Andreas Bernig
Appearances
Last Statements
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie wir es auch eben wieder gehört haben, werden in der Auseinanderset zung über das Vergabegesetz immer wieder Schlagwörter ver wendet, die aus meiner Sicht den Blick auf den Kern des Gan zen verstellen. Da wird Verschiedenes in den Raum gestellt: Ein zu hoher Mindestlohn überfordere die Unternehmen, eine Mindestlohnuntergrenze, die von dem bundesweit geltenden Mindestlohn abweiche, führe zu mehr Bürokratie; oder aber die Beachtung der Tarifautonomie wird angemahnt. Dass es um die Verhinderung von Wettbewerbsverzerrung und Niedrig löhnen geht, sagt keiner.
Der Unternehmerverband schreibt in seiner Stellungnahme an den Ausschuss für Wirtschaft und Energie: Würde der branden burgische Landtag nun den Empfehlungen der unabhängigen Kommission folgen, wäre dies ein klarer Verstoß gegen den Koalitionsvertrag. - Weiter heißt es dort: Insofern ist aus Sicht der Wirtschaft zwingend darzulegen, welche Gründe es recht fertigen, über den gesetzlichen Mindestlohn des Bundes im Land Brandenburg hinauszugehen. - Da sind wir meiner Mei nung nach beim eigentlichen Kern des Brandenburgischen Ver gabegesetzes. Es geht nach dem Verständnis meiner Fraktion doch um Folgendes:
Sowohl im europäischen als auch im deutschen Vergaberecht werden soziale Aspekte inzwischen explizit als mögliche Zu schlagskriterien benannt. Im Rahmen der Europäischen Säule sozialer Rechte wird über die Einführung eines europäischen Mindestlohns diskutiert, der bei 60 % des Medians der jeweili gen Länder liegen soll. Das deutsche Vergaberecht ermächtigt die Bundesländer weitestgehend, soziale Vorschriften für die Ausführung öffentlicher Aufträge festzulegen. Die öffentliche Hand im Land Brandenburg kauft Leistungen ein und knüpft die Vergabe deshalb an bestimmte Bedingungen - in unserem konkreten Fall an eine vergabespezifische Mindestlohnunter grenze von 10,50 Euro. Warum machen wir das? Weil es aus unserer Sicht politisch gewollt sein muss, dass der Auftragneh mer seinen Beschäftigten einen anständigen Lohn zahlt, und weil das Land damit beispielgebend vorangeht, was nicht un wichtig ist, wenn zum Beispiel die Politik gegenüber der Wirt schaft die Forderung nach guter Arbeit und guten Löhnen er hebt.
Wenn unter dem Strich, Herr Homeyer, nur eine Arbeitneh merin bzw. ein Arbeitnehmer durch die neue Lohnuntergrenze von 10,50 Euro ab 1. Mai mehr in der Geldbörse hat, verstoße ich sehr gern gegen die Regelung des Koalitionsvertrages.
Und, meine Damen und Herren, wir synchronisieren, indem wir die Bundesregelung zur prozentualen Steigerung überneh men.
Ein weiteres Argument, welches im Zusammenhang mit einer Lohnuntergrenze auf Landesebene oftmals angeführt wird, lautet, es treffe überhaupt keine Arbeitnehmerinnen und Ar beitnehmer, weil die hier im Land schon alle mehr verdienen. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, da frage ich Sie: Was ist denn nun wahr? Bezahlen die Unternehmerinnen und Unternehmer bei öffentlichen Aufträgen heute schon alle mehr als das, was wir hier festschreiben wollen? Oder werden die Unternehmen tatsächlich mehr belastet, weil sie heute alle weniger bezahlen? Nur eins von beidem kann die Wahrheit sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Land Brandenburg bleibt bei einer Lohnuntergrenze von 10,50 Euro für die öffentliche Vergabe Vorreiter. Dies ist dringend notwendig, denn es ist ein Schritt in Richtung armutsfester und existenzsichernder Min destlöhne. Nach Berechnungen der Bundesregierung müsste der Mindestlohn mindestens 12,63 Euro in der Stunde betra gen, damit die Nettorente oberhalb der Grundsicherung liegt. Mit unseren 10,50 Euro zum 1. Mai 2019 und 10,68 Euro zum 1. Januar 2020 kommen wir dem Ziel eines armutsfesten Min destlohns auf Landesebene ein kleines Stück näher. Weitere Schritte, wie in unserem Entschließungsantrag beschrieben, müssen zeitnah erfolgen. Die Linksfraktion im Landtag Bran denburg sieht sich verpflichtet, schnellstmöglich einen Min destlohn durchzusetzen, der Lohn und Rente oberhalb der Ar mutsgrenze garantiert.
Die öffentliche Hand muss das Vergaberecht weiterhin nutzen, um die Rechte der Beschäftigten und gleichzeitig tarifliche Vereinbarungen zu stärken. Daran werden wir weiterarbeiten.
Die Bundesregierung hat einen Referentenentwurf eines Zehn ten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetz buch - Gesetz zur Schaffung neuer Teilhabechancen für Lang zeitarbeitslose auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt vorgelegt.
Ich frage die Landesregierung: Welche Verbesserungen bzw. Veränderungen strebt sie an?
Am 5. September 2017 kam es auf der A 2 zu dem bekannten tragischen Unfall bei einem Rettungseinsatz der freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde Kloster Lehnin. Zwei junge Feuer wehrleute verloren dabei ihr Leben. Das Feuerwehrfahrzeug erlitt dabei wahrscheinlich einen Totalschaden, sodass ein neu es beschafft werden muss. Die Gemeinde Kloster Lehnin kann das wirtschaftlich allein nicht leisten.
Ich frage die Landesregierung: Welche Möglichkeiten sieht sie, die Gemeinde bei der Neubeschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs - und dabei liegt die Betonung auf gleichwer tig - zu unterstützen?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir freuen uns alle über die gute Entwicklung des Arbeitsmarkts in den vergangenen Monaten. Ja, die gute Entwicklung eröffnet neue Chancen für die Brandenburgerinnen und Brandenburger. Sie stellt uns aber gleichzeitig auch vor neue Herausforderungen.
Bereits heute haben zahlreiche Betriebe große Probleme, Stel len zeitnah zu besetzen, beispielsweise im Gesundheits- und Sozialwesen, aber auch in der Gastronomie oder der Bauwirt schaft. Das Damoklesschwert der demografischen Entwick lung, des Fachkräftemangels begleitet uns in allen politischen Debatten. Laut Regionaldirektion Berlin-Brandenburg wird in den nächsten zehn Jahren mindestens jeder fünfte sozialversi cherungspflichtig Beschäftigte in Brandenburg aus Altersgrün den aus dem Erwerbsleben ausscheiden, das sind rund 180 000 Personen. In der Landtagssitzung im April haben wir auf An trag meiner Fraktion in der Aktuellen Stunde über die Situation in der Pflege diskutiert, die sich in einigen Regionen - und nicht nur im ländlichen Raum - zunehmend verschärft hat. An ders gesagt: Die derzeitige gute Statistik ist kein Ruhekissen.
Ich darf daran erinnern, dass die US-Investmentgruppe Center bridge nach Gutsherrenmanier entschieden hat, die Tramper Niederlassung des Windradherstellers Senvion zu schließen. Auch die geschrumpfte Belegschaft im Bahnwerk Eberswalde bangt immer noch um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze.
Langzeitarbeitslose - es wurde bereits gesagt - partizipieren nach wie vor nicht adäquat an der guten Entwicklung auf dem Ar beitsmarkt. Das Thema ist nicht neu, ich erinnere an unsere De batten um die Förderung von Sozialbetrieben. Seit Beginn der rot-roten Koalition suchen wir nach Wegen, um Langzeitarbeits losen eine Perspektive zu geben, denn gerade Familien und Al leinerziehende mit Kindern im SGB-II-Bezug sind von Armut betroffen und kommen ohne Hilfe aus der Notlage nicht heraus. Unsere Arbeitsministerin versucht hier mit Erfolg, unter Nut zung von ESF-Mitteln mit dem Programm Integrationsbeglei tung und der Förderung von Sozialbetrieben gegenzusteuern.
Aber ohne Unterstützung des Bundes werden wir hier keine nennenswerten Durchbrüche erreichen. Es ist schon bemerkens wert, dass der langjährige Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, kurz vor seiner Pensionierung für einen staatlich subventionierten Arbeitsmarkt plädiert. „‘Wir bezahlen ihnen Arbeit, statt ihnen Hartz IV und die Wohnkosten zu zah len.‘ Das werde nicht viel teurer.“ - wird Weise in der „Süddeut schen Zeitung“ vom 25. März 2017 zitiert. Ist das Altersweis heit, oder hat er die Finanzierungsmodelle der Linken für einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor studiert bzw. verin nerlicht? Ich sage nur das Stichwort: Passiv-Aktiv-Transfer.
Frau Schier, wir müssen daran erinnern: Es war der Bund, der den Eingliederungstitel ab 2011 erheblich gekürzt und somit einen wesentlichen Beitrag zur Verfestigung der Langzeitar beitslosigkeit geleistet hat.
Ein letztes einschränkendes Wort zur positiven Bilanz: Wir wissen, dass die offizielle Statistik der Bundesagentur für Ar beit Lücken hat. Arbeitslose, die krank sind, einen Ein-EuroJob haben oder an einer Weiterbildung teilnehmen, werden bereits seit Längerem nicht als arbeitslos gezählt. Viele der Arbeitslosen, die älter als 58 sind, erscheinen nicht in der offi ziellen Statistik. Auch wenn private Arbeitsvermittler tätig werden, zählt der von ihnen betreute Arbeitslose nicht mehr als arbeitslos, obwohl er keine Arbeit hat. Mehr Ehrlichkeit stünde der Bundesagentur hier gut zu Gesicht. Es macht kei nen Sinn, sich ständig in die Tasche zu lügen, obwohl man ja versucht, sich mit der Kategorie der Unterbeschäftigung her auszumogeln.
Wenn wir über Herausforderungen und das Thema Fachkräfte sicherung reden, dann steht für mich an erster Stelle gute Arbeit. Als rot-rote Koalition haben wir diesem Thema von Anfang an große Bedeutung beigemessen. Brandenburg war das erste Land in Ostdeutschland, das bereits im ersten Jahr - 2012 - ei nen vergabespezifischen Mindestlohn eingeführt hat. Zu Be ginn lag dieser bei 8 Euro, seit Oktober 2016 sind es 9 Euro. Damit hat das Land von seinen gesetzgeberischen Möglichkei ten Gebrauch gemacht und das, bevor der gesetzliche Mindest lohn eingeführt wurde.
Derzeit gibt es bereits die Forderung der Gewerkschaften, dass Berlin und Brandenburg ihre Vergabemindestlöhne als eigen ständige Lohnuntergrenzen beibehalten, die Höhe regelmäßig überprüfen und schnellstmöglich weiterentwickeln sollen. In der nächsten Beratung der Brandenburger Mindestlohnkom mission am 4. Juli werden die Gewerkschaftsmitglieder ihre Position deutlich machen. Angestrebt wird von den Gewerk schaften ein Mindestlohn in Höhe der untersten Vergütungs gruppe des Tarifvertrags ÖD.
Zum 1. Januar 2017 wurde der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro auf 8,84 Euro pro Stunde angehoben. Ich darf daran erinnern, dass die Einführung zum 1. Januar 2015 allen Unken rufen zum Trotz zu keinem rasanten Anstieg der Arbeitslosen zahlen geführt hat, im Gegenteil: In Brandenburg hat nach Aussage der Mindestlohnkommission des Bundes fast jeder vierte Beschäftigte vom Mindestlohn profitiert.
Bitte.
Wir haben gestern ja festgestellt, dass das ein arges Problem ist, und wir werden das in der parlamentarischen Befassung ausgiebig diskutieren und zusehen, dass wir eine gerechte Lö sung hinbekommen.
Wenn wir allerdings über gute Arbeit reden, müssen wir beden ken, dass wir hier über Lohnuntergrenzen reden, was im Be reich der im öffentlichen Dienst Beschäftigten nicht der Fall ist. Hier muss man ein bisschen auf die Relationen achten.
Wo war ich stehengeblieben? - Jeder vierte Beschäftigte hat vom Mindestlohn profitiert. Wir müssen aber auch feststellen, dass dieser Mindestlohn nach wie vor nicht vor Altersarmut schützt. Wissenschaftler, Wohlfahrtsverbände und Gewerk schaften haben festgestellt, dass mindestens ein Stundenlohn von 12 Euro notwendig ist, um nach 45 Arbeitsjahren eine Rente knapp über der Grundsicherung zu erhalten. Das bleibt eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft. Ich bin ge spannt, welche Konzepte die Kanzlerkandidaten zur Bundes tagswahl hier vorlegen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gute Arbeit ist aber mehr als anständige Bezahlung. Gute Arbeit heißt sichere Arbeitsplätze, vielfältige Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die Verein barkeit von Beruf und Familie, altersgerechte Arbeitsbedin gungen, ein betriebliches Gesundheitsmanagement, hohe Stan dards beim Arbeitsschutz und eine funktionierende Sozialpart nerschaft mit zukunftsfähigen Tarifverträgen. Auch das Stich wort Mitbestimmung in den Betrieben gehört dazu. Mit der Sozialpartnerrichtlinie unterstützt das Land Projekte in den Branchen Logistik, Metall und Elektro, Hotel und Gaststätten sowie Kunststoff und Chemie zur Erhöhung der Tarifbindung und zur Verbesserung der Mitbestimmung.
Vor gut einem Jahr, am 11. Mai 2016, hat der Landtag be schlossen, das „Bündnis für Gute Arbeit“ zu gründen, und fünf Handlungsschwerpunkte zur Förderung und Sicherung guter Arbeit festgelegt. Ich bin gespannt, wie die für Ende 2017 an gekündigte Halbzeitbilanz aussehen wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die größte Herausforderung ist, den Fachkräftebedarf der Zukunft decken zu können. Eine einfache Antwort darauf gibt es nicht. Wie zumeist ist ein Bün del von Maßnahmen und Strategien erforderlich. Der Vorsit zende der Geschäftsführung der Regionaldirektion BerlinBrandenburg der Bundesagentur für Arbeit, Bernd Becking, hat unlängst angekündigt, diese Zukunftsaufgabe jetzt in An griff zu nehmen. Er sieht sich dabei in voller Übereinstimmung mit der Landesregierung. Immerhin haben wir ein gemeinsa mes Arbeitsmarktpolitisches Programm. Es geht dabei nicht nur um den Verlust von Arbeitskräften, sondern auch darum, den Verlust an Erfahrungen auszugleichen. Für mich steht an erster Stelle die Durchsetzung des Prinzips „Gute Arbeit“, dar über habe ich bereits gesprochen.
Ergänzen möchte ich noch den Übergang von der Schule zum Beruf. Wir wollen allen jungen Menschen eine Perspektive ge ben und sie nicht zurücklassen. Für uns zählt jedes Kind und
jeder Jugendliche und daher müssen wir jedem nach seinen Kompetenzen ein Angebot unterbreiten.
Die entsprechenden Programme des Landes sind im Antrag zur Aktuellen Stunde genannt, wobei der Einrichtung lokaler Ko ordinierungsstellen an den OSZ ein besonderes Gewicht zu kommt.
Im Vordergrund aller Bemühungen sollten Angebote für Ju gendliche mit schlechten Startchancen stehen. Aber auch eine stärkere Förderung beruflicher Weiterbildung und Neuorientie rung ist notwendig.
Da meine Redezeit leider zu Ende ist, möchte ich abschließend nur noch sagen, dass auch das Bewerberpotenzial, das wir mit den Geflüchteten zu verzeichnen haben, nicht zu vernachlässi gen ist. Die Geschäftsstelle in Potsdam geht davon aus, dass das Potenzial in diesem Jahr um die 1 300 Fachkräfte beträgt. Das heißt, dort befinden sich bereits Jugendliche in der Ausbil dung oder in vorbereitenden Maßnahmen. Das ist ein wesentli ches Potenzial, auf das wir zurückgreifen können und müssen.
Frau Schier, zum Entschließungsantrag: Wir glauben, dass eine Koordinierungsstelle, die Staatskanzlei, ausreicht, um die Rückkehrerfrage zu koordinieren, da ist keine zusätzliche IMAG nötig. Ansonsten stimmt der Entschließungsantrag im Wesentlichen mit unserem überein, sodass ich vorschlage, dass Sie unserem Antrag zustimmen. - Danke.
Im Juli vergangenen Jahres hat der Landtag die Landesregie rung aufgefordert, ein Förderprogramm zur finanziellen Unter stützung von Sozialbetrieben zu entwickeln. Durch gezielte Förderung und Integration von Langzeitarbeitslosen im Rah men von sozialbetrieblichen Strukturen soll der Weg in regulä re Beschäftigung ermöglicht und damit ein Leben in Armut verhindert werden. Für die Finanzierung wurden im Haushalts planentwurf 2017/2018 entsprechende Gelder aus dem Europä ischen Sozialfonds eingeplant. Bisher fehlt die entsprechende Richtlinie zur Umsetzung des Beschlusses.
Ich frage die Landesregierung: Wie ist der aktuelle Erarbei tungsstand der Richtlinie?
Es geht um das Bundesarbeitsgerichtsurteil zum Mindestlohn. Die Anrechnung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld auf den ge setzlichen Mindestlohn ist rechtens, wenn damit 8,50 Euro Stundenlohn erreicht werden. Mit diesem Urteil wird eine Um gehungsstrategie bestätigt. Geklagt hatte eine Brandenburge rin, deren Grundlohn unter der Mindestlohngrenze liegt. Nur durch die Aufteilung der betrieblich vereinbarten Sonderzah lung auf 12 Monate hält der Arbeitgeber das Mindestlohnge setz ein. Das Urteil macht gleichzeitig auf eine Gesetzeslücke aufmerksam, die Gewerkschaften und Betroffene von Anfang an beklagten. Das Mindestlohngesetz muss nachgebessert und alle Ausnahmen müssen abgeschafft werden.
Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie die Auswir kungen des Gerichtsurteils?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolle ginnen und Kollegen! Werter Gast! Als ich gefragt wurde, ob ich im Petitionsausschuss mitarbeiten würde, wusste ich ei gentlich, worauf ich mich eingelassen hatte, weil ich in der ver gangenen Wahlperiode schon an einigen Sitzungen teilnehmen konnte. Aber Vertretung ist doch etwas anderes.
Das ist aber auch das Interessante am Petitionsausschuss: Ne ben den immer wiederkehrenden Problemen aus Bereichen wie Justizvollzug, Natur und Umwelt, Rechtspflege, Gnadenge suche, Schulwesen, Gebühren und Beiträge, Bauplanungs recht - um nur die ersten sechs von 40 verschiedenen Themen feldern zu nennen - kommen auch immer wieder neue und an dere Sachverhalte auf den Tisch. Sie sind durch die Verwaltung immer auf das Beste und Gründlichste vorbereitet, und als Be richterstatter und Mitglied des Ausschusses hat man jederzeit die Möglichkeit, Vorschläge zu unterbreiten. Dazu muss man allerdings die Berichtsvorlage und meist auch die Petition gele sen haben - und das macht ganz schön Arbeit.
Umso mehr freut man sich, wenn der eigene Vorschlag, doch noch mal den zuständigen Fachausschuss zu befragen, fruchtet und nach zähem Ringen der Verwaltungen und dem Hin- und Herschieben der Zuständigkeiten dann doch eine Entscheidung zustande kommt, sei es nur die gerechte Preisgestaltung des Essens in der Fachhochschule oder aber die Anrechnung von Vordienstzeiten auf die Pension. Hier haben Regierungsmit glieder und ihre Mitarbeiter reagiert.
Dann kommen die Fälle, die richtig wehtun: wenn sich ein äl teres Ehepaar kurz vor dem Ruhestand vermeintlich ein Wohn haus kauft, das sich dann als Ferienhaus herausstellt, in dem man nicht ständig wohnen darf. Obwohl sich alle Beteiligten mit der Schaffung von Übergangsregelungen fünf Jahre lang bemüht haben, den Flächennutzungsplan doch noch zu ändern, hat es nicht geklappt. Das ist bitter, nicht nur für die Betrof fenen, sondern auch für die Beteiligten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hatten vor Kurzem in un serer Bundestagsfraktion einen Erfahrungsaustausch von Mit gliedern der Petitionsausschüsse. Ich muss sagen, ich hätte nicht gedacht, dass es in der Bundesrepublik so viele Unter schiede gibt. Aber es ging natürlich runter wie Öl, als festge stellt wurde, dass die Brandenburger bei der Bearbeitung mit die Fleißigsten sind, besonders auch, weil jede Petition auf den Tisch kommt. Beim Bund gibt es bekanntlich - oder auch nicht bekannt - eine gewisse Vorauswahl. Hier gibt es zunächst eine Antwort der Verwaltung an den Petenten, und erst, wenn der nicht einverstanden ist, kommt der Petitionsausschuss ins Spiel. Allerdings muss man auch wissen, dass den Petitions ausschuss des Bundestages zwischen 16 000 bis 22 000 Petiti onen erreichen.
Deutlich wurde auch, dass in anderen Ländern Petitionen Ge genstand der politischen Konfrontationen und Auseinanderset zungen sind und Kampfabstimmungen erfolgen. Da lobe ich mir die sachbezogene Atmosphäre in unserem Petitionsaus schuss, wie sie hier schon geschildert wurde, wobei natürlich unterschiedliche politische Positionen deutlich werden, aber im Vordergrund die Hilfe für den Petenten steht und gegebe nenfalls auch klare Worte fallen, wo sie angebracht sind. Im merhin gibt es auch höchst unangenehme Zeitgenossen, um es diplomatisch auszudrücken.
Es gibt auch eine Menge Diskussionsbedarf in Deutschland, so zur Frage der Entwicklung bei öffentlichen Petitionen oder dem Umgang mit privaten Internetpetitionsplattformen wie change.org, petition24.de oder openpetition.de. Ich finde es richtig, dass wir als Petitionsausschuss zunächst der Verwal tung den Auftrag erteilt haben, zu prüfen, wie weiter mit elek tronischen Möglichkeiten des Einreichens und der Bearbeitung von Petitionen umzugehen ist, und bin gespannt auf das Ergeb nis.
Im letzten Bericht des Petitionsausschusses - vom 10.06.2014 - habe ich gelesen, dass sich die Neufassung des Petitionsge setzes des Landes Brandenburg, am 21. Dezember 2010 in Kraft getreten, nach Auffassung des Ausschusses bewährt hat, so auch die neu eingeführte Regelung zum Umgang mit Sam mel- und Massenpetitionen, die bei den Petenten auf Akzep tanz gestoßen sei. Das mag sein, aber üben müssen wir noch ein wenig, wie solche Petitionen öffentlichkeitswirksam entge gengenommen werden. Das dürfte in Zukunft eine Aufgabe des gesamten Ausschusses sein und nicht nur des Vorsitzen den. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde zunächst einmal das Geheimnis um den Gast auflösen. Das ist Leon Troche, Schüler der 10. Klasse. Ihm gefällt der Landtag so toll, dass er fast seine gesamte Freizeit hier verbringt.
Wir haben heute ein wichtiges Thema auf der Tagesordnung. Spätestens seit dem eindrucksvollen Film „Taste the Waste“ von 2011 ist es ins öffentliche Bewusstsein gerückt: Lebens mittelverschwendung ist ein ethisches, soziales, ökologisches und wirtschaftliches Problem. Es ist in den Ausschüssen und hier heute schon viel gesagt worden. Ich will das nicht alles wiederholen. Aber mit anderen Worten ausgesprochen, worauf Tina Fischer schon hingewiesen hat, möchte ich sagen, dass Schätzungen zufolge 30 % der weltweit verfügbaren landwirt schaftlichen Anbauflächen zur Produktion unnötig weggewor fener Lebensmittel genutzt werden.
Vor diesem Hintergrund bewegt sich unsere Diskussion über Ernährungssicherheit, Land Grabbing, Nutzungsintensivierung mit ihren ökologischen Folgen, Gentechnik usw. Der Umgang
mit Lebensmitteln ist eine Bewusstseinsfrage. Für die Genera tion, die die Hungerzeit der Nachkriegsperiode durchlebt hat, ist das Wegwerfen von Lebensmitteln bis heute oft undenkbar.
Die Wertschätzung von Lebensmitteln hat sich gewandelt. Wäh rend 1950 noch die Hälfte des Budgets eines durchschnittlichen Haushalts für Lebensmittel ausgegeben wurde, sind es heute un ter 10 %. Nun ist es zweifellos eine soziale Errungenschaft, dass Ernährung nicht mehr in dem Maße eine Geldfrage ist, wie das früher der Fall war. Aber der Lebensmittel-Billigmarkt, wie er vor allen Dingen von den Monopolisten im Lebensmittelhandel mit Dumpingangeboten auf Kosten der Erzeuger immer weiter geschürt wird, hat eben auch seine Schattenseiten.
Seit Oktober 2012 gab es im Deutschen Bundestag zwei Anträge mit dem Ziel, Lebensmittelverschwendung einzudämmen. Der Antrag von vier Fraktionen setzte auf Information und Diskussion, auf freiwillige Vereinbarungen mit der Wirtschaft zu bran chenspezifischen Zielmarken und zur Reduzierung des Lebens mittelabfalls. Das Ziel, bis 2020 die Entsorgung genusstaug licher Lebensmittel zu halbieren, wurde bekräftigt. Die Linke war in ihrem Antrag weiter gegangen, wollte mehr Verbindlich keit für den Handel, hier und da auch Vorgaben, beispielsweise zu Verpackungsgrößen, Sortimentsangeboten und Güteklassen, oder Regelungen, um die Verwertung ungenutzter Lebensmittel etwa über Tafeln zu erleichtern. Zu groß war damals die Skepsis, dass allein Information und Freiwilligkeit zum Ziel führen.
Was ist seitdem geschehen? Die Bundesregierung führt eine Informationskampagne „Zu gut für die Tonne“ durch. Das ist eine gute Sache und stößt offenbar auf viel Resonanz. Anderes ist nicht so gut gelaufen. So wurden die vom Bundestag beauf tragten freiwilligen Zielvereinbarungen mit der Wirtschaft - das zeigt eine Kleine Anfrage der Linken im Bundestag vom Oktober 2014 - nicht abgeschlossen. Man überlässt die Dinge dem Selbstlauf. Das böse Erwachen kommt wahrscheinlich, wenn neuere Zahlen zur Lebensmittelverschwendung vorge legt werden.
Ich freue mich sehr, dass wir nach der Anhörung im Fachaus schuss fraktionsübergreifend zu einem Ergebnis gekommen sind, denn nicht alle Vorschläge im ursprünglichen CDU-An trag waren sinnvoll. Es wäre nicht zielführend gewesen, auf Landesebene mit den Akteuren der Wertschöpfungskette - da runter auch bundesweit agierende Handelskonzerne - regionale Lösungsvorschläge auszuarbeiten. Denn es macht doch wohl wenig Sinn, in 16 Bundesländern 16 verschiedene Strategien für ein bundesweites Problem zu entwickeln.
Inzwischen hat sich die Verbraucherschutzkonferenz noch ein mal für die Erarbeitung einer bundesweiten Strategie gegen Lebensmittelverschwendung eingesetzt. Das ist der richtige Weg. Im Land tun wir das, was auf Landesebene zu tun ist. Dazu gilt es, die verbraucherpolitische Strategie zu erweitern und schon jetzt das Thema der Verbraucherbildung innerhalb und außerhalb der Schulen stärker zu berücksichtigen. Insofern ist Ihr Vorschlag, Herr Vida, in unserem Beschluss aufgegan gen. Ich glaube auch, dass die Frage des Umgangs mit Lebens mitteln ein viel breiteres Band ist, als dass man sie nur im Fach LER behandelt. Das gehört auch in den Unterricht von WAT und in die Politische Bildung. Wir möchten etwas gegen Le bensmittelverluste in der Schulverpflegung tun und dafür das Know-how der damit Befassten nutzen.
Letztlich müssen alle Maßnahmen auf Bundes- und Landese bene darauf abzielen, einerseits die Rahmenbedingungen für die Reduzierung von Lebensmittelverlusten in Produktion, Verarbeitung und Handel zu verbessern und andererseits das Bewusstsein für einen sparsameren Umgang mit Lebensmitteln bei den Verbraucherinnen und Verbrauchen zu fördern. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vor dem Hintergrund der langanhaltenden Tarifkonflikte im Schienen- und Luftverkehr, der Postangestellten, der Kita-Er zieherinnen und -Erzieher sowie angesichts wachsender Pro teste der Pflegekräfte hat der Freistaat Bayern noch vor der Sommerpause den Entwurf einer Entschließung in den Bun desrat eingebracht, in der die Einschränkung des Streikrechts im Bereich der Daseinsvorsorge gefordert wird. Der Antrag ist in die Ausschüsse verwiesen worden. Mit dem Antrag soll das Streikrecht für große Teile des öffentlichen Sektors beschränkt werden. Beschäftigte in öffentlichen Einrichtungen und in Be trieben der Daseinsvorsorge sollen danach künftig nur noch streiken dürfen, wenn „die Tarifparteien vor einem Tarifkon flikt eine Notdienstvereinbarung treffen und einen konkreten Streikfahrplan vorlegen“. Das wäre ein gravierender Eingriff in die Tarifautonomie.
Ich frage deshalb die Landesregierung: Wie bewertet sie den Antrag der Bayerischen Staatsregierung?