Gerlinde Stobrawa
Appearances
Last Statements
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Dr. Klocksin, glücklicherweise ist es so, dass die einbringende Fraktion immer das letzte Wort hat. Ich möchte das letzte Wort dazu nutzen, Ihnen zu sagen: Wir haben die Aktuelle Stunde bewusst mit „Konsequent sozial“ betitelt. Ich gehe davon aus, dass Sie zuhörten, als meine Kollegin Kerstin Kaiser gesprochen hat. Wir haben die Forderungen benannt, die unter dieser Überschrift nachzulesen sind: Wir wollen ein erweitertes Konjunkturprogramm, eine strengere Regulierung der Finanzmärkte und eine gerechtere Verteilung des Reichtums. Wir wollen höhere Löhne und sichere Renten, und wir wollen vor allen Dingen, dass die sozialen Grundrechte in Europa den Vorrang haben. Das ist für uns konsequent sozial.
Ich merke immer wieder, sehr verehrte Kollegen hauptsächlich der SPD, dass unsere Lieblingsthemen inzwischen auch zu Ihren Lieblingsthemen geworden sind. Insofern gibt es hier und da Übereinstimmungen. Aber es gibt natürlich auch Differenzen, zum Beispiel bei der Bewertung der Euroregion. Lieber Herr Dr. Klocksin, es ist nicht so, dass wir den Finger in die falsche Richtung strecken und sagen, die Schuld liege hinter unserer Grenze, sondern wir wollen die Verantwortung der Landesregierung hier in Potsdam nachgewiesen haben. Wir wollen wissen, was falsch gelaufen ist, dass in der Euroregion Spree-Neiße-Bober und Pro Europa Viadrina bis heute kein einziger Cent geflossen ist, obwohl es vonseiten der EU vor 14 Monaten ein Ja zum Operationellen Programm gab. Das muss einer Oppositionsfraktion erlaubt sein.
Bürgerbeteiligung ist für uns ein hohes Gut. Lieber Dr. Klocksin, liebe Frau Richstein, das wissen sicherlich auch Sie: Wir sind diejenigen, die von Anfang an Folgendes gefordert haben: Wenn es einen EU-Verfassungsvertrag geben wird, dann sollte er mit den Menschen in der EU besprochen werden.
Deshalb war von Anfang an ein Referendum unsere eindeutige Forderung. Das haben die Herrschenden in der EU und auch in den Nationalstaaten nicht gewollt. Wir sind generell gegen einen EU-Vertrag, der neben vielen positiven Dingen eben auch Dinge beinhaltet, mit denen auch ich mich nicht identifizieren kann. Ich bin dafür, dass es ein friedliches Europa wird.
Für mich ist unklar, warum von einer „Aufrüstungsmaschinerie“ gesprochen wird. Ich bin dafür, dass es ein soziales Europa wird. Deshalb kann ich nicht verstehen, dass im Vertrag der Neoliberalismus festgeschrieben ist usw.
Sie, Herr Dr. Klocksin und Frau Richstein, haben positive Seiten aufgezeigt. Ich sehe eben auch negative Seiten. Deshalb muss es mir erlaubt sein, diesbezüglich eine andere Meinung zu haben.
Herr Staatssekretär Appel, an Sie gerichtet möchte ich sagen: Es geht uns nicht darum, das Thema EU herunterzureden. Wir als Fraktion in diesem Hause können voller Stolz sagen: Wir haben uns über die Jahre europafähig gemacht, und zwar mit allen Schmerzen, die so etwas mit sich bringt. Wir haben uns europafähig gemacht, indem wir zum Beispiel jedes Jahr nach Brüssel gefahren sind, weil wir mitbekommen haben, dass wir von den Beamten in der Europäischen Kommission häufig konkretere Antworten auf unsere Fragen bekommen haben, als wir sie von der Landesregierung bekommen.
Seit Jahren fordern wir, dass Sie es endlich schaffen, den § 94 der Brandenburger Landesverfassung auszufüllen, und zwar in dem Sinne, dass Sie sich verpflichtet fühlen, dem Landtag die Informationen zukommen zu lassen, die ihm gebühren. Wir als Landtagsabgeordnete wollen auch Multiplikatoren sein, und zwar auch, wenn es um EU-Politik geht.
- Das kann doch die Landesregierung vorher sortieren, Herr Bischoff. - Wir wollen informiert werden, wir wollen nach Möglichkeit auch als Multiplikatoren auftreten. In diesem Sinne haben wir bisher auch gewirkt.
Insofern kann ich völlig zu Recht sagen: Liebe Bürgerinnen und Bürger! Auch ich rufe Sie auf, am 7. Juni zur Wahl zu gehen. Wählen Sie die Partei, bei der Sie Ihre Interessen am besten aufgehoben sehen. Nutzen Sie Ihre Wahlchance! - Danke
Die Euroregion „Spree-Neiße-Bober“ steht - wie der Präsident dieser Kommunalgemeinschaft am vergangenen Freitag mitteilte - vor der Zwangsauflösung. Dass die Übernahme der Verantwortung für das grenzüberschreitende Programm Brandenburg - Lubuskie 2007 bis 2013 durch die Republik Polen eine große Herausforderung für unsere Partner sein würde, war allen klar, den Polen ebenso wie uns Brandenburgern. Dennoch Sie erinnern sich sicherlich alle - haben wir diesen Schritt begrüßt; denn wir hofften darauf, dass die Brandenburger Landesregierung ihre Erfahrungen mit den drei vorhergehenden Programmen nutzen würde, um mögliche Schwierigkeiten gemeinsam mit dem Nachbarn zu bewältigen. Nun aber ist der schlimmste aller Fälle eingetreten: Seit Mitte vergangenen Jahres erhält die Euroregion keine Gelder mehr für die Unterhaltung ihrer Geschäftsstelle, ganz zu schweigen davon, dass bisher kein einziger Euro für konkrete deutsch-polnische Projekte aus dem Programm für die Jahre 2007 bis 2013 geflossen ist.
Ich frage die Landesregierung: Welche Schritte hat sie eingeleitet, um die Zwangsauflösung der Euroregion SpreeNeiße-Bober nach 16 Jahren erfolgreicher Arbeit für die Annäherung und Verständigung zwischen Deutschen und Polen abzuwenden?
Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, dass das Geld, das Sie zur Verfügung stellen würden, sozusagen wie eine Bürgschaft für diese Euroregion wirken kann, dass es also in diesem Falle nicht zu einer Zwangsauflösung kommen muss, weil sie zahlungsunfähig wäre?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dienstleistungsstube und Scout - das sind Begriffe im Zusammenhang mit diesem Gesetz, das zunächst einmal wirken muss, und zwar unter dem Blickwinkel, dass ich noch nicht so recht weiß, ob wir, Herr Minister, eher von Chancen oder eher von Risiken sprechen sollten; denn ich hatte, als ich Ihren Gesetzentwurf las, den Eindruck, dass Sie damit jungfräulich und unschuldig daherkommen. Unter anderem wird im Titel nicht einmal erwähnt, dass es um die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie geht. Ich weiß nicht recht, ob das Absicht oder ein Versehen war, ob Sie uns und der Öffentlichkeit damit möglicherweise vorgaukeln wollen, dass hier nur ein Gesetz zur technischen Umsetzung von irgendetwas, was in Brüssel ohnehin bereits beschlossen ist, lediglich der Beschlussfassung bedarf.
Ich erinnere mich noch sehr gut an den tausendfachen Protest gegen die Bolkestein-Richtlinie - also die EU-Dienstleistungsrichtlinie -, den vor allem Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, aber auch Nichtorganisierte vor Jahr und Tag lautstark vor und in das Europäische Parlament trugen.
Ich habe auch den Widerstand aus den Reihen des Europaparlaments - parteiübergreifend wohlgemerkt - und die Mahnung zahlreicher Abgeordneter nicht vergessen, die damals vor den Gefahren des ursprünglichen Ansatzes des Herrn Bolkestein und insbesondere vor dem Herkunftslandprinzip warnten. Ich habe die Warnung vor der neoliberalen Grundrichtung dieser Richtlinie nicht vergessen und auch nicht die Warnung vor den Gefahren, die von der beschlossenen Fassung der Dienstleistungsrichtlinie für die öffentliche Daseinsvorsorge in Deutschland und anderen Mitgliedsstaaten ausgehen werden.
Das alles haben wir nicht vergessen; denn wir haben den Prozess in Brüssel, im Bundestag und im Landtag Brandenburg kritisch begleitet. Wir wurden dafür nicht nur von der CDU-Fraktion, sondern auch von den Sozialdemokraten hart gescholten. Als der erste Antrag meiner Fraktion zu diesem Thema im Jahr 2005 hier zur Diskussion stand - er trug den Titel „Sozial statt marktradikal - Diese EU-Richtlinie muss verhindert werden!“ - hieß es, die PDS habe in ihrem Antrag nur fundamentale Positionen aneinandergereiht. Der damalige Europaausschussvorsitzende erklärte:
„Nach der Liberalisierung der Produkt- und Kapitalströme brauchen wir auch eine Liberalisierung des europaweiten freien Handels mit Dienstleistungen. Ohne dies werden wir den Lissabon-Prozess nicht zum Erfolg führen.“
Als die Diskussionen im Europäischen Parlament ihren Höhepunkt erreichten, griff die sozialdemokratische Berichterstatterin Frau Gebhardt viele Argumente der damaligen PDS auf. Das Herkunftslandprinzip war damals die zentrale Frage. Der Begriff wurde aus der Richtlinie gestrichen, die Bedenken aber blieben, und zwar nicht nur bei den Linken.
Knapp zwei Monate vor der Wahl stehen nun in Brandenburg und anderen Bundesländern die Umsetzungsgesetze zur Diskussion. Da sollte diese Vorgeschichte nicht in Vergessenheit geraten, zumal wir jetzt aus berufenem Munde Folgendes hören, dass seit den 90er Jahren der marktliberale Geist in die EU-Kommission und die nationalen Regierungen gezogen sei. - Zitat:
„Deregulierung lautet seitdem die Devise. Statt sozialer Stabilität als Zielsetzung bestimmen Deregulierungsstrategien und Profitmehrung die Gestaltung des Binnenmarktes. Die Konservativen und die Marktliberalen in Europa behaupten, dass Sozial- und Umweltstandards Wachstum hemmen, weniger Lohn, längere Arbeitszeit und keine Mitbestimmung es fördern.“
Es waren eben nicht nur die Konservativen und Marktliberalen - wie Martin Schulz, der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament, in der jüngsten Nummer der Brandenburger „Perspektive 21“ behauptet -, die die neoliberale, die öffentliche Daseinsvorsorge gefährdende Dienstleistungsrichtlinie auf den Weg gebracht haben.
Es war auch die SPD-Fraktion im Europäischen Parlament, mit tatkräftiger Unterstützung ihrer Parteifreunde im Bundestag wie auch hier im Brandenburger Landtag; ganz zu schweigen davon, dass wir ab 1998 - als die neoliberale Politik in Europa nach der Auffassung von Martin Schulz begann - über sieben Jahre lang eine rot-grüne Bundesregierung sowie zwei Kommissare in der EU-Kommission hatten, die ein SPD- bzw. grünes Parteibuch ihr Eigen nannten. Man sollte bei der Wahrheit bleiben. Die Wählerinnen und Wähler haben ein gutes Gedächtnis, werte Kollegen. Ich habe den Hergang deshalb noch einmal aufgegriffen, weil ich davon ausgehe, dass auch die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise nicht wie eine Naturkatastrophe über uns gekommen ist, sondern eben auch politische Wurzeln hat.
Wenn die Sozialdemokraten 2006 ihre Entscheidung zur Dienstleistungsrichtlinie an einem sozialen Europa ausgerichtet hätten, wie sie heute vorgeben, dann hätte es diese Dienstleistungsrichtlinie nicht gegeben. Das ist die Wahrheit, und das muss man in aller Deutlichkeit sagen können. Was haben Sie uns damals alles vorgeworfen: wilde Spekulationen und Panik
mache. Das war noch das Geringste, was mir Kollege Bochow - er ist leider heute nicht hier - damals zum Vorwurf gemacht hat. Er berief sich darauf, dass er nicht in die Zukunft schauen könne. Das kann ich auch nicht. Aber diese Zukunft, von der er damals sprach, ist heute die Gegenwart: Wir haben eine weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise. Und die hat ihre Ursachen nicht nur bei einigen wild gewordenen Bankern, die alles Maß vergaßen, nur um noch mehr Profit zu erlangen. Diese Krise hat ihre Ursachen auch in dem Unvermögen der Politik, im Interesse der Allgemeinheit, der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung, das Kapital in seine Schranken zu weisen.
Die europäische Dienstleistungsrichtlinie - deshalb sage ich das alles - sehe ich als Teil dieses gescheiterten Systems an, wohl wissend, dass jetzt umgesetzt werden muss, was beschlossen worden ist. Solange der Europäische Rat, die Europäische Kommission und die Mehrheit im Europäischen Parlament der Auffassung ist, zur Lissabon-Strategie gäbe es auch in diesen Zeiten keine Alternative - das haben wir ja gerade wieder vom Brüsseler Ratsgipfel vernommen -, besteht für meine Fraktion, für meine Partei kein Grund zur Entwarnung in Sachen Dienstleistungsrichtlinie. Wir haben im Jahr 2007 - nach Beschlussfassung dieser Richtlinie - unsere Maßstäbe formuliert, anhand derer wir den vorliegenden Gesetzentwurf nicht nur hier und heute, sondern auch in der vorgesehenen Anhörung prüfen wollen.
Worum geht es uns? Uns geht es um die Auswirkungen auf die Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge. Herr Minister, Sie sprachen davon. Wir wollen auch überprüfen, welche Auswirkungen das ganz allgemein auf die Kommunen hat. Wir wollen natürlich auch wissen, welche Auswirkungen das alles auf die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die im Moment - weiß Gott - ganz andere Probleme zu stemmen haben, hat. Was kommt da auf jeden Einzelnen zu? Wir wollen natürlich auch ganz konkrete Aussagen zu den Sozial-, Arbeits- und Umweltstandards haben.
Nun erzählen Sie uns bitte nicht, diese Fragen seien schon abschließend geklärt. Dies ist in meinen Augen ein Märchen, allerdings eines aus der Kategorie Gruselmärchen. Der zwischen den beiden großen Fraktionen des Europäischen Parlaments ausgehandelte Kompromiss enthält noch eine Vielzahl schwammiger Formulierungen - darauf sind Sie eingegangen, Herr Minister, da beziehe ich mich wieder auf Sie -, die der schöpferischen Auslegung natürlich Tür und Tor öffnen. Das wissen Sie sehr genau. Ich bin der Meinung, dass diese Dienstleistungsstube von der Landesregierung noch etwas aufgeräumt werden sollte. Die Opposition wird helfend zur Seite stehen. Bei der Anhörung finden wir vielleicht noch mehr Helfer. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
„Die Vorteile einer globalisierten Welt in der europäischen Gesellschaft voll auszuschöpfen, das ist Sinn und Inhalt dieser Strategie. Vielfältige Sprachkenntnisse ermöglichen Kommunikation, gegenseitiges Verstehen und das Finden neuer Lösungen.“
So betonte kein Geringerer als Vizepräsident Günter Verheugen in der Europäischen Union, als das Strategiepapier „Mehrsprachigkeit plus zwei“ auf den Tisch gelegt wurde.
Wir beantragen nun, dass diese Mehrsprachigkeit „Muttersprache plus zwei“ in Brandenburg Realität werden soll. Die sprachliche Vielfalt - darin stimmen Sie sicherlich mit mir überein gehört zu den charakteristischen Merkmalen der Europäischen Union. Sie beeinflusst das soziale, kulturelle und berufliche Leben der Bürger wie auch die wirtschaftlichen und politischen Aktivitäten der Mitgliedsstaaten.
Wir müssen uns noch einmal vergegenwärtigen, dass ca. 500 Millionen Bürger der EU 23 Amtssprachen und 60 weitere Sprachen, die nur in bestimmten Regionen gesprochen werden, sprechen. Aber sie alle sind Bestandteil unseres gemeinsamen kulturellen Erbes. Diese große Palette wird durch die Sprachen und die Kulturen, die Zuwanderer mitbringen, erweitert.
Wie wichtig Sprachen für uns alle sind, das erleben wir sicherlich sehr unterschiedlich, aber doch eigentlich täglich, ob nun bei einer Touristenreise ins Ausland, für junge Leute bei einem lukrativen Job oder einem Studienangebot im Ausland oder auch ganz einfach bei einer interessanten Information im Internet, die möglicherweise in einer Sprache abgefasst ist, die man nicht versteht; sei es auch ein ausländischer Film, der nicht synchronisiert ist, oder, wenn man in Frankfurt (Oder) oder in der Nähe lebt, dass man mal zum Einkaufsbummel nach Slubice geht.
Sprachliche Vielfalt kann also eine Quelle des Gewinns und des Reichtums sein, sie kann aber auch Probleme aufwerfen. Es können Kommunikationsbarrieren zwischen Menschen aus verschiedenen Kulturen erhöht werden, es können soziale Trennlinien verschärft werden. Deshalb geht es uns darum, dass wir in Zukunft Wettbewerbsvorteile, die sich mit Mehrsprachigkeit
hauptsächlich für junge Leute ergeben, auch im Ausland nutzen können. Es geht uns aber auch darum, dass gerade die Verwaltungszusammenarbeit unseres Landes - das eine 250 km lange Grenze mit Polen hat, wo wir also in einer Grenzregion mit einer anderssprachigen Region zusammenleben - mit Polen intensiviert wird und damit die Zusammenarbeit zwischen Mitgliedsstaaten der EU effizienter wird.
Die große Herausforderung besteht gegenwärtig darin, die Hindernisse, die mit der Sprachenvielfalt verbunden sein können, für die EU-Bürger möglichst zu verringern und sie in die Lage zu versetzen, die Chancen, die die Mehrsprachigkeit bietet, zu nutzen. Deshalb hat die EU-Kommission eine Mitteilung herausgegeben, in der es heißt: Mehrsprachigkeit - Trumpfkarte Europas, aber auch gemeinsame Verpflichtung.
Wir wollen, indem wir Ihnen heute diesen Antrag vorlegen, erreichen, dass sich auch Brandenburg dieser Strategie anschließt, dass sich auch Brandenburg mit einem nachvollziehbaren Konzept dieser Strategie einordnet. Wir wollen, dass jeder eine Chance bekommt, entsprechend kommunizieren zu können, und wir wollen, dass jeder, der es möchte, Zugang zu angemessenem Sprachunterricht erhält. Wir gehen davon aus, dass damit die interkulturelle Kompetenz erhöht wird.
Wir wollen aber auch - wir wissen, dass das notwendig ist -, dass die Brandenburgerinnen und die Brandenburger für das Erlernen von Fremdsprachen sensibilisiert werden. Gerade in unserem Land geht es vorrangig um die Nachbarsprache Polnisch, es geht aber auch um die in Brandenburg gesprochene Minderheitensprache Niedersorbisch. Darüber hinaus gilt es, die notwenigen Rahmenbedingungen für die Vermittlung der Fremd-, Minderheiten- und Regionssprachen zu schaffen und hierfür auch Aus- und Weiterbildungsformen entsprechend zu nutzen.
Entgegen der heute früh in der Aktuellen Stunde geführten Diskussion stelle ich fest, dass in den demokratischen Parteien zu dieser Problematik Übereinstimmung, zumindest annähernde Übereinstimmung, herrscht. So werte ich auch den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, mit dem wir sehr gut leben können, Herr Senftleben und Frau Geywitz. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das sehen wir natürlich ein bisschen anders, als Frau Fischer es gerade dargestellt hat. Aber ich hatte während Ihrer Rede auch den Eindruck, dass ich als Oppositionspolitikerin nicht mehr an das Pult zu gehen brauchte; denn ähnliche Fragen, die wir der Landesregierung stellen wollen, interessieren auch uns.
Wir haben uns aber auch ein bisschen gewundert, als wir Ihren Antrag zur Kenntnis erhalten haben; denn wir kannten auch die Beschlüsse aus diesem Hohen Haus. So steht in einem Beschluss, dass die Landesregierung gebeten wird, dem Landtag
bis März 2008 einen Bericht über die Umsetzung der EUDienstleistungsrichtlinie vorzulegen. Wir haben im EU-Ausschuss am vergangenen Mittwoch erfahren, dass das noch nicht im März passieren wird, weil der Landtag im März keine Sitzungen durchführt. Demzufolge wird es im April kommen. Aber ich hatte mir schon damals gedacht: Vielleicht hätte die Koalition nicht nur bitten, sondern fordern sollen. Vielleicht wäre es dann möglich gewesen, von der Regierung schon eher etwas zu erfahren.
Fakt ist - ich sehe das genauso wie Sie, Frau Fischer: Es sind 14 von 36 Monaten vergangen, die die Mitgliedsstaaten aus Sicht der EU-Regierung Zeit hatten. Sie wissen auch: Wir können im Grunde genommen angesichts der bisherigen Erfolge nur mutmaßen, wann, vielleicht sogar ob die Bundesrepublik und ihre Partner diese Richtlinie umsetzen werden. Denn alles, was bis 2009 nicht umgesetzt ist, das wissen Sie, bleibt sozusagen im Bestand. Da ändert sich dann nichts.
Sie kennen unsere Position zur Dienstleistungsrichtlinie. Wir haben diese Richtlinie abgelehnt. Unsere Kritik war vor allem darin begründet, dass die Richtlinie auch in ihrer so gefeierten Kompromissvariante dem Dumpingwettbewerb bei Löhnen, Sozialstandards, Verbraucher-, Umweltschutzrecht, Qualität beim Haftungsrecht und in Bezug auf die rechtliche Sicherung für den Kunden den Weg bahnt.
Offensichtlich - den Eindruck hatten wir zumindest bei Ihrem Antrag - bewegt das auch die Koalitionsfraktionen; denn Sie verwenden in Ihrem Antrag den Begriff „Inländerdiskriminierung“ - ein wirklich schlimmer Begriff für Leute, die die europäische Integration befördern wollen und sollen.
Obwohl meine Fraktion diese Richtlinie ablehnt, haben wir großes Interesse daran, was die Landesregierung Brandenburgs in Umsetzung dieser Richtlinie tut, Herr Minister. Deshalb haben wir den Entschließungsantrag eingebracht, der sich nicht nur auf das Thema einheitliche Ansprechpartner bezieht - Frau Fischer, wie Sie das schon einmal zum Ausdruck brachten -, weil wir dachten, dass wir uns vorrangig nicht auf verwaltungsorganisatorische Fragen beschränken sollten, sondern die politischen Fragen der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie aufrufen sollten, nämlich den Schutz von Arbeitnehmern vor Lohn- und Sozialdumping und Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen, nämlich die Sicherung von Rahmenbedingungen für die öffentliche Daseinsvorsorge in der Bundesrepublik, eine erhebliche Beschleunigung der Normenprüfung und in diesem Zusammenhang Sicherung des Gesetzgebungsrechts des Parlaments, dieses Parlaments, sowie die umfassende Einbeziehung der Wirtschafts- und vor allem der Sozialpartner in den Prozess der Umsetzung der Richtlinie. Wir erwarten, dass sich die Regierung in ihrem Bericht an das Parlament neben den verwaltungstechnischen Angelegenheiten auch zu diesen Themen umfassend äußert.
Lassen Sie mich aber nun noch einen Gedanken äußern, der über die Umsetzung dieser Richtlinie hinausgeht, aber unmittelbar mit ihr zusammenhängt: Die EU-Dienstleistungsrichtlinie in ihrer geltenden Fassung hat die Gewerkschaften und die Träger der öffentlichen Wohlfahrtspflege nicht nur in Deutschland in der Sorge bestärkt, dass Strukturen des öffentlichen Dienstes und der Daseinsvorsorge zunehmend in den Strudel europäischer Liberalisierungsbestrebungen geraten könnten. Um dem entgegenzuwirken, wird die Diskussion über
einen Gemeinschaftsrahmen oder eine Rahmenrichtlinie zur Daseinsvorsorge neu entfacht. Lassen Sie uns im Zusammenhang mit der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie bitte auch diese inhaltlichen Positionen hier im Landtag und in den einzelnen Ausschüssen beraten. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass Sie von unserem Antrag zur Durchführung eines Volksentscheides über die Änderung der Europäischen Verträge nicht sonderlich überrascht sind. Die LINKE hat nicht nur im Landtag Brandenburg in dieser Richtung eine gewisse Traditionslinie aufgebaut.
Für uns ist die Aufforderung, ein Europa der Bürgerinnen und Bürger zu bauen, nicht nur eine Floskel, die man in selbstverordneten Denkpausen nach Referenden zum Verfassungsvertrag bemüht, um Bürger zu beruhigen. Es ist auch nicht nur eine Aufgabe für die Öffentlichkeitsarbeiter von Regierungen, so wichtig Kommunikationskonzepte auch sind. Wir haben insoweit keine andere Auffassung als die Landesregierung.
Für uns ist das Europa der Bürgerinnen und Bürger vor allem ein Auftrag an uns Politikerinnen und Politiker, in allen Mitgliedsstaaten und auf EU-Ebene Strukturen zu schaffen, die die Mitwirkung der Einzelnen an der Bestimmung der Ziele der Europäischen Union und an deren Umsetzung in den verschiedenen Politikbereichen ermöglichen. Nur so werden die Menschen - davon gehe ich ganz fest aus - die Europäische Union als etwas begreifen, was für ihr Leben sehr wichtig ist. Diesem Anspruch sollten wir alle uns stellen. Sie wissen: 2009 findet die nächste Europawahl statt. Ich rufe in Erinnerung, dass wir bei der Europawahl 2004 in unserem Land mit 26,9 % die bis dahin niedrigste Beteiligung zu verzeichnen hatten.
Mit dem Gipfel des Europäischen Rates Ende Juni 2007 wurde das Scheitern des Verfassungsvertrages festgestellt, und es ist ein Mandat für Verhandlungen über einen EU-Reformvertrag erteilt worden. Der im Ergebnis entstandene Vertrag zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft wurde dann am 13. Dezember 2007 in Lissabon von den Vertretern der 27 Mitgliedsstaaten unterzeichnet.
Die Art und Weise, wie dieser EU-Reformvertrag zustande gekommen ist, dokumentiert einmal mehr unsere Hauptkritik: Die EU ist weiterhin eine Veranstaltung von Eliten. Dieser Befund wird durch das neueste Eurobarometer bestätigt. Im Rahmen der aktuellen Befragung reagierten die Bürger wie folgt auf die Feststellung „Meine Stimme zählt in der Europäischen Union“: Sage und schreibe 61 % der Bürger in 27 Mitgliedsstaaten erklärten, die genannte Feststellung treffe auf sie nicht zu. In der Bundesrepublik insgesamt waren es 56 %, in Ostdeutschland sogar 69 %. Das sind erschreckende Ergebnisse, die uns zum Nachdenken zwingen sollten. Festzustellen ist, dass im Vergleich zur vorhergehenden Umfrage die bundesweite Prozentzahl noch um 5 % niedriger war, und das, obwohl Deutschland sechs Monate die Ratspräsidentschaft der EU innehatte.
Eine tiefgreifende Demokratisierung der Europäischen Union ist also zwingend notwendig. Institutionen und Entscheidungsprozesse müssen demokratischer, transparenter und unbürokratischer werden. Die Menschen sollten europäische Politik auf der europäischen Ebene und in ihren Heimatländern stärker mitgestalten können. Der Wahrnehmung des Rechts, das Europäische Parlament zu wählen, kommt dabei eine besondere Rolle zu.
Es geht aber um mehr. Landes- wie Kommunalpolitik stehen in
der Verantwortung, den Bürgern vorhandene Möglichkeiten der Einmischung in europäische Entscheidungen nahezubringen und sich zugleich für erweiterte Partizipationsmöglichkeiten in Brüssel, Berlin und Potsdam einzusetzen. Nur dann kann die EU auch weltweit die Forderung nach Demokratisierung des politischen und wirtschaftlichen Lebens erheben.
Trotz des Gesagten werden Sie von der SPD und der CDU uns wieder vorwerfen, wir forderten ein Referendum nur deshalb, weil unsere Partei gegen den vorliegenden Vertrag sei. Ja, es ist abzusehen, dass viele Mitglieder der LINKEN gegen den Vertrag von Lissabon votieren würden, wenn es denn eine Volksabstimmung in der Bundesrepublik geben würde. Der Grund dafür liegt aber vor allem in der fehlenden Zukunftsoffenheit der Änderungsverträge. Zukunftsoffenheit bedeutet für mich sicherlich auch für meine Partei -, dass ein solcher Vertrag Spielraum dafür bieten muss, über wechselnde politische Mehrheiten unterschiedliche politische Richtungen am öffentlichen Geschehen teilhaben zu lassen. Genau das ist aber mit den gegenwärtigen Verträgen nicht gegeben. Bei allen Verbesserungen, die wir nicht bestreiten wollen, sind wichtige Kernaussagen geblieben bzw. noch verstärkt worden, die die künftige EU-Politik nicht zukunftsoffen machen. Ich nenne als Beispiele nur die Untermauerung der starken Orientierung auf die Entwicklung der EU zur Freihandelszone, den Auftrag des Vertrages zur Aufrüstung in den Mitgliedsstaaten und die fehlenden Mitsprachemöglichkeiten der Menschen in den Mitgliedsstaaten.
Damit bin ich wieder bei meinem Ausgangspunkt. Es geht um die Gestaltung der europäischen Integration in den kommenden 10 bis 15 Jahren. Diese Frage sollte nicht in Parlamentssälen, sondern gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern in den Mitgliedsstaaten entschieden werden. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Richstein, Respekt für die Worte, die Sie gewählt haben. Man kann eigentlich nicht klarer und deutlicher zum Ausdruck bringen, was zu dem, was Sie, Herr Nonninger, hier geliefert haben, zu sagen ist.
Deutschfeindliche Positionen der polnischen Regierung? Ich glaube, Sie stellen nicht nur mit dieser Äußerung die Geschichte und die gegenwärtigen Aktionen und Reaktionen auf den
Kopf. Was den Raubzug an Eigentum - auch ein Wort aus Ihrer Rede - betrifft, so sollte man sich doch einmal anschauen, was der polnischen und der jüdischen Bevölkerung geraubt wurde, die nicht nur ihr Eigentum, sondern sehr häufig auch ihr Leben verloren hat.
Das alles muss man in diesen Geschichtskontext mit einordnen. Aber mir war, als ich das Thema der von Ihnen beantragten Aktuellen Stunde las, eigentlich schon klar, dass es hier nur um europafeindliche, gegen Polen gerichtete Positionen von Ihnen gehen kann. Hinter dem Titel der von Ihnen beantragten Aktuellen Stunde hat die DVU das verborgen, was sie eigentlich thematisieren will. Da ist von den „östlich der Oder gelegenen, zur Republik Polen gehörenden Regionen“ die Rede. Wenn Sie im Erdkundeunterricht etwas besser aufgepasst hätten und auf diesem Gebiet sicherer wären, dann wüssten Sie, dass auch etliche Städte und Dörfer westlich der Oder seit 1945 zu Polen gehören. Dies sind große Teile der Woiewodschaft Niederschlesien, mit der die Brandenburger nicht erst seit gestern freundschaftlich verbunden sind.
Es sind aber nicht nur die fehlenden geografischen Kenntnisse; Sie wollen auch nicht zur Kenntnis nehmen, dass die Oder-Neiße-Linie seit rund fünfeinhalb Jahrzehnten die Grenze zwischen der DDR und heute der Bundesrepublik Deutschland und Polen bildet. Wie Ihre Gesinnungsgenossen aus anderen rechtsradikalen und rechtsextremistischen Parteien stellen Sie diese Grenze immer wieder infrage. Ihr Antrag strotzt zudem nur so von Worten wie „historisch“ oder Wortverbindungen wie „durch die Geschichte belastet“. Für historische Sichten, wie sie die DVU in der Überschrift einfordert, sind Aktuelle Stunden in diesem Landtag eigentlich nicht geeignet. Das sagt ja schon der Name: Aktuelle Stunde.
Dennoch hat sich die DVU dazu entschlossen, und sie tut das, ohne Ross und Reiter zu nennen, nein, ganz im Gegenteil, sie tut es, indem sie eindeutig Geschichtsverfälschung betreibt. Sie blendet bewusst die Hauptbelastung aus, unter der diese zwischenstaatlichen Beziehungen bis heute leiden.
Zur Historie der deutsch-polnischen Beziehungen - das muss man eindeutig sagen können - gehört nicht nur die Mitwirkung Preußens an den polnischen Teilungen, die letztlich Polen für 120 Jahre von der Landkarte Europas tilgten. Die gravierendste historische Belastung der deutsch-polnischen Beziehungen ist bis heute, was Deutschland ab dem 1. September 1939, seit dem Überfall Deutschlands auf das freie Polen, Millionen Polen, Juden, Roma, Kaschuben und anderen polnischen Staatsbürgern angetan hat. Von der fast völligen Zerstörung Warschaus und der unzähligen Städte und Dörfer sowie von zerstörten Industrieanlagen und verwüsteten Feldern rede ich angesichts der Menschenopfer hier nicht. All das verschweigen Sie. Genau dies aber gehört dazu, wenn Sie über historisch belastete Beziehungen zwischen Polen und Deutschland reden wollen.
Die Polen mögen manches über die jetzige Regierung in Warschau denken und zum Teil auch unterschiedliche Positionen zu ihr haben; in einem sind sie sich aber mehrheitlich einig. Das ist die Ablehnung und die strikte Zurückweisung jedweder revanchistischer bzw. polenfeindlicher Forderungen oder Gebaren, seien sie nun von der Preußischen Treuhand oder auch von einer Bundestagsabgeordneten. Diese einheitliche Ablehnung, diese
Zurückweisung hat eine Ursache: Die Mehrheit der Polen kann und will nicht vergessen, dass unter deutscher Besatzung Millionen Juden, Millionen Polen ihr Leben verloren haben. Es wurde ihnen genommen. Das, glaube ich, ist etwas, was man hier immer wieder deutlich darstellen muss. Sie von der DVU sind hier der Brunnenvergifter in den deutsch-polnischen Beziehungen. Genau darauf zielen Sie heute ab.
Uns allen liegt ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis zwischen Brandenburg und Polen am Herzen. Sie wollen die gegenwärtig nicht gerade unkomplizierten zwischenstaatlichen Beziehungen für Ihre politischen Zwecke nutzen. Ich hoffe, dass Ihnen diese Schwarzmalerei, diese Geschichtsfälschung nicht gelingen wird und dass jeder, der offenen Auges sehen kann, die tatsächlichen Hintergründe besser beleuchtet, als Sie das hier getan haben.
Ich gehe davon aus, dass der Ministerpräsident, als er sich - aus unserer Sicht endlich - dafür ausgesprochen hat, die Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für Arbeitnehmer aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten in der Bundesrepublik zu prüfen, dies genauso ernst gemeint hat, wie er es gesagt hat.
Er tat dies unter Verweis auf die Notwendigkeit der Einführung von Mindestlöhnen, was auch im Interesse der Brandenburger Menschen liegt. Ich bitte Sie, sich das endlich hinter die Ohren zu schreiben. - Danke schön.
Herr Staatssekretär, könnten Sie die sinngemäße Formulierung, die künftige Präsenz Brandenburgs in Osteuropa werde im Mittelpunkt der Arbeit stehen, etwas konkreter definieren? Sie haben am Anfang davon gesprochen, dass es künftig eine Präsenz des Landes Brandenburg in den mittel- und osteuropäischen Ländern geben werde. In welcher Art und Weise wird das geschehen?
Der Ministerpräsident will sich konzentrieren, und zwar nicht im Allgemeinen, sondern auf die grenzüberschreitende Kooperation mit dem Nachbarn Polen und den anderen Ländern Ostund Mitteleuropas, und er will diese Kooperation auch ausbauen. Der Raum Berlin/Stettin/Breslau/Poznán könne „ein europäischer Zukunftsraum werden“, erklärte er. Es wäre sinnvoll, so seine Aussage, wenn Brandenburg, Berlin, Dresden und Schwerin an einem Strang ziehen könnten. In diesem Zusammenhang will der Ministerpräsident auch die - von der Landesregierung bisher abgelehnte - Eröffnung von Büros in Osteuropa prüfen lassen.
Die in Österreich gesammelten Erfahrungen dürften für die Landesregierung, wie zumindest ich annehme, nicht gerade neu sein; denn sie waren zum Beispiel vor einem Jahr Gegenstand einer international hochkarätigen Veranstaltung der Landesregierungen von Berlin und Brandenburg zur Diskussion des Entwurfs eines Leitbildes für die Region. Davor gab es etliche Auftragsstudien und wissenschaftliche Untersuchungen. Allgemein nachvollziehbare Schlussfolgerungen sind, wie ich das zumindest sehe, daraus bisher nicht gezogen worden.
Ich frage daher die Landesregierung: Was will sie im Verlaufe der nächsten zwölf Monate an konkreten Schritten einleiten, um die tragfähige Idee eines „europäischen Zukunftsraumes“ zwischen Berlin, Potsdam, Stettin, Poznán, Wroclaw und Dresden in reale Politik umzusetzen?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da wir uns in der Generaldebatte im Rahmen der 2. Lesung befinden, lassen Sie mich bitte auch ganz grundsätzlich anfangen.
Man staunt schon - das muss man sich ab und zu in Erinnerung rufen -, was in sieben Jahren Großer Koalition aus einer Landesregierung und den ihr „angeschlossenen“ Koalitionsfraktionen im Landtag geworden ist - nicht nur in Fragen der Europaund Entwicklungspolitik, über die ich schwerpunktmäßig sprechen möchte, aber eben auch in Fragen der Europa- und Entwicklungspolitik. Ich sage dies, ohne die Neunzigerjahre zu glorifizieren. Wir hatten auch damals, zu Zeiten von Manfred Stolpe und seiner SPD-Alleinregierung, genug Stoff für Kritik an der Praxis parlamentarischer Demokratie. Aber bis zum Sommer 1999 waren wichtige politische Debatten in diesem Hause noch möglich. Ich will nur an einige im ersten Halbjahr 1999 erinnern.
Damals legte uns die Landesregierung nach Aufforderung durch den Landtag einen Bericht über ihre Position zu den Zielen und Schwerpunkten der deutschen EU-Ratspräsidentschaft vor. Heute wird die Befassung mit der deutschen Ratspräsidentschaft von Ihnen - wir erlebten es in der letzten Landtagssitzung - für überflüssig erklärt, denn schließlich habe ja die Bundesregierung gemeinsam mit den Landesregierungen schon „weise Beschlüsse“ gefasst. Dabei legte die Regierung des Landes Brandenburg nach unserer Kenntnis aber erst in dieser Woche ihre Position fest. Auch hier also ein wenig verkehrte Welt. Es gibt einen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz, in dem angeblich die für das Land Brandenburg wichtigen Fragen im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft benannt werden. Er ist bereits im Juni 2006 gefasst worden. Wir sind, wie gesagt, nicht offiziell davon in Kenntnis
gesetzt worden. Ja, Herr Ministerpräsident, Sie haben es heute richtig bemerkt: Die EU spielt eine immer entscheidendere Rolle. In Ihrer Regierungserklärung legten Sie das dar. Oft aber - das muss man der Ehrlichkeit halber hinzusetzen - sind diese Entscheidungen durch Entscheidungen in den Ländern und im Bund vorab sozusagen auf den Weg gebracht worden. Deshalb liegt die Verantwortung für bestimmte Entscheidungen eben nicht nur in Brüssel, sondern hauptsächlich hier bei uns in Potsdam, im Land Brandenburg.
Damals, Anfang 1999, waren “Brandenburg und die Erweiterung der Europäischen Union“ oder „Die Mitverantwortung Brandenburgs für die friedliche und demokratische Entwicklung Europas“ Gegenstand nicht nur einer Aktuellen Stunde. Heute rümpfen Sie die Nase, wenn meine Fraktion den Europäischen Verfassungsvertrag oder die Entwürfe für die Dienstleistungsrichtlinie in ihrer Wirkung für eine friedliche und demokratische Entwicklung Europas zur Diskussion stellt.
Damals, kurz vor der Großen Koalition, debattierten wir auf Antrag der SPD-Fraktion über die Auswirkungen der europäischen Förderpolitik in Brandenburg, über Projekte und Maßnahmen zur Gestaltung des Strukturwandels. Heute, im Jahr 2006 - da meine ich nicht nur die gerade zu Ende gehende Haushaltsberatung für 2007 - haben die Vertreter die Koalitionsfraktionen zuweilen den Eindruck vermittelt, sie wüssten gar nicht so recht, wie EU-Förderpolitik buchstabiert werde, geschweige denn, dass man als Landtag der Regierung auch eigene Ansätze mit auf den Weg geben könnte.
Schließlich diskutierten wir damals auch auf Forderung des Landtages über entwicklungspolitische Leitlinien der Brandenburger Landesregierung, mit denen sich das Land zu einer aktiven entwicklungspolitischen Arbeit im In- wie im Ausland verpflichtete. Heute diskutieren Sie darüber, ob Brandenburg überhaupt noch für Entwicklungspolitik zuständig ist. Schlimmer noch, die CDU-Fraktion stellt fest: Entwicklungspolitik ist keine Landesaufgabe. - Ich habe im Koalitionsvertrag allerdings etwas anderes gelesen.
Armes Brandenburg - und das meine ich nicht fiskalisch. Wie geistig arm ist unsere Debatte hier geworden? Die Koalitionsfraktionen beschränken sich in den Haushaltsdebatten auf drei Aufgaben. Erstens: Die Kürzungen der Landesregierung werden verteidigt. Zweitens: Kleinere Fehler in deren Haushaltsentwurf werden, wenn es denn unbedingt sein muss, korrigiert. Drittens: Die Anträge der Opposition werden abgeblockt. Eine inhaltliche Debatte findet von Ihrer Seite her mit uns nicht mehr statt. Das finde ich bemerkenswert.
Zuweilen muss die Landesregierung sogar in die Bresche springen, wenn die Koalitionsfraktionen ihre vorgeblich eigenen Anträge nicht begründen können.
- Das ist so passiert, Herr Bischoff. Die Fraktion der Linkspartei. PDS wird Ihnen aber genau diese inhaltliche Debatte und unsere sachlichen Argumente an diesen drei Tagen nicht ersparen.
Damit komme ich zu den drei wesentlichen europa- und entwicklungspolitischen Anträgen, die wir in die Haushaltsberatungen eingebracht haben.
Erstens: Die Wiederaufnahme eines Titels zur entwicklungspolitischen Projektförderung. Sie können noch so oft behaupten, die Bundesländer hätten keine Zuständigkeit für Entwicklungspolitik. Selbst in Ihren Reihen gibt es Abgeordnete, Minister und Staatssekretäre, die das besser wissen und auch zum Ausdruck bringen. Die entwicklungspolitische Verantwortung auch der deutschen Länder ist in unterschiedlichen Gremien mehrfach bekräftigt worden.
Ist es für Sie nicht beschämend, wenn Ihnen ein politischer Beamter, wie in einer Sitzung des Europaausschusses geschehen, den Tipp gibt, als Gesetzgeber zu handeln und Geld für Entwicklungspolitik einzustellen, statt auf den Lottotopf der Landesregierung zu verweisen? Allein mit einer Schirmherrschaft bei den BREBIT durch den Bildungsminister wird ein auch für andere Länder mittlerweile anziehendes Modellprojekt kein Erfolg. Es bedarf dazu auch Geldes aus dem Landeshaushalt, wie auch das Ministerium von Heidemarie Wieczorek-Zeul meint. Wir sehen die SPD-Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hinter uns, wenn wir als Fraktion der Linkspartei.PDS heute den Antrag stellen, als Übergangsfinanzierung bis zur Sicherung einer stabilen Grundfinanzierung, zum Beispiel mittels einer Stiftung, wenigstens 50 000 Euro einzustellen.
Zweitens: Als wir vor einigen Monaten erstmals mit der Landesvorsitzenden der Deutschen Sinti und Roma in Berlin und Brandenburg, Frau Petra Rosenberg, sprachen, hätten wir uns nicht vorstellen können, dass die Mehrheiten in diesem Hause nicht bereit sein würden, 20 000 Euro zu den rund 80 000 Euro dazuzugeben, die Berlin bisher für die Landesgeschäftsstelle der Sinti und Roma für Berlin-Brandenburg ausgibt. 20 000 Euro haben wir für eine nicht nur in Berlin, sondern auch in Brandenburg lebende Volksgruppe beantragt, die durch europäisches und deutsches Recht als nationale Minderheit anerkannt und deshalb auch in Brandenburg besonders zu fördern ist. Die Angehörigen dieses Volkes leiden noch heute unter den Folgen des Holocaust. Hunderttausende sind in Gaskammern oder bei Massenerschießungen ermordet worden. Dennoch werden die Sinti und Roma noch heute diskriminiert, wie wir im Frühjahr durch Gerichtsprozesse um eine Veröffentlichung in der Zeitschrift „Kriminalist“ erneut erfahren mussten.
Dass hier angesetzt werden muss und verstärkt Beratungs- und auch Öffentlichkeitsarbeit notwendig ist, sollte selbstverständlich sein. Dass bisher niemand - weder in der Landesregierung noch im Landtag; ich schließe meine Fraktion explizit ein - aktiv geworden ist, ist skandalös. Auf keinen Fall darf dieser Fehler aber als Grund dafür herhalten, dass wir den Sinti und Roma in Berlin-Brandenburg die Förderung weiterhin verweigern. Springen Sie über Ihren Schatten, meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen. Es geht um Ausgaben weit unterhalb des Promillebereichs.
Drittens: Die Aufnahme eines Titels zur Förderung von europapolitischen Projekten. Wir haben versucht, dies im Haushaltsausschuss durchzusetzen. Ich nenne in diesem Zusammenhang zum wiederholten Male einfach nur die Fakten. Es gibt im Haushalt für den Europabereich eigentlich nur eine Sorte von Ausgaben, nämlich Personalkosten. Selbst die europapolitische Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung wird kaum finanziert.
Die Berichte an den Landtag, die Europaminister Schelter Anfang der 3. Wahlperiode eingeführt hatte, wurden schon unter
Barbara Richstein abgeschafft. Die Information des Landtages - Grundlage für eigene Aktivitäten - wurde damit erheblich eingeschränkt. Sie nehmen es einfach nur zur Kenntnis.
Die Einbeziehung des Landtages in die Subsidiaritätskontrolle wollen Sie nicht wirklich, auch wenn Ihr Antrag im Oktober anderes vermuten lässt. Weder bei der Dienstleistungsrichtlinie noch bei REACH oder anderen wichtigen EU-Projekten - ich denke etwa nur an die Arbeitszeit-Richtlinie - unterrichten Sie den Landtag, wie von der Verfassung gefordert, rechtzeitig und umfassend. Sie nehmen es zur Kenntnis.
Schließlich wurde die Unterstützung von Projekten der europapolitischen Zusammenarbeit auf null gefahren.
Da Ihr Agieren nicht unser Maßstab ist, haben wir einen Antrag in den Haushaltsausschuss gebracht: Wir wollen, dass die Landesregierung europapolitische Projekte übergreifenden Charakters wenigstens im Umfang von 100 000 Euro fördert. Wie weit wir in Deutschland und Brandenburg gerade in Bezug auf europäisches Bewusstsein und Handeln von den europäischen Spitzenreitern entfernt sind, zeigen nicht nur die regelmäßigen Befragungen des EU-Barometers, sondern auch Diskussionen oder sollte man lieber von „Nichtdiskussionen“ sprechen? - hier im Landtag.- Ich danke Ihnen.
Im vorigen Monat hat sich der Ministerpräsident mit dem Vorsitzenden des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma getroffen. Hintergrund war ein Leserbrief in der Zeitschrift „der kriminalist“, in der ein bayerischer Kriminalbeamter die Minderheit verunglimpfte. Er sprach von den Sinti und Roma als einer Volksgruppe mit einer „abgeschotteten und zum Teil konspirativen Lebensweise“ und unterstellte ihnen als Ganzes kriminelles Verhalten. Die Legitimation für Diebstahl, Betrug und Sozialschmarotzerei nähmen sie „aus dem Umstand der Verfolgung im Dritten Reich“.
Statt unzweideutiger Distanzierung vom Gesagten forderte eine Brandenburger Ministerin nachfolgend Verständnis von den Betroffenen, denn schließlich sei die Presse- und Meinungsfreiheit angesichts „unserer historischen Erfahrungen“ ein hohes Gut. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin meinte mitteilen zu müssen, dass es sich bei dem Leserbrief um „eine kritische und pointierte“ Auseinandersetzung gehandelt habe. Der Generalstaatsanwalt bezeichnete die Aussagen als „im Wesentlichen tatsachenhaltige Werturteile“.
Nun liegt nicht nur eine Beschwerde des Zentralrats in dieser Sache beim UNO-Ausschuss gegen Rassismus vor, sondern Romani Rose hat der Landesregierung auch zwei Vorschläge für gesetzgeberische Maßnahmen vorgelegt.
Ich frage daher: Welche grundsätzliche Haltung hat die Landesregierung zu den Ende August überreichten Gesetzgebungsvorschlägen des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma?
Herzlichen Dank, Frau Ministerin. Ich habe dennoch eine Nachfrage: Ist die brandenburgische Landesregierung im Moment aktiv im Bundesratsverfahren etabliert und wartet nicht weitere Jahre ab, ehe es wieder zu Diskussionen über diesen Gesetzentwurf kommt?
Meine zweite Frage lautet: Wie schätzen Sie die Wirkungen ein, die die Äußerungen einer Ministerin, eines Generalstaatsanwalts und anderer auf jene Gruppe gebracht haben, die hier im August von der Gruppierung der Sinti und Roma der Öffentlichkeit mitgeteilt wurden?
Meine dritte Frage lautet: Sind Sie mit mir einer Meinung, dass wir gemeinsam mehr tun müssen, um der deutschen Mehrheitsbevölkerung den hunderttausendfachen Mord an den europäischen Sinti und Roma stärker ins Bewusstsein zu rufen, und dass wir konkrete Schlussfolgerungen für das Zusammenleben von Deutschen und Sinti und Roma auch in der Region Berlin/Brandenburg ziehen müssen? Ich beziehe mich auf bestimmte Aktivitäten von so genannten Fans, die in einem Fußballspiel zwischen Hansa Rostock und Babelsberg mit rassistischen Äußerungen aufgefallen sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Danke schön, Herr Schippel, vor allem dafür, dass Sie schon vor zwei Monaten eine solch engagierte Rede zu diesem Thema gehalten und dies heute wiederholt haben. Danke schön aber auch dafür, dass Sie eingefordert haben, dass alle demokratischen Parteien dieses Hauses gemeinsam für Halbe mobilisieren sollten.
Wie schon gesagt: In der vergangenen Woche ist es gelungen, dass der Landtagspräsident, die Landtagsvizepräsidentin, der Ministerpräsident, die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur und der Chef des Aktionsbündnisses gemeinsam zum Tag der Demokraten aufgerufen haben. Leider ist es noch nicht gelungen, dass die PDS den Aufruf unterschreiben konnte, obwohl wir vollinhaltlich zu diesem Aufruf stehen und obwohl wir natürlich auch wissen - das möchte ich der Vollständigkeit halber sagen -, dass sowohl Frau Weber als auch Herr Dr. Bernig sich nicht nur in dem Gremium, das von Frau Lehmann geleitet wird, sondern darüber hinaus auch tagtäglich in die organisatorische Vorbereitung dieses Tages mit einbringen. Dafür auch an dieser Stelle ein Dankeschön.
Es wäre sehr schön, Herr Schönbohm, wenn wir nicht nur in Zukunft diesen Tag gemeinsam beschreiten und bestreiten würden, sondern wenn es uns auch tatsächlich gelänge, dass solche Aufrufe gemeinsam unterschrieben werden. Da bitte ich Sie einfach, einmal über Ihren Schatten zu springen und in diesem Sinne das Signal auszusenden, das wir brauchen, nämlich das Signal, dass gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassenhass und Ausländerfeindlichkeit, gegen neonazistische Tendenzen die gemeinsame Anstrengung aller Demokraten nötig ist.
- Dafür bedanke ich mich auch sehr - ich habe auch heute Morgen genau zugehört, Herr Minister -, weil ich davon ausgehe, dass es nicht sein kann und sicherlich auch nicht in Ihrem Sinne ist, dass es hier Demokraten erster und zweiter Klasse oder Unterschriftsberechtigte oder Nicht-Unterschriftserwünschte innerhalb der demokratischen Parteien gibt. Herr Innenminister, ich bitte Sie auch deshalb darum, weil, wie in den Vorjahren, eine große Anzahl von Mitgliedern auch meiner Partei in Halbe sein wird, um mit Ihnen und anderen Mitgliedern Ihrer Partei gegen die braune Gefahr dort eine Menschenkette zu bilden. - Zumindest im nächsten Jahr sollten wir das anstreben.
Ich könnte mir auch vorstellen, dass „Brandenburg ist da, wo Vielfalt gelebt wird“, in Anlehnung an den Berliner Beschluss
vielleicht auch über unserem Aufruf stehen könnte. Sie wissen ja, dass alle im Berliner Abgeordnetenhaus vertretenen demokratischen Parteien, die SPD, die CDU, die Linkspartei.PDS, Bündnis 90/Die Grünen und die FDP, den entsprechenden Aufruf unterschrieben haben. Sie sind am 16. August in die Öffentlichkeit gegangen und haben angesichts des damals drohenden Einzugs von Rechtsextremisten in das Abgeordnetenhaus und in die Bezirksrathäuser unbeschadet unterschiedlicher Auffassungen in Sachfragen, wie ich noch einmal dick unterstreichen möchte, erklärt: Wir stehen für eine demokratische Gesellschaft, für Toleranz und gegen Ausgrenzung, Rassismus, Antisemitismus und Gewalt. - Dieser Appell wurde vor knapp zwei Wochen wiederholt.
Weiterhin möchte ich mich auch ganz persönlich für einen antifaschistischen Konsens der Brandenburger Demokraten einsetzen - und das nicht nur an diesem einen Tag, am 18. November, sondern nach Möglichkeit an 365 Tagen im Jahr.
Ich weiß aber auch, dass Appelle allein nicht ausreichen. Wir brauchen wirksame Gegenstrategien, jetzt und hier, auf breitester gesellschaftlicher Basis und nicht nur getragen von den Regierungsfraktionen. Projekte gegen Rechtsextremismus oder Rassismus, die gegründet werden, benötigen Unterstützung bei der Bildung von Netzwerken. Sie brauchen im Übrigen, wie wir ebenfalls wissen, eine solide finanzielle Basis.
Mein Wunsch wäre, dass sich die demokratischen Fraktionen in den Parlamenten in Brandenburg und in Berlin als Teil der Zivilgesellschaft gegen die Bedrohung unserer demokratischen Ordnung verbünden. Das wäre aus meiner Sicht durchaus ein Thema, dem sich auch die Hauptausschüsse des Landtags und des Abgeordnetenhauses auf einer ihrer nächsten Sitzungen gemeinsam annehmen könnten. Hier könnte man vielleicht auch über die heute schon oftmals angesprochene antifaschistische Klausel, sprich: über die Verfassungsänderung, sprechen und prüfen, wie weit sie möglich ist oder nicht.
Der Tag der Demokraten in Halbe sollte also für die demokratische Öffentlichkeit unseres Landes ein wichtiges Datum sein, und zwar nicht nur in diesem Jahr, sondern auch in der weiteren Zukunft.
Ja, Herr Schippel, der Zweite Weltkrieg ging von Deutschland aus, wie man wohl immer wieder konstatieren muss. Millionen und Abermillionen Menschen in Europa haben Hitlers Größenwahnsinn mit dem Leben bezahlt. Deshalb werde auch ich am 18. November in Halbe dabei sein, um zu sagen: Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen. - Danke schön.
Herzlichen Dank, Herr Präsident, für die einführenden Worte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion - das möchte ich ausdrücklich sagen - begrüßt und unterstützt den Antrag der Koalitionsfraktionen, der, wie wir jetzt schon mehrfach gehört haben, vermittels der Vorlage diverser Berichte eines zum Ziel hat, nämlich die Diskussion im Landtag über die künftige Wahrnehmung der Subsidiaritätskontrolle durch dieses Parlament endlich in Gang zu bringen.
Andererseits meinen wir - das ist die einzige Nuance, in der wir uns eigentlich unterscheiden -, dass wir nicht erst im Februar 2007, sondern schon heute, am 25. Oktober 2006, damit anfangen sollten, hier sichtbare Schritte einzuleiten, um stärker als bisher in den Prozess der europäischen Gesetzgebung einzugreifen. Dazu haben wir mit unserem Entschließungsantrag fünf konkrete Maßnahmen vorgeschlagen.
Da ist zum Ersten die Selbstverpflichtung - die Selbstverpflichtung! - des Landtags, die so genannten Grünbücher und Weißbücher der Europäischen Kommission regelmäßig zum Gegenstand der Diskussion im Landtag zu machen. Mit diesen Büchern unterbreitet die Europäische Kommission in der Vorphase des Gesetzgebungsverfahrens ein Diskussionsangebot. Sie möchte auf diesem Wege regelmäßig erfahren, welche Sichten und Vorschläge nicht nur die Mitgliedsstaaten, sondern auch die breite europäische Öffentlichkeit - wir als Landtag sind ja Bestandteil dieser europäischen Öffentlichkeit - zu wichtigen Fragen der Politik der EU haben. Das war 2005 so beim Grünbuch zum demografischen Wandel. Das konnten wir nachvollziehen, als vor kurzem die Diskussion zur EU-Energiepolitik lief. Gerade vor einem Monat, am 26. September, erschien ein neues Grünbuch, nämlich das zu grenzüberschreitenden Gesundheitsdienstleistungen.
Wer aus diesem Hause möchte bestreiten, dass dies Themen sind, die uns in Brandenburg auf den Nägeln brennen? Damit meine ich ausdrücklich im Übrigen nicht nur die Mitglieder des Europaausschusses. Genau bei den Grün- und Weißbüchern sollten wir meiner Meinung nach sofort beginnen, und zwar nicht nur mit der Subsidiaritätskontrolle, sondern auch mit der konstruktiven Einmischung in den Prozess der europäischen Gesetzgebung.
Welche verheerenden Folgen die Nichtwahrnehmung von Aufgaben der Subsidiaritätskontrolle durch deutsche Parlamente haben kann, erleben wir bis heute in Bezug auf die Sparkassen. Deren besondere Rolle in Deutschland wurde gegenüber Brüssel eben nicht rechtzeitig signalisiert, obwohl es schon zum Amsterdamer Vertrag entsprechende Vereinbarungen zur Subsidiaritätskontrolle gab.
Einen zweiten Komplex aus unserem Entschließungsantrag möchte ich hervorheben. Zweifelsohne hat die neue Geschäftsordnung der Landesregierung einige wesentliche Veränderungen im Umgang der Landesregierung mit dem Parlament mit sich gebracht, die wir als Fraktion auch überhaupt nicht kleinreden wollen. Es folgt allerdings ein Aber. Ein Bereich zu dem Artikel 94 der Landesverfassung, der die frühzeitige und umfassende Unterrichtung des Landtags durch die Landesregierung fordert, bleibt dabei nämlich ausgespart, und zwar genau die Bundes- und Europaangelegenheiten. Mit unserem Entschließungsantrag regen wir lediglich an, in Brandenburg vorerst auf minimalem Niveau - nach den Berichten kann man weitere Festlegungen treffen - einfach verfassungspolitische Normalität herzustellen. Wir fordern den Landtag auf, das von der Landesregierung einzufordern, was in anderen Ländern, zum Beispiel in Bayern und Berlin, schon vor langer Zeit und in Sachsen-Anhalt vor kurzem eingeführt und üblich ist. Die Landesregierung soll den Landtag umgehend über eingehende Bundesratsdrucksachen mit europäischer Relevanz informieren. Ohne diese umgehende Information wird es weder den Koalitionsabgeordneten noch uns Oppositionsabgeordneten möglich sein, eine wirksame Kontrolle der Vereinbarkeit europäischen Rechts mit unserer Rechtsordnung im Lande auszuüben.
Angesichts von unzähligen Tischvorlagen in den Sitzungen des Europaausschusses, die dort nicht etwa die Ausnahme, sondern die Regel sind, kann von einer Beteiligung des Landtags an der Willensbildung des Landes Brandenburg in europapolitischen Fragestellungen zurzeit wohl wirklich nicht gesprochen werden.
Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU, springen Sie einfach einmal über Ihren Schatten! Die Europäische Union wartet mit ihren Diskussionsprozessen nicht, bis Ihnen vielleicht in drei Monaten die geforderten Berichte vorliegen, zu denen Sie dann vielleicht zwei oder drei Monate später Maßnahmen festlegen, und zwar mit Sicherheit solche, die Ihrer Regierung keine zusätzliche Arbeit machen. Wir müssen aber nicht auf die genannten Berichte warten, ehe wir handeln. Dazu haben wir einen Vorschlag unterbreitet, der zum Beispiel in Sachsen-Anhalt unter einer CDU-FDP-Regierung eine breite Mehrheit im Landtag fand. - Ich bedanke mich ganz herzlich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 3,1 Milliarden Euro an EU-Strukturfondsmitteln bekommt Brandenburg in den Jahren 2000 bis 2006 - Geld, das für die politische Gestaltung eines Landes eingesetzt werden kann oder auch nicht. Circa 2,4 Milliarden Euro, so die Landesregierung im Haushaltsausschuss in der vergangenen Woche, werden es bis 2013 sein; genau weiß man es sicherlich noch nicht.
Diese gewaltige Menge freut den Finanzminister, sollte jedoch auch für Landtag und Landesregierung Verpflichtung sein, das Geld mit dem größtmöglichen Effekt für die Entwicklung Brandenburgs einzusetzen. Genau darüber wollen wir in der heutigen Aktuellen Stunde öffentlich reden.
Die Bestimmungen des Programms für den effektiven und zweckmäßigen Einsatz der EU-Strukturfondsmittel bis 2013 sind keine Fragen des Kernbereichs der Exekutive, wie uns der Wirtschaftsminister unlängst weismachen wollte. In dieser wichtigen strukturpolitischen Frage ist der Haushaltsgesetzgeber gefragt.
Das ist - wenn die Landesverfassung noch gilt - immer noch der Landtag.
Sie spielen verkehrte Welt, werte Kollegen von der Landesregierung. Fakten und konkrete Zahlen erfährt dieses Parlament nur auf Nachfrage oder überhaupt nicht. Es geht nicht darum, Herr Dr. Harms, dass Sie berichten, wenn Sie gefragt werden. Die Landesregierung hat von sich aus zu unterrichten. Dass Sie zum Beispiel im Unterschied zur Landesregierung SachsenAnhalts oder Berlins den Landtag überhaupt nicht in die Diskussion der Operationellen Programme einbeziehen wollen, ist nicht nur in meinen Augen ein Skandal, sondern verstößt gegen Artikel 94 der Landesverfassung.
Die Zustimmung Brandenburgs zu Bundesprogrammen - so sagt man hinter geschlossenen Türen - ist mehr als fragwürdig. Gestern fand zum Beispiel eine Beratung statt, auf der es darum ging, ob Bundesprogramme auch weiterhin durch EU-Gelder finanziert werden oder nicht. Zu welcher Reduzierung der 2,4 Milliarden Euro haben Sie gestern Ihre Zustimmung gegeben, Herr Ministerpräsident? Das werden Sie uns, dem Landtag, heute sicherlich mitteilen.
Gewöhnlich gut unterrichtete Kreise hatten vorab schon berichtet, dass es fast - aber auch nur fast - eine Erklärung gegeben hätte, in der sich alle Ostländer gegen den Einsatz eines Teils der für die neuen Länder bestimmten Strukturfondsmittel für Bundesprogramme aussprechen; wenn nicht der Brandenburger Ministerpräsident und SPD-Vorsitzende Matthias Platzeck für die Bundesprogramme gewesen wäre.
Bei der Neuauflage der Bundesprogramme geht es nicht um Peanuts, sondern um richtig viel Geld, sogar prozentual mehr Geld als in der laufenden Förderperiode. Während der Bund für die Jahre 2000 bis 2006 3,3 oder 3,4 Milliarden Euro der insgesamt 20 Milliarden Euro für Bundesprogramme beansprucht - das waren immerhin rund 15 % aller Mittel -, sollen es in der kommenden Förderperiode sogar 19 % und mehr sein: 2,53 Milliarden Euro von nur noch 13,3 Milliarden Euro, die die EU für die strukturschwachen neuen Bundesländer vorgesehen hat.
Wie ist Brandenburg denn einzuordnen, wenn nicht als strukturschwach? Schließlich gilt die Ziel-1-Förderung nach wie vor für unser Land. Was haben denn die bisherigen Bundespro
gramme in ihrer Größenordnung für Brandenburg in den Jahren 2000 bis 2006 zum Beispiel aus dem Europäischen Sozialfonds gebracht? Hat Franz Müntefering Ihnen diese Frage einmal beantwortet oder haben Sie sie ihm gar nicht gestellt, Frau Ziegler?
Die Evaluierung des ESF-Programms zeigt doch, dass diese Programme nur bedingt erfolgreich waren. Ein größerer Effekt für den strukturellen Umbau in Brandenburg wäre möglich, wenn die Mittel nicht über das Bundesarbeitsministerium bzw. die Bundesagentur verteilt würden.
Wir brauchen keine Umverteilung mittels einer monströsen Bundesagentur. Brandenburg braucht einen auf unsere Bedingungen zugeschnittenen Ansatz in der Arbeitsmarktpolitik und deshalb braucht Brandenburg die freie Verfügung über möglichst viele ESF-Gelder.
Wie oft wollen Sie solche gravierenden Entscheidungen noch am Landtag vorbei treffen? Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die Folgen ihrer Nacht- und Nebelaktion namens Zweiteilung Brandenburgs. Erreichte Übergangsregelung hin oder her - im Endeffekt wird der Südwesten Brandenburgs das muss man hier klipp und klar aussprechen - trotz gleicher Beihilfesätze bis 2010 weniger Geld bekommen, weil er eine Phasing-Out-Region und keine Ziel-1-Region ist. Beginnend bei 80 % wird die Förderung allmählich bis 2013 auf die Höhe vergleichbarer Regionen abgeschmolzen. Das sind die Ergebnisse Ihrer Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich möchte einige Anmerkungen zu der Bewertung des Brüsseler Kompromisses machen, für den die Bundeskanzlerin so gelobt worden ist. Es stimmt: Manche Einzelentscheidung ist besser, als auch wir ursprünglich gedacht hatten. Wie bei der Abstimmung über die Europäische Verfassung wurden aber die wesentlichen Probleme erneut vertagt: Nicht nur der Britenrabatt, sondern auch die Zukunft einer gemeinsamen Agrarpolitik und die angemessene Finanzierung solcher Bereiche wie Entwicklungspolitik oder Menschenrechte, vor allem aber Bildung, Wissenschaft und Kultur wurden ausgespart. 2008 oder 2009 will man diese Diskussion erneut aufnehmen. Das ist nicht gerade „erhebend“.
Zu Recht hat das Europäische Parlament am 12. Januar deshalb nicht nur Mitsprache bei künftigen Reformvorhaben eingefordert, sondern auch kritisiert, dass sich der Europäische Rat auf die traditionellen Politikbereiche konzentriert und jene Bereiche ausblendet, die eine Zukunft für Europa darstellen. Wir teilen diese Auffassung. Sie finden diese Position in verschiedenen Anträgen der Linkspartei.PDS, unter anderem auch in dem heute zu beratenden Antrag.
Unser Ansatz ist: Die Etablierung eines öffentlichen Beschäftigungssektors mit Tätigkeitsfeldern - auch wenn sie sich heute vielleicht noch nicht rechnen - vor allem in den Bereichen Soziales, Bildung, Betreuung, Umwelt und Kultur muss in Zukunft mehr in das Zentrum unserer Aufmerksamkeit rücken.
Wegen der Art der hier zu Verfügung gestellten Güter stellen sich die Probleme der Verdrängung regulärer Beschäftigung
oder unerwünschter Mitnahmeeffekte nicht, wie das bei den Kombilöhnen zwangsläufig eintreten muss.
Ich möchte einen zweiten Ansatz nennen. Es muss auch über die Einrichtung von Regionalfonds gesprochen werden. Wir haben mit Interesse zur Kenntnis genommen, was unter dem Logo des Wirtschaftsministeriums zum Thema Dezentralisierung der EU-Förderung mitgeteilt wurde, insbesondere zur stärkeren Rolle der Regionen und zur Teilung der Verwaltung der Strukturfonds zwischen der europäischen, der nationalen, der regionalen und der lokalen Ebene.
Der Wirtschaftsminister meint allerdings, Regionalisierung sei nach den europäischen Regeln nicht zulässig. Ich frage Sie: Warum? Es ist in anderen ostdeutschen Bundesländern bereits Praxis, so zu verfahren. Auch das, was wir an Widerstand gegenüber einem europäischen Verbund der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit erleben, stärkt nicht gerade die Zuversicht. Dabei könnte doch die Berlin-Brandenburger Zusammenarbeit mit den westpolnischen Woiwodschaften - und damit komme ich zu einem dritten Ansatz der Linkspartei.PDS - unsere Zukunft hier im Lande mit unterstützen.
Eine letzte Bemerkung: Es ist höchste Zeit, dass die widerstreitenden Interessen in der Landesregierung endlich politisch gebündelt werden. Das heißt: Es muss bestimmt werden, wer die Vorbereitung der neuen Förderperiode wie führt. Herr Ministerpräsident, es geht nicht so sehr um Ihre körperliche Anwesenheit in Brandenburg oder darum, ob es eine BrandenburgWoche gibt oder nicht, sondern es geht um mehr. Es ist ein Unding, dass Experten eine Analyse der sozio-ökonomischen Entwicklung des Landes für Zehntausende von Euro erarbeiten, ohne dass sich das Kabinett damit auch nur ein einziges Mal beschäftigt. Nicht nur diese Auskunft haben wir von Ihrem Beauftragten erhalten. Es kommt noch toller: Das Kabinett werde sich nach Vorlage des 3. Entwurfs der Operationellen Programme mit der Analyse und den Handlungsempfehlungen beschäftigen.
Wir wissen natürlich, dass wir eine „sehr kluge Regierung“ haben. Ist sie aber wirklich so klug, dass sie nicht einmal die Papiere lesen und diskutieren muss, die sie in Auftrag gibt? Diese Frage möchte ich gern von Ihnen beantwortet haben. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
In 15 Monaten beginnt die neue EU-Förderperiode. Der Landtag als Haushaltsgesetzgeber und die Landesregierung müssen jetzt bestimmen, wie die zwischen 2007 und 2013 zur Verfügung stehenden EU-Mittel - man spricht von immerhin 3 Milliarden Euro - mit dem größten Nutzen für unser Land eingesetzt werden. Vonseiten der Ministerien gab es den Auftrag, eine Analyse zur sozioökonomischen Lage in Brandenburg zu erarbeiten. Diese liegt seit 1. Juli vor. Bisher ist der Landtag damit noch nicht befasst worden. Wir sind weder über die Vergabe dieses Auftrages noch über den Sachstandsbericht informiert worden. Deshalb ist es von Interesse, zu wissen, welche neuen Erkenntnisse dieser Bericht bei der Bewertung von Stärken und Schwächen des Landes gebracht hat.
Ich frage also die Landesregierung: Welche neuen Ergebnisse hat der vorliegende Sachstandsbericht für die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen zum Einsatz von EU-Strukturfonds in Brandenburg ab 2007?
Herr Minister, ich habe drei Nachfragen. Erstens: Der Vorwurf der Fehlentscheidung bezog sich auf die Zweiteilung des Landes. Ich reiche die Frage nach: Was hindert Sie eigentlich jetzt daran, uns den gegenwärtigen Kenntnisstand mitzuteilen? Vor allem erinnere ich an § 94 der Landesverfassung, wo es um Gegenstände von grundsätzlicher Bedeutung geht, die dem Landesparlament vorzulegen sind.
Zweitens wäre für mich wichtig zu erfahren, ob sich, wenn schon nicht der Landtag, dann wenigstens das Kabinett bereits einmal mit dieser Problematik in Gänze befasst hat. Denn 15 Monate sind aus meiner Sicht keine lange Zeit.
Drittens habe ich die Frage: Sind die Dinge, die die polnische Partnerwoiwodschaft in ihre Bewertung einbezogen hat, unter anderem auch Grundlage des Auftrages an das Institut gewesen, das die Ausschreibung gewonnen hat?
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verbitte mir in Zukunft, dass Sie sagen, dass ich Ihr Mensch bin. Wenn Sie von „unseren Menschen“ sprechen, möchte ich in Zukunft davon ausgenommen werden. Ich bin nicht Ihr Mensch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die DVU will eigentlich keine Analyse, sie bedient auch im Zusammenhang mit den allgemeinen Fragen zur EU-Förderpolitik und zur weiteren Entwicklung der EU in bekannter Manier alte Vorurteile. „Lasten der Finanzierung“, „erhebliche Anpassungsprobleme“, „Konkurrenzdruck“ und dergleichen mehr, das sind Worte, die immer wieder neu beschworen werden. Oder auch, wie in Ihrem Vortext zu lesen:
„Die Kontrollen an der Grenze Brandenburgs zu Polen sind weitgehend entfallen, aber die Probleme mit internationaler organisierter Kriminalität, illegaler Migration und sonstiger grenzüberschreitender Kriminalität sind geblieben.“
Genau diese Sätze - fast wortwörtlich - konnte man schon vor dem Beitritt der zehn Neuen nicht nur von der DVU, sondern auch von Ihren Verbündeten von der rechtsextremen NPD immer wieder hören.
Nehmen Sie doch endlich einmal zur Kenntnis, dass sich seit dem 1. Mai 2004 Entwicklungen vollzogen haben, die nicht Ih
rem Horrorszenario entsprechen, das Sie hier und in der Öffentlichkeit immer wieder aufzubauen versucht haben.
Die Chancen und vor allem auch der reale Gewinn der Erweiterung für Brandenburg, gerade auch für die Sicherung von Arbeitsplätzen im Land, wird von Ihnen negiert. Die Landesregierung setzt dankenswerterweise Fakten und eindeutige Positionen dagegen, zum Beispiel: Jeder zehnte Euro, den Brandenburger Firmen im Ausland verdienen, stammt aus Geschäften mit Polen; 50 % Exportzuwachs nach Polen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum; Polen ist hier an erster Stelle. - So könnte man die Reihe dieser Beispiele beliebig fortsetzen.
Die DVU agiert scheinheilig, denn was wollen Sie uns eigentlich mit folgender Feststellung sagen: „Die Bürgerinnen und Bürger Brandenburgs wechseln vielfach über die Grenze nach Polen, um dort als Verbraucher billige Warenangebote zu nutzen, etwa Zigaretten zu erwerben oder kostengünstig zu tanken“? Wollen Sie damit einen Aufruf starten, dass Brandenburger in Zukunft nicht mehr in Slubice oder in Gubin einkaufen sollen?
Oder lassen Sie vielleicht Ihre Partei- oder Fraktionszeitung auch in einer polnischen Stadt drucken wie Ihre rechtsextremen Verbündeten im Sächsischen Landtag?
Eine abschließende Bemerkung sei mir allerdings auch gestattet, und zwar an die Adresse der Landesregierung: Wir könnten uns diese heutige und vielleicht auch andere Diskussionen ersparen, wenn die Landesregierung den Landtag über ihre Aktivitäten im Bereich der Europapolitik regelmäßig informieren würde. Es reicht meiner Meinung nach nicht aus, nur Kommunikationsstrategien zu entwickeln, wie Europa mehr an die Menschen in Brandenburg herangebracht werden kann, sondern Sie sollten endlich auch uns, die Abgeordneten, als Partner und Multiplikatoren betrachten. Dafür brauchen wir aber auch Informationen, die uns gegenwärtig zum Teil vorenthalten werden. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, heute reden wir übers Geld. Heute redet auch die PDS übers Geld, und zwar deshalb, weil wir der Meinung sind: Rund 3 Milliarden Euro sind eine Menge Geld, mit der man auch im Land Brandenburg viel bewerkstelligen könnte. Deshalb ist es uns so wichtig, dass wir über den EU-Haushalt reden und vor allem darüber, wie dieses Parlament hier in Brandenburg an den Dingen beteiligt werden kann, die zurzeit in der Landesregierung in diesem Zusammenhang stattfinden.
Wir wissen - wir haben dies in Brüssel erfahren -, dass bis Oktober 2005 Zuarbeiten zum strategischen Rahmenplan der Bundesrepublik vorzulegen sind. Wir haben deshalb in unseren Antrag geschrieben, dass das Parlament hieran beteiligt werden möge. Wir haben das Signal von Ihnen erhalten, dass das an den Haushaltsausschuss überwiesen werden soll und wir dem
zufolge noch einmal darüber reden können, wenn das aus dem Ausschuss - hoffentlich mit guten Initiativen bereichert - zurückkommt.
Ich möchte Sie trotzdem sehr freundlich um eines bitten: dass wir uns darauf verständigen, der Landesregierung den Auftrag zu erteilen, uns im August über die Aktivitäten zu informieren, die dazu bei ihr gelaufen sind. Denn Fakt ist, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen des Parlaments: Wir sind bisher außen vor. Das können wir uns als Parlament nicht bieten lassen, nicht, weil wir dieser Regierung, was die Fördermittel betrifft, hundertprozentig misstrauten; nein, aber ich wünschte mir, dass wir auch ein wenig Kontrolle darüber ausüben könnten, ob der Vertrauensvorschuss berechtigt war.
Wir brauchen das Geld bekanntlich vor allen Dingen für inhaltliche Schwerpunkte. Es geht nicht nur um den Demografiebericht, der uns gestern hier beschäftigt hat, sondern auch um die Grenzregion, die ehemaligen Außengrenzen. Es geht um die Beihilferegelungen, die neu durchdacht werden müssen. Auch die Zusammenarbeit zwischen Berlin und den Woiwodschaften in Polen und Brandenburg stehen hier zur Diskussion.
Das alles zusammengenommen heißt: Wir wollen hier miteinander darüber reden, mit dem Ziel, dass die Forderungen, die unserer Meinung nach berechtigterweise aus diesem Land als Signal in Richtung Brüssel gesandt werden, vom Parlament mitgetragen werden.
Es sollte uns dann noch gelingen, das Präsidium dazu anzuregen, mit uns allen gemeinsam, auch mit der Landesregierung, für alle Abgeordneten dieses hohen Hauses so etwas wie eine kleine Weiterbildungsmaßnahme durchzuführen, weil jeder Abgeordnete - also nicht nur die Mitglieder des Europaausschusses - in Zukunft etwas mit den Strukturfondsmitteln zu tun haben wird. Vielleicht sollten wir uns einfach einmal eine Weiterbildung mit dem Thema „Wie geht man mit Strukturfondsmitteln vom Jahr 2007 bis zum Jahr 2013 um?“ gönnen. Ich glaube, das hilft uns allen. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte diese Erwartungen nicht erfüllen. Natürlich ist die Verfassung von Europa ein wichtiges Thema, Frau Richstein. Aber Sie erinnern sich sicherlich, dass auch Bundestagsabgeordnete mit CDUMandat gegen die Verfassung gestimmt haben. Ich gehe zwar davon aus, dass sie aus anderen Gründen als ich zum Beispiel gegen diese Verfassung aufgetreten sind. Trotzdem kommt bei mir keine Häme auf, weil ich einfach eine vertane Chance sehe.
Dieses Europa hatte mit der Vorlage eines Verfassungsvertrages tatsächlich die Chance, ein soziales, ein friedliches und ein demokratisches Europa zu werden. Diese Chance ist verspielt, weil ein Verfassungsvertrag vorgelegt wurde, der diesen Ansprüchen nicht genügt. Deshalb bin ich gegen diese Verfassung.
Der Bundeskanzler will nach den Referenden in Frankreich und den Niederlanden eine Denkpause einlegen, um eine Grundsatzdebatte über die Zukunft der EU in Gang zu setzen. Ich bin gespannt, ob er danach unter dem Motto „Mehr Demokratie, mehr Mitsprache auch für die Bürger der Bundesrepublik“ in den Bundestagswahlkampf eintreten wird. Noch mehr interessiert uns allerdings, was die hiesige SPD zu diesem Thema meint. Bisher kennen wir dazu nur die Meinung eines einzelnen Herrn.
Für die drittstärkste Fraktion im Landtag ist scheinbar alles klar. Mit Ihrem Antrag auf Aktuelle Stunde breiten Sie sozusagen alle irgendwie denkbaren europapolitischen Themen aus. Selbst den Beitritt der Türkei sparen Sie nicht aus, obwohl Sie jetzt dazu nichts gesagt haben. Wer hat denn von 1999 bis 2004 hier in diesem Haus den Europaminister gestellt? Wer hat mit der SPD im Herbst 2004 eine Koalitionsvereinbarung unterschrieben, in der Europapolitik nicht einmal als Wort vorkommt? - Das waren Sie, werte Kolleginnen und Kollegen der CDU.
Wenn Sie jetzt davon sprechen, dass wir eine Eingangspforte, ein Tor sind und dass sich Brandenburgs geographische Lage gut darstellt, dann reicht das nach meiner Meinung nicht aus. Die Bürgerinnen und Bürger auch dieses Landes brauchen andere Antworten auf ihre Fragen.
Haben nicht auch Ihre Minister die Hand gehoben, als die Zweiteilung des Landes in einer Nacht- und Nebelaktion durch das Kabinett ging? Wurden nicht Ihre sieben Abgeordneten diszipliniert, als sie im Landtag mit einem eigenen Antrag dagegen vorgehen wollten? Die Hoffnung, von der Sie sagten, sie solle nicht immer genährt werden, hat auch eine ehemalige Ministerin für Europaangelegenheiten in der vergangenen Legislaturperiode sehr gehegt und gepflegt, bis wir gesagt haben: Vergessen Sie es, es gibt in dieser Richtung keine Hoffnung mehr! - Wir erleben seit dem Ausscheiden von Minister Schelter aus dem Amt de facto eine europapolitische Lethargie in den Koalitionsfraktionen, die sich in Zukunft scheinbar etwas anders gestalten soll.
Sie, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD und der CDU, haben sich hier für einen mit Ach und Krach hinbekommenen 20-Millionen-Euro-Haushalt feiern lassen.
- Entschuldigung, Milliarden. Die Milliarden aber, die Brandenburg hoffentlich auch in der nächsten Förderperiode wieder aus Brüssel bekommen wird, sind für Sie nicht einmal einer parlamentarischen Erörterung wert. - Herr finanzpolitischer Sprecher der SPD, ich meinte eben natürlich die 20 Millionen Euro, die Sie in sehr intensiver Zusammenarbeit zwischen CDU und SPD umverteilt haben, was Sie dann großartig feierten.
Wäre es nach Ihnen von der Koaltion gegangen, dann hätte dieser Landtag bis heute keine europapolitischen Anträge verhandelt: weder über die europäische Verfassung noch über die Aufhebung der Zweiteilung Brandenburgs noch über die EUDienstleistungsrichtlinie oder über die Strukturpolitik ab 2007. Dies alles sind Fragen, die nicht nur originäre Landespolitik sind, sondern vor allem die Kommunen, die kleinen und mittelständischen Unternehmen, viele Vereine und Verbände und selbst einzelne Menschen hier in Brandenburg ganz unmittelbar betreffen. Selbst für aktuelle Übersichten über den Abfluss der Strukturfonds interessiert sich im Haushaltsausschuss nur die PDS. Unsere morgen zur Diskussion stehenden Anträge zur Bestimmung der finanziellen Rahmensetzung für die Strukturpolitik ordnen sich hier gut ein. Gut, dass es eine Opposition gibt, muss ich hier mit Selbstlob sagen.
Ihre einsamen Rufe in der Haushaltsdebatte, Frau Kollegin Richstein, finden an dieser Stelle natürlich unsere Unterstützung.
Nach den Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden wird von vielen Politikern eine Krise der Europäischen Union beschworen. Ich teile diese Auffassung ausdrücklich nicht. Aus meiner Sicht sind die Referenden und die danach begonnene europaweite Diskussion über die Zukunft der Ge
meinschaft eine riesige Chance für ein wirklich demokratisches, soziales und wirtschaftlich starkes Europa. Vergessen wir nicht: Nach jüngsten Umfragen von Infratest-dimap will eine Mehrheit in der Bundesrepublik, wollen 54 % der Deutschen, dass die europäische Verfassung überarbeitet wird. Ich habe in Frankreich an einer ganzen Reihe von öffentlichen Veranstaltungen im Vorfeld der Volksabstimmung teilgenommen, wie es auch mein Kollege Gehrcke getan hat. Da war im Unterschied zu Deutschland keine Politikverdrossenheit zu spüren. Da gab es hoch politisierte Menschen, die die Entwicklung in ihrem Heimatland selbstverständlich in den europäischen Kontext stellten. Die Französinnen und Franzosen kennen diese Verfassung. Ich habe den Eindruck, dass sie sie viel besser als mancher hier in diesem hohen Haus und in anderen hohen Häusern kennen.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang einen Exkurs in das Jahr 1996. Damals schob eine große Mehrheit in diesem Landtag die Bedenken der Brandenburgerinnen und Brandenburger gegen die undemokratische Art und Weise der Vorbereitung der Fusion mit Berlin beiseite und erlitt dann in der Abstimmung am 5. Mai eine Niederlage. Die Fraktionen von SPD und CDU wollten nicht wahrhaben, was sie täglich von den Bürgern auf den Straßen hörten: „Non“, „Nee“ und „Nein“ zu diesem Vertrag. Die Ablehnung des Fusionsvertrages war damals in etwa gleich groß wie die beim Referendum in den Niederlanden. Angesichts dieser Erfahrung fordere ich Sie auf: Beginnen Sie endlich, darüber nachzudenken, was hinter den Voten in Frankreich und den Niederlanden tatsächlich steht! Hören Sie auf, die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik und damit im Lande Brandenburg für unmündig zu erklären! Genau dies tun Sie nämlich mit Ihrer bisherigen Art, Europapolitik zu machen.
Damit, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, stärken Sie europafeindliche Stimmen in Deutschland. Europa kann nicht über die Köpfe der Menschen hinweg aufgebaut werden; Europas Zukunft ist nur mit den Menschen zu gestalten. Darüber sollten wir jetzt reden. Nur so kann man auch den dumpfen antieuropäischen Parolen von NPD, DVU, Republikanern und anderen rechtsextremistischen Gruppierungen den Nährboden entziehen. - Danke.
Das Problem, über das wir hier reden, beschäftigt inzwischen nicht nur uns in Brandenburg und in der Bundesrepublik, sondern es findet auch im Ausland Interesse. So erhielt ich zum Beispiel die Information, dass sich auch tschechische Parlamentarier mit Fragen zu dieser Problematik an die Landesregierung und im Konkreten an den Ministerpräsidenten gewandt haben. Damit wird Protest von dieser Seite festgestellt.
An mich ist in Erweiterung dieses Briefes die Frage gerichtet worden, ob es hierzu eine politisch motivierte Entscheidung gab. Ich habe das aus meiner Sicht erst einmal verneint, möchte jedoch gern von Ihnen die Bestätigung haben, dass ich eine zutreffende Antwort gegeben habe. Oder hätte man hinter all diesen Dingen neben der Bauordnung, dem Denkmalschutz und anderen Dingen auch zu einer solchen Fragestellung Anlass?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der vergangenen Europaausschusssitzung wurde in Bezug auf die EU-Dienstleistungsrichtlinie festgestellt, Europa werde häufig zum Buhmann gemacht für Entscheidungen, deren Ursachen allerdings häufig in Deutschland liegen. Man solle sich, so wurde gesagt, die Richtlinie genau ansehen und nicht einfach mit Schlagwörtern hantieren. Beidem stimmt meine Fraktion ausdrücklich zu.
Dennoch ist nicht zu übersehen: Die Ansätze der PDS-Fraktion unterscheiden sich erheblich von denen der Koalitionsfraktionen. Das verwundert uns schon angesichts der zunehmenden Kritik am Entwurf in der deutschen Öffentlichkeit, an der sich bisher mit Ausnahme des Handwerkskammerpräsidenten von Frankfurt (Oder) nach eigenem Bekunden auch die CDU-Fraktion beteiligt. Allerdings habe ich so meine Zweifel bekommen, nachdem ich den Antrag gelesen habe. Er bleibt nicht nur hinter dem zurück, was SPD, PDS und CDU im Europaausschuss schon ausgehandelt hatten, ehe der Unvereinbarkeitsbeschluss der Christdemokraten mal wieder zuschlug, nein, es ist vor allen Dingen auch viel weniger, als die CDU am 30. November in ihrer „Brüsseler Erklärung“ von Brüssel aus verkündete. Das kann ich mir eigentlich nur so erklären: Es gab heftigen Gegenwind von sozialdemokratischer Seite.
Nachdem SPD-Mitglieder im Europaausschuss mit dem Thema „Dienstleistungen am Binnenmarkt“ zunächst nichts anzufangen wussten, nachdem der Bundeskanzler zunächst bekennender Anhänger des Kommissionsentwurfes war und Wolfgang Clement bis heute tapfer gegen die neue Meinung von Gerhard Schröder und die alte der Bundesgrünen kämpft, war anderes auch nicht zu erwarten. Ministerpräsident Platzeck hatte bei seinem Treffen mit dem Verband der Freien Berufe auch die Richtung vorgegeben. Ein bisschen Kritik darf sein, aber um Himmels willen ja nicht zu viel.
Die Erwartung der Kollegin Richstein, der Ministerpräsident werde nun auch aktiv gegenüber der Bundesregierung werden, war zugegebenermaßen etwas überzogen.
Der Antrag der PDS-Fraktion ist kein Schnellschuss. Seit mehreren Jahren setzt sich unsere Partei mit der Gestaltung der europäischen Rahmensetzung für Dienstleistungen auseinander. Wir haben das hier im Landtag getan, Vertreter unserer Fraktion haben dazu in Brüssel Gespräche geführt und auch die PDS-Abgeordneten im Europäischen Parlament sind an diesem Thema dran. Wir haben vor und nach den Europawahlen im Land über dieses Thema diskutiert - gerade auch mit Kommunalpolitikern, die die Gefahren der Richtlinie für die Brandenburgerinnen und Brandenburger sehr wohl erkennen.
Ich habe mich sehr gefreut, dass sich die SPD- und die PDSFraktion in Berlin - anders als das bei den hiesigen Regierungsfraktionen der Fall ist - klar gegen den Kommissionsentwurf ausgesprochen haben.
Die Kommission hat Änderungen angekündigt. Die Ankündigung war aber mit der Ansage verbunden, dass man am Herkunftslandprinzip nicht rütteln werde. Herr Sabathil, der Leiter der Vertretung der Kommission in Deutschland, hat dies bestätigt. Im Herkunftslandprinzip liegt aber unserer Meinung nach der grundsätzlich falsche Ansatz dieses Entwurfs. Deshalb reicht es nicht, wie Herr Schröder, Herr Platzeck und die Koalitionsfraktionen meinen, den Kreis der Ausnahmen vom Herkunftslandprinzip zu erweitern und einige andere Regelungen etwas zu entschärfen.
Die PDS spricht sich für die Schaffung eines EU-Binnenmarktes für Dienstleistungen aus; denn das ist gut für die Verbraucherinnen und Verbraucher und es ist gut für die Schaffung neuer Arbeitsplätze - wohl nicht 600 000, wie die Kommission in Aussicht stellt, aber immerhin. Es ist dringend notwendig, die Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Dienstleistungen innerhalb der Europäischen Union zu vereinfachen, darin stimme ich sogar mit Herrn Karney überein. Allerdings wird das Zusammengehörigkeitsgefühl in der EU 25 nur dann wirklich wachsen, wenn man den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tut. Man darf also nicht erst den Binnenmarkt erweitern und dann die Regeln für sein Funktionieren bestimmen. Erst muss die Steuer-, Arbeits-, Sozial- und Umweltgesetzgebung der Mitgliedsstaaten weiter harmonisiert werden und dann kann sich der Binnenmarkt auf der Grundlage vergleichbarer Konditionen entwickeln.
Würde der Binnenmarkt für Dienstleistungen aber nach den Plänen der Kommission gestaltet werden, würde angesichts der Arbeitskosten im Industrie- und Dienstleistungssektor in der EU 15 und in der EU 10 dem gnadenlosen Kampf um die niedrigsten Sozial-, Arbeits- und Umweltstandards Tür und Tor geöffnet. Ich verweise auf den „Spiegel“ von vergangener Woche; darin war dies Thema. Die Zahl der Arbeitslosen - über 5 Millionen sind es in Deutschland - wird dann nicht nur nicht sinken, sondern weiter in die Höhe schnellen. Daran haben nicht nur die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik, sondern auch die Bürger in den anderen Mitgliedsstaaten kein Interesse. Wenn diese Entwicklung dann noch mit grundsätzlich fehlenden Kontrollmöglichkeiten für die Behörden der Länder, in denen Dienstleistungen durch ausländische Dienstleister erbracht werden, gepaart ist, kommt es zur Katastrophe.
Dass das Subsidiaritätsprinzip nicht über das erforderliche Maß hinaus eingeschränkt wird, wie es im Koalitionsantrag heißt, scheint sich selbst bei SPD und CDU herumgesprochen zu haben. Eine solche Entwicklung würde europafeindlichen Kräften weiteren Auftrieb geben. Wir sehen es auch heute wieder anhand eines Entschließungs- bzw. Änderungsantrags. Wie man angesichts der gesellschaftlichen Debatte, angesichts der unterschiedlichen Verordnung der Kritiker der Grundkonstruktion des Entwurfs, auch vor dem Hintergrund abnehmender EU-Strukturförderungen für Brandenburg, einen solch butterweichen Antrag formulieren kann, wie Sie es getan haben, ist mir schleierhaft.
Das Handwerk braucht eine Dienstleistungsrichtlinie, aber nicht die jetzt vorliegende, formulierten die drei Brandenburger Handwerkskammern vor zwei Wochen. Dieser Gedanke steht klar über unserem Antrag; dies ist aber nicht der Antrag der Koalitionsfraktionen. Deshalb werden wir Ihren Antrag auch ablehnen. - Ich danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist bekannt, dass meine Fraktion der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vertretung in Brüssel hohe Wertschätzung entgegenbringt. Ebenso ist bekannt, dass meine Fraktion eine gemeinsame Unterbringung der Landesvertretungen von Brandenburg und Berlin in Brüssel sehr unterstützt, mehr noch: Die PDS in Berlin hat vor einigen Jahren sogar einen Antrag in das Abgeordnetenhaus eingebracht, um eine gemeinsame Landesvertretung beider Länder in Brüssel zu schaffen, Herr Dombrowski. Die Geschichte stellt sich also etwas anders dar, als Sie sie hier dargestellt haben.
Um etwas Derartiges aber umsetzen zu können, hätten Sie von der Koalition in den vergangenen Jahren andere Voraussetzungen schaffen müssen, hätten zum Beispiel wesentlich engere Arbeitskontakte entwickeln müssen. Dazu reicht es eben nicht aus, wenn sich Herr Platzeck und Herr Wowereit am Rande der gemeinsamen Kabinettssitzung im Januar oder wenn sich Herr Harms oder Frau Helbig an einem anderen Ort einmal über das Thema unterhalten.
Wenn wir über die gemeinsame Vertretung Brandenburger und Berliner Interessen bei der Europäischen Union reden, geht es in unseren Augen um mehr als nur eine Raumfrage. Dabei sollte man auch vermeiden, Fehler der Vergangenheit zu wiederholen, etwa solche, dass den Berlinern eine Zusage abgenötigt wird, die mit erheblichen Mehrbelastungen für Berlin verbunden gewesen wäre. Ich verkenne aber angesichts des gegenwärtigen Standes nicht, dass schon vieles erreicht worden wäre, wenn Berliner und Brandenburger Schreibtische auf engem Raum in Brüssel beieinander stünden. Deshalb werden meine Kollegen und ich dem Koalitionsantrag zustimmen.
Wie Sie wissen, haben wir einen Entschließungsantrag zu Ihrem Antrag eingereicht. Er zielt darauf ab, dem Landtag eine solide Basis für seine Entscheidungsfindung bei der abschließenden Beratung des Landeshaushalts zu geben. Der Haushalt spricht sozusagen von drei Landesvertretungen in Brüssel: der ehemaligen DDR-Botschaft und ersten Vertretung des Landes, dem jetzt genutzten Objekt und einer künftig noch durch das Land zu erwerbenden Liegenschaft. Für alle drei sind ganz offensichtlich Mittel eingestellt. Bezogen auf die Haushalte 2002/2003 sowie 2004 hatten wir eine ähnliche Situation. Deshalb - diese Worte möchte ich ganz besonders an Herrn Baaske richten - hat die PDS damals beantragt, einen Teil der nicht benötigten Mittel zu streichen. Die Koalition lehnte das - auch mit Ihrer Hilfe - zweimal ab. Dem Mittelabfluss ist nun zu entnehmen, dass die Mittel in dem Umfang, wie wir es vorhergesagt hatten, wirklich nicht benötigt wurden. Ihre Äußerungen von gestern zeugen davon, dass Sie die Realität nicht nur in Brandenburg, sondern auch in diesem Parlament sehr eingeschränkt wahrnehmen, Herr Fraktionsvorsitzender. Nichts, aber auch gar nichts hat sich seit den genannten Haushaltsberatungen geändert. Die Situation ist vergleichbar; wieder werden uns Mitglieder der Landesregierung erklären, man könne diese Mittel nicht für andere Zwecke einsetzen.
Meine Damen und Herren, wenn wir aber über die Vertretung reden, dann reden wir über ein Summe, die deutlich über einer Million Euro liegt. Da wir alle vermeiden sollten, durch solcherlei Unklarheiten im Haushaltsentwurf auch einen neuen Versuch einer gemeinsamen Vertretung mit Berlin kaputtzumachen, brauchen wir eindeutige Informationen von der Landes