Protocol of the Session on December 1, 2016

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 20. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Württem berg.

Beurlaubt habe ich für heute Frau Abg. Erikli und Herrn Abg. Dr. Balzer.

Krankgemeldet sind Frau Abg. Böhlen, Herr Abg. Deuschle, Herr Abg. Herre, Herr Abg. Dr. Merz, Herr Abg. Stein, Herr Abg. Wacker und Herr Abg. Dr. Weirauch.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ganztägig Frau Ministerin Sitzmann, Herr Minister Lucha, Herr Minis ter Wolf und Herr Staatsminister Murawski sowie ab 13:30 Uhr Frau Ministerin Bauer, ab 14 Uhr Frau Staatssekretärin Gurr-Hirsch und nachmittags Herr Minister Untersteller.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Kostenexplosion der EEG-Umlage, ei ne Mehrbelastung für Familien sowie klein- und mittel ständische Unternehmen in Baden-Württemberg – bean tragt von der Fraktion der AfD

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Redezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Frakti on zur Verfügung. Wie immer darf ich die Mitglieder der Lan desregierung darum bitten, sich ebenfalls an den vorgegebe nen Redezeitrahmen zu halten.

Schließlich darf ich auf § 60 Absatz 4 unserer Geschäftsord nung verweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.

In der Aussprache erteile ich nun das Wort für die AfD-Frak tion Herrn Abg. Dr. Podeswa.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz haben wir ein Lehrbuchbeispiel vorliegen, ein Lehrbuchbeispiel dafür, wie ein planwirtschaft lich-sozialistisches Gesetz die beabsichtigten Auswirkungen in das genaue Gegenteil verkehrt,

(Beifall bei der AfD – Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

ein Lehrbuchbeispiel auch dafür, wie die Planwirtschaft wie ein Krebsgeschwür immer weiter wuchert.

Begonnen hat die EEG-Umlage im Jahr 2000 mit 0,2 Cent. Heute liegt die EEG-Umlage bei 6,88 Cent. Das ist eine Preis steigerung um 3 440 %.

(Zuruf: Nein!)

Die EEG-Umlage ist um 3 440 % gestiegen. Dafür gibt es ei gentlich nur eine Bezeichnung: Hyperinflation. Hyperinflati on, und kein Ende in Sicht. Denn es gibt keine Obergrenze für diesen Wahnsinn. Die EEG-Umlage sollte langfristig den sau beren, regenerativen Energien zum Durchbruch verhelfen, die deutsche Technologieführerschaft in einer Zukunftsbranche fördern und natürlich dazu beitragen, den CO2-Ausstoß zu re duzieren.

Wer bezahlt das alles? Die Bürger und der kleine Handwerks betrieb. So ziemlich jeder große Stromverbraucher wurde von dieser Kostenbelastung verschont oder erhielt eine Stromsub vention. Beispiele gefällig? Vom Netzentgelt befreit sind Al di, Lidl, McDonald’s, Burger King, Versicherungen, Großbä ckereien, Kühlhäuser oder auch die Deutsche Börse, die deut sche Großindustrie sowieso. Das, meine Damen und Herren Abgeordneten, ist eine Umverteilung, eine Umverteilung von unten nach oben.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Jawohl!)

Ein anschauliches Beispiel ist der Dorfbäcker. Den Kleinbä ckereien geht es schlecht. Die Kleinbäcker in unserem Land backen lokal, kaufen regional, sind handwerklich und traditi onell. Der Kleinbäcker muss die EEG-Umlage natürlich in vollem Umfang zahlen. Die automatisierten Großbäckereien hingegen erhalten einen Stromrabatt. Zu den Größenvorteilen der Industriebäcker schlagen Sie, liebe Altparteien, der Back industrie auch noch Kostenvorteile zu und drängen somit die lokalen Bäckereien aus dem Markt.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Wie haben Sie uns genannt?)

Bis 2020 werden – so sagt die Studie – rund 6 000 Bäckerei en in Deutschland schließen müssen. In Baden-Württemberg macht das rund 1 000 Bäckereien aus.

Neben der Tatsache, dass der Dorfbäcker zumachen muss, ha ben Sie auch noch erreicht, dass McDonald’s seine stromsub ventionierten Gummibrötchen auf Lastwagen durch die gan ze Republik fahren kann und hier in Stuttgart zum Feinstaub beiträgt.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

Dafür können Sie dann bei McCafé einen stromsubventionier ten Kaffee trinken.

(Beifall bei der AfD)

Den Kaffee können Sie natürlich nur dann trinken, wenn Sie auch Ihre Stromrechnung noch bezahlen können. Rund eine Million Bürger in Deutschland konnten in diesem Jahr jedoch ihre Stromrechnung nicht bezahlen, und deswegen wurde ih nen der Strom abgestellt.

Wie in den Vorjahren – mit steigender Tendenz – werden auch im Jahr 2016 wieder rund 30 Milliarden € für die Förderung von erneuerbaren Energien von den kleinen Stromkunden be zahlt. Aufgelaufene und bereits verbürgte Kosten für die EEGUmlage belaufen sich heute auf insgesamt rund 700 Milliar den €. Der Marktwert dieses Stroms liegt aber deutlich unter 100 Milliarden €. Sie entziehen der deutschen Volkswirtschaft somit mindestens 600 Milliarden €.

(Beifall bei der AfD)

Was haben wir, was haben die Bürger davon? Der billigste Strom wird in Portugal und in Spanien erzeugt, an der Atlan tikküste, mit Großwindanlagen, unter 3 Cent pro Kilowatt stunde. In den USA werden heute Fotovoltaikanlagen über haupt nur noch bei Produktionskosten von unter 3 US-Cent gebaut,

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

wie Sie auf der Tagung des Solar Clusters Baden-Württem berg erfahren konnten.

Dagegen zahlt der deutsche Stromkunde für den grün-sozia listischen Wahnsinn 28 Cent, also nur mal gerade eben das Zehnfache der Produktionskosten.

(Beifall bei der AfD – Abg. Rüdiger Klos AfD: So ist es! – Zuruf des Abg. Thomas Marwein GRÜNE)

Und wie ist die Beschäftigungssituation in der neuen Bran che? 2011 hatte die Solarbranche weit über 100 000 Beschäf tigte, 2014 gerade einmal noch 45 000. Das ist ein Rückgang um 60 %. Seit drei Jahren ist der Ausbau der Windenergie in Baden-Württemberg rückläufig, aber nicht um ein, zwei Pro zent, sondern um rund 80 %: von 7,6 GW im Jahr 2011 auf 1,5 GW.

Die Beschäftigungssituation in der Branche hat sich natürlich analog entwickelt. Das Handwerk hat in diesem Bereich in den Jahren vor 2014 jedes Jahr rund 5 000 Fachkräfte ausge bildet, wie der Präsident des Fachverbands Elektro- und In formationstechnik, Herr Bürkle, mitteilte. Wissen Sie, wie vie le Fachkräfte in dieser Branche in diesem Jahr ausgebildet wurden? Sie, Herr Untersteller, wissen es. Sie waren bei der Tagung dabei. Genau: gar keine, kein einziger.

Sie, Herr Schwarz, haben gestern hier im Plenum die Beschäf tigungssituation der Branche in den rosigsten Farben geschil dert.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ja! Haben Sie et was dagegen, Herr Kollege?)

Ich will Ihnen einmal zugutehalten, dass Sie wieder einmal nicht wussten, wovon Sie sprechen,

(Beifall bei der AfD – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Keine blasse Ahnung!)

und das Plenum nicht bewusst falsch informiert haben.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Herr Kollege, wür den Sie sich einmal informieren, bevor Sie sich ans Rednerpult begeben! – Weitere Zurufe)

Tun Sie das. Ich gebe Ihnen gern die Quellen dafür. – Ein weiteres Beispiel: KACO new energy

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Faktenfreies Re den ist das! – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: Das machen Sie auch, Herr Schwarz!)

in Neckarsulm, eine Perle der deutschen Hochtechnologie und Weltmarktführer für hochkomplexe spezifische Wechselrich ter für Solaranlagen. Das war es wenigstens einmal. Heute hat KACO new energy in Neckarsulm, gemessen an der Ausbau leistung der Fotovoltaik weltweit im Jahr 2015, vielleicht ge rade einmal noch einen einstelligen Weltmarktanteil. Die Chi nesen haben sich über die KACO-Patente gefreut. Die deut sche Wirtschaftspolitik hat jede Hilfestellung verweigert.

Statt dem Mittelstand mit überschaubaren wenigen Millionen zu helfen, haben Sie aberwitzige Milliardenbeträge in unwirt schaftliche, ideologisch motivierte Projekte gesteckt. Da hilft in der Planwirtschaft natürlich nur noch eines:

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Welche Planwirt schaft?)

neue Gesetze. Zwar wurde das EEG-Gesetz in den letzten fünf Jahren gleich vier Mal novelliert und hat heute 104 Paragra fen. Die werden aber auch noch von rund 4 800 begleitenden Ausführungsbestimmungen, Verwaltungsvorschriften usw. be gleitet,

(Lachen des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD)

wie Herr Dr. Witzel vom Bundesverband WindEnergie letz ten Samstag in Stuttgart berichtet hat.

Im EEG 2017 ist dann auch vorsorglich geregelt, dass die EEG-Umlage 2017, wenn sich nicht genug Investoren finden, um die Ausbauziele zu erreichen, in jedem Quartal erhöht wird – insgesamt um maximal 9 %. Dazu kommen dann noch För derungen für Speichertechniken, für Mieterstrommodelle usw. usf.

Ich darf feststellen: Noch in dieser Legislaturperiode werden wir hier stehen und feststellen: Die EEG-Umlage hat sich seit dem Jahr 2000 um 5 000 % erhöht.