Protocol of the Session on March 21, 2018

Zweitens: Dass die angeblich männliche Sprache Frauen nicht abbilde – was auch immer wieder behauptet wird –, ist eine zwar schön klingende, aber ansonsten wirre und ganz unklare Behauptung. Ich weise nur einmal darauf hin, dass die Abbildtheorie der Sprache von der Sprachphilosophie ganz überwiegend verworfen wird. Selbst Ludwig Wittgenstein, der in „Tractatus logico-philosophicus“ möglicherweise am prominentesten diese These vertreten hat, hat sie rasch wieder preisgegeben. Es heißt, Frauen werden von der Sprache nicht deshalb nicht abgebildet, weil sie Frauen sind, sondern weil Sprache schlichtweg gar nichts abbildet, auch Männer nicht.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Witt- genstein hat auch gesagt: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schwei- gen.“!)

Die Rede davon, dass unsere schöne Sprache Frauen nicht abbilde, ist also nichts anderes als leeres Getöse.

(Beifall AfD)

Bleibt also, dass die Voraussetzungen, auf denen die sprachpolitischen Regelungen, namentlich des Thüringer Gleichstellungsgesetzes, beruhen, schlicht falsch sind.

Die AfD-Fraktion ist der Überzeugung, dass die lebendige Entwicklung der Sprache eine Sache der freien Gemeinschaft der Schreibenden und Sprechenden ist. Deshalb haben wir in unserem Entwurf formuliert: „In einer freiheitlichen Demokratie gilt, dass sich die Sprache im lebendigen und freien Gebrauch durch diejenigen weiterentwickelt, die sie sprechen und schreiben. Dazu bedarf es keiner obrigkeitlichen Sprachregeln.“

(Beifall AfD)

Dass es keiner solchen Sprachregeln bedarf, hat jetzt auch der Bundesgerichtshof im jüngst ergangenem Urteil festgestellt.

(Beifall AfD)

Zur Frage, ob eine Bank auf ihren Formularen eine weibliche Ansprache benutzen muss, stellt das höchste Zivilgericht Deutschlands fest, dass die Verwendung des generischen Maskulinums nichts

mit Diskriminierung zu tun habe, da es eben Frauen wie Männer bezeichnet.

(Beifall AfD)

Es ist schön, zu sehen, dass in deutschen Gerichten Bildung und gesunder Menschenverstand noch eine Rolle spielen. Das sollte im Thüringer Landtag nicht anders sein. Daher sollten Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen. Ich danke Ihnen.

(Beifall AfD)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Worm, Fraktion der CDU, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sprechen heute über den Gesetzentwurf der AfD „Aufhebung von Maßnahmen der geschlechterpolitischen Sprachmanipulation“. Was ich als Erstes anmerken möchte: Natürlich ist Sprache grundsätzlich das wichtigste Kommunikationsmittel in unserer Gesellschaft, das steht völlig außer Frage. Deshalb kann Sprache natürlich auch gesellschaftliche Realitäten stabilisieren, verändern oder zumindest beeinflussen. Deshalb wird von Befürwortern der gendergerechten Sprache auch immer wieder angeführt, dass man Frauen durch die geschlechtergerechte Sprache quasi sichtbar machen muss und eine Nichtnennung von Frauen diskriminierend sei. Bei allem Verständnis dafür sollte meines Erachtens aber nicht die Verständlichkeit und Klarheit der Sprache darunter leiden. Deshalb lehnen wir Schreibweisen wie den sogenannten Genderstern oder die von Frau Prof. Hornscheidt entwickelte x-Form ab, denn aus unserer Sicht sind das künstliche Konstrukte, mit denen krampfhaft versucht werden soll, Geschlechtergerechtigkeit herzustellen. Ich denke, die größten Probleme entstehen dann, wenn Einzelne jedes Wort auf Gendergerechtigkeit untersuchen oder krampfhaft versuchen, extrem künstliche Formulierungen zu finden. Deshalb spreche ich mich dafür aus, Lösungen zu finden, die erstens mit der Grammatik vereinbar sind und zweitens Texte nicht verkomplizieren. Die Benennung beider Geschlechter, also Bürgerinnen und Bürger, halte ich daher für ein probates Mittel, auch wenn ich persönlich kein Problem damit habe, aus praktischen Gründen heraus im Folgetext auch nur die maskuline Form zu nennen. Die Ansicht der Fraktion der AfD, dass es Behörden und Dienststellen per Gesetz verboten werden müsse, geschlechtergerechte Sprachregelung zu verwenden, wie die Änderung des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes in ihrem Gesetzentwurf vorsieht, teile ich jedoch nicht.

Die beabsichtigte Änderung zur Verankerung der deutschen Sprache in ihrer üblichen und bewährten

Form innerhalb des Verwaltungsverfahrensgesetzes halten wir ebenfalls für entbehrlich, denn dass die Amtssprache Deutsch ist, ist bereits gesetzlich verankert. Diese Regelung um den unbestimmten Rechtsbegriff „in ihrer üblichen und bewährten Form“ zu ergänzen, lehnen wir ab, denn das läuft dem Bestimmtheitsgrundsatz entgegen und verwässert letztendlich den Regelungsgehalt des Gesetzes. Aus diesen Gründen werden wir dem Gesetzentwurf der AfD heute nicht zustimmen. Danke.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordnete Stange das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, werte Zuhörerinnen auf der Tribüne, was wir gerade von Kollegin Herold hier noch mal in der Einbringung ihres Gesetzentwurfs gehört haben, das war meiner Meinung nach leeres Getöse. Das war meiner Meinung nach wieder ein Klischee, das hier bedient wurde. Es sind keine Fakten auf den Tisch gekommen. Ich will Ihnen noch eins mit auf den Weg geben: Sie haben Ludwig Wittgenstein zitiert, ich zitiere ihn auch und daran sollten Sie sich ein Beispiel nehmen: „Wovon man nicht reden kann, darüber sollte man schweigen.“, Frau Herold.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne, sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, in der heutigen Diskussion zum Gesetzentwurf der AfD möchte ich zu Beginn ebenfalls auf das Urteil des Bundesgerichtshofs zur Klage von Marlies Krämer eingehen. Es ist, wie es so oft im Leben ist: Jeder liest natürlich nur das heraus, was er gern möchte, und wir sehen in dem Urteil schon auch eine klare Ansage für Perspektive. Die engagierte Frau klagte – wie ich das bereits in der ersten Lesung hier nochmals betont habe – gegen die Sparkasse, die Formulare und Vorlagen nur in männlicher Sprache verwendet. Der Bundesgerichtshof geht in der Urteilsbegründung auf die gesellschaftlichen Kämpfe gegen die Benachteiligung von Frauen im Sprachgebrauch ein und gesteht ein, dass das generische Maskulinum perspektivisch nicht mehr so selbstverständlich als verallgemeinernd empfunden werden kann. Diese richtigen Einwände für die geschlechtergerechte Sprache werden leider zugunsten eines ganz lapidaren Verweises, es würde ja trotzdem noch eine Vielzahl von Gesetzen geben, die nur in männlicher Personenbezeichnung verwendet werden, über Bord geworfen. Auch wenn das auf den

(Abg. Herold)

ersten Blick nicht so scheint, können wir als rot-rotgrüne Koalition nachdrücklich daraus ableiten, warum § 28 des Thüringer Gleichstellungsgesetzes auch weiterhin wichtig und notwendig ist und dieses auch bleiben muss, werte Kolleginnen und Kollegen.

Der BGH geht darauf ein, dass Gesetzgebung und Verwaltung das Ziel der geschlechtergerechten Bezeichnung für sich erkannt hat, und erwähnt weiter, dass der Sprachgebrauch des Gesetzgebers prägend und kennzeichnend für den allgemeinen Sprachgebrauch ist. Das heißt, dass unser Gesetz – also das Gleichstellungsgesetz, um das es heute geht – und die Anwendung in den Behörden und den Thüringer Dienststellen genau dazu beitragen, an den Normen der grammatikalisch männlichen Form zu rütteln. Das, glaube ich, ist auch lange notwendig, damit das so oft vorgebrachte und ebenso fadenscheinige Argument des Mitgemeinten endlich abgeschafft und aus der Welt gebracht wird.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau darum, werte Kolleginnen und Kollegen, ist § 28 des Thüringer Gleichstellungsgesetzes mehr als notwendig. Genau das will ich noch mal aufgreifen und noch einmal ein paar Themen dazu heute sagen. Geschlechtergerechte Sprache hat sowohl Einfluss auf die Gleichstellung als auch Diskriminierung, wenn sie nicht angewandt wird. Dies habe ich bereits in der ersten Lesung zu diesem Gesetzentwurf dargelegt. Wer es wissen möchte, kann es auch noch einmal in dem Protokoll nachlesen. Aber noch einmal mit Nachdruck unsere Argumente, warum wir genau diesen Gesetzentwurf ablehnen: Die AfD – das muss auch an dieser Stelle deutlich gesagt werden – will mit diesem Gesetzentwurf zurück zu einem dogmatischen Sprachgebrauch, zu einer dogmatischen Sprache.

(Beifall DIE LINKE)

Welche Dogmen in dieser Sprache folgen, will ich Ihnen auch noch einmal aufzählen. Erstens wollen Sie natürlich damit fest manifestieren, dass perspektivisch zukünftig nur die bipolare Geschlechterordnung gilt. Also es gibt nur Mann oder Frau. Genau das ist falsch, werte Kolleginnen und Kollegen. Das wissen wir gemeinsam so gut, wie wir wissen, dass es eben nicht nur Mann und Frau gibt.

Zweitens: Mit diesem Dogma, welches ich bereits erwähnt habe, soll auch die männliche Gesellschaftsordnung, die es seit über 2.000 Jahren gibt, weiter manifestiert werden.

(Beifall DIE LINKE)

Auch das ist nicht hinnehmbar. Sie ist längst überholt und darum braucht es eine geschlechtergerechte Sprache.

(Beifall DIE LINKE)

Drittens will man natürlich auch als Rechtsaußenpartei zurück zu dem alten Konservatismus. Es muss alles so bleiben, wie es immer war und nichts darf sich ändern. Genau das ist Ihr Denkansatz –

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das haben Sie gesagt!)

und auch darum werden wir uns gegen Ihren Gesetzentwurf entscheiden.

Werte Kolleginnen und Kollegen, geschlechtergerechte Sprache muss Stück für Stück – und mit dem Gesetzentwurf oder mit § 28 des Gleichstellungsgesetzes ist der erste Schritt gegangen – überall, in allen Gesetzen, in allen Verordnungen, in allen Formularen – das sage ich auch mit dem Blick auf die Sparkassen –, umgesetzt werden, denn ich als Frau möchte auch perspektivisch nicht als Mann angesprochen werden. Da haben wir gemeinsam viel zu tun, um hier in der Gesellschaft das Bewusstsein dafür zu schaffen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Sie möch- ten doch als Mensch angesprochen werden!)

Wir wissen auch: Sprache bildet Bewusstsein ab. Ihre Sprache ist eine Sprache der Vergangenheit, werte Kollegen von Rechtsaußen!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frauen und Männer auf der Tribüne, eines will ich noch zum Schluss hier formulieren: Abgeordnete Herold stellte in der Einbringung des Gesetzentwurfs zur letzten Sitzung ja sehr auf die befürchtete Zerstörung unserer Kultur und die Verwendung von geschlechtergerechter Sprache ab. Als Beispiel führte sie die Umbenennung des Studierendenwerks an. Deswegen sei an dieser Stelle hier noch einmal erinnert, dass die Stellungnahme des Instituts für Deutsche Sprache – dem man nun nicht wirklich eine mutwillige Zerstörung unserer Kultur vorwerfen kann – die Umbenennung ausdrücklich befürwortete. Werter Herr Präsident, darf ich zitieren? Das Institut äußerte sich wie folgt: Die Umbenennung ist eine zu begrüßende Veränderung im Sinne der geschlechtergerechten und diskriminierungsfreien Bezeichnung dieser Einrichtung. Es ist ganz generell wünschenswert und zu fördern, Lösungen für die Benennung von Institutionen und Gruppen zu finden, die genau diesen Ansprüchen Genüge tun. – Dem ist, werte Kolleginnen und Kollegen, nichts mehr hinzuzufügen. Ich sehe genau dieses Zitat als Aufforderung an Rot-Rot-Grün, an diese Thematik keine Luft zu lassen, dass wir perspektivisch auch noch viel intensiver auf eine geschlechtergerechte Sprache achten und sie auch umsetzen.

Ich hätte mich gefreut, wenn die CDU zu Beginn der gestrigen Sitzung sozusagen mit ihren Ausfällen hier das Thema nicht gleich infrage gestellt hätte – ihr innenpolitischer Sprecher –, sondern dass man natürlich auch in einem etwas höheren Alter offen ist für diese Thematik – das hätte ich mir gewünscht –, leider war es nicht so. Aber ich denke, die Frauen in der CDU-Fraktion werden an der Stelle auch noch mal individuelle Gespräche mit dem Kollegen führen, damit er einfach auch auf das Neue ausgerichtet werden kann. Danke schön. Die rot-rot-grüne Fraktion lehnt diesen Gesetzentwurf ab.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Jetzt haben wir zunächst mal Frau Rothe-Beinlich noch in der Debatte. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen!

Na, na. So wollen wir es aber jetzt nicht halten.

Ich habe mich, ehrlich gesagt, eben an Ihrem Kollegen, Herrn Worm, orientiert. Der hat gesagt, wenn ausschließlich die männliche Form verwendet wird, hätte er kein Problem damit, so angesprochen zu werden. Ich habe das jetzt einfach mal übertragen und werde ausschließlich die weibliche Form nutzen. Ich bin sehr gespannt, ob sich bei dem einen oder der anderen Probleme aufzeigen werden. Denn anders, als manche meinen, ist es nämlich beim generischen Maskulinum so, dass Frauen mitnichten mitgemeint sind, andersrum aber beim generischen Femininum. Denn wenn ich „Präsidentin“ sage, ist der Präsident tatsächlich im wahrsten Sinne des Wortes schon enthalten. Sie dürften also mit dieser Anrede nach der Logik von Herrn Worm eigentlich keine Probleme haben.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das verste- he ich jetzt nicht!)

Ich muss dennoch widersprechen.