die man zum Freikaufen benutzt hat.
Frau Boser, wenn Sie hier stehen und sagen, was Sie gern möchten, hätten, könnten: Ich finde den Konjunktivmodus für eine Partei, die die stärkste Partei in diesem Landtag ist
und die die Verhandlungen in Berlin geführt hat, reichlich ab surd und gespenstisch.
Ja. – Die Kultusministerin sagt, sie habe eigentlich mit alldem nichts zu tun, was bildungspoli tisch auf Bundesebene diskutiert wird. Das wissen wir. Nie mand kennt das. Aber dass letzten Endes das Land BadenWürttemberg nicht richtig weiß, was es jetzt herausverhan deln will, und erst einmal eine Vereinbarung in einer BundLänder-Kommission unterschreibt und später dann dort an ruft und sagt: „Wir merken jetzt in der Regierung, wir sind da nicht einer Meinung; wir wollen das noch einmal ändern“, das ist ein Auftreten, das nichts mit dem starken Land BadenWürttemberg zu tun hat. Das ist das Auftreten des Krähwin kels der Bundespolitik, und das wollen wir nicht.
Frau Ministerin, wir hatten ja heute auch eine Debatte über die Frage: Wie wird der Landtag in Pandemiezeiten an der bestehenden Diskussion beteiligt? Das ist jetzt wirklich ein Moment, in dem es auch um die Beteili gung des Landtags geht. Wir werden als Abgeordnete jetzt von den Kommunen daraufhin angesprochen, wie man die Weih nachtsmärkte planen kann. Die Stadt Schwetzingen in mei
nem Wahlkreis hat jetzt entschieden, den Weihnachtsmarkt nicht durchzuführen. Der Weihnachtsmarkt in Schwetzingen wird normalerweise an einem Wochenende von 30 000 Men schen besucht. Da geht es um ein ganz großes Publikumsvo lumen, bei dem man rechtzeitig Bescheid geben muss und auch rechtzeitig informieren wird. Die anderen Kommunen stecken jetzt ebenfalls mitten in dieser Diskussion.
Wenn Sie sagen, Ihr Ministerium sei bereits in der Debatte mit dem Sozialministerium, wäre es schon sinnvoll, dass Sie uns ein konkretes Datum nennen, bis wann man mit einer entspre chenden Entscheidung rechnen kann, und uns vielleicht auch noch einen Hinweis geben, wie momentan die Diskussions lage ist. Wird es nach Ihren Planungen beispielsweise ein Al koholverbot auf Weihnachtsmärkten geben? Denn die Kom munen gehen momentan davon aus, dass Abstandsregelungen weitaus schwerer einzuhalten sind, wenn Alkohol konsumiert wird.
Wie wird die Einlasskontrolle nach Ihren bisherigen Planun gen erfolgen? Wird das Freizeitparkmodell oder wird das Gas tronomiemodell gefahren? Werden die Leute sich an den Stän den, an denen sie stehen, registrieren lassen müssen oder beim Eingang? Würde das nicht gleichzeitig dazu führen, dass man dort, wo die Weihnachtsmärkte in das Gemeinde- und Dorf leben eingebunden sind, bei den bisherigen Fluchtkonzepten in einem anderen Notfall an die Grenze der Planbarkeit käme, wenn man entsprechende Zulassungsverengungen hätte?
All das sind Fragen, die sich die Kommunen im Moment ganz konkret stellen und auf die sie keine Antworten von der Lan desregierung bekommen – die sie aber dringend brauchten, um jetzt auch die entsprechenden Entscheidungen treffen zu können. Darum: Wie betrachten Sie diese Fragen bei der kon kreten Ausgestaltung der Weihnachtsmärkte, und wann wird konkret mit einer entsprechenden Handlungsempfehlung oder -regelung zu rechnen sein, damit die Kommunen planen kön nen?
Um ehrlich zu sein, würde ich dann dafür werben, wenn ich ein konkretes Datum von Ihnen hät te.
Ansonsten kann ich die Verantwortung, die Kommunen jetzt übernehmen, auch nicht so kommentieren. Beispielsweise Schwetzingen plant eben ein Alternativkonzept an 24 ver schiedenen Standorten, um die 30 000 Menschen einigerma ßen bedienen zu können. Denn auch das muss ja eine Überle gung sein: Wie geht man damit um, wenn bestimmte Weih nachtsmärkte nicht stattfinden und dann eventuell kleinere Weihnachtsmärkte, die zunächst einmal mit einem geringeren Publikumsverkehr rechnen, mehr oder weniger überströmt werden, weil es eben die Alternativangebote gibt?
Aber noch einmal die konkrete Frage: Planen Sie bisher ein Alkoholverbot auf den Weihnachtsmärkten?
Vielen Dank. – Frau Ministerin, ich habe noch eine Nachfrage. Sie haben den Hertie-Effekt ange sprochen – auch wenn es Hertie nicht mehr gibt. Diese Filia len sind eben auch Ankerpunkte in den Innenstädten. Die GA LERIA-Kaufhäuser erfüllen mit ihrem Sortiment teilweise die Funktion der Sortimentsgestaltungen, die man dort gar nicht mehr findet – gerade in bestimmten Bereichen, was Haushalts waren angeht und Ähnliches.
Sie sagen, Sie sehen das als ein städtebauliches Thema. Se hen Sie hier spezielle Programme oder spezielle Lösungen vor? Sind Sie mit den Kommunen darüber im Gespräch, wie verhindert werden kann, dass ein Trading-down-Effekt ent steht, dass am Schluss in diese Einrichtungen nicht Läden, Kasinos oder Ähnliches kommen, was letztendlich weder der Innenstadt noch den Menschen, die dort einkaufen wollen, noch den Beschäftigten hilft?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuallererst an die Kinder in un serem Land: Das ist auch euer Land. Das hat sich in den letz ten Wochen vielleicht anders angefühlt, weil die Kita ge schlossen war, weil die Grundschule und der Spielplatz ge schlossen waren und auch der Vereinssport nicht möglich war. Aber dies ist auch euer Land, und dies ist auch euer Landtag. Hier wird sich gestritten und gefetzt. Aber eines ist jedem hier von uns klar: Das, was ihr in den letzten Wochen geleistet habt, wie mutig, rücksichtsvoll und solidarisch ihr wart, war wirklich super.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle sind ja im Gespräch vor Ort, und wir bringen das, was wir vor Ort erfahren, mit in dieses Parlament. Darum wissen wir: Es gibt ein großes, ein wachsendes und ein absolut nachvollziehbares Bedürfnis nach einer Ausweitung der Kitabetreuung mit dem Ziel einer ra schen Wiederherstellung des Regelbetriebs. Es ist das gute Recht der Kinder, ihre Freundinnen und Freunde wieder zu treffen, ihre Erzieherinnen und Erzieher wiederzusehen und ihre Bildungseinrichtung wieder zu besuchen. Das ist drin gend notwendig, denn die Erzieherinnen und die Notfallstel len schildern uns, wie dramatisch es ist, dass einzelne Kinder aus dem Blickfeld geraten sind. Und die Eltern sehnen hän deringend die Kitaöffnung wieder herbei.
Das muss die politische, auch die familienpolitische Agenda bestimmen. Der Bereich, der den Kindern gehört, darf nicht der letzte sein, der wieder geöffnet wird. Der Bereich, der den Kindern gehört, muss als erster Punkt auf die politische Agen da gesetzt werden.
Ein handlungsfähiger und aktiver Staat muss rasch, verant wortungsvoll und weitgehend für eine Rückkehr zum Regel betrieb sorgen. Was bedeutet es denn, wenn maximal 50 % der Kitaplätze zur Verfügung stehen? Das bedeutet, dass min
destens 50 % der Plätze nicht zur Verfügung stehen. Das be deutet, dass der Großteil der Kinder weiter keinen Kitaplatz hat.
Kinder machen ja keine Demonstration, sie starten auch kei ne Onlinepetition, sie gehen auch nicht zur Bürgerbeauftrag ten. Sie nehmen die Schließungen überwiegend ganz still und leise hin. Aber was sollen denn die Kinder empfinden, wenn sie sehen, dass die Cafés wieder öffnen, dass die Läden wie der öffnen, dass der Schlossplatz wieder voll mit Menschen ist, dass in der Bundesliga wieder Fußball gespielt wird – mit Umarmen und Abklatschen –, sie aber weiterhin nicht in ihre Kita dürfen? Was sollen Kinder da empfinden?
Darum müssen wir in der Politik Verantwortung übernehmen, zu einem Regelbetrieb zurückzufinden. Wenn wir hier im Landtag offen diskutieren, dann müssen wir auch sagen, dass die zuständige Ministerin in den letzten Wochen nicht gezeigt hat, dass sie diese Verantwortung gut übernimmt. Ihre selbst wahrgenommene Verantwortlichkeit bei dem Thema Kitaöff nung hat sich im Laufe der letzten drei Wochen rapide verän dert. Zunächst war von „unserem Plan“ die Rede. Es wurde davon gesprochen, dass man den Trägern Spielraum überlas sen könnte. Dann, am 14. Mai, war von einem rechtlichen Rahmen für die schrittweise Öffnung die Rede. Zitat:
... für die Umsetzung vor Ort und die Konzepte... sind die Kommunen... verantwortlich.
Spätestens da müsste sie aber gemerkt – –
Da hätten Sie bei Ihrer Ministerin einen Zwischenruf ma chen müssen. Denn diese hat da noch gar nicht gewusst, dass sie einen rechtlichen Rahmen setzen muss; sie hat nur einen gefordert.
Dann beginnt Ihr Schwarzer-Peter-Spiel, Herr Röhm.
Von Ihnen werden Briefchen an die Kommunen geschrieben, in denen es heißt, Sie wollten plötzlich nur noch „sorgsam be gleiten“. Es ging nicht um sorgsame Begleitung. Es ging um Führung in der Krise, und genau die wurde nicht ausgeübt.
Die Kommunen brauchten von Ihnen derzeit höchstens einen Brief, in dem Sie sich für die Ministerin entschuldigen,
aber nicht einen, in dem Sie ihnen erklären, wie die Finanzie rung von Kitas aussieht.
Die Städte und Gemeinden haben Ihnen schon vor Wochen gesagt, dass Sie keine Erwartungen wecken sollen, die Sie am
Schluss nicht erfüllen können. Sie konnten all das, was Sie an Aussagen ins „Schaufenster“ gestellt haben, am Schluss nicht einhalten.
Aber Sie sind ja nicht allein in der Regierung. Da ist ja auch noch die grüne Fraktion, die stärkste Fraktion im Landtag. Diese hat sich dann beteiligt, indem sie am vergangenen Frei tagnachmittag die Kitas angeschrieben und gefragt hat, was man denn so brauche, um wieder zu einer Öffnung zurückzu kehren.
Man muss sich das einmal vorstellen: Am vergangenen Mon tagmorgen sollten die Kitas öffnen. 90 Stunden vorher fällt der Ministerin ein, zu sagen, dass es nicht so schnell gehe. 70 Stunden vorher fällt den Grünen ein, dass man mal nachfra gen könnte, wie eine Öffnung aussehen sollte. 40 Stunden vor her wird die entsprechende rechtliche Regelung gemacht.
Dazwischen liegt nur noch der Sonntag. Da rennt die Minis terin mit einer Eierschachtel in den Wald, um mal zu erklären, wie schön es ist, wenn die Eltern mit den Kindern im Wald Sachen aufsammeln. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, Frau Minis terin: In dieser Krise wird mehr erwartet, als dass Sie eine Ei erschachtel liefern.
In dem Moment, in dem Sie in die Kitaschließung gingen, wussten Sie, dass es Tage X geben wird, an denen man stu fenweise wieder öffnet. Von Anfang an hätten Sie Gespräche führen können – mit den Erzieherinnen und Erziehern, die sich zu Recht Sorgen machen, mit den Eltern, mit den Trägern vor Ort –, um entsprechende Pläne aufzulegen. All das ist nicht passiert. Sie haben Politik per Pressemitteilung gemacht und sich außerdem munter um alle anderen Themen im Land ge kümmert. Aber die Kinder, die wieder in ihre Kita wollen, zah len am Schluss den Preis dafür.
Frau Eisenmann, dieses Land stellt sich der größten Krise sei ner Geschichte, und zwar generationenübergreifend und soli darisch. Die heutigen Kinder, die dieses Land in Zukunft stem men werden, haben eine zuständige Ministerin erlebt, die sich für alles interessiert, nur nicht dafür, dass sie wieder eine ge öffnete Kita besuchen können. Das ist ein schwerer Schaden für die Politik in unserem Land.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Poreski hat so fleißig und sauber alle Versäumnisse des Kultusministeriums aufgezählt, dass ich das jetzt nicht wiederholen muss. Ich kann nur Danke sagen,
weil das noch einmal klargemacht hat, warum wir diese De batte heute führen mussten.
Frau Kultusministerin, ich gebe Ihnen mit dem Loriot-Zitat voll und ganz recht. Jetzt verwende ich einmal beide Zitattei le: Schuldig ist das Coronavirus – vielleicht sind wir uns da rin auch einig –, und jetzt suchen wir hier als Intelligente al le zusammen nach Lösungen. Aber dazu gehört eben, dass Sie nicht nur sagen, wie wenig beherrschbar dieses Virus ist, son dern dass Sie zeigen, in welchen Bereichen Sie eine entspre chende Führung ausüben: Das ist die Kultus- und Familien politik in diesem Land, das ist die Frage, wie Sie vor dem wis senschaftlichen Hintergrund, über den wir verfügen, Kitaöff nungen gestalten.
Wenn Sie eben samstags eine Verordnung machen, die für ei ne Öffnung am Montag gilt, hat das nichts mit dem Corona virus, sondern mit Ihrem Chaos bei der Arbeitshaltung zu tun.
Das werden wir hier im Landtag ansprechen.
Herr Röhm, ich hätte mir wirklich gewünscht, dass Sie vor Ih rer Rede wenigstens mit einer einzigen Bürgermeisterin, mit einem einzigen Bürgermeister in Ihrem Wahlkreis einmal ge sprochen hätten.
Die Rückmeldung der Kommunalen ist: CDU-Bürgermeister schäumen teilweise vor Wut über das Chaos, das hier ausge löst wurde.
Wenn Sie sich so sehr darüber freuen, dass es am Montag ei nen dunklen Tag für die direkte Demokratie in Baden-Würt temberg gab,
dann sollten Sie nicht vergessen, dass Montagfrüh ein chao tischer Tag in Baden-Württemberg war, weil die Eltern nicht wussten, ob ihre Kinder jetzt wieder in die Kita dürfen, weil die Kinder nicht wussten, ob sie wieder in ihre Kita dürfen, weil die Träger nicht wussten, was sie machen sollen. Das lag an dieser Kultusministerin und an diesem Management.
Das muss man hier im Landtag auch erwähnen.
Sie reden darüber, dass Sie jetzt praktisch einen Funken an Gebührenfreiheit gemacht haben, dass in einem Zeitraum, in dem die Kinder diese Leistung gar nicht bekommen und die Eltern ihre Kinder gar nicht in die Kita schicken können,
keine Gebühren mehr erhoben werden. Dazu muss man sa gen: Die Initiative kam aus den Kommunen – dort haben sich die Gemeinderäte dafür eingesetzt –,
die eigentlich erwarten, wenn Sie hier solche Reden schwin gen, dass sie die Kosten entsprechend erstattet bekommen. Da hinken Sie mittlerweile aber mächtig hinterher. Da reichen die Summen, die Sie eingestellt haben, überhaupt nicht.
Deshalb gehört zu einer sinnvollen Familienpolitik eben auch, das Sie die Kommunen unter den Schirm – –
Ja, aber Sie machen nur lauter erste Schritte. Die Kitas sind seit acht Wochen geschlossen. Mit Ihren ersten Schritten hel fen Sie den Familien überhaupt nicht.
Die müssen nämlich mittlerweile seit Wochen damit zurecht kommen, dass sie die Kinder nicht mehr in die Kita vor Ort schicken können.
Wir machen das im Bund ordentlich.
Deshalb merken wir, wo es nicht ordentlich läuft. Das ist hier im Land, in dem Sie die Kultusministerin stellen. Hier geht es schief; hier wird es chaotisch.
Dieses Chaotentum hilft den Familien in Baden-Württemberg überhaupt nicht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Pandemie ist auch das Woh nen in eine sich weiter verschärfende Krise geraten. Es ist gut, dass SPD, CDU und CSU dafür gesorgt haben, dass Mieterin nen und Mieter nicht aufgrund von Mietschulden aus ihren Wohnungen fliegen können. Es ist gut, dass wir mit der Erhö hung des Kurzarbeitergelds dafür gesorgt haben, dass der fi nanzielle Druck in vielen Familien abgenommen hat. Wohnen ist ein Menschenrecht; bezahlbarer Wohnraum ist Daseinsvor sorge, und er ist existenziell für das Familienland BadenWürttemberg und für den Wirtschaftsstandort Baden-Würt temberg.
Verantwortungsvolle Wohnungsbaupolitik braucht einen hand lungsfähigen, aktiven Staat. Das war vor 150 Jahren so, das wird auch in 150 Jahren noch so sein, und das ist heute so.
Konkret wird diese Handlungsfähigkeit in den Bausteinen, die ja alle greifbar vor uns liegen und die man nutzen muss, um eine soziale, ökologische und inklusive Wohnraumversorgung sicherzustellen und weiterzuentwickeln.
Wir, die SPD, haben mit unserem Konzept für eine Wohn raumoffensive aufgezeigt, wie mit diesen Bausteinen qualita tiv hochwertiges und bezahlbares Wohnen für alle geschaffen werden kann. Natürlich setzen wir darin auch auf eine finan ziell gut ausgestattete Landeswohnraumförderung. Wir haben
in unserer Regierungszeit die Landeswohnraumförderung wie derbelebt. Wir haben hier Haushaltsanträge gestellt, um mehr Mittel in die Landeswohnraumförderung einzustellen. Wir ha ben im Bund dafür gesorgt, dass es weiter Mittel für sozialen Wohnungsbau gibt. Und wir begrüßen ausdrücklich, dass es in diesem Haus keine Diskussionen mehr darüber gibt, ob man eine Landeswohnraumförderung braucht, sondern nur noch darüber, wie man sie ausgestalten kann.
Wenn wir über das Wie reden, dann ist Ihre Herangehenswei se an eine Landeswohnraumförderung weiter eine, die nicht alle Chancen dieses Bausteins nutzt. Wir haben das im parla mentarischen Verfahren bereits in den konkreten Details auf gezeigt. Nur noch mal ein Beispiel:
Wenn Sie weiter innovative Wohnformen wie beispielsweise Miethäusersyndikate in der Landeswohnraumförderung igno rieren, dann verpassen Sie die Möglichkeit, Innovation mit in diesen Baustein zu nehmen. Wir können in Baden-Württem berg eine Wohnraumoffensive nur schaffen, wenn wir innova tiv vorgehen.
Um ein weiteres Beispiel zu nennen: Dadurch, dass Sie wei ter nicht die Möglichkeit nutzen, eine 60-jährige Bindungs dauer für sozialen Wohnraum zu haben, verpassen Sie eine Chance, Wohnraum zu stabilisieren, der sozial gebunden sein muss.
Insgesamt gelingt es Ihnen nicht, die soziale Wohnraumför derung mit dem Schub zu versorgen, den es braucht. Obwohl wir wissen, dass wir dringend mehr sozial gebundene Woh nungen brauchen, erhöhen Sie zwar – richtigerweise – das Fördervolumen für die Einzelmaßnahme, aber in den Haus haltsberatungen haben Sie das Gesamtvolumen nicht entspre chend erhöht. Das bedeutet, Sie haben sehenden Auges dafür gestimmt, dass wir weniger sozial gebundenen Wohnraum schaffen werden, und das in einem Land, in dem bis 2025 500 000 weitere Wohnungen benötigt werden. Sie haben mo mentan die Bilanz, Frau Ministerin, dass jeden Tag 51 Woh nungen mehr in Baden-Württemberg fehlen. Und dann verab schiedet Ihre Regierungskoalition ein Gesetz, das von Anfang an in den Blick nimmt, weniger sozial gebundenen Wohnraum zu schaffen! Das ist falsch, und das ist ein fatales Signal.
Weil es jetzt von der Rednerin und dem Redner der Regie rungsfraktionen gesagt wurde: Dann sollen Sie hier gefeiert werden für das Mitarbeitendenwohnen. Dafür sind wir ja auch; das ist ein Zukunftsmodell. Aber der Normenkontroll rat hat Ihnen ins Stammbuch geschrieben, dass Sie da mit ma ximal 40 Anträgen pro Jahr rechnen können. Für 40 Anträge wird hier ein derartiges Bohei gemacht! Das passt aber zu dem Bild, das die Ministerin abgeliefert hat. Die hat so viel Pres searbeit dazu gemacht – obwohl es am Schluss um 40 Anträ ge im Jahr geht. Frau Ministerin, das ist PR-Arbeit für Anfän ger, das ist Ignoranz für Fortgeschrittene, aber es ist keine kompetente Wohnungsbaupolitik für Baden-Württemberg.
Wohnungsbaupolitik geht nur in stringenter Linie. Eine finan ziell stark ausgestattete Landeswohnraumförderung ist ein wichtiger Baustein, ebenso wie konsequente mietordnungs rechtliche Maßnahmen, die Förderung innovativer Modelle, eine Unterstützung der Kommunen, eine Unterstützung von Eigenerwerb und eine Landesentwicklungsgesellschaft. GrünSchwarz fehlt die Kraft, diese Bausteine zusammen zu den ken und umzusetzen. Wenn dann ein Kommunalfonds seit zwei Jahren angeblich auf der Zielgeraden ist, wissen wir, wa rum die Menschen wissen, dass sie sich bei dieser Landesre gierung nicht darauf verlassen können, dass tatsächlich eine Wohnraumoffensive stattfindet.
Ich bin ja da. – Vielen Dank, Frau Präsidentin. Der Landtag ist ein großes Haus mit langen Flu ren. Danke für Ihr Verständnis.
Mit dem Investitionsprogramm Kinderbetreuungsfinanzierung leistet das SPD-geführte Bundesfamilienministerium den Kommunen ganz konkret Hilfe beim Ausbau der Kitaplätze.
Daraus ergeben sich folgende Fragen an das zuständige Mi nisterium hier im Land:
a) Welchen Grund hat es, dass Baden-Württemberg laut Bun
b) Welche Alternativen zum bereits ausgeschöpften Bundes
programm hält die grün-schwarze Landesregierung zur Un terstützung der Kommunen beim Ausbau von Kitaplätzen vor?
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie nochmals bitten, den zweiten Teil meiner Frage, welche Al ternativen zum bereits ausgeschöpften Bundesprogramm die Landesregierung vorsieht, um Kommunen beim Kitaausbau zu helfen, zu beantworten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Übertritt von der Grundschu le in die weiterführende Schule ist ein zentrales Moment in der Bildungsbiografie der Kinder. Das beschäftigt die Eltern und die Politik zu Recht. Und die Politik hat in der vergange nen Legislatur eine Entscheidung im Sinne der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft zwischen Eltern und Schulen, im Sinne der Kinder getroffen. Wir haben die verbindliche Grund schulempfehlung abgeschafft, und das war ein richtiger Schritt.
Wir haben damit dafür gesorgt, dass die Grundschulempfeh lung endlich ihre Aufgabe leisten kann. Was ist die Aufgabe der Grundschulempfehlung? Mit der Grundschulempfehlung sollen die Eltern eine umfassende Grundlage für ihre Entschei dung bekommen, die sie für die weitere Schullaufbahn ihres Kindes zu treffen haben. Es ist eben eine Empfehlung, es ist eine Grundlage für Beratungsgespräche, für kooperatives Zu sammenwirken von Lehrkräften und Eltern.
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP/DVP, wol len jetzt eine Rechtsverbindlichkeit dahin gehend schaffen, dass Sie aus der Empfehlung eine Zuweisung machen. Damit würden Sie dafür sorgen, dass dieses kooperative Zusammen wirken nicht mehr stattfinden kann.
Wenn Sie so die Fruchtbarkeit dieser Beratungsgespräche ein schränken, nehmen Sie den Kindern ein wichtiges Gut. Dafür werden Sie im Landtag von Baden-Württemberg keine Mehr heit finden, weil der Landtag von Baden-Württemberg nicht bereit ist, den Kindern dieses wichtige Gut in ihrer Bildungs biografie zu nehmen.
Überhaupt: Sie von der FDP/DVP drehen sich immer und im mer wieder im Kreis. Dass die Kultusministerin sowie in Tei len und in Nebensätzen manchmal auch die CDU dieses Tänz chen mit Ihnen wagen, ist vielleicht dem vorzeitigen Wahl kampf zuzuordnen. Eine gute Figur machen CDU und FDP/ DVP mit diesem Tänzchen nicht.
Was noch viel schlimmer ist: Die Musik findet längst nicht mehr statt. Die Musik war immer, dass Eltern angeblich ihre Entscheidungsfreiheit nicht ordentlich nutzen würden – ein seltsamer Punkt seitens einer liberalen Partei, aber das sei Ih nen überlassen. Die Kapelle, die diese Musik spielt, hat die Musik längst eingestellt. Denn wir merken an allen Zahlen – Frau Boser hat sie dankbarerweise aufgeführt –: Eltern nut zen ihr Entscheidungsrecht mit höchster Verantwortung und mit bester Beratung, und das ist ein Erfolg für die Bildungs politik in Baden-Württemberg.
Erst Ende Januar hat die Ministerin wieder die über Jahre sta bilen Übergangsquoten gelobt.
Das will bei einer Ministerin etwas heißen, die Spitzenkandi datin einer Partei ist, bei der derzeit die Bewerberinnen und Bewerber um Landtagskandidaturen wildeste Fantasien dar über äußern, wie sie wieder eine verbindliche Grundschul empfehlung einstellen können. Die Ministerin selbst hat ge sagt: Die Übergangsquoten sind stabil.
Eltern sind in ihrer Entscheidung souverän – das ist Ausdruck der Grundschulempfehlung –, aber sie sind nicht alleingelas sen – das ist das kluge Konzept dahinter –, und Gespräche mit der Schulleitung der weiterführenden Schule sind ebenfalls möglich und werden als konstruktiv empfunden.
Nun behaupten Sie von der FDP/DVP, die weiterführenden Schulen bräuchten die verbindliche Grundschulempfehlung zur bestmöglichen Feststellung des Förderbedarfs. Das sagt viel aus über das bildungspolitische Konzept der FDP/DVP, wenn Sie ernsthaft glauben, ein Kreuz auf einem Formblatt schaffe Fördermöglichkeiten.
Nein, Herr Kern, wir haben mit dem Lernstand 5 in Deutsch und Mathe ein wirksames Diagnoseinstrument eingeführt, an hand dessen die Lehrkraft der weiterführenden Schule Stär ken und Schwächen der Schülerinnen und Schüler erkennen kann, diagnostizieren kann und entsprechend eine Förderung stattfinden kann. Das ist der Unterschied zwischen Pädagogik und einem Kreuz auf einem Formblatt. Wir wollen für die Kinder Pädagogik und nicht ein Kreuz auf einem Formblatt.
Ihr Grundkonzept der Selektion, das alte Schubladendenken, das weder FDP noch CDU ablegen können, hat ein Problem: Baden-Württemberg bekommt in Vergleichsstudien seit Jah ren einen überdurchschnittlichen Zusammenhang zwischen Herkunft und Bildungserfolg attestiert. Das ist attestierte Bil dungsungerechtigkeit, und Politik muss sich dafür einsetzen, Bildungsungerechtigkeit abzuschaffen, damit jedes Kind in Baden-Württemberg alle Chancen bzw. die gleichen Chancen hat, seine Talente zeigen kann und seinen Weg gehen kann.
Wir brauchen ein Chancenland Baden-Württemberg mit bes ter Qualität, bester Ausstattung, gebührenfreier Bildung von der Kita bis zum Studium und zum Meisterbrief. Das ist das Konzept, das Zukunft hat. Ihr Schubladendenken ist das Kon zept von gestern. Wir stehen für ein Chancenland BadenWürttemberg, für ein Bildungsland Baden-Württemberg mit ganz viel Zukunft für die Kinder, mit ganz viel Erziehungs- und Bildungspartnerschaft zwischen den Schulen und den El ternhäusern. Wir stehen für ein Baden-Württemberg mit einer Bildungspolitik der Zukunft. Das unterscheidet uns von Ih nen, von der FDP.
Frau Ministerin, danke, dass ich die Zwischenfrage stellen darf. – Einfach nur zur Information: Tragen Sie uns jetzt vor, woran im Moment die grün-schwar ze Landesregierung arbeitet, oder tragen Sie uns vor, was Sie in Ihr Wahlprogramm schreiben wollen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern war der Internationale Tag der Menschenrechte. Arbeit ist ein Menschenrecht; Wohnen ist ein Menschenrecht.
Gute Wirtschaftspolitik stellt den Menschen in den Mittel punkt, und eine Wirtschaftspolitik, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, braucht einen aktiven und handlungsfähi gen Staat – nicht, weil der Staat der bessere Unternehmer wä re, sondern weil gutes Unternehmertum, weil innovatives und sozial verantwortliches Unternehmertum einen handlungsfä higen Staat als Partner braucht und weil die Arbeitnehmerin nen und Arbeitnehmer, die mit ihrem Können den wirtschaft lichen Erfolg unseres Landes Tag für Tag aufs Neue erarbei ten, einen handlungsfähigen, aktiven Staat verdient haben.
Sie haben es verdient, dass sich das Land nicht in antiquier ter und längst widerlegter Marktgläubigkeit auf die Zuschau erbank zurückzieht,
sondern wirkt, gestaltet und Ordnung schafft.
Wir wollen, dass Baden-Württemberg ein Land des wirtschaft lichen Erfolgs, der guten Arbeit, der Aufstiegschancen für al le, des bezahlbaren Wohnraums, des Klimaschutzes, der Ver
einbarkeit von Familie und Beruf und des technologischen Fortschritts ist.
Mit dieser klaren Haltung machen wir Wirtschaftspolitik. Es ist bedrückend, mit welcher Bräsigkeit und Arroganz die grünschwarze Mehrheit in diesem Haus unsere Anträge ablehnt,
ohne gleichzeitig selbst eine Antwort darauf zu finden,
wie sich Baden-Württemberg weiter erfolgreich entwickeln kann, und zwar so, dass dieser Erfolg bei allen Menschen in Baden-Württemberg ankommt.
Wir sehen Bräsigkeit und Arroganz bei den Regierungsfrak tionen; wir sehen Untätigkeit und fehlendes Durchsetzungs vermögen bei der zuständigen Ministerin, und durch diese to xische Kombination ist es auch zu erklären, dass trotz der gu ten Haushaltslage im Bereich Wirtschaft ein Haushalt der ver passten Chancen vorgelegt wird.
Ein Beispiel für diese toxische Kombination ist tatsächlich der Expo-Pavillon. Frau Hoffmeister-Kraut ist keine Unterneh merin.
Das muss sie auch nicht sein, um Wirtschaftsministerin sein zu dürfen.
Aber der Expo-Pavillon verlangt ministerielles politisches Management. Und genau das erfolgt eben nicht.
Man weiß nicht, wo die Zuständigkeiten liegen, man weiß nicht, wie die Funktionen zugeordnet sind und wie die Auf gaben verteilt sind. Und dann kommt sie zu ihren Regierungs fraktionen und braucht dringend Mittel, um hier für eine Si cherung zu sorgen, aber sie wird abgebügelt und wird auf ei ne globale Minderausgabe verwiesen mit dem Ergebnis, dass ihr Haushalt im nächsten Jahr nicht sicher ist, dass man jetzt nicht weiß, welche Positionen gekürzt werden müssen, weil eben auf die Minderausgabe zurückgegriffen werden muss. Dieser Haushalt, den die Ministerin vorlegt, ist wortwörtlich auf Wüstensand gebaut.
Eben weil es mit dem Management und der politischen Füh rung nicht so richtig klappen will, konnten wir in den letzten Monaten immer häufiger erleben, dass die Ministerin lieber evaluieren und überprüfen lässt – sozusagen als Consultant
des baden-württembergischen Wirtschaftslebens durch die Lande fährt. Was aber überhaupt nicht sein kann, ist, dass, wenn sie dann die Ergebnisse ihrer Überprüfungen bekommt, sie sich nicht darum schert, solange das nicht in ihr Konzept passt.
Das Wirtschaftsministerium hat überprüft, wie viele zusätzli che Stellen es braucht, um den Arbeitsschutz in Baden-Würt temberg wirksam zu stärken. Schwarz auf weiß sagt das Gut achten, es braucht 113 Stellen. Genau diese 113 Stellen bean tragt die SPD. Wir hören von Grün-Schwarz und von der Mi nisterin nichts dazu, außer dass sie es ablehnen. Grün-Schwarz kümmert sich nicht um den Arbeitsschutz in Baden-Württem berg. Die Ministerin kümmert sich nicht um den Arbeitsschutz in Baden-Württemberg.
Das passt zu einem Gesamtbild, bei dem man den Eindruck hat, dass der Bereich Arbeit für die Ministerin eher ein lästi ges Anhängsel ihres Ressorts ist als der Schwerpunkt, der er eigentlich sein müsste. Es gibt aus dem letzten Jahr einen klei nen Vorgang hier im Landtag, der das sehr deutlich macht:
Es gab Abfragen im Rahmen der Frage, ob die Bildungszeit und das Landestariftreuegesetz beibehalten werden können. Die Ministerin hat u. a. auch bei ihrer CDU-Mittelstandsuni on angefragt. Es war ihr wichtig, was die Mittelstandsunion dazu sagt. Man kann mal die Frage stellen, ob man überhaupt Parteigruppierungen abfragen muss. Aber wenn man es macht, dann kann man doch nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeit nehmer, die in der CDA organisiert sind, nicht mit abfragen. Dann muss man doch gerade sie mit ins Boot holen, um auch deren Wissen aufzunehmen, gerade dann, wenn es um die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geht.
Das zeigt: Die Ministerin hat hier eine Schlagseite, wenn es um die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geht. Mit diesem Wegschauen kann man nie im Leben gute baden-württembergische Wirtschaftspolitik machen.
Der Haushalt der verpassten Chancen zeigt sich auch daran, dass unser Antrag auf einen Weiterbildungsfonds abgelehnt wurde. Baden-Württemberg kann Transformation. Die Arbeit nehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land können Transformation. Die Politik darf sich hier nicht in einer Zu schauerrolle mit Strategiedialogen gefallen, sondern sie muss aktiv mitwirken, dass gute Arbeit und wertvolle Beschäfti gung weiter ihren Platz in Baden-Württemberg haben.
Darum wollen wir durch dieses einfache, niederschwellige und direkte Unterstützungsangebot kleinen und mittleren Un ternehmen helfen. Aber Sie nehmen diese Herausforderung nicht an. Sie schauen weg. Das ist fahrlässig. Das ist fahrläs sige Wirtschaftspolitik.
Vielleicht ist die größte Fahrlässigkeit, dass dieser Haushalt wieder keine Wohnraumoffensive beinhaltet. Es nützt nichts, wenn der Ministerpräsident ein Marktversagen diagnostiziert und danach das Politikversagen in seinem Kabinett duldet.
Alles, was Ordnung auf dem Mietmarkt schafft, wird abge lehnt, verzögert oder verschnarcht, wo es nur geht. Das, was ein aktiver und handlungsfähiger Staat angehen könnte, wird ausgebremst.
Wir fordern eine Aufstockung der Landeswohnraumförderung für mehr sozial gebundenen Wohnraum und für mehr barrie refreien Wohnraum. Wir fordern eine Landeswohnungsbau gesellschaft, um eine Partnerin für die Kommunen bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in allen Städten und Gemeinden zu haben. Aber das ist eben ein Politikansatz, der handelt und der den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Sie veranstalten das Gegenteil davon.
Die Grünen haben im Herbst 2018 auf ihrem Parteitag kom munale Bodenfonds beschlossen. Die grüne Finanzministerin hat 14 Monate später der zuständigen Wohnungsbauministe rin noch immer nicht gesagt, wie sie das Ganze steuerlich um setzen kann. Hier gehen Marktversagen und Politikversagen Hand in Hand. Die nächste toxische Kombination! Die Men schen in Baden-Württemberg zahlen die Zeche dafür.