Protocol of the Session on September 27, 2018

Aber jetzt einmal ganz realistisch. Rund 200 Millionen € wird die JVA in Halle kosten. Sie war im letzten Haushalt veranschlagt als Investorenmodell. Das heißt, Sie haben Jahresscheiben veranschlagt. Diese Jahresscheiben wären, glaube ich, auf 40 Jahre ausfinanziert gewesen in der Planung. Jetzt sagen Sie, wir wollen den Totalinvestor bezahlen, wenn die Arbeiten fertig sind. Bis dahin hätten - ich habe Ihnen das schon einmal vorgerechnet - aber nur 30 Millionen € aus Ihrer bisherigen Planung zur Verfügung gestanden.

Jetzt sagen Sie zwar, wir wollen sparen. Ich weiß auch, die Landesregierung hat es im letzten Jahr nicht geschafft, 500 Millionen € investive Mittel auszugeben. Das ist mir klar. Da könnten vielleicht 200 Millionen € abfallen, wenn Sie das weiter so machen wollen. Aber gehen wir mal davon aus, Sie haben eine realistische Planung. Wo sind die Änderungen in der Mittelfristplanung, dass Sie die 200 Millionen € für die JVA Halle tatsächlich zusammenbekämen?

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Erstens. Ich habe in meiner Rede - vielleicht war sie wirklich zu kurz -

(Minister Marco Tullner: Erste Einsicht! )

angedeutet, dass es wichtig ist, dass wir eine realistische Veranschlagung bei den Investitionen brauchen. Wir haben mit einer auch im Ländervergleich sehr guten und immer noch überdurchschnittlichen - auch wenn wir die Hochwasserhilfen gar nicht berücksichtigen -

In der Planung.

Investitionsquote in der Planung einen leichten Rückgang im Jahr 2018, aber gegenüber dem Iststand 2017 eine deutliche Erhöhung von 44 %. Auch der Finanzminister will, dass diese Investi

tionsmittel abfließen. Die Unterstellung, wir würden sozusagen bei den Investitionen bremsen, um dafür Geld zurückzulegen, ist also falsch.

Die Rücklagenbildung ist doch vernünftig. Eine zweckgebundene Rücklagenbildung aus Weitsicht ist vernünftig,

übrigens unabhängig vom Zeitpunkt. Ich verstehe die Kritik gar nicht.

Unabhängig vom Zeitpunkt ist so eine Rücklagenbildung aus Überschüssen oder nicht abfließenden Geldern sinnvoll.

Dass wir nicht über eine Größenordnung im dreistelligen Millionenbereich reden, ist klar.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Weil wir sie brauchen!)

Sie haben Varianten genannt. Wir haben eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchgeführt, haben drei Varianten näher überprüft und haben uns für die Variante des Totalunternehmers ausgesprochen. Es ist im Finanzausschuss ausführlich erklärt worden, warum wir das machen. Bei dieser Variante fällt quasi bei der Schlüsselübergabe, bei der Abnahme ein fester Betrag an. Und für den wollen wir uns wappnen. Das ist nicht so schwer zu verstehen.

(Zustimmung bei der CDU - Eva von An- gern, DIE LINKE: Aber woher kommt das Geld? Das finden wir doch grundsätzlich gut! Das soll auch passieren, auch im Inte- resse der Bediensteten! Aber woher kommt das Geld?)

Die Rücklagenbildung werden wir vornehmen. Das, was nicht als Rücklage im Vorfeld angespart werden kann, wird dann aus dem Einzelplan 20 zu finanzieren sein.

Herr Knöchel, Sie haben noch einmal für eine Nachfrage das Wort.

Herr Finanzminister, Sie räumen also ein, dass die Finanzierung

(Eva von Angern, DIE LINKE: Unklar ist!)

der JVA in Halle in die kommende Legislaturperiode vertagt werden soll?

(Eva von Angern, DIE LINKE: Ja! - Olaf Meister, GRÜNE: Was ist denn die Alter- native?)

Also, ich weiß nicht, was Sie da sagen. Ein Projekt, das wahlperiodenübergreifend ist und angefasst wird,

Muss finanziert werden.

um dessen Finanzierung wir uns schon jetzt kümmern, ist doch gerade das Gegenteil der Vermutung, die Sie gerade aussprechen. Wir schaffen gerade die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen dafür, indem wir uns schon jetzt mit Rücklagen auf diese größeren Ausgabenblöcke vorbereiten. Das ist weitsichtig und das ist gut. Lassen Sie uns im Ausschuss darüber reden.

Dass wir auch in den kommenden Jahren, also dann, wenn die Realisierung so weit ist und der eigentliche Betrag anfällt, im Haushalt die Voraussetzungen dafür schaffen müssen, ist doch keine Frage. Es ist aber gut, dass der Betrag nicht erst dann, wenn er tatsächlich erforderlich ist, in voller Höhe finanziert werden muss, sondern dass wir im Vorfeld aufpassen, dass wir mit Rücklagen darauf reagieren. Das machen wir - ich habe zwei Beispiele genannt - auch in anderen Bereichen, und das ist gut so.

Herr Minister, Herr Heuer hat sich zu Wort gemeldet. - Bitte.

Danke, Herr Präsident. - Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben gesagt, die Investitionen würden in dem Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2019 um 30 % gegenüber dem Jahr 2017 steigen. Halten Sie es für richtig, dabei Istwerte mit Sollwerten zu vergleichen? Wenn ich die Sollwerte vergleiche, dann haben wir im Jahr 2018 eine Investitionsquote von 16,3 % - so steht es im Haushaltsplan - und im Jahr 2019 von 15,6 %. Darin erkenne ich keine 30-prozentige Steigerung. Die Frage dazu ist: Ist das eine seriöse Planung?

(Unruhe bei der LINKEN)

Denn wenn man die Investitionsquote ohne die Fluthilfe nimmt, dann lagen wir im Jahr 2017 bei weniger als 10 %. - Das ist die erste Frage.

Zu der zweiten Frage, die ich habe. Sie haben gesagt, wir müssen Vorsorge treffen - völlig richtig. Die Fed hat gestern die Zinsen um einen Viertelprozentpunkt erhöht. Auch in deutschen Medien gibt es die Aussage, dass ab dem Jahr 2020 mit Zinssteigerungen zu rechnen sein wird. Bei einer Schuldentilgung im Umfang von 100 Millionen € pro Jahr, wovon 80 Millionen € auf die Konsolidierungshilfe entfallen, tilgt das Land Sachsen-Anhalt sage und schreibe 0,1 % aus eigenen Mitteln. Das kann man auch homöopathisch nennen.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Das ist jetzt aber nicht nett!)

Bei einer Verstetigung dieser Schuldentilgung steigt die Pro-Kopf-Verschuldung. Sie ist schon gestiegen. Im Jahr 2016 lagen wir bei etwas mehr als 9 000 €; jetzt liegen wir schon bei mehr als 10 000 €. Es reicht also definitiv nicht, 100 Millionen € pro Jahr an Schulden zu tilgen. Ich will jetzt gar nicht von den 200 Jahren reden, wenn man die Inflation etc. weglässt. Mich interessiert dazu einfach einmal der Masterplan der Landesregierung für die nächsten Jahre. - Danke.

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Für die zweite Frage bedanke ich mich ausdrücklich. Ich habe es in meiner Rede gesagt und ich habe es aus aktuellem Anlass auch mit Blick auf die Ratingagenturen gesagt. Die Ratingagenturen sagen für die Bonität Sachsen-Anhalts eine stabile Entwicklung unter der Maßgabe voraus, dass wir beim Altschuldenabbau und bei der Vorsorgeleistung, insbesondere Pensionsfonds, nicht nachlassen. Deswegen haben wir in der Finanzplanung genau das umgesetzt, was im Tilgungsplan, übrigens einem Beschluss des Landtags von Sachsen-Anhalt, festgeschrieben ist.

Die verstetigte Schuldentilgung im Umfang von 100 Millionen € pro Jahr entspricht dem Tilgungsplan, der hier im Landtag beschlossen worden ist. Ich halte es für meine Aufgabe als Finanzminister, Ihnen keine Vorlage zu unterbreiten, in der wir das, was der Landtag beschlossen hat, nicht einlösen.

Wir können gern - das habe ich übrigens als finanzpolitischen Wermutstropfen bezeichnet - in Zeiten guter Einnahmen auch höher gehen, also den Landtagsbeschluss korrigieren und sagen, wir gehen höher. Wir haben in der Landeshaushaltsordnung die Möglichkeit, Überschüsse auch dafür zu verwenden, in eine zusätzliche Rücklagenbildung und Sondertilgung einzusteigen. Das würde ich auch sofort und gern machen. Es ist aber

natürlich ein Prozess, die Tilgungsleistung zu erhöhen. Das ist eine Möglichkeit, würde aber zu Minderausgaben an anderer Stelle führen. Grundsätzlich kann man die Diskussion gern aufnehmen.

Das Zinsänderungsrisiko ist ein wichtiger Punkt. Auch das habe ich angesprochen. Die Prognosen sagen, dass wir im Jahr 2019, voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte, so etwas wie eine Zinswende erleben werden. Die Zinsen werden aber sehr allmählich anwachsen. Durch unser Schuldenmanagement, das wir klug steuern, wird das Zinsänderungsrisiko bei uns nicht sofort wirken, aber es ist da. Deswegen sind wir gut beraten, weiter zu tilgen.

Wenn die Frage so gestellt würde, ob es das Ziel dieser Landesregierung ist, die über Jahrzehnte angehäufte Landesverschuldung innerhalb weniger Jahre auf null zu senken, dann muss ich sagen: Es ist ausdrücklich nicht das Ziel dieser Landesregierung, die Schulden auf null zu reduzieren, weil wir auch einen Aufholprozess haben. Wir haben in vielen Bereichen einen Investitionsstau: bei der Infrastruktur - das ist immer wieder angesprochen worden -, bei der Kommunalfinanzierung, beim Digitalisierungsprozess. Ein Investitionsstau ist so etwas wie eine verdeckte Verschuldung.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Oh!)

Sachsen-Anhalt hat viele Jahre lang auch an der Substanz des Landes gespart, ja. Deswegen ist es vor dem Hintergrund des neuen Bund-LänderFinanzausgleichs gerechtfertigt,

(Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE)

in Schwerpunktbereichen der Landespolitik - nicht überall, aber in Schwerpunktbereichen der Landespolitik - mehr Geld für Zukunftsaufgaben auszugeben. Es kommt hierbei auf den guten Mittelweg an.

Bei Investitionen ist es seriös, zwischen Soll und Ist zu unterscheiden, weil die Ist-/Planzahlen in den letzten Jahren so unterschiedlich waren, auch im Jahr 2017. Deswegen habe ich die Zahl genannt: ein Ist von 11,6 %, aber das Soll war wesentlich höher. Wir haben fast 30 % der investiven Ausgaben in den Ressorts - ich bin ja nur Seismograf - nicht umgesetzt.

Deswegen brauchen wir eine realistische Veranschlagungspraxis. Sie alle tragen vielleicht auch auf kommunaler Ebene Verantwortung. Wer weiß, wie die Bauwirtschaft an der Kapazitätsgrenze steht, wie sich die Baupreise entwickeln, der darf auch die Bauwirtschaft an der Stelle nicht falsch einschätzen. Deswegen ist es, denke ich, richtig, dass wir eine realistische Veranschlagungspraxis haben, auch in den Planungen.

1,77 Milliarden € - ich will jetzt keine Wetten abschließen, das ist in der Finanzpolitik unseriös; aber wir werden abwarten. Es ist eine gewaltige Herausforderung, diese 1,77 Milliarden € im Haushaltsjahr 2019 tatsächlich umzusetzen. Das ist Aufgabe aller Ressorts, nicht nur des Finanzministers, solange keine Auflagen zur Haushaltsbewirtschaftung bestehen. Ich wünschte mir, dass wir die Istzahlen näher an die Planzahlen heranbrächten.

Herr Minister, Herr Raue hat noch eine Frage. - Herr Raue, Sie haben das Wort.

Herr Schröder, Sie loben natürlich das Vorankommen der Kommunen beim Schuldenabbau und sagen, dass die Finanzausgleichsmasse, die vom Land erhöht wurde, auch wirkt. Ich sage Ihnen aber, sie wirkt einfach nicht genug. Unter dem Aspekt - Sie sprachen es schon an; Herr Heuer sprach es schon an -, dass die Zinswende quasi direkt vor der Tür steht,