Protocol of the Session on January 26, 2017

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, am 22. März 2013 befasste sich der Thüringer Landtag mit der Drucksache 5/5821, einem Antrag der Fraktion Die Linke. Die Initiative trug den Titel „Genossenschaften in Thüringen unterstützen“. Einige Punkte der Initiative wurden fast wortgleich in den vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen übernommen. Schon im Jahr 2013 haben wir die Genossenschaft als eine wichtige Alternative zu den anderen Unternehmensformen gesehen. Deshalb hat die CDU-Fraktion eine umfassende Anhörung zu dieser Thematik im damaligen Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit auch unterstützt. Im Rahmen der schriftlichen Anhörung wurden damals 15 Verbände, Institutionen und Personen angehört. Nach einer umfangreichen Auswertung kamen die damaligen Koalitionsfraktionen von CDU und SPD zu dem Schluss, dass die damals vorhandenen Beratungsmöglichkeiten als ausreichend betrachtet werden und es keiner expliziten Programme für Genossenschaften bedarf.

Was sagte der damalige Thüringer Wirtschaftsminister am 22.03.2013? Ich zitiere: „Deswegen wird die Landesregierung auch weiterhin mit den Möglichkeiten, die sie hat, über die Wirtschaftsförderung, über Beratung und viele andere Instrumente versuchen, Genossenschaften in Thüringen als einen Bestandteil [...] eines vernünftigen Unternehmensportfolios unterstützen.“

Heute debattieren wir erneut über Genossenschaften und andere Formen des solidarischen und demokratischen Wirtschaftens. Wieder stellt sich die Frage, ob die bestehenden Förderprogramme und Beratungsmöglichkeiten angepasst werden müssen. In Sachen Beratungsmöglichkeiten für Genossenschaften hat sich der Ministerpräsident bereits in einem Gespräch mit dem Genossenschaftspräsidenten am 23.10.2015 positiv über die vorhandenen Möglichkeiten geäußert. So verwies er auf das ThEx, das die Gründungen von Genossenschaften unterstützt. Sinngemäß hätte er auch wie der damalige Thüringer Wirtschaftsminister sagen können: Die vorhandenen Instrumente sind ausreichend. Zudem wäre noch ein Verweis auf die bestehenden Unterstützungsoptionen möglich gewesen, aber vielleicht hat er das ja auch gemacht, und zwar: Beratung von Gründungswilligen beim Thüringer Netzwerk PRO GRÜNDEN, Beratung zum Thema „Energiegenossenschaften“ bei der Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur und Information über die Rechtsform Genossenschaft bei den zahlreichen Genossenschaftsverbänden.

Meine Damen, meine Herren, wir sehen auch keinen Bedarf, die vorhandenen Fördermechanismen speziell den Genossenschaften anzupassen. Jeder, der die Absicht hat, eine Genossenschaft zu gründen, kann sich individuell mithilfe des Existenzgründerpasses beraten lassen. Der Vorteil ist, dass jeder der drei Partner, die mindestens für die Gründung einer Genossenschaft notwendig sind, individuell einen Existenzgründerpass beantragen kann.

Außerdem wurde die Frage einer Förderung für Genossenschaften schon hier im Landtag im Jahr 2013 intensiv diskutiert, ich sagte es. In einer Stellungnahme des damaligen Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft in Baden-Württemberg wurde auf die Förderung von Genossenschaften in den Jahren 2009 bis 2011 in Baden-Württemberg eingegangen, und zwar hatte die Zahl der Neugründungen von 34 auf 57 innerhalb von zwei Jahren zugenommen. Aber dieser Effekt war laut dem Ministerium vornehmlich auf die Anreize des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zurückzuführen. Nach Angaben des ehemaligen Thüringer Wirtschaftsministers wurden über die Thüringer Aufbaubank von 2006 bis 2013 98,2 Millionen Euro an Genossenschaften ausgereicht. Ich denke, das ist eine beachtliche Summe. So stieg von 2006 bis 2013 auch die Zahl der Genossenschaften von 16 auf 29. Insgesamt hatten wir in Thüringen damals 465 Genossenschaften bei circa 90.000 Unternehmen. Dennoch beträgt der Anteil der Thüringer Genossenschaften in Thüringen nur 0,5 Prozent der Unternehmen.

Meine Damen, meine Herren, aus den erwähnten Gründen sieht meine Fraktion nicht die Notwendigkeit, die Punkte 2 a) und 2 b) des vorliegenden Antrags zu unterstützen. Schon eher diskussionswür

(Staatssekretär Maier)

dig ist der Punkt 2 c), die Zulassung des wirtschaftlichen Vereins. Die Zulassung des wirtschaftlichen Vereins obliegt den Ländern. Nach der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Auftrag gegebenen Studie mit dem Titel „Potenziale und Hemmnisse von unternehmerischen Aktivitäten in der Rechtsform der Genossenschaft“ sollte die Genehmigungspraxis des wirtschaftlichen Vereins in den Ländern vereinfacht oder offener gestaltet werden. Das kann nach unserer Ansicht durchaus zur Verbesserung von bürgerschaftlichen Initiativen beitragen. Aber leider ist das nur ein Punkt von fünf Forderungen in dem Antrag, dem wir positiv gegenüberstehen.

Nach Punkt 2 d) wollen Sie das Mitarbeiterbeteiligungsprogramm des Freistaats um die Möglichkeit von genossenschaftlichen Übernahmen ergänzen. Inwiefern es einer Ergänzung des Mitarbeiterbeteiligungsprogramms bedarf, sei dahingestellt. Vielmehr ist es für die CDU-Fraktion generell wichtig, dass Unternehmensnachfolgen erfolgreich und die Unternehmen für die künftigen Herausforderungen gut aufgestellt sind. Bei Mitarbeiterbeteiligungen haben sich bereits viele Instrumente bewährt, die auf eine Gewinnerzielung der Gesellschaft abstellen. So sind die stille Gesellschaft oder die kleine AG hervorzuheben. Bei der kleinen AG können die Anteile flexibel gehandelt werden und Mitarbeiter partizipieren von den Erfolgen ihres Unternehmens.

Mir ist durchaus bekannt, dass die Form der Genossenschaft bei den hiesigen regierungstragenden Landtagsfraktionen besser ankommt, zumal Genossenschaften zumindest vom Anspruch her stets solidarisch handeln sollten und der eine für den anderen einstehen soll.

(Beifall CDU)

Im Falle einer Nachschusspflicht sieht der Alltag allerdings oftmals anders aus. Deswegen hat auch die Bundesregierung von einer erneuten Novellierung des Genossenschaftsrechts Abstand genommen. Die Studie des Bundeswirtschaftsministeriums belegt, dass die Befragten mit den strengen Auflagen für Genossenschaften sehr zufrieden sind, zumal die Genossenschaften dadurch weniger insolvenzanfällig sein sollen.

Ich vermute, die Mehrheit hier im Landtag hat eine andere Meinung. Diesbezüglich sollte jedoch beachtet werden, dass selbst der Bundesverband der Wohnungswirtschaft darauf hingewiesen hat, dass eine Befreiung von der genossenschaftlichen Prüfungspflicht, zum Beispiel bei einer Kooperationsgesellschaft – also der Kleinstform einer Genossenschaft –, die sichere Rechtsform der Genossenschaft gefährden würde.

Meine Damen, meine Herren, als CDU-Fraktion stehen wir für die Bewahrung der Rechtsform der Genossenschaft mit ihren Qualitätsmerkmalen.

(Beifall CDU)

Eine Verwässerung durch Schaffung einer neuen genossenschaftsrechtlichen Rechtsform ohne Prüfungsverpflichtung bei der Gründung und in der Folgezeit lehnen wir ab. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordneter Hausold das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst habe ich mit Interesse den Bericht der Landesregierung gehört und ich darf Ihnen danken, Herr Staatssekretär, denn – und das will ich auch ein bisschen mit Bezug auf meinen Vorredner sagen – wir sind uns sicherlich alle einig, was den Bestand und den Schutz des Bestands von Genossenschaften angeht. Wir können uns auch darin einig sein, dass wesentliche Voraussetzungen für deren Existenz bestehen. Auch darauf hat die Landesregierung ja nochmals verwiesen. Dennoch sehen wir durchaus an einigen Punkten Diskussions- und gegebenenfalls Nachbesserungsbedarf und darauf will ich vielleicht an dieser Stelle neben einigen allgemeinen Bemerkungen nochmals etwas vertiefender eingehen.

Die Genossenschaft – und das macht sie heute eben besonders interessant – vereint ökonomisches Knowhow mit der Persönlichkeitsentwicklung ihrer Mitglieder und einem oftmals darüber hinausgehenden gesellschaftlichen Verantwortungsbewusstsein. Dieses spezielle Wesen der Genossenschaften ist so bereits im Genossenschaftsgesetz angelegt und begründet. Deshalb ist es auch aus unserer Sicht wünschenswert, wenn wir in gesellschaftlichen Bereichen, wo genau diese Werte besonders notwendig sind, noch mehr Genossenschaften hätten, als dies heute der Fall ist. Interessant ist nun, dass es in eben diesen Bereichen – Kollegin Leukefeld hat das hier schon angeführt –, zum Beispiel bei Dorfläden, oftmals nicht zu Genossenschaftsgründungen kommt. Stattdessen lässt sich immer wieder beobachten, dass es zwar zunächst vom Gründungswillen ein Interesse an Genossenschaften gibt, am Ende aber aufgrund bestimmter Hemmnisse davon abgesehen und in Ausweichformen gegründet wird, wenn überhaupt. Vor diesem Hintergrund sehen wir durchaus Anpassungsbedarf. Es ist natürlich vollkommen logisch, dass unternehmerisches Handeln in ganz unterschiedlichen Formen erfolgt, was sich vor allem auch nach den jeweiligen Geschäftsideen und unternehmerischen Interessen richtet. Es ist gut – und da stimme ich mit der Landesregierung überein –, dass wir mit dem Thüringer Zentrum für Existenz

(Abg. Wucherpfennig)

gründungen und Unternehmertum – ThEx – hierzu inzwischen eine kompetente Beratungsstelle haben, die den angehenden Neuunternehmerinnen und -unternehmern mit Rat und Tat beim Abwägen von Vor- und Nachteilen unterschiedlicher Unternehmenstypen zur Seite steht.

Sehr interessant ist in dieser Beziehung allerdings auch eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie aus dem März 2015 – ich glaube, die wurde auch schon von Vorrednern zitiert –, wo im Endbericht Potenziale und Hemmnisse von unternehmerischen Aktivitäten in der Rechtsform der Genossenschaft aufgezeigt wurden. Sie wurde erstellt von der Kienbaum Management GmbH in Zusammenarbeit mit dem Seminar für Genossenschaftswesen der Universität Köln und verweist auf Problemfelder, die Unterstützungsprogramme bundesweit, aber auch hier in Thüringen prägen und die wir im Sinne der Verhinderung von Benachteiligung, meine Damen und Herren, abstellen sollten. Darüber wünschen wir die Debatte und halten wir die Debatte für notwendig.

Vielleicht erlauben Sie mir an dieser Stelle ein kurzes Zitat aus der genannten Studie, welches wie folgt lautet: „Grundsätzlich zeigen die Erfahrungen aus der Praxis, dass die Fördermöglichkeiten für Genossenschaften im Vergleich zu anderen Rechtsformen eher eingeschränkt sind. Dabei ist es häufig die besondere Verfasstheit von Genossenschaften, welche Auslegungsspielräume schafft, die sich zu Lasten der Genossenschaften auswirken [...]. Dies bedeutet, dass es sich bei einer Diskriminierung von Genossenschaften in öffentlichen Förderprogrammen in den meisten Fällen nicht um einen expliziten, sondern um einen impliziten Ausschluss handelt.“ Ich glaube, davon ausgehend sollten wir die weitere Debatte auch führen. Dieser Befund lässt sich durchaus auch auf Thüringen übertragen. Genossenschaften sind anders als die meisten anderen Unternehmensformen darauf gerichtet, dass die Mitglieder gemeinsam Verantwortung übernehmen und gemeinsam entscheiden. Es handelt sich also um Personen, die nicht auf die eine Unternehmerpersönlichkeit zugeschnitten werden wollen oder können. Im Ergebnis ist es etwa äußerst schwierig, dass in einer gemeinschaftlichen Gründungsphase eine Person als Individuum die möglichen Risiken einer Kreditaufnahme stemmen muss, weil es kein angepasstes Format der Förderung gibt, welches die Teamleistung der Gründung auch im Förderinstrumentarium widerspiegelt, meine Damen und Herren. Und hier müssen wir unserer Auffassung nach Wege finden, wie das unternehmerische Risiko, welches als Gruppe angetreten wird, sich auch entsprechend in der Förderlandschaft abbilden lässt, etwa indem Genossenschaften bei solchen Programmen prinzipiell als juristische Person antragsberechtigt sind.

(Beifall DIE LINKE)

Auch andere Bereiche zeigen diesen impliziten Ausschluss. Vor der Bewilligung eines Förderantrags steht bekanntlich zunächst eine Menge Papier, was wir zum Teil auch alle beklagen. Schaut man auf diese Formulare mit dem Blick eines Genossenschaftsvorstands, gibt es dort einige Probleme. Es kann zum Beispiel vorkommen, dass das Formular die eingetragene Handelsregisternummer verlangt. Das ist eine ganz einfache sächliche Frage. Genossenschaften, die im Genossenschaftsregister eingetragen werden, scheitern theoretisch schon hier. Weiter geht es damit, dass Vorstände, die die Geschäfte einer Genossenschaft laut Gesetz zu führen haben, ebenso wenig vorgesehen sind. Vorstände können zwar als Gesellschafter eingetragen werden, dann wird es aber schwierig, weil bei den zwingenden Angaben zu den Gesellschaftern Angaben zu den prozentualen Kapitalanteilen und prozentualen Stimmrechtsanteilen zu machen und diese in einem Organigramm darzustellen sind. Genossenschaften haben jedoch – das wissen wir – ein variables Eigenkapital, ein Kopfstimmrecht und eine offene Mitgliedschaft. Mit jedem neuen Mitglied ändert sich sowohl der potenzielle Anteil am Kapital als auch an den Stimmrechten. Das heißt, die Werte sind deutlich weniger starr als bei anderen Unternehmensformen, gerade in Gründungs- und Wachstumszeiten, meine Damen und Herren.

Zusammengefasst will ich an der Stelle sagen: Die heute angebotenen Antragsformulare bilden in vielen Fällen die Realität von Genossenschaften eben nicht ab, sodass auch dann, wenn Genossenschaften Förderungen beantragen können, dieser Prozess für sie bedeutend schwieriger umzusetzen ist. Und da sage ich Ihnen ganz klar: Solche reinen formalen und bürokratischen Hürden müssen wir überwinden können und können wir unserer Ansicht nach auch überwinden, um eine entsprechende Gleichbehandlung für Genossenschaften herzustellen, meine Damen und Herren. Das kann übrigens auch bedeuten, dass es sinnvoll ist, spezielle Förderprogramme für Genossenschaften und ihre Gründung aufzulegen. Wir alle kennen hier erfolgreiche Beispiele, etwa im Bereich – war auch schon in Erwähnung – der Energiegenossenschaften. Baden-Württemberg hat ein spezielles Förderprogramm für Genossenschaften allgemein entwickelt. Bayern fördert ganz explizit die Begründung von Sozialgenossenschaften. Also es ist nicht so, dass wir nicht in den angrenzenden und auch weiter entfernten Bundesländern sozusagen Anleihen an Ideen aufnehmen können für unsere weitere Arbeit. Ich denke, dass es eben auch in Thüringen diese Bedarfe gibt, die sich durch das Wesen einer Genossenschaft hervorragend bedienen lassen würden, wo es also gleichzeitig Wirtschaftlichkeit, Selbstverwirklichung der Genossenschaftsmitglieder und einen gesellschaftlichen Mehrwert gibt.

Die Dorfläden wurden schon erwähnt. Ich will auch noch mal auf anderes Gebiet gehen. Oft sind im kulturellen Bereich solche Fragen angesiedelt. Ich nenne mal zum Beispiel regionale Museen, die gemeinschaftlich vielleicht weiterbetrieben werden könnten, bei denen aufgrund verschiedener Situationen eine öffentliche Betreibung nicht mehr möglich ist. Wir haben generell ja die Verantwortung, dass auch im ländlichen Raum – dazu diskutieren wir in ganz verschiedenen Facetten – Infrastruktur, Dienstleistungen, kulturelles Leistungsangebot unter veränderten Bedingungen stabilisiert werden müssen. Und wir sollten sehr deutlich machen, dass wir hier auch auf genossenschaftliche Wege gehen könnten, wenn sich Menschen gemeinschaftlich bereitfinden, dies zu tun.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben schon gesprochen über den wirtschaftlichen Verein. Dazu hat hier auch Kollege Wucherpfennig Ausführungen gemacht. Ja, auch das halten wir für eine wichtige Überlegung. Der Staatssekretär hat ebenfalls darauf Bezug genommen. Der wirtschaftliche Verein ist gerade für Kleinstgründungen interessant, weil er weitgehend den gleichen Bestimmungen unterliegt wie ein Idealverein. Es entfallen zahlreiche bürokratische und finanzielle Belastungen, welche etwa bei der Begründung einer Genossenschaft durch die gesetzlichen Vorgaben unabweisbar sind. Dennoch werden außer im Agrar- und Forstbereich kaum noch wirtschaftliche Vereine zugelassen, was dazu führt, dass viele potenziell Interessierte in die Form des Idealvereins ausweichen, obwohl sie eigentlich ein vorrangiges wirtschaftliches Interesse verfolgen. Denken Sie beispielsweise an die Eine-Welt-Läden, die oftmals als e. V. firmieren. Für eine andere Politik hat man sich da zum Beispiel schon in Rheinland-Pfalz entschieden. Hier werden in nennenswertem Umfang wirtschaftliche Vereine zugelassen und dort gibt es äußerst positive Rückmeldungen zu den Erfahrungen in den genannten Bereichen. Und ich würde es eben sehr begrüßen – und der in unserem Antrag vorgesehene Prüfauftrag eröffnet ja genau dafür den Spielraum –, dass sich das Wirtschaftsministerium in einer Fachkonferenz etwa mit den Erfahrungen in Rheinland-Pfalz und anderswo befasst und eine Abwägung vornimmt, an deren Ende gegebenenfalls eine veränderte Praxis in Thüringen steht, die auch hier das Gründungsgeschehen stärker stützt.

Neue Wege sollten wir aber, meine Damen und Herren, auch in den bekannten und sehr angestrengten und wichtigen Themen der komplizierten Situation bei Unternehmensnachfolgen beschreiten, die ja oft daran scheitern, dass keine einzelne Person sich findet, die bereit ist, sich den Hut aufzusetzen und damit auch die komplette Verantwortung etwa für einen Handwerksbetrieb mit zehn Mitarbeitern zu übernehmen. Die Nachfolge in einem Unter

nehmen anzutreten, stellt ein wirtschaftliches Risiko dar, das ist freilich unbestritten, welches aber zunehmend von Menschen im Freistaat eher gescheut wird. Da sagen wir, die Umwandlung von Unternehmen in Produktivgenossenschaften kennt in Europa verbürgte – gehen wir mal über unsere Landesgrenzen etwas hinaus – und erfolgreiche Beispiele etwa in Italien und wird ganz explizit auch im bereits zitierten Bericht von Kienbaum und der Universität Köln sozusagen empfohlen. Die Vorteile lägen ja auf der Hand. Bewährte Unternehmen blieben erhalten, die bisherigen Angestellten würden Eigentümer, könnten gemeinschaftlich die notwendigen Mittel zur Übernahme bereitstellen und durch eine Aufteilung der Lasten die Unternehmensführung auf viele Schultern verteilen und damit zugleich den Schritt für den Einzelnen auch überschaubarer gestalten. Völlig klar ist, wie die ökonomischen, aber natürlich auch die regionalen Auswirkungen wären, wenn das in stärkerem Maße möglich wäre.

Vor diesem Hintergrund ist natürlich für uns auch ein Blick auf das Mitarbeiterbeteiligungsprogramm durchaus angesagt, weil wir der Meinung sind, dass man unter Umständen dann nicht allein bei den stillen Beteiligungen bleibt, sondern auch Möglichkeiten schafft, diesen anderen, von mir kurz skizzierten Weg zu bestreiten.

Ich möchte auch noch mal kurz auf die bundespolitischen Zusammenhänge eingehen. Hier wurde schon hervorgehoben, dass im Sinne der Kooperationsgesellschaft im Grunde genommen eine Lösung angedacht ist, die viele bürokratische Hürden abbauen würde. Nach unserem Kenntnisstand scheint auf der Bundesebene, ähnlich wie die Landtagsberatungen in der vorangegangenen Wahlperiode, wo schon seit 2013 beraten wird, seitdem das berühmte „Still ruht der See!“ zu gelten. Deshalb sind wir jederzeit bereit, falls es doch noch in dieser Legislaturperiode konkretere Initiativen auf der Bundesebene gibt, worüber wir uns ausdrücklich freuen würden, diese entsprechend aus Thüringer Sicht zu unterstützen.

Lassen Sie mich zum Schluss betonen, dass Thüringen von mehr Genossenschaften nur profitieren kann. Genossenschaften gelten vollkommen zu Recht als eine stabile Unternehmensform, weil sie immer die Interessen ihrer Mitglieder und damit auch gesellschaftliche Entwicklungen im Blick haben und darauf reagieren müssen. Eine Stärkung unseres durchaus gut ausgeprägten Genossenschaftswesens kann uns in vielen Bereichen helfen, Probleme aus einem anderen Blickwinkel anzugehen und einen Beitrag zu ihrer Lösung zu leisten. Wir würden es deshalb sehr begrüßen, wenn Sie bei diesem Themenfeld mittun könnten, meine Damen und Herren, und unseren Antrag entsprechend unterstützen. Ich bedanke mich recht herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Kießling für die Fraktion der AfD das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste – auf der Tribüne nicht mehr allzu viele, aber sicherlich dann an den Bildschirmen! Der hier vorliegende Antrag von Rot-Rot-Grün beschäftigt sich mit einer Problematik, die es an sich so gar nicht gibt. Der Antrag lautet: „Initiative zur verbesserten Unterstützung von Genossenschaften und anderer Formen des solidarischen und demokratischen Wirtschaftens“. Bereits jetzt wird in allen Beratungen zur Existenzgründung die besondere Form der Genossenschaften vorgestellt. So hat es auch die Regierung ausgeführt, dass entsprechend dort Beratungen angeboten werden. Ebenso werden die Vorund Nachteile aufgezeigt und die potenziellen Geschäftsgründer optimal informiert. Trotzdem sehen Sie von Rot-Rot-Grün eine systematische Benachteiligung, wenn man zwischen den Zeilen liest. Herr Hausold hat es auch ausgeführt, dass es da irgendwo eine Benachteiligung geben sollte. Darauf gehe ich nachher ein.

Das verstehen die Bürger beim besten Willen nicht, warum eine wirtschaftliche Rechtsform mit Steuermitteln gefördert werden soll und warum andere Rechtsformen eben nicht gefördert werden. Da fragt man sich schon: Wo ist hier die Gleichbehandlung? Was ich aber verstehe, ist die Tatsache, dass, wenn Ihr Antrag eine Mehrheit finden sollte, eine weitere bürokratische Welle auf den Freistaat Thüringen zurollt. Ich sage nur: Aktualisierung der Antragsformulare – das haben wir vorhin kurz gehört –, zusätzliche Mitarbeiterschulungen im Bereich der Genossenschaften und die Erarbeitung einer weiteren Förderrichtlinie, Coaching und weitere geänderte Beratungsangebote usw., usw., so Ihre Forderungen im Antrag. Wenn man sich jetzt noch die Mühe macht, zu prüfen, was ohne diese Forderungspunkte von Ihrem Antrag übrig bleibt, dann stellen Sie fest: Tja, da ist nicht mehr viel übrig.

Wir halten Genossenschaften auch für eine gute Rechtsform, aber warum sollte die extra mit Fördermitteln bedacht werden, fragt man sich. Wären nicht die Fähigkeiten der Gründer und der Geschäftszweck der ausschlaggebende Punkt für eine Förderung? Es gibt bereits Förderrichtlinien. Warum noch mehr Papier produzieren, um noch weitere Richtlinien aufzulegen? Wir sind gegen eine Förderung mit Steuergeldern, wenn der Geschäftszweck die Grundsätze des ökonomischen Wirtschaftens missachtet bzw. im Gegensatz zur Be

triebswirtschaftslehre steht. Der Stärkung des Gemeinwohls stehen wir als AfD natürlich auch positiv gegenüber, wenn unsere Thüringer Bürger dadurch wirklich gestärkt werden. Gerade Initiativen mit dem Ziel, das Gemeinwohl zu stärken, da sind Genossenschaften eine gute Möglichkeit, sich zu verwirklichen, da sie eben nicht die Gewinnmaximierung als Ziel ihres Handelns haben. Aber die Antragsteller haben hier auch andere Formen angeführt und definiert. Darüber besteht ja sicher noch Abstimmungsbedarf. Ich habe jetzt nicht konkret gehört, was Sie genau mit anderen Formen meinen. Und, sehr geehrte Frau Rothe-Beinlich – sie ist jetzt gerade nicht hier im Plenarsaal –, es sei an dieser Stelle auch erlaubt, zu betonen, dass es noch erwähnenswert ist, dass Sie als Grüne die größte ehemalige Genossenschaft der Landeshauptstadt, nämlich die KoWo, jedes Jahr um mehrere Hunderttausend Euro schröpfen, für wen und für was auch immer. Wir fragen uns natürlich, für was oder wen dieses Geld wohl entnommen wird,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Die KoWo ist eine Gesellschaft!)

denn im allgemeinen Verständnis sind Genossenschaften geschlossene Einheiten mit dem Ziel, die einzelnen Mitglieder zu stärken und natürlich so auch dem Allgemeinwohl zu dienen. Alles, was dort erwirtschaftet wird, ist Eigentum aller Genossen der Genossenschaft, aber nur dieser Genossen, nicht zu verwechseln mit Parteigenossen wie Herrn Kuschel.

Es gibt eine Zwischenfrage,

Nein danke.

die Sie nicht gestatten, Herr Kießling. Oder?

Ich sagte: Nein danke.

Gut.

Weil, da kommt nichts Gutes von der Seite.

(Beifall und Heiterkeit AfD)

Wenn Sie also Genossenschaften stärken wollen, dann bitte nicht nur durch bloße Worte parlamentsunwürdiger Mitarbeiter oder …