Protocol of the Session on September 26, 2018

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Wir können zu den Entschließungsanträgen kommen. Es liegen zwei Entschließungsanträge vor, und ich beginne mit dem Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE. Dieser Antrag trägt die Drucksachennummer 6/14856. Er wird jetzt begründet und eingebracht. Herr Kollege Stange, gleich von dort aus?

Ich würde es gleich von hier aus machen, Herr Präsident. Vielen Dank. – Ich habe in meinen Ausführungen vorhin bereits die zentralen Fragen, die in diesem Entschließungsantrag widergespiegelt werden, ausgeführt. Es geht im ersten Teil darum, tatsächlich die krisenhaften Situationen der Europäischen Union festzuhalten und durch den Landtag feststellen zu lassen. Im Punkt 2 soll der Staatsregierung auf den Weg gegeben werden, in welchen vier Bereichen der Landtag insbesondere Veränderungen begehrt bzw. der Staatsregierung anheimstellt: in der Ausrichtung der europapolitischen Schwerpunktsetzung in Bezug auf die globalen Herausforderungen, in Bezug auf die Sozialunion, die einen wichtigen Rahmen als Ergänzung zur Wirtschafts- und Währungsunion der Europäischen Union darstellen kann, und in Bezug auf die Herbeiführung unmittelbarer Demokratie und der Erweiterung der Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger bei der Gestaltung europapolitischer Schwerpunkte und Grundsatzfragen von Sachsen heraus an die Europäische Union.

In diesem Sinne bitten wir Sie um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Stange. Es gibt aus den Fraktionen dazu Redebedarf. Zuerst an Mikrofon 3 Herr Kollege Mann.

Ich möchte für die SPD-Fraktion begründen, warum wir diesen Antrag ablehnen. Herr Stange, in Ihrer Rede fand ich manches überlegens- und diskussionswürdig. Aber das, was hier im Antrag steht, können wir nicht tragen. Sie schreiben unter anderem im Feststellungsteil, dass die Europäische Union eine Entdemokratisierung europäischer Entscheidungs- und

Gesetzgebungsstrukturen vorantreiben würde. Das ist nicht unsere Einschätzung. Wir denken, die Europäische Union ist ein demokratisches Projekt und ein Fortschritt bei der Entscheidungsfindung.

Sie attestieren Rechtsstaatsdefizite. Sie reden im Berichtsteil selbst Europaskepsis herbei, wie ich finde. Ich glaube, im Handlungsteil schießen Sie an vielen Stellen über das Ziel hinaus. Mit Verlaub gesagt: Wenn wir es noch nicht einmal schaffen, in regionalen Parteiversammlungen echte unmittelbare Demokratie zu leben, … Das als ersten Handlungspunkt hier im Entschließungsantrag für eine EU mit 500 Millionen Menschen zu fordern, finde ich gewagt. Ich glaube, das ist über das Ziel hinausgeschossen. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.

(Beifall bei der SPD)

Frau Dr. Maicher, für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir teilen besonders im zweiten Teil des Antrages viele Punkte, die die Antragstellerin vorlegt. Wir teilen auch die kritische Bewertung der passiven und einseitigen Rolle der Staatsregierung in der Europapolitik. Viele Vorschläge zur Förderung von Demokratie, zum Beispiel die Rolle des Europaparlaments zu stärken, auch Bürgerbeteiligung und weitere Themen, wie die sozialen Säulen zu diskutieren, unterstützen wir.

Aber auch wir sehen die Europademokratisierungskritik eindeutig über das Ziel hinausgeschossen. Die geschilderte Dauerkrise in Teil 1 ist aus unserer Sicht kein Konstruktionsfehler der EU, sondern Ausdruck nationaler Egoismen. Wir sehen Europa, die EU, als Chance und Potenzial, zur sozialen und wirtschaftlichen Konvergenz in Europa beizutragen. Die EU ist demokratisch legitimiert. Sie hat durchaus Defizite. Deshalb braucht es Änderungen. Aber der Antrag geht aus unserer Sicht deutlich über dieses Ziel hinaus. Deshalb werden wir uns insgesamt enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Barth für die AfD-Fraktion, bitte.

Der Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE ist sehr umfangreich. Ich gehe einmal darauf ein. Es ist tatsächlich so: Die Europäische Union befindet sich in einer vieldimensionalen Dauerkrise. Es ist kein nationaler Egoismus, der dazu geführt hat. Zum Beispiel haben die Konstruktionsfehler der Europäischen Währungsgemeinschaft dazu beigetragen. Auch bestehen Demokratiedefizite in der Europäischen Union. Wenn wir uns die Demokratie in unserer Bundesrepublik ansehen, wenn wir uns das Stimmengleichgewicht bei der Wahl anschauen, dann müssen wir eindeutig sagen: Da ist das Europäische Parlament nicht auf dem Niveau unseres Grundgesetzes. Insofern können wir diese hier aufgemachte Debatte der LINKEN durchaus verstehen.

Darüber haben wir in diesem Haus schon mehrfach diskutiert. Aber das Problem Ihres Antrages ist aus unse

rer Sicht, dass Sie zugleich Initiativen zur Herstellung einer tatsächlichen Sozialunion fordern.

(Zurufe von den LINKEN)

Das klingt für uns wie eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung in Europa, wie möglicherweise eine gemeinsame Rentenversicherung in Europa. Unter diesen Punkt kann man sehr viel subsummieren.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Könnte man!)

Herr Gebhardt, Sie kennen unsere Meinung dazu. Allein aus diesem Grund müssen wir Ihren ansonsten teilweise wohlbemühten Antrag ablehnen.

(Beifall bei der AfD – Zurufe von den LINKEN)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag, der Ihnen als Drucksache 6/14856, Fraktion DIE LINKE, vorliegt. Wer ihm seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen, aber damit ist der Entschließungsantrag abgelehnt.

Ich rufe den in der Drucksache 6/14857 vorliegenden Entschließungsantrag von CDU und SPD auf und bitte um Einbringung und Begründung.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen SPD und CDU haben sich auf diesen Entschließungsantrag geeinigt, weil wir der Auffassung sind, dass wir noch Nachholbedarf im Freistaat Sachsen haben. Anders als manche Fraktion in diesem Hause sehen wir diesen Nachholbedarf, der sich auch in den Regionen widerspiegelt und sich in verschiedenen Teilen wiederfindet. Wir nehmen Artikel 174 des „Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ sehr ernst, der mit dieser Rechtsaussage verfolgt, dass weiterhin die Politik zur Stärkung ihres wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts für eine harmonische Entwicklung der Union als Ganzes zu fördern ist.

Das nehmen wir als Grundlage. Dabei setzt sich die Europäische Union insbesondere zum Ziel, die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen zu verringern. Insoweit ist und bleibt die Kohäsionspolitik einer der wichtigsten Schwerpunkte der Europäischen Union, um den Zusammenhalt der europäischen Regionen sowie deren wirtschaftliche, soziale und territoriale Konvergenz zu unterstützen. Das hat etwas mit den Regionen zu tun, die uns umgeben. Aber es hat auch etwas mit dem Freistaat Sachsen zu tun.

Wir haben an dieser und anderer Stelle sehr deutlich und mehrfach darauf hingewiesen, dass nach wie vor ein bedeutender Nachholbedarf im Freistaat Sachsen besteht. Unsere Wirtschaft ist im Bundesvergleich kleinteiliger. Wir haben im Bundesvergleich eine niedrigere Steuerdeckungsquote und ein unterdurchschnittliches Bruttoinlandsprodukt. Daher sind wir auch weiterhin auf Unter

stützung durch die europäische Kohäsionspolitik angewiesen.

Die vor zwei Monaten von der Europäischen Kommission vorgelegten Vorschläge für den mehrjährigen Finanzrahmen und für die Rechtsakte zu dessen Umsetzung geben Anlass zur Sorge, dass die Kürzungen für den Freistaat Sachsen drastisch ausfallen können. Neben der vorgesehenen Mittelabsenkung trifft uns dabei in besonderer Weise die geplante massive Absenkung der EUKofinanzierungssätze. Diese würde eine Halbierung des möglichen EU-Anteils in der Region Leipzig von bisher 80 auf 40 % zur Folge haben. Dies können wir nicht akzeptieren.

Vor diesem Hintergrund möchten wir die Staatsregierung mit dem vorliegenden Entschließungsantrag bitten und auffordern, sich insbesondere für folgende Punkte einzusetzen: Für die Kohäsionspolitik sollen mehr Mittel im Vergleich zum Vorschlag der Europäischen Kommission zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere soll der für die Übergangsregionen vorgesehene Anteil angehoben werden.

Herr Schiemann, die Zeit ist leider beendet.

Darf ich den letzten Satz – –

Einen noch, einen.

Wir benötigen eine Auffanglösung, die auch Mittel für INTERREG zur Verfügung hält und uns eine grenzüberschreibende Zusammenarbeit in den Regionen ermöglicht.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Antrag.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wer möchte zum Entschließungsantrag noch sprechen? – Herr Barth?

Vier Seiten Entschließungsantrag, vor zwei Stunden hier als Tischvorlage verteilt. Wir haben uns den Entschließungsantrag angeschaut. Es sind sehr viele Punkte darin enthalten, die richtig sind und die wir unterstützen können. Es steht aber auch einiger Firlefanz drin.

(Zurufe von der CDU)

Ich wiederhole einmal: 20 Milliarden Euro hat Sachsen aus der EU seit 1990 erhalten. Das ist sachlich richtig. Aber eine fraktionslose Abgeordnete hat Ihnen in ihrer Kurzrede erklärt, dass es vornehmlich Steuergeld aus Deutschland ist, das wir in die EU hineinschicken. Das wird durch den Brexit noch größer.

(Zurufe von der CDU)

Ich will jetzt einmal Ihren Entschließungsantrag auf den Kern reduzieren, worum es geht, und lese aus Ihrer Begründung vor: „Aus sächsischer Sicht sind besonders

problematisch die vorgeschlagene Absenkung der Mittelansätze insgesamt, insbesondere die geplante Mittelverteilung zwischen den einzelnen Fördergebietsregionen, die angekündigte massive Verminderung des EU-Kofinanzierungsanteils. Daraus“ – das schreiben Sie auch richtig – „ergeben sich Risiken für unseren sächsischen Landeshaushalt.“ Einem solchen kurzen und bemühten Entschließungsantrag hätten wir zugestimmt. Aber Ihre Vernebelungstaktiken, die Sie drei Seiten vorher betreiben, veranlassen uns, uns bei dieser wichtigen Frage zu enthalten.

(Beifall bei der AfD – Zurufe von der CDU)

Frau Dr. Maicher, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag, der uns heute Morgen vorgelegt wird, geht wieder nur darauf ein, so viel Geld wie möglich aus der EU herauszuholen. Wir haben heute hier die Debatte. Ich nenne noch einmal den Titel, wozu der Entschließungsantrag vorgelegt wird: „Zusammenhalt und Verantwortung – Perspektiven sächsischer Europapolitik“. Es wird ein Antrag vorgelegt, der sich nur mit dem Fördertopf Europa befasst. Alle anderen auch hier diskutierten Punkte wie Werteerhalt, europapolitische Bildung, Zusammenarbeit mit unseren Nachbarländern – all das spielt wieder keine Rolle.

Nichtsdestotrotz sind einige Punkte in dem Antrag, die auch wir nicht falsch finden, zum Beispiel die Diskussion darüber zu führen, wie strukturelle Kriterien weiterentwickelt werden können, wie Förderregionen ausgestaltet sind. Das sind Punkte, die wir unterstützen. Oder der Punkt, für einen ausreichenden EU-Haushalt zu sorgen, also der EU ausreichende Mittel für die Aufgaben bereitzustellen. Ansonsten ist der Antrag ein extrem eigenbezogener, der aus dem europäischen Kontext gerissen ist und auch die solidarischen Aspekte vernachlässigt. Deshalb wird sich meine Fraktion enthalten.