Man muss sich das mal vorstellen: Im Netzentwicklungsplan 2025, erster Entwurf zur Anhörung der Übertragungsnetzbetreiber, steht, dass wir den derzeit circa 6 Gigawatt Stromtransit durch Deutsch
land bis zum Jahr 2025 auf 14 Gigawatt erhöhen. Und dann Erstaunen in der Runde: 8 Gigawatt mehr. Die Übertragungsnetzleistung der Gleichstrom-Hochspannungstrassen durch Deutschland sind genau 8 Gigawatt. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Wir bauen Trassen von Wolmirstedt bis Isar – so ist es im Gesetz festgelegt –, lesen dann aber ein Stück weiter vorn, dass es die Hansa PowerBridge von Güstrow nach Schweden gibt und geplant ist, von Wolmirstedt nach Güstrow auf HG umzurüsten und parallel die Interkonnektoren, also die Grenzübergangsstellen, für den Strom nach Österreich zu verstärken. Wir bauen also eine Transitleitung von Schweden nach Österreich. Und wer bezahlt es? Nicht der Stromhändler in Schweden oder der Stromempfänger oder -händler in Österreich, nein, die Bürgerinnen und Bürger, die Verbraucherinnen und Verbraucher hier in Deutschland bezahlen diese Trassen, die kleinen Handwerker, die Industriebetriebe, wenn sie nicht befreit sind, und Sie und ich. Wir bezahlen über die Netznutzungsentgelte diese Kosten. Allein von 2015 zu 2016 ist bei 50Hertz das Netznutzungsentgelt um 30 Prozent erhöht worden. Das sind 0,5 Cent. Und es sind erst 10 Prozent der geplanten Maßnahmen im Netzgebiet von 50Hertz umgesetzt worden. Wie weit sollen diese Gebühren denn noch steigen, die die Verbraucherinnen und Verbraucher von Strom zu bezahlen haben? Das meine ich mit „überflüssig“, weil wir hier deutlich machen müssen, dass wir eine andere Finanzierung dieser Netztrassen brauchen. Wenn es europäische Trassen sind, wie aus dem europäischen Netzentwicklungsplan herauszulesen ist, dann muss es anders finanziert werden, denn diese dienen nicht dem Transport von Windstrom nach Bayern, sondern sie dienen nur dem Stromexport, dem Stromtransit durch Deutschland. Wenn das nicht durchgeführt werden würde, bräuchten wir auch heute schon keine RedispatchKosten von 300 Millionen Euro, wenn wir von der Braunkohle weggehen würden, wenn wir den Erneuerbaren den Vorrang einräumen würden, den sie per Gesetz haben, damit sie auch durch die Leitungen fließen. Aber was machen wir? Wir regeln die Erneuerbaren ab. Für die Leute, die den Strom gekauft haben in Österreich, fahren wir in Bayern die Gaskraftwerke an und bezahlen denen den Strom, damit die in Schweden ihr Geld bekommen. Das ist schizophren, das ist keine seriöse Politik. Von der Warte aus müssen wir uns grundsätzlich über das Problem „Stromtrassen in Deutschland“ unterhalten, ob die nun erdverkabelt sind oder Freileitungsbau, wobei natürlich die Erdverkabelung eindeutige Präferenz hat.
Wir haben dieses Jahr schon öfter darüber debattiert, aber irgendwie haben Sie es immer noch nicht begriffen. Vielleicht klappt es ja irgendwann. Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren hier im Raum, meine werten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Gruhner, ich habe mich gefreut, unsere Positionen nähern sich immer mehr an. Willkommen bei der Erkenntnis,
dass Erneuerbare wichtig sind. Willkommen bei der Erkenntnis, dass der Umstieg auf Erneuerbare nur mit einem Leitungsbau geht. Willkommen bei der Erkenntnis, dass wir natürlich zuerst Monitoring haben wollen. Willkommen bei der Erkenntnis, dass das Erdkabel im Einzelfall natürlich wichtig und wesentlich ist. Dies kann ich nur begrüßen. In der Wiederholung liegt der Lernfall. Ich bin heute eigentlich begeistert und stelle fest: Wir haben keinen Dissens
Ich denke mir den Teil, nehme einen Schluck Wasser und stelle das Glas wieder hin. Ich spreche hier mit Fraktionen, die den Klimawandel für sich verinnerlicht haben und nicht als Glaubensbegriff definieren.
Um es kurz zusammenzufassen: Der Ausstieg aus den konventionellen Energieträgern ist wichtig. Dazu brauchen wir den Leitungsbau und dazu brau
chen wir die Akzeptanz der Bürger. Natürlich ist es wichtig – und das hat der Kollege Harzer deutlich angesprochen –, die Fehler, die in der Vergangenheit gemacht worden sind am Beispiel der Thüringer Strombrücke nicht weiter auszubauen, sondern zu verändern. Natürlich wäre es in dem Bereich richtig gewesen, auf die Region Rücksicht zu nehmen und – möge es ein Tunnel oder eine Erdverkabelung sein – einen unberührten Naturraum nicht weiterhin mit Masten zu durchschneiden. Deswegen kann ich diesen Erkenntniszugewinn aller Fraktionen nur begrüßen, freue mich auf die weitere Debatte und bin sicher, dass auch die technische Entwicklung hier große Dienste leistet, denn – und das ist wichtig, lassen Sie mich den Punkt noch erwähnen – wir reden jetzt von HGÜ-Leitungen im Erdkabelbereich. Das haben wir vor fünf Jahren noch nicht getan, damals war die Technik nicht so weit. Das reduziert die Kosten erheblich. Das macht die Technik einsetzbar und umsetzbar und ich bin mir sicher, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir in diesem Haus die weiteren technischen Entwicklungen auch begleiten dürfen. Abschließend bitte nur die Erwähnung: Der erneuerbare Leitungsausbau dort, wo er notwendig ist, ist der richtige Weg für die Zukunft, um die Ziele des Klimawandels umzusetzen, die Ziele aus Paris umzusetzen. Das Ganze muss aber mit einer fairen Kosten-Nutzen-Lasten-Verteilung einhergehen und darüber, denke ich, werden wir in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten, Jahren noch streiten dürfen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, in Deutschland wird seit mehr als 15 Jahren von allen in den Parlamenten vertretenen Parteien die Energiepolitik des neuen Typs begrüßt. Meistens wird sie Energiewende genannt. Zutreffender spricht man lieber von Planwirtschaft. Mit dieser Energiewendepolitik geht ein enormer Ausbaubedarf der Leitungsnetze einher, das haben meine Vorredner auch schon erwähnt. Das hat seinen Grund in der chaotischen Förderung der erneuerbaren Energien. Anlagebetreiber von Erneuerbare-Energie-Erzeugungsanlagen erhalten auch dann hohe Subventionen auf eingespeisten Strom, wenn dieser zur Unzeit erzeugt wird oder die Anlagen in Regionen stehen, wo kaum ein Abnehmer vorhanden ist und wo Fuchs und Hase grußlos aneinander vorbeiziehen.
Die logische Folge davon ist, dass die hoch volatile Stromeinspeisung, die keiner vor Ort braucht, über die Stromnetze abtransportiert werden muss. Herr Gruhner hat uns ja schon an seinem Wissen teilhaben lassen, dass man Strom nicht in Tüten abtransportieren kann. Danke für diesen Erkenntnisgewinn!
Da die Netze für den Abtransport der erneuerbaren Energien nicht ausreichend dimensioniert sind, kommt es logischerweise zum erforderlichen Netzausbau. Diverse Gesetze ermöglichen insofern bereits ein beschleunigtes Planungsverfahren. Was die Energieplanwirtschaftler von CDU bis Grüne jedoch bisher nicht per Gesetz regeln konnten, ist der Widerstand der Anwohner gegen neue Leitungen. Die Bürger laufen Sturm gegen die riesigen Masten, mit denen die Natur zerschnitten wird. Ihnen leuchtet es nicht ein, dass unter dem Deckmantel des Klimaschutzes Umwelt und Landschaftsbild zerstört werden. Diesen Widerstand versucht die etablierte Politik nun durch vermehrten Erdkabelausbau kleinzukriegen. Das Gesetz zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsausbaus ebnet nun den Weg für die Erdverkabelung. Bei Höchstspannungsgleichstromübertragungen wird sogar der Vorrang der Erdverkabelung festgelegt. Doch keiner soll sich der Illusion hingeben, die Erdkabel würden die Probleme des Netzausbaus lösen, so wie das Frau Mühlhauer eben dargestellt hat.
Die Kosten werden durch die Decke schießen und das zu einem Zeitpunkt, wo der für Thüringen zuständige Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz bereits eine Erhöhung seiner Netzentgelte um 30 Prozent genehmigt bekommen hat. Die Verlegung von Erdkabeln erhöht im Vergleich zu Freileitungen die Baukosten um das Vier- bis Zehnfache. Bei einer Verlegung von Kabeln in Tunnel, wie das beispielsweise bei HGÜ-Verbindungen oft der Fall ist, können sich diese Kosten sogar um den Faktor 30 bis 40 erhöhen. Was das für die zukünftige Kostenbelastung unserer Industrie- und Handwerksbetriebe bedeutet, ist hoffentlich jedem hier klar. Hinzu kommt, meine Damen und Herren, dass die Kostenbelastung nicht bei diesen erhöhten Investitionskosten aufhört. Während Freileitungstrassen circa 80 Jahre genutzt werden können, beträgt die Haltbarkeit von Kabeln nur rund 40 Jahre. Der Instandsetzungsaufwand ist wegen der eingeschränkten Zugänglichkeit deutlich erhöht. Erfahrungen für die Zuverlässigkeit einer Erdkabelverbindung über lange Strecken gibt es nicht. Hier wird deshalb – das muss ich Herrn Gruhner mitgeben – Energiewendepolitik im schlechtesten Sinne betrieben, nämlich ein Experiment mit ungewissem Ausgang für die Versorgungssicherheit und in jedem Fall enorm hohen Kosten für den Verbraucher und für die Industrie.
sich ebenfalls getäuscht sehen. Denn eine Erdkabeltrasse beeinträchtigt die Natur vermutlich noch stärker als dies bei eine Freileitungstrasse der Fall ist, unter der zumindest bis zu einer bestimmten Höhe Anpflanzungen möglich sind. Eine Erdkabeltrasse muss hingegen von tiefwurzelnden Pflanzen freigehalten werden. Erdkabel strahlen auch Wärme ab, was die Bodenfeuchtigkeit beeinflusst. Alle 500 bis 700 Meter braucht es Kompensationseinrichtungen und Muffenbauwerke. Wer also unberührte Natur erwartet, der sollte sich stattdessen lieber auf einen Anblick einrichten, der tendenziell eher dem des Kolonnenwegs an der ehemaligen innerdeutschen Grenze ähnelt.
Ich denke, damit habe ich die Position der AfD zum neuen Erdkabelgesetz verdeutlicht und es sollte auch die Position Thüringens sein. Es handelt sich dabei um ein typisches Produkt der neuen Energiewendepolitik der Altparteien. Es ist verdammt teuer, es belastet die Industrie, das Handwerk und die Haushalte, es gefährdet die Versorgungssicherheit und ist am Ende nicht einmal umweltfreundlich. Danke schön.
Vielen Dank, Herr Möller. Das Wort hat nun Abgeordneter Kobelt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Möller, Sie machen es uns viel zu einfach, denn jedes Mal, wenn es um energiepolitische Probleme geht, erleben wir Sie als AfD, wie Sie meckern, wie Sie rumschimpfen, was alles nicht geht. Wiederum ist es so, dass Sie keinen einzigen konstruktiven Vorschlag gemacht haben, wie Energiepolitik Ihrer Meinung nach aussieht.
Das Einzige was man von Ihnen immer hört – das ist allgemein bekannt –, dass Ihre Fraktion und vor allem Ihr Vorsitzender auch große Fans der Kaiserzeit oder des Kaiserreichs sind. Da müssen wir Ihnen leider sagen, die Energieversorgung mit Dampfturbine und mit Kohlestrom ist nicht zukunftsfähig für das 21. Jahrhundert.
(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN; Abg. Gentele, fraktionslos; Abg. Hel- merich, fraktionslos)
Sie legen hier so einen rhetorischen Wall hin, bei dem man denkt, das ist aus einem Guss. Aber Sie haben leider Ihre eigenen Entscheidungen vergessen. Sie haben auch vergessen, dass Sie, als Sie unter der damaligen Ministerpräsidentin Lieberknecht in der Staatskanzlei gearbeitet haben, von der damaligen Bunderegierung gefragt wurden: Was sagt eigentlich Thüringen zum Netzentwicklungsplan? Sie haben auch vergessen, dass Sie zugestimmt haben, dass es zu Trassen, die da waren, die auch durch Ostthüringen gegangen sind, da keinen Widerstand gab.
Im Gegenteil gab es Solidaritätsbekundungen Ihrer damaligen Landesregierung mit den anderen ostdeutschen Landesregierungen, dass Sie sich doch bitte für einen verstärkten Ausbau der Braunkohle einsetzen, weil das ein ganz wichtiger Energiebereich ist.
Davon wollen Sie heute allerdings nichts mehr wissen. Sie haben kurz vor der Wahl gesagt: Das ist sehr schlimm. Sie haben sich rumgedreht mit Ihrer Meinung. Sie haben gesagt: Wir wollen jetzt keine Leitungen mehr in Ostthüringen haben. Das hat Ihnen der Wähler aber offensichtlich nicht abgenommen und auch in Zukunft wird es Ihnen niemand abnehmen.
Jetzt sagen Sie wieder, Sie haben gut verhandelt oder Ihr neuer Freund, CSU-Ministerpräsident Seehofer, hat gut verhandelt, jetzt ist das alles nicht so schlimm, wir haben jetzt Erdkabelverleitung und das wird uns alle retten. Wir sagen als Grüne ganz eindeutig: Wenn man über Neubautrassen durch den Saale-Holzland-Kreis spricht – und da müssten Sie, Herr Mario Voigt, auch hellhörig werden, der sich dort sonst immer für die Interessen der Bürger einsetzt –, dann muss man auch bei einer Erdverkabelungsleitung vorsichtig sein, denn auch eine Neubauleitung in Erdverkabelung hat mit Landschaftsverbrauch zu tun. Das geht dann auch durch das Holzland. Da werden auch Bäume gefällt und müssen Trassen freigehalten werden. Deswegen sagen wir als Bündnis 90/Die Grünen ganz eindeutig: Vorsicht vor Neubautrassen! Wir müssen alle unsere politische Energie daran setzen, dass wir versuchen auf Bestandstrassen neue Trassen zu planen und die Bestandstrassen zu nutzen. Wie das im Konkreten passiert, sind wir offen. Da müssen wir Gespräche mit den Bürgern aufnehmen und fragen: Sind das Hybridleitungen, die an Masten sind oder sind es bestehende Wechselstromleitun
gen? Verlegen wir dort Gleichstromleitungen unter der Erde? Das aber – ganz wichtig – vorzugsweise in bestehenden Trassen, damit wir nicht neuen Landschaftsraum, neue Umwelt zerstören. Das ist ein ganz klares Prä von unserer grünen Politik.