Protocol of the Session on March 1, 2019

Danke schön. Ich wollte das noch einmal hinterfragen. Ich danke Herrn Loth für die Ausführungen. - Für die SPD spricht der Abg. Herr Barth. Herr Barth, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE ist sicher gut gemeint, löst aber die eigentlichen Probleme nicht. Sicher ist es so, dass wir für eine gesunde Agrarstruktur etwas tun müssen. An dieser Stelle können wir den Markt nicht sich selbst überlassen; denn es geht um eine möglichst breite Verteilung des Eigentums an Grund und Boden und es geht um eine zukunftsfähige Entwicklung unserer ländlichen Räume.

Aus der Geschichte heraus ergeben sich überzeugende Beispiele dafür, dass die Konzentration von Grund und Boden in wenigen Händen Gift für die Entwicklung ganzer Staaten war.

Meine Damen und Herren! In der vergangenen Legislaturperiode haben wir auch den Versuch unternommen, Gefahren von der Agrarstruktur abzuwenden. Leider ist es uns nicht gelungen, ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen.

Wir als Koalitionsfraktionen haben aber die Idee und die Vorarbeiten aufgegriffen und sind dabei, ein Agrarstrukturgesetz zu erarbeiten. Herr Daldrup hat auf die Arbeitsgruppe hingewiesen. Wir tun dies nicht im Schnellschuss, sondern in Kooperation mit Experten, um letztlich ein rechtssicheres Gesetz zu verabschieden. Der Teufel liegt wie immer im Detail und es bedarf hierzu weiterreichender Überlegungen, um ein mit EURecht, dem Grundgesetz und dem Kartellrecht - ich könnte noch weiteres aufführen, aber ich denke, dabei belasse ich es - konformes Gesetz auf den Weg zu bringen.

Meine Damen und Herren! Eine Hauptursache möglicher Gefahren für die Agrarstruktur sind ohne Zweifel die Share Deals; diese sind heute schon mehrfach angesprochen worden, weil gerade dort große Flächen den Eigentümer wechseln und außerlandwirtschaftliche Spekulationen an der Tagesordnung sind.

Es ist zugegebenermaßen keine sehr leichte Materie, weil sie auch weit in die Vorgaben des europäischen Rechts hineinragt und insbesondere das Diskriminierungsverbot tangiert. Wir versuchen, im Rahmen unserer Arbeitsgruppe mit Unterstützung von Rechtswissenschaftlern eine praktikable Lösung herbeizuführen. Unser Ziel ist es - der Termin ist noch nicht genannt worden, aber ich nenne ihn einfach: noch vor der Sommerpause -, einen Gesetzentwurf in den Landtag einzubringen.

Ob uns das gelingt, hängt davon ab, wie die Rechtsexperten die Dinge bewerten; denn ich möchte nicht wieder erleben, dass wir diesen Gesetzentwurf aufgrund irgendwelcher Vorgaben von Rechtsgelehrten nicht in die Tat umsetzen können.

Der einheitliche Vollzug des Bodenrechts ist in der Tat ein erstrebenswertes Ziel. Daran wurde und wird kontinuierlich durch Erlasse und Schulungen gearbeitet. Wichtig ist hierbei auch, dass Umgehungstatbestände erkannt und ausgeräumt werden.

Ich möchte also die Oppositionsfraktionen bitten, sich noch ein wenig zu gedulden und den Entwurf für das Agrarstrukturgesetz abzuwarten. In diesem Sinne bitte ich um die Überweisung des Antrages an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Barth für den Redebeitrag. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Frederking. Frau Frederking, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Trend, dass immer größere Betriebe und Großgrundbesitz entstehen, ist nicht gut, weil damit Vielfalt verloren geht, die ländlichen Räume ausbluten und auch in der Konsequenz Produktpreise diktiert werden könnten.

Deshalb muss es das Ziel sein, marktbeherrschende Stellungen durch eine ungesunde Konzentration von landwirtschaftlichen Nutzflächen zu verhindern. Wir wollen mehr statt weniger Betriebe. Und so weist der aktuelle Agraratlas vom BUND und der Heinrich-Böll-Stiftung bei der Veränderung der landwirtschaftlichen Betriebe zwischen 2010 und 2018 erfreulicherweise für Sachsen-Anhalt ein Plus von 5 % auf. Das ist bundesweit der beste Wert.

Wir brauchen Rahmenbedingungen, unter denen die landwirtschaftlichen Betriebe nicht von Agrarindustriellen und Investgesellschaften verdrängt werden und ihnen der Raum zur Entwicklung bleibt. Wir wollen natürlich auch, dass Betriebsneugründungen möglich werden. In beiden Fällen muss den regionalen Landwirtinnen und Landwirten Boden zu ihrer Bewirtschaftung durch Kauf oder Pacht zur Verfügung stehen.

Neben der Verfügbarkeit von Boden - er muss ja vorhanden sein - muss dieser auch bezahlbar sein und die Entwicklung von zu hohen Bodenpachten und -kaufpreisen muss gestoppt werden. Wir brauchen eine Preisdämpfung, damit die landwirtschaftlichen Flächen als Produktionsfaktor für eine vielfältige Landwirtschaft geschützt werden.

Auch wenn das Bodenrecht ein besonderes Recht ist und es letztlich die Produktion unserer lebensnotwendigen Nahrungsmittel sicherstellen soll, ist es dennoch ein staatlicher Eingriff in das Eigentumsrecht. Ein solcher Eingriff muss immer gut begründet werden und er muss auch verhältnismäßig sein.

Die Rechtsprechung geht von einem groben Missverhältnis aus, wenn der Kaufpreis den Verkehrswert um 50 % überschreitet. Dann wird die Genehmigung versagt. Die Fraktion DIE LINKE schlägt nun 10 % vor. Vermutlich ist das ein zu starker Eingriff in das Eigentumsrecht, der verfassungsrechtlich keinen Bestand hätte.

Da der Verkehrswert von landwirtschaftlichen Nutzflächen relativ aufwendig zu ermitteln ist, könnte das Verwaltungshandeln einfacher und damit in jedem Falle einheitlicher werden, wenn man zum Beispiel den vorliegenden Bodenrichtwert nutzen würde. Das könnte bei den Kaufpreisen zu einer gewissen Preisdämpfung führen und auch zu einer Glättung innerhalb einer Bodenrichtwertzone.

Über diese Details sollten wir tatsächlich im Ausschuss diskutieren. Dort sollten wir auch über Maßnahmen diskutieren, damit Boden auch wirklich am Markt zur Verfügung steht. Die Share Deals entziehen dem Markt auch Boden.

Bezüglich der Share Deals meinen wir, dass Anteilskäufe an Betrieben zu mittelbaren Erwerb von Grundstücken auch reguliert werden sollten.

Das maßgebliche Bestimmungsrecht über Land und über Boden muss bei denjenigen liegen, die es bewirtschaften und die davon leben. Landspekulationen und Land-Grabbing müssen gestoppt werden.

Was die Fraktion DIE LINKE genau unter dem Punkt 2 im Blick hat, erschließt sich mir mit der globalen Aussage, es solle einen einheitlichen Vollzug geben, nicht; das ist mir zu allgemein.

Im Übrigen ist es so, dass das Landesverwaltungsamt und auch das Ministerium permanent Schulungen und einen Austausch mit den Behörden bei den Landkreisen organisieren. Ob an dieser Stelle wirklich Handlungsbedarf besteht, darüber sollten wir auch noch beraten. Immerhin hat der Landkreis Jerichower Land in einem viel beachteten Fall im Jahr 2015 vom Europäischen Gerichtshof recht bekommen, weil er die Genehmigung für den Kauf einer BVVG-Fläche - -

Frau Frederking, Sie müssen langsam zum Schluss kommen.

(Zustimmung bei der AfD)

Ja, gerne. - Sie haben auf alle Fälle eine gute Arbeit gemacht und das wäre ein Indiz dafür, dass die Behörden bei den Landkreisen auch gut arbeiten. Inwieweit Handlungsbedarf besteht, sollte noch einmal thematisiert werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Frederking für den Redebeitrag. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht noch einmal Frau Eisenreich. Frau Eisenreich, Sie haben das Wort.

Danke schön. - Ich möchte nicht viel sagen. Ich freue mich, dass dieser Antrag überwiesen werden soll und dass wir im Ausschuss eine sehr konstruktive Diskussion darüber führen können. Wir freuen uns und sehen dem Gesetzentwurf hoffnungsvoll entgegen. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich danke Frau Eisenreich. Damit kommen wir zum Abstimmungsverfahren. Von Herrn Loth wurde der Vorschlag unterbreitet, die Anträge an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen. - Ich sehe keine Ergänzungen. Dann stimmen wir darüber ab. Wer der Überweisung des Antrages der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 7/3973 an den genannten Ausschuss zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Ich sehe, das ist das komplette Haus. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Enthaltungen? - Sehe ich auch nicht. Damit ist dieser Antrag überwiesen worden und der Alternativantrag ebenfalls.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 22

Erste Beratung

Beteiligung des Haushaltsgesetzgebers bei der Verteilung von EU-Mitteln

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/3971

Einbringerin ist die Abg. Frau Heiß. Frau Heiß, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident.- Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Redebeitrag steht unter dem Motto: „Wer die EU-Gelder nicht ehrt, ist den Haushalt nicht wert.“

In der aktuellen Förderperiode der EU von 2014 bis 2020 bekommt das Land ungefähr 3 Milliarden €, hat aber Zeit bis 2023, um diese Gelder auszuschöpfen. Die Gelder werden verteilt in die Fonds ESF, ELER, EFRE; Sie wissen Bescheid. Leider aber schafft es dieses Land nicht, die EUGelder zügig und sinnvoll auszugeben.

Im Jahr 2018, nach bisher fünf von zehn Förderjahren, sind im EFRE gerade einmal kümmerliche 16 % der Fördermittel abgeflossen, im ELER 20 % und im ESF 24 %. Wir sind bei den Auszahlungen bereits mit Verzögerung gestartet, in der aktuellen Legislaturperiode sogar um mehrere Jahre. Die Landesregierung schätzt in der Antwort auf eine Kleine Anfrage, die ich gestellt habe, übrigens ein, dass auch bei der Förderperiode 2021 mit Verzögerungen zu rechnen ist.

Wenn das Geld dann tatsächlich einmal fließt, gibt es ebenfalls Probleme. Ich erinnere nur an den IBG-Skandal und den darauf folgenden Untersuchungsausschuss sowie an den kürzlich diskutierten Warning Letter der EU. Es wird Zeit, dass der Landtag, wir, das Parlament, ein Mitspracherecht hat bei der Planung der sogenannten Programmierung der EU-Mittel.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wir sind der Haushaltsgesetzgeber. Das Budgetrecht ist der Kernbereich der parlamentarischen Kontrolle, unsere ureigenste Aufgabe. Wir dürfen im Rahmen der Haushaltsverhandlungen aber lediglich die notwendigen Kofinanzierungsmittel nachträglich abnicken, für Programme, die ohne uns geschrieben wurden, für Geld, das ohne unser Zutun verplant wurde, für Mittel, die im Land ohne Beteiligung des Landtages verteilt werden.

Was hier passiert, ist die Verschiebung der Budgethoheit in Richtung der Exekutive. Wo also bleibt die Steuerungskraft des Haushaltsgesetzgebers? Was bedeuten noch Wahrheit und Klarheit des Etats?

Die Regierung schafft sich mit den EU-Milliarden für zehn Jahre ihre Haushaltspläne für die Förderung selbst. Wir als Parlament büßen Planungs-, Steuerungs- und Kontrollkompetenzen ein. Es ist natürlich sehr bequem für die Regierung, die Mittel zu verplanen, ohne das Parlament zu fragen, ohne sich den lästigen und nervigen Fragen von uns Parlamentariern stellen zu müssen, ohne eine Diskussion führen und sich erklären zu müssen.

Das ist ein bisschen so, als würden meine Kinder die von den Verwandten geschenkten Gummibärchentüten einfach ohne elterliche Kontrolle verwalten können. Wer Kinder hat, der weiß wahrscheinlich, was passiert: Die Gummibärchen werden in Windeseile verschlungen und hinterher gibt es Bauchschmerzen und Übelkeit. Wir finden, das

Parlament sollte ganz genau hinschauen, was die Exekutive mit diesen Gummibärchen macht.

(Beifall bei der LINKEN)

Artikel 41 der Landesverfassung besagt:

„Der Landtag ist die gewählte Vertretung des Volkes von Sachsen-Anhalt. Er übt die gesetzgebende Gewalt aus und beschließt über den Landeshaushalt. […] Er überwacht die vollziehende Gewalt nach Maßgabe dieser Verfassung und verhandelt öffentliche Angelegenheiten.“