Protocol of the Session on September 27, 2018

Herr Schröder, Sie loben natürlich das Vorankommen der Kommunen beim Schuldenabbau und sagen, dass die Finanzausgleichsmasse, die vom Land erhöht wurde, auch wirkt. Ich sage Ihnen aber, sie wirkt einfach nicht genug. Unter dem Aspekt - Sie sprachen es schon an; Herr Heuer sprach es schon an -, dass die Zinswende quasi direkt vor der Tür steht,

(Minister Marco Tullner: Die ist schon durchgelaufen!)

unter dem Aspekt, dass die Konjunkturabkühlung direkt vor der Tür steht und dass sich die Weltwirtschaftslage vollständig verändert, unter dem Aspekt, dass diese Landesregierung - das fällt nun einmal in Ihre Amtszeit hinein - wahrscheinlich 1 Milliarde € nur für die Asylkosten ausgeben wird,

(Oh! bei der LINKEN und bei der SPD)

unter dem Aspekt, dass die Stadt Halle gestern den Haushaltsplan mehr oder weniger eingebracht hat und 355 Millionen € an Kassenkrediten braucht, um ihren Haushalt bewirtschaften zu können - zulässig wären, glaube ich, um die 140 Millionen €; das heißt, wir brauchen zweieinhalbmal so viel an Kassenkrediten, wie wir überhaupt normalerweise aufnehmen dürften;

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Das haben Sie jetzt nicht richtig verstanden!)

diese Kassenkredite müssen wir uns immer genehmigen lassen; das heißt, die Stadt Halle ist nach wie vor chronisch unterfinanziert -, frage ich Sie ganz ehrlich: Wie soll das werden? - Wir haben zusätzliche Lasten aus dem Asylbereich, zusätzliche Verpflichtungen übernommen, einerseits das Land, andererseits die Kommunen. Wie sollen sie es unter dem Aspekt der Zinsänderung und der Konjunkturabkühlung schaffen, weiterhin ihre Verschuldung abzubauen? Wie soll das funktionieren, Herr Schröder?

Herr Schröder, Sie haben das Wort.

Fangen wir einmal mit dem Lieblingsthema an: Flüchtlings- und Asylkosten. Wir haben über die verschiedenen Einzelpläne hinweg im Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2019 Gesamtausgaben in einer Größenordnung von etwa 208 Millionen € vorgesehen - im Landeshaushalt; ich bin erst einmal beim Landeshaushalt. Wir werden, nachdem alle Bundeszuweisungen abgezogen worden sind, hierfür noch etwa 94 Millionen €, sozusagen netto, an reinen Landesausgaben zur Verfügung stellen.

Zusätzlich sind die Dinge, die wir für die Kommunen tun. Ich erwähne einmal die Änderung des Aufnahmegesetzes des Landes Sachsen-Anhalt, wobei wir über die Verweildauer reden, bis der Status anerkannt ist. Ich rede einmal über die Ausgaben, die wir haben, um zusätzliche landeseigene Abschiebehaftplätze zu schaffen. All diese Dinge sind in diesem Bereich auch Landesausgaben, die auch gut sind, weil die Kommunen dadurch entlastet werden, ohne dass wir diese Mittel sozusagen in bar an die Kommunen geben.

Im Übrigen geht die Belastung insgesamt zurück. In den Vorjahren haben wir in diesem Bereich mehr geleistet.

Es ist das vornehme Recht - das sage ich nicht mit Spott oder Hohn - der Opposition, mehr zu fordern, als es der Leistungsfähigkeit des Landes entspricht. Sicherlich werden Sie dafür auch Applaus in den kommunalen Gremien erhalten. Aber ich glaube nicht - das ist auch gar nicht der Anspruch -, dass wir alle Probleme mit diesem Gesetz lösen werden. Ich habe gesagt, wir haben viele Bereiche, in denen wir unser Engagement als Land erhöht haben.

Gerade der Schuldenabbau ist doch ein gutes Thema. Ein Schuldenabbau von 6 % im Jahr 2017, das hat - Guido Heuer hat es gerade gesagt - das Land in demselben Zeitraum nicht geschafft. Natürlich könnte es mehr sein.

(Guido Heuer, CDU: Kassenkredite verges- sen!)

- Kassenkredite, auch ein sehr gutes Beispiel. - Als ich gesagt habe, wir sind in der Bundesrepublik Deutschland das Bundesland, in dem die Kommunen den höchsten Schuldenabbau hingelegt haben, wir sind bundesweit Spitzenreiter beim Schuldenabbau der Kommunen, hieß es: Na ja, aber die Kassenkredite! Dazu habe ich dann gesagt: In den Kassenkrediten sind die Liquiditätshilfen vom Land enthalten; nehmt die doch heraus. Dann hieß es: Sie sind aber trotzdem gestiegen.

Jetzt haben wir mit dem Jahr 2017 das erste Jahr, in dem in Sachsen-Anhalt zumindest im Durchschnitt auch die Kassenkredite gesunken sind. Das ist aber auch wieder nicht richtig; es müsste schneller gehen. Ja, es ist Ihr vornehmes Recht zu sagen, es müsste schneller gehen, es müsste noch mehr geholfen werden. Aber ich will darauf hinweisen, dass das ein Beleg dafür ist, dass unsere bessere Finanzausstattung wirkt. Dass wir uns nicht darauf ausruhen können, habe ich jetzt mehrfach gesagt. Aber die Forderung nach immer mehr - nach dem Motto „Viel hilft viel“ - steht einem Landespolitiker, zumindest wenn er in Regierungsverantwortung steht, nicht gut zu Gesicht.

Herr Minister, Herr Raue hat noch eine kleine Nachfrage.

Herr Minister, Sie haben das jetzt natürlich wieder schöngeredet. Das ist ja Ihr Privileg und Ihr gutes Recht. Aber die Verschuldungslage der Kommunen hat sich in einer Zeit aufgebaut und angestaut, in der es eine hervorragende Konjunktur und niedrigste Zinsen - fast eine Nullzinsphase - gab. Diese Phase ist jetzt vorbei.

Bei dieser Phase sind wir jetzt am Gipfelpunkt; das ist das erste Jahr, in dem wir uns ein bisschen loben können. Aber das Jahr geht jetzt zu Ende und wir haben eine massive Verschuldung im Land und in den Kommunen. Darüber hinaus haben Sie neue Aufgaben übernommen und die Gesellschaft mit neuen Verpflichtungen belastet. Das ist das, was ich Ihnen vorwerfe. Eine Opposition muss einer Regierung auch vorwerfen, dass sie wenig verantwortungsvoll, überhaupt nicht vorausschauend und - um ehrlich zu sein - sehr leichtfertig gehandelt hat. Das müssen Sie sich sagen lassen, und mit Ihnen natürlich die gesamte CDU, auch als regierungstragende Partei in Deutschland.

(Zuruf von der CDU: Das war doch kein Diskussionsbeitrag!)

Herr Minister, Sie haben noch einmal das Wort.

Lieber Herr Raue, danke für den Exkurs in die vergangenen Jahre. Mir ist wichtig zu sagen: Wir haben etwas getan, für das man immer, wenn man ein ehrliches Gespräch mit den Bürgermeistern oder Landräten führt, Anerkennung bekommt. Es gab früher, nach einer Konsultationsvereinbarung, die der damalige Ministerpräsident Böhmer mit den Spitzenverbänden abgeschlossen

hat, einen kommunalen Stabilitätsrat, eine Finanzstrukturkommission und wie das alles hieß. Diese Gremien haben zum Teil über Jahre hinweg nie getagt.

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Rich- tig!)

Jetzt haben wir e i n e Kommission. Der Ministerpräsident hat die Konsultationsvereinbarung mit den Kommunen erneuert und wir - der Innenminister und der Finanzminister - laden regelmäßig ein.

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: So war das!)

Über alles, was in der Landespolitik irgendwie kommunalrelevant ist, wird mit den Spitzenverbänden vorher diskutiert, auch unter Hinzuziehung weiterer Ressortminister, wenn das erforderlich und notwendig ist. Das ist Dialog auf Augenhöhe. Das hat sich verändert. Das sehen die Bürgermeister auch. Das sagen die Spitzenverbände auch.

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE, und von Dr. Katja Pähle, SPD)

Wir haben die Auftragskostenpauschale erhöht. Wir haben die kommunale Investitionspauschale erhöht. Sagen Sie das doch. Sagen Sie ruhig, das reicht nicht, das müsste mehr sein. Aber wir haben es getan.

(Zuruf von Alexander Raue, AfD)

Eines verwechseln Sie. Sie schauen auf die Einnahmenseite und darauf, was das Land gibt, nicht aber auf die Ausgabenentwicklung. Einige kommunale Probleme haben auch damit zu tun, dass man bei steigenden Einnahmen die Ausgaben schneller wachsen lässt, als die Einnahmen anwachsen. Auch das gehört zur Wahrheit. Sie verwechseln die im Verfassungsrecht verbriefte kommunale Finanzgarantie mit einer ausgabenbezogenen Finanzgarantie. Das ist so nicht richtig. Das ist verfassungsrechtlich ausgeurteilt. Die Frage, was eine auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen ist, hängt in erheblichem Maße auch von der Leistungskraft des Landes ab, weil das Land wesentliche Landesaufgaben gleichrangig zu finanzieren hat.

In diesem auszutarierenden Bereich haben wir eine klare Verständigung dazu, was den kommunalen Finanzausgleich betrifft. Wir haben gesagt, wir richten einen Finanzausgleich mit Festbeträgen ein, die erhöht und planungssicher sind sowie mit Komponenten zum Leistungsanreiz ausgestattet sind. Diesen Festbetrag haben wir für fünf Jahre festgeschrieben. Anschließend entwickeln wir das FAG für die kommende Wahlperiode weiter. Das war Konsens. Das war die Eins-zu-eins

Übernahme der Forderung der kommunalen Spitzenverbände.

Diese Dinge werden zum Teil wegen Ausgabesteigerungen - nicht wegen Einnahmesteigerungen - wieder infrage gestellt. Aber das war der Konsens mit den Spitzenverbänden. Das haben wir eins zu eins umgesetzt. Das ist verlässliche und stabile Landespolitik, einschließlich der Verbesserungen außerhalb des FAG.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Herr Minister, Sie sind weiterhin gefragt. Herr Gallert hat sich zu Wort gemeldet. - Herr Gallert, Sie haben das Wort.

Danke für die Verlängerung der Redezeit. Das macht mehr Spaß.

Herr Schröder, ich will zunächst auf etwas hinweisen. Sie haben mehrfach darauf hingewiesen, wie toll Sie es finden, dass wir bei Ratingagenturen noch immer ein AA+ haben. Ich sage Ihnen: Wenn uns die Vergangenheit, die letzten zehn Jahre etwas gezeigt haben, dann ist es, dass wir uns als politische Entscheidungsgremien auf keinen Fall in die Hände privater Ratingagenturen begeben sollten.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Daniel Roi, AfD)

Dann endet man nämlich da, wo Lehman Brothers mit AA+ gelandet ist.

(Zustimmung von Daniel Roi, AfD)

Bezugnehmend auf die Frage von Herrn Heuer frage ich Sie: Wenn wir schon die langfristige ProKopf-Verschuldung aufgrund sinkender Bevölkerung als steigende Pro-Kopf-Verschuldung beklagen, müsste man dann nicht eigentlich - zumindest betriebswirtschaftlich gesehen - die Inflation gegenrechnen, die in den letzten Jahren immer höher gewesen ist als der Bevölkerungsverlust, was wiederum dazu führt, dass wir in den letzten Jahren in der Realität eine geringere Pro-KopfVerschuldung gehabt haben? - Letzteres ist etwas kompliziert, das gebe ich gern zu,

(Minister André Schröder lacht)

aber Sie sind schließlich Finanzminister. Das müsste funktionieren.

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Gallert. Bei der letzten Sache machen wir es einmal kurz. Das Thema zeigt, wie es ist, wenn man politische Argumente mit dem Hinweis auf die Pro-Kopf-Verschuldung aufbaut. Denn man kann das so rechnen oder man kann das außer Betracht lassen und rein numerisch betrachten.

Aber wissen Sie was? - Das ist für mich politisch eigentlich nicht relevant. Ich will das, was bei der Umsetzung der Koalitionsziele an Schuldentilgung zu leisten ist, auch leisten. Bei 100 Millionen € pro Jahr liegt die absolute Untergrenze. Das müssen wir machen. Es wirkt auch für den Abbau des strukturellen Defizits entlastend; denn das wird angerechnet. Das müssen wir leisten. Das entspricht dem Beschluss des Landtages zum Tilgungsplan. Wenn es mehr ist - gern. Bei höheren Überschüssen ist für mich eine Verwendung der Überschüsse für eine Sondertilgung bei den Altschulden ganz klar.

Aber dabei jetzt mit Komma und pro Kopf usw. zu argumentieren - - Wenn die neue Bevölkerungsprognose kommt, dann ist es wieder anders. Das ist eine schwierige Sache. Ich kann da auch Zahlen nennen. Wir haben in den letzten drei Jahren auch mal ein Jahr gehabt, in dem die Pro-KopfVerschuldung sogar gesunken ist. Gegenwärtig steigt sie wieder ein bisschen an.

Für mich sind entscheidend: eine verstetigte Schuldentilgung - das gehört zu den Leitplanken meiner Finanzpolitik - sowie die schwarze Null, ein Verzicht auf Nettokreditaufnahme - klar -, keine Gefährdung der Konsolidierungshilfen sowie ein Abbau des strukturellen Defizits in SachsenAnhalt. Das ist bereits zu 90 % gelungen. Wenn mehr geht, werde ich mehr machen.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Zu den Bonitätsbelegen. Wir begeben uns nicht in die großen Krakenarme internationaler Agenturen, die sich schon einmal so heftig verschätzt haben, wie Herr Lange das heute schon gesagt hat. Das werden wir nicht tun, nein.