Gerhard Aden

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Last Statements

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für eine Aktuelle Debatte ist dieses Thema eigentlich ein bisschen trocken.
Dennoch ist es wichtig; das haben meine Vorredner ja schon gesagt. Deswegen möchte ich versuchen, noch einige Punkte herauszuarbeiten, damit ich mich nicht dauernd wiederholen muss.
Grundsätzlich unterstützt die FDP/DVP-Fraktion die Initiati ve der Finanzministerkonferenz, die Onlinehändler stärker in die Pflicht zu nehmen. Darüber besteht hier im Haus, glaube ich, ein grundsätzlicher Konsens.
Aber vielleicht einige Punkte: Worum geht es? Über welche Summen sprechen wir eigentlich? Das Volumen des weltwei ten Onlinehandels im Einzelhandel beträgt etwa 1,6 Billio nen € – bei einem weltweiten Handelsvolumen von 14,5 Bil lionen €. Das Handelsvolumen in Deutschland beträgt ca. 1,2 Billionen € und das Onlinevolumen 60 Milliarden € – damit wir einmal wissen, über welche Größenordnung wir uns hier unterhalten.
Die Umsatzsteuer, um die es hier geht, machte im Jahr 2016 mit 166 Milliarden € rund ein Viertel der Steuereinnahmen der Bundesrepublik Deutschland aus. Die Umsatzsteuer ist neben der Lohn- und Einkommensteuer die einträglichste Steuer für Bund und Länder, und – nebenbei gesagt – aus der Umsatzsteuer bekommen die Länder einen Anteil von 44 %. Ursprünglich als Konsumsteuer konzipiert, spielt die Umsatz steuer mittlerweile eine große und bedeutende Rolle in unse rem volkswirtschaftlichen Gefüge.
In diesem Zusammenhang, Frau Wolle, wenn Sie schon zitie ren und Zahlen anführen: Das, was Sie da gesagt haben, war nicht ganz korrekt. Natürlich, die 49,6 % stimmen. Da liegen wir an zweiter Stelle bei der Besteuerung in Europa. Aber jetzt müssen Sie ehrlicherweise sagen: Für eine vierköpfige Fami lie liegen wir bei etwa 34 oder 35 %, und da sind wir an sechs ter Stelle – nur damit Sie das auch wissen. Da müssen wir die Zahlen auch nennen.
Bei den Asiaten – das wurde schon gesagt – besteht das Pro blem, dass sie diese Umsatzsteuer nicht bezahlen. Worum geht es? Herr Hofelich sprach von 1 Milliarde €; ich glaube, es sind etwa 400 bis 500 Millionen €, und bei einem Gesamtsteuer aufkommen der Bundesrepublik Deutschland von etwa 700 Milliarden € sind das natürlich keine Peanuts. Auf BadenWürttemberg heruntergerechnet – das ist ja das, was uns hier interessiert –, sind es round about 60 Millionen €. Das sind, trotz allem, keine Peanuts.
Handelt es sich hierbei um eine Steuerlücke, die man ausnut zen kann? Nein. Es handelt sich nicht um eine Gesetzeslücke, sondern um Betrug. Das muss ganz klar gesagt werden.
Der Steuerbetrug ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass der Onlinehändler durch die Nutzung der Plattform, wie hier schon von verschiedener Seite betont wurde, Möglich keiten hat, sich sozusagen den Finanzbehörden zu entziehen. Das ist das Problem, um das es jetzt geht.
Für uns Freie Demokraten gilt: Wer hier in Deutschland Wa ren verkauft, muss auch Umsatzsteuer bezahlen.
Alles andere schadet dem fairen Wettbewerb. Trotzdem – da rauf müssen wir hinweisen – ist dieser Vorschlag nur eine Krü cke und beseitigt nicht das Grundproblem. Deshalb ist es wichtig, dass Europa mit den Chinesen bei diesem Thema zu einem Informationsaustausch und zu Verträgen kommt. Ich appelliere deswegen an die Regierung, sich im Bundesrat da für einzusetzen, dass dies so schnell wie möglich in die We ge geleitet wird. Denn das ist ein weiterer Schritt in Richtung Steuergerechtigkeit.
Um jedoch effektiver gegen Umsatzsteuervermeidung vorzu gehen, brauchen wir – Herr Hofelich hat das ja eindeutig be tont – auch ein europäisches Konzept.
Wir begrüßen deshalb, dass die Europäische Union an einer neuen Richtlinie arbeitet, die klar regelt, wie dem Umsatz steuerbetrug in Europa das Handwerk gelegt werden kann – aber, und das möchte ich betonen, bitte mit Augenmaß. Es darf in der Debatte nicht der Geist der Technologiefeinde mit schwingen nach dem Motto: „Wenn ich es nicht verbieten kann, kann ich es wenigstens besteuern.“ Denn nach den Un gewissheiten im weltweiten Handel, die uns in nächster Zu kunft wahrscheinlich bevorstehen, sollten wir uns nicht noch weiter eigene Handelshemmnisse aufbauen. Stattdessen soll ten wir engstirnigen Protektionismus mit größeren Freihan delsanstrengungen beantworten. Freihandelsabkommen wie CETA oder Mercosur sind die richtigen Signale.
Schön wäre es, wenn es auch hierfür mehr Unterstützung in diesem Haus gäbe und man die Debatten zum Freihandel nicht mit hysterischen Fake News belasten würde.
Auf eines möchte ich zum Schluss meiner Rede noch einmal hinweisen: Es geht bei dieser Initiative der Bundesländer nicht um die Einführung einer neuen – wie auch immer genannten – Digitalsteuer, wie wir sie letztens im EU-Ausschuss bespro chen haben, die dort kurzfristig eingeführt wird, sondern es geht darum, dass eine bestehende Steuer tatsächlich auch ein getrieben wird.
Recht herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Staats sekretärin, nachdem wir uns Gedanken über einen Nachtrags haushalt usw. gemacht haben, haben wir, die FDP/DVP, uns natürlich auch Gedanken dazu gemacht. Deswegen frage ich konkret: Welchen Zuschuss plant die Landesregierung in ei nem geplanten Nachtrag für 2018 und 2019 an die NECKAR PRI GmbH im Vergleich zum verabschiedeten Doppelhaus halt?
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, sehr geehrte Kollegen! Sehr geschätzter Herr Merz, ich muss Ihnen sagen: In den beiden Redebeiträgen, die Sie hier heute Morgen abgeliefert haben, haben Sie sich wirklich als eine Krämerseele in Bezug auf Europa geoutet.
Deswegen würde ich Ihnen empfehlen, insbesondere meinem Redebeitrag gut zuzuhören.
Europa ist keine geografische Einheit. Im Gegensatz zu Ame rika, Afrika und Australien wird dieser Wurmfortsatz des eu rasischen Kontinents erst durch eine gemeinsame Kultur zu einem Erdteil. Europäer sind deswegen Europäer, weil sie ei ne gemeinsame Geschichte und Kultur haben.
Europa ist aber nicht auf die Europäische Union beschränkt, auch wenn das heute unser politisches Haus ist; Europa ist ein kulturelles Ideal. Auch die Ukraine, Weißrussland und Russ land gehören dazu. Und, notabene, in diesem Sinn kann man auch Israel als einen Teil Europas bezeichnen.
Das unterscheidet die Länder Europas wesentlich von Län dern in anderen Erdteilen.
Wenn ich diese Aussage an den Beginn meines Beitrags zu aktuellen europäischen Themen stelle, so tue ich das, um da rauf aufmerksam zu machen, dass Europa mehr ist als ein ge meinsamer Wirtschaftsraum und dass Europa mehr sein soll als ein multinationaler Besteuerungs- und Versicherungsver ein. Ich sage das vor allem auch, weil in diesen Tagen allge mein das Gespenst der Angst herumgeht, dass es mit Europa nicht mehr weitergeht und dass die Gefahr besteht, dass die europäische Idee auf der Strecke bleibt.
Wir reden, ja, wir beschwören immer wieder eine europäische Identität. Aber was müssen wir darunter verstehen? Was müs sen wir tun, damit wir eine gemeinsame Identität entwickeln können, die den Bürgern von Tromsö bis Taormina, von Kiew bis Gibraltar bewusst wird?
Europa ist, wie schon gesagt, anders als die anderen Erdteile. Wir bewohnen den kleinsten Kontinent. Auf seinen 5 Millio nen km2 leben Völker mit unterschiedlichen Sprachen und kul turellen Traditionen. Aber alle sind im Kern einander sehr ähn lich: Alle europäischen Völker haben die christliche Religion angenommen. Alle europäischen Völker berufen sich auf die griechische und die römische Antike als gemeinsames Erbe für ihr politisches System und auch für ihr Rechtssystem. Das selbe gilt für die Kulturleistungen der Völker in Kunst, Lite ratur und Wissenschaft. Die Wiener Klassik ist nicht ohne ita lienische Musikkultur entstanden. Die Aufklärung ist nicht ohne Reformation denkbar. Diese kulturellen Gemeinsamkei ten haben seit dem Mittelalter immer wieder zu Versuchen ge
führt, Europa auch politisch zusammenzuführen. In unseren Tagen haben diese Versuche durch die Gründung der Europä ischen Union politische Gestalt angenommen. Für viele Eu ropäer erfüllte sich damit ein Traum.
Es gilt nun, jenseits von wirtschaftlicher, rechtlicher und po litischer Vereinheitlichung den Menschen bewusst zu machen, was uns Europäer innerlich und geistig verbindet.
Damit komme ich zum eigentlichen Kern meines Redebei trags. Ich fordere die europäischen Organisationen auf, abseits von Mittelfristigem Finanzrahmen, europäischem Einlagen sicherungsfonds, Brexit-Verhandlungen, europäischen Sicher heitsvorkehrungen eine Bestandsaufnahme und eine Bewusst machung unseres speziellen europäischen kulturellen Erbes durchzuführen. Ich weiß, es gibt ERASMUS-Programme, es gibt transnationale Universitäten, es gibt Schüleraustausch und noch vieles mehr. Wir geben Milliarden für die Landwirt schaft aus, Milliarden für die Entwicklung der Regionen. Ha ben uns diese Programme auf dem Weg zur Entwicklung ei ner europäischen Identität weitergebracht?
Wir brauchen, um Europa wirklich ins Bewusstsein der Bür ger zu bringen, nicht nur eine gemeinsame Währung, einen Binnenmarkt, eine europäische Einlagensicherung, ein Euro päisches Parlament, gemeinsame politische Organisationen, sondern zusätzlich ein einigendes Projekt.
Natürlich, die EU ist zuvörderst ein Friedens- und erst in zwei ter Linie ein Wirtschaftsprojekt. Dazu gehört aber vor allem, zu vermitteln, dass Europa mehr ist als Champions League, europäischer Musikwettbewerb und Brüssel mit seiner Büro kratie. Vielmehr müssen wir – cum grano salis – uns bewusst machen, dass wir im Grunde eine Familie sind, die auf ge meinsamen Werten gegründet ist.
Ich fordere noch einmal: Diese Werte gilt es in einer Bestands aufnahme zu ermitteln. Jeder Kulturkreis, jedes Land ist auf gefordert, seinen Beitrag zum europäischen Erbe einzubrin gen. Allein die Diskussion über diese Bestandsaufnahme wird zu einer Chance, jedem einzelnen Bürger bewusst zu machen, dass es sich lohnt, sich mit den Wurzeln Europas näher zu be schäftigen.
Ich komme zum letzten Satz, Frau Präsidentin: Vielleicht kann dann am Ende dieses Prozesses wirklich jeder Bewohner die ses Zipfels am westlichen Ende der eurasischen Landmasse sagen: Ich bin ein Europäer.
Vielen Dank, Herr Mi nister. – Sie haben gerade darüber gesprochen, dass die Zu sammenführung der Altenpflege- und der Krankenpflegeaus bildung ein Erfolg sei. Ich war in der letzten Woche in einem Altenheim in meinem Wahlkreis. Da wurde gerade gesagt, das sei ein gewisses Problem, weil da eine Kannibalisierung ein treten würde in dem Sinn, dass diese gemeinsame Ausbildung dazu führe, dass viele Schwestern und Pfleger letztlich im Krankenhaus landen, sodass sich dieser Erfolg, den Sie dar gestellt haben, in der Realität leider nicht so darstellt.
Ich wollte das nicht in Form einer Frage, sondern eines Hin weises darstellen. Vielleicht können Sie dazu ja auch etwas sagen.
Danke schön.
Vielen Dank, Frau Prä sidentin. – Sachverhalt: Am 12. Juli 2017 verabschiedete der Landtag von Baden-Württemberg eine Novelle des Landes besoldungsgesetzes, u. a. mit dem Inhalt, für Beamtinnen und Beamte des Landes eine Dienstfahrradregelung im Zuge ei ner Entgeltumwandlung erlassen zu können. Dafür bedarf es aber einer Verordnung.
Das Landesamt für Besoldung und Versorgung hat in seinen Informationen für Bedienstete vom November 2017 noch um Geduld für die Ausarbeitung der Regelungen und der Ange bote gebeten. Mittlerweile ist aber ein weiteres halbes Jahr verstrichen. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt drohender Fahrverbote in Stuttgart verwundert es schon, dass diese Mög lichkeit des Umstiegs für Landesbeamte nicht umgesetzt wird.
Wir fragen die Landesregierung: In welchem Stadium der Er arbeitung befinden sich die notwendigen Ausführungsrege lungen, und zu welchem Zeitpunkt kann mit einem Angebot an die Beschäftigten des Landes gerechnet werden?
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Aus der Wirtschaft haben wir erfahren, dass dort die Kosten für die Entgeltumwandlung – u. a. durch Zu satzkosten für Versicherungen usw. – deutlich über 1 % der Kaufsumme des Rades hinausgehen. Hat die Landesregierung hierfür schon einen Überblick über den tatsächlichen Kosten rahmen?
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Peter Hofe lich, ich muss sagen, die Diskussion, die Sie uns heute aufnö tigen, ist in der Tat ziemlich kalter Kaffee. Ich glaube, das ha ben Sie selbst gemerkt. Sonst hätten Sie nämlich der Diskus sion, die wir vor drei oder vier Wochen aus Zeitgründen schon abgesetzt hatten, nicht noch einen Punkt zur Investition hin terhergeschoben. Dazu werde ich später kurz etwas sagen.
Ist die Debatte nicht schon sehr viel weiter fortgeschritten?
Hat sich die SPD – wie auch schon an anderer Stelle hier be merkt – mit einem späteren Gesetzentwurf zur engeren Defi nition der impliziten Schuldentilgung und durch Anträge in den Haushaltsberatungen nicht schon selbst von ihrem Antrag aus dem Jahr 2016 verabschiedet?
Wie wir alle wissen, wurde und wird von der FDP/DVP-Frak tion bei jeder passenden Gelegenheit wiederholt, dass sie sich dieser Kritik der SPD vollumfänglich anschließt und darüber hinaus – im Gegensatz zur Position der SPD – die ganze Til gungsverpflichtung zur Kreditmarktschuldentilgung einsetzen möchte.
Die FDP/DVP-Fraktion lehnt, wie wir alle wissen, das Kon strukt der impliziten Verschuldung ausdrücklich ab.
Der interessante Ansatz dieses Antrags allerdings, von der Landesregierung zu erfahren, wie sich die Tilgungsverpflich tungen – je nach angewandtem Verfahren zur Berechnung ei ner Konjunkturstörung – berechnen lassen, ist löblich, aber längst von der Wirklichkeit überholt. Der Haushalt 2017 und der Doppelhaushalt 2018/2019 wurden mit der entsprechenden Änderung der Haushaltsordnung verabschiedet. Bei dieser Ausgangslage bleibt eigentlich nur der Blick in die Zukunft, wenn man nicht die endlosen Debatten in den Ausschüssen hier im Parlament wiederholen möchte.
Interessant wird der Blick auf die Steuerschätzung im Mai. Hier werden sich ebenfalls wieder Mehreinnahmen ergeben. Für uns von der FDP/DVP-Fraktion stellt sich die Frage, ob bereits eine Mehrausgabenliste existiert oder ob die Mehrein nahmen vielleicht doch in die Tilgung der Kreditmarktschul den fließen. Es wäre schön, Frau Staatssekretärin, wenn Sie uns dazu etwas sagen könnten.
Wie die Landesregierung versprochen hat, ist eine interfrak tionelle Arbeitsgruppe eingesetzt worden. Sie hat auch schon zweimal getagt. Die bisherigen Beratungen lassen vermuten, dass man sich bei der Berechnung einer möglichen Schulden aufnahme im Falle von Konjunktureinbrüchen und Katastro phen auf das EU-Verfahren einigen wird. Das ist sinnvoll, weil auch der Stabilitätsrat zur Überwachung der Schuldenbrem se nach diesem Modell arbeitet.
Das EU-Modell definiert allerdings nur einen Teil der Mehr einnahmen als konjunkturell und produziert somit tendenzi ell eine geringere Tilgungsverpflichtung, aber auch eine ge ringere Kreditaufnahmemöglichkeit. Bei Mehreinnahmen steht also immer mehr frei verfügbares Geld zur Disposition, das man entweder investieren oder auch – ich betone das – zur Schuldentilgung verwenden könnte. So werden der Regierung durch das Einführen des EU-Modells trotz der Schuldenbrem se keine Fesseln angelegt. Das Geld müsste nicht zwingend für den Abbau der Kreditmarktschulden eingesetzt werden.
Nachdem wir jahrelang ziemlich ungeniert auf allen Ebenen unseres Staates Schulden aufgetürmt haben, ist nun doch ein Mentalitätswandel bei allen Parteien und Fraktionen festzu stellen. Das Wort „Schuldenbremse“ ist nicht nur im Grund gesetz verankert worden, sondern ist mittlerweile – so kann man hoffen – im Bewusstsein aller verantwortlichen Politi ker.
Trotzdem muss man sich hier gegen reflexhaftes Regierungs handeln wehren, sich möglichst viel finanziellen Spielraum zu erarbeiten.
Noch ein paar kurze Anmerkungen zu der Frage: Reichen die Investitionen aus, um in Zukunft das Landesvermögen zu er halten?
Zu den Landesliegenschaften: Der bei der Vermögensaufstel lung berechnete Wert beträgt ca. 41 Milliarden €, der Versi cherungswert 25 Milliarden €. Daraus resultiert ein Mittelbe darf von jährlich 850 Millionen €. In den Haushalt sind 700 Millionen € eingestellt. Es mag sein, dass wir mit Ausga beresten und vielleicht Zuweisungen von Bund, EU und Kom munen über den horizontalen Finanzausgleich 1 Milliarde € erreichen. Das wäre dann auch die rechnerische Investition, die wir für das nächste Jahr brauchen.
Das Gleiche gilt cum grano salis, kann man sagen, vielleicht auch für die Landesstraßen. Da allerdings in den Jahren seit 2002 immer eine Investitionslücke bestanden hat, wird es si cher viele Jahre sprudelnder Steuereinnahmen, aber auch Aus gabendisziplin bedürfen, um zu verhindern, dass das Landes vermögen weiter abnimmt.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Dies steht dann natürlich in Widerspruch zu der vorhin angeführten Schulden bremse. Einen guten Mittelweg zu finden ist hier unsere Auf gabe.
Ich freue mich auf die Diskussion in den Ausschüssen und in Zukunft.
Danke schön.
Vielen Dank. – Sehr ge ehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Landesamt für Besoldung und Versorgung ist ein unverzicht barer Dienstleister unserer Landesverwaltung und weiterer In stitutionen. Seine Mitarbeiter verrichten meist geräuschlos, mit Fleiß und Akribie ihre Tätigkeiten in der Abwicklung der Lohn- und Pensionszahlungen, Beihilfe usw.
Leider kamen in den letzten Monaten mehrere Probleme auf und drangen in die Öffentlichkeit. So wurde das LBV zum Ziel eines Cyberangriffs, mit dem die Rechenkapazität zum Schürfen von Kryptowährungen missbraucht werden sollte. Die Folge war das Abschalten des seitherigen Kundenportals und das Aufsetzen einer neuen Software unter der Adresse „www.service-bw.de“.
Als Zweites stellte die Einführung der neuen Abrechnungs software BABSY+ verbunden mit Personalmangel die Mitar beiter in der Beihilfestelle vor große Herausforderungen. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer lag 2014 bei knapp elf Arbeitstagen. Jetzt liegt diese ausweislich uns vorliegender Dokumente bei fünf Wochen, also 25 Tagen.
Als dritter und entscheidender Fall sind Doppelzahlungen von Lohnsteuerbeträgen an das Finanzamt Stuttgart-Körperschaf ten bekannt geworden. Hier hat ausweislich der Information des Finanzministeriums an den Vorsitzenden des Finanzaus schusses ein Bearbeiter manuell eine zusätzliche Überweisung der Lohnsteuer von dem Landesamt für Besoldung und Ver sorgung in dem Zeitraum zwischen 2008 und 2014 vorgenom men, mit einem ausgelösten Schaden in Höhe von 91 Millio nen €,
von denen bisher 38 Millionen € wieder zurückgeholt werden konnten.
Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, ich frage die Landesregie rung, ob Sie bereits Erkenntnisse haben, warum diese Praxis der Doppelzahlung im Jahr 2014 beendet wurde und warum dies wohl niemand bemerkt hat.
Das ist ja noch nicht sehr umfangreich, was Sie uns in diesem wichtigen Fall mitgeben konnten. Ich möchte eine Nachfrage stellen.
Wer ist denn der Dienstherr des zu Unrecht empfangenden Fi nanzamts Stuttgart-Körperschaften, und wie hält dieser es mit der Frage, ob dieses Finanzamt gegenüber Rückforderungen seitens des LBV aus den Jahren 2008 bis 2011 die Einrede der Verjährung geltend gemacht hat?
Sehr geehrter Herr Prä sident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Denk
schrift des Rechnungshofs dient als Vergrößerungsglas für ei nen Parlamentarier. Sie hat die Aufgabe, wesentliche Punkte des Haushaltsverlaufs deutlich herauszustellen, und ich beto ne: Die Denkschrift ist kein Märchenbuch, sie enthält keine politischen Floskeln oder Sprechblasen, keine Fake News und vor allem keine alternativen Fakten.
Auch die FDP/DVP-Fraktion möchte dem Team des Rech nungshofs, auch unter dem ehemaligen Präsidenten Munding, ganz herzlich danken, dass es der Regierung und uns, den Par lamentariern, wieder ein Werk zur Verfügung gestellt hat, in dem man Soll und Haben des Landes, vor allem die Entwick lung der Staatsfinanzen schwarz auf weiß nachlesen kann.
Auch wenn wir Parlamentarier in Haushaltsfragen souverän sind, so ist uns die Unabhängigkeit des Rechnungshofs nicht nur eine große Hilfe bei der Aufstellung des Haushalts, son dern hält uns auch den Spiegel vor, wo Handlungsbedarf be steht. Auch an dieser Stelle Dank nach Karlsruhe und Ihnen, Herr Präsident, viel Erfolg bei Ihrem neuen Job, bei Ihrer neu en Tätigkeit.
Liest man die Denkschrift mit den Augen des Finanzministe riums, der Landesregierung, so leuchten die Augen auf. Man könnte diesem Buch den Titel geben: „Wunder werden wie der wahr“, Untertitel: „Staatsfinanzen in Zeiten der Nullzins phase und Hochkonjunktur“.
Liest man aber die gleiche Denkschrift mit den Augen des Steuerzahlers, so müsste der Titel eigentlich lauten: „Sicherer als der Tod sind die Steuern“, Untertitel: „Klagen eines ehrli chen Steuerzahlers“.
Z. B.: Vor 40 Jahren musste man das 18-Fache des Durch schnittsverdienstes nach Hause bringen, um in die Regionen des Spitzensteuersatzes zu gelangen. Heute genügt da schon das 1,8-Fache.
Die Steuerquote, also der prozentuale Anteil der Steuerein nahmen am Bruttoinlandsprodukt, stieg seit 2011 von 20,6 auf 23,3 %. Das hört sich erst einmal gar nicht so schrecklich viel an. Aber bei einem Bruttoinlandsprodukt von 3 Billionen € bedeutet eine Steuererhöhung um einen Prozentpunkt einen Zuwachs an Steuern von 30 Milliarden €, und zwar jährlich.
Eine andere Zahl verdeutlicht das Ungleichgewicht zwischen Bruttoinlandsprodukt und Steuereinnahmen noch sehr viel besser. Das Bruttoinlandsprodukt der Bundesrepublik Deutsch land ist seit 2004 um ca. 38 % gestiegen, die Steuereinnah men um sage und schreibe 60 %.
Hört, hört! Danke. – Allein im Jahr 2016 stiegen die Ein nahmen des Landes Baden-Württemberg gegenüber dem Vor jahr um 10 %. Das sind 5 Milliarden € mehr, allein 2016.
Bei diesen Bedingungen ist es einfach, in die Welt hinauszu posaunen, sehr verehrte Frau Finanzministerin – ich freue mich, dass Sie mich anlächeln –: „Wer möchte in einer sol chen Situation nicht Finanzministerin sein?“ Aber – das möch te ich an dieser Stelle betonen –: Der Lorbeerkranz gehört nicht Ihnen, sehr verehrte Frau Ministerin, sondern den Bür gerinnen und Bürgern in diesem Land, die jeden Morgen auf stehen und ihrem Job nachgehen.
Wenn sie dann am Ende des Monats beim Griff in die Tasche feststellen, dass das Finanzamt und die Versicherungssysteme schon reingegriffen haben, dann merken sie: Ich habe eigent lich ein bisschen zu viel Steuern bezahlt.
Es lohnt sich ein Blick auf die Entwicklung der Landessteu ern. Wir brauchen in diesem Zusammenhang eigentlich nur die Grunderwerbsteuer und die Erbschaftsteuer anzuschauen.
Das Steueraufkommen in diesen Bereichen beträgt 2,7 Milli arden €. Allein das Grunderwerbsteueraufkommen ist – auch durch die Erhöhung des Steuersatzes 2011 auf 5 % – seit 2007 um sage und schreibe 85 % angestiegen.
Wie die Frau Finanzministerin bei einer Veranstaltung der „Börsen-Zeitung“ auf eine entsprechende Frage aus dem Pu blikum vor einer Woche betont hat – ich war dabei –, sehe man sich leider nicht in der Lage, diesen Steuersatz wenigs tens auf das alte Maß von 3,5 % zu reduzieren oder alternativ vielleicht einen Freibetrag einzuführen. Das wäre doch ein mal eine Maßnahme, den Wohnungsbau, das Wohnungseigen tum anzukurbeln,
vor allem auch, weil wir wissen, dass die Kapitalkosten nicht kreditfinanziert werden können.
Kommen wir zu den Ausgaben. Nach der Entscheidung der Bundeskanzlerin zur Flüchtlingsbewegung im September 2015 liegt für 2016 zum ersten Mal eine Abrechnung der Kosten vor. Insgesamt kostete dieser Alleingang der Bundesrepublik Deutschland 20 Milliarden €. Das Land Baden-Württemberg war, wenn ich es einmal salopp sagen darf, mit 2,5 Milliar den € dabei.
Allein die Erstattung für die sogenannten UMAs – wir wis sen, was das ist: die unbegleiteten minderjährigen Ausländer – betrug 333 Millionen €. Mittelfristig erwartet die Landesre gierung allerdings wegen niedrigerer Zugangszahlen bei den Flüchtlingen für 2017 Bruttoausgaben von 1,4 Milliarden € und für das nächste Jahr von 1,2 Milliarden €.
Eine interessante Frage in diesem Zusammenhang: Würde die Flüchtlingssituation eine Notlage bedeuten, bei der im Rah men der Schuldenbremse eine Ausnahme vom Verschuldungs verbot vorgesehen ist? Darüber werden wir im interfraktio nellen Ausschuss sicher reden müssen.
Personalausgaben: Die Personalausgaben betragen – –
Danke. Ich fasse mich kürzer.
Wenn man sich die Denkschrift anschaut, dann muss man dankbar sein, dass nicht nur die Personalausgaben als solche ausgewiesen werden, sondern auch auf die Personalausgaben hingewiesen wird, die sich in den Zuschüssen für die Landes betriebe verbergen. Dann kommen wir auf einen Personalaus gabenanteil von etwa 39 %. Da liegen wir im oberen Drittel.
Es wurde schon auf die Versorgungsabgaben hingewiesen. Herr Rösler sprach von 140 000 Versorgungsberechtigten, 2016 waren es 122 500. Da merken wir, welche Dynamik da rin steckt. Das wird uns in Zukunft tatsächlich deutlich belas ten.
Man kann hoffen, dass der Versorgungsfonds im Umfang von 2,2 Milliarden € wirklich ausreichen wird, wenn ab 2026 die geburtenstarken Jahrgänge aus den Fünfzigerjahren in Rente gehen.
Zum Länderfinanzausgleich ist eigentlich schon alles gesagt. Wegen der Zeit möchte ich das nicht wiederholen. Der be rühmte goldene Zügel wird angelegt. Man muss sich in der Tat fragen, wenn man bedenkt, dass in Brüssel und in Berlin viel entschieden wird: Was bleibt da für Stuttgart übrig? Wer zahlt, bestellt. Wir müssen also aufpassen, dass wir nicht hin ter die Ergebnisse der Föderalismuskommission von 2006 zu rückfallen.
Zur impliziten Verschuldung ist vieles gesagt worden. Das Einzige, was ich in diesem Zusammenhang wirklich betonen möchte, ist, dass wir mit diesem Konstrukt tatsächlich gegen ein wirtschaftliches Grundprinzip verstoßen, und zwar das an tizyklische Verhalten. Wir pumpen jetzt in einen heißen, boo menden Markt zusätzlich Geld. Ich meine, die Auftragsbücher sind voll, da werden wir das Geld kaum vernünftig unterbrin gen können. Im Gegenteil, es steigen nur die Preise. Da muss man aufpassen. Auch aus diesem Grund sind wir gegen diese Geschichte. Aber darüber haben wir schon so lange geredet, dass man sich schon langsam den Mund fusselig geredet hat.
Eines – darauf möchte ich jetzt zum Schluss kommen – ist wichtig, und das ist auch schon angesprochen worden: Die Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung ist die haushaltspolitische Herausforderung in dieser Legislatur periode. An den Kriterien der Ausgestaltung wird in einer in terfraktionellen Arbeitsgruppe schon gearbeitet. Jetzt ist wich tig: Nur durch die Einführung dieser – man muss schon so sa gen – umwälzenden Neuerung in der Landesverfassung eröff net sich ein unmittelbarer Klageweg zum Verfassungsgerichts hof des Landes. Ich betone: Darin liegt der entscheidende Mehrwert und zugleich die Garantie für die Einhaltung der Schuldenbremse.
Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang auch erwägen – Ihr Amtsvorgänger Munding hat das einmal angesprochen, Herr Benz –, ein mögliches Klagerecht des Rechnungshofs einzuführen. Das hat Herr Munding vor einem Jahr gesagt. Das weiß ich; ich habe es nachgelesen.
Haushaltspolitik, sehr geehrte Damen und Herren, ist nicht immer prickelnd, aber es gilt die Weisheit: Gesunde Finan zen, gesunder Staat. Dennoch ist es Zeit, den Bürger auch zu entlasten und nicht wie ein Imker den Bienen den Honig weg zunehmen und Zuckerwasser zurückzugeben.
Danke schön.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich ganz herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen im Fi nanzausschuss bedanken, bei Ihnen, Herr Stickelberger, be sonders für die stringente „Haushaltsführung“ bzw. Sitzungs führung, und beim Landtagsreferat für die tolle Unterstützung im Hintergrund – zum Teil bis spät in die Nacht.
Wetterfest soll er sein, Krisen soll er überwinden und schweren Stürmen standhalten. Wir sprechen hier nicht von einem neu zu bauenden Schiff, sondern vom Doppelhaushalt 2018/2019 für das Land Baden-Württemberg.
Sie, sehr verehrte Frau Finanzministerin, wohnen ja bekannt lich in Freiburg, der Sonnen- und Wärmestube Baden-Würt tembergs. Da ist man schlechtes Wetter wahrscheinlich nicht so gewohnt. Man weiß gar nicht so recht, wie es auf der rauen Alb, im württembergischen und hohenzollerischen Sibirien bei miesem Wetter so aussieht.
Sie haben, sehr geehrte Frau Finanzministerin, in Ihrer Rede davon gesprochen, dass Sie den Haushalt wetterfest machen wollen. Könnte es vielleicht sein, dass Sie durch das schöne warme Wetter in Freiburg verwöhnt sind und keine Vorstel lung mehr davon haben, was schlechtes Wetter bedeutet? An statt Ihr Haus – Ihren Haushalt – wirklich aufzumöbeln, Däm mungen einzubauen, Wärmeschutzmaßnahmen einzurichten, starke Stützbalken einzuziehen, Dreifachverglasung vorzuse hen, bekleben Sie Ihre Wände mit Zeitungspapier,
versehen das Haus mit ein bisschen neuer Farbe, ziehen hier und da ein paar dünne Bälkchen ein, bauen ein paar Zimmer
an, laden die Gäste zur Einweihungsparty ein, lassen die Sekt korken knallen und behaupten allen Ernstes, dass dieses Haus jetzt und in der Zukunft – Sie schreiben selbst, dass Sie in lan gen Linien denken – den Unbilden des Wetters standhalten wird.
Das kann man nur behaupten, wenn man aus dem ewigen Sommer Freiburg stammt und nur eine vage Vorstellung da von hat, dass sich das Wetter in kürzester Zeit verändern kann, dass auf ein Hoch ein Tief folgt, dass sich die Windrichtung ändern kann, dass Sturm und Hagel Ihre – entschuldigen Sie das Wort – „Bretterbude“ schnell zum Einsturz bringen kön nen.
Es reicht, ja. – Was Sie, sehr geehrte Frau Finanzministerin, uns mit dem Doppelhaushalt vorlegen, kann man beim bes ten Willen und mit Wohlwollen nicht als eine wetterfeste Sa nierung bezeichnen. Ja, es ist einfach schön, in Zeiten spru delnder Steuereinnahmen Finanzministerin zu sein, sich da für feiern zu lassen, dass man seine Klientel mit Stellen ver sorgt, Fehler der Vergangenheit mit Euroscheinen zudeckt. Es wird tüchtig auf den Putz gehauen nach dem Motto von Ma dame de Pompadour nach der verlorenen Schlacht bei Roß bach: „Nach uns die Sintflut“.
Die vielen Nullen auf dem Konto des Finanzministeriums scheinen den Blick für das Wesentliche regelrecht zu verne beln. Es steht Ihnen so viel Geld zur Verfügung wie noch nie. Ich zitiere aus Ihrer Rede zur Haushaltseinbringung:
Es ist nicht unser Geld, es ist das Geld der Steuerzahle rinnen und Steuerzahler,
das wir sinnvoll und effizient einsetzen
wollen.
Statt dies zu tun, geben Sie das Geld mit vollen Händen aus, machen sich einen schlanken Fuß bei den Kreditmarktschul den, dehnen die Vorgaben des Landesrechnungshofs in Bezug auf die implizite Verschuldung nach Ihrem Gusto aus, schel ten die Opposition indirekt als finanz- und wirtschaftspoliti sche Selbsterfahrungsgruppe – das vor allem, weil diese Op position Ihre Vorstellungen von der sogenannten Schuldentil gung nicht teilt.
Sie reagieren zunehmend genervt darauf, dass die Opposition immer wieder den Finger in die Wunde Ihres Schuldenbegriffs legt. Sie können es schon fast nicht mehr hören.
Ich kann Sie ja verstehen, sehr verehrte Frau Finanzministe rin, dass Sie bei dem Begriff „Implizite Verschuldung“ dünn häutig reagieren,
da Ihr Weg der Schuldentilgung auf deutlich mehr Kritik stößt als erwartet.
Eine mögliche Tilgung von Kreditmarktschulden in Höhe von 10 % ist eben ein Wert an sich, auf den Sie verzichten wollen. Sie spüren auch, dass Sie gegen den Geist der Reform der Haushaltsordnung von 2012 verstoßen.
Hier liegt das zentrale Versagen, der ganz entscheidende Feh ler Ihres Haushaltsentwurfs. Das ist auch der wichtigste An griffspunkt der FDP/DVP-Fraktion. Deshalb können und wol len wir Ihrem Haushaltsentwurf nicht zustimmen. Mit der Än derung der Verordnung zur Haushaltsordnung haben Sie uns die entscheidende Steilvorlage gegeben, Ihren Haushalt abzu lehnen.
Schon bei der zweiten Lesung vor ein paar Tagen habe ich vorgetragen, dass die Leitlinien aller früheren Haushalte heu te nicht mehr gelten: In guten Zeiten sind die Schulden zu rückzuzahlen, die man in schlechten Zeiten angehäuft hat.
Nur das verschafft einen Spielraum für Notlagen – wie z. B. heute mit dem Änderungsantrag zu Braunsbach, dem wir, die FDP/DVP-Fraktion, zustimmen –, für den Fall von Katastro phen oder von wirtschaftlichen Depressionen. Deswegen ist Ihr Haushalt auch kein wetterfestes Haus, wie Sie immer wie der betonen, sondern ein windschiefes Kartenhaus, das beim ersten Windstoß zusammenfällt.
Wie schnell so etwas passieren kann, hat doch die Finanzkri se im Jahr 2008 gezeigt. Was wäre eigentlich in Deutschland geschehen, wenn die Flüchtlingskrise der Jahre 2015, 2016 in einer Phase der wirtschaftlichen und finanziellen Schwäche eingetreten wäre? Die zutiefst verunsicherte Bevölkerung ist mit dem Ausspruch der Kanzlerin – „Wir schaffen das“ – ei nigermaßen beruhigt worden. Wodurch konnte sich die Kanz lerin zu diesem Ausspruch durchringen? Vor allem doch da durch, dass sie in ihrem Rücken eine starke Wirtschaft, eine boomende Konjunktur, einen sehr stabilen Arbeitsmarkt wuss te. Der Bundeshaushalt war auch schon damals, vor zwei Jah ren, ohne Schulden finanziert.
Die vielen Milliarden Euro, die diese Notlage kostet, fehlten vielleicht an der einen oder anderen Stelle, aber insgesamt hat te man doch den Eindruck, dass die Ängste, die diese Flücht lingswelle bei vielen auslöste, eher kultureller Art sind, als dass sie aus wirtschaftlicher Not geboren wurden. Deutsch land konnte und wollte großzügig sein, und durch die EuroMilliarden wurden die ganz großen gesellschaftlichen Verwer fungen unterbunden.
Wie sähe es heute in den Landesparlamenten und im Bundes tag aus, wenn die Flüchtlingsbewegung Deutschland in einer
Phase der wirtschaftlichen Schwäche, der arbeitsmarktbeding ten Depression getroffen hätte, wenn zusätzlich die Schulden problematik in allen Köpfen wäre? Man mag es sich gar nicht vorstellen. Wir sehen ja selbst hier in Stuttgart, wie der Ein zug der AfD das Klima verändert hat – und dabei meine ich nicht das Wetter.
Nach der Krise, sehr geehrte Frau Finanzministerin, ist vor der Krise. Sie tun mit Ihrem Haushaltsentwurf so, als ginge die Party immer weiter. Ich zitiere noch einmal aus Ihrer Re de:
Kluge Haushaltspolitik hat im Blick, dass sich die Welt verändert, dass sich die Erwartungen und Bedürfnisse verändern.
Wenn man dann aber sieht, dass im Haushaltsentwurf Stellen ausgeworfen werden – ich habe mich mit Herrn Podeswa nicht abgesprochen –, die die Mensch-Wald-Beziehung fördern, dann hat man wirklich das Gefühl, dass die Kuh jetzt aufs Eis geht und anfängt zu tanzen. Es mag ja sein, dass Sie die tra ditionell emotional engen Beziehungen der deutschen Seele zum Wald – wie schon in der Romantik beschrieben – haus halterisch verankern wollen, aber in meinen Augen, sehr ge ehrte Frau Finanzministerin, ist das ein totaler Realitätsver lust.
Ein Haushalt ist ein in Zahlen gefasster Regierungsentwurf. Wenn man dann sieht, wie Sie Lieblingsprojekte – sagen wir einmal: höchstens noch in Rufweite wissenschaftlicher Er kenntnisse – ohne Rücksicht auf finanzielle Solidität durch führen wollen, dann erinnert mich diese Politik an den Aus spruch des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg – ca. 1650 –:
Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner be schränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit an zulegen.
In dieser Politik erkenne ich immer wieder das Missionari sche, das uns in der Vergangenheit manche Probleme beschert hat und von unseren europäischen Freunden durchaus nicht immer geschätzt wird. Sie wollen alles – sofort, ganz schnell, und davon ganz viel. Verbrennungsmotor weg – hier einmal oh ne Rücksicht auf Ressourcen oder gar Arbeitsplätze –, Land wirtschaft ökologisch – egal, was das für Otto Normalverbrau cher bedeutet, wie viel zusätzlichen Landverbrauch das be deutet –, ÖPNV ausbauen – auch wenn keiner in den Bus ein steigt –, Radschnellwege – unwichtig, ob ältere oder behin derte Menschen davon profitieren – und dergleichen mehr. Und Sie kritisieren jeden, der das ablehnt, als rückwärtsge wandt.
Es ist aber nicht so, wie Sie es uns unterstellen, dass wir die se Entwicklungen nicht sehen. Nein, was uns antreibt, ist, dass wir solche Entwicklungen reifen lassen wollen, dass wir eine
evolutionäre Entwicklung auf Faktenbasis wollen und keine revolutionäre.
Leider ist der Haushaltsentwurf voll von solchen Ansätzen, und das Beklagenswerte dabei ist zusätzlich, dass die CDU dazu ihren christlich-demokratischen Segen gibt.
Der europäische Wirtschaftsraum wird im Jahr 2018 um ca. 2,2 % wachsen, und dennoch steigt die Inflation trotz der vie len Milliarden Euro – ja, es sind schon Billionen Euro –, die die EZB auf den Markt schmeißt, nicht an. Woran liegt das ei gentlich?
Die Macht liegt nicht mehr ausschließlich bei den Unterneh men, sondern zunehmend auch bei den Verbrauchern. Globa lisierung, Internethandel, Onlineshops geben jedem einzelnen Kunden sehr viel mehr Möglichkeiten der Konsumentschei dung. Wo von überall her geliefert wird, verknappen die Gü ter nicht mehr. Die Inflation will einfach nicht richtig anstei gen mit dem Ergebnis, dass der Zins nicht ansteigt.
In diesem Zusammenhang, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein ganz wichtiger Hinweis. Ich weiß nicht, ob es Ihnen viel leicht so ähnlich geht wie mir: Seitdem die Zinsen im Keller sind, fällt mir das Geldausgeben leichter. Kapital wird ver schleudert, wenn der Zins seine Steuerungsfunktion einbüßt. Das sehen wir leider auch bei dem uns aktuell vorliegenden Haushaltsentwurf.
Man kann Geld nicht essen, aber man kann es verfrühstücken. In den Koalitionsfraktionen wird davon ausgegangen, dass der Geldsegen in Baden-Württemberg weiterhin anhält. Wie im Alten Testament das Volk der Israeliten, die das Manna, das Himmelsbrot, während des Tages aufaßen, weil es nachts ver darb und sie auf Gott vertrauten, dass am nächsten Tag wie der Brot für alle vom Himmel gefallen in der Wüste liegen wird, so gibt die Landesregierung heute ihr Geld aus, weil sie davon ausgeht, dass es weiterhin Manna vom Himmel regnen wird.
Das Vertrauen – lachen Sie nicht – der Israeliten in Gott war, wie wir wissen, berechtigt. Allein mir fehlt der Glaube und das Vertrauen in das Handeln der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen.
Ich komme zum Schluss: Der Sündenfall Ihrer Regierung ist, dass man sich jetzt, in den allerbesten Zeiten, gegen den Geist der 2012 gesetzten Maßstäbe nicht mehr an seine eigenen Ver sprechungen gebunden fühlt. Sie verstoßen gegen den Geist Ihrer eigenen Prinzipien.
Die FDP/DVP-Fraktion lehnt den Doppelhaushalt 2018/2019 in der vorliegenden Fassung ab.
Danke schön.
Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Frau Ministerin, Sie wissen aber selbst: In der letzten Sitzung des Finanzausschusses, in der wir den Staatshaushaltsplan beraten haben, hat ein Vertre ter des Landesrechnungshofs groß und breit erklärt, was im plizite Verschuldung ist. Dann habe ich nachgefragt: Werden die Kriterien, die der Landesrechnungshof zum Prinzip der impliziten Verschuldung aufgestellt hat, von der Regierung eingehalten? Geben Sie mir zu – das ist jetzt meine Frage –, dass die Antwort ein ganz klares Nein war?
Sehr geehrter Herr Prä sident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Sie nicht mit Zahlen vollschütten, aber folgende Zahlen des Doppel haushalts 2018/2019 sollten Sie sich eigentlich einmal mer ken: Haushaltsvolumen 102 Milliarden €, Schulden des Lan des 46 Milliarden €, Schuldentilgungsverpflichtung 3,8 Mil liarden €, Schuldentilgung der Regierung 500 Millionen €.
Die Botschaft lautet: Was interessiert uns die LHO? Wir ma chen sie so, wie sie uns gerade gefällt.
Sehr verehrte Frau Ministerin, Sie wissen doch sicher, was ein Unwort ist. – Der Herr Ministerpräsident kommt auch gera de; er ist ja daran nicht ganz unbeteiligt. – Die Definition ei nes Unworts lautet: Wörter und Formulierungen aus der öf fentlichen Sprache, die sachlich grob unangemessen und eu phemistisch – das heißt beschönigend –, verschleiernd, irre führend sind.
Sehr geehrte Frau Ministerin, ich möchte den Begriff der im pliziten Verschuldung in der Finanzpolitik der gegenwärtigen Landesregierung zum Unwort des Jahres erklären.
„Sachlich unangemessen“: Sie mussten die Schuldentilgungs möglichkeiten von § 18 der Landeshaushaltsordnung per Ge setz ändern lassen, damit Sie Ihren Schuldenbegriff durch ei nen Taschenspielertrick in die Tat umsetzen können.
„Euphemistisch, verschleiernd“: Sie schmücken sich mit dem Titel Schuldenabbauministerin, obwohl das, was Sie betrei ben, eigentlich im ganz normalen Haushaltsverlauf erwirt schaftet werden muss.
Sie betreiben durch Ihr Konstrukt eine Haushaltspolitik, die Sie in die Lage versetzt, die Schuldenbremse im Jahr 2020 leichter einzuhalten, aber Sie nicht davon abhalten muss, Ih re spezielle Klientel jetzt mit Wohltaten zu versorgen. Ich nen ne nur ein Stichwort: Stellen in der Umweltverwaltung. Die ses Thema ist gestern abgefrühstückt worden. Dazu muss ich mich nicht mehr äußern.
Aber ich möchte noch einen Aspekt hinzufügen: Ein Vertre ter des Landesrechnungshofs hat sich bei einer Sitzung des Finanzausschusses ausgiebig zu dem Begriff „Implizite Ver schuldung“ geäußert. In der Denkschrift des Landesrech nungshofs 2016 zu diesem Thema hat sich der Landesrech nungshof grundsätzlich positiv zu dem Konstrukt der impli ziten Verschuldung bekannt, wenn, ja, wenn folgende Bedin gungen eingehalten werden:
Erstens: Das Konstrukt wird auf die Übergangszeit bis 2019 beschränkt.
Zweitens: Für den Abbau der impliziten Verschuldung wer den nur Maßnahmen mit zusätzlichem Charakter gegenüber bisherigen Planungen zugelassen.
Drittens: Die Bildung etwaiger Rücklagen zum Zwecke des Abbaus eines Sanierungsstaus ist mit einem konkreten Pro gramm zu hinterlegen, und es ist ein zeitnaher Abbau vorzu sehen.
Viertens: Die Tilgung impliziter Schulden ist auf den Landes haushalt zu beschränken, und es sind keine Landesmittel für solche Maßnahmen bei Dritten – z. B. bei den Kommunen – einzusetzen.
Vor 14 Tagen – etwa zur gleichen Zeit – hat sich der Finanz ausschuss in einer Sitzung auch mit dem Staatshaushaltsge setz befasst. Dabei hat sich ein Vertreter des Landesrechnungs hofs ausgiebig zu diesem Thema geäußert. Ich habe nachge fragt: Hält denn die Landesregierung diese Kriterien ein? Als Antwort kam ein ganz glattes Nein. Wenn Herr Schwarz – lei der ist er nicht da – vor zwei Tagen hier gesagt hat, der Lan desrechnungshof würde dieses Konstrukt sozusagen unterstüt zen, dann ist das, gelinde gesagt, nur die halbe Wahrheit.
Wie ich schon an anderer Stelle bemerkt habe, ist die Ände rung der Landeshaushaltsordnung zu einem „Sesam, öffne dich!“ für die Landesregierung geworden,
wodurch sie ein Instrument in die Hände bekommen hat, das gerade zum Missbrauch einlädt.
Wir, die FDP/DVP-Fraktion, fordern, dass die Landesregie rung zur Schuldentilgungsverpflichtung zurückkehrt. Unser Antrag, 4,6 Milliarden € bis 2019 zu tilgen – also 10 % der Kreditmarktschulden des Landes –, setzt sich wie folgt zu sammen: erstens aus der Schuldentilgungsverpflichtung für 2018/2019, zweitens aus der Schuldentilgungsverpflichtung von 411 Millionen € von 2017 und zusätzlich aus 200 Milli onen €, die die FDP/DVP-Fraktion aufgrund der exzellenten Haushaltssituation im Jahr 2017 gefordert hat.
Wir lehnen die Möglichkeit der Tilgung impliziter Schulden über Mittel der notwendigen Schuldentilgung durch unseren Änderungsantrag zum Staatshaushaltsgesetz ab und wollen so die von Ihnen aufgestellten Sanierungstitel beseitigen.
Unser Antrag, sehr geehrte Damen und Herren, ist kein popu listisches Getue nach dem Motto: Wir, die Freien Demokra ten, sind die Einzigen, die an die nächste Generation denken, die über den Tellerrand der nächsten Wahl hinausschauen. Nein, er hat einen ganz realen Hintergrund. Es ist doch nicht so, dass die Landesregierung durch die Schuldentilgungsver pflichtung in einen Liquiditätsengpass geraten würde.
Die wirtschaftlichen Aussichten sind hervorragend. Man rech net mit einem Wirtschaftswachstum von weiterhin 2 %. Das
sind keine Prognosen; nein, die Steuerschätzungen haben al lein für das Jahr 2017 ein Mehr an Steuereinnahmen von 1,57 Milliarden € ergeben. Manchmal wird einem ganz schwinde lig, wenn man an die finanziellen Möglichkeiten denkt.
Ein weiterer Aspekt spricht für unseren Tilgungsantrag: Die Konjunktur brummt, die Auftragsbücher sind voll, Bauindus trie und Handwerk sind voll ausgelastet, können fast jeden Preis fordern, und man bekommt das viele Geld fast gar nicht verbaut. Irgendwie verliert das Geld dadurch auch ein wenig an Wert.
Welches fatale Signal senden wir ins Land, wenn wir unter diesen Bedingungen nicht kräftig bei den Kreditmarktschul den tilgen wollen?
Wirtschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat auch viel mit Psychologie zu tun. Wenn nicht jetzt Schulden tilgen, wann dann? Die gegenwärtige gute wirtschaftliche Lage in Deutschland darf uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir doch in einer sehr volatilen Weltwirtschaftsordnung agieren. Wie Sie alle wissen, profitieren die öffentlichen Haushalte von der Niedrigzinspolitik der EZB. Man spricht von insgesamt ca. 300 Milliarden €, die – nebenbei gesagt – allerdings der deutsche Sparer bezahlt hatte.
Nachdem die EZB angekündigt hat – es wurde hier eben be reits auch von anderer Seite angesprochen –, den Staatsanlei henankauf auf die Hälfte zu reduzieren, kann man davon aus gehen, dass die Zinsen mittelfristig steigen werden. Erstes An zeichen dafür ist, dass die Umlaufrendite für zehnjährige Bun desanleihen auf 0,175 % angewachsen ist. Das ist eine Stei gerung von 17 % gegenüber dem Vorjahr. Eine hoffnungsvol le Nachricht für den deutschen Sparer, aber womöglich ein Warnsignal für die öffentlichen Haushalte.
Auch wenn wir seit 2010 ein permanentes Wirtschaftswachs tum zu verzeichnen haben, dürfen wir die Erzählung aus der Bibel von den sieben fetten und den sieben mageren Jahren nicht ganz aus unserem Erfahrungsschatz tilgen.
Es ist noch gar nicht so lange her, dass die Schuldenproble matik in unser aller Köpfe war.
Selbst der berühmte Herr Keynes, der Verfechter einer Defi cit-spending-Finanzpolitik, hat bereits in den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts erkannt, dass ein Staat in guten Zei ten Schulden abbauen sollte, die er in schlechten Zeiten an gehäuft hat.
Keiner von uns, sehr geehrte Damen und Herren, wird behaup ten können, dass wir jetzt in einer schlechten Zeit leben. Es ist doch nicht so, dass wir einem geschwächten Körper einer darniederliegenden Wirtschaft eine kräftige Suppe in Form ei ner Kapitalinfusion zufügen müssen, damit er wieder zu Kräf ten kommt.
Um beim Bild aus der Medizin zu bleiben: Der Körper – die Wirtschaft – wirkt beinahe überinfundiert, und das belastet ei nen Organismus genauso sehr wie die Austrocknung.
„Gesunde Finanzen, gesunder Staat“ ist nicht nur das Credo der Freien Demokraten, sondern notwendig, wenn Generati onengerechtigkeit nicht nur eine Worthülse sein soll. Wir tun ja so, als ob die Zinsen, die wir für unsere Kredite zahlen müs sen, überhaupt keine Rolle mehr spielen würden.
Auch wenn die Landesregierung die Zinsausgaben für die Jah re 2018 und 2019 – das Lieblingsthema von Herrn Hofelich – mit 1,6 und 1,7 Milliarden € viel zu hoch ansetzt – wieder so eine Masche, sehr geehrte Frau Finanzministerin, um sich finanzielle Spielräume zu verschaffen –,
sind auch die Zinsausgaben nicht zu vernachlässigen; sie ma chen bei realistischer Betrachtung ca. 3 % des Haushaltsvo lumens aus und liegen deutlich über den Ausgaben des Ein zelplans 05.
Nachdem ich mich, sehr geehrte Frau Finanzministerin, an dieser großen, klaffenden Tilgungswunde des Haushaltsent wurfs 2018/2019 abgearbeitet habe, die von der Landesregie rung leider nur mit einem Heftpflaster von 500 Millionen € behandelt wird, möchte ich mein Augenmerk noch auf einen anderen Punkt lenken.
Wir müssen wieder eine faire Balance zwischen Staat und Bürgern finden. Die öffentlichen Haushalte schwimmen im Geld, aber die Bürgerinnen und Bürger ächzen unter hohen Ausgaben.
Deshalb wollen wir die Bürgerinnen und Bürger spürbar ent lasten und dafür sorgen, dass sie von ihrem erwirtschafteten Geld wieder etwas zurückbekommen können.
Wir fordern daher einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteu er, um junge Familien, die sich Eigentum schaffen wollen, zu entlasten.
Außerdem müssen wir eine Abschaffung des Solidaritätszu schlags erwirken, da wir einerseits kleine und mittlere Ein kommen entlasten möchten und andererseits vor allem die Glaubwürdigkeit der Politik wiederherstellen wollen, die ei ne Abschaffung bis 2019 versprochen hat.
Da die Regierungsfraktionen leider nicht willens sind, unse rem Vorschlag zu folgen, werden wir die Einzelpläne 06 und 12 ablehnen.
Danke schön.
Sehr geehrter Herr Prä sident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Parlamentsreden der letzten Tage und die Diskussionen der vergangenen Mo nate zum Thema „Implizite Verschuldung“ belegen vor allem eines: Die Landesregierung hat mit der Einführung eines neu en Schuldenbegriffs der Landeshaushaltsordnung ein ganz di ckes faules Ei ins Nest gelegt.
Das erfordert Widerspruch von uns; aber vor allem geht es nun um den Gesetzentwurf der SPD, den wir heute hier bera ten.
Ich kann mich angesichts der heute und in den vorigen Tagen geführten Debatten wirklich kurzfassen. Angesichts des be vorstehenden Abschlusses der Haushaltsberatungen dieser Woche erlaube ich mir jetzt auch, ein bisschen lyrisch zu wer den:
Der Gesetzentwurf der SPD ist ein Licht in dunkler Nacht, et was Gutes im Bösen, ist das erste zarte Pflänzchen nach ei nem harten Winter. Dennoch – –
Haben Sie „Quatsch“ gesagt?
Sie haben nicht „Quatsch“ gesagt. – Machen wir weiter.
Trotzdem können wir den Gesetzentwurf nicht unterstützen. Die SPD möchte die verhältnismäßig breite Ermächtigung, die sich die Landesregierung selbst gegeben hat, um implizi te Schulden zu tilgen, auf ein vernünftiges Maß eindampfen. Und das mit Recht; denn der Weg, eine substanzielle Grund lage der Gesetzesnovelle der Landeshaushaltsordnung aus dem Jahr 2012 mit einer Verordnung einfach aus dem Weg zu schaffen,
wird der Wichtigkeit dieses Themas in keiner Weise gerecht.
Da die FDP/DVP-Fraktion die Tilgung impliziter Schulden grundsätzlich ablehnt, können wir leider auch dem Gesetzent wurf nicht zustimmen.
Herr Schütte – ist er noch da? doch! – hat uns vorgeworfen,
wir würden überhaupt kein Geld mehr in der Kasse haben. Wissen Sie, Herr Schütte: Erwartete Überschüsse im Jahr 2017 in Höhe von wahrscheinlich 4 Milliarden € sowie ca. 400 Millionen € überzogene Zinsausgaben gewährleisten oh ne Probleme die Erfüllung von Sanierungsaufgaben, die – auch angesichts der boomenden Baukonjunktur – in absehba rer Zeit durchführbar sind.
Nun ist es ja wirklich ureigene Aufgabe des Landeshaushalts, das Vermögen zu bewahren. Es wussten – das ist jetzt wich tig – doch alle: Als 2012 die Neuregelung in die Landeshaus haltsordnung aufgenommen wurde – – Deswegen beklagen
wir das auch; deswegen geht der Gesetzentwurf der SPD ja in die richtige Richtung. Es wird wirklich gegen den Geist von 2012 verstoßen. Damit – das muss ich wirklich sagen, sehr geehrte Damen und Herren – hat die Landesregierung, wie ich eingangs schon gesagt habe, der Landeshaushaltsordnung ein dickes Ei ins Nest gelegt.
Mir und auch anderen fiel während der Beratungen im Finanz ausschuss auf, dass die Ideen der SPD in den Reihen der Re gierung wohl doch einen gewissen Nerv getroffen haben. Man spürte eine gewisse Dünnhäutigkeit, so wie bei einem Schul buben, der beim Griff in die Keksdose ertappt wurde.
Das ist – jetzt komme ich schon zum Schluss – auch verständ lich, denn Sie, geehrte Damen und Herren von den Regie rungsfraktionen, müssen erklären, wie es sein kann, dass die Politik jahrzehntelang Schulden macht und verspricht, diese bei guter Lage zurückzuzahlen
ach, 500 Millionen €! –, und man sich jetzt, bei der ersten Gelegenheit, die sich dafür ergibt, an diese Aussage nicht mehr gebunden fühlt. Auch das gehört zum Thema „Mangeln de Glaubwürdigkeit in der Politik“ –
auch wenn die einen oder anderen vernünftige Gründe dafür anführen.
Damit möchte ich meinen Beitrag beenden. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Mi nisterin, vielen Dank. – Wissen Sie, den Ausdruck „Implizite Verschuldung“ kann man ja mittlerweile fast nicht mehr hö ren. Ich frage mich immer: Wie hoch ist diese eigentlich? Sind es 1 Milliarde €, sind es 50 Milliarden €, sind es 200 Milliar den €? Nein, die implizite Verschuldung – das ist ja das Ent scheidende, was wir auch kritisieren; ich glaube, dass Sie mir da vielleicht recht geben – hängt eigentlich von der Kassen lage ab, wenn ich einmal so sagen darf. Geben Sie mir recht, dass dieses Instrument, das Sie eingeführt haben, tatsächlich ein „Sesam, öffne dich!“ für die Landespolitik im Rahmen der Schuldentilgung ist?
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Vorwärts immer, rückwärts nimmer!“ – diese Losung aus dem sozialistischen Sprachgebrauch war nicht nur ein beliebter Ausspruch von Honecker, sondern auch das Motto der Staatsverschuldung in Deutschland.
Doch Mitte des letzten Jahrzehnts drehte sich das Bewusst sein ein bisschen. Es kamen die Schuldenuhren des Bundes der Steuerzahler, die mit schwindelerregender Geschwindig keit den Anstieg der Staatsverschuldung angezeigt haben.
Dann, ja dann kam die Schuldenbremse ins Grundgesetz. Ist damit das Schuldenproblem aus der Welt? Beherrscht die schwarze Null unsere Köpfe? Alles halb so schlimm, ein Pro blem von gestern? Hat ein Umdenken stattgefunden?
In der Tat: Aufgrund der guten Konjunktur und der geringen Zinsen sinken die öffentlichen Schulden täglich um 33 Milli onen € und sind im Jahr 2017 zum ersten Mal unter die 2-Billionen-€-Grenze gefallen. Ein Prozentpunkt weniger Zin sen entlastet die öffentlichen Haushalte um 21 Milliarden €. Auch in unserem Landeshaushalt wird man ohne eigene An strengungen 76 Millionen € weniger für den Schuldendienst in diesem Jahr, im Jahr 2017, berappen müssen.
Dennoch: Das Neuverschuldungsverbot im Jahr 2020 droht. Das hat dazu geführt, dass die Landesregierung zum 1. Janu ar 2017 das Instrument der impliziten Verschuldung einge führt hat. Man kann ja zwei Begrifflichkeiten nicht mehr hö ren: „Digitalisierung“ und „Implizite Verschuldung“. Aber ich glaube, mittlerweile weiß jeder, was implizite Verschuldung bedeutet. Vielleicht für die Zuhörer oben auf der Tribüne: Sa nierungsstau wird einfach zu Schulden erklärt.
Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus der Denkschrift des Rechnungshofs von 2017, Seite 52: