Protocol of the Session on December 15, 2011

Ich wiederhole mich hier zum 150. Mal immer wieder gern. Die freiwillige Leistung der Jugendpauschale, die wir den Kindern und Jugendlichen nicht zugutekommen lassen, wie uns Herr Dulig immer unterstellt, wollen wir auch noch in zehn Jahren zahlen. Wenn wir Ihre Haushaltspolitik machen, jeden Cent sofort rauszuballern, sobald er in die Kasse kommt, dann werden wir in zehn Jahren keine freiwilligen Leistungen mehr zahlen können,

(Beifall bei der CDU und der FDP)

sondern wir werden uns auf dem Niveau der SPD-Westregierten Länder wiederfinden, wo Theater geschlossen werden, weil die Kommunen gar nichts mehr zahlen können, wo am Montag Kassenkredite aufgenommen werden, um Dienstag Hartz IV auszahlen zu können. Die können nicht erst die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen zahlen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Widerspruch der Abg. Eva-Maria Stange, SPD)

Meine Damen und Herren! Ich kann keine weiteren Wortmeldungen mehr sehen. Frau Klepsch, bitte.

(Karl Nolle, SPD: Was ist denn mit der Landesbank? – Oh-Rufe von der CDU – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren! Es gibt noch weiteren Redebedarf. Frau Abg. Klepsch.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist langsam zum Volkssport geworden, sich mit Kollegen Schreiber Wortduelle zu liefern. Ich will trotzdem noch einmal versuchen, sachlich auf die Dinge einzugehen.

(Patrick Schreiber, CDU: Das war sachlich! – Heiterkeit bei der CDU)

Herr Schreiber, darf ich Sie daran erinnern, dass Sie mich mitunter schon für meine sachliche Art und Weise in der politischen Diskussion gelobt haben? Das habe ich auch heute versucht.

(Patrick Schreiber, CDU: Ja, das stimmt!)

Ich will darauf hinweisen, dass meine Fraktion nicht Lotto spielt, wenn es darum geht, wofür wir Geld ausgeben. Ich kann daran erinnern, dass auch wir bei der letzten Haushaltsdiskussion vor einem Jahr einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf ohne Neuverschuldung vorgelegt

(Alexander Krauß, CDU: Unseriös!)

Herr Krauß, Sie können sich dann gern mit einer Kurzintervention an der Debatte beteiligen.

Herr Schreiber, ich stimme mit Ihnen überein, dass man Jugendhilfestrukturen überarbeiten und weiterentwickeln und gegebenenfalls eine Leistung durch eine andere ersetzen muss. Das diskutiert man nicht finanz-, sondern fachpolitisch. Das ist in der Vergangenheit nicht passiert. Des Weiteren kann man nicht alles damit begründen, dass wir einen sinkenden Landeshaushalt durch sinkende Einnahmen und Steuerausfälle haben. Das hat im Umkehrschluss vor einigen Monaten, als wir Steuermehreinnahmen hatten, nicht dazu geführt, dass diese im Plenum verhandelt wurden und wir als Parlamentarier nicht die Chance hatten, darüber zu reden, wo wir im vorliegenden Haushalt nachbessern könnten.

Wenn es darum geht, Geld auszugeben – da bin ich ganz bei Ihnen –, ist Ihre Staatsregierung ganz schnell dabei. Da wird hier investiert und dort noch eine Straße gebaut und in das Gebäude noch Geld hineingesteckt. Für Investitionen in Jugendfreizeiteinrichtungen, also in den KiEZen, war Geld da, für alle anderen Jugendhilfeeinrichtungen sind keine Investitionsmittel nachgelegt worden. Daran erinnere ich Sie gern.

Ich denke, wir müssen uns hier immer wieder darüber unterhalten, was eine Investition in die Zukunft ist. Sind Investitionen in die Zukunft nur, wenn ich Straßen baue

im entleerten ländlichen Raum für Menschen, die aus diesem Freistaat weggehen? Oder ist es eine Investition in die Zukunft, wenn ich Geld für Personal bereitstelle, um allen Menschen die bestmögliche Bildung und Teilhabe zu gewähren? Meine Fraktion sagt: Für uns sind Investitionen in Menschen und Bildung notwendig und nicht nur konsumtive Ausgaben.

(Beifall bei den LINKEN – Volker Bandmann, CDU, steht am Mikrofon.)

Meine Damen und Herren! Ich denke, jetzt ist es zutreffend, dass ich keine weiteren – – Herr Bandmann, was ist Ihr Wunsch?

Ich möchte gern eine Kurzintervention machen, Herr Präsident. Ist das möglich?

Ich frage einmal, ob Sie schon alle verbraucht haben. – Sie dürfen noch. Bitte.

Dadurch, dass die Kollegin von der Linkspartei wieder von entleerten Räumen in Sachsen spricht und dass dort kein Straßenbau notwendig wäre, frage ich sie: Was sagen Sie als Linke den Menschen vor Ort, wo zum Beispiel der Stahlbau Niesky dringend auf neue Straßen angewiesen war, um überhaupt in diesen von Ihnen diffamierten entleerten Räumen wirtschaftliche Prosperität sicherzustellen? Vor Ort behaupten Sie das ganze Gegenteil. Ich sage: Sie sind eine verlogene Partei, heute wie vor 20 Jahren.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Annekatrin Klepsch, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Frau Klepsch, möchten Sie erwidern? – Sie müssen nicht.

(Heiterkeit bei den LINKEN)

Ich hatte noch nie die Gelegenheit, auf Kollegen Bandmann zu erwidern, weil wir uns fachpolitisch nie begegnen, aber ich nutze das. Ich möchte feststellen, dass ich niemanden diffamiert habe. Es ist doch eine Tatsache, im Landkreis Görlitz gibt es in meiner Generation unter 35 Jahren einen Männerüberhang von 20 %, weil die Menschen weggehen. Wenn keine Frauen da sind, wird es dort in Zukunft noch weniger Menschen geben.

(Widerspruch bei der CDU)

Da muss man schauen, welche Straßen man sich leistet und welche neu gebauten Straßen die Kommunen in den nächsten Jahrzehnten noch finanzieren können. Wir sind dafür, das Straßennetz bedarfsgerecht zu erhalten, auch für die Wirtschaft, aber nicht überordentlich auszubauen für Bedarfe, die gar nicht da sind.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

So, meine Damen und Herren. Jetzt kommt die Stellungnahme der Staatsregie

rung, wenn sie es wünscht. Die zuständige Staatsministerin ist nicht da. Für sie spricht Herr Staatsminister Kupfer. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erfülle nur sehr ungern den Wunsch meines parlamentarischen Geschäftsführers nicht, aber in diesem Fall werde ich es tun und die Rede nicht zu Protokoll geben.

Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Ich weiß nicht, wie oft Frau Kollegin Clauß das vor diesem Podium schon gesagt hat, aber ich wiederhole es gern noch einmal. Die Schulsozialarbeit ist ein klassisches Aufgabengebiet der Kinder- und Jugendhilfe, das auch in Sachsen konzeptionell und praktisch erschlossen ist. Sie können das im Koalitionsvertrag nachlesen. Frau Jonas war so freundlich, das gerade noch einmal vorzulesen. Sie können es aber auch im 3. Sächsischen Kinder- und Jugendbericht nachlesen.

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Die Kinder- und Jugendhilfe ist laut Landesjugendhilfegesetz eine weisungsfreie Pflichtaufgabe der Kommunen. Die örtlichen öffentlichen Träger haben die Aufgabe, Angebote zu schaffen, die wir als Freistaat natürlich gern unterstützen.

Für diese Unterstützung, meine Damen und Herren, gibt es mehrere Möglichkeiten. Möglichkeit 1: Die Kommunen setzen einen Teil der Mittel der Jugendpauschale für die Schulsozialarbeit ein. Möglichkeit 2 ist die ESFRichtlinie des Sozialministeriums. Hier wird ganz aktuell und in Abstimmung mit den kommunalen Gebietskörperschaften ein Programm zur Kompetenzentwicklung von Schülern aufgelegt, das insbesondere die Installierung von Projekten sowie den Einsatz von Koordinierungsstellen beinhaltet. Ich bin davon überzeugt, dass wir damit in nächster Zeit in jeder Gebietskörperschaft an Schulen zahlreiche Angebote schaffen können. Voraussetzung ist natürlich, dass die Kommunen und die Schulen mitmachen. Hier kann der Freistaat nur appellieren und nicht anweisen.

Möglichkeit 3 sind die ausgereichten Mittel über den Bund, die es neben dem Bildungs- und Teilhabepaket noch gibt. Diese zeigen bereits ihre Wirkung. Einige Gebietskörperschaften sind nach unserem Kenntnisstand dabei, zusätzliche Stellen für die Schulsozialarbeit zu schaffen.

Meine Damen und Herren! Sie sehen, es wird bereits vieles getan und die Förderung von Schulsozialarbeit kann aus mehreren Töpfen erfolgen. Wir unterstützen die Arbeit in diesem Handlungsfeld aber nicht nur finanziell. Wir haben dazu vor einigen Monaten das Rahmenkonzept „Chancengerechte Bildung“ erstellt und veröffentlicht. Eine ergänzende Landesförderung ist so im Rahmen der Richtlinie Weiterentwicklung möglich. Das ist bereits die Möglichkeit 4, die ich hier nicht unterschlagen will. So kommt auch hier der Freistaat Sachsen seiner Anregungs- und Unterstützungsfunktion nach § 82 SGB VIII nach.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen kein neues Landesprogramm. Vielmehr muss es darum gehen, die zur Verfügung stehenden Ressourcen verantwortungsvoll einzusetzen, und das im fiskalischen wie fachlichen Kontext. Der Einsatz von Schulsozialarbeitern an allen 1 658 Schulen im Freistaat Sachsen würde einen Betrag von jährlich knapp 83 Millionen Euro an Personal- und Sachkosten erfordern. 83 Millionen Euro, meine Damen und Herren – woher nehmen und nicht stehlen?

Weitere Ansätze der Schulsozialarbeit sind zum Beispiel die Ganztagsangebote des Kultusministeriums. Was wir brauchen, ist eine engere Verzahnung zwischen den Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe und den Schulen. Das erst kürzlich durch das SMS, das SMK und die kommunalen Spitzenverbände unterzeichnete Positionspapier zur Zusammenarbeit bekräftigt diese Sichtweise. Wir schaffen Projekte gemeinsam mit der kommunalen Ebene, in Absprache mit den Schulen und wir schaffen die Projekte dort, meine Damen und Herren, wo es sinnvoll ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Meine Damen und Herren! Die Aussprache ist beendet. Wir kommen zum Schlusswort. Für die SPD-Fraktion spricht Frau Dr. Stange. Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kupfer! Ich möchte Ihnen persönlich nicht zu nahe treten, möchte aber, dass im Protokoll vermerkt ist, dass ich es für eine Missachtung des Parlaments halte, dass beide Minister, die für diesen Bereich zuständig sind – und Herrn Wöller habe ich vorhin gerade noch gesehen –, nicht in der Lage gewesen sind, diese Stellungnahme hier abzugeben.

(Alexander Krauß, CDU: Das war zu Ihrer Zeit schon so!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf einige Punkte kurz eingehen, die hier genannt wurden.

(Zuruf des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Zu Ihnen, Herr Kupfer, zu der Stellungnahme, die Sie vorgelesen haben: Auch die Mittel für die Ganztagsangebote sind um ein Drittel gekürzt worden. Das kumuliert mit den Kürzungen der Jugendhilfepauschale. Genau deshalb kann Schulsozialarbeit an den Schulen teilweise nicht stattfinden. Das sollte man wenigstens zur Kenntnis nehmen.

Der zweite Punkt: Schulsozialarbeit, Herr Schreiber, gehört zur Prävention. Sie muss nicht zwangsläufig nur aus der Jugendhilfe finanziert werden. Darin stimme ich mit Frau Giegengack vollkommen überein. Deswegen habe ich immer gesagt, dass der Kultusminister hier mit an den Tisch gehört. Das ist eine Angelegenheit der Schule. Es ist eine ergänzende Leistung für die Schule.

Darüber waren wir uns einig. Deswegen gibt es auch die Möglichkeit, ein Landesprogramm zu machen.