Silke Gebel
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Sehr geehrte Damen und Herren! Es stimmt, Berlin ist auf eine Flussaue und auf alte Sumpfgebiete gebaut, d. h. wir haben hier von Natur aus hohe Grundwasserstände. Als Berlin noch eine Industriestadt war, wurde viel Grundwasser gefördert; an vielen kleinen Standorten haben Unternehmen dezentral Grundwasser gefördert, welches damals viel tiefer als heute im Boden verlief. Die Folge war ein Bauboom auf ehemals nassen Böden und ein Trockenfallen des Grunewalds und der Moore. Heute verläuft das Grundwasser näher an der natürlichen Grenze. Die Wälder und Moore erholen sich langsam. Gleichzeitig gibt es Gebäude, deren Keller dadurch vernässt werden. Das ist für den Einzelnen oftmals eine Katastrophe. Allerdings wissen wir bis heute nicht, wie viele Menschen genau betroffen sind. Es gibt sogar Fälle, wo Nachbar A einen vernässten Keller und Nachbar B kein Problem hat. Aber natürlich ist klar: Es gibt hier ein Problem, wo wir als Politik gefragt sind, um Lösungen zu finden. Deshalb reden wir heute auch über das Thema Grundwassermanagement.
Zuallererst möchte ich festhalten, dass ich es sehr begrüße, dass wir im gesamten Haus einen Konsens haben, dass das flächendeckende Absenken von Grundwasser, was zu Beginn im Gespräch war, vom Tisch ist. Diese Maßnahme ist nicht nur ein ökologischer Irrsinn, sondern auch ökonomisch ungerecht für all diejenigen, die die Ewigkeitskosten in jährlicher Millionenhöhe zahlen müssen, ohne etwas davon zu haben.
Wir als Grünenfraktion finden es gut, dass wir endlich über viele kleine dezentrale Lösungen reden, denn für uns ist auch klar: Die betroffenen Hausbesitzer dürfen mit diesem Problem nicht alleingelassen werden, einem Problem, das oftmals den Gebäudewert übersteigt und das sie nicht alleine stemmen können. Für uns ist in der Debatte aber auch wichtig, dass unser Grundwasser an sich kein
Problem, sondern ein schützenswertes Gut ist, aus dem wir unser kostbares Trinkwasser gewinnen.
Was aber hat der Koalitionsantrag mit dem Thema Grundwassermanagement damit zu tun? Das kommt jetzt ein bisschen aus heiterem Himmel. Er schließt sich in keiner Weise an unsere Ausschussdebatten an, auch nicht an die Expertendiskussionen bei der IHK oder an die Empfehlungen des Runden Tischs Grundwasser. Er ist, ehrlich gesagt, auch ziemlich missverständlich. Ich habe mal versucht, mir einen Reim darauf zu machen und möchte kurz zwei Interpretationsmöglichkeiten kommentieren – erstens: Sie wollen teures Trinkwasser aus Grundwasser und Uferfiltrat verbilligt zum Rasensprengen oder Stadtbaumgießen zur Verfügung stellen und das, obwohl wir im Süden der Stadt mit Sulfat und im Norden der Stadt mit Medikamentenrückständen und Chemikalien ein großes Problem bei der Trinkwassergewinnung haben, und das, obwohl der Effekt auf vernässte Keller minimal bis nicht vorhanden wäre, der Grundwasserstand im Blumenviertel oder in Spandau also nicht sinken würden. – Das macht, freundlich ausgedrückt, keinen Sinn.
Das führt mich zu der anderen Interpretationsmöglichkeit: Sie wollen lokal Grundwasser fördern, um dann ausgetrocknete Grünanlagen zu bewässern. Da aber die Bäume in Gebieten mit hohem Grundwasserstand ausreichend mit Wasser versorgt sind, müsste man das Wasser mit einem Tankwagen in den Grunewald oder zu anderen ausgetrockneten Flächen schicken. Dieses Wasser muss man zusätzlich noch von Mangan und Eisen befreien, weil Sie ansonsten Zustände wie im Spreewald haben, der von verockertem Wasser bedroht ist.
Im Gegensatz zu meinem Kollegen lasse ich Fragen zu.
Herr Herrmann! Da sieht man, dass Sie nicht bei uns im Umweltausschuss sind, wo wir das Thema schon diskutiert haben. Zu der Frage, ob das Fördern von mehr Grundwasser an Wasserwerken Auswirkungen auf die bisher bekannten vernässten Keller hat, hat uns ein Kollege von den Berliner Wasserbetrieben aufgezeigt, dass, würde man an den Berliner Wasserwerken mehr Wasser fördern, das z. B. für das eben von Ihnen genannte Bundesratsgebäude keine Auswirkungen habe. Es gibt sehr viele rote, von hohem Grundwasser betroffene Punkte, die eben nicht in den Trichtern der Wasserwerke sind. Meine Vermutung ist, dass Sie mehr Grundwasseruferfiltrat in den Wasserwerken fördern wollen, indem die Leute mehr Wasser kaufen, weil der Tarif billiger ist. Das wird nicht den Effekt haben, dass der Grundwasserspiegel beispielsweise im Blumenviertel sinkt. Das würde nicht funktionieren. Das hat uns der Kollege von den Wasserbetrieben so dargestellt. Das heißt, die Alternative ist – so interpretiere ich Ihren Antrag, denn das ist das einzige, das Sinn macht; das wurde auch mal in die Diskussion eingeworfen, und der Kollege von den Wasserbetrieben hat darauf geantwortet –, Grundwasser lokal am Haus über Drainagen oder sonst was zu fördern, dieses Wasser zu nutzen und etwas damit zu machen. Dieses Wasser müssen Sie aber erst von Mangan und Eisen befreien, weil wir das bei uns im Untergrund haben. Das hat nichts
mit grüner Besserwisserei zu tun, sondern eher etwas mit hydrologischen Kenntnissen, die, wenn man über Umweltpolitik redet, von Vorteil sind.
Ja!
Mir ist, ehrlich gesagt, wichtiger, dass wir diesen Antrag auch im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt haben. Aktuell ist er ja nur an den Hauptausschuss überwiesen. Angesichts der Tatsache, dass der Antrag gravierende umweltpolitische Mängel aufweist, möchte ich nicht, dass nur die Haushälter und Haushälterinnen – bei allem Respekt – darüber diskutieren, sondern dass wir das auch im Fachausschuss haben sollten. Das hat für mich Priorität.
Wenn Sie vor Ort das Grundwasser abpumpen, es von Mangan und Eisen befreien und es dann in Wassertanks in den Grunewald fahren, will ich erst einmal die Kosten sehen. Mir ist die Bilanz noch nicht klar, aber vielleicht werden Sie das im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt – sofern Sie den Mut haben, das dorthin zu überweisen – noch einmal erklären.
Wir haben uns bei Hydrologen umgehört, und deren Reaktion war immer: Der Antrag ist verantwortungsloser Unsinn. – Deswegen ist es wichtig, dass man sich noch einmal einen Experten in den Ausschuss einlädt, um die Idee dort zu besprechen.
Mein dringender Appell an die Koalition lautet: Lesen Sie bitte bis zur nächsten Ausschusssitzung das Wortprotokoll unserer Grundwasseranhörung! Da gab es relativ gute Ideen. Es gibt ein Vernässungskataster, eine Bestandsaufnahme – das hat Herr Freymark, der leider nicht hier ist, in den Raum geworfen – und vertikale Gärten, die in die Gebäude integriert werden, wie die Bosco
(Alexander J. Herrmann)
Verticale in Mailand, haben Sie, Herr Buchholz, vorgeschlagen. Es gibt die Wiedernutzung alter Drainagen, die die Linken beantragt haben. Wir werden das in zwei Wochen im Ausschuss diskutieren. All das wären gute Ideen, die jeweils für ein Pilotprojekt ausreichend sind. Ich verstehe nicht, warum Sie jetzt mit einer Idee, die aus heiterem Himmel fällt und von der alle Experten sagen, sie sei Quatsch, ankommen. Ich bitte Sie, noch einmal in sich zu gehen und mit einer sinnvollen umweltpolitischen Idee zu kommen, damit man das Grundwasserproblem ehrlich angehen kann.
Danke, dass ich fragen darf! – Warum gibt es keinen Prüfauftrag für vertikale Gärten oder ein Vernässungskataster, das bis heute nicht vorliegt, dafür aber für diese Idee, die bisher noch nicht diskutiert wurde? Wir sind uns einig, dass es mit den Pilotprojekten, die wir bisher haben, nicht getan ist. Warum nicht die drei Sachen, die ich vorgeschlagen habe: Drainagen, Vernässungskataster und vertikale Gärten?
Frau Platta! Stimmen Sie mit mir überein, dass der Antrag der Koalition im kommenden Umweltausschuss in zwei Wochen ohne Probleme mit Ihren Grundwasseranträgen beraten werden könnte, um da die beste Abwägung für die Stadt zu erreichen?
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Guten Tag, Herr Geisel! Haben Sie sich eigentlich schon einmal Berlin auf Satellitenbildern angeschaut? – Auf privaten Gebäuden, zum Beispiel am Hackeschen Markt, im Gewerbegebiet Adlershof oder der Freien Waldorfschule in Kreuzberg, da grünt es wirklich vortrefflich. Schaut man allerdings auf das Rote Rathaus, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt oder auch unser Abgeordnetenhaus, so sieht man nur Grau, kein Gründach, kein Dachgarten, keine Begrünung. Die öffentlichen Gebäude in Berlin sind kein Vorbild, wenn es um Dachbegrünung geht.
Die „Morgenpost“ hat das Grün der ganzen Stadt ausgewertet und unsere Stadt kommt dabei auf Platz 63 von 79 Städten. Das ist bundesweit noch nicht einmal solides Mittelfeld.
Deshalb habe ich mit Freude in derselben Zeitung gelesen, dass sich Herr Ewers von der CDU unserer Idee für mehr Dachgrün angeschlossen hat. Die Fotomontage mit unseren „1 000 grüne Dächer“ sah richtig super aus. Das war, glaube ich, ein großer Schritt nach vorn für Sie. Bis dahin wollten Sie unseren Gründachantrag am Liebsten im Ausschuss versenken.
Was Sie jetzt nach zigmaligem Vertagen zum Einlenken gebracht hat – unser Berichtsauftrag nach § 27 GO, die Bürgerbriefe für mehr Gründächer oder die Wahl in vier Monaten –, ist mir, ehrlich gesagt, egal. Wichtig ist, dass hier fünf Fraktionen sitzen, die sich unserem Ziel für mehr Dachbegrünung in Berlin angeschlossen haben. Das ist gut für unsere Stadt.
Gerade in einer wachsenden Stadt wie Berlin ist die Devise „Grün statt Grau“ wichtig. Drei inhaltliche Argumente für die Dachbegrünung: Erstens: Wir alle haben die Sonnenstunden der letzten Tage genossen. Aber für viele Menschen bedeutet solch eine Hitzewelle auch enormen Stress. Berlin ist im Sonnenschein eine Hitzeinsel und in den extrem versiegelten Gegenden ist sie zum Teil bis zu zehn Grad heißer als das Umland. Wenn Sie ein angenehmes, lebenswertes Stadtklima wollen, dann brauchen sie mehr Grün statt Grau. Gründächer leisten dazu einen wichtigen Beitrag.
Zweitens: Der Klimawandel bringt nicht nur extreme Sonne, sondern auch extremen Regen. Die Folge ist, dass unsere Kanalisation bis zu 50 Mal im Jahr mit Fäkalien, Duschwasser und Co in die Spree fließt. Kein Wunder, dass man hier nicht baden kann. Unser Vorschlag ist so einfach wie komplex: Die Häuser in unserer Stadt müssen den Regen aufnehmen und nach und nach abgeben. Darüber gibt es auch viel Wissen in der Stadt, von der Technischen Universität bis hin zur boomenden Wasserwirtschaft, das man einfach nur umsetzten müsste. Das Gründach ist dabei ein wichtiger Baustein.
Drittens: Mehr Gründächer nebeneinander bilden einen Biotopverbund, der die Artenvielfalt in unserer Stadt stärkt. Der Lebensraum für Pflanzen und Tiere wächst. Gleichzeitig schafft man Freiräume und Erholungsräume für Nachbarn und Anwohnerinnen und Anwohner. Unsere Idee ist es, Räume für Roof-Gardening und Erholung auf mindestens 20 Prozent der Gründächer zu schaffen. Denn wenn die Stadt auch in der Luft grün wächst, gewinnen alle an positivem Lebensgefühl.
Für uns geht es darum, wie Berlins graue Dächer endlich grün werden. Wir haben uns dafür andere Städte angeschaut wie München, Hamburg oder Bremen. Wir haben mit den Umweltverbänden gesprochen, wir haben uns mit den Fachleuten für Dachbegrünung hingesetzt und mit Gebäudebesitzern geredet. Eine Sache kam immer wieder: Nur mit einem Förderprogramm wird man den Gebäudebestand begrünen können. Deshalb heißt unser Programm heute auch „1 000 grüne Dächer für Berlin“ und sieht eine Anschubfinanzierung für Gebäude im Bestand vor. Das haben wir vor über einem Jahr vorgelegt.
Ein Gründach ist ein Vieleskönner, aber kein Alleskönner. Wir wollen Zielzahlen und eine breite Begrünung mit dem positivsten Effekt. Viele Dinge, die in Ihrem Prüfauftrag-Antrag erwähnt werden, der heute dringlich ins Plenum gekommen ist, sind in unserer Strategie bereits enthalten. Was aber gar nicht geht, ist Ihr Vorschlag, dass Gründächer als Ausgleichsmaßnahme für Bautätigkeiten geltend gemacht werden können. Ein gefällter Baum am Boden ist nicht durch ein Moosdach im fünften Stock zu ersetzen.
Deshalb werden wir Ihrem Antrag auch nicht zustimmen können, denn das Gründach ist wichtig, aber es darf nicht zum Feigenblatt werden.
(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)
Die Berliner Bilanz beim Dachgrün fällt mager aus. Wir Grüne haben ein Konzept vorgelegt, und Sie haben in Ihrem Antrag, der eilig eingebracht worden ist, die Hälfte kopiert, aber das Wichtigste vergessen. Der Weg zu mehr Grün statt Grau ist also noch weit. Aber vielleicht erleben wir alle es noch, dass das Rote Rathaus, dieses Hohe Haus und die Senatsverwaltung für Umwelt ein grünes Dach bekommen. Dann gäbe es immerhin neun öffentliche Gebäude mit Dachbegrünung. Gut für das Stadtklima wäre es allemal.
Vielen Dank! – Frau Köhne! Da Sie mich mehrfach angesprochen haben, habe ich mich gezwungen gefühlt, noch mal kurz nach vorne zu gehen. Ich finde es schade, dass Sie einen künstlichen Widerspruch aufmachen, weil ich glaube – das habe ich vorhin deutlichzumachen versucht –, dass es schon mal ein sehr großer Schritt nach vorn ist, dass wir hier in einer seltenen Einigkeit sagen: Diese Stadt Berlin braucht grüne Dächer, braucht Dachbegrünung.
Es kann eigentlich nicht sein, dass wir auf Platz 63 von allen Städten in Deutschland rumdümpeln und noch ca. 15 Städte hinter uns sind und wir uns eigentlich auch damit rühmen, die grünste Metropole zu sein und wir eigentlich alle wissen, dass es in Zeiten des Klimawandels für die Lebensqualität der Berlinerinnen und Berliner wichtig ist, dass wir mehr Stadt- und Dachbegrünung haben. Deswegen wollte ich auch noch mal diesen Punkt, den Sie aufgemacht haben mit dieser weitergehenden Frage, diese Diskussion hatten wir auch im Ausschuss immer wieder, ansprechen. Vielleicht können Sie das gleich in Ihrer Antwort auf meine Intervention noch mal deutlich machen, wo Ihr Antrag, den Sie hinten unter „dringlich“ vorgestellt haben, – oder wo Ihnen unser Antrag nicht weit genug geht.
Wir wollen ein Förderprogramm, wo wir eine Anschubfinanzierung machen, wo der Mieter aus dem Wedding, der bei der Genossenschaft ist, wo das Dach momentan saniert wird, den ich neulich vor Ort gesprochen habe, zu seinem Vermieter hingehen und sagen kann: Hör mal zu, du musst doch sowieso dein Dach machen! Es gibt da ein Senatsprogramm, da hast du eine Kofinanzierung für deine Dachsanierung. Dein Dach ist dann auch zehn Jahre länger haltbar. Du hast noch einen positiven Effekt für die Einsparung von Niederschlagsentgelt, das heißt, du sparst Unterhaltskosten. Du hast einen positiven Effekt, wenn es um die Kühlung und um die Wärmedämmung geht. Mach das doch einfach! Und es gibt dieses Programm vom Senat. – Das ist eine Handreichung, wo wir es schaffen, mehr Dächer zu begrünen. Deswegen ist das für uns der weitergehende Punkt. Alle anderen Städte in Deutschland haben gezeigt, dass es nur so funktioniert.
Ansonsten obliegt es beim Neubau den Bezirken, in den Bebauungsplänen zu regeln, wie viel Begrünung es geben wird. Da bin ich fest davon überzeugt, dass man das nur schafft, wenn man Zahlen vorgibt. Das sieht man auch in den Bezirken, wo das funktioniert. Das ist z. B. in Friedrichshain-Kreuzberg, das ist z. B. in Pankow; das ist auch in Treptow-Köpenick, wo die gerade beim Gewerbegebiet Adlershof sehr vorbildlich sind und da ganz konkrete Zahlen vorgeben, wie die Dachbegrünung und die sonstige Regenwassermanagementsituation ausschauen soll. Nur dann funktioniert das. Deswegen haben wir gesagt,
(Irene Köhne)
wir machen einen Rahmen, eine Strategie, die wir mit den Anwohnerinnen und Anwohnern und den Gebäudebesitzern diskutieren wollen, und setzen Zahlen fest, weil wir nur glauben, dass man so erreicht, dass diese Stadt grüner wird. Da frage ich Sie: Warum ist das für Sie nicht weitergehend? Das können Sie jetzt bitte mal hier erklären! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute vor 30 Jahren wusste die Welt noch nichts von Tschernobyl. Sie wusste nicht, dass es zwei Tage zuvor bei einer Sicherheitsprüfung in einem sowjetischen Atomkraftwerk zu einer Explosion und einer riesigen radioaktiven Wolke gekommen war. Heute vor 30 Jahren wurde im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark erhöhte Radioaktivität gemessen. Nachdem ein Eigenfehler ausgeschlossen worden war, lag die Vermutung nahe, dass es in der Sowjetunion zu einem folgenschweren Unfall gekommen sein musste.
Am 1. Mai vor 30 Jahren war in Berlin ein strahlend schöner Tag. Die Berlinerinnen und Berliner verbrachten den Tag der Arbeit draußen. Die Eltern spielten mit ihren Kindern auf den Spielplätzen. Aber einen Tag später war die Unsicherheit, war die Angst, war eine Ohnmacht für die Unbeschwertheit gekommen. In Westberlin wurde gemeldet, dass es zu einem GAU in Tschernobyl gekommen war. Die „taz“ veröffentlichte über Monate die täglichen Becquerelzahlen, aber in Ostberlin wusste man auch dann noch nichts. Westfernsehen und eine riesige Auswahl an Gemüse in der Kaufhalle zeugten aber davon, dass etwas passiert sein musste.
Ich war damals fast drei Jahre alt, so alt wie mein Sohn heute, und ich erinnere mich noch schemenhaft an das, was damals war: an regelmäßige Messungen von Strahlungen in grauen Verwaltungsgebäuden, an etliche Diskussionen über das Wetter und an das Gefühl der Unsicherheit, der Unwissenheit und der Ohnmacht.
Aus dieser Ohnmacht wuchs eine enorme Welle der Hilfsbereitschaft. Stellvertretend für diese Hilfe möchte ich hier Isolde Scheffel vom Verein „Berliner Hilfe für Tschernobyl“, dem Physiker und ehemaligen DDROppositionellen Sebastian Pflugbeil vom Verein „Kinder von Tschernobyl“, selbst auch ehemaliges Mitglied dieses Hauses, und Anneliese Bödecker von der Informationsstelle Tschernobyl e. V. danken.
70 000 Kinder aus Tschernobyl konnten sich durch dieses beispielhafte ehrenamtliche Engagement in Deutschland erholen.
Aber aus der Ohnmacht ist auch der Wille gewachsen, die Energieversorgung auf neue Füße zu stellen. Wer 1986 gesagt hätte, dass heute 26 Prozent erneuerbare Energien im deutschen Energiemix sein würden und 2022 der letzte Atommeiler in Deutschland abgeschaltet wird, der wäre ausgelacht worden. Die traurige Zäsur von Tscher
(Wolfram Prieß)
nobyl hat zum deutschen Atomausstieg geführt. Diese Entscheidung, von Rot-Grün begonnen und nach der Atomkatastrophe von Fukushima von Schwarz-Gelb wieder auf den Weg gebracht, war und ist richtig.
Dennoch ist Atomkraft weltweit kein Auslaufmodell. Im Radius von Tschernobyl stehen 150 Atommeiler um Berlin herum. Die beiden Schrottreaktoren in Doel und Tihange, die in Belgien immer wieder von sich reden machen, sind sogar nur 600 km von uns entfernt. Sie sind alt, anfällig und ein erhebliches Terrorrisiko. Das zeigt: Berlin muss auf einen radioaktiven Notfall vorbereitet sein.
Der Wille, die Energieversorgung auf neue Füße zu stellen, ist in diesem Haus interfraktioneller Konsens. Berlin hat dazu mit dem von allen Fraktionen getragenen Bericht der Enquete-Kommission „Neue Energie für Berlin“ sowie mit dem jetzt beschlossenen Energiewendegesetz endlich auch einen Anfang gemacht. Hier ist aber noch viel Raum nach oben. Im bundesweiten Energiemix – das habe ich soeben gesagt – liegen wir bei 26 Prozent, was Windkraft angeht. In Berlin liegen wir bei 1 Prozent.
Berlin als Metropole muss den Weg der Zukunft einschlagen, hin zu mehr Energieeinsparungen, einer Stärkung der Energieeffizienz und volle Kraft voraus in Richtung der erneuerbaren Energien.
Die Fehler der Entscheidung für Atomkraft begleiten uns Tausende Jahre. Nach dem Atomausstieg beginnt der Rückbau der Meiler, und die schwierige Endlagerfrage stellt sich.
Gestern wurde von der Atomkommission ein wichtiger Schritt hin zu einem Kompromiss vorgestellt, der auch die Atomunternehmen in die Verantwortung beim Rückbau nimmt. Aufgrund dieser neuen Ereignisse haben wir heute diesen Änderungsantrag gestellt, der diese Forderungen noch mal herausnimmt. Klar ist weiterhin: Es ist wichtig, dass die anfallenden Kosten der Atomkraft in Milliardenhöhe nicht von der Allgemeinheit getragen werden dürfen.
Die Menschen in Tschernobyl und Fukushima kennen die Gefahren und Kosten der Atomkraft. Ihre Heimat wird erst in 100 000 Jahren wieder bewohnbar sein. Mehrere Millionen Menschen leben dort noch auf verstrahltem Gebiet. Das zeigt: Sicher ist nur das Risiko. Die Zukunft liegt in den erneuerbaren Energien.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist an der Zeit, dass wir hier im Parlament endlich mal über das Thema saubere Luft sprechen. Seit Jahren ist Berlin trauriger Spitzenreiter bei der Schadstoffbelastung der Luft. Die Folgen sind fatal: In Berlin sterben pro Jahr 2 600 Menschen vorzeitig an den Schad
stoffen in der Luft. Besonders betroffen sind die Zehntausende Menschen in Berlin, die nicht ohne Bedenken tief Luft holen können. Das sind die Berlinerinnen und Berliner in unserer Stadt, die oft aufgrund der günstigeren Mieten dazu gezwungen sind, an den großen Verkehrsadern zu wohnen – mit Lärm und schlechter Luft. Eine lebenswerte, eine umweltgerechte Stadt sieht anders aus.
Wir haben heute einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, mit dem die Berliner Luft besser und gesünder wird, damit alle Berlinerinnen und Berliner tief Luft holen können, ohne sich um ihre Gesundheit Sorgen machen zu müssen. Einige unserer Vorschläge wie Geschwindigkeitsbegrenzungen oder die Förderung des Radverkehrs sind ja bereits Teil des Luftreinehalteplans des Senats. Doch nach dem Aufschreiben 2011 hat man ihn anscheinend in der Schublade vergessen, denn es ist kaum was passiert. Im Gegenteil: Die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner müssen vor Gericht ziehen – wie zuletzt in Weißensee erfolgreich geschehen – und ihr Recht auf saubere Luft einklagen. Das kann doch nicht sein! Herr Umweltsenator Geisel! Ich bitte Sie: Verstehen Sie sich doch als Anwalt der Umwelt, und sorgen Sie dafür, dass man bei uns in der Stadt durchatmen kann!
Ich möchte mal drei Punkte aus unserem Katalog aufgreifen – erstens: Der Berliner Fuhrpark muss ökologischer Vorreiter werden. Wir können mit den landeseigenen Fahrzeugen echte Strahlkraft für die Elektromobilität und andere emissionsarme Antriebe entfalten. Ihr zweifelhafter Vorschlag für mehr Elektromobilität in Berlin sind Autorennen auf der Karl-Marx-Allee. Unser Vorschlag ist: Jedes neu beschaffene Fahrzeug wird das emissionsärmste seiner Klasse sein, mindestens 20 Prozent des Fuhrparks fahren elektrisch.
Der Berliner Fuhrpark aktuell sieht anders aus: 0,6 Prozent des Fuhrparks fahren elektrisch, 97 Prozent sind Benziner oder Diesel. Das widerspricht ja sogar Ihrer eigenen Koalitionsvereinbarung von einem sauberen Fuhrpark! Und wenn Sie schon nicht emissionsarm einkaufen wollen, dann sollten Sie zumindest eine Lehre aus dem Diesel-Gate von VW und Co. ziehen: Die Anschaffung neuer Dieselfahrzeuge wird so lange ausgesetzt, bis die Abgaswerte auch im Realbetrieb die niedrigsten Grenzwerte einhalten.
Berlin hat dann mit seinen Fahrzeugen wirklich Einfluss, und den muss man nutzen.
Zweitens: Wir wollen den öffentlichen Personennahverkehr stärken, denn kluge Verkehrspolitik gibt der Mehrheit Vorfahrt. In Berlin ist das leider nicht der Fall: Busse und Straßenbahnen stehen trotz mehrerer Fahrspuren im Stau. Hier fordern wir, die Vorrangschaltung wieder in Betrieb zu nehmen. Die Berlinerinnen und Berliner
(Präsident Ralf Wieland)
wollen schnell und sicher von A nach B kommen, und unsere Aufgabe als Politik ist, genau das zu ermöglichen. Gerade in einer wachsenden Stadt brauchen wir ein Wachstum der nachhaltigen Verkehrsinfrastruktur. Konkret heißt das z. B.: Die Tram 10 muss endlich die Turmstraße an den Hauptbahnhof anschließen, und zwar auf einer eigenen Spur. Nur mit einem starken Ausbau von Bus, Bahn und Co. fahren mehr Leute mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und lassen dann auch mal ihr Auto stehen, weil es bequemer ist und weil man schneller und sicherer von A nach B kommt. Das ist ein wichtiger Beitrag für saubere Luft und verhindert den Verkehrskollaps unserer Stadt.
Drittens: Mehr und mehr Berliner wollen sich auch per Fahrrad bewegen. Erst heute standen neue Zahlen in der „Berliner Zeitung“. Am S- und U-Bahnhof Hermannstraße sind 290 Prozent der Fahrradstellplätze belegt. Das heißt, dreimal so viel Menschen wollen ihr Fahrrad zum Bike-and-Ride abstellen, als Sie es vorgesehen haben. An anderen Knotenpunkten gibt es auch zu wenig Platz für Fahrräder, und von Verkehrssicherheit für Radfahrer und der Etablierung eines Netzes aus Fahrradstraßen und Radschnellwegen sind Sie ähnlich weit entfernt. Aktuell formiert sich da auch mal wieder Widerstand gegen den Senat auf der Straße: Mit dem Volksentscheid „Fahrrad“ sollen diese Missstände behoben werden. Wir Grüne brauchen dafür kein Volksgesetz. Wir fordern schon lange endlich eine angemessene Förderung der Berliner Radfahrer und schlagen eine Verdreifachung der Haushaltsmittel für diese emissionsfreie Mobilität vor.
Die Berliner Luft kann und muss besser werden! Mit einem vorbildlichen Fuhrpark, mit mehr Bus, Bahn und Co., mehr Investitionen für den Radverkehr, einer Stärkung der Umweltzone und, und, und. Es ist eine Frage des politischen Willens. Wir haben zehn Punkte vorgeschlagen. Die Kosten sind überschaubar. Die Wirkung wäre enorm. Die Menschen in Berlin haben ein Recht auf saubere und gesunde Luft überall in unserer Stadt.
Wie bewerten Sie es, dass in der aktuellen Liste, nach der die Senatorenfahrzeuge beschafft werden, weiterhin keine reinen Elektrofahrzeuge sind, sondern maximal hybride und ansonsten Dieselfahrzeuge? Glauben Sie, dass man diese 0,6 Prozent an Elektrofahrzeugen, die der Berliner Fuhrpark insgesamt ausweist, so verändern kann? Und sind Sie auch für ein Diesel-Moratorium im Berliner Fuhrpark?
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Berlin wächst. Diese Erkenntnis teilen wir, glaube ich, alle miteinander.
Aber die Frage ist doch: Welche Richtung geben wir da als Politik vor? Da muss ich ganz klar mit Blick auf das Umweltkapitel im Haushalt entgegen meiner Vorrednerin Ellen Haußdörfer sagen: Mit Ihnen wächst Berlin leider grau. Sie haben keine Vision, wie eine Millionenmetropole in diesen Zeiten des Klimawandels agieren sollte. Sie verschärfen den umweltpolitischen Reformstau in dieser Stadt, und Ihre Bilanz zeigt das leider ganz klar. Da entstehen ein Bonsai-Stadtwerk, ein dickes Minus beim Straßenbaumbestand, graue Dächer, eine verdreckte
(Ellen Haußdörfer)
Spree. Die Liste lässt sich noch ewig weiterführen. Ich gehe gleich auch noch weiter darauf ein.
Wir haben als Fraktion in den Haushaltsverhandlungen deutlich gemacht, wo grün und nachhaltig für den Erhalt der Lebensqualität und für gute Arbeitsplätze investiert werden muss. Wir haben die Alternativen aufgezeigt, damit die Zukunft dieser Stadt grün und lebenswert, statt grau und öde ist. Sie haben das leider alles abgelehnt.
Aktuell trifft sich in Paris die UN-Klimakonferenz. Metropolen wie Berlin sollten da eigentlich eine wichtige Rolle spielen. Hier wird viel Energie verbraucht. Hier muss neue Energie an die Menschen gebracht werden.
Deshalb hat auch die Enquete-Kommission Neue Energie für Berlin einstimmig vorgeschlagen, das Stadtwerk endlich handlungsfähig zu machen. Unseren Antrag auf 20 Millionen Euro Kapitalausstattung haben Sie aber leider abgelehnt. Das Stadtwerk bleibt auf BonsaiNiveau. Damit verpasst Berlin seine Chance, eine aktive Rolle im Klimaschutz einzunehmen. Darüber kann dann auch der Paris-Ausflug von Michael Müller und Christian Gaebler Anfang der Woche zur Klimakonferenz nicht hinwegtäuschen.
Der Klimawandel macht sich auch schon heute bemerkbar. Berlin ist eine Hitzeinsel. Gerade in den Innenstadtbezirken, wo es an Parks und Grünflächen fehlt, ist es am extremsten. Gerade dort leben aber auch häufig Menschen mit geringem Einkommen und Migrationshintergrund. Wir wollen deshalb mit 4 Millionen Euro jährlich dort Grünoasen entstehen lassen, wo bisher Beton, Asphalt oder Brachflächen dominieren. Das wäre ein wichtiger Beitrag für Umweltgerechtigkeit in Berlin, den Sie leider abgelehnt haben.
Straßenbäume haben vielfältige Aufgaben. Sie sind Heimat von Vögeln und Insekten, sie kühlen die Stadt, und sie sorgen für saubere Luft. Grün statt Grau sorgt hier ganz konkret für mehr Lebensqualität. Hier haben Koalition und Senat ihre eigenen Versprechen gebrochen. Die versprochenen 10 000 zusätzlichen Straßenbäume sind immer noch nicht ausfinanziert und gepflanzt. Im Gegenteil, aktuell stehen sie bei minus 2 000 Straßenbäumen allein im Jahr 2014. Das ist doch kein Zustand.
Unser Wasser kommt aus den Wäldern. Deshalb ist nachhaltige Forstpolitik nicht nur ein wichtiger Beitrag für Biodiversität und Klimaschutz, sondern auch eine Investition für sauberes Trinkwasser.
Er möchte mich wahrscheinlich wieder fragen, ob ich einen Baum gespendet habe.
Ich interpretiere Ihre Frage, und deswegen habe ich mir das schon gedacht, dass Sie das wieder fragen, auch ein Stück weit als Offenbarungseid, dass Sie als Senat nicht in der Lage sind, diese 10 000 Bäume zu pflanzen, und dass Sie da auf uns Grüne angewiesen sind.
Wenn Sie nach Friedrichshain-Kreuzberg schauen, können Sie sehen, dass da sehr viele Nutzbäume gepflanzt werden, Birnbäume, Apfelbäume, und dass, wenn wir Grüne in der ganzen Stadt die Möglichkeit hätten, Bäume zu pflanzen, Berlin viel grüner und lebenswerter ausschauen würde als mit Ihnen, mit der SPD, mit der grauen Partei.
Ich würde aber gerne noch auf zwei andere Themen zu sprechen kommen. Unser Wasser kommt aus den Wäldern,
und deshalb ist nachhaltige Forstpolitik nicht nur ein wichtiger Beitrag für Biodiversität, sondern auch eine Investition für sauberes Trinkwasser. Dankenswerterweise hat Herr Geisel – das hat er vorhin auch erwähnt – den Vorschlag meines Kollegen Turgut Altug aus den letzten Haushaltsverhandlungen direkt aufgegriffen. Deswegen wurde das Mischwaldprogramm von Anfang an aufgestockt.
Noch mal das Thema Wasser: 50 Mal im Jahr fließt die Abwasserkanalisation durch Starkregen in Spree und Landwehrkanal. Die Folge sind Fischsterben und Fäkalien im Fluss, und jedes Jahr regen Sie sich wieder auf, wie schlimm das ist.
Jeder weiß, dass man das Problem nur mit dezentralen Regenwasseranlagen in den Griff bekommt. Wir sind als Grüne konzeptionell in Vorleistung getreten und haben ein Förderprogramm „1 000 Gründächer für Berlin“ vorgeschlagen.
Es hätte den Regen aus der Kanalisation rausgehalten und mehr Erholungsraum für die Menschen geschaffen. Doch was Hamburg, Stuttgart und München seit Jahrzehnten hinbekommen, das schafft Berlin wieder mal nicht. Das haben Sie abgelehnt und haben sich wieder einmal für Grau statt Grün entschieden. Das ist wirklich traurig.
Ich frage den Senat: Halten Sie den Termin des „Sulfatgipfels“ kommende Woche – wenn man der Brandenburger Zivilgesellschaft glauben darf – am 20. November deshalb geheim, weil Sie Angst haben, wieder am Land Brandenburg zu scheitern, wenn es um die Berliner Interessen geht? Es gibt bei Campact gerade eine Resolution, die bereits von 13 500 Menschen unterzeichnet wurde, keine neuen Tagebaue und qualitativ hochwertiges Trinkwasser ohne hohe Sulfatwerte zu bekommen.
Teilen Sie denn die allgemeine Einschätzung, dass ohne konkrete Sulfatgrenzwerte an der Einleitstelle der Ta
gebaue durch wasserrechtliche Genehmigungsbescheide wir hier in Berlin immer wieder steigende Sulfatanteile in der Spree, dem Uferfiltrat und im Grundwasser haben werden?
Vielen Dank! – Haben Sie denn mittlerweile den gesamten Berliner Fuhrpark auf mögliche Manipulationen an den Verbrennungsmotoren testen lassen? Bei meiner Anfrage vor acht Wochen war das leider noch nicht der Fall. Können Sie eine Zahl nennen, wie viele sonstige Fahrzeuge noch betroffen sind?
Das ist eine ganz kurze Nachfrage: Können Sie ein konkretes Datum nennen, bis wann Sie den avisierten Betreuungsschlüssel, der auch von der Bertelsmann-Stiftung empfohlen wird, erreichen?
Ich frage den Senat: Was hat sich im vergangenen Jahr geändert, dass das 20. Umweltfest erstmals in diesem Jahr nach 20 Jahren ein Sicherheitskonzept auf G-8Gipfel-Niveau vorlegen muss, das mindestens 70 000 Euro kosten wird und damit dazu führen wird, dass das Umweltfest als Höhepunkt der Fahrradsternfahrt in diesem Jahr, in drei Wochen, vor dem Aus steht?
Ich entnehme Ihrer Antwort, dass Sie dem Vorschlag, den die Grüne Liga als Sicherheitskonzept vorgestellt hat, das 20 000 Euro kosten würde und was für den Verband stemmbar wäre, dann entgegenkommen und dass damit das Umweltfest ermöglicht wird und nicht die Querelen, die das Land Berlin und der Bezirksstadtrat Carsten Spallek haben, auf dem Rücken von Umweltverbänden ausgetragen werden.
Vielen Dank! – Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Buchholz! Wir nehmen Sie sehr gern beim Wort, gemeinsam nach Alternativen zu suchen und gemeinsam das Hinterhofsystem im Osten der Stadt wieder einzuführen.
Denn Sie haben es eben selbst gesagt: Lauter Flaschen, so weit das Auge reicht!
Dieser Anblick bot sich den Menschen in den drei Bezirken Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und TreptowKöpenick, als sie an Weihnachten und Silvester versuchten, ihr Altglas zu den Containern im Hinterhof zu bringen. Denn zwischen den Jahren wurden im Osten der Stadt über 7 500 Hinterhoftonnen abgezogen, und die Leute wollten weiter trennen, standen dann im Hinterhof und wussten nicht, wohin mit ihrem Glas. Es ist ein
Schildbürgerstreich, möchte man meinen, ein seit über 20 Jahren etabliertes System genau dann abzuschaffen, wenn die Glasmenge am höchsten ist, und dann noch nicht einmal über Gründe und Alternativen zu informieren. Da ist das Chaos vorprogrammiert. So ein Chaos konterkariert den Anspruch Berlins, Trennstadt zu sein. Das kann doch wirklich nicht sein.
Nach diesem Chaos um die Jahreswende stehen wir jetzt erst mal vor einem Scherbenhaufen, und niemand will es gewesen sein. Wir hören jetzt in einer Rederunde – Herr Buchholz hat dazu gesprochen, auch Frau Platta, und wir werden das gleich noch vom Kollegen Freymark und von den Piraten hören –, dass das Berliner Modell – also die Hinterhoftonne – der richtige Weg für Berlin ist. Da frage ich mich: Warum wurden die abgezogenen Tonnen noch nicht wieder aufgestellt?
Vielleicht nachher! – Warum wurden denn in MarzahnHellersdorf, in Lichtenberg und in Treptow-Köpenick die abgezogenen Tonnen nicht wieder aufgestellt? Gibt es ein Tonnenabzugsmoratorium für die anderen Bezirke? Als nächstes schwebt nämlich über den Hinterhoftonnen von Spandau, Steglitz-Zehlendorf und CharlottenburgWilmersdorf dieses Damoklesschwert. Herr Müller! Herr Gaebler! Jetzt haben Sie die Chance, sich zu bekennen. Bekennen Sie sich zum Berliner Modell, und lassen Sie dem jetzt Taten folgen!
Ja, wir haben in Berlin ein Problem mit der Menge und der Qualität des Glases. Beides sollte in der Arbeitsgruppe Glas des Senats seit fast zwei Jahren besprochen werden. Das Ergebnis war dann aber, ohne Vorankündigung in tausenden Häusern die Weißglas- und Buntglastonnen abzuräumen – teilweise sogar ohne Ersatz durch Iglus im öffentlichen Straßenland. Und jetzt wundert man sich senatsseitig, dass es einen Aufschrei bei den Berlinerinnen und Berlinern gibt. Was jetzt mit den Glastonnen passiert ist, ist ein Paradebeispiel dafür, wie man Akzeptanz und Vertrauen bei den Menschen verspielt. Dabei ist gerade das die Basis, um mehr und besser zu sammeln.
(Daniel Buchholz)
Gestern im Ausschuss stand das Thema auf der Tagesordnung, und die Glasindustrie hat uns gesagt, dass sie jede weitere Tonne Glas braucht. Mit dem aktuellen Systemwechsel gehen unnötigerweise Rohstoffe verloren. Das kann man jetzt schon beobachten. Frau Platta hat es gezeigt. Die Leute stellen die Flaschen dorthin, wo früher die Tonne war. Die Flaschen landen in der Wertstoffsammlung und erschweren die Trennung, oder sie landen im Restmüll, und die Betriebskosten steigen. Wenn weniger Glas gesammelt wird, ist das schlecht für die Umwelt und schlecht für des Bürgers Geldbeutel. Da waren wir doch schon mal einen Schritt weiter.
Wir müssen die Rückmeldung der Glasindustrie ernst nehmen. Es macht ja keinen Sinn, nur zu sammeln um des Sammelns willen. Es ist glasklar: Die Qualität des gesammelten Glases in Berlin muss besser werden.
Aber das ist auch nicht erst seit gestern klar, was jetzt hier getan wird. Ein Problem sind die Fehlwürfe durch Keramik. Aber, Herr Gaebler, deswegen müssen Sie sich hier jetzt nicht wie ein Elefant im Porzellanladen aufführen und das bewährte System zerdeppern.
Es gibt bei der Glassammlung viele Stellschrauben – vom Bürger, der das Glas zu Hause trennt, über die Abholung der Tonnen, den Transport bis hin zum Umschlagplatz. Bei den Stellschrauben „Transport“ oder „Umschlagplatz“ kann man beispielsweise drehen, ohne gleich das bewährte Berliner Modell komplett infrage zu stellen.
Es ist mehr als kompliziert, hier eine Lösung zu finden, mit der man Menge und Qualität verbessert.
Nein, gestatte ich nicht! – Aber genau diese Fragestellung hätte ich mir für den Arbeitskreis Glas des Senats gewünscht. Dass sich jetzt aber das Duale System damit durchsetzen konnte, an der Stellschraube „Hinterhoftonne“ zu drehen, das ist wohl auch darauf zurückzuführen, dass der Senat das Thema verpennt hat.
Es gibt große Baustellen beim Glassammeln in Berlin. Wir müssen die Qualität verbessern. Wir müssen die gesammelte Menge steigern. Das können wir aber mit
dem Berliner Modell schaffen. Dafür brauchen wir keine Schnellschüsse à la Senat und Duales System. Es ist wichtig, gemeinsam nach alternativen Lösungen zu suchen. In diesem Sinne freue ich mich sehr, dass jetzt alle Fraktionen gemeinsam für den Umweltschutz in dieser Stadt streiten, und da nehmen wir die Koalitionsfraktionen sehr gern beim Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen, meine Herren! Herr Senator Müller! Fast 300 m lang, 120 m breit und knapp 5 m tief – das sind nicht die Maße des Stadtschlosses oder der Baugrube des Schlosses, nein,
das sind die Abmessungen für das Michael-MüllerGedächtnisbecken!
Wovon Klaus Wowereit mit seiner Bibliothek am alten Tempelhofer Flughafen noch träumt, das hat sich Senator Müller im Schnellverfahren selbst genehmigt: Sein Bauwerk für die Ewigkeit! Die 3 Hektar Land, die auf dem Tempelhofer Feld als „Regenwasserbecken“ zubetoniert werden, sind umweltpolitische Augenwischerei!
Das Michael-Müller-Gedächtnisbecken steht damit symbolisch für die Umweltpolitik der rot-schwarzen Koalition.
Mit Finanzmitteln für dezentrales Regenwassermanagement wird ein Betonklotz gebaut. Dieser wird dann noch als Ausgleichsfläche im Sinne des Naturschutzes etikettiert, obwohl durch den daneben aufgeschütteten Erdwall geschützte Vogelarten überbaggert und große Flächen versiegelt werden. Das Ganze kostet 11 Millionen Euro und 30 000 Euro pro Jahr an Unterhalt, aber wir sparen ja 300 000 Euro an den Regenwassergebühren ein. Ich sehe da ein dickes Minus unterm Strich, haushälterisch wie auch umweltpolitisch!
Die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie sollten eigentlich bis 2015 erreicht sein. Davon sind Sie jedoch weit entfernt. Mit Großprojekten allein werden Sie das Ziel auch nie erreichen. Deshalb sollte so viel Regenwasser wie möglich dem Kreislauf zurückgeführt werden. Das entlastet unsere Mischwasserkanalisation, und das führt zu einer Kühlung der Stadt, Stichwort Klimaanpassung. Doch leider haben Sie unseren Antrag zum innovativen dezentralen Regenwassermanagement abgelehnt. Über das Nachfolgeprogramm des UEP wird in diesem Haus überhaupt nicht gesprochen. Dabei wäre so ein Programm da bestens aufgehoben. Die 11 Millionen Euro, die in das Michael-Müller-Gedächtnisbecken fließen, könnte man dort äußerst sinnvoll verwenden,
zumindest sofern das Nachfolgeprogramm des Umweltentlastungsprogramms überhaupt noch Umweltschutz beinhalten wird.
Wir begrüßen, dass der passive Lärmschutz aufgestockt werden soll, das hat Herr Buchholz vorhin schon erwähnt. Aber grundsätzlich sollten Sie doch wirklich an die Lärmursachen ran, das haben wir auch im Ausschuss so besprochen! Denn da, wo Lärm ist, haben wir auch oft eine erhöhte Luftverschmutzung. Es bringt doch nichts, die Blechlawinen über Flüsterasphalt rollen zu lassen
(Daniel Buchholz)
oder die Leute hinter schalldichten Fenstern einzusperren, wenn die dann, wenn sie das Haus verlassen oder das Fenster öffnen, mit Stickoxiden und Feinstoff überzogen werden. Es ist ja schön, dass Sie so viele Lärmaktions- und Luftreinhaltepläne machen: Wenn Sie Ihre Pläne nicht umsetzen und die Verkehrswende in Berlin nicht endlich einläuten, wird sich im Umweltschutz nie etwas ändern!
Beim Naturschutz brilliert der Senat – aber leider nur mit Ankündigungspolitik. Finanziell untermauert ist das eben leider nicht. Wir haben mit Anträgen gezeigt, wie Ihre großen Versprechen wie z. B. die Umsetzung der Strategie Stadtlandschaft ausreichend finanziert werden könnten. Aber auch das haben Sie abgelehnt. Wie wollen Sie es denn schaffen, zusätzlich 10 000 Straßenbäume zu pflanzen, wenn Ihre aktuelle Baumbilanz in 2012 bei minus 1 000 liegt? Wie wollen Sie den Berliner Stadtkindern die Natur näherbringen, wenn Sie kein Geld in die Umweltbildung in Kitas und Schulen stecken? Die Natur schützt sich nicht selbst, da ist auch finanzieller Einsatz gefragt!
Lieber Senator Müller! Zu einer lebenswerten und zukunftsfähigen Stadt gehört zweifellos eine intakte Umwelt. Legen Sie endlich los! Treiben Sie eine ambitionierte Umweltpolitik für Berlin voran, Sie sind nicht nur Bausenator, Sie sind auch Umweltsenator! – Vielen Dank!
Ich habe eine Nachfrage: Angesichts der extremen Wetterereignisse sommers wie winters frage ich Sie, Herr Müller: Wie sieht in diesem Winter 2013/2014 Ihr Notfall
plan für den Winterdienst aus, damit vor allem die Gehwege nicht ungeräumt bleiben und Unfälle vermieden werden?