Protocol of the Session on June 1, 2016

Wo sind Sie denn eigentlich wirklich sozial? Das Geld für die Sozialkassen, die dadurch geplündert werden,

(Zurufe von der LINKEN und von den GRÜ- NEN)

- das muss man einfach einmal sagen - müssen die Menschen, die hier leben, die schon immer hier gelebt haben, hart erarbeiten.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Und Flücht- linge sollen die Chance haben, mitarbeiten zu können!)

Was sagen Sie denn dazu?

(Zurufe von der AfD, von der LINKEN und von den GRÜNEN)

Herr G. hätte mit einer begonnenen Ausbildung, mit seiner Arbeitskraft, mit der Wertschöpfung, die dadurch erreicht wird, für ein mittelständisches

Unternehmen in Schönebeck einen großen Beitrag dazu leisten können.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN - Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Ich sehe keine Fragen mehr und möchte für die Landesregierung Herrn Minister Stahlknecht an das Mikro bitten.

Auf dem Weg, Herr Präsident. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf die im Antrag enthaltenen Forderungen der Fraktion DIE LINKE näher eingehe, möchte ich daran erinnern, dass der Zugang von Asylsuchenden und Geduldeten zu Berufsausbildung und Beschäftigung in den vergangenen Jahren bereits durch mehrere Gesetzesinitiativen deutlich erleichtert wurde.

So wurde mit dem Gesetz zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzuganges für Asylbewerber und geduldete Ausländer vom 31. Oktober 2014 schon die generelle Wartefrist auf drei Monate gekürzt.

Weiterhin wurde durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung mit Wirkung vom 1. August 2015 die Aufnahme einer Berufsausbildung als ausdrücklicher Duldungsgrund für Jugendliche und Heranwachsende in das Gesetz aufgenommen. Solange die Ausbildung andauert und in einem angemessenen Zeitraum mit ihrem Abschluss zu rechnen ist, soll die Duldung für jeweils ein Jahr verlängert werden.

Damit ist die Aufnahme einer Berufsausbildung auch für Geduldete schon heute grundsätzlich möglich. Gleichwohl wird zum Beispiel von Vertretern der Wirtschaft und der Bundesagentur für Arbeit noch ergänzender Handlungsbedarf gesehen.

Dies betrifft insbesondere die Dauer der aufenthaltsrechtlichen Absicherung. Die oben genannten Interessenvertreter halten es für erforderlich, die Dauer der Duldung an die Dauer der Ausbildung anzupassen und darüber hinaus auch den Zugang zu einer Anschlussbeschäftigung aufenthaltsrechtlich stärker abzusichern.

Ich halte diese Forderung im Grundsatz für nachvollziehbar. Auch wenn die bislang für ein Jahr zu erteilenden Duldungen nach geltendem Recht jeweils für ein Jahr verlängert werden sollen - solange die Ausbildung fortdauert, dürfte es doch für manche Unternehmen immer noch ein Hinderungsgrund für den Abschluss von Ausbildungsverträgen mit Geduldeten sein.

Vor diesem Hintergrund halte ich die auf Bundesebene erfolgten Festlegungen, die unter Punkt 9 des in Punkt 2 a des Beschlussvorschlags erwähnten Eckpunktepapiers festgehalten sind, durchaus für richtig. Dies gilt auch für den Wegfall der Beschränkung der Ermessensduldungsregelung auf Jugendliche und Heranwachsende, da auch viele ältere Geduldete aufgrund einer unzureichenden Qualifizierung im Herkunftsland hier in Deutschland noch Ausbildungsbedarf haben.

Die genannten Festlegungen sollen durch das Integrationsgesetz, das die Bundesregierung am 25. Mai - noch nicht lange her - auf den Weg gebracht hat, umgesetzt werden. Der Gesetzentwurf sieht eine Bleibegarantie für Auszubildende durch einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung für die gesamte Dauer der in der Regel dreijährigen Berufsausbildung und darüber hinaus ein Aufenthaltsrecht für zwei Jahre bei einer Weiterbeschäftigung nach dem Berufsabschluss vor. Damit werden die Hürden für den Abschluss von Ausbildungsverhältnissen mit Geduldeten nochmals abgesenkt und das sogenannte Drei-plus-zwei-Modell, das unter anderem von den Handwerkskammern gefordert wurde, weitgehend umgesetzt.

Ich unterstütze diese Vorhaben ausdrücklich, weil der Ansatz, mehr Geduldete durch eine Berufsausbildung zu qualifizieren und anschließend in Arbeit zu bringen, eben geeignet erscheint, auch den durch die demografische Entwicklung bedingten Umbruch auf dem Ausbildungsmarkt zumindest in Ansätzen abzumildern.

Anders als in Ihrem Beschlussvorschlag gefordert, sieht der Entwurf eines Integrationsgesetzes keine der Ausbildung vorausgehende Absicherung des Aufenthalts durch eine Aufenthaltserlaubnis und eben keine über eine Ermessensduldung hinausgehende Absicherung des Aufenthalts während der Ausbildung vor.

Die Aufnahme einer Berufsausbildung als ausdrücklicher Duldungsgrund für Jugendliche und Heranwachsende in das Aufenthaltsgesetz erfolgte, wie bereits erwähnt, mit dem Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015. Geduldet sind Personen, die ausreisepflichtig sind und ihrer Verpflichtung zur Ausreise aus unterschiedlichen Gründen nicht nachkommen.

Die Duldung ist kein Aufenthaltstitel, sondern nur ein behördlicher Nachweis darüber, dass die zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht durch Abschiebung vorübergehend ausgesetzt ist. Die Regelung stellte damals einen Kompromiss zur Forderung der Wirtschaft und der Sozialverbände dar, eine Aufenthaltserlaubnis für Geduldete zum Zweck der Ausbildung in das Gesetz aufzunehmen.

Ich hielte es auch heute für ein falsches Signal, bereits die Begründung eines Ausbildungsverhältnisses oder gar eine bloße Ausbildungszusage bis zu einem Jahr vor dem Beginn der Ausbildung mit der Gewährung eines Aufenthaltstitels zu prämieren. Der Verbleib im Duldungsstatus kann vielmehr ein zusätzlicher Anreiz dafür sein, die Ausbildung erfolgreich abzuschließen und sich damit die Aussicht auf einen anschließenden Aufenthaltstitel zu verschaffen.

Frau Quade, Sie haben rhetorisch in der Form der Wiederholung gefragt, welches Signal, welches Signal hinsichtlich der Abschiebung desjenigen, der aus einem sicheren Herkunftsland kommt, gegeben wird.

(Henriette Quade, DIE LINKE: Weil sie hier gelebt haben!)

Das ist ganz einfach. Das ist ein ganz einfaches Signal: dass wir in Deutschland mit Mehrheit beschlossene Gesetze einhalten und umsetzen.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Selbst wenn man wie Sie - -

(Birke Bull, DIE LINKE: Besser kann man es nicht illustrieren!)

- Das stimmt, Frau Bull. Besser kann man in einem Rechtsstaat - damit haben Sie so etwas von Recht - -

(Beifall bei der AfD - Robert Farle, AfD: Sie müssen sich auch an die Rechtslage halten!)

Besser kann man es nicht illustrieren. Sie sagen es. Besser kann man in einem Rechtsstaat als Minister nicht argumentieren, als dass man sich an geltendes Recht hält! - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Herr Minister Stahlknecht, ich danke Ihnen. - Dann rufe ich Herrn Abg. Borchert von der CDUFraktion zum Rednerpult.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herrn! Ich denke, unser Innenminister hat schon vieles gesagt, was ich nicht wiederholen muss.

Die Fraktion der CDU begrüßt das Integrationsgesetz, weil es ein wichtiger Baustein für die zu uns gekommenen Menschen in der Arbeitswelt ist. Die beabsichtigte Veränderung im Aufenthaltsrecht stellt eine weitere Verbesserung der Bleibemöglichkeiten für Geduldete im Rahmen einer Ausbildung dar.

Das Integrationsgesetz sieht vor, künftig jungen Geduldeten für die gesamte Dauer der Berufsaus

bildung eine Duldung zu erteilen und einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre zur Berufsausübung im erlernten Beruf zu verschaffen.

Soweit im Anschluss an die erfolgreiche Berufsausbildung kein unmittelbarer Anschluss im Ausbildungsbetrieb erfolgt, wird die Duldung für sechs Monate zur Suche nach einer der beruflichen Qualifikation entsprechenden Beschäftigung verlängert. Diese Regelung dient der Fachkräfteförderung und -sicherung und ist deshalb sehr sinnvoll.

Wir bitten die Landesregierung, die Neuregelung im Bundesrat zu unterstützen. Wir regen an, die Regelung ein Jahr nach Inkrafttreten des entsprechenden Gesetzes im Hinblick auf ihre Wirksamkeit unter Einbeziehung der Kammern und Sozialpartner zu evaluieren. Dabei sollen auch mögliche grundsätzliche Änderungen im Sinne der Schaffung eines eigenständigen Aufenthaltstitels von auszubildenden Migrantinnen und Migranten geprüft werden.

Es muss auch darauf geachtet werden - das ist sehr wichtig -, ob die Regelungen den Ansprüchen der Unternehmen nach ausreichender Rechtssicherheit genügen und die Einbeziehung von Flüchtlingen in die betriebliche Berufsausbildung in der Praxis erleichtern und unterstützen.

Vor dem Hintergrund der Ausbildungsmarktsituation in Sachsen-Anhalt - wir hatten im Juli 2015 laut der Bundesagentur für Arbeit einen Überhang von etwa 700 freien Ausbildungsstellen im Verhältnis zu Ausbildungssuchenden - halten wir dieses Vorgehen für sinnvoll, da auch die Möglichkeiten der Unternehmen in Sachsen-Anhalt zur Sicherung ihres künftigen Fachkräftebedarfs erweitert werden.

Ich gehe nun auf die Forderung der Fraktion DIE LINKE ein, die Regelung für Ausländer aus sicheren Herkunftsstaaten zu öffnen. Einer solchen Öffnung der Vorschrift können wir aus fachlicher Sicht nicht zustimmen, dies schon deshalb nicht - es wurde vorhin schon eindeutig gesagt und entsprechend begründet -, weil Ausländer aus sicheren Herkunftsstaaten nach der bestehenden Regelung in § 60a Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes von der Möglichkeit der Erteilung einer Ermessensduldung für die Aufnahme einer Berufsausbildung ausgenommen sind.

(Zustimmung von Chris Schulenburg, CDU)

Ich bitte Sie um Zustimmung zum Antrag der Koalitionsfraktionen und um Ablehnung des Antrags der Fraktion DIE LINKE. - Danke.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Rü- diger Erben, SPD)

Herr Borchert, ich danke Ihnen für Ihren Redebeitrag. - Ich rufe Herrn Abg. Hagen Kohl von der AfD-Fraktion auf.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Vorab eine Bemerkung zu dem in der Antragsbegründung beschriebenen Lebenssachverhalt. Dieser erinnert mich an den Fall der Familie S. aus Magdeburg, den ich als Tragödie bezeichnen würde. Es ist mitunter schwer, Entscheidungen wie im Falle des Herrn G. zu verstehen. Am Ende des Rechts müssen wir aber akzeptieren, dass es so ist, auch wenn es schwer fällt.

Es gibt in unserem Land die Möglichkeit, von der Härtefallkommission oder vom Petitionsausschuss die Entscheidung der Verwaltung überprüfen zu lassen. Leider hatte Herr G. dazu keine Gelegenheit mehr.

(Henriette Quade, DIE LINKE: Stellen Sie sich einmal vor!)

Die Fälle G. und S. stehen aber nicht exemplarisch für den Großteil der Asylverfahren.